On Air von -Zerschmetterling- ================================================================================ Prolog: -------- -1-   Nervös spielte ich mit meinen Fingern und rutschte unruhig auf dem roten Plastikstuhl hin und her. Egal wie ich es versuchte, ich wollte einfach keine bequeme Sitzposition finden und ich fühlte mich zudem viel zu hibbelig. Auf dem Weg hierher hatte mein Herz in der Brust bereits wie verrückt geschlagen, so als hätte ich einen halben Marathon hinter mir. Dazu kam dann auch noch, dass ich fünf Stockwerke die Treppen nach oben gelaufen war.   Normalerweise kein Problem für einen Mann mit meiner Kondition, aber vor lauter Nervosität war mir das Atmen schwer gefallen. Bevor ich mich getraut hatte zu klingeln, war ich zuerst mal mehrere Minuten im Treppenhaus stehen geblieben, um wieder halbwegs runter zu kommen. Allerdings hatte das nur so mittelmäßig geklappt.   Die Blondine hinter dem Empfangstresen warf mir immer mal wieder mitleidige bis genervte Blicke zu. Sie war es gewesen, die mir die Tür geöffnet hatte. Dafür musste sie noch nicht einmal aufstehen, denn es gab einen kleinen Knopf direkt neben ihrem Computer, der die Tür mit einem lauten Surren aufspringen ließ. Sie hatte mich daraufhin gebeten auf den roten Stühlen direkt ihr gegenüber Platz zu nehmen und hier saß ich nun.   Ab und zu kamen ein paar Leute in den Raum und ich machte mich schon bereit aufzustehen, um ihnen die Hand zu schütteln. Doch sie alle bogen direkt neben dem Empfangstresen ab und verschwanden in einem kleinen Raum, von wo aus sie anschließend mit dampfenden Kaffeebechern zurückkehrten. Vermutlich war es eine Art Pausenraum oder eine Küche. Da die Tür meistens geschlossen war, konnte ich von meinem Platz aus nicht wirklich etwas erkennen.   Der Empfangsbereich war nicht besonders groß und die größte Fläche des Raumes wurde von zwei Schreibtischen eingenommen, die durch den Empfangstresen vom Eingangsbereich abgetrennt war. Rechts neben mir befand sich die Tür, durch die ich vor wenigen Minuten hereingekommen war, links ging es weiter in die anderen Räumlichkeiten. Ich befand mich sozusagen nur einen Durchgang entfernt von meinem Ziel. Der Gedanke daran, ließ meinen Puls sofort wieder in die Höhe schnellen.   Wieder tauchte eine Person auf. Entspannt, die Hände in den Hosentaschen kam er in meine Richtung und wieder machte ich mich bereit aufzustehen. Er trug ein blaues Hemd, dass er  an den Ärmeln ein Stück nach oben gekrempelt hatte und seine Haare standen in einem seltsamen Winkel zur Seite ab. Vermutlich war so etwas normal in dieser Branche. Seit ich hier saß waren schon mehrere seltsame Gestalten an mir vorbei gekommen.   „Naruto Uzumaki?“   Der Kerl sah mich fragend an. Ich nickte und sprang sofort von meinem Platz auf, um ihn die Hand entgegenzustrecken. Es kam schließlich auf den ersten Eindruck an.   „Hey, hey ganz ruhig“, sagte er lachend und hob abwehrend die Hände. „Du musst dich noch einen kurzen Moment gedulden. Der Pfad des Lebens hat noch einen kurzen Zwischenstopp für mich vorgesehen. Wir sehen uns dann gleich.“   Verdattert sah ich ihm nach, als er an mir vorbei ging und schließlich neben der Eingangstür links abbog und hinter einer Tür verschwand. Zum Großteil wurde mein Blick durch einen riesigen Kleiderständer versperrt, doch anhand des Schildes, das außen an der Tür befestigt war, konnte ich erkennen, dass es sich wohl um das Männerklo handelte. Normalerweise war ich nicht auf den Mund gefallen und schon gar nicht so leicht sprachlos zu kriegen, doch dieser Typ hatte mich irgendwie überrumpelt. Ein Zwischenstopp auf dem Pfad des Lebens? Was sollte man dazu noch sagen? Wenn hier alle so seltsam waren wie der Kerl eben, würde ich garantiert perfekt hineinpassen.   Ein leichtes Grinsen schlich sich auf meine Lippen und ich lehnte mich schon ein wenig entspannter in dem roten Plastikstuhl zurück, der daraufhin ein leises Ächzen von sich gab. Hier würde ich mich garantiert wohl fühlen. Ein bisschen weniger nervös ließ ich den Blick durch den Eingangsbereich schweifen. Die Wände hier waren alle strahlend weiß. Es sah sauber aus, gepflegt und modern. Überall lagen auf kleinen Tischen Prospekte und Flyer aus, teilweise sogar Autogrammkarten. Vielleicht würde ich mir nachher eine mitnehmen. An der einen Wand hing ein etwas größerer Flachbildfernseher, auf dem Musikvideos verschiedener Künstler gezeigt wurden. In der rechten oberen Ecke des Bildes prangte unübersehbar das Logo des Radiosenders. Konoha Kiku. Kurz KK.   Wieder näherten sich Stimmen und mit einem Schlag war meine Nervosität wieder zurück. Nur diesmal mindestens doppelt so stark. Mein Herz hämmerte mit so einer Wucht von innen gegen meine Brust, dass es sich anfühlte, als würde es mich jeden Moment zerreißen. Ich spürte, wie mein Mund trocken wurde, wie ich fieberhaft nach den richtigen Worten suchte und doch fühlte sich mein Gehirn an wie leergefegt. Überall würde ich diese Stimme wiedererkennen. Und ja, natürlich hatte ich mich gewissermaßen darauf eingestellt, ihr irgendwann über den Weg zu laufen – aber gleich jetzt?   Noch bevor ich auch nur den Hauch einer Chance hatte, mich wieder einigermaßen zu sammeln, stand sie bereits da. Sakura Haruno. Die Hüfte locker an den Türrahmen gelehnt, in der Hand hielt sie ein paar lose Blätter. Ihre blau-grünen Augen leuchteten wie ein Meer aus Sternen und sie wurde von einem herzhaften Lachen geschüttelt. Leider nur galt dieses Lachen nicht mir. Sie hatte mich noch nicht einmal bemerkt. Viel zu sehr war sie auf den jungen Mann fixiert, der neben ihr stand und mindestens ebenso lässig an den Türrahmen gelehnt war. Schon im ersten Moment stellte ich fest, dass ich ihn nicht leiden konnte.   Leider schien sie förmlich an seinen Lippen zu hängen, verschlang ihn gar mit ihren Blicken und hätte sich ihm wahrscheinlich am liebsten auf der Stelle um den Hals geworfen. Zornig musterte ich den Kerl, der so viel Aufmerksamkeit von ihr erhielt. Er trug ein schwarzes Hemd, das so aussah, als hätte man es ihm auf den Leib geschneidert, da es nahezu jeden Zentimeter seines Oberkörpers vorteilhaft betonte.  Dazu trug er eine eng anliegende graue Hose, die meiner Meinung nach viel zu deutlich auch etwas von seinen anderen Qualitäten erahnen ließ. Am schlimmsten aber war sein Gesicht. Die makellose blasse Haut stand in einem engen Kontrast zu seinen schwarz glänzenden Haaren. Er hatte eine feine Nase und große dunkle Augen, in denen Sakura bei jedem Wort, das er sagte, mehr zu versinken schien. Müsste ich es mit einem Wort beschreiben, dann wäre es Perfektion. Ich hasste ihn bereits jetzt.   „So Naruto, dann komm mal mit“, ich spürte wie mir jemand nicht gerade sanft eine Hand auf die Schulter legte.   Der Typ mit den schiefen Haaren war vom Klo zurückgekehrt und hatte mich in meinem Starren unterbrochen. Ohne ein weiteres Wort bugsierte er mich in Richtung der Tür, die ich schon die ganze Zeit über angestarrt hatte. Die Tür, durch die ich gehen wollte, seit ich meine Entscheidung gefällt hatte, mich für den Job zu bewerben. Die Tür, in der dummerweise gerade Sakura und der arrogante Arsch standen. Nun endlich schienen auch sie mich zu bemerken.   „Sakura? Bist du soweit?“,  fragte der schräge Kerl, allerdings klang es aus seinem Mund eher wie einer Ermahnung als eine Frage.   Wenn mich nicht alles täuschte, sah ich für den Bruchteil einer Sekunde Enttäuschung in ihren Augen aufblitzen. Ich konnte nicht anders, als den arroganten Arsch mit Todesblicken zu durchbohren, doch es schien ihn nicht im Geringsten zu stören.   „Viel Erfolg“, sagte er an mich gewandt und grinste dabei amüsiert, so als wüsste er etwas, was ich nicht wusste.   Es machte mich nur noch wütender und ich ballte unwillkürlich meine Hände zu Fäusten. Dieser Kerl war sowas von arrogant und unsympathisch.   „Wir sehen uns“, fügte er dann knapp hinzu und hob lässig die Hand zum Gruß, wobei sein Gruß und seine Aussage eindeutig Sakura galten.   War er etwa ihr Freund? Auch wenn es ziemlich peinlich war, musste ich gestehen, dass ich Sakura ausgiebig gestalkt hatte. Jeden Zeitungsschnipsel, den es über sie zu lesen gab, jeden Post, den sie über soziale Netzwerke abgeschickt hatte, ja sogar jede ihrer Sendungen. Jeden Morgen punkt sieben Uhr, ließ ich mich von ihrer wunderbaren Stimme aus dem Schlaf reißen und hatte dadurch sogar kurz nach dem Aufstehen schon beste Laune. Sie war mein Vorbild, mein Idol und gleichzeitig fand ich sie als Frau wahnsinnig attraktiv. Gäbe es irgendwelche Anzeichen, dass sie bereits in festen Händen war, dann hätte ich das mitbekommen. Dessen war ich mir relativ sicher.   Sakura seufzte leise, als der arrogante Arsch nach seiner Jacke griff und dann durch die Eingangstür verschwand. Auch die Blondine hinter dem Tresen sah ihm beinahe wehmütig hinterher. Ich konnte nicht verhindern, dass sich meine Augen leicht zu Schlitzen verengten. So hatte ich mir das hier auf keinen Fall vorgestellt.   Bevor ich jedoch noch weiter vor mich hin grollen konnte, wurde ich bereits durch die Tür in einen weiteren Gang geschoben. An beiden Seiten gingen mehrere Türen ab, die beispielsweise mit Lager oder Verkauf beschriftet waren. Der Gang selbst endete in einem riesigen Raum in dessen Mitte mehrere Schreibtische gruppenweise angeordnet waren. Es war voll hier, überall waren Menschen, die lachten, hektisch etwas in ihren Computer tippten oder hitzige Diskussionen am Telefon führten. Es war laut. Es war voll. Es war genau nach meinem Geschmack.   „Herzlich Willkommen in der Redaktion“, verkündete der Kerl, der mich hierher gebracht hatte fröhlich. „Als Wortchef und Redaktionsleiter ist das hier mein Herrschaftsgebiet und ich rate dir, dich nicht mit mir anzulegen.“   Als ob ich  das je vorgehabt hätte. Und schon gar nicht noch vor meinem Bewerbungsgespräch. Obwohl ich zugeben musste, dass ich schon nicht übel Lust gehabt hätte, dem arroganten Arsch die Fresse zu polieren. Aber natürlich nicht in der Redaktion – höchstens im Empfangsbereich. Es war mir egal ob der Arsch hier arbeitete oder nicht, ich konnte ihn einfach nicht ausstehen.   Alle schienen hier beschäftigt zu sein und keiner schenkte uns so wirklich Aufmerksamkeit, als wir den großen Raum durchquerten und auf eine Glastür zugingen. Ich konnte mir allerdings ein paar neugierige Blicke nicht verkneifen und versuchte so viel mitzubekommen, wie ich nur konnte. Alles in allem stellte ich fest, dass die Leute auf den ersten Blick ziemlich sympathisch wirkten. Auch die Redaktion selbst gefiel mir. Sie war groß, hell und wie bereits der Eingangsbereich modern eingerichtet.   Der Raum den wir betraten, war durch eine Glaswand von der Redaktion abgetrennt. Von hier aus konnte man alles genau beobachten, was da draußen vor sich ging. Im Raum stand nur ein einziger großer Schreibtisch. Er war über und über mit Dokumenten übersäht. Die großen Schränke an der Wand waren mindestens genauso vollgestopft und ließen das Büro kleiner wirken, als es eigentlich war. Programmchef  hatte draußen auf dem Schild gestanden.   „Kakashi, hast du gleich den nächsten Bewerber mitgebracht?“, hinter dem Schreibtisch saß eine große blonde Frau.   Die Länge ihrer Haare, die ihr fast bis zum Hintern reichten, war beeindruckend, aber noch viel beeindruckender war ihr üppiger Vorbau. Ich musste mich mehr als nur zusammenreisen, um nicht ständig darauf zu starren, zumal sie sich nicht gerade Mühe gab ihn zu verbergen. Die weit ausgeschnittene Bluse gewährte tiefe Einblicke.   „Ja, das hier ist Naruto“, bestätigte der Mann mit den schrägen Haaren, den sie mit Kakashi angesprochen hatte und schob mich etwas nach vorne.   Berührungsängste hatte der Kerl offenbar nicht. Normalerweise mochte ich es gar nicht, wenn man mich so herumschubste, aber in diesem Fall würde ich wohl die Zähne zusammenbeißen müssen. Wie ich vorhin bereits festgestellt hatte: Der erste Eindruck zählte. Entschlossen schluckte ich meine schlechte Laune herunter und beschloss, mich ab jetzt zusammenzureißen. Immerhin wollte ich diesen Job wirklich haben und eigentlich grenzte es schon an ein Wunder, dass sie mich überhaupt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen hatten.   „Naruto Uzumaki, freut mich Sie kennenzulernen“, sagte ich grinsend und streckte ihr meine Hand entgegen.   Freundlich lächelnd ergriff sie meine Hand.   „Mein Name ist Tsunade und sag doch bitte einfach du. Das ist in der Radiobranche so üblich. Hier wird niemand gesiezt, außer vielleicht die Schlipsträger aus dem Verkauf.“   Sakura kicherte leise und ich spürte sofort wie mir ein wenig wärmer ums Herz wurde. Ich mochte es, wenn sie glücklich war und Spaß hatte – solange es nicht in Zusammenhang mit irgendeinem arroganten Arschloch stand. Sie hatte ein wunderschönes Lachen.   „Also Naruto, setz dich“, Tsunade deutete auf den einzelnen Stuhl gegenüber ihres Schreibtischs.   Ich nahm Platz und Kakashi und Sakura stellten sich jeweils links und rechts hinter Tsunade auf. Es war ein komisches Gefühl sie alle drei so vor mir zu haben und ich fühlte mich fast ein wenig eingeschüchtert. Aber eben nur fast – denn immerhin war ich Naruto Uzumaki und für meine große Klappe bekannt. Nicht zuletzt der Grund, warum ich überhaupt hier saß.   Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es auch direkt ans Eingemachte und ich musste mich den typischen Bewerbungsfragen stellen. Zwar war damit zu rechnen gewesen, doch ich hatte mich nicht spezifisch vorbereitet, sondern beschlossen, alles spontan zu beantworten. Ab und zu geriet ich ins Straucheln, aber im Großen und Ganzen schlug ich mich doch ganz gut.   „Hast du bereits irgendwelche Vorerfahrung?“, erkundigte sich Tsunade nun.   Nebenher machte sie sich eifrig Notizen auf einem Blatt Papier, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Sie war bereits am unteren Rand angekommen, so viel hatte sie schon aufgeschrieben. Allerdings hatte ich auch ziemlich viel erzählt, denn wenn ich erst einmal in Fahrt kam, konnte mich nichts so schnell stoppen.   „Noch keine Vorerfahrung“, verneinte ich zähneknirschend. „Aber ich war damals beim Schülerradio.“   Natürlich hatten sie alle drei das bereits gewusst – stand schließlich in meinem Lebenslauf. Normalerweise wurden Bewerber ohne Vorerfahrung schon im Vornherein kategorisch abgelehnt, was ich gewissermaßen auch verstehen konnte. Diesmal allerdings war es anders. Nachdem der Moderator der Morningshow Akatsuki von Jetzt auf Gleich zum Konkurrenzsender übergewechselt war, hatte man beschlossen öffentlich einen neuen Moderator zu casten. Das war zumindest eine kleine Möglichkeit Nutzen aus der Situation zu ziehen und den Imageverlust, den der Sender erlitten hatte irgendwie auszugleichen.   Seit Wochen wurde das Casting groß angekündigt. Jeder durfte sich bewerben. Und am Ende würden die Zuschauer entscheiden, wer als neuer Moderator bei Akatsuki einsteigen würde, wer ab sofort jeden Morgen um sieben moderieren durfte an der Seite der tollsten und wunderbarsten Moderatorin der Welt. Sakura Haruno. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, warum mein Vorgänger den Sender gewechselt hatte. Ein leichtes Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Mein Vorgänger. Das klang ja schon fast so, als ob ich den Job in der Tasche hatte.   „Wir haben dich aufgrund deines Demotapes eingeladen“, warf Kakashi ein, er hatte sich bisher noch keinerlei Notizen gemacht und beobachtete mich stattdessen durchgehend mit einem durchdringenden Blick. „Für einen Amateur war das was du da gemacht hast ziemlich gut – wenn auch etwas chaotisch.“   Sofort spürte ich, wie meine Brust vor Stolz anschwoll. Er hatte mich gelobt. Und wie gut würde ich erst sein, wenn ich beginnen würde professionell zu moderieren – sicherlich mindestens genauso gut wie mein Vorgänger, wenn nicht sogar noch besser! Mein Blick wanderte hinüber zu Sakura, weil ich sehen wollte, ob sie auch mitbekommen hatte, wie Kakashi mich gelobt hatte. Immerhin war er Redaktionschef und somit auch ihr Chef. Man durfte diesem Lob also durchaus Bedeutung zumessen.   Das tat sie allerdings nicht. Ehrlich gesagt war ich mir nicht mal sicher, ob sie es überhaupt mitbekommen hatte. Ihre Gedanken schienen immer wieder abzudriften, ihr Interesse für mich schien eher begrenzt und auch so hatte sie sich bisher weitgehend aus dem Gespräch herausgehalten. Sie war hier, weil natürlich auch die Chemie zwischen ihr und ihrem zukünftigen Moderationspartner stimmen sollte. Dass sie mit dem neuen Moderator gut klar kam, war vermutlich eines der wichtigsten Einstellungskriterien. Die Art und Weise wie sie mit mir umging – nämlich so gut wie gar nicht – ließ in mir allerdings den Verdacht aufkeimen, dass sie sich insgeheim schon entschieden hatte. Gegen mich und für das arrogante Arschloch.   „Vielen Dank Kakashi“, erwiderte ich und versuchte dabei bescheiden zu klingen. „Mit Sakuras Hilfe könnte das sicher noch etwas ordentlicher werden.“   Sakura zuckte erschrocken zusammen, als sie ihren Namen wahrnahm und wurde dann leicht rot, als sie von ihren beiden Kollegen intensiv gemustert wurde. Tsunade schien nicht besonders begeistert von der mangelnden Konzentration ihrer Moderatorin zu sein.   „Nun, das werden wir dann ja vielleicht sehen“, bestätigte Tsunade, wobei ihr Tonfall ein wenig verärgert klang, was hoffentlich nicht an mir lag. „Auf jeden Fall danke ich dir für dein Kommen Naruto. Wir werden uns Anfang nächster Woche bei dir melden und dir Bescheid geben, ob du für uns als Moderator in Frage kommst. Wenn das der Fall sein sollte, wirst du für zwei Wochen bei uns eine Probezeit absolvieren, gemeinsam mit einem anderen Kandidaten. Das Ganze ist, wie du bestimmt bereits gehört hast, als Wettbewerb ausgelegt. Ihr werdet gegeneinander antreten und am Ende entscheiden die Hörer, wer von euch beiden den Vertrag für zwei Jahre bekommt.“   „Alles klar“, strahlte ich zuversichtlich.   Dass das Gespräch bereits zu Ende war, überraschte mich ein wenig, doch ich versuchte es als gutes Omen zu interpretieren. Vermutlich hatte ich sie einfach innerhalb kürzester Zeit von mir überzeugen können. Kakashi wirkte wirklich interessiert, Tsunade hat auf mich auch einen eher positiven Eindruck gemacht und Sakura… ja Sakura, die war mit ihren Gedanken ganz woanders gewesen.   Ich atmte tief durch, als ich nach draußen auf das Parkdeck trat. Es war Mai und deshalb angenehm warm draußen, obwohl die Sonne von mehreren Wolken verdeckt wurde. Hier oben parkte fast niemand und bis auf ein paar Autos mit dem Konoha Kiku-Logo. Der Sender befand sich auf dem Dach eines Einkaufszentrums mit angrenzendem Parkhaus. Von hier aus hatte man einen grandiosen Überblick über die Stadt. Zufrieden seufzend lehnte ich mich an das Geländer und ließ meinen Blick ziellos über die Dächer Konohas schweifen.   Egal, was am Ende dabei rauskommen würde, ich hatte bei diesem Gespräch mein Bestes gegeben und versucht einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wenn sie mich trotzdem nicht wollten, dann würde ihnen eben etwas entgehen. Schmunzelnd fuhr ich mir durch das strubbelige, blonde Haar, das vom Wind nur noch mehr zerzaust wurde und trat dann vom Geländer zurück. Zur Feier des Tages würde ich mir nun erst mal eine schöne Nudelsuppe im Einkaufscenter gönnen.  Kapitel 1: ----------- -2-         Noch immer konnte ich es nicht fassen, dass ich nun tatsächlich hier war. Klar, alles in allem war ich normalerweise recht überzeugt von mir, doch ich wusste auch, dass es unzählige Bewerber gegeben hatte. Einige davon sicherlich mit deutlich mehr Erfahrung als ich – und trotzdem hatte sich Konoha Kiku schließlich dazu entschlossen mir eine Chance zu geben. Mir, Naruto Uzumaki. Dem Kerl mit dem Chaos-Demotape. Das ich ganz nebenbei bemerkt spontan mit meinem Handy aufgenommen hatte. Manchmal hatte ich wohl einfach mehr Glück als Verstand. Ich verband die Enden meines Fahrradschlosses miteinander und nickte zufrieden als es klickte. Tsunade hatte uns eingeschärft, dass wir ja pünktlich um sechs Uhr auf der Matte stehen sollten. Bevor es mit der Sendung losging, hatte sie wohl noch einiges mit uns zu besprechen. Abgesehen davon, dass ich ein ziemlicher Langschläfer war und schlechte Laune hatte, wenn ich nicht von der Stimme meiner geliebten Sakura geweckt wurde, gab es noch ein weiteres Problem was die Uhrzeit betraf. Ein Problem, um das ich mich dringend kümmern musste, sollte ich den Job wirklich kriegen.  Bedauerlicherweise hatte ich keinen Führerschein, was bedeutete, dass ich auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen war. Bisher hatte das für mich noch nie ein Problem dargestellt. Allerdings war ich bisher auch noch nie so früh am Morgen unterwegs gewesen. Um sechs Uhr sollte ich im Sender sein, die erste Bahn fuhr aber erst um halb sieben. Als ich das realisiert hatte, hatte ich sofort mein Fahrrad aus dem Keller gekramt und dabei fast eine halbe Ewigkeit damit verbracht, nach dem dazugehörigen Schloss zu suchen. Zu oft schon war mir mein Fahrrad geklaut worden.  An sich hatte ich ja nichts gegen Fahrradfahren. Vor allem jetzt im Mai war das morgens sehr angenehm. Meine Wohnung war allerdings ein ganzes Stück weit vom Sender entfernt, was bedeutete, dass ich noch früher aufstehen musste, als sowieso schon. Einzig der Gedanke an Sakura und die bevorstehenden vier Stunden, die ich an ihrer Seite verbringen würde, konnten mich bei Laune halten.  Prüfend warf ich einen Blick in das Glas eines Schaufensters. Es war zwar kein richtiger Spiegel, doch es reichte aus, um mich davon zu überzeugen, dass meine Frisur einigermaßen saß. Genau genommen saß meine Frisur nie, aber zumindest sah es nicht schlimmer aus als sonst. Unwillkürlich musste ich an den arroganten Arsch denken. Seine Frisur hatte perfekt gesessen, wenn sie auch etwas merkwürdig aussah. An den Seiten umrahmten längere schwarze Strähnen sein Gesicht und bildeten diesen unwiderstehlichen Kontrast. Hinten standen seine Haare in mehreren Stacheln ab. Wenn ich genauer drüber nachdachte eine ziemlich seltsame Frisur, aber ihm stand sie blöderweise.  Grummelnd stieg ich die Treppen zum fünften Stock hinauf, nahm dabei immer zwei Stufen auf einmal und öffnete den Reißverschluss meiner Jacke. Es war doch ziemlich warm geworden mittlerweile und durch die Anstrengung stieg die Hitze in mir nur noch mehr an. Unter keinen Umständen wollte ich an meinem ersten Probetag komplett verschwitzt im Sender ankommen. Besonders, weil ich nun endlich eine Chance haben würde, Sakura von mir zu überzeugen. Immerhin war ich nun ihr potentieller Moderationspartner, nicht mehr einer von vielen, sondern einer von zweien. Möglicherweise der eine. Außerdem würde der arrogante Arsch nicht da sein und mir die Show stehlen. Als ob so ein unsympathischer Kerl eine Morningshow moderieren könnte. Da dreht sich doch jeder morgens im Bett um, zieht die Decke wieder über den Kopf und hofft, dass bald wieder Wochenende ist.  Bei der Vorstellung musste ich leise glucksen und drückte schließlich die Klingel des Senders, als sich zeitgleich die Tür öffnete die zum Parkdeck führte. Mir klappte förmlich die Kinnlade herunter, als der arrogante Arsch den Flur des Treppenhauses betrat und ich vergaß völlig, die Tür zu öffnen, die neben mir ein leises Summen von sich gab. Der Typ ist mein Rivale? Auch er schien ein wenig überrascht, mich hier zu sehen, ließ es sich jedoch nicht ansatzweise so sehr anmerken wie ich. „Mund zu, es zieht“, spottete er. Als es wenige Sekunden darauf erneut summte, griff er an mir vorbei und drückte mit seiner rechten Hand die Tür auf, während ich noch immer wie angewurzelt davor stand. Erst als er den Eingangsbereich des Senders betreten hatte und die Tür schon wieder halb am Zufallen war, löste ich mich aus meiner Starre und machte einen Schritt nach vorne. Sofort merkte ich, dass etwas anders war als beim letzten Mal. Die Blondine mit dem Pferdeschwanz saß nicht mehr am Empfangstresen. Dafür hatte Sakura wohl den Knopf zum Öffnen der Tür gedrückt, denn sie kam nun strahlend hinter dem Schreibtisch hervor.  „Guten Morgen Sasuke, möchtest du einen Kaffee?“, demonstrativ hielt sie ihren eigenen Becher hoch, auf dem ebenfalls das Konoha Kiku-Logo prangte.  „Gerne“, sagte er ruhig. Sofort lief mir ein Schauer über den Rücken. Diese Stimme. Wo zum Teufel hatte er nur diese Stimme her? Er klang ganz anders als vorhin im Treppenhaus. Tief, warm, samtig. Verdammt! Möglicherweise gab es doch ein paar Leute, die morgens gerne mit seiner Stimme aufstehen würden. Immerhin waren wir hier beim Radio und sie würden von seiner arroganten Fresse dementsprechend gar nichts mitbekommen.  „Möchtest du auch Kaffee… ähm… Naruko?“, Sakuras Stimme klang nicht ansatzweise so freundlich, als sie mit mir sprach und einen guten Morgen hatte sie mir auch nicht gewünscht. „Naruto“, verbesserte ich sie zähneknirschend. „Und ja, ich nehme gerne einen Kaffee.“ Fast wirkte es so, als hätte sie auf eine andere Antwort gehofft, doch sie winkte uns schließlich beide hinter sich her und wir folgten ihr in den Raum hinter dem Empfangstresen. Es war tatsächlich eine Küche. Eigentlich wollte ich ihr böse sein, weil sie diesem Sasuke – ja ich habe mir seinen dummen Namen gemerkt – mal wieder mehr Beachtung schenkte als mir, aber ich konnte es einfach nicht. Ihre bloße Anwesenheit sorgte dafür, dass meine Miesepeter-Laune ein wenig anstieg und nicht einmal der arrogante Arsch mir den Morgen verderben konnte. Sakuras pinkes Haar wippte hin und her als sie begann die Kaffeemaschine zu bedienen. Allem Anschein nach handelte es sich um einen Kaffeevollautomaten und es sah wahnsinnig kompliziert aus. „Gut aufpassen. Ich zeig das nur einmal“, ermahnte sie uns und sah dabei ausnahmsweise mal mich an.  Sie drückte ein paar Tasten, erklärte zwischendrin immer mal wieder was und drehte dann wieder an einem kleinen Regler. Obwohl ich es wirklich versuchte, konnte ich ihr nicht wirklich zuhören, da ich zum einen viel zu müde war und zum anderen abgelenkt war von ihrer Erscheinung. Während dem Bewerbungsgespräch hatte ich mich nicht wirklich getraut, sie ausgiebig zu mustern. Das lag nicht zuletzt daran, dass Tsunade und Kakashi ebenfalls anwesend waren. Jetzt aber stand sie nur eine Armlänge entfernt von mir und ich konnte sie ohne schlechtes Gewissen anstarren. Immerhin erklärte sie uns ja gerade was.  Ihr pinkes Haar reichte ihr knapp über die Schultern und war vorne minimal länger. Die Farbe fand ich schon auf Fotos immer außerordentlich faszinierend, aber nun wo sie direkt vor mir stand, kam sie mir noch intensiver vor. Noch nie hatte ich eine Frau mit pinken Haaren gesehen und obwohl es auch nicht unbedingt meine Farbe war, stand es ihr ausgezeichnet. Die Farbe war etwas Besonderes und sie war etwas Besonderes. Als sie sich bückte um aus einer Schublade eine Schachtel Würfelzucker zu holen, konnte ich es mir nicht verkneifen, ihr auf den Hintern zu sehen. In der schwarzen Leggins kam er wunderbar zur Geltung, was man jetzt sehen konnte, da ihr Oberteil ein Stück nach oben gerutscht war. Eigentlich ging es bis knapp über den Hintern.  „Sasuke, ich würde sagen, du kannst direkt den Kaffee nehmen“, Sakura deutete auf den Kaffee, den sie soeben durch das Drücken einer Vielzahl komplizierter Tasten zubereitet hatte. „Trinkst du deinen Kaffee mit Zucker und Milch?“ „Nein, schwarz“, erwiderte er knapp. Sie reichte ihm die Tasse. „Naruto kann sich ja einfach selber einen machen.“ Geschockt riss ich die Augen auf. Verdammt, ich war so abgelenkt und hatte ihr dabei überhaupt nicht zugehört. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Sasuke dreckig grinste. „Ich muss jetzt leider schon mal rüber in die Redaktion, ein bisschen was für die Sendung vorbereiten“, wieder einmal warf Sakura Sasuke einen wehmütigen Blick zu. „Ihr habt ja noch fünfzehn Minuten. Kommt dann einfach rüber, wenn ihr fertig seid! Tsunade wird nachher auch noch auftauchen und wir können alles Wichtige besprechen.“ Ich warf einen Blick auf die Uhr an der Wand gegenüber. Tatsächlich war es erst fünfzehn Minuten vor sechs. Lieber zu früh als zu spät. Normalerweise war das genaue Gegenteil meine Devise, aber dieser Job hier war mir wirklich wichtig. Ich musste ihn unbedingt haben. Was mich auch schon wieder zu Sasuke führte. Obwohl ich das echt ungerne zugab, könnte der Kerl zu einer ernsthaften Konkurrenz für mich werden – nicht nur was Sakura angeht, sondern auch in Bezug auf den Moderatorenposten. Er war zwar immer noch ein arrogantes Arschloch, doch mir war nicht entgangen, wie er sich in Gegenwart von anderen Menschen plötzlich verstellen konnte. Zu Sakura war er nämlich jedes Mal scheiße freundlich.  Als ich mich zögerlich der Kaffeemaschine näherte, spürte ich deutlich seine Blicke auf mir. Gespielt selbstbewusst nahm ich mir eine Tasse aus dem Schrank und drehte dann an einem der vielen Regler. Irgendwas in der Art hatte Sakura vorhin glaube ich auch gemacht. Ein wenig planlos blieb ich vor der Maschine stehen. In der Küche war es nahezu vollkommen still. Nur das Ticken der Uhr war zu hören. Es machte mich wahnsinnig. Ich konnte es nicht leiden, wenn es so still war.  „Und Sasuke, warum hast du dich auf die Stelle beworben?“, fragte ich schließlich, um wenigstens irgendwie ein Gespräch zu beginnen. Eventuell lenkte es ihn ja davon ab, dass ich keine Ahnung hatte, was ich da eigentlich tat.  „Weil ich der Richtige dafür bin“, verkündete er selbstbewusst.  Nun klang seine Stimme wieder kalt und abweisend. Definitiv nicht das, was ich morgens im Radio gerne hören würde. Wie machte er das nur? Aber noch viel wichtiger: Wie konnte man nur so überzeugt von sich selbst sein? „Pah“, stieß ich aus. „Das kann gar nicht sein, weil ich nämlich der Richtige für die Stelle bin.“ Demonstrativ machte ich eine ausladende Geste mit dem linken Arm und deutete dann auf mich selbst. Wenn er glaubte, er war der einzige, der von sich überzeugt war, dann hatte er sich geschnitten.  „So“, antwortete er nur skeptisch und pustete dann auf die Oberfläche seines Kaffees, bevor er einen Schluck trank. Insgeheim wünschte ich mir, er würde sich die Zunge verbrennen, doch das tat er natürlich nicht.  „Oh ja, du solltest mich nicht unterschätzen. Ich hab so einiges drauf“, versicherte ich verärgert. Seine kurzsilbigen Antworten gaben mir das Gefühl, dass er mich nicht wirklich ernst nahm und das versetzte mich zunehmend in Rage. Immerhin war ich genauso wie er ausgewählt worden als potentieller Kandidat. Wir beide hatten uns gegen unzählige Bewerber durchgesetzt, also sollte er mich gefälligst auch als Konkurrenten anerkennen. Schnaubend drückte ich irgendeinen Knopf auf der Kaffeemaschine, von dem ich dachte, dass auch Sakura ihn vorhin gedrückt hatte. Es zischte laut und heißer Dampf kam aus der Maschine. Erschrocken sprang ich einen Schritt zurück. „Kaffee kochen gehört offenbar nicht dazu“, stellte Sasuke schmunzelnd fest. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Es war mir so peinlich, dass mir das ausgerechnet vor seinen Augen passierte. „Bastard, du kannst es doch auch nicht besser“, schimpfte ich, weil mir nichts Besseres zu meiner Verteidigung einfiel.  Sasuke zog eine Augenbraue nach oben. „Wenn du ganz lieb bitte sagst, helfe ich dir vielleicht“, bot er an.  Wütend schnaubte ich. Als ob! Niemals würde ich mir von diesem arroganten Arschloch in irgendeiner Art und Weise helfen lassen. Wahrscheinlich bluffte er sowieso nur und hatte in Wirklichkeit ebenso wenig wie ich eine Ahnung, wie die Maschine funktionierte. Wahrscheinlich wollte er mich einfach nur betteln sehen. Doch diesen Gefallen würde ich ihm auf keinen Fall tun. Wieder drückte ich auf einen der Knöpfe, wieder gab die Maschine ein Zischen von sich, diesmal jedoch ohne heißen Dampf. Das war schon mal ein Fortschritt. „Komm, geh zur Seite, Idiot“, schimpfte Sasuke und drängte mich tatsächlich von der Maschine weg. „Bevor du das Ding noch in die Luft jagst.“ Widerwillig trat ich ein paar Schritte zurück und ließ ihn machen. Ein bisschen hatte ich die Hoffnung, dass es ihm auch nicht besser gehen würde als mir und überlegte mir bereits ein paar Sprüche, die ich ihm dann reindrücken konnte. Sasuke drehte ebenfalls an ein paar Reglern, drückte mit seinen langen schmalen Fingern auf ein paar Knöpfe und nickte dann zufrieden als die Maschine anfing zu rumpeln. Blöderweise kam am Ende tatsächlich Kaffee dabei raus. Ohne mich bei dem Arschloch zu bedanken, griff ich nach der Tasse und trank gierig einen Schluck. Genau das hatte ich jetzt gebraucht, denn sechs Uhr morgens war definitiv keine Tageszeit zu der ich normalerweise wach sein wollte.  „Scheiße“, fluchte ich laut und ließ dabei fast noch die Kaffeetasse fallen.  Natürlich hatte ich nicht bedacht, dass der Kaffee gerade frisch aus der Maschine kam und hatte mir dementsprechend die Zunge verbrannt. Aus Sasukes Richtung vernahm ich ein leises Glucksen und spürte sofort wieder Wut in mir aufsteigen. Meine Fingerknöchel, die sich fest um den Griff der Tasse geklammert hatten, liefen bereits weiß an.  „Du bist wirklich ein Idiot“, stellte Sasuke emotionslos fest.  Gerade als ich dem Arschloch die Kaffeetasse über den Kopf ziehen wollte, damit er nicht mehr so blöd grinste, betrat jemand die Küche. Sasuke hatte wirklich Glück, dass der Kerl ihn gerettet hatte, denn allmählich war meine Geduld mit ihm aufgebraucht. Statt ihn also körperlich zu verletzen, versuchte ich ihn mit Blicken zu töten, die er jedoch geflissentlich ignorierte. Der Kerl, der gerade die Küche betreten hatte, machte sich nun ebenfalls einen Kaffee und während die Maschine mahlte, lehnte er sich gegen die Küchentheke und musterte uns nachdenklich.  „Wer von euch beiden ist Naruto?“, fragte er dann.  Sein braunes Haar hatte er hinten am Kopf zu einem kurzen Zopf zusammengefasst, was sein sowieso schon schmales Gesicht noch schmaler erscheinen ließ. Er trug ein graues T-Shirt und darüber eine grüne Jacke. Ansonsten sah er eigentlich ganz normal aus.  „Ich bin Naruto“, sagte ich sofort stolz.  Obwohl ich ihm noch nie begegnet war, kannte er bereits meinen Namen. Mein Ruhm eilte mir wohl voraus.  „Ah“, entgegnete er nur knapp. „Mein Name ist Shikamaru. Ich bin für das Social Media- Gedöns zuständig. Und außerdem plane ich die ganze Casting-Aktion.“ Sofort wurde ich hellhörig. Wenn Shikamaru für das Casting verantwortlich war, dann hatte er möglicherweise auch gewisse Entscheidungsmacht und definitiv einige interessante Informationen für uns.  „Das ist mega cool!“, rief ich sofort begeistert aus. „Heißt das, du hattest die Idee für das öffentliche Casting.“ Er nickte. „Allerdings hoffe ich, dass ich es nicht bereuen werde. Das Ganze ist jetzt schon so stressig.“  „Ach was!“, widersprach ich ihm sofort euphorisch. „Die Idee ist total genial! Normalerweise hätte ich bei euch ohne Vorerfahrung nie eine Chance gehabt, aber so… hier bin ich! Und ich werde mit absoluter Sicherheit der beste Moderator, den dieser Sender jemals hatte. “ Demonstrativ warf ich beide Arme in die Luft. Das bisschen Kaffee hatte mich bereits wieder voll auf Touren gebracht.  „Tz“, machte Sasuke. Shikamaru gähnte nur leicht und griff dann nach seinem Kaffee. „Wie auch immer, ich geh schon mal rüber ins Besprechungszimmer. Eigentlich könnt ihr gleich mitkommen.“ Mit schlurfenden Schritten verließ er die Küche, ohne sich noch einmal nach uns umzudrehen. Ich konnte zwar nicht verstehen, warum meine Brandrede ihn nicht angesteckt hatte, doch ich vermutete, dass es an der Uhrzeit lag. Vielleicht war Shikamaru einfach nicht so der Morgenmensch.   Kapitel 2: ----------- -3-   Die Besprechung war relativ ereignislos verlaufen. Neben Sakura, Shikamaru und Sasuke hatte auch noch Tsunade daran teilgenommen. Kakashi war bisher noch nicht in der Redaktion aufgetaucht, was wohl bei ihm nicht weiter verwunderlich war. Es stellte sich heraus, dass tatsächlich Shikamaru der Drahtzieher der ganzen Casting-Geschichte war, doch er selbst war wohl am wenigsten begeistert von seiner eigenen Idee. Seiner Meinung nach war es die einzige Möglichkeit gewesen, den Imageschaden vom Sender abzuwenden, gleichzeitig war es ihm jedoch unglaublich lästig.   Er war dafür verantwortlich das Programm für die nächsten zwei Wochen zu planen. Die Morningshow Akatsuki lief jeweils von Montag bis Freitag von sieben bis zehn Uhr. Das bedeutete, es gab insgesamt zehn Tage, in denen Sasuke und ich ins Programm eingebaut werden würden. Zehn Tage. Mein Herz schlug schon wieder schneller bei dem Gedanken. Außerdem war Shikamaru wohl auch größtenteils für die Terminplanung verantwortlich, was ihn mindestens genauso zu nerven schien wie die Programmplanung.   Seine eigentliche Aufgabe war es jedoch, die sozialen Medien zu überwachen und die Webseite zu betreuen. Über die letzten Tage war der Wettbewerb bereits ziemlich gepusht worden, sodass nun alle unfassbar gespannt auf die beiden Kandidaten waren, also auf uns. Ebenfalls Shikamarus Verdienst. Auch wenn man es ihm auf den ersten Blick nicht ansah, hatte der Kerl wirklich etwas auf dem Kasten. Schade nur, dass der Sender sich mit Sasuke so eine Enttäuschung angelacht hatte.   Bisher hatte man uns nur gesagt, wie der heutige Tag ablaufen würde. Bereits ab sieben Uhr würden wir beide bei Sakura in der Sendung sitzen, wo sie uns den Hörern draußen vorstellen würde. Besonders mir war immer wieder eingebläut worden, dass ich möglichst spontan und locker auf ihre Fragen antworten sollte, ohne dabei wie ein Wasserfall zu reden. Im Notfall würde Sakura mich stoppen und wenn ich dann immer noch weiterredete, das Mikrofon abdrehen. Es schien fast so, als würden alle damit rechnen, dass genau das passierte.   Nach der Sendung sollte dann ein professionelles Fotoshooting stattfinden, damit die Hörer uns nicht nur hören, sondern sich auch ein Bild von uns machen konnten. In Zeiten von Web 2.0 war das laut Shikamaru absolut unerlässlich. Man musste den Leuten das Gefühl geben, dass sie uns wirklich kennen lernen konnten. Ein bisschen ärgerte ich mich darüber, dass man uns das nicht vorher gesagt hatte, denn dann hätte ich vermutlich ein bisschen mehr auf meine Klamottenauswahl geachtet.   Nun war es aber erst mal Zeit für die Sendung. Genau wie Tsunades Büro grenzte das Studio direkt an die Redaktion und genau wie Tsunades Büro, war es ebenfalls nur durch eine Glaswand abgetrennt. Ich konnte Sasuke und Sakura sehen, die es sich bereits im Studio gemütlich gemacht hatten, während Shikamaru mit mir noch ein kurzes Einzelgespräch geführt hatte. Dass ich ein blutiger Anfänger war, schien ihn wirklich nervös zu machen, doch je länger er auf mich einredete, desto nervöser wurde auch ich.   „Ich schaff das schon“, versicherte ich ihm schließlich und klopfte ihm auf die Schulter.   Unwillkürlich war mein Blick während unserem Gespräch immer wieder zu Sasuke und Sakura gewandert. Die beiden unterhielten sich angeregt, sie lachte viel, er berührte sie immer wieder. Am Arm, an der Hand, am Bein, am Knie. Es wirkte beiläufig, doch ich war mir sicher, dass bei diesem Arschloch absolut nichts beiläufig passierte. Es wurde Zeit, dass ich endlich dazwischen ging.   Entschlossen ging ich auf das Studio zu und betrat den Raum durch die Glastür, nachdem ich mich nochmal vergewissert hatte, dass das On-Air-Lämpchen über der Tür nicht brannte. Das war eine der ersten Sachen, die man mir hier eingeschärft hatte. Andernfalls konnte es nämlich passieren, dass man unfreiwillig mitten in eine Moderation platzte, auch wenn es von außen den Anschein machte, als würde gar niemand moderieren.   Das Studio war nicht besonders groß und hatte auch nach außen hin eine große Fensterfront, von wo aus man direkt auf den Platz vor dem Einkaufscenter sehen konnten. Um diese Uhrzeit war es dort unten noch relativ leer und nur ein paar vereinzelte Gestalten schlurften mit Bäckertüten in der Hand die Straße entlang. Das Kernstück des Studios war ein großes längliches Pult, das etwas erhöht war, sodass man bequem stehen oder aber auf Barhockern dahinter sitzen konnte. Auf dem Tisch standen diverse Computerbildschirme und auch das Mischpult war darin eingelassen. Insgesamt gab es zwei Mikrofone, die jeweils am linken und am rechten unteren Ende befestigt waren.   Sasuke und Sakura unterbrachen ihr Gespräch und ich spürte wie ihre Laune sofort etwas sank. Es war wirklich frustrierend, wie sehr sie an ihm klebte und dagegen würde ich dringend etwas tun müssen.   „Sakura“, begann ich gedehnt. „Würdest du mir vielleicht das Studio erklären? Wir haben doch noch ein bisschen Zeit und Sasuke kennt das alles schon. Er kann sich derweilen ja noch einen Kaffee holen oder so – vielleicht sieht er dann nicht mehr so fertig aus.“   Es fiel mir wirklich schwer seinen Namen auszusprechen, ohne dass meine Stimme dabei vor Abschaum triefte. Wenn er sich verstellen und bei ihr einschleimen konnte, dann konnte ich das schon gleich dreimal.   „Sakura kann dir das Studio zeigen“, entgegnete Sasuke kalt. „Ich bleibe.“   Zunächst war Sakura noch ein wenig hin und her gerissen, dann stimmte sie jedoch zu und begann mir die unterschiedlichsten Dinge zu erklären. Sie zeigte mir die Regler über die die Musik abgespielt wurde und das Programm mit dem man die Übergänge gestaltete. Außerdem erklärte sie mir grob die Ordnerstrukturen, in denen alle notwendigen Audiodateien abgelegt waren, sodass sie immer Zugriff darauf hatte. Vor dem Studio stand direkt an der Glasscheibe ein langer Schreibtisch mit einem einzelnen Stuhl davor.   „Da sitzt normalerweise die Sendeassistenz“, erklärte sie und drückte dann auf einen Knopf. „Wenn man hier drauf drückt, kann man mit der Person am Schreibtisch sprechen. Normalerweise übernimmt das die Praktikantin, aber heute wird Shikamaru dort sitzen. Es ist ihm zu wichtig, um das abzugeben, auch wenn es ihn nervt.“   Sakura kicherte und sofort wurde mir wieder warm ums Herz. Sasuke schien das allerdings nicht zu passen, denn er warf uns böse Blicke zu.   „Du solltest ihm lieber erklären, wie man richtig ins Mikrofon spricht, bevor er nachher noch kompletten Mist baut“, knurrte er. „Und pass auf, dass er dir diesmal zuhört und nicht wieder nur auf deinen Arsch glotzt wie bei der Kaffeemaschine.“   Geschockt riss ich die Augen auf. Er hatte das mitbekommen? Und noch viel schlimmer: Warum musste er das jetzt auch noch vor Sakura erwähnen? Zum zweiten Mal an diesem Tag wollte ich am liebsten im Erdboden versinken und wieder einmal war es Sasukes Schuld.   „Ich… ich hab überhaupt nicht geglotzt“, widersprach ich stammelnd und hob sofort abwehrend die Hände.   Besonders überzeugend klang das leider nicht und ich musste schwer schlucken. Sakuras Blick sprach gerade Bände und ich wusste, dass es besser war, wenn ich jetzt einfach nichts mehr sagen würde. Sasukes Gesicht war nach außen hin völlig emotionslos, doch ich war mir absolut sicher, dass er sich innerlich gerade totlachte.   „Ich muss nochmal was mit Tsunade besprechen“, verkündete Sakura plötzlich. „Sasuke, kannst du ihm bitte das Mikrofon erklären?“   „Natürlich.“   Sasuke schmunzelte und ich konnte deutlich erkennen, dass es ein boshaftes Schmunzeln war. Nur Sakura bekam davon nichts mehr mit, da sie bereits das Studio verlassen hatte. Dieser Mistkerl! Eins zu null für ihn, aber dabei würde es mit Sicherheit nicht bleiben. Sakura würde schon noch sehen, was für ein arroganter Bastard Sasuke war. Noch hatte ich ganze zwei Wochen Zeit, ihr die Augen zu öffnen und dann würde sie auch einsehen, dass ich eindeutig der bessere Moderationspartner für sie war.   „Was ist jetzt?“, knurrte ich. „Zeigst du mir jetzt wie das geht?“   Ich versuchte meine Wut so gut es ging im Zaum zu halten, da ich ihm diesen Triumph unter keinen Umständen gönnen wollte. Genau genommen gönnte ich ihm gar nichts. Allerdings war Sasuke ziemlich gut darin, meine Kontrolle aus dem Gleichgewicht zu bringen.   „Nur wenn du mir nicht auch auf den Arsch starrst, während ich dir was erkläre“, zog er mich grinsend auf.   Empört schnappte ich nach Luft.   „Das hättest du wohl gerne“, fauchte ich.   Sasuke lachte leise und ließ sich dann von dem Barhocker gleiten, der hinter dem großen Mischpult stand. Es gefiel mir ganz und gar nicht, dass ich mir nun von ihm etwas erklären lassen musste, während er diese Position natürlich voll auskostete. Seine Art mir Dinge zu erklären, machte mir deutlich, dass er mich tatsächlich für den letzten Idioten hielt. Als wäre ich ein Kleinkind.   Erleichtert seufzte ich auf, als Sakura endlich zurückkam, doch meine Erleichterung hielt nicht lange an. Offensichtlich war sie noch immer stinksauer auf mich und ich wusste nicht so Recht, was ich tun sollte um diesen Zustand zu ändern. Normalerweise kam ich gut mit Leuten klar, war ein offener Mensch und machte mich auch nicht permanent zum Idioten. Dass das alles passierte war allein Sasukes Schuld. Ausgerechnet vor Sakura musste er mich in einer Tour so vorführen und ich konnte nichts dagegen tun. Noch nicht.   Die restlichen Minuten bevor die Sendung begann, verbrachte ich schweigend und lauschte dem Gespräch, das Sasuke und Sakura führten. Sie unterhielten sich über irgendwelches professionelle Zeug, wovon ich als Laie natürlich keine Ahnung hatte und ich war mir sicher, dass er das wieder nur tat, um mich außen vor zu lassen.  Mit jedem seiner Worte machte er mir nur noch deutlicher, dass ich diesen Kampf unter keinen Umständen gewinnen konnte. Doch so einfach gab ich nicht auf.   Im Moment gab es allerdings wichtigeres. Zum Beispiel meine zunehmende Nervosität. In wenigen Minuten würde ich gemeinsam mit Sakura Haruno, meinem Idol und gleichzeitig meiner Traumfrau live on air zu hören sein. Die Morningshow Akatsuki hatte nicht gerade wenig Hörer. Die meisten Leute hörten morgens Radio, wenn sie sich fertig machten oder auf dem Weg zur Arbeit waren. Sieben Uhr morgens war so etwas wie die Primetime des Radios. Klar, dass um diese Zeit nur die besten Moderatoren zu hören waren. Und nun eben auch Sasuke und ich.   Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, musste ich mir eingestehen, dass mich seine Professionalität nun doch einschüchterte. Er saß ganz ruhig auf dem Barhocker zwischen mir und Sakura. Seine Haltung war gerade, seine Atmung vollkommen regelmäßig und unaufgeregt. Im Gegensatz zu mir wirkte er fast schon entspannt. Ich hatte nämlich meine Finger verkrampft und versuchte erfolglos meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Klar, ich hatte eine große Klappe. Und ja, ich redete auch für mein Leben gern. Aber in diesem Fall würden so unendlich viele Leute dabei zuhören, Leute deren Reaktion ich in dem Moment nicht sehen konnte und Leute, die letzten Endes entscheiden würden, wer die Stelle bekam.   Sakura gab uns ein Zeichen und bedeutete uns damit, ruhig zu sein. Sie drückte eine Taste und zog dann den Regler ihres Mikrofons hoch, während sie einen anderen Regler langsam nach unten schob. Vor ein paar Sekunden hatte sie sich Kopfhörer aufgesetzt und schien nun total vertieft in das, was sie da tat. Dennoch strahlte sie über beide Ohren als sie begann zu sprechen.   „Guten Morgen Konoha, es ist sieben Uhr und ihr hört Akatsuki auf Konoha Kiku. Seit Wochen wird von nichts anderem mehr gesprochen und jetzt ist es endlich soweit! Heute stellen wir sie euch vor – die zwei Jungs an meiner Seite, die zwei Kandidaten für die Moderation hier bei Akatsuki. Ich will noch nicht zu viel verraten, aber ich denke wir haben eine gute Wahl getroffen. Zuvor gibt es für euch aber erst mal…“   Wie hypnotisiert starrte ich die ganze Zeit über Sakura an und saugte dabei ihre Worte in mich auf. Es fühlte sich so surreal an, jetzt plötzlich neben ihr im Studio zu sitzen, statt wie sonst daheim im Bett zu liegen und sich von ihrer Stimme wecken zu lassen. Mit jedem Wort das sie sprach, wurden meine Zweifel immer größer und die Nervosität nahm mich mehr und mehr in Beschlag. Sie war so souverän, wirkte erfahren, aber gleichzeitig so frisch. Neben dieser Frau konnte man nur klein und mickrig wirken und wenn ich ehrlich war, konnte ich nicht mal annähernd neben ihr bestehen.   Meine Finger hatten immer mehr zu zittern begonnen, sodass ich sie kurzerhand im Schoß verschränkt hatte und meine Kehle fühlte sich mit einem Mal Staub trocken an.   „Na Schiss?“, hauchte Sasuke plötzlich direkt neben meinem Ohr.   Sein Atem streifte meinen Hals. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht laut aufzuschreien. Wann war er mir bitteschön so nahe gekommen? Ein zufriedenes Grinsen lag auf seinen Lippen. Wieder einmal wollte ich ihm am liebsten die Fresse polieren, dafür, dass er mich so erschreckt hatte. Mein Herz schlug nun noch tausendmal schneller als zuvor schon.   Sakura hatte ihren Break beendet und die Kopfhörer bereits wieder abgenommen. Den restlichen Teil hatte ich leider nicht mehr mitbekommen, aber ich wusste, dass wir nun bald an der Reihe sein würden.   „Kann ich nochmal aufs Klo?“, fragte ich beschämt.   Meine Blase war sehr empfindlich und die Nervosität trug ebenfalls ihren Teil dazu bei. Nicht zu vergessen Sasuke, der mich, weil er ein riesen Arschloch war, erschreckt hatte. Sakura sah mich unverwandt an und noch bevor ich meine Antwort hatte, wünschte ich, ich hätte diese Frage einfach nicht gestellt.   „Naruto, wir haben noch zwei Minuten bis der Song zu Ende ist. Das hättest du dir früher überlegen müssen“, schimpfte sie.   Resigniert ließ ich die Schultern hängen und versuchte mich irgendwie von meiner drückenden Blase abzulenken. Am besten funktionierte das, wenn ich meinem Groll gegenüber Sasuke freien Lauf ließ. Der war sowieso an allem Schuld.   Es dauerte nicht mehr lange und wir setzten uns alle die Kopfhörer auf, damit wir auch noch hören konnten, was passierte, wenn die Mikrofone an waren. Sasuke und ich mussten uns eins teilen, da das Studio nicht für drei Personen ausgelegt war. Zu diesem Zweck hatten wir unsere Barhocker ein wenig näher zusammen gerückt, wobei ich peinlichst genau darauf achtete, ihn nicht irgendwo zu berühren. Am Ende war seine dumme Arroganz noch ansteckend.   „Guten Morgen Konoha, hier ist Sakura von Akatsuki für euch auf der 106.5. Wie versprochen werden wir heute das große Geheimnis lüften und euch unsere beiden potentiellen neuen Morningshow-Moderatoren vorstellen. Ihr könnt uns die nächsten Stunden allerlei Fragen schicken an die beiden, die ich dann selbstverständlich weiterleiten werde. Schreibt einfach wie immer über Facebook oder sendet uns eine E-Mail ins Studio an akatsuki@kk.com. Und jetzt will ich euch nicht mehr länger auf die Folter spannen und wir beginnen direkt mit unserem ersten Kandidaten. Sasuke, schön dass du da bist!“   „Die Freude ist ganz meinerseits“, antwortete Sasuke.   Seine Stimme war dabei mal wieder so samtig und warm, dass ich am liebsten kotzen wollte.   „Fangen wir mit ein paar Hardfacts an“, Sakura warf einen Blick auf die Zettel mit Notizen, die sie vor sich ausgebreitet hatte. „Wie alt bist du Sasuke und wo kommst du her?“   Sasuke sah völlig entspannt aus, wie er da eng neben mir auf seinem Hocker saß. Die Kopfhörer konnten seiner seltsamen Frisur nichts anhaben und ich musste zugeben, dass er irgendwie ins Bild passte. Zumindest besser als ich.   „Ich bin 22 und komme aus Otogakure“, beantwortete er ihre Frage souverän.   „Was treibt dich zu uns nach Konoha?“, erkundigte sich Sakura hörbar interessiert.   Vermutlich hatte sie sowieso die ganze Zeit nur darauf gewartet, ihren Schwarm endlich mit Fragen löchern zu können. Ich musste mir ein Schnauben verkneifen, da ich dafür viel zu nah am Mikrofon saß und verschränkte stattdessen demonstrativ die Arme vor der Brust, wobei ich Sasukes Arm leicht streifte und sofort zurückzuckte. Sasuke ließ sich von der kleinen Störung absolut nicht aus der Ruhe bringen.   „Ich bin hier geboren, Sakura. Deswegen verbindet mich noch immer etwas mit Konoha und ich sehe diese Stadt als meine Heimat an. Ich mag die Leute hier, das Klima und man kann hier gut essen und feiern gehen.“   Schleimer.   „Heißt das, man kann dich hier auch mal abends irgendwo antreffen?“, hakte Sakura sofort nach.   „Natürlich. Ich bin gerne unterwegs“,  antwortete Sasuke. „Vor allem seit ich endlich wieder zurück bin in Konoha. Vielleicht begegnet man sich ja mal. Ich würde mich sehr freuen, euch kennen zu lernen.“   Wenn er so weiter machte mit seiner verdammten samtweichen Schleimerstimme, mit der er alle einzulullen versuchte, würde er beim Aufstehen auf seiner eigenen Schleimspur ausrutschen.   „Also ihr habt es gehört Leute, haltet die Augen offen, wenn ihr Sasuke kennen lernen wollt“, fuhr Sakura schon wieder fort. „Ich durfte ihn bereits kennenlernen und ich kann euch versprechen – es lohnt sich. Bilder der Jungs werden übrigens morgen früh auf unserer Website veröffentlicht. Bis dahin müsst ihr euch erst mal noch mit eurer Fantasie begnügen. Aber ich verspreche euch: Sasuke wird euch schon mal nicht enttäuschen.“   Auf der Stelle verkrampfte sich alles in mir und mir wurde so übel, dass ich fast meinen Einsatz verpasst hätte. Unsanft stieß Sasuke mir in die Seite und erst da merkte ich, dass Sakura schon ihre erste Frage an mich gerichtet hatte.   „Äh… ich bin 21 und ich bin auch hier in Konoha geboren… lebe seitdem auch noch hier… also seit ich geboren bin“, brachte ich mühsam heraus.   Die Nervosität schnürte mir zunehmend die Stimme ab. Sie klang rau und brüchig. Nicht wie sonst laut und klar. Eigentlich hatte ich ein ziemlich gewaltiges Stimmorgan, aber im Moment war davon leider nicht viel zu hören. Verdammt. Der Barhocker neben mir bebte leicht und ich sah, dass Sasuke nur mühsam ein Lachen unterdrücken konnte.   „Und wo kann man dich so abends antreffen?“, erkundigte sich Sakura im Plauderton.   Natürlich hatte sie gemerkt, dass ich ziemlich aus der Bahn geworfen war und warf deswegen Sasuke genervte Blicke zu, aber das konnten die Hörer ja nicht sehen.   „Also, ich geh nicht ganz so gerne feiern“, begann ich und hätte mir im nächsten Moment am liebsten in den Arsch gebissen.   Das hier war ein Chart-Hit-Radio. Also ein Sender für junge Menschen, die gerne Mainstream Musik hörten und jedes Wochenende feiern gingen. Erst vorhin hatte ich mit Shikamaru über die Zielgruppe des Senders gesprochen. Für die musste ich jetzt wie der letzte Spießer aussehen.   Bevor ich jedoch noch mehr sagen konnte, wurde ich sofort von Sasuke unterbrochen, der sich in das Gespräch mit einmischte.   „Für euch macht der gute Naruto natürlich eine Ausnahme“, verkündete er gut gelaunt und stieß mir dabei den Ellenbogen in den Bauch.   Basierend auf purem Zufall – nicht – traf er dabei natürlich genau meine Blase und ich unterdrückte ein Keuchen. Das war wirklich knapp gewesen. Der Überraschungseffekt, gepaart mit meiner Nervosität und den Gedanken an die akute Blamage hatte meinen Harndrang nahezu ins unermessliche steigen lassen. Dass der Arsch das ausnutzen würde, hätte ich mir eigentlich denken können. Ab sofort durfte ich ihm gegenüber keinerlei Schwäche mehr zeigen.   Ich bekam kaum noch mit, wie Sasuke und Sakura kräftig die Werbetrommel rührten für die Kennenlern-Party im Shippuden. Shikamaru hatte wirklich alles bis ins kleinste Detail geplant und wusste worauf seine Zielgruppe so abfährt. Dass ich nicht so gerne feiern ging, hätte ich wohl besser nicht erwähnen sollen. Allerdings war ich ja auch noch nicht fertig mit meinem Satz gewesen, als Sasuke mich bereits unterbrochen hatte. Eigentlich wollte ich noch sagen, dass ich nicht so gerne in Clubs feierte, sondern lieber auf WG-Partys, wo man die Möglichkeit hatte, unglaublich viele Menschen auf einmal kennenzulernen. Das wäre dann vielleicht weniger spießig rübergekommen und auch ich hätte ein paar Sympathiepunkte sammeln können. Aber das hatte Sasuke mit seinem hinterhältigen Anschlag gezielt verhindert.   Sobald ich sah, dass das rote On-Air-Schild nicht mehr leuchtet, sprang ich von meinem Hocker auf und rannte auf die Toilette. Sakuras irritierten Blick und Sasukes lautes Lachen ignorierte ich dabei.     Kapitel 3: ----------- -4-   „Naruto, was ist deine Lieblingsfarbe?“   Da musste ich nicht lange überlegen.   „Orange.“   „Sasuke?“   „Schwarz.“   Wieder musste ich mir ein Schnauben verkneifen. Schwarz. War ja klar. So schwarz wie seine arrogante Arschloch-Seele.   „Sasuke, was ist dein Lieblingsgericht?“   „Alles mit Tomaten“, antwortete er ohne zu zögern.   „Naruto?“   „Nudelsuppe“, erwiderte ich grinsend.   Mein Grinsen konnten die da draußen zwar nicht sehen, aber Shikamaru hatte mir vorhin erklärt, dass sie es trotzdem hören konnten. Ein Mensch der lächelte klang ganz anders als ein Mensch, der keine Miene verzog. Vielleicht war das der Grund, warum Sasuke im Studio plötzlich gar nicht mehr aufhörte zu lächeln, während er sonst eher einem Eisblock ähnelte. Bloße Professionalität. Ich hatte ihn durchschaut. Und nicht nur das, ich würde mir diese Taktik ebenfalls zu Nutze machen.   Anscheinend waren in der Zwischenzeit jede Menge Fragen von Hörern an Sasuke und mich eingetroffen. Shikamaru hatte eine Auswahl zusammengestellt und die dann weitergeleitet an Sakura ins Studio. Es war bereits der zweite Moderationsbreak, den wir damit verbrachten, die Frageliste der Zuschauer abzuarbeiten. Dabei stellte Sakura uns die Fragen jeweils abwechselnd. Nun war ich wieder an der Reihe.   „Naruto, mit wie vielen Jahren hast du deine Jungfräulichkeit verloren?“   „Äh…was?“, fragte ich erschrocken und wurde augenblicklich knallrot.   Oh mein Gott, zum Glück konnte das niemand sehen. Doch Sasuke konnte es sehen. Ich spürte sofort seinen interessierten Blick auf mir und die Hitze in meinen Wangen wurde nur noch unerträglicher. Was antwortete man auf so eine Frage? Ich konnte mir schlecht selbst den Stempel als ultimativer Spießer aufdrücken. Nicht nach der Sache mit dem Feiern. Ich konnte es nicht. Aber Sasuke konnte es.   „So rot wie er wird, ist Naruto wohl noch Jungfrau“, stellte er sachlich fest.   „Stimmt das Naruto?“, bohrte Sakura sofort nach und wirkte fast schon ein wenig angetan.   „Äh nein, natürlich nicht“, stritt ich sofort ab. „Ich… ich… hab nur vergessen, wann das war.“   Dumme Ausrede. Ganz dumme Ausrede.   „So schlecht?“, fragte Sasuke spöttisch.   Er führte mich vor. Schon wieder. Nur diesmal hörten tausende von Menschen zu. Ich machte den Mund auf und wollte ihm etwas entgegnen, doch es kam kein Ton heraus. Normalerweise war ich doch auch nicht auf den Mund gefallen.   „Kannst du dich denn noch erinnern, wie das bei dir war, Sasuke?“, mischte sich nun auch wieder Sakura ein.   Sie hatte wohl gemerkt, dass zu diesem Thema von mir nichts mehr kommen würde.   „Natürlich“, bestätigte Sasuke. „Ich war 15 und ich kann mich keinesfalls beschweren. Sie hat sich auch nicht beschwert.“   In Sakuras Augen nahm ich ein kurzes Flackern war. Ich konnte mir ungefähr vorstellen, was für Bilder sie gerade im Kopf hatte und konnte nicht verhindern, dass sie sich auch vor mein inneres Auge schoben. Ob Sasuke die Wahrheit sagte? Angewidert schüttelte ich den Kopf. Was interessierte es mich, ob der Arsch gut im Bett war. Höchstwahrscheinlich wollte er wieder einmal nur angeben. Obwohl ich zugeben musste, dass er bisher immer Recht behalten hatte. Ein Schauer kroch über meinen Rücken. Themenwechsel. Schnell.   Sakura beendete den Break indem sie den nächsten Musiktitel ansagte. Ich blieb stumm auf meinem Hocker sitzen und starrte auf meine Hände. Noch nie in meinem Leben war mir etwas so dermaßen peinlich gewesen und schuld war wieder einmal Sasuke. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und diesmal schien er zu spüren, dass es besser war, mich jetzt nicht anzusprechen, denn er wandte mir den Rücken zu und unterhielt sich stattdessen wieder mit Sakura, die währenddessen den nächsten Break vorbereitete.   Die kommenden Fragen waren nicht ansatzweise so verfänglich wie die Frage nach meiner Jungfräulichkeit, weswegen ich den Rest der Sendung einigermaßen unbeschadet hinter mich bringen konnte. Dennoch hatte ich das unangenehme Gefühl die ganze Zeit über nicht abschütteln können und fühlte mich dadurch irgendwie gehemmt. Zum ersten Mal seit wir uns begegnet waren, fühlte ich mich Sasuke gegenüber wirklich unterlegen und das kratzte gewaltig an meinem Stolz. Er hatte schon Sex gehabt – zumindest wenn man seinen Behauptungen Glauben schenken mochte – und ich nicht. Auch wenn ich ein Jahr jünger war als er, hatte er bereits sieben Jahre Vorsprung. Sieben Jahre.   Nicht, dass ich keine Gelegenheiten gehabt hätte. Ich wollte einfach nicht und es war nie die Richtige dabei gewesen. Selbst wenn Sakura mir jetzt auf der Stelle ein eindeutiges Angebot machen würde, wüsste ich nicht, ob ich es annehmen könnte. Schnell schüttelte ich den Kopf. Was für ein absurder Gedanke. Mit Sicherheit war Sakura jetzt noch abgeschreckter von mir als sowieso schon.   Als wir schließlich das Studio verließen um Platz für den nachfolgenden Moderator zu machen, wartete Shikamaru bereits auf uns. Er hatte beide Hände in den Hosentaschen versenkt und seine Haltung wirkte entspannt, doch anhand seines Gesichtes konnte man deutlich ablesen, dass er von irgendetwas genervt war. Offenbar war die Sendung nicht ganz so abgelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte und vermutlich würde es für mich jetzt erst mal eine ordentliche Ladung Kritik hageln. Zu meiner Überraschung wandt er sich jedoch an Sakura.   „Hör mal Sakura, wenn du weiter so offensichtlich nur von Sasuke schwärmst. können wir uns das Voting auch sparen.“   Sofort entgleisten ihr sämtliche Gesichtszüge.   „Ich… was?“, sie zog das letzte Wort besonders lang.   „Du hast schon verstanden“, grummelte Shikamaru genervt. „Reiß dich mal ein bisschen zusammen, wir machen das hier nicht zu deinem Vergnügen. Es ist dein Job!“   Beleidigt reckte sie ihr Kinn nach vorne.   „Ich weiß, dass das mein Job ist.“   Mit diesen Worten verschwand sie stampfend in Richtung Küche und ich starrte ihr verblüfft hinterher. In gewisser Weise war ich Shikamaru dankbar für seine Ansprache, andererseits hatte er mir so nur einmal mehr vor Augen geführt, dass es für Sakura nur Sasuke zu geben schien. Egal was ich versuchte, sie nahm mich einfach nicht wahr, solange er im gleichen Raum war und wenn doch, dann tat sie es auf eine eher weniger positive Art und Weise.   „So Jungs, packt eure Sachen zusammen, ich geb‘ euch gleich noch die Adresse für das Shooting nachher. Kakashi ist schon dort, ihr könnt eines von unseren Autos nehmen. Tragt euch einfach vorne bei Ino in die Liste ein“, Shikamaru deutete in die Richtung, in die Sakura gerade verschwunden war.   „Kommst du nicht mit?“, fragte ich ihn überrascht.   Zum ersten Mal sah ich eine Art Lachen in Shikamarus Gesicht.   „Machst du Witze?“, grinste er. „Ich geh jetzt erst mal schön nach Hause. Der Vormittag war schon viel zu stressig.“   Demonstrativ gähnte er und streckte sich ausgiebig, bevor er uns dann ungeduldig nach draußen zum Empfang scheuchte, während er selbst an seinen Arbeitsplatz ging, um die Adresse für das Shooting herauszusuchen. Es war jetzt kurz nach zehn und mittlerweile konnte man wirklich sagen, dass Leben in die Bude gekommen war. Während es hier morgens um sechs fast schon wie ausgestorben wirkte, wuselten nun unglaublich viele Leute durch die Gegend, die alle schwer beschäftigt waren. Auch die blonde Frau, die mir beim ersten Mal die Tür geöffnet hatte, saß wieder hinter dem Empfangstresen.   „Guten Morgen Ino, Shikamaru hat gesagt, wir sollen uns eins von den Autos ausleihen“, übernahm Sasuke direkt die Führung.   Ino nickte fröhlich, stand dann auf und ging zu einer Schublade, wo sie eine Weile drin herumkramte. Heute schien sie ausgesprochen gute Laune zu haben oder aber es lag mal wieder an Sasuke. Der hatte wohl im Allgemeinen so eine Wirkung auf Frauen.   „Seid ihr zu zweit unterwegs?“, fragte Ino vorsichtshalber nochmal nach.   „Ja sind sie“, Shikamaru war hinter uns aufgetaucht und drückte mir einen Zettel mit einer Adresse in die Hand. „Navi ist im Auto. Die wissen dort Bescheid, dass ihr kommt. Kommt nicht auf die Idee zu trödeln!“   Das bedeutete dann wohl, dass Sakura sich nicht an dem Shooting beteiligen würde. Trotz ihrer schlechten Laune hatte ich insgeheim darauf gehofft. Selbst wenn es am Ende mit der Stelle nichts werden würde, könnte ich dann von mir behaupten, gemeinsam auf einem Foto mit ihr abgebildet zu sein. Sogar auf einem richtigen Fotografen-Foto.   „Naruto, schlaf nicht ein“, Sasuke klimperte ungeduldig mit den Autoschlüsseln.   Mühsam riss ich mich von meinen Gedanken los und folgte ihm dann aufs Parkdeck, wo er zielstrebig auf eines der Autos zusteuerte. Ich fragte mich, woher er wusste, welches das Richtige war, doch er wusste es wohl einfach. Ohne einen weiteren Kommentar ließ ich mich auf den Beifahrersitz sinken und war nun sogar froh, dass er den Schlüssel direkt an sich genommen hatte. So musste ich ihm wenigstens nicht auch noch unter die Nase reiben, dass ich auch keinen Führerschein hatte. Keinen Sex und keinen Führerschein. Wenn Sasuke das wüsste, würde er mich zweifelsohne auslachen.   Ich klappte das Handschuhfach auf und fischte dann das Navi heraus, während Sasuke den Motor anließ und schon mal in Richtung Parkhaus-Ausfahrt fuhr. Shikamarus krakelige Handschrift war nicht besonders gut zu lesen und im ersten Moment hatte ich schon Angst, dass wir nochmal in der Redaktion anrufen mussten. Doch mithilfe der Autovervollständigung gelang es mir dann doch, die richtige Adresse zu finden und wir konnten uns auf den Weg machen. Die Fahrt verlief glücklicherweise ohne weitere Zwischenfälle.   Von außen sah das Gebäude ziemlich alt und abgewrackt aus. Innen war es allerdings sauber und modern. Direkt als wir ankamen wurden wir in eine große Halle geschoben, wo man offensichtlich bereits auf uns gewartet hatte. Überall wuselten geschäftig ein paar Leute herum, die ich zuvor noch nie gesehen hatte und ich hielt Ausschau nach Kakashi. Den kannte ich immerhin und der hatte auch das Kommando. Es dauerte nicht lange, da tauchte er auch schon aus einer kleinen unauffälligen Tür am Rande der Halle auf. Neben ihm ging ein etwas kleinerer Kerl mit kurzen dunklen Haaren und einer Haut, die sogar noch blasser war als Sasukes.   „Hallo, schön euch kennen zu lernen. Ich bin Sai, euer Fotograf.“   Mit Genugtuung stellte ich fest, dass er mir zuerst die Hand gegeben hatte. Mir und nicht Sasuke.   „Guten Morgen Jungs, schön euch wiederzusehen“, begrüßte uns nun auch Kakashi.   Guten Morgen? Es war kurz vor elf und normalerweise würde ich ihm da ja vollkommen zustimmen, doch wenn man schon seit fünf Uhr auf den Beinen ist, fühlte es sich nicht mehr an wie morgens. Das war wohl der größte Nachteil an diesem Job – er vertrug sich leider ganz und gar nicht mit meinem Schlafrhythmus.   Sai schickte uns zunächst einmal rüber zu seinen Mädels, wie er sie nannte, die sich um unser Styling kümmern sollten. Ich wählte bewusst den Begriff Styling, weil Make-Up und Haare meiner Meinung nach nicht sehr männlich klang. Es fühlte sich komisch an, wenn einem fremde Menschen die ganze Zeit über im Gesicht herumfuhrwerkten. Die Pinsel kitzelten, die Kämme ziepten und außerdem juckte meine Haut ganz schrecklich von dem ganzen Make-Up. Meiner Meinung nach hatte ich sowas ja sowieso gar nicht nötig, aber Sai hatte vorhin irgendwas von Lichtreflexionen und Glänzen gesagt. Der wusste bestimmt, was er da tat.   Wie nicht anders zu erwarten, hatte Sasuke auch Sais Mädels nach kürzester Zeit um den Finger gewickelt. Die Mädchen beteten ihn an, hingen an seinen Lippen und stritten sich darum, wer ihn nun für das Fotoshooting vorbereiten durfte. Dabei hatte er überhaupt nichts gemacht. Er war weder besonders charmant gewesen, noch hatte er ihnen in irgendeiner Weise besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Im Gegenteil, er hatte die meiste Zeit damit verbracht zu mir rüber zu sehen, um sich dann darüber lustig zu machen, dass bei mir so viel an den Haaren gemacht werden musste. Er wiederum ließ niemanden an seine Haare heran. Vielleicht würde ich nachher einfach mal reingreifen, nur um ihn zu ärgern.   „So, das reicht jetzt“, schimpfte ich ungeduldig und verscheuchte die Mädels, die sich bis jetzt an meiner Haarpracht ausgetobt hatten.   Mein Leben lang hatte ich bereits versucht, dieses widerspenstige Gestrüpp zu zähmen, doch bisher hatte es noch nie geklappt. Das würden die armen Dinger innerhalb einer Stunde also auch nicht hinbekommen. Ich wollte keine Zeit mehr verschwenden und außerdem hatte ich keine Lust mehr Sasukes Blicken ausgesetzt zu sein, der mittlerweile schon fertig war. Mit der Schminke im Gesicht wirkte seine Haut wie aus Porzellan.   „Du siehst irgendwie weiblich aus“, stellte ich fest, als ich meinen Blick prüfend über ihn gleiten ließ.   Sofort verengten sich seine Augen zu winzig kleinen Schlitzen und er kam drohend einen Schritt auf mich zu. Oh oh, das war dann wohl ein wunder Punkt bei ihm. Dabei war meine Aussage noch nicht einmal böse gemeint gewesen. Ausnahmsweise.   „Wenn du meine Faust im Gesicht hast, wirst du schon sehen, dass ich zumindest nicht schlage wie ein Mädchen“, knurrte er.   Abwehrend hob ich die Hände und ging einen Schritt zurück.   „Ganz ruhig Sasuke“, beschwichtigte ich ihn. „Das war ja nicht böse gemeint.“   „Achja, was denn dann?“, zischte er.   Was denn dann? Eigentlich eine gute Frage. Denn wenn ich ehrlich war, musste ich mir eingestehen, dass ich Sasuke in diesem Moment ziemlich attraktiv fand. Oder zumindest hatte ich ihn solange attraktiv gefunden, bis er wie eine Furie auf mich losgegangen war – ebenfalls sehr weiblich. Aber das würde ich ihm besser wohl nicht sagen. Auch das mit dem attraktiv finden, sonst fasste er das am Ende noch falsch auf. Immerhin fand ich ihn nur objektiv attraktiv, so wie man als Mann ein männliches Model aus einem Katalog attraktiv finden konnte. Rein Objektiv. Man versetzte sich sozusagen in die Lage einer unabhängigen Person und versuchte dann auf dieser Basis zu einer Beurteilung zu kommen.   „Es steht dir“, gab ich schließlich widerwillig zu.   Irgendwas musste ich zu seiner Beschwichtigung sagen, sonst hatte ich am Ende wirklich seine Faust im Gesicht. Dass er nicht schlug wie ein Mädchen glaubte ich ihm aufs Wort. Allerdings wäre es wirklich schade um die schönen Bilder, wenn mein Gesicht darauf verunstaltet wäre.   „Tz“, machte Sasuke nur.   Allerdings wirkte er schon weitaus weniger aggressiv als wir schließlich zusammen in Richtung Set gingen.   „Bist du wirklich noch Jungfrau?“, fragte er plötzlich.   Sofort spürte ich, wie mir erneut die Hitze in die Wangen stieg. Musste er ausgerechnet wieder mit diesem Thema anfangen?   „Das geht dich nichts an“, blockte ich seine Frage.   Natürlich würde er auch so wissen, was Sache war. Allerdings war ich einfach nicht abgebrüht genug, um ihm diesbezüglich ins Gesicht zu lügen. Ich war mir sicher, dass er meine Lügen sofort durschauen würde. Überhaupt hatte er das Thema doch nur wieder aufgegriffen um von sich selbst und seinem weiblichen Gesicht abzulenken.   „Aber nicht, weil dich keine wollte?“, es klang mehr wie eine Feststellung als eine Frage.   Ohne ihm zu antworten, legte ich einen Zahn zu und hängte ihn somit auf meinem Weg durch die Halle ab. Ich hatte absolut keine Lust mich mit ihm zu unterhalten und schon gleich gar nicht über dieses Thema. Er fragte mich doch nur darüber aus, damit er mich nachher besser auslachen konnte oder damit er Sakura erzählen konnte, was ich für ein Loser war. Allerdings würde ich ihm dabei auf keinen Fall in die Karten spielen. Sollte er sich doch zusammenreimen was er wollte, mein Sexleben ging ihn definitiv nichts an.     Kapitel 4: ----------- -5-   Neuer Tag, neues Glück. So hatte ich mir das gedacht, als ich am nächsten Morgen im Sender auftauchte und tatsächlich sah es so aus, als würde ich damit Recht behalten. Nachdem ich die Schmach vom gestrigen Tag einigermaßen verdaut hatte, gelang es mir tatsächlich ein wenig lockerer zu werden. Die Nervosität am Mikrofon war nicht mehr ganz so schlimm, selbst wenn ich unmittelbar neben dem ach so hochprofessionellen Sasuke sitzen musste. Nicht nur das, ich war sogar in der Lage ihm den einen oder anderen Spruch als Retourkutsche zu drücken.   Imaginär klopfte ich mir selbst auf die Schulter. Das war der Naruto, den ich kannte. Selbstbewusst, laut und schlagfertig. Endlich konnte ich Sakura zeigen, warum sich der Sender letzten Endes für mich als Kandidaten entschieden hatte. Endlich konnte ich Sasuke zeigen, warum ich eine ernst zu nehmende Konkurrenz für ihn darstellte. Ich spürte deutlich, dass die beiden irritiert waren von meinem scheinbar plötzlichen Wandel. Allerdings hatte ich nur etwas Zeit gebraucht, um aufzutauen.   Die zweite Sendung lief im Großen und Ganzen ähnlich ab wie die erste. Mit der Ausnahme, dass nun auch ich ein paar Mal öfter zu Wort kam, ohne mich dabei jedes Mal zum Affen zu machen. Ein Teil der Sendung bestand erneut aus Fragen, die uns die Hörer gestellt hatten. Diesmal waren zum Glück keine allzu schlimmen dabei, wobei ich mir fast sicher war, dass Shikamaru da seine Finger mit im Spiel hatte. Überhaupt hatte ich irgendwie das Gefühl, dass er sich für mich einsetzte. Hatte er Sasukes Arschloch-Fassade durchschaut?   Nahezu in jedem Break erwähnte Sakura die Party, die heute Abend unter unserem Namen im Shippuden stattfinden würde. Natürlich würden auch Sasuke und ich vor Ort sein, um unseren Hörern die Möglichkeit zu geben, uns hautnah kennenzulernen. Dass wir bereits seit fünf Uhr morgens auf den Beinen waren, schien dabei keinen zu stören.   „Nach der Sendung geht ihr am besten gleich nach Hause und schlaft euch aus, damit ihr heute Abend fit seid“, hatte Kakashi lediglich kommentiert.   Ich musste jedoch zugeben, dass mir das Aufstehen heute Morgen schon ein wenig leichter gefallen war als gestern noch. Schlau wie ich war, hatte ich mir einfach zuhause einen Kaffee gemacht und den dann in einem Thermobehälter mitgenommen. Sasuke hatte große Augen gemacht als er mich mit der Kaffeetasse in der Hand aus der Küche hatte kommen sehen. Er musste ja nicht wissen, dass der Kaffee nicht aus der Maschine kam.   Alles in allem hatte ich ihm heute erfolgreich vor Augen geführt, dass ich durchaus mehr drauf hatte, als er glaubte. Gewissermaßen hatte mich das mit Zufriedenheit erfüllt und wenn es nach mir ging, konnte das auch genauso weitergehen. Wie Kakashi es uns empfohlen hatte, war ich direkt nach der Sendung nach Hause gefahren und hatte dort ein Nickerchen gemacht. Glücklicherweise war ich einer der Menschen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit und praktisch an jedem vorstellbaren Ort schlafen konnten.   Trotzdem musste ich mir eingestehen, dass man mir die Müdigkeit ein wenig ansehen konnte, als ich meinem Spiegelbild im Schaufenster wieder einmal einen prüfenden Blick zuwarf. Heute hatte ich mir mit meinem Outfit und den Haaren wirklich ausgesprochen viel Mühe gegeben, denn ich wollte Sasuke unter keinen Umständen in irgendwas nachstehen. Er hatte gesagt, dass er gern feiern ging und ich konnte mir gut vorstellen, dass er sich zu diesem Anlass besonders herausputzen würde. Neben mir allerdings sollte er blass aussehen. Was er genau genommen ja sowieso tat – wenn auch nicht auf eine negative Art und Weise.   Wie Kakashi verlangt hatte, war ich punkt acht Uhr im Sender. Wir wollten uns alle hier treffen und würden dann gemeinsam zur Party fahren. Die Moderatoren sollten nach außen hin unter allen Umständen einen geschlossenen Eindruck vermitteln. Außerdem hatte der Sender uns ein Auto samt Fahrer gestellt, damit wir uns alkoholtechnisch nicht allzu sehr zurückhalten mussten. Eine Praktikantin namens Hinata war dafür verantwortlich uns ins Shippuden zu bringen und nachher auch wieder nachhause zu fahren. Sie sah verdammt jung aus und ich hatte kurz daran gezweifelt, dass sie überhaupt einen Führerschein hatte.   Stürmisch drückte ich auf die Klingel und kurz darauf ertönte das vertraute Surren und die Tür sprang auf, als ich mich dagegen lehnte. Ino hatte seit sechs Uhr Feierabend und war dementsprechend nicht an ihrem Empfang. Stattdessen hatte Sasuke mir die Tür geöffnet. Als ich ihn sah, fiel mir mal wieder fast die Kinnlade herunter. Verdammt. So also sah es aus, wenn er sich herausputzte. Mit einem Mal kam mir mein Outfit nicht mehr ansatzweise so überzeugend vor, wie noch vor wenigen Minuten vor dem Schaufenster.   „Heiß oder?“, fragte Sasuke selbstsicher.   Ertappt wandte ich den Blick ab. Er sollte auf keinen Fall merken, dass ich eifersüchtig auf ihn war. Vielleicht sah er ja wirklich einen Ticken besser aus als ich, aber dafür hatte ich andere Qualitäten. Zum Beispiel war ich im Gegensatz zu ihm sympathisch – und das war ja wohl für einen Radiomoderator eindeutig wichtiger.   „Geht schon“, brummte ich und zuckte mit den Schultern.   Da ich keine Lust auf weitere Gespräche mit ihm hatte, schob ich mich an ihm vorbei in den Gang der zur Redaktion führte. Viel wichtiger als die Tatsache, dass ich eifersüchtig auf Sasuke war, war die Frage was Sakura an diesem Abend tragen würde. Ich vermutete die anderen in der Redaktion und wurde auch nicht enttäuscht. Kakashi, Shikamaru, Sakura und ein Typ den ich zuvor noch nie gesehen hatte, beugten sich gemeinsam über einen Computer. Ein bisschen abseits von den anderen, am Platz der Sendeassistenz saß Hinata und spielte nervös mit dem Saum ihrer Jacke. Scheinbar war sie schon startklar.   Zielstrebig ging ich auf die kleine Gruppe zu und versuchte über Kakashis Schulter hinweg einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. Blöderweise war er ein ganzes Stück größer als ich, sodass es mir nicht so richtig gelingen wollte.   „Was macht ihr da?“, erkundigte ich mich neugierig.   Erst jetzt hatten mich die anderen bemerkt und drehten sich zu mir um. Als ich in Sakuras Gesicht blickte, traf mich fast der Schlag. Sie sah einfach atemberaubend aus. Ihr Makeup betonte die grün-blauen Augen und ihre Wimpern wirkten nahezu unendlich lang. Ihre Haare hatte sie locker nach oben gesteckt und ihre Schultern waren frei. Sie trug passend zu ihrer Haarfarbe ein pinkes Kleid, das  eng an ihrem Körper anlag und nur knapp über ihren Hintern reichte. Ich schluckte um zu verhindern, dass ich begann zu sabbern.   „Wir werten die Reaktionen auf eure Fotos aus“, verkündete Shikamaru gelangweilt.   „Und?“, fragte ich sofort gespannt.   Das Fotoshooting war entgegen meiner Erwartungen äußerst anstrengend gewesen. Sai hatte wohl sehr genaue Vorstellungen, von dem was er am Ende haben wollte. Was das anging konnte er ein ziemlicher Sklaventreiber sein. Außerdem war er außerordentlich direkt und sagte immer sofort, wenn ihm etwas nicht passte. Hätte ich im Allgemeinen nicht so ein dickes Fell, hätte ich mich wohl das ein oder andere Mal von seinen Kommentaren gekränkt gefühlt.   Insgesamt hatte das Shooting aber sehr viel Spaß gemacht. Man hatte uns verschiedene Requisiten an die Hand gegeben, darunter unter anderem ein großer Block, auf dem wir sitzen konnten und mein persönlicher Favorit – ein Megafon. Zunächst gab es von uns beiden Einzelfotos, wobei Sasuke den Anfang gemacht hatte. Ich beobachtete ihn genau, um mir eventuell gute Posen von ihm abschauen zu können. Zu meiner Enttäuschung hatte Sai jedoch etwas ganz anderes mit mir vor.   Zum Schluss wurden dann noch Fotos von uns beiden gemeinsam gemacht. Wir sollten in typischer Rivalenmanier posieren, wobei Sasuke allerdings meistens ziemlich gelangweilt ausgesehen hatte. Mein Lieblingsbild war ein Schnappschuss, den Sai gemacht hatte, nachdem ich Sasuke immer wieder provoziert hatte. Seine Haare waren wohl so etwas wie sein Heiligtum. Irgendwann hatte ich jedoch nicht mehr wiederstehen können und hatte kurzerhand hineingegriffen. Obwohl sie so stachelig aussahen, fühlten sie sich überraschend weich an. Sasuke fand das allerdings gar nicht so toll und war daraufhin so ziemlich ausgerastet, während mich ein Lachkrampf nach dem anderen geschüttelt hatte. Er hatte sich sogar tatsächlich geweigert noch weiter mit mir zu shooten.   „Die Reaktionen auf eure Fotos sind ziemlich positiv“, stellte Shikamaru fest. „Ich denke es zeichnen sich schon gewisse Gruppen ab, die wir am besten auch bedienen sollten.“   „Welche Gruppen?“, hakte ich interessiert nach.   Hatten wir etwa schon erste Fans?   Shikamaru scrollte über die Seite mit meinen Bildern. Auf den meisten davon zierte ein breites Grinsen meine Lippen. Die Bilder waren verrückt, laut und kraftvoll.   „Der sympathische und verrückte Kumpeltyp“, kommentierte Shikamaru. „Gruppe eins.“   Dann klickte  er  auf einen anderen Tab auf dem Bildschirm und öffnete damit den Teil der Webseite auf dem Sasukes Bilder abgebildet waren. Der Kontrast hätte nicht brutaler sein können.   „Der geheimnisvolle Fremde, der allen Frauen den Kopf verdreht“, fasste Shikamaru ziemlich treffend zusammen. „Gruppe zwei.“   Es gab kein einziges Bild auf dem Sasuke wirklich lachte. Meistens guckte er nachdenklich oder verführerisch. Seine Körperhaltung war entspannt, drückte jedoch im Gegensatz zu meiner eine gewisse Distanz aus. Er wirkte unnahbar und trotzdem auf eine bestimmte Art und Weise anziehend. Ich spürte ein seltsames Kneifen im Magen.   „Unsere Zielgruppe ist hauptsächlich weiblich, oder?“, fragte ich und schluckte schwer.   Kakashi grinste.   „Mach dir keine Sorgen Naruto, die Klickzahlen sind fast identisch. Und Männer die von den Frauen angebetet werden, werden gewöhnlich dafür von anderen Männern gehasst. Du solltest deine Chancen nicht so schnell abschreiben.“   Ich nickte, auch wenn mir nicht wirklich danach zu Mute war. Sasuke sollte sich seine Verführernummer sonst wohin stecken. Echt jetzt.   „Können wir dann?“   Ich zuckte zusammen, als ich plötzlich seine Stimme hörte und drehte mich erschrocken herum. Lässig lehnte er im Türrahmen, der zum Gang rausführte und musterte uns ungeduldig. Hoffentlich hatte er das Gespräch eben nicht mitgehört, denn das würde sein Ego nur noch mehr füttern.   „Wenn ihr soweit seid. Ich bin soweit“, verkündete Kakashi.   Hastig sprang Hinata von ihrem Drehstuhl auf  und griff nach ihrer kleinen Umhängetasche, die sie am Boden abgestellt hatte. Vermutlich hatte sie die ganze Zeit über nur auf das Kommando zum Losfahren gewartet. Auch ich spürte, wie ich zunehmend hibbeliger wurde. Bisher hatten mich die Hörer nur auf Fotos gesehen und morgens bei Akatsuki gehört. Nun hatte ich zum ersten Mal die Chance, ihnen live und in Farbe gegenüberzutreten und sie endlich auch mal persönlich kennen zu lernen. Ich mochte es neue Leute kennen zu lernen und auf unsere Hörer war ich besonders gespannt.   Wir traten gemeinsam hinaus auf das Parkdeck und steuerten auf eines der Senderfahrzeuge zu. Diesmal nahm Hinata auf dem Fahrersitz Platz, während Sasuke und ich auf die Rückbank rutschten. Zu meinem Bedauern hatte sich Sakura sofort den Platz vorne neben Hinata gesichert. Da Kakashi vorhatte den ganzen Abend über nüchtern zu bleiben um ein Auge auf uns zu werfen, würde er mit seinem eigenen Auto fahren. Sakura hatte das Radio angeschaltet – natürlich Konoha Kiku -  und war nebenbei mit Hinata in ein Gespräch vertieft. Die Praktikantin wirkte recht schüchtern, begann jedoch allmählich aufzutauen. Sasuke hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte stumm aus dem Fenster.   Obwohl es schon fast neun Uhr war, war es draußen noch ziemlich hell. Überall wo wir entlang fuhren drehten sich Leute zu uns um, deuteten auf das Logo, dass sich groß und breit über beide Türen des Autos zog und begannen zu tuscheln. Es war unmöglich als Bewohner von Konoha den Wettbewerb um den neuen Moderationsposten nicht mitzubekommen, dafür hatte Shikamaru schon gesorgt. Dass die Leute wegen mir so aufgeregt waren, ließ meine Vorfreude beinahe ins Unermessliche steigen.   „Und, hasst du mich auch Naruto?“   Sasukes Stimme dicht an meinem Ohr riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich erschrocken zusammenzucken. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie er sich weit zu mir herübergelehnt hatte. Ein unaufdringlicher Duft kroch in meine Nase, der wohl von dem Parfum stammen musste, dass Sasuke heute zur Feier des Tages aufgelegt hatte. Es roch leicht herb und gleichzeitig dezent. Vor allen Dingen aber roch es teuer.   „Was?“, fragte ich reflexartig.   Die Mädels vorne hatten von unserem Gespräch noch nichts mitbekommen und während Hinata sich auf die Straße konzentrierte, erzählte ihr Sakura irgendetwas über einen neuen Laden, der im Konoha Einkaufscenter eröffnet hatte.   „Laut Kakashi haben Männer einen Grund mich zu hassen“, erläuterte er seelenruhig.   Dabei sah er mich nicht einmal an, sondern blickte zwischen den beiden Vordersitzen hindurch auf die Straße. Den Oberkörper hatte er währenddessen weit in meine Richtung gelehnt und stützte sich mit dem linken Unterarm unmittelbar neben mir ab. Obwohl er das Gespräch angefangen hatte, wirkte er irgendwie unbeteiligt.   „Pf, auf mich trifft das sicher nicht zu“, entgegnete ich ihm grummelnd.   Also hatte er das Gespräch in der Redaktion vorhin doch mitgehört.   „Also bist du kein Mann?“, hakte Sasuke noch einmal nach, wobei seine Stimme nur so vor Spott triefte.   In mir begann es augenblicklich zu brodeln. Seine kleinen Sticheleien gingen mir allmählich wirklich auf den Keks. Insbesondere da ich mir sicher war, dass er meine Aussage mit Absicht falsch verstanden hatte. Ständig musste er mich provozieren und das immer äußerst geschickt, sodass es niemand sonst mitbekam. Die Mädels vorne waren mittlerweile beim Thema Schuhe angelangt.   „Und das ausgerechnet von einem Kerl, der für seine Frisur länger im Bad braucht als jedes Mädchen“, unterstellte ich ihm knurrend.   Diesmal schien er mit dem Vergleich kein Problem zu haben, denn er lachte nur, lehnte sich wieder zurück auf seine Seite und sah erneut aus dem Fenster. Damit hatte er das Gespräch für beendet erklärt. Zurück blieb nur eine leise Duftwolke seines Parfums und obwohl ich derjenige gewesen war, der das letzte Wort behalten hatte, fühlte es sich an wie eine Niederlage.   Nur wenige Minuten später war das jedoch schlagartig vergessen, als ich gemeinsam mit Sakura und Sasuke auf die Tür des Clubs zuging. Wir standen jeweils links und rechts von ihr und sie hatte sich bei uns beiden eingehakt, woraufhin meine Brust sofort vor stolz angeschwollen war. Noch nie hatte ich gemeinsam mit so einer tollen Frau einen Club betreten. Die Tatsache, dass Sasuke auch noch da war, ignorierte ich gekonnt.   Vor dem Eingang lag ein langer lilafarbener Teppich über den man in das Innere des Shippuden gelangte. Bereits von draußen hörte man laute Musik und der Boden vibrierte leicht unter der Erschütterung der Bässe. Obwohl es noch so früh war und noch dazu unter der Woche, standen bereits viele Menschen in einer langen Schlange an und warteten auf den Einlass. Waren die etwa alle wegen uns hier? Oder wollten sie einfach nur feiern? Als wir uns zu dritt dem Eingang näherten, wurden wir sofort von allen Seiten mit Blicken taxiert und neugierig gemustert.   Kakashi war schon mal vorausgegangen und sprach mit dem Türsteher, während Hinata das Auto wegfuhr. Er winkte uns nun zu sich und wir gingen an der Schlange vorbei auf ihn zu. Neben dem Türsteher stand eine Frau mit rötlichen Haaren, die ein dunkelblaues elegantes Kleid trug und wohl die Besitzerin des Shippuden war. Sie begrüßte uns alle indem sie uns die Hand gab und versicherte uns nochmal wie sehr sie sich über unsere Anwesenheit freute. Sakura und Kakashi schien sie bereits zu kennen, an Sasuke und mir blieb ihr Blick ein wenig länger haften, bevor sie uns schließlich herein bat.   Wir wurden von der Chefin persönlich zu unserer Loge hinter der Bar im VIP-Bereich geführt, der vom restlichen Club durch ein Absperrband und eine kleine Treppe abgetrennt war. Die Loge bestand aus einer kleinen Nische mit einem ledernen Sofa, sowie einem großen Tisch und mehreren kleinen Hockern, die rund herum platziert waren. Etwas enttäuscht, dass wir so abgeschottet vom Rest des Clubs saßen, ließ ich mich auf dem Hocker gegenüber von Kakashi nieder, von wo aus man den besten Blick auf die Tanzfläche hinter der Bar hatte. Noch war das Shippuden relativ leer, doch nachdem ich die lange Schlange vor dem Eingang gesehen hatte, würde das sicher nicht mehr lange so bleiben.   Ein paar Drinks aufs Haus später hatte sich der Club tatsächlich deutlich gefüllt und auf der Tanzfläche drängten sich die Leute dicht an dicht zu typischer Clubmusik. Die war zwar nicht so ganz mein Fall, doch ich hatte gute Laune und wippte mit dem Fuß im Takt, während ich die Leute beim Tanzen beobachtete. Nicht einmal die Tatsache, dass Sakura und Sasuke sich den Platz auf dem Sofa teilten und immer wieder die Köpfe zusammensteckten um zu tuscheln, konnte mir die Stimmung vermiesen. Heute Abend würde ich mich ganz und gar auf die Leute hier konzentrieren, die uns zu Ehren im Shippuden feierten. Ich beugte mich über den Tisch hinüber zu Kakashi, damit er mich besser verstehen konnte.   „Wie lange müssen wir noch hier sitzen bleiben?“, sehnsüchtig wanderte mein Blick zu der tanzenden Menge.   Überrascht zog er eine Augenbraue nach oben.   „Tu dir keinen Zwang an“, rief er und versuchte dabei gegen die laute Musik anzukommen. „Die Leute sind hier, um mit euch zu feiern. Geh ruhig zu ihnen!“   Das ließ ich mir bestimmt nicht zweimal sagen. Entschlossen nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte Sakura, ob sie mich auf die Tanzfläche begleiten würde. Zu meiner Überraschung stimmte sie Freude strahlend zu und griff sogar nach meiner Hand, um sich elegant von mir hochziehen zu lassen.   „Was ist mit dir?“, fragte sie dann jedoch an Sasuke gewandt und hielt ihm ebenfalls eine Hand hin.   „Ich passe“, lehnte er gelangweilt ab.   Sakura zuckte nur mit den Schultern und zog mich dann an der Hand hinterher vorbei am Absperrband. Dort wo sich unsere Finger berührten, fing meine Hand an angenehm  zu kribbeln. Es war ein überwältigendes Gefühl als wir schließlich in die Menge eintauchten. Ich hatte das Gefühl, dass die Musik hier noch lauter war. Die Bässe noch intensiver. Die Lichter noch bunter und heller.   Die Leute machten uns sofort Platz und nahmen uns in ihre Mitte auf, wo wir dann mit ihnen in einem tanzenden Knäul verschmolzen. Vorhin im VIP-Bereich hatte ich mich auf eine gewisse Art und Weise ausgeschlossen gefühlt, nun war ich endlich Teil des Ganzen, gehörte dazu. Hier fühlte ich mich wohl. Unter all den Leuten, die mit uns feiern wollten und sich auf unsere Anwesenheit gefreut hatten. Immer mal wieder wurde mir von irgendwem auf die Schulter geklopft, die Menschen brüllten einem Komplimente entgegen, versicherten mir, dass sie große Fans waren und sich jede Minute der Sendung angehört hatten, seit ich als Kandidat dabei war. Hier und da wurde einem immer mal wieder ein Getränk ausgegeben und mit dem Alkoholpegel stieg auch zunehmend meine Laune.   Getoppt wurde das Ganze nur noch davon, dass Sakura stets an meiner Seite tanzte, mich ab und zu sogar antanzte und dabei durchgehend ein Lächeln auf den Lippen hatte. Ich konnte nicht genau sagen ob es am Alkohol lag oder schlicht und ergreifend daran, dass wir im Fokus der Aufmerksamkeit standen, dass sie mir gegenüber plötzlich so offen war, doch wenn ich ehrlich war, war mir das in diesem Moment herzlich egal. Ich genoss ihre Anwesenheit und noch viel mehr genoss ich Sasukes Abwesenheit. Der saß nämlich noch immer auf dem Sofa im VIP-Bereich, der sich nur spärlich gefüllt hatte. Trotzdem konnte ich deutlich spüren, dass seine Blicke die ganze Zeit über auf Sakura und mir lagen und selbst von hier aus konnte ich erkennen, dass er nicht gerade gute Laune hatte. Ich grinste zufrieden. So konnte das von mir aus ab jetzt immer laufen. Kapitel 5: -----------     -6-   Ich tanzte und tanzte, bis mir der Schweiß von der Stirn tropfte und meine Frisur komplett ruiniert war. Doch es war mir egal. Dafür fühlte es sich einfach zu gut an. Die Stimmung im Club steigerte sich von Lied zu Lied und ein jeder schien sich nach und nach in Ekstase zu tanzen.  Bis er kam.   Auch, wenn ich ihn nicht sehen konnte, wusste ich sofort, dass er den VIP-Bereich verlassen hatte. Die Bewegungen der Leute um mich herum wurden langsamer, fahriger, unkonzentrierter. Sie alle versuchten irgendwie einen Blick auf Sasuke zu erhaschen, der sofort von allen Seiten umringt wurde. Die Frauen hatten ihm die ganze Zeit über immer wieder begehrliche Blicke zugeworfen, hatten ihm durch Winken und Rufen bedeutet, dass er zu ihnen auf die Tanzfläche kommen sollte. Doch er hatte beharrlich weiter an seinem Drink geschlürft und das Treiben seelenruhig von seinem Sofa aus beobachtet. Unnahbar. Doch nun war er da.   Zielstrebig bahnte er sich einen Weg zu uns durch und ignorierte dabei die schmachtenden Blicke und eindeutigen Angebote, die ihm bei jedem Schritt den er machte ins Ohr geflüstert wurden. Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich die Tanzfläche einfach wieder verlassen und zurück zu Kakashi und unserer Loge gehen sollte. Allerdings wäre ich nicht Naruto Uzumaki, wenn ich ihm einfach so kampflos das Feld überlassen würde. Sobald er bei uns angekommen war, warf Sakura sich ihm an den Hals, was er mit einem herausfordernden Grinsen in meine Richtung quittierte. Er zog sie noch ein Stück näher an sich heran und begann sich dann mit ihr im Takt der Musik zu bewegen.   Wütend biss ich die Zähne zusammen und sah schnell zu Boden, um mir meinen Frust nicht anmerken zu lassen. Da hatte ich einmal gedacht, dass sie nicht ständig nur auf Sasuke fixiert sein würde und kaum hatte er die Tanzfläche betreten, war ich wieder Luft für sie. Gerade als ich erneut darüber nachdachte, mich einfach umzudrehen und mir an der Bar einen neuen Drink zu bestellen, spürte ich wie jemand nach meiner Hand griff. Überrascht sah ich auf und blickte in ein paar strahlend blauer Augen.   „Jetzt wo Sakura dich endlich mal freigegeben hat – hast du Lust zu tanzen, Naruto?“   Das Mädchen grinste frech und strich sich das braune Haar aus der Stirn. In ihrer Art erinnerte sie mich an irgendwen, doch ich wusste nicht wirklich an wen. Auf jeden Fall war sie mir sofort sympathisch.   „Klar“, rief ich ebenfalls grinsend.   Wieder spürte ich Sasukes Blicke auf mir. Doch es war mir egal. Sollte er doch alleine seinen Triumph auskosten, dass er mir Sakura vor der Nase weggeschnappt hatte, es gab hier noch mehr schöne Frauen mit denen man tanzen konnte. Und genau das tat ich auch. Fast wirkte es so, als hätten die Leute tatsächlich nur darauf gewartet, dass Sakura und ich uns trennten. Immer wieder wurde ich von allen Seiten angetanzt oder auch von ganzen Gruppen mit einbezogen. Obwohl mir der Großteil der Leute vollkommen fremd war, fühlte es sich ganz und gar nicht so an. Gerade als ich in einer etwas größeren Gruppe tanzte, stieß auch Sakura wieder zu uns. Sasuke hatte mittlerweile mehrmals seine Tanzpartnerin gewechselt und noch immer drängten sich die Frauen um ihn und warteten auf eine passende Gelegenheit. Wir tauschten einen kurzen Blick und wieder grinste er herausfordernd.   Die Situation gerade spiegelte im Großen und Ganzen ziemlich genau den Konkurrenzkampf zwischen uns wieder, wie Shikamaru ihn beschrieben hatte. Auf der einen Seite war ich, der Kumpeltyp und Gute-Laune-Verbreiter. Der gemeinsam mit den Leuten feierte und einfach seinen Spaß hatte. Der mit allen gut zu Recht kam und den alle irgendwie sympathisch fanden. Auf der anderen Seite der geheimnisvolle Sasuke, der sich in der ersten Hälfte des Abends mal wieder auf Distanz gehalten hatte, nur um anschließend dann einen wirkungsvollen Auftritt hinzulegen. Ihn fanden die Leute nicht einfach nur sympathisch, sie begehrten ihn regelrecht. Zumindest die Frauen. Die Männer hingegen warfen ihm den einen oder anderen Todesblick aus sicherer Entfernung zu.   Was als reiner Spaß begonnen hatte, wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem Wettbewerb. Wer konnte mehr Personen um sich herum ansammeln? Die Tanzfläche wurde immer voller und ich kam zunehmend ins Schwitzen. Auch Sasuke standen mittlerweile einzelne Schweißperlen auf der Stirn und sein dunkles Hemd klebte an seinem Oberkörper. Einzig und allein seine Haare waren keinen Millimeter von ihrer perfekten Form abgewichen. Skeptisch kniff ich die Augen zusammen, um seine Frisur genauer zu betrachten. Wie ging sowas? Ich spürte, wie mir ein bisschen schwummrig wurde und ich griff nach dem nächstbesten Arm, an dem ich mich abstützen konnte. Es war Kakashi.   „Naruto, ich bin kurz draußen frische Luft schnappen“, brüllte er mir ins Ohr.   Ich hatte Mühe ihn zu verstehen, doch ich nickte einfach mal. Kurz darauf war er auch schon wieder verschwunden und ich schwankte bedenklich. Vielleicht sollte ich mal darüber nachdenken, doch eine kleine Pause zu machen. Ich hatte schon gar nicht mehr mitgezählt, wie viele Drinks mir in der Zwischenzeit in die Hand gedrückt worden waren und wie viele Runden Kurze ich mit meinen neuen Bekanntschaften gekippt hatte. Zu viele womöglich.   Leicht taumelnd bahnte ich mir einen Weg durch die Menge. Hände griffen nach mir und versuchten mich zurückzuziehen, doch ich schüttelte sie ab und setzte meinen Weg fort. Irgendwann jedoch packten mich zwei Arme fest an der Hüfte, sodass ich stehen bleiben musste. Ich war schon fast an der kleinen Treppe angelangt, die zum VIP-Bereich führte und drehte mich genervt um. Als ich sah, wer mir da gefolgt war, sank meine Laune nur noch mehr.   „Was willst du?“, fauchte ich.   Sasuke zog mich noch ein Stück enger an sich und beugte sich vor.   „Gibst du schon auf?“, schnurrte er dann in mein Ohr.   Er sprach mit seiner warmen, samtenen Stimme, was mich etwas überraschte. Bei jedem Wort wehte mir ein starker Geruch nach Alkohol entgegen. Ich rümpfte die Nase.   „Lass mich in Ruhe“, maulte ich.   Wahrscheinlich stank ich dabei mindestens so sehr nach Alkohol wie er. Dass er bereits einiges intus hatte, merkte man spätestens an dem unübersehbaren Glänzen in seinen Augen. Ungeduldig versuchte ich ihn abzuschütteln und ging dabei rückwärts weiter auf die Treppe zu, bis ich plötzlich gegen etwas stieß. Oder besser gesagt gegen jemanden.   „Oh… Naruto, es tut mir Leid… ich wollte nicht… ich…“, begann Hinata hilflos zu stammeln und hielt sich dabei beide Hände vors Gesicht, wodurch ich sie kaum noch verstehen konnte.   Ihre Wangen waren knallrot angelaufen, was sie erschrocken zu verstecken versuchte und ihre Augen waren vor Schreck geweitet. Ich spürte, wie der Druck an meinen Hüften nachließ.   „Nein Hinata, mir tut es leid“, widersprach ich ihr schnell. „Das war meine Schuld, beziehungsweise…“   Ich drehte mich wütend um, doch Sasuke war bereits wieder in der Menschenmenge verschwunden. Wir wechselten noch ein paar Worte und Hinata erklärte mir, dass sie gerade auf dem Weg nach draußen war zu Kakashi, der sie kurz sprechen wollte. Nachdem sie sich noch gefühlte fünftausendmal entschuldigt hatte, verabschiedete sie sich schließlich und verschwand in Richtung Ausgang. Erschöpft schleppte ich mich die drei Stufen zum VIP-Bereich nach oben und passierte das Absperrband, dass der Security für mich angehoben hatte. In unserer Loge angekommen, konnte ich mich dann endlich auf das Sofa fallen lassen.   Der VIP-Bereich hatte sich mittlerweile auch deutlich gefüllt. Allerdings befand sich unsere Nische ein wenig abseits, sodass man hier trotzdem noch einen gewissen Grad an Diskretion hatte. Wenn ich mich also daneben benahm – was in Anbetracht der Menge an Alkohol, die ich konsumiert hatte gar nicht mal so unwahrscheinlich war – würde es zumindest niemand mitkriegen.   Im Vergleich zur Tanzfläche eben wirkte es hier fast schon zu ruhig. Die Tatsache, dass außer mir gerade niemand an unserem Tisch saß, kam mir dennoch ganz gelegen, denn ich brauchte ein paar Minuten zum Durchschnaufen. Das alles hier fühlte sich noch immer so unglaublich unwirklich an. In meinen Ohren hallten dumpf die Bässe wieder und die Geräusche, die von der Bar herüberdrangen, hörten sich an als würden sie durch eine dicke Schicht Wasser zu mir durchdringen.   Ich hielt es nicht besonders lange aus, ruhig dazusitzen und nach kurzer Zeit zog es mich schon wieder zur Tanzfläche. Da meine Fußsohlen jedoch wie verrückt brannten und ich mich noch immer nicht besonders standfest fühlte, blieb ich auf dem Sofa sitzen und beobachtete stattdessen die anderen Leute beim Tanzen. Dabei wippte ich wie vorhin schon mit dem Fuß zum Takt der Musik.   Mein Blick fiel auf Sakura, die sich noch immer inmitten der Menge befand und offenbar noch lange nicht so erschöpft war wie ich. Ihr war es auch leichter gefallen, die vielen Drinks abzulehnen, die man ihr spendiert hatte. Wie hypnotisiert verfolgte ich jede einzelne Bewegung ihres Körpers. Dabei störte es mich noch nicht einmal, dass sich von hinten ein breitgebauter Kerl an sie presste. Er war ein Fremder, deswegen war es egal. Er war ein Fremder und vor allen Dingen war er nicht Sasuke, das reichte mir.   Das Leder des Sofas sank ein wenig ein, als sich plötzlich jemand neben mich setzte. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich hier eigentlich schon saß und Sakura anstarrte. Mir entwich ein genervtes Aufstöhnen, als ich sah, dass es Sasuke war, der auf dem Sofa Platz genommen hatte. Sein Blick folgte meinem und er musterte ebenfalls die beiden tanzenden.   „Sie gefällt dir, hm?“, stellte er fest.   Seine Stimme war wieder kalt und überheblich. Ich beschloss ihn einfach zu ignorieren und seine Frage nicht zu beantworten. Es würde ja sowieso nichts bringen, wenn ich es bestritt und es würde ihn auch nicht davon abhalten, mich weiterhin in ihrer Gegenwart regelmäßig vorzuführen. Im Gegenteil. Eine Zeit lang war es still und ich genoss die Ruhe, die zwischen uns eingekehrt war. Ich ließ mich einfach nur von den Eindrücken um mich herum berieseln und genoss das Schauspiel.   „Naruto?“, fragte er plötzlich.   Erst überlegte ich, ob ich einfach so tun sollte, als hätte ich ihn nicht gehört, doch dann drehte ich mich doch zu ihm um. Er war mir schon wieder so verdammt nah, dass ich seiner Alkoholfahne unter keinen Umständen entkommen konnte.   „Was?“, zischte ich.   Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen und er musterte mich auf eine seltsame Art und Weise. Es war sehr intensiv und wenn ich es in einem Wort beschreiben sollte, dann war es wohl neugierig. Seine Blicke durchbohrten mich regelrecht und ich hatte das Gefühl, dass er in dem Moment richtig in mich hineinschauen konnte. Voller Unbehagen löste ich unseren Blickkontakt und hielt stattdessen wieder Ausschau nach Sakura.   „Hat dich schon mal jemand geküsst, Naruto?“   Wieder hatte Sasuke seine Stimmlage gewechselt. Diesmal hatte sie etwas rauchiges, fast schon verruchtes, was mir augenblicklich alle Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Diese Stimme war eine verdammte Waffe. Seine Frage irritierte mich. Sein ganzes Verhalten irritierte mich. Dieser durchdringende Blick, dem ich einfach nicht standhalten konnte und noch dazu war er mir mit einem Mal wieder so nah. Viel zu nah. Ich konnte seinen Atem an meiner Wange spüren, roch den Alkohol und musste mich mehr als nur zusammenreißen, um jetzt nicht den Kopf zu drehen.   „Natürlich hat mich schon mal jemand geküsst“, regte ich mich demonstrativ auf.   Das entsprach sogar der Wahrheit. Ich hatte in meiner Jugend bereits viele Mädchen geküsst, oftmals waren wir sogar noch einen Schritt weiter gegangen, doch für Sex hatte es bisher noch nie gereicht.   Die Antwort schien Sasuke jedenfalls zufrieden zu stellen, denn er schmunzelte belustigt, wich dabei jedoch keinen Millimeter von mir zurück. Ich fühlte mich immer unbehaglicher in seiner Nähe und versuchte weiter an den Rand der Couch zu rutschen. Hauptsache weg von ihm. Meine Augen heftete ich dabei weiterhin fest auf Sakura. Ihren Tanzpartner hatte sie mittlerweile wieder abgeschüttelt und bewegte sich nun eigenständig und in weichen, ausladenden Bewegungen zum Beat. Es sah verdammt heiß aus.   Als ich plötzlich eine Hand an meinem Knie spürte, riss ich panisch die Augen auf, was Sasuke ein amüsiertes Glucksen entlockte. Er hatte natürlich gemerkt, dass mir seine Nähe unangenehm war und versuchte mich wieder einmal zu provozieren, indem er das genaue Gegenteil von dem tat, was ich wollte. Statt endlich von mir abzurücken, war er mir nur noch weiter auf die Pelle gerückt. Ich setzte schnell einen bemüht gleichgültigen Blick auf, obwohl ich mir sicher war, dass er meinen Schock bereits bemerkt hatte. Wenn ich mir jetzt anmerken ließ, wie sehr es mich störte, würde er nur noch weiter machen.   „Naruto?“, fragte er wieder.   Wieder diese Stimme. Wieder stellten sich mir auf einen Schlag sämtliche Nackenhaare auf. Sasuke war ganz offenbar betrunken und wenn ich nur lange genug wartete, würde es ihm irgendwann langweilig werden, mich immer weiter herauszufordern. Er wollte doch bloß eine Reaktion provozieren, damit er sich im Anschluss daran wieder über mich lustig machen konnte. Doch diesen Gefallen würde ich ihm nicht tun. Entschlossen fixierte ich Sakura. Als er bemerkte, dass er keine Antwort bekommen würde, beugte er sich schließlich ganz nah an mein Ohr.   „Hat dich schon mal jemand berührt, Naruto?“, hauchte er dann.   Allein beim Klang seiner Stimme musste ich schlucken. Ich biss mir fest auf die Zunge, um unter allen Umständen eine Reaktion zu vermeiden. Wenn ich jetzt nicht aufpasste, würde er genau das erreichen, was er wollte – nämlich dass ich nachgab. Das Blut schoss mir in die Wangen und mein Puls beschleunigte sich. Es war als würde ich alles andere wie durch Watte hindurch wahrnehmen – nur Sasukes Hand auf meinem Knie und sein Atem an meinem Hals waren deutlich verstärkt. Vermutlich eine Nebenwirkung des Alkohols. Ich zwang mich ruhig zu bleiben.   Allerdings hätte ich wissen müssen, dass er sich damit nicht zufrieden geben würde. Die langen, schmalen Finger seiner Hand begannen meinen Oberschenkel hinauf zu streifen und ich hielt unwillkürlich den Atem an. Das würde er nicht tun. Hektisch sah ich mich um, doch hier war niemand der uns beobachtete, und mir zu Hilfe eilen konnte. Ein Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus und zu allem Überfluss merkte ich auch noch wie sich das Blut aus meinen Wangen allmählich einen anderen Weg bahnte. Wieder biss ich mir fest auf die Zunge. Soweit würde Sasuke nicht gehen. Er würde vorher stoppen. Ganz sicher.   Ich würde es niemals herausfinden. Denn bevor er sein vermeintliches Ziel erreicht hatte, packte ich grob seine Hand und schob sie zur Seite. Provokation schön und gut, aber das hier ging mir dann doch eindeutig zu weit. Ich sprang auf und war mehr als nur erleichtert, endlich etwas Abstand zwischen ihn und mich zu bringen. Allerdings war es bei weitem noch nicht genug und so stolperte ich unbeholfen auf den Security und das Absperrband zu. Nachdem ich eine so lange Zeit gesessen hatte, funktionierte das mit dem Gleichgewichtssinn noch viel schlechter als zuvor, doch irgendwie hatte ich es am Ende doch geschafft.   Sasukes lautes Lachen hallte mir noch immer in den Ohren, als ich mich schließlich durch die vielen Menschen in Richtung Ausgang drängte. Ich brauchte dringend frische Luft. Mein Kopf glühte. Alles an meinem Körper glühte. An der Stelle wo Sasukes Hand mein Bein berührt hatte, spürte ich ein unangenehmes Brennen. Warum zum Teufel hatte der Arsch so eine Wirkung auf mich gehabt?   Schnaufend lehnte ich mich an eine Wand und sog gierig die frische Luft ein. Meine Jacke hatte ich drinnen gelassen, doch es war nicht besonders kalt. Trotzdem zog sich eine leichte Gänsehaut über meine Arme. Meine Gedanken rasten, als ich an das dachte, was gerade passiert war. Sasuke genoss es mich in Verlegenheit zu bringen, kostete jedes Anzeichen meiner Unsicherheit bis ins kleinste Detail aus. Heute hatte ich eigentlich gedacht, dass mich nichts aus der Ruhe bringen konnte. Heute hatte ich mich gut gefühlt. Selbstbewusst. Selbst dann, als er mir Sakura ausgespannt hatte.   Sakura. War sie möglicherweise der Grund, warum mein Körper plötzlich so reagiert hatte? Immerhin hatte ich ihr die ganze Zeit über beim Tanzen zugesehen und es war kein Geheimnis, dass sie sich wirklich gut bewegen konnte. Ich hatte irgendwann den Überblick darüber verloren, wie viel ich getrunken hatte und vielleicht hatte der Alkohol dazu geführt, dass mein Körper nicht mehr dazu in der Lage war, zu differenzieren. Er hatte die Bilder von Sakura beim Tanzen mit den Berührungen von Sasuke vermischt. So und nicht anders musste es gewesen sein.   Das musste ich jetzt nur noch irgendwie Sasuke klarmachen. Bei dem Gedanken daran, ihm gegenüberzutreten, krampfte sich sofort wieder mein Magen zusammen. Wieviel hatte er in seinem alkoholisierten Zustand wohl mitbekommen? Hatte er gemerkt, dass mich seine Berührungen nicht ganz kalt gelassen hatten? Innerlich betete ich, dass er sich morgen – wenn  überhaupt – nur  noch verschwommen an alles erinnern konnte. Warum war der Arsch mir überhaupt gefolgt?   „Naruto, alles klar? Du siehst ganz blass aus.“   Ich hatte gar nicht gemerkt wie Kakashi an mich herangetreten war. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und musterte mich besorgt. Hinata stand dicht hinter ihm und wirkte ebenfalls beunruhigt. Bereits bei unserem Zusammenstoß vorhin war Sasuke ziemlich anhänglich gewesen, hatte dann allerdings von mir abgelassen, als sie dazu gekommen war. Wäre sie nicht nach draußen gegangen, hätte sie mich vermutlich vor dem Schlimmsten bewahren können.   „Ich glaub, ich hab einfach nur ein bisschen viel getrunken. Es geht schon“, winkte ich schnell ab. „Ich brauch nur ein wenig frische Luft.“   Kakashi nickte verständnisvoll. Er und Hinata waren noch immer stocknüchtern. Allerdings hatte ich keine Ahnung was die beiden hier draußen überhaupt gemacht hatten. Ein paar Schritte von uns entfernt stand die Besitzerin des Shippuden. Vielleicht hatten sie mit ihr gesprochen.   „Kommst du dann wieder mit rein?“, wollte Kakashi wissen.   Ich holte tief Luft. Dann nickte ich. Besser mit ihm, als allein.   Kapitel 6: -----------   -7-   Nachdem ich am zweiten Morgen ein wenig besser aus dem Bett gekommen war, stellte es sich am dritten Morgen schon wieder als deutlich schwieriger heraus. Ich wusste nicht genau, wie lange wir gestern Abend noch im Shippuden gefeiert hatten, aber ich konnte mich noch daran erinnern, dass Hinata irgendwann zuerst Sakura, dann Sasuke und zuletzt mich nach Hause gefahren hatte. Die Arme musste heute ebenfalls schrecklich müde sein. Doch im Gegensatz zu uns hatte sie keine verdammte Morningshow zu moderieren. Kakashi war da wirklich gnadenlos.   Unendlich müde schleppte ich mich die Stufen des Treppenhauses hinauf. Es war wirklich nicht besonders praktisch, dass sich der Sender ausgerechnet auf dem Dach des Einkaufscenters und somit im fünften Stock befand. Vor allem dann nicht, wenn einem der Kopf noch immer von zu viel Alkohol dröhnte, sodass man ihn bei jedem Schritt mehr als deutlich spüren würde. Nachdem ich den Club gestern mit Kakashi und Hinata wieder betreten hatte, hatte ich einfach noch mehr getrunken, in der Hoffnung, das was passiert war, schnell zu vergessen. Blöderweise vergaß man leider nie das, woran man sich am nächsten Tag lieber nicht mehr erinnern wollte.    Gerade als ich dabei war die Klingel zu drücken, öffnete sich mal wieder die Tür zum Parkdeck. Natürlich war es Sasuke. Erschrocken fixierte ich den Türgriff und versuchte so zu tun, als hätte ich sein Auftauchen noch nicht bemerkt. Verdammt, warum musste er auch ausgerechnet der Erste sein, der mir heute über den Weg lief? Bisher hatte ich mir in meinem alkoholvernebelten Zustand noch keine Gedanken darüber gemacht, wie ich nun mit ihm umgehen wollte. Spontan und ungeplant war meine Devise. Sasuke nahm mir jedoch die Entscheidung ab.   „Warum nimmst du eigentlich jedes Mal die Treppe?“, fragte er und klang dabei sogar halbwegs interessiert.   Zu meiner Erleichterung stellte ich jedoch fest, dass er trotzdem seinen typisch kalten und abweisenden Tonfall angeschlagen hatte. Allein bei dem Gedanken an seine rauchige, samtige Stimme kroch mir schon wieder eine Gänsehaut über den Rücken. Fieberhaft suchte ich in seinem Gesicht nach irgendwelchen Anzeichen, die daraufhin deuteten, dass er sich an gestern erinnern konnte, doch wie so oft war seine Mine ein reines Pokerface.   „Warum nicht?“, stellte ich daher die eher wenig inspirierte Gegenfrage.   Viel Konversation durfte man von mir nach einer durchfeierten Nacht normalerweise auch nicht erwarten. Ganz besonders nicht um sechs Uhr morgens.   „Weil es einen Aufzug gibt“, stellte er sachlich fest.   Verdammt. In meinem Unterbewusstsein hatte ich das vermutlich schon die ganze Zeit über geahnt. Schließlich waren die vielen Stufen bis nach oben zum Parkdeck den Besuchern des Konoha Centers nicht zumutbar. Allerdings hatte ich bisher noch nirgendwo einen Aufzug entdecken können und fragen würde ich Sasuke ganz sicher nicht.   „Weiß ich, aber Treppensteigen ist gesünder“, verkündete ich in einem belehrenden Tonfall.   Während ich noch versuchte, mir meine Unwissenheit über den Aufzug keinesfalls anmerken zu lassen, hatte er sich mal wieder an mir vorbeigedrängt und einen Code in das Türschloss eingetippt. Die Tür surrte und sprang dann auf.   „Du hast den Code?“, fragte ich verblüfft.   „Von Sakura“, antwortete er knapp.   Der Code war eigentlich nur festangestellten Mitarbeitern bekannt. Praktikanten und selbst einige Redakteure oder Leute aus der Verkaufsabteilung mussten jedes Mal klingeln. Dass Sakura Sasuke den Code gegeben hatte, zeigte mal wieder, wie sehr sie sich bereits auf ihn eingeschossen hatte. Wütend ballte ich die Fäuste und folgte Sasuke dann ohne einen weiteren Kommentar in den Eingangsbereich. Dort schälte ich mich aus meiner orangenen Jacke und beobachtete ihn dann, wie er das Selbe tat – mit dem Unterschied, dass seine Jacke nicht orange, sondern schwarz war.   „Ah gut, dass ihr schon da seid!“, Shikamaru steckte seinen Kopf aus der Tür, die zur Redaktion führte. „Wir haben heute einiges zu besprechen.“   Aus irgendeinem Grund wirkte er deutlich motivierter als sonst und das ausgerechnet heute, wo bei mir genau das Gegenteil der Fall war. Hoffentlich würde die Besprechung nicht allzu lange dauern und hoffentlich würde ich anschließend nicht wieder eine Einzelunterhaltung mit tausenden Ermahnungen und Hinweisen bekommen. Ich zweifelte daran, dass ich in der Lage war, besonders viele Informationen aufzunehmen. Shikamarus Blick blieb an mir hängen.   „Naruto, du siehst echt scheiße aus“, stellte er dann wenig charmant fest. „Am besten ihr trinkt erst mal einen Kaffee und kommt dann hinter. Sakura ist auch schon da.“   Na herzlichen Dank auch. Mit einem Blick zur Seite stellte ich fest, dass Sasuke dick am Grinsen war. Dass Shikamaru mich auf meinen Zustand angesprochen hatte, schien ihn mehr als nur zu amüsieren, denn normalerweise sah man auch Sasuke um diese Uhrzeit kaum lächeln. Erst wenn er um sieben Uhr das Studio betrat, war er wie ausgewechselt, fast schon ein anderer Mensch. Ein freundlicher Sasuke, mit einem freundlichen Lächeln und seiner scheiße angenehmen Stimme. Widerlich.   „Sasuke sieht mindestens genauso scheiße aus wie ich“, protestierte ich schwach, doch Shikamaru war bereits wieder verschwunden und hatte meine Worte vermutlich gar nicht mehr gehört.   „Na, dann haben wir ja Glück, dass wir beim Radio arbeiten und nicht beim Fernsehen“, kommentierte Sasuke trocken und ging dann in die Küche.   Dass er genauso scheiße aussah wie ich, war natürlich eine glatte Lüge gewesen. Während man mir den gestrigen Abend tatsächlich noch immer ansehen konnte, wirkte Mister Ich-bin-so-perfekt-dass-es-weh-tut relativ ausgeschlafen und fit. Relativ. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass sich auch unter seinen Augen kleine dunkle Ringe gebildet hatten. Außerdem bildete ich mir ein, dass er nicht ganz so schlagfertig war wie sonst. Fast ein bisschen eingerostet.   „Bist du dann fertig mit glotzen?“, fragte er genervt.   Ertappt wandte ich den Blick ab. Ich war ihm wortlos in die Küche gefolgt, in der Hoffnung, dass er vielleicht ausversehen zwei Kaffee machte statt nur einen. Nachdem ich heute Morgen jede einzelne verbleibende Sekunde zum Schlafen genutzt hatte, hatte ich natürlich nicht daran gedacht, meine Thermoskanne zu füllen und nun hatte ich den Salat. Kein Kaffee und das um sechs Uhr morgens.   Fast schon routiniert wendete sich Sasuke der Kaffeemaschine zu und drückte auf ein paar Knöpfe. Sehnsüchtig beobachtete ich, wie die Bohnen lautstark zermahlen wurden, während ich mich auf einen der Barhocker an dem kleinen Tisch niederließ. Es waren dieselben Barhocker wie im Studio. Eine Zeit lang herrschte eine angenehme Stille zwischen uns, in der jeder seinen eigenen Gedanken nachhing.   „Hier“, sagte Sasuke dann plötzlich und stellte eine Tasse vor mir ab. „Zucker und Milch musst du dir selbst holen.“   Überrascht sah ich ihn an. War das eine Falle? Hatte er den Kaffee vergiftet, als ich nicht hingeschaut hatte? Misstrauisch ließ ich mich wieder vom Hocker gleiten und fing an in den verschiedenen Schubladen nach Zucker zu suchen. Je mehr Zucker, desto besser. Und desto schneller gelangte auch das Koffein in den Blutkreislauf. Außerdem war Zucker vielleicht dazu geeignet das Gift zu neutralisieren, das er mir untergejubelt hatte. Oder aber der Zucker überdeckte den bitteren Geschmack und ich würde erst Recht sterben. Egal für welche Version ich mich am Ende entschied, schwarz würde ich den Kaffee jedenfalls nicht trinken. Viel zu bitter.   Sasuke sah das jedoch anders. Ohne mit der Wimper zu zucken nahm er einen großen Schluck aus seiner eigenen Tasse und schloss dabei genießerisch die Augen. Bei geschlossenen Augen konnte man seine Augenringe noch viel deutlicher sehen. Wir beide würden wohl heute nach der Sendung erst mal dringend ein Nickerchen brauchen. Das gestern war einfach zu viel gewesen. Zu viel Feiern. Zu viel Alkohol. Zu viel Nähe.   Vorsichtig betrachtete ich sein Gesicht genauer. Seit gestern musste ich fast ununterbrochen an seine seltsamen Fragen und Berührungen denken. Obwohl ich normalerweise immer direkt einschlief, hatte ich noch eine ganze Weile lang wach gelegen. Das mochte unter anderem am Alkohol gelegen haben, ich konnte jedoch nicht leugnen, dass es auch teilweise Sasukes Schuld gewesen war. Was hatte er sich dabei gedacht? Warum hatte er sich so verhalten? Immer wieder hatte ich mich auch gefragt, ob er die wenigen fehlenden Zentimeter mit seiner Hand tatsächlich noch überbrückt hätte.   Selbst jetzt, wenn ich daran dachte und er hier vor mir stand, spürte ich wie sich sofort wieder ein Rotschimmer auf meine Wangen legte. Diese Gedanken machten mich wahnsinnig, da ich wusste, dass ich nie eine Antwort darauf bekommen würde. Schließlich konnte ich ihn schlecht einfach so danach fragen, wollte ihn nicht einfach so danach fragen. Am Ende interpretierte er das noch falsch und dann war ich in der Position mich zu rechtfertigen. Darauf konnte ich wirklich getrost verzichten. Seine absolute Unbekümmertheit in Bezug auf den gestrigen Abend machte mich jedoch rasend vor Wut und ich konnte meine nächste Frage nicht mehr zurückhalten.   „Wieviel hast du eigentlich getrunken, gestern Abend?“   Er sah mich über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg an, den Rücken lässig an die Küchentheke gelehnt, die freie Hand neben sich aufgestützt. Seine Lippen zierte mal wieder ein amüsiertes Lächeln.   „Nicht so viel wie du.“   „Bastard“, knurrte ich.   Aus dem würde ich heute wohl nichts mehr herausbekommen. Das machte er sicherlich mal wieder mit Absicht, um mich zu verwirren. Konkreter wollte ich in meinen Fragen allerdings auch nicht mehr werden, denn wenn er sich tatsächlich nicht mehr erinnern konnte, würde ich dadurch nur unnötig Staub aufwirbeln. Mit vor Wut rauchendem Kopf stapfte ich aus der Küche und Richtung Redaktion.   Die Wände zum Besprechungsraum waren ebenfalls verglast. Allerdings konnte man eine kleine Jalousie herunterlassen, um ungestört zu sein. Der Großteil des Raumes wurde von einem riesigen Konferenztisch eingenommen, an dem bereits Sakura, Shikamaru und auch Tsunade teilgenommen hatten. Außerdem zwei weitere Personen, die ich jedoch nicht namentlich kannte. In der linken hinteren Ecke stand ein kleiner Kühlschrank, der hauptsächlich für wichtige Gäste gedacht war. Kakashi hatte jedoch mal erwähnt, dass die Moderatoren sich jederzeit daraus bedienen durften.   Leise und fast so unbemerkt wie ein Ninja schlich ich mich in den Raum und ließ mich auf den Platz neben Sakura und gegenüber von Shikamaru sinken, der sich durch meine Anwesenheit gar nicht aus der Ruhe bringen ließ. Er sprach gerade von irgendeiner Veränderung an der Telefonanlage, die wohl dazu führte, dass Anrufer ab jetzt von jedem Platz aus direkt ins Studio durchgestellt werden konnten. Nichts was mich persönlich betraf, doch Sakura hörte aufmerksam zu.   Wie Sasuke und ich hatte auch sie deutliche Augenringe. Allerdings musste ich neidlos anerkennen, dass es ihrer Schönheit in keiner Weise einen Abbruch tat. Sie hatte wohl mit etwas Schminke versucht, das Gröbste irgendwie zu kaschieren, doch in meinen Augen hatte sie das gar nicht nötig. Sie war auch nach einer durchfeierten Nacht eine wunderhübsche Frau. So hübsch, dass sie dafür gesorgt hatte, dass ich neben Sasuke fast einen Ständer bekommen hatte. Schnell versuchte ich meine Gedanken wieder auf ein anderes Thema zu lenken.   „Weißt du, wo Sasuke bleibt?“, erkundigte sich Shikamaru plötzlich an mich gewandt.   Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er seine Erläuterungen zur Telefonanlage mittlerweile beendet hatte.   „Woher soll ich das wissen?“, entgegnete ich ihm etwas patziger als beabsichtigt.   Warum zum Teufel konnte ich nicht einmal meine Ruhe vor diesem Bastard haben? Sasuke hier. Sasuke da. Dass Sakura beinahe kein anderes Thema mehr hatte, war ich ja bereits gewohnt, aber wenn jetzt auch noch Shikamaru damit anfing, würde ich mich bald vergessen. So toll war der Kerl nun auch wieder nicht.   Shikamaru schien meine schlechte Laune zu bemerken, denn er hakte nicht weiter nach und musterte mich stattdessen nur durchdringend. Vermutlich reimte er sich gerade zusammen, was gestern auf der Party passiert sein könnte. Er war ja nicht dabei gewesen – aber selbst wenn er dabei gewesen wäre, hätte er sich sowas sicherlich niemals vorstellen können. Fast schon erleichtert atmete er schließlich auf, als Sasuke den Raum betrat.   „So, dann sind wir ja jetzt vollzählig“, merkte Tsunade an.   Der junge Mann, der neben ihr saß, begann wild auf sein Netbook einzutippen. Vermutlich war er so eine Art Protokollführer oder aber einfach nur übereifrig.   „Das ist Lee aus der Verkaufsabteilung. Ich habe ihn gebeten, heute dabei zu sein, da seine Abteilung das Konzept möglichst auch kennen sollte“, erklärte Tsunade. „Wegen der erhöhten Quoten, lassen sich natürlich auch die Werbeplätze deutlich besser verkaufen.“   Obwohl sie mich nicht direkt angesprochen hatte, nickte ich verständnisvoll. Das machte auf jeden Fall Sinn.   „Leg los, Shikamaru“, forderte sie schließlich und lehnte sich mit verschränkten Armen im Stuhl zurück.   Ihr Job war für den Moment erst mal getan.    „Also, ich möchte euch unser Konzept für die nächsten Tage vorstellen“, begann Shikamaru. „Sakura kennt das zum Teil ja schon – immerhin muss sie es moderieren.“   Sakura, die bis eben nur mühsam ein Gähnen hatte unterdrücken können, straffte sich augenblicklich und nickte geschäftig.   „Da es sich bei dem Ganzen ja um einen Wettbewerb handelt“, fuhr er fort. „Dachten wir uns, wir könnten es für die Hörer noch spannender gestalten, indem wir auch tatsächlich noch mehr Wettbewerb einbauen.“   „Inwiefern Wettbewerb?“   Es wunderte mich, dass Sasuke Shikamaru einfach so unterbrochen hatte. Bei den bisherigen Besprechungen hatte er immer kaum ein Wort gesagt und einfach nur aufmerksam zugehört, während ich eher derjenige war, der die dummen Fragen gestellt hatte.   „Die ersten zwei Tage haben wir dazu genutzt, euch einzuführen“, erklärte Shikamaru. „Die Leute sollten sich unter eurem Namen etwas vorstellen können. Jetzt wissen sie das wichtigste über euch. Wer ihr seid, wie ihr so drauf seid und so weiter und so fort. Als nächstes wollen euch die Hörer in Aktion sehen – und das geht natürlich am Besten in Form eines Wettbewerbs.“   Grinsend sah ich zu Sasuke hinüber. Wettbewerb. Das war genau nach meinem Geschmack. Auf diese Weise würde ich dem Bastard zeigen können, dass ich viel besser war als er – egal worin. Ich würde definitiv jede Herausforderung annehmen und mit Sicherheit auch gewinnen. Wettbewerbe waren meine Spezialität und so konnte ich ihm endlich all seine Provokationen heimzahlen.   „Die Wettbewerbe sind natürlich ans Radio angepasst“, übernahm nun Tsunade wieder das Wort. Sie und Shikamaru schienen die Sache gemeinsam ausgetüftelt zu haben. „Jeden Tag wird es einen Wettbewerb geben. Die Wettbewerbe sind immer unterschiedlich und können auch in der Dauer und den Anforderungen variieren.“   „Dürfen wir für die Wettbewerbe trainieren?“, fragte ich sofort.   „Nein“, widersprach Shikamaru. „Ihr erfahrt jeweils zehn Minuten vorher, um was für einen Wettbewerb es sich handelt. Dann habt ihr Zeit zu entscheiden, ob ihr antreten wollt oder nicht, bevor wir damit auf Sendung gehen.“   Bereits jetzt spürte ich ein vorfreudiges Kribbeln, das sich nach und nach in meinem ganzen Körper ausbreitete. Am liebsten würde ich jetzt auf der Stelle loslegen. Auch Lee, der bisher nur immer weiter seine Tasten malträtiert hatte, war von der Idee begeistert.   „Ein Wettbewerb, wie cool!“   „Haben die Wettbewerbe irgendeine Auswirkung darauf, wer die Stelle am Ende bekommt?“, hakte Sasuke misstrauisch nach.   Ihm schien die Idee nicht ganz so gut zu gefallen wie mir und wüsste ich es nicht besser – immerhin war er ein arrogantes Arschloch – würde ich glatt denken, er hätte Angst davor zu verlieren.   „Abgesehen davon, dass ihr euch natürlich in einem guten Licht darstellen könnt – nein“, antwortete Tsunade.   Der Ausdruck auf Sasukes Gesicht zeigte deutlich, dass er sich fragte, warum wir das Ganze dann überhaupt machten. Seine Begeisterung hielt sich stark in Grenzen, während meine beinahe überzuschäumen drohte.   „Und wann geht es los?“, wollte ich vorfreudig wissen.   Shikamaru lehnte sich in seinem Stuhl zurück und grinste.   „Heute.“   Voller Tatendrang sprang ich von meinem Stuhl auf und hätte dabei beinahe Sakuras Handtasche mitgerissen, die sie über die Lehne ihres Stuhls gehängt hatte. Sie rollte genervt mit den Augen, doch das bekam ich nur am Rande mit. Mit einem wilden Funkeln in den Augen deutete ich auf Sasuke.   „Ich mach dich sowas von fertig Sasuke, echt jetzt!“   Alles was ich von ihm als Antwort bekam, war ein schlichtes „Tz“.   Weniger als zwei Stunden später, sollten wir erfahren, dass ich mit meiner Ankündigung Recht behalten sollte. Im ersten Wettbewerb war es nämlich darum gegangen, verschiedene Songs zu erkennen. Allerdings waren die Songs, wie Sakura es genannt hatte, durcheinander geraten, sodass sie nun plötzlich rückwärts abgespielt wurden. Wer von uns beiden zuerst die richtige Antwort nennen konnte, bekam einen Punkt und wer zuerst fünf Punkte geschafft hatte, gewann das Spiel.   Es war fast schon zu einfach gewesen. Da in meinem Kopf sowieso alles ständig drunter und drüber lief und die Musik neben dem Quatschen so etwas wie meine zweite Leidenschaft war, war es mir nicht besonders schwer gefallen die Titel zu erraten. Am Ende stand es fünf zu eins, wobei ich einen Punkt Sasukes falscher Antwort zu verdanken hatte. Sasuke, der sonst immer durch nichts aus der Ruhe zu bringen war, schäumte vor Wut.   Am Ende der Sendung schaffte er es gerade noch, sich von den Hörern zu verabschieden, da war er auch schon aus dem Studio verschwunden. Nach Hause gehen konnte er noch nicht, da um elf nochmal eine Nachbesprechung angesetzt war. Allerdings hatten wir jetzt erst mal eine Stunde Mittagspause, die ich damit einläuten würde, der Toilette einen Besuch abzustatten. Fröhlich grinsend schlenderte ich aus der Redaktion und begrüßte im Eingangsbereich zunächst einmal Ino, die seit einiger Zeit ebenfalls wieder an ihrem Platz saß. Wir unterhielten uns kurz, wobei sie mich auch auf Sasukes schlechte Laune ansprach. Ich zuckte nur mit den Schultern, lächelte dabei leise in mich hinein und entschuldigte mich dann bei ihr, um auf die Toilette zu gehen.   Als ich das Männerklo betrat, fiel mein Blick sofort auf Sasuke, der sich gerade die Hände wusch und finster sein Spiegelbild anstarrte. Seine Aura war sowieso immer etwas düster, doch jetzt gerade schien er fast schon schwarze, allesverschlingende Flammen auszustrahlen. Das hinderte mich jedoch nicht daran, noch einen Schritt näher an ihn heranzutreten und ihm grinsend eine Hand auf die Schulter zu legen.   „Mach dir nichts draus, ist ja nur ein Spiel.“   Zischend schlug er meine Hand beiseite. Verlieren war offenbar nicht so sein Ding. Er drehte sich nicht um und sah mich durch den Spiegel hindurch mit schwarz funkelnden Augen an.   „Glückstreffer“, knurrte er. „Und was bringt es dir überhaupt diesen dummen Wettbewerb zu gewinnen? Die Stelle kriegst du am Ende sowieso nicht. Du verstehst nicht mal ansatzweise, was es bedeutet Moderator zu sein. Du hast nicht mal ansatzweise die Erfahrung, die ich habe. Ich bin hier, weil ich von den Besten lernen will, aber du… du hältst die Leute nur auf.“   Seine Stimme war zum Ende hin immer lauter geworden, seine Atmung hatte sich beschleunigt und in seinem Gesicht und an seinem Hals hatten sich lauter kleine rote Flecken gebildet. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er schon mal jemals so viel auf einmal zu mir gesagt hatte. Nicht einmal als ich ihm beim Fotoshooting seine perfekt frisierten Haare zerstört hatte. Es musste ihn wirklich stören, dass er verloren hatte. Änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass er verloren hatte.   „Glückstreffer“, wiederholte ich schnaubend – alles andere was er gesagt hatte, hatte ich schon längst wieder vergessen. „Du hast ja nur Schiss, dass du wieder gegen mich verlieren wirst.“   Ich sah wie seine Fingerknöchel weiß wurden, als er den Griff um den Rand des Waschbeckens verstärkte. Dann drehte er sich plötzlich schwungvoll um.   „Also gut“, Sasukes Stimme nahm einen bedrohlichen Tonfall an. „Wenn du dir so sicher bist, dann lass uns doch wetten.“   Selbstbewusst hielt ich seinem herausfordernden Blick stand.   „Klar“, stimmte ich zu. „Um was wetten wir?“   Sasukes schlechte Laune war mit einem Mal verflogen und er grinste stattdessen triumphierend. Irgendwie fühlte ich mich gerade wie die Maus, die sich den Käse geschnappt hatte und dabei nicht gemerkt hatte, wie sie in die Falle gelaufen war. Für einen Rückzieher war es nun allerdings zu spät.   „Der Verlierer muss dem Gewinner am Ende einen Wunsch erfüllen“, schlug Sasuke vor.   Ich schluckte kurz.   „Egal welchen?“   „Egal welchen.“   Der Einsatz war heftig, so ganz ohne Limitierungen. Allerdings war er genau deshalb auch umso reizvoller. Beim Gedanken daran, was ich mir von Sasuke alles wünschen könnte, wenn ich tatsächlich diese Wettbewerbe gewann, spürte ich bereits Vorfreude in mir aufsteigen. Theoretisch war es nicht einmal verboten ihn dazu zu zwingen, die Moderationsstelle abzulehnen – falls er sie denn bekommen sollte.   „Abgemacht“, entschlossen streckte ich ihm meine Hand entgegen und zog sie dann doch schnell wieder zurück. „Unter einer Bedingung!“   Sasuke zog gelangweilt eine Augenbraue nach oben.   „Und die wäre?“   „Der Verlierer von jedem Spiel muss dem Gewinner das Mittagessen bezahlen“, forderte ich.   Gelangweilt zuckte er mit den Schultern.   „Von mir aus.“   Diesmal war er die Maus, die ohne nachzudenken nach dem Stück Käse geschnappt hatte. Schnell ergriff ich seine Hand, damit er es sich nicht mehr anders überlegen konnte und schüttelte sie. Seine Finger waren sonderbar kühl.   „Sehr gut, dann sollten wir uns jetzt beeilen. Ich hab nämlich Hunger!“, verkündete ich grinsend. „Und wie du ja weißt, hab ich das Spiel heute gewonnen.“   Kapitel 7: -----------     -8-   „Ach komm schon Sakura, bitte“, quengelte ich bereits seit fast einer halben Stunde. „Ich werde Sasuke auch nicht verraten, dass du es mir gesagt hast.“     Der Blick, mit dem Sakura mich bedachte wurde von Minute zu Minute genervter. Nachdem ich gestern das erste Spiel gewonnen hatte, konnte ich es kaum noch erwarten, Sasuke ein zweites Mal zu besiegen. Die halbe Nacht über hatte ich vor Aufregung kein Auge zu bekommen und hatte schließlich beschlossen, einfach ein wenig früher in die Redaktion zu kommen, um mir Informationen zu beschaffen. Informationen, die wir eigentlich erst zehn Minuten vor Beginn der Sendungen erhalten sollten.     „Naruto“, Sakuras Stimmlage verhieß nichts Gutes und auch das wütende Funkeln in ihren Augen sagte mir, dass es wohl besser war, ein bisschen auf Abstand zu gehen. „Ich habe vertraglich zugesichert, dass ich keinem von euch vorher etwas über die Aufgaben erzählen werde, also hör jetzt gefälligst auf, mich mit dem Thema zu nerven. Abgesehen davon, wäre es Sasuke gegenüber unfair!“     „Wen interessiert schon Sasuke?“, grummelte ich leise, doch zum Glück hatte sie es nicht mehr gehört.     Scheinbar musste ich mich wirklich damit abfinden, dass ich vorerst keine Informationen von ihr bekommen würde. Schade eigentlich. Allerdings würde mich Sakura wahrscheinlich eiskalt einen Kopf kürzer machen, wenn ich noch weiter auf sie einzureden versuchte und das war es mir dann doch nicht wert. Schließlich hatte ich wahrlich einen hübschen Kopf. Den sollte man nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen. Und ohne Kopf würde ich auch nicht mehr in der Lage sein zu moderieren.     Etwa eine Stunde später stand ich also gemeinsam mit Sasuke und Sakura vor der Glastür, die ins Studio führte. Sakura hielt einen Umschlag in der Hand und blickte ununterbrochen auf die Uhr, die neben dem Platz der Sendeassistenz an der Wand hing. Mit den zehn Minuten nahm sie es wirklich sehr genau. Während ich mein Gewicht aufgeregt von einem Bein auf das andere verlagerte, stand Sasuke wie immer ganz entspannt da. Dabei müsste er eigentlich derjenige sein, der vor lauter Angst vor einer erneuten Niederlage nervös wurde.     Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als der Minutenzeiger endlich auf der Zehn einrastete und ich stöhnte erleichtert auf. Sasuke schmunzelte amüsiert und Sakura schüttelte gespielt fassungslos den Kopf. Dann öffnete sie den Umschlag und zog in aller Seelenruhe ein Blatt Papier heraus. Mit ihrer kräftigen, vollen Stimme begann sie zu lesen.     „Lieber Naruto, lieber Sasuke“ – Ha! Mein Name hatte zuerst dagestanden. – „Eure heutige Aufgabe wird es sein, den anderen dazu zu bringen, einen bestimmten Satz auszusprechen. Dabei darf jedoch nicht auf körperliche Gewalt zurückgegriffen werden. Der andere muss den Satz freiwillig aussprechen. Wenn ihr die Aufgabe annehmt, sagt einfach Sakura Bescheid, wenn nicht, habt ihr automatisch verloren und der andere bekommt zusätzliche Sendezeit. Weitere Infos gibt es dann während der Sendung. Gruß, Kakashi.“     Den anderen dazu bringen, einen bestimmten Satz auszusprechen. Das klang nach einer interessanten Aufgabe. Je nachdem, was es für ein Satz sein würde, konnte das Ganze etwas einfacher oder aber auch etwas schwieriger werden. Dass wir dabei keine Gewalt anwenden durften, war vermutlich auch besser so, denn ich war mir fast sicher, dass weder Sasuke noch ich davor zurückgeschreckt hätten. Zumindest vor einem kleinen bisschen Gewalt. Immerhin juckte es mich schon in den Fingern, seit ich den Bastard zum ersten Mal gesehen hatte.     „Ich bin dabei!“, rief ich begeistert.     „Und du Sasuke?“     Sakura strich sich eine pinke Strähne hinter das Ohr und sah ihn aus großen Augen fragend an. Er nickte nur knapp, was ihr wohl als Antwort genügte. Dann betraten wir gemeinsam das Studio und ich hüpfte wie immer auf den äußeren der beiden Barhocker. Was jetzt kam, war schon beinahe sowas wie Routine geworden in den letzten drei Tagen. Sakura eröffnete die Sendung, begrüßte unsere Hörer und schnitt ein paar Themen an. Sie bezog uns dabei regelmäßig mit ein und wir spielten uns gegenseitig die Bälle zu, wobei Sasuke und ich uns damit wohl eher sprichwörtlich versuchten abzuschießen. Mal drückte er mir einen Spruch, dann war wiederum ich es, der ihn verbal an die Wand drängte. Es war, als hätten wir nie etwas anderes gemacht.     „Es ist Donnerstagmorgen, halb 9 und ihr hört Akatsuki! Auch heute gibt es für unsere beiden Kandidaten wieder eine Challenge“, verkündete Sakura schließlich gutgelaunt. „Als Radiomoderator ist es natürlich super wichtig, dass man gute Interviews führen kann. Dabei ist es dann besonders spannend, wenn man dem Interviewpartner ein paar interessante Fakten aus der Nase ziehen kann – die geben das ja oft nicht so gerne zu!“     Sakura lachte gelöst. Keine Sekunde zweifelte ich daran, dass sie alles aus ihrem Interviewpartner herausbekommen würde, was sie wollte. Man konnte gar nicht anders, als ihrem Charme auf der Stelle zu erliegen.     „Manchmal möchte man den Interviewpartner auch dazu bewegen, etwas Bestimmtes zu sagen. Und genau das wird heute die Aufgabe der Jungs sein. Naruto und Sasuke haben jetzt einen Song lang Zeit, sich einen Satz auszudenken und den auf Papier zu schreiben. Ich werde die Zettel dann einsammeln und bis morgen aufbewahren. Wer es schafft, den anderen dazu zu bringen, den Satz bis heute Abend auszusprechen, hat gewonnen.“     Auf der Stelle begann mein Gehirn zu rattern. Einen Satz, den Sasuke heute im Laufe des Tages noch laut aussprechen sollte und ich hatte nur wenige Minuten dafür Zeit. Bisher war ich davon ausgegangen, dass man uns den Satz vorgeben würde, doch nun sah die Sache schon ganz anders aus. Hier war Köpfchen gefragt, wenn man dem anderen eine Falle stellen wollte. Dummerweise traute ich das Sasuke sogar zu, doch er sollte mich bloß nicht unterschätzen. Was für einen Satz würde er wohl sagen? Meistens gab er eher einsilbige Antworten.     „Der Satz muss aus mindestens fünf Wörtern bestehen und damit wir auch überprüfen können, ob er wirklich laut ausgesprochen wurde, bekommt jeder von den beiden ein Aufnahmegerät. Da Sasuke und Naruto den ganzen Tag Zeit haben, gibt es die Auflösung dann morgen früh ab sieben bei Akatsuki. Also schaltet wieder ein!“     In einer fließenden Bewegung startete Sakura den nächsten Song und zog den Regler für ihr Mikrofon nach unten. Uns hatte sie in diesem Break gar nicht zu Wort kommen lassen, aber das tat sie meistens, wenn sie selbst sehr viel zu erklären hatte.     „Eure Zeit läuft“, wies sie uns dann grinsend auf den Countdown auf dem Bildschirm hin und drückte jedem von uns einen Zettel und einen Stift in die Hand.     Vor lauter Anstrengung legte sich meine Stirn in tiefe Falten. Unter Zeitdruck war ich noch nie besonders gut gewesen, denn ich neigte dazu vorschnell zu handeln. Für das Spiel heute war es jedoch notwendig geschickt und gut durchdacht vorzugehen – etwas, dass ich nicht gerade zu meinen Stärken zählen konnte. Die roten Zahlen auf dem Computerbildschirm leuchteten mich spöttisch an, während der Countdown immer weiter runterzählte. Er zeigte an, wann der Song zu Ende sein würde, sodass Sakura entweder einen neuen starten oder wieder in die Moderation einsteigen musste. Im Moment jedoch zeigte er vor allen Dingen an, wieviel Zeit mir noch blieb, um mir einen Satz auszudenken, mit dem ich Sasuke schlagen konnte.     Fünf Wörter am Stück waren abseits des Mikrofons fast schon wirklich schwer aus ihm herauszubekommen. Meistens bestanden seine Sätze noch nicht einmal aus fünf Silben. Wohingegen ich meistens den Mund nicht halten konnte, was mir in diesem Fall durchaus zum Verhängnis werden konnte. Worüber redete der arrogante Bastard gerne? Eigentlich fiel mir nichts ein, was er besonders mochte. Außer vielleicht Kaffee und sich selbst. Augenblicklich erhellte sich meine Miene.     Sasuke hatte seinen Satz bereits auf das Blatt Papier geschrieben und faltete es nun zu einem kleinen Zettel zusammen, den er Sakura übergab. Damit ich nichts lesen konnte, hatte er sich beim Schreiben weit vornüber gebeugt, sodass ihm seine langen schwarzen Haare wie ein Vorhang ins Gesicht gefallen waren. Ich tat es ihm gleich, doch da meine blonden Haare deutlich kürzer waren als seine, musste ich es bei ein paar warnenden Blicken als Abschirmung belassen. Schließlich sollte er den perfekten Satz auf keinen Fall zu Gesicht bekommen. Zufrieden grinsend kritzelte ich auf das Papier.     Ich bin besser als du.     Fünf einfache Wörter. Und ich konnte mir tatsächlich nichts vorstellen, was besser zu Sasuke gepasst hätte. Dieser Satz drückte praktisch sein Wesen aus und er stand ihm sowieso schon jede Sekunde seines Lebens unausgesprochen auf die Stirn geschrieben. Er strahlte ihn aus. Man konnte ihn in seinen Augen ablesen. Jetzt musste ich ihn nur noch dazu bringen, es laut auszusprechen.     Sasuke folgte mit seinen Blicken meiner Hand, als ich Sakura schließlich meinen Zettel reichte, nur wenige Sekunden bevor der Countdown ablief. Sie stopfte ihn schnell in die Seitentasche ihrer pinkfarbenen Kapuzenjacke und setzte sich dann wieder die Kopfhörer auf. Den Rest der Sendung verbrachte ich damit, darüber nachzugrübeln, wie ich Sasuke dazu bringen konnte den Satz auszusprechen und welchen Satz er sich wohl überlegt hatte. Am besten ich hielt vorerst mal die Klappe. Zumindest so lange, bis ich mir eine gute Strategie überlegt hatte.     Schon während der Nachbesprechung der Sendung hatte ich jedoch Schwierigkeiten, mich an meinen guten Vorsatz zu halten. Es lag einfach nicht in meiner Natur, längere Zeit still auf einem Stuhl zu sitzen und anderen Leuten beim Diskutieren zuzuhören. Am Anfang hatte ich mich noch strikt auf alles fixiert, was Sasuke so von sich gegeben hatte, in der Hoffnung vielleicht zufällig genau diesen einen Satz von ihm zu hören. Bald schon hatte ich jedoch seine Strategie erkannt: Im Gegensatz zu mir verzichtete er nicht ganz aufs Sprechen, aber er achtete sehr genau darauf, seine Sätze so kurz wie möglich zu halten. Keiner hatte jemals mehr als vier Wörter. Grummelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust.     „Sasuke, du bekommst heute eine erweiterte Technikeinführung von Shino“, entschied Kakashi.     Wie immer war er erst wenige Minuten vor der Besprechung in den Sender gerauscht und hatte dementsprechend wenig zum Thema beizutragen. Wenn er dann mal begann zu sprechen, hieß das meistens, dass es aufs Ende der Besprechung zuging.     „Naruto, dich schicken wir heute auf Umfrage, damit du die Aufnahmegeräte ein bisschen besser kennenlernst. Das kann ja auch nichts schaden für eure Challenge“, Kakashi zwinkerte. „Geh doch bitte schon mal an meinen Schreibtisch, ich komm dann gleich nach.“     Ich nickte stumm und verließ dann den Konferenzraum. Direkt nachdem wir aus dem Studio gekommen waren, hatte der Techniker Shino Sasuke und mich verkabelt. Allerdings war er wie Sasuke kein Mann großer Worte und hatte uns einfach nur erklärt, wie man die Aufnahmegeräte an- und wieder ausmachen konnte. Sehr viel mehr wusste ich also noch nicht. Dass Kakashi mich auf Umfrage schicken würde, während Sasuke eine Technikeinweisung bekam, passte mir ganz gut in den Kram. Auf diese Weise hatte ich zunächst nochmal eine Schonfrist und konnte mir mein weiteres Vorgehen in aller Ruhe überlegen.     Zielsicher schlenderte ich auf Kakashis Schreibtisch zu. Er stand etwas abseits von den anderen Schreibtischen am Rand der Redaktion. Vermutlich brauchte er ab und zu einfach ein bisschen Ruhe oder aber er hoffte dadurch sein ständiges Zuspätkommen etwas verstecken zu können. Grinsend ließ ich meine Hand über die glatte Arbeitsfläche streichen. Kakashis Platz sah sehr ordentlich aus. Die Stifte waren fein säuberlich sortiert worden, auf dem Telefon befand sich kein einziges Staubkörnchen und selbst die Zeitung von heute lag akkurat gefaltet in einem der Ablagefächer.     Neugierig warf ich einen Blick auf die heutigen Schlagzeilen und griff dann nach der Zeitung, um ein wenig genauer nachzulesen. Kakashi würde wahrscheinlich sowieso noch etwas brauchen und immerhin gehörte es zum Job eines Moderators, stets über alles informiert zu sein. Als ich die Zeitung aus dem Fach zog, fiel plötzlich etwas mit einem lauten Klatschen zu Boden. Ertappt sah ich mich in der Redaktion um, doch offenbar hatte keiner etwas gemerkt. Am Ende dachten die noch, ich würde Kakashis Sachen durcheinanderbringen oder rumschnüffeln.     Ich bückte mich, um die Mappen aufzuheben, die ich ausversehen runtergeworfen hatte und staunte nicht schlecht, als ich eine davon wieder erkannte. Sie hatte einen orangenen Umschlag und auf der Vorderseite war ganz schwach, aber dennoch gut sichtbar das Wort Bewerbung eingeprägt. Mit einem kurzen Blick stellte ich fest, dass es sich bei den anderen Mappen auch um Bewerbungen handeln musste. Neugierig setzte ich mich auf Kakashis Schreibtischstuhl und begann die Unterlagen durchzublättern.     Die meisten Bewerber hatten ein Foto von sich mitgeschickt und ich stellte fest, dass sie allesamt sehr sympathisch aussahen. Ein bisschen tat es mir fast schon leid, dass ich nun hier sitzen durfte, während es keiner von ihnen in die engere Auswahl geschafft hatte. Zumindest keiner außer Sasuke. Warum auch immer sie sich ausgerechnet für ihn entschieden hatten. Neugierig beschloss ich der Frage auf den Grund zu gehen und begann zielgerichtet in dem Stapel nach seiner Bewerbung zu suchen.     Es dauerte nicht lange, da hatte ich die richtige Mappe auch schon gefunden. Natürlich war sie schwarz, was auch sonst. Ich schlug das Deckblatt zur Seite und sah direkt in Sasukes tiefschwarze Augen, die mich von der ersten Seite aus durchdringend anstarrten, fast schon vorwurfsvoll, so als wüsste er, dass ich hier gerade in seinen Sachen schnüffelte. Da das unmöglich sein konnte, schüttelte ich schnell den Kopf, sah mich jedoch vorsichtshalber nochmal in der Redaktion um. Keiner schenkte mir im Moment Beachtung.     Sasukes Lebenslauf enthielt die übrigen Angaben. Er war 22 Jahre alt, stammte aus Otogakure und hatte dort auch mit 18 seinen Abschluss gemacht. Anschließend war er wohl ein ganzes Jahr lang auf Reisen gewesen und hatte danach eine Ausbildung an der Akademie für Stimmbildung begonnen. Abgesehen davon, dass er mir damit schon wieder etwas voraus hatte, stand in seinem Lebenslauf nichts Außergewöhnliches. Mein Blick blieb jedoch an seinem Nachnamen hängen. Sasuke Uchiha. Der Name sagte mir irgendwas, aber ich wollte nicht darauf kommen, was es war.     „Naruto, was machst du da?“, wurde ich plötzlich von einem zarten Stimmchen aus meinen Gedanken gerissen.     Hinata hätte mich genauso gut anschreien können. Schuldbewusst zuckte ich zusammen und hätte beinahe schon wieder alle Mappen fallen lassen. Schnell schob ich sie wieder zu einem ordentlichen Stapel zusammen und verstaute sie dann im Ablagefach. Demonstrativ platzierte ich die Tageszeitung oben drauf. Niemand sollte sehen, dass ich mich an den Bewerbungen vergriffen hatte. Außer Hinata. Die hatte es blöderweise schon gesehen.     „Ich war so neugierig“, gab ich zerknirscht zu. „Du sagst es doch keinem, oder?“     Hinatas Wangen färbten sich leicht rot.     „Ich… nein, ich werde es keinem verraten. Vorausgesetzt du machst das nie wieder.“     Zur Bestätigung nickte ich energisch. Ich hatte wirklich Glück, dass Hinata diejenige war, die mich erwischt hatte – und das keine Sekunde zu früh. Denn nur wenige Augenblicke später, kam Kakashi herbeigeschlendert, die Hände dabei wie immer in den Hosentaschen und ein verdächtiges Grinsen auf den Lippen. Hätte der mich erwischt, wäre das sicher nicht so glimpflich ausgegangen. Er wirkte zwar immer recht lässig, doch ich hatte das Gefühl, dass er auch sehr streng sein konnte, insbesondere wenn es um Datenschutz und sowas ging.     Kakashi holte zwei Aufnahmegeräte aus einer Schublade, die jedoch ein wenig anders aussahen als das, was Shino an mir befestigt hatte. Sie waren ziemlich klein, ein bisschen schmaler und länger als ein Handy und ließen sich dementsprechend bequem in der Hand halten. Die Bedienung war nicht sehr kompliziert, sodass Kakashi sie mir schnell erklärt hatte. Er gab mir noch ein paar Hinweise, die für die Umfrage nachher nützlich sein konnten, beispielsweise wie man die Leute am besten ansprach und was die typischen Anfängerfehler waren. Dann schickte er uns auch schon los.     Hinata würde mich bei meiner ersten Umfrage begleiten. Ich hatte das Gefühl, dass es für sie eine willkommene Abwechslung war, denn normalerweise musste sie die Umfragen immer alleine machen. Praktischerweise mussten wir nicht sehr weit gehen, denn im Einkaufscenter waren genügend Leute unterwegs und netterweise hatte die Geschäftsführung Tsunade eine Aufnahmegenehmigung erteilt. Wir mussten nur versprechen, dass wir die Kunden des Konoha Centers nicht bei ihrem Einkauf belästigen würden. Das Shino-Mikrofon hatte ich mittlerweile wieder abgeschaltet, da Sasuke momentan ja nicht mal in der Nähe war. Akku sparen und so.     Unser Auftrag war denkbar einfach. Wir sollten die Leute zu ihren jeweiligen Lieblingseissorten befragen. Passend dazu saß ein anderer Redakteur gerade an einer Story über skurrile Eissorten, unsere Umfrage war also nur das Beiwerk. Trotzdem freute ich mich schon richtig darauf. Fremde Leute anzuquatschen war genau mein Ding und wenn man auch noch einen Vorwand hatte – wie dass man vom Radio kam – machte das Ganze sicher doppelt Spaß.     Hinata wirkte jedoch nicht halb so fröhlich wie ich und schon bald wusste ich auch, woran das lag. Die Leute gingen einfach an uns vorbei. Gerade mal jeder Dritte blieb auch wirklich stehen, wenn wir ihn ansprachen und das bedeutete noch lange nicht, dass wir dann auch eine Antwort erhielten. Die meisten drängten sich schnell an uns vorbei und murmelten dabei irgendetwas wie keine Zeit oder hab grad Stress. Frustriert seufzte ich. So machte das wirklich keinen Spaß.     „Komm Hinata, lass uns ein Eis essen gehen“, schlug ich vor. „Danach können wir uns ja selber zu unserer Lieblingssorte befragen.“     Zu meiner Verblüffung stimmte sie sofort zu und kurze Zeit später saßen wir an einem Ecktisch in dem kleinen Eiscafé im zweiten Stock des Einkaufscenters. Mit leuchtenden Augen betrachtete ich den XXL-Erdbeerbecher, den ich mir aus Gründen des Frustabbaus kurzerhand gegönnt hatte. Mein Plan funktionierte – meine Laune besserte sich fast schlagartig.     „Was hast du da eigentlich vorhin in den Unterlagen gesucht?“, wollte Hinata schüchtern wissen.     Bei ihrer Frage hatte sich mich nicht angesehen, sondern mit dem kleinen Plastiklöffel auf eine Bananenscheibe eingestochen. Sie hatte sich nur einen kleinen Eisbecher bestellt, der jedoch mit einigen Früchten garniert war.     „Ich hab gar nichts gesucht“, widersprach ich sofort abwehrend. „Das war bloß Zufall! Die Mappen sind einfach runtergefallen, echt jetzt. Und da hab ich meine gesehen und war halt irgendwie neugierig, wer sich sonst so beworben hat.“     Kurz gesagt, ich hatte die Konkurrenz abchecken wollen. Allen voran natürlich Sasuke, der blöderweise noch immer im Rennen war. Hinata nickte verständnisvoll und strich sich eine Strähne ihres langen schwarzen Haars hinter das Ohr.     „Dann war es auch Zufall, dass du ausgerechnet Sasukes Bewerbung in der Hand hattest?“, hakte sie leise nach.     Noch immer wagte sie es nicht, mich anzusehen. Zum Glück, denn sonst hätte sie vermutlich bemerkt, wie ich schlagartig verlegen wurde. Ich strich mir mit der Hand über den Nacken.     „Naja, er ist immerhin mein härtester Konkurrent. Eigentlich wollte ich auch gar nicht so genau schauen, aber irgendwie kam mir sein Nachname so bekannt vor… Uchiha. Sagt dir das was?“     Nun endlich sah sie von ihrem Eis auf.     „Dir etwa nicht?“, stellte sie mir die Gegenfrage.     Ich fühlte mich so, als hätte ich irgendetwas Elementares verpasst. In meinem Hinterkopf schrillte ein leises Glöckchen, dessen Klingen mit der Zeit immer penetranter wurde. Doch bevor sich der Gedanke, der damit verbunden war, einigermaßen verfestigen konnte, vermischte sich alles wieder in einem riesigen blauen Wirbel aus Klängen und Gedanken. „Ich hab den Namen schon mal gehört“, antwortete ich ausweichend.     „In unserer Branche solltest du das aber wissen“, meinte sie vorwurfsvoll.     Ich stellte verärgert fest, dass sie mir besser gefallen hatte, als sie noch schüchtern auf ihr Eis gestarrt hatte.     „Und woher kenne ich den Namen jetzt?“, fragte ich ein wenig gereizt.     In der nächsten Sekunde tat es mir schon wieder Leid, da sie erschrocken zusammenzuckte und sofort wieder den Blick auf die Tischplatte senkte.     „Die Uchihas sind eine sehr erfolgreiche Familie von Synchronsprechern“, erklärte Hinata schließlich mit leiser Stimme. „Sie haben alle einen Abschluss mit Auszeichnung an der Akademie für Stimmbildung gemacht. Sasukes Eltern leiten mittlerweile mehrere eigene Tonstudios und sein Bruder hat vor kurzem den Konoha Voice Award abgeräumt.“     Staunend sah ich sie an. Der Konoha Voice Award war eine der begehrtesten Trophäen überhaupt im Bereich Radio und Synchronsprechen. Alles was Rang und Namen hatte, kam zu dieser Preisverleihung und nur die Besten der Besten bekamen den Preis am Ende verliehen. Ich hätte alles dafür getan, auch nur als Gast dort eingeladen zu sein, doch natürlich war das eine sehr exklusive Veranstaltung. Sasuke war bestimmt dort gewesen, wenn sein Bruder den Award gewonnen hatte. Verärgert biss ich mir auf die Lippe.     „Stand in der Zeitung“, meinte sie schulterzuckend. „Er synchronisiert den gruseligen Typen in dieser Ninja-Serie, von der momentan alle so schwärmen.“     Nun wusste ich zumindest, woher mir der Name so bekannt vorgekommen war. Die Uchihas hatten in der Branche wirklich überall ihre Finger mit im Spiel. Sasuke war das Talent also praktisch mit in die Wiege gelegt worden – und  nicht nur das: Sein Name öffnete ihm bestimmt überall Tür und Tor. Ich bin besser als du. Der Satz, den ich heute Morgen noch selbstbewusst auf den Zettel geschrieben hatte, tanzte nun höhnisch vor meinem inneren Auge.     „Scheiße man, Hinata, du musst mir unbedingt helfen“, fluchte ich angespannt. „Irgendwie muss ich den Bastard aus dem Rennen schmeißen.“     Sasuke war Erfolg gewohnt. Mehr noch, er war erfolgsverwöhnt. Es würde schwer werden, ihn von diesem Kurs abzubringen. Gestern war es mir gelungen, doch das konnte tatsächlich nur ein Glückstreffer gewesen sein. Wer weiß, welche Spiele als nächstes auf uns zukamen. Jeder verschenkte Punkt an ihn, war einer zu viel. Und dann war da ja auch noch unsere persönliche Wette. Es schauderte mich bei dem Gedanken daran, was er sich alles von mir wünschen konnte. Am Ende musste ich bei ihm Zuhause putzen oder ihm die Füße massieren. Egal was es war, er würde sich auf jeden Fall etwas Erniedrigendes aussuchen. Das wusste ich so sicher, weil ich selbst nichts anderes tun würde.     „Wie kann ich dir helfen?“, fragte Hinata zögerlich.     „Wir müssen ihn dazu bringen, irgendwie diesen Satz zu sagen!“, überlegte ich laut. „Verdammt, und zuvor müssen wir noch diese dämliche Umfrage zu Ende bringen, damit ich zurück in die Redaktion kann.“     Vor lauter Wut und aufgestautem Frust schaufelte ich mir mehrere Erdbeeren auf einmal in den Mund, gefolgt von einem dicken Löffel Eis. Hinata beobachtete das Geschehen mit großen Augen und nahm dann einen eher kleinen Löffel von ihrem eigenen Eis.     „Vielleicht können wir ja beides verbinden“, schlug sie vor. „Ich glaub, ich hab da eine Idee.“         Kapitel 8: -----------     -9- Es stellte sich heraus, dass Hinata ein wahres Genie war. Als wir schließlich zurück in die Redaktion kamen, strahlte ich nur so vor Zuversicht und begrüßte jeden der uns über den Weg lief. Auf ihren Vorschlag hin, waren wir nicht mehr ziellos durch das Einkaufscenter geschlendert um Passanten zu befragen, sondern hatten die Leute einfach direkt an der Eistheke angesprochen. Statt zu fragen, welches ihre Lieblingseissorte war, fragten wir kurzerhand, warum sie sich für das Eis entschieden hatten, das sie in der Hand hielten. Auf diese Weise kamen wir deutlich schneller zu unseren Antworten und hatten noch viel Zeit bis zum Feierabend übrig.     Als ich Sasuke an einem der Redaktions-PCs sitzen sah, spürte ich, wie mein Herz plötzlich doppelt so schnell schlug. Hinata und ich hatten gleich mehrere Pläne ausgearbeitet für den Fall, dass der erste nicht klappen sollte. Je nach Situation hatte ich nun also mehrere Alternativen. Ich schnaufte einmal langsam durch. Zielstrebig schritt ich dann auf ihn zu, tippte ihn an der Schulter an und setzte mich schwungvoll auf die Platte des Schreibtischs. Sasuke unterbrach seine Arbeit und sah genervt von seinem Bildschirm auf. Ich hatte keine Ahnung, was er da überhaupt gemacht hatte.     Ich deutete auf die Kopfhörer, um ihm zu signalisieren, dass er sie abnehmen sollte, da ich mit ihm reden wollte. Ob er wohl sein Aufnahmegerät gerade laufen hatte? Eine Unterhaltung mit ihm zu führen, war immer ein Risiko, doch ohne Risiko hatte ich auch selbst keine Chance auf den Gewinn. Sasuke verdrehte genervt die Augen und griff langsam nach seinen Kopfhörern. Da er mir jedoch zu lange brauchte, half ich ein bisschen nach und riss sie ihm förmlich von den Ohren.     „Fass – mich – nicht – an“, zischte er daraufhin bedrohlich.     Vier Wörter. Er verstand es wirklich, sich kurz zu halten. Vielleicht hätte ich doch irgendeinen Satz mit vielen Beleidigungen wählen sollen, immerhin wusste ich mittlerweile, wie man ihn provozieren konnte.     „Das sagt der Richtige.“     Die Wörter waren mir herausgerutscht, ohne dass ich richtig darüber nachgedacht hatte. Schlagartig lief ich rot an und suchte Sasukes Gesicht fieberhaft nach einer Reaktion ab. Nichts. Womöglich erinnerte er sich wirklich nicht mehr an den Abend im Club, vielleicht hatte er aber auch nur mal wieder ein verdammt gutes Pokerface.     „Was willst du?“, fragte er gedehnt und drehte sich in seinem Schreibtischstuhl leicht zu mir.     Die langen Beine hatte er an den Füßen leicht überkreuzt und er stütze sich mit einem Ellenbogen an der Tischplatte ab. Dicht neben meinem eigenen Bein.     „Weißt du, was Hinata mir erzählt hat?“, fragte ich gespielt aufgeregt.     Statt mir zu antworten, zog er nur eine Augenbraue in die Höhe. Gewieft. Lieber nicht zu viel sprechen, dann konnte man sich auch nicht so leicht verplappern. Mal sehen wie lange er das noch durchhielt.     „Du hast zugegeben, dass ich der Bessere von uns beiden bin“, behauptete ich überzeugt.     Nie im Leben würden solche Worte über seine Lippen kommen, das wusste ich natürlich. Aber sollte er mir nur mal widersprechen.     „Hab ich das?“, fragte er mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen.     Drei Worte. Mehr nicht. Enttäuscht ließ ich die Schultern hängen.     „Ja, hast du“, startete ich noch einen weiteren Anlauf. „Und ich bin froh, dass du endlich eingesehen hast, dass ich besser bin als du.“     Das amüsierte Lächeln wollte einfach nicht von seinen Lippen verschwinden. Es war fast so, als würde er mich genau durchschauen. Noch immer saß ich auf der Platte seines Schreibtischs und Sasuke sah mich von unten herauf an.     „Bist du das?“, fragte er.     Allerdings sah es nicht danach aus, als würde Sasuke eine Antwort erwarten, denn er setzte sich einfach die Kopfhörer wieder auf und widmete sich dann erneut seiner Arbeit. Plan Nummer eins war gescheitert. Das wäre auch zu einfach gewesen. Vielleicht hätte ich ihn im Beisein von ein paar anderen Leuten ansprechen sollen, dann wäre sein Ego vermutlich eher angegriffen worden.     Schulterzuckend rutschte ich von seinem Schreibtisch. Dann eben Plan zwei. Ich machte mich auf den Weg in den Schnittraum, nicht ohne Sasuke vorher nochmal demonstrativ durch die Haare gewuschelt zu haben, was er mit einem aggressiven Knurren quittierte. Als ich den Schnittraum betrat, saß Hinata bereits vor dem einzigen PC, der sich hier befand. Die Luft hier drin war drückend und es herrschte eine seltsame Akustik. Der Schnittraum war gleichzeitig das zweite Studio, in dem Sachen vorproduziert wurden. Deswegen waren alle Wände hier gedämmt.     „Und, wie ist es gelaufen?“, fragte sie neugierig.     „Hm“, grummelte ich. „Der Bastard ist nicht drauf eingestiegen.“     Ich ließ mich auf den Stuhl neben ihr fallen, der ein leises Ächzen von sich gab und rückte ebenfalls näher an den PC. Sie hatte unsere Daten bereits vom Aufnahmegerät auf den Rechner übertragen und sie in das Schnittprogramm gezogen. Kakashi hatte sie damit beauftragt, mir die grundlegenden Funktionen zu erklären und mich dann einfach mal machen zu lassen. Das hier sollte meine erste eigene Umfrage werden. Das Thema war zum Glück nicht besonders wichtig, sodass ich mir Zeit lassen konnte.     „Mach dir nichts draus, das kriegen wir schon noch hin“, versuchte Hinata mich aufzumuntern.     Irgendwie war ich mehr als nur froh, sie auf meiner Seite zu haben. So fühlte es sich nicht mehr so an, als müsste ich komplett allein gegen einen übermächtigen Gegner ankämpfen. Nach den Informationen über Sasukes Familie insgesamt und seinen Bruder im Besonderen, hatte es sich nämlich erst mal exakt so angefühlt. Hinata rückte sich in ihrem Stuhl zurecht und begann dann, mir das Schnittprogramm zu erklären.     „Also, das ist eigentlich ganz leicht. Du schneidest einfach den Anfang und das Ende von jedem Ton ab, so lange bis er dir gefällt. An den Wellen kann man erkennen, wo ein Wort oder ein Satz zu Ende ist. Das wirst du mit der Zeit noch lernen. Hier oben kannst du auf rückgängig klicken.“     Sie fuhr mit der Maus die obere Leiste entlang und blieb dann kurz auf einem Pfeilsymbol stehen.     „Die Dateien habe ich dir alle schon geöffnet und du kannst sie einfach nacheinander anklicken. Wenn du damit fertig bist, holst du mich und ich zeig dir, wie du sie zusammenfügen kannst“, Hinata wollte schon aufstehen und den Raum verlassen, da beugte sie sich nochmal verschwörerisch zu mir herunter. „Ach ja, die spezielle Datei hab ich unter dem Namen XY in deinem Ordner gespeichert. Ich hab sie noch ein bisschen modifiziert.“     Sie hatte ihre Stimme gesenkt, sodass sie fast nur noch nach einem Flüstern klang. Der Raum hier war jedoch so stark gedämmt, dass sowieso kein einziger Laut nach draußen gedrungen wäre. Solange die Türe geschlossen war, schluckten die Wände jede einzelne Schallwelle und jeden einzelnen Ton. Es war perfekt, wenn man in Ruhe an etwas arbeiten wollte oder wenn man etwas besprechen wollte, wovon keiner etwas mitbekommen sollte. Genau der richtige Raum für unsere Verschwörung gegen Sasuke.     Ich zwinkerte Hinata noch einmal verwegen zu, als sie den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss. Stille. Erdrückende Stille. Um ihr zu entkommen, begann ich vor mich hin zu summen. Es half nicht besonders, doch es war immer noch besser als hier komplett ruhig da zu sitzen. Eifrig machte ich mich an die Arbeit und begann meine erste eigene Umfrage zu schneiden. Es machte wahnsinnigen Spaß, sich alles nochmal anzuhören, was wir heute so aufgenommen hatten, es auszusortieren und schließlich die Töne zurechtzuschneiden. Ich merkte gar nicht, wie immer mehr Zeit vergangen war und erst als ich zufällig einen Blick auf die Uhr warf, fiel mir siedend heiß wieder ein, dass ich ja noch eine Mission zu erfüllen hatte.     Mit einem vorfreudigen Kribbeln in den Fingern öffnete ich besagte Datei XY. Hinata hatte gesagt, dass sie noch etwas daran geändert hatte und ich war gespannt wie es klingen würde. Der Ton begann mit dem typischen Hintergrundgemurmel, das man in einem Einkaufscenter hören konnte. Es war uns wichtig gewesen, den Ton dort aufzunehmen, damit es möglichst authetisch wirkte. Jemand räusperte sich. Es war meine eigene Stimme, doch sie klang völlig fremd. Hinata hatte meine Stimme so verändert, dass man sie nicht mehr erkennen konnte. Als ich begann zu sprechen, konnte man nur sehr schwer verstehen, was ich da sagte, da ich ziemlich nuschelte, doch auch das war Teil des Plans. Mit viel Konzentration konnte man den Satz verstehen. Ich bin besser als du.     Zufrieden verschränkte ich die Finger ineinander und ließ sie einmal knacken. Jetzt musste ich nur noch den Köder auslegen und ich war mir fast sicher, dass Sasuke ihn schlucken würde. Die Idee war einfach zu brillant. Schwerfällig erhob ich mich von meinem Drehstuhl. Ein stechender Schmerz fuhr in meinen Rücken – wie lang hatte ich hier schon gesessen? In diesem Raum fühlte man sich komplett abgeschottet vom Rest der Welt, man bekam einfach nichts mehr mit. Ich musste die Augen zusammenkneifen, als ich die Redaktion betrat, da mich das natürliche Licht blendete. Der Schnittraum hatte natürlich kein Fenster gehabt.     „Sasuke, ich brauch deine Hilfe“, quengelte ich möglichst laut, sodass er es auch trotz der Kopfhörer mitbekam.     Er saß immer noch auf dem gleichen Platz wie vorhin und es sah fast so aus, als hätte er sich seitdem keinen Millimeter bewegt. „Ich dachte Hinata soll dir helfen“, man konnte ihm sein Misstrauen deutlich anhören.     Trotzdem kam ich nicht umhin festzustellen, dass er mehr als vier Worte auf einmal benutzt hatte. Entweder er wurde langsam unvorsichtig oder es gab einen anderen Grund, warum er sich aus seinem Schneckenhaus wagte. Vielleicht hatte er erkannt, dass er unmöglich gewinnen konnte, wenn er nicht mit mir sprach. Nachdem er bereits gestern den Wettbewerb verloren hatte, würde er das sicher nicht nochmal zulassen. Schon gleich gar nicht, da wir nun auch noch unsere Wette abgeschlossen hatten.     „Hinata ist gerade nicht da und ich muss das langsam echt mal fertig kriegen“, jammerte ich kunstvoll.     Für meine Schauspielkünste sollte mir wirklich mal jemand einen Orden verleihen. In Sasukes Augen konnte ich deutlich sehen, dass es ihm widerstrebte, mir jetzt zu helfen, doch diesmal hatte ich den gleichen Fehler nicht nochmal begangen. Ich hatte mit Absicht so laut geredet, dass es möglichst viele der Redakteure mitbekommen hatten und deren Blicke lagen nun alle auf Sasuke. Knurrend erhob er sich vom Schreibtisch und folgte mir in den Schnittraum. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht vor Freude laut in die Hände zu klatschen. Das lief ja wie geschmiert.     „Was ist jetzt?“, fragte er ungehalten, sobald die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war.     „Ich wollte grade diesen einen Ton schneiden, den Hinata mir rausgesucht hat, aber ich kann irgendwie nicht verstehen, was der Typ sagt und jetzt hab ich Angst, dass ich ausversehen was Wichtiges wegschneide“, plapperte ich drauf los.     Sein Blick sagte ganz eindeutig so etwas wie: Dein Ernst? Er musste nicht einmal sprechen, um zu kommunizieren. Sasuke Uchiha brauchte keine fünf Wörter. Er brauchte nicht einmal eins.     „Bereit?“, fragte ich ihn trotzdem und als er nickte, drückte ich auf den Playbutton.     Angespannt hielt ich die Luft an. Das war jetzt der alles entscheidende Moment. Ich hatte mir große Mühe gegeben, den Satz möglichst zu vernuscheln, damit er mir abkaufte, dass ich nichts verstanden hatte. Auf der anderen Seite musste ich jedoch so deutlich reden, dass Sasuke ihn verstehen würde. Er runzelte konzentriert die Stirn und schloss die Augen.     „Nochmal“, bat er schließlich.     Seine Stimme klang unheimlich durchdringend in diesem Raum. Ich hoffte, dass ihm nicht auffiel, wie sehr meine Hand zitterte als ich die Maus bewegte, um erneut den Play-Button zu drücken. Ein bisschen fühlte ich mich wie damals in der Schule, als ich einen Tafelschwamm in die Tür geklemmt hatte, bevor der Lehrer hereingekommen war. Es war immer eine spannende Angelegenheit gewesen, ob er sich davon überraschen ließ oder den Schwamm rechtzeitig bemerkte. Ersteres war mir stets lieber gewesen.     Wieder begann der Ton mit den Hintergrundgeräuschen aus dem Einkaufscenter. Dann erklang das Räuspern und die Stimme die so unglaublich verfremdet klang. Tiefer und älter als meine eigene Stimme. Ich bin besser als du. Hinata hatte ganze Arbeit geleistet.     Die ganze Zeit über hatte ich mal wieder Sasukes Gesicht fixiert, der jedoch keine Regung gezeigt hatte. Als er schließlich den Schreibtischstuhl zurückzog, zuckte sein Mundwinkel leicht nach oben. Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde gewesen, doch ich hatte es genau gesehen. Er trat hinter den Stuhl und stützte sich lässig mit den Unterarmen auf der Rückenlehne ab. Sein Haar fiel ihm etwas ins Gesicht und verdeckte so seine Augen. Es machte mich nervös, wenn ich sein Gesicht nicht richtig sehen konnte.     „Wenn ich du wäre“, begann er schließlich. „Würde ich den Ton weglassen. Wenn du ihn nicht verstehst, können ihn die Hörer auch nicht verstehen.“     Verdammt. Mit so einer Reaktion hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Er sollte doch einfach nur den verdammten Satz wiederholen.     „Schön“, antwortete ich giftig. „Du bist aber nicht ich. Also was hat der Typ gesagt?“     Er hob leicht den Kopf und sah mir dann direkt in die Augen. Ich sah eindeutig Spott darin aufblitzen und das Zucken um seine Mundwinkel hatte sich zu einem ausgewachsenen schiefen Grinsen entwickelt. Irgendetwas sagte mir, dass das ganz und gar nicht gut war. Ich müsste gerade die Oberhand haben, schließlich war er in meine Falle getappt und da sollte er gefälligst nicht so selbstzufrieden grinsen.     „Stimmt, ich bin nicht du“, stellte er schließlich fest.     Seine Stimmlage war mal wieder ein wenig tiefer gerutscht, klang rauchig, irgendwie provozierend. Mit jedem Wort, das er sagte wurde mir mehr und mehr klar, dass hier etwas ganz und gar nicht nach Plan lief.     „Ich bin…“, er legte eine kunstvolle Pause ein und betonte das folgende Wort besonders intensiv. „Klüger als du.“     Ein spöttisches Aufblitzen in seinen Augen. Das gab mir den Rest. Er hatte meinen genialen Plan sowas von durchschaut.     „Du Bastard“, knurrte ich. „Du kennst meinen Satz.“     Sasuke lachte unbeeindruckt. Es war kein schönes Lachen, eher ein überhebliches.     „Dank deiner Reaktion jetzt schon.“     Ich ballte meine Hände zu Fäusten und musste mich zwingen, ruhig auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Das Arschloch hatte mich in eine Falle gelockt, obwohl eigentlich ich ihn in eine Falle locken wollte. Er hatte einfach seelenruhig abgewartet, bis ich aktiv wurde und den Spieß dann elegant herumgedreht. Ich war so wütend, dass es mir die Kehle zuschnürte. Wütend auf ihn, weil er ein mieser Betrüger war und vor allen Dingen wütend auf mich selbst, weil ich ihm so einfach auf den Leim gegangen war.     „Betrüger“, fauchte ich aggressiv.     „Die Regeln verbieten nicht, dass man den anderen austrickst“, erinnerte er mich süffisant grinsend. „Außerdem war deine Aktion auch nicht gerade fair. Was kann ich denn dafür, wenn du dich so dumm anstellst?“     Kaum kannte er meinen Satz, konnte er plötzlich wieder mehr als vier Worte auf einmal sagen. Er beleidigte mich praktisch wie ein Wasserfall. Wie ein ekliger, schmutziger Wasserfall, der aus braunem, stinkenden Morast bestand.     „Du kennst meinen Satz“, stellte ich düster fest. „Jetzt hab ich sowieso verloren.“     Sasuke wechselte die Position und stand nun dicht hinter meinem Schreibtischstuhl. Er hielt jedoch die Lehne so fest, dass ich mich nicht zu ihm umdrehen konnte. Wahrscheinlich würde er seinen Triumph wieder einmal auskosten. Die Stimmung im Raum hatte sich mit einem Schlag geändert.     „Gibst du auf?“, schnurrte er dicht an meinem Ohr.     Dadurch, dass sämtliche Hintergrundgeräusche von den Wänden geschluckt wurden, kam es mir noch lauter vor. Genervt drehte ich meinen Kopf zur Seite.     „Bleibt mir ja nichts anderes übrig. Wie soll ich dich denn jetzt noch dazu bringen, meinen Satz zu sagen?“     „Also ich könnte dich immer noch dazu bringen, meinen Satz zu sagen, selbst wenn du ihn kennen würdest“, behauptete Sasuke arrogant.     Seine Stimme schwankte dabei kein bisschen, sodass ich ihm tatsächlich Glauben schenkte. Allerdings konnte ich mir kaum vorstellen, was das für ein Satz sein sollte und vor allen Dingen, wie er mich ohne Gewalt dazu bringen wollte, ihn auszusprechen. Vielleicht erforderte es einige Konzentration, ihn nicht zu sagen, wenn man ihn kannte, so wie wenn einem jemand sagte, dass man nicht an rosa Elefanten im Tutu denken sollte. Aber ich war immer noch Naruto Uzumaki und so einfach würde er mich nicht reinlegen können.     „Und was für ein Satz soll das sein?“, fragte ich bemüht desinteressiert.     Meine Neugier und mein Stolz hatten gefühlt stundenlang einen inneren Kampf ausgefochten. Meine Neugier hatte letztlich gesiegt. Das war bei mir meistens so. Allerdings musste ich mir das ja nicht unbedingt anmerken lassen.     „Willst du das wirklich wissen?“     Seine Stimme hatte irgendwie einen bedrohlichen Unterton, doch ich war mir sicher, dass er wieder einmal nur mit mir spielte. Blöderweise verstärkte die Akustik in diesem Raum auch noch jeden Effekt, den seine Stimme auf mich hatte. Sasuke stützte wieder seine Unterarme auf der Stuhllehne ab und legte seinen Kopf darauf. Ich konnte deutlich seinen warmen Atem in meinem Nacken spüren. Eine leichte Gänsehaut zog sich über meine Haut, als er sanft gegen meinen Haaransatz pustete. Er lachte leise.     „Ja, jetzt sag schon“, forderte ich ungeduldig.     Wenn er schon die Klappe so weit aufriss und behauptete, dass er trotzdem noch gewinnen konnte, dann sollte er mir seinen dummen Satz jetzt auch sagen.     Sasuke beugte sich noch ein Stück weiter vor, sodass sein Mund noch näher bei meinem Ohr war. Das schien so etwas wie sein Hobby zu sein. Den Stuhl hielt er dabei weiterhin in einem schraubstockartigen Griff fest, sodass ich ihm nicht entkommen konnte. Als er schließlich sprach, rieselten tausende Schauer auf einmal über meinen Rücken.     „Oh ja, Sasuke, fester!“, raunte er mit tiefer Stimme.     Ich konnte es nicht verhindern. Und diesmal konnte ich es weder auf Sakura noch auf den Alkohol schieben. Seine Stimme machte mich an. Mehr als das, als die Bedeutung seiner Worte langsam zunehmend in mein Bewusstsein sickerte, drängten sich gleichzeitig eindeutige Bilder an die Oberfläche. Sasuke rührte sich keinen Millimeter und konnte vermutlich spüren, wie sich Hitze auf meiner Haut ausbreitete. Sein Atem streifte immer wieder die empfindliche Stelle hinter meinem Ohr, was es nicht gerade einfacher machte.     Ich zwang mich ruhig zu atmen, versuchte einen klaren Gedanken zu Stande zu bringen. Aber die Vorstellung, was er tun würde, um mir diese Worte zu entlocken, war im Moment einfach zu dominant. Sie drängte sich wie Gift in meinen Verstand und ließ nichts als dichten Nebel in meinem Gehirn entstehen.     „Das… waren nur vier Wörter“, brachte ich schließlich stockend hervor.     Innerlich klopfte ich mir auf die Schulter. In Anbetracht des Zustandes in dem ich mich gerade befand – und den ich mir keinesfalls nach außen hin anmerken lassen durfte – war das eine ziemlich scharfsinnige Bemerkung gewesen.  Doch ich ahnte bereits, dass es ein Fehler gewesen war, ihn noch weiter herauszufordern. Sasukes Daumen strich hauchzart über die feinen Härchen in meinem Nacken.     „Wir zählen einfach dein lautes Stöhnen, wenn du zum Orgasmus kommst, als fünftes Wort.“     Nur mühsam konnte ich mir ein Keuchen verkneifen, indem ich mir fest auf die Zunge biss. Keinesfalls durfte ich mich in seiner Gegenwart so gehen lassen, denn genau darauf hatte er es schließlich angelegt. Es vergingen gefühlte Stunden, in denen ich nicht in der Lage dazu war, auch nur einen Finger zu bewegen. Angespannt blieb ich einfach an Ort und Stelle sitzen und rührte mich nicht, bewegte nicht einmal meinen Kopf, um Sasukes flüchtigen Berührungen zu entgehen. Ich fühlte mich wie festgefroren, spürte wie mein Mund immer trockener wurde, weil ich es einfach nicht schaffte zu schlucken. Ich hatte Angst, dass mir sonst doch noch ein Geräusch entweichen würde.     Sasuke ließ seine Finger noch immer sanft über meinen Nacken tanzen und pustete mir ab und zu gegen das Ohr. Mein gesamtes Blut hatte sich mittlerweile zwischen meinen Beinen gesammelt, wo es bereits unangenehm pochte. Ich hoffte, dass Sasuke nichts davon mitbekommen hatte, doch wenn ich ehrlich war, wusste ich, dass er es wusste.  Er wusste es und würde es sicherlich irgendwann auch schamlos gegen mich verwenden. Ich wusste es und konnte doch nichts dagegen unternehmen. Ich hoffte einfach nur, dass er bald gehen würde. Ich jedenfalls konnte unmöglich aufstehen.     Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ er schließlich von mir ab, lachte leise und schnippte mir dann gegen mein Ohr.     „Noch hat keiner von uns beiden gewonnen“, erinnerte er mich grinsend und verließ dann den Raum.     Die Tür schloss er gütiger Weise hinter sich und ich wusste wirklich nicht, was ich gemacht hätte, hätte er es nicht getan. Verzweifelt vergrub ich das Gesicht in den Händen und stützte mich dabei auf der Schreibtischplatte vor mir ab. Meine Haut glühte noch immer vor Hitze und ich konnte mir nur allzu gut vorstellen, wie rot ich sein musste. Angestrengt stieß ich einen Schwall Luft aus und schloss meine Augen. In diesem Moment war die drückende Stille im Raum gar nicht mal so unangenehm. Ich musste dringend runterkommen. Was bitte war das eben gewesen?     Es dauerte noch eine Weile, bis ich mich dazu in der Lage fühlte, den Schnittraum zu verlassen. Trotz der Zeit die vergangen war fühlte ich mich noch immer wackelig auf den Beinen. Zuerst hatte ich überlegt, ob ich mich für den Rest des Tages im Schnittraum verkriechen sollte, um Sasuke auf keinen Fall nochmal über den Weg zu laufen. Diese Schmach hätte ich einfach nicht ertragen. Allerdings hatte ich Hinata versprochen, ihr zu erzählen, ob unser Plan geklappt hatte. Abgesehen davon musste ich ihr Bescheid sagen, wenn ich die Töne alle soweit geschnitten hatte.     Hinatas besorgtem Blick nach zu urteilen, sah man mir wirklich deutlich an, dass ich ziemlich aus der Bahn geworfen war, doch ich beruhigte sie schnell und erzählte ihr dann, dass es mit Sasuke nicht ganz so gut gelaufen war. Alles was sich abgespielt hatte nachdem mir klargeworden war, dass er die Aktion durchschaut hatte, ließ ich bewusst unter den Tisch fallen. Damit musste ich zunächst einmal selber klar kommen. Hinata zeigte mir, wie man die Töne am besten nacheinander anordnen konnte und ließ mich dann wieder allein.     Den Rest des Tages verbrachte ich schließlich doch alleine im Schnittraum. Den Wettbewerb konnte ich sowieso nicht mehr gewinnen, da machte es auch keinen Sinn mehr nach draußen in die Redaktion zu gehen. Wenn ich Glück hatte, lief es auf ein Unentschieden hinaus, aber auch nur, wenn ich ab jetzt kein einziges Wort mehr mit Sasuke reden würde. Der Kerl war so abgebrüht, dass ich es ihm ohne Umschweife zutraute, mich doch noch irgendwie reinzulegen. Als es plötzlich an der Tür klopfte, zuckte ich erschrocken zusammen.     „Kommst du? Es ist schon halb fünf. Wir haben längst Feierabend.“     Verbissen funkelte ich Sasuke an. War das ein Trick? Ich warf einen Blick auf die Uhr am unteren Bildschirmrand des Computers und stellte fest, dass er Recht hatte. Dennoch kam es mir seltsam vor, dass er extra Bescheid gesagt hatte. Normalerweise ging er immer ohne ein Wort zu sagen. Er konnte noch unauffälliger auf- und abtauchen als Kakashi. Warum also stand er jetzt hier?     „Das war ein produktiver Tag, findest du nicht?“, fragte er fröhlich.     Sasuke und fröhlich. Das war irgendwie gruselig. Noch gruseliger, als dass er plötzlich so in Plauderlaune zu sein schien. Wortlos speicherte ich meine Datei und fuhr dann den PC herunter. Die Umfrage konnte ich auch noch morgen fertig schneiden. Er lehnte lässig in der Tür und schien tatsächlich auf mich zu warten.     „Redest du jetzt nicht mehr mit mir?“     Er taxierte mich belustigt. Einen Moment lang blieb ich dicht vor ihm stehen und warf ihm mörderische Blicke zu, da er mir den Weg durch die Tür versperrte. Offensichtlich wollte er, dass ich etwas sagte, doch ich packte ihn nur grob an der Schulter und schob ihn zur Seite.     „Achso, du hoffst noch auf ein Unentschieden“, redete er einfach weiter, während er sich dicht an meine Fersen heftete.„Eigentlich sollte ich mich ja freuen, dass du endlich mal die Klappe hältst. Schade, dass der Tag schon fast vorbei ist.“     Ich verabschiedete mich von allen anderen, denen wir über den Weg liefen, wobei ich stets darauf achtete, niemals mehr als vier Wörter auf einmal zu verwenden. Eigentlich wollte ich ja in Sasukes Gegenwart gar nicht mehr reden, aber auf der anderen Seite wollte ich auch unter keinen Umständen unhöflich sein. Ich griff nach meiner orangenen Jacke, die ich heute Morgen salopp über den Garderobenständer gehängt hatte. Heute Morgen, als ich mich noch auf den Tag und diese Challenge gefreut hatte. Sasuke ließ einfach nicht locker.     „Hast du etwa Angst, dass du unsere kleine Wette verlieren könntest?“     Energisch schüttelte ich den Kopf. Nicht mehr lange und ich wäre sowieso außer Gefahr. Dann konnte er sich seine Provokationen auch sparen. Spätestens wenn ich auf meinem Fahrrad saß, war ich erst mal weg. Und dann war die Frist abgelaufen. Ich schaltete mein Aufnahmegerät aus, das noch immer an meinem Körper befestigt war und legte es bei Ino auf dem Tresen ab. Genau das sollte Sasuke auch tun, denn ich würde heute definitiv nichts mehr sagen. Fast schon erleichtert griff ich nach der Klinke zur Eingangstür.     „Achja, Naruto?“, Sasukes Stimme klang siegessicher, als er mich noch einmal zurückrief.     Obwohl meine innere Stimme mich anschrie es nicht zu tun, drehte ich mich auf der Türschwelle noch einmal um. Seelenruhig griff er nach seiner dunklen Jacke, die ebenfalls über dem Garderobenständer hing – selbstverständlich sehr viel ordentlicher – und fischte seine Autoschlüssel aus der rechten Tasche.     „Das Mittagessen morgen geht übrigens auf dich.“     „Was?!“     Ungläubig weiteten sich meine Augen und ich stürmte wütend auf ihn zu. Allmählich wurde es mir zu bunt. Was bildete der Kerl sich ein? Erst fand er mit einem miesen Trick meinen Satz heraus, dann brachte er mich mit voller Absicht komplett durcheinander und dann behauptete er auch noch kackendreist, dass er schon gewonnen hätte, obwohl ich penibel darauf geachtet hatte, keinen einzigen Satz mehr von mir zu geben.     „Ich hab doch gar nichts gesagt“, protestierte ich ungehalten.     Er schmunzelte wieder nur und drückte dann auf den Knopf seines Aufnahmegeräts.     „Jetzt schon.“     Kapitel 9: -----------    -10-     Meine Laune war bodenloser und tiefer als der dunkelste und schrecklichste Unterwasserseegraben. Eigentlich hätte ich heute einfach im Bett bleiben und mir die Decke über den Kopf ziehen sollen, um mir das alles nicht antun zu müssen. Nachdem ich gestern die Redaktion verlassen hatte, hatte ich mich noch den ganzen Abend lang grün und blau geärgert. Selbst als ich schon im Bett lag, gelang es mir nicht, das wütende Lodern in meiner Brust irgendwie zu beruhigen. Gefühlte Ewigkeiten hatte ich mich hin und her gewälzt und hatte mich von meinem Hass gegen Sasuke und vor allen Dingen auch gegen mich selbst verzehren lassen.     Was für ein glücklicher Zufall, dass der heutige Wettbewerb etwas damit zu tun hatte, wach zu bleiben. Es war wie verhext. Noch hatten wir keine weiteren Infos zu der Sache bekommen, nur dass wir nachmittags wohl nicht wie gewohnt nach Hause gehen durften. Obwohl wir beide nicht besonders begeistert von der Tatsache gewesen waren, hatten wir natürlich zugestimmt, an der heutigen Challenge teilzunehmen. Jeder wollte den Sieg an sich reißen.     Zu allem Überfluss hatte ich gerade live on air zugeben müssen, dass es mir nicht gelungen war, Sasuke meinen Satz zu entlocken. Als Sakura meinen Zettel auseinanderfaltete und ihn für die Hörer laut vorlas, wäre ich am liebsten vor Scham unter den Tisch gekrochen. In dem Moment, als ich ihn mir ausgedacht hatte, war er mir irgendwie ziemlich schlau vorgekommen, aber jetzt hörte es sich an wie der pure Hohn. Insbesondere, da ich bereits mehr wusste als Sakura und die Hörer und deswegen davon ausgehen konnte, dass Sasuke diese Challenge gewonnen hatte.     „So, gerade eben haben wir festgestellt, dass es Naruto leider nicht gelungen ist, Sasuke dazu zu bringen, seinen Satz zu sagen“, erinnerte Sakura die Hörer noch einmal unnötigerweise.     Wenn es nach mir ging, konnten wir die restliche Auflösung einfach ganz schnell überspringen, Sasuke den dummen Punkt geben und anschließend am besten gleich die ganze Sendung beenden. Ich hatte das Gefühl Sasukes siegessicheres Grinsen keine Sekunde länger ertragen zu können. Warum nur fiel es mir so schwer, einfach mal die Klappe zu halten? Dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen, einfach kein einziges Wort mehr in seiner Gegenwart zu sagen. Der Plan war idiotensicher gewesen – zumindest hatte ich das bis gestern Abend gedacht.     „Lasst uns doch jetzt mal schauen, ob Sasuke es hinbekommen hat“, Sakuras Stimme hüpfte beinahe vorfreudig, als sie seinen Zettel auseinander faltete. „Wie Naruto hat auch er die Möglichkeit gehabt eine Tondatei zu hinterlegen, die wir uns gleich anhören werden. Aber zuerst einmal der Satz.“     Sie hielt das Papier dicht ans Mikrofon, damit die Zuhörer das Rascheln beim Auseinanderfalten auch hören konnten.     „Ich habe doch gar nichts gesagt“, las sie dann laut vor.     Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten. Gerade konnte ich mir einigermaßen vorstellen, wie Sasuke sich gefühlt haben musste, als er die erste Challenge gegen mich verloren hatte. Es war nicht gerade ein angenehmes Gefühl, das sich leider nur schwer unterdrücken ließ. Während ich angepisst meine Schuhe fixierte, genoss er bereits die ersten süßen Tropfen seines – meiner Meinung nach – zu Unrecht erworbenen Siegs.     „Der Satz ist geschickt gewählt“, lobte Sakura anerkennend. „Wie bist du drauf gekommen?“     Sasukes Schulter streifte mich leicht am Arm als er sich Sakura ein Stückchen mehr zuwandte.     „Naja, Naruto lässt sich glücklicherweise recht leicht provozieren. Ich hätte verschiedene Sätze wählen können, aber mir hat einfach der Gedanke gefallen, ihn auf diese Weise reinzulegen. Es war keine wirkliche Herausforderung.“     Seine Augen blitzten mich schelmisch an, was die Hörer natürlich nicht sehen konnten. Ich trat unter dem Studiopult mit dem Fuß nach ihm, doch er wich geschickt aus. Dem würde ich schon noch zeigen, was für eine Herausforderung ich sein konnte. Der sollte sich mal nicht zu früh freuen. Bisher hatte er nur eine einzige Challenge gewonnen und es war gerade mal Freitag. Das hieß, es würden noch einige Aufgaben auf uns zu kommen.     „Dann hören wir uns doch den Ton mal an“, schlug Sakura lachend vor und dass er mich mal wieder vor aller Ohren runtergemacht hatte, schien sie dabei kein Stück weit zu stören.     Ich musste mir den Ton gar nicht erst anhören, um zu wissen, dass Sasuke es geschafft hatte. Immerhin hatte ich den verdammten Satz gestern Abend selbst laut ausgesprochen, obwohl ich es eigentlich hätte besser wissen müssen. Mein Misstrauen ihm gegenüber war von der ersten Sekunde an begründet gewesen und doch hatte es mich nicht vor ihm schützen können. Sakura verkündete den neuen Punktestand zwischen uns – eins zu eins, gratulierte Sasuke zu seinem Sieg – etwas, dass sie bei mir nicht getan hatte – und sagte dann noch ein paar Worte zur Challenge. Ich versuchte, sie so gut es ging auszublenden und fixierte stattdessen mürrisch den Fußboden, nur um nicht in Sasukes Gesicht sehen zu müssen.     Es war nicht nur der unverhohlene Triumph, den ich darin lesen würde, der mich davon abhielt. Es waren mindestens genauso sehr die Gedanken, die sich schon seit dem Abend im Club leise und unerkannt bei mir eingenistet hatten und nun seit seiner Aktion im Schnittraum immer mehr an die Oberfläche drängten. Gedanken, die sich absolut nicht mit meiner überzeugten Heterosexualität vertrugen und Gedanken, die am besten so schnell wie möglich wieder ins hinterste Eck meines Bewusstseins verdrängt werden mussten. Das allerdings wurde durch Sasukes permanente Anwesenheit, seine unmittelbare Nähe und seine durchdringenden Blicke unnötig erschwert. Deswegen versuchte ich, ihn möglichst nicht anzusehen.     Ich hatte gar nicht bemerkt, dass inzwischen schon wieder drei Songs gelaufen waren und schreckte leicht zusammen, als Sakura uns bedeutete, dass wir unsere Kopfhörer aufsetzen sollten, da sie den nächsten Moderationsbreak starten wollte. Missmutig folgte ich ihrem Befehl und konnte nicht verhindern, dass ich nun doch wieder etwas nervös wurde. Laut Sendeplan würde sie uns jetzt mitteilen, wie genau die heutige Aufgabe aussehen würde. Dass es etwas mit Wachbleiben zu tun hatte, wusste ich bereits und auch, dass heute nicht unbedingt der perfekte Zeitpunkt dafür war, nachdem ich die halbe Nacht nicht geschlafen hatte. Aber noch bestand die winzig kleine Chance, dass die Challenge doch nach meinem Geschmack sein könnte.     „Einen wunderschönen guten Morgen und herzlich willkommen bei Akatsuki, der Morningshow für ganz Konohagakure“, leitete Sakura souverän ihren Break ein. „Es ist jetzt schon fast eine Woche her, dass wir euch Naruto und Sasuke, unsere Anwärter auf den Moderationsposten vorgestellt haben. Seit Mittwoch müssen die beiden jeden Tag einen kleinen Wettbewerb austragen und weil morgen schon wieder Wochenende ist, haben wir uns heute etwas ganz Besonderes ausgedacht.“     Sie legte eine kunstvolle Pause ein, die jedoch nicht allzu lange sein durfte, da sich Pausen im Radio immer wie eine Ewigkeit anfühlten. Mir kam es trotzdem wie eine vor.     „Ein Morningshowmoderator muss immer fit sein, egal wie früh oder wie spät es ist. Deswegen wird es heute – oder sollte ich besser sagen an diesem Wochenende – die Aufgabe der Jungs sein, so lange wie möglich wach zu bleiben. Sie werden also nach Redaktionsschluss weiterhin hier im Sender bleiben und jeder von ihnen bekommt eine kleine Uhr, die er alle sechzig Minuten um eine Stunde zurückstellen muss.“     Hoffnung zerstört. Die Aufgabe war eine einzige Katastrophe. Ich konnte es mir nicht verkneifen und warf Sasuke nun doch einen kurzen prüfenden Blick von der Seite aus zu. Heute Morgen hatte er wie üblich seine Tasse Kaffee getrunken und dabei recht fit gewirkt. Insgesamt schien er sich gut an den neuen Tagesrhythmus angepasst zu haben, denn im Gegensatz zu mir hatte er morgens keine halbverquollenen Augen und Augenringe. Allerdings war auch Sasuke alles andere als begeistert von dieser Challenge, denn sein Gesicht verzog sich augenblicklich zu einer widerwilligen Grimasse.     „Hat Sasuke da nicht einen Wettbewerbsvorteil?“, warf ich geheimnisvoll ein.     Sakura wirkte etwas überrumpelt, als sie mir antwortete.     „Was für ein Wettbewerbsvorteil? Eigentlich solltet ihr doch beide gleiche Bedingungen haben. Ihr habt beide heute Morgen um sechs Uhr angefangen.“     „Ja schon“, räumte ich ein. „Aber ich muss ihn dann ja auch noch die ganze Zeit über ertragen. Ich finde, das könnte man schon zu erschwerten Bedingungen zählen.“     Unwillkürlich entfloh Sakura ein leises Lachen und ich grinste frech.     „Ich denke, das sehe ich etwas anders“, widersprach Sasuke fast augenblicklich.     „So gesehen ist es dann ja wieder ausgeglichen und es spricht nichts dagegen, den Wettbewerb jetzt zu starten“, schloss Sakura die Unterhaltung ab.     Indem sie einfach den Regler für unser gemeinsames Mikrofon nach unten zog, gab sie keinem von uns mehr die Möglichkeit sich zu dem Thema zu äußern. Der Break dauerte schon viel zu lange und es war an der Zeit, endlich wieder ein paar Songs zu spielen. Die meisten Hörer mochten es nicht gerne, wenn zu lange gequatscht wurde. Schließlich hörten sie Radio primär wegen der Musik. Sakura leitete elegant zum nächsten Song über und nahm dann die Kopfhörer ab, nachdem sie den Song gestartet hatte.     „Eigentlich ist es ja fast schade, dass ich heute Abend nicht dabei sein kann. Das wird bestimmt lustig“, schmunzelte sie und fügte dann mahnend hinzu: „Ihr beiden müsst mir unbedingt versprechen, dass ihr euch nicht gegenseitig die Köpfe einschlagt, wenn ihr nachher alleine seid! Am Ende hab ich nächste Woche gar keinen Moderationspartner mehr.“     Sie kicherte und ließ sich vom Barhocker gleiten. Das machte sie oft in den Pausen zwischen den Moderationen, wenn gerade Musik lief. Drei Stunden lang ununterbrochen auf einem Stuhl zu sitzen, konnte auf Dauer richtig anstrengend werden.     „Ach Sakura, da brauchst du dir keine Sorgen machen“, beruhigte ich sie grinsend. „Wenn Sasuke schön artig ist, wird ihm auch nichts passieren. Und gegen mich kommt er sowieso nicht an!“     Ein Sasuke-typischer Laut kam über seine Lippen. „Tz.“     Als Sakura dann nicht hinsah, raunte er an mich gewandt: „Vielleicht will ich aber gar nicht artig sein.“     Der Unterton in seiner Stimme ließ keinen Zweifel daran, worauf er da anspielte, doch ich überspielte meine aufkeimende Verlegenheit kurzerhand und legte ihm demonstrativ die Hand auf die Schulter.     „Ja ja, das war mir schon klar, dass du mich wieder reinlegen willst“, sagte ich extra laut, damit Sakura es auch mitbekam. „Anders kannst du ja auch gar nicht gewinnen.“     Dass er das nicht gemeint hatte, war uns beiden klar. Ich hatte jedoch beschlossen, ihn in der Hinsicht einfach nicht mehr ernst zu nehmen. Wahrscheinlich hatte er einfach nur gemerkt, wie sehr er mich auf diese Art und Weise aus der Fassung bringen konnte und wollte das nun gegen mich nutzen. Am Ende waren seine Aussagen doch nur leere Drohungen, da war ich mir mittlerweile sicher. Und auch wenn ich scheinbar nicht verhindern konnte, dass mein Körper darauf reagierte, konnte ich mir immer noch sagen, dass es im Endeffekt sowieso nichts zu bedeuten hatte. Alles nur leere Worte.     Wir zankten uns für den Rest der Sendung immer weiter, was Sakura das ein oder andere genervte Seufzen entlockte. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass sie uns insgeheim dann doch einigermaßen unterhaltsam fand, da sie das Gespräch ab und zu sogar noch anstachelte. Natürlich alles nur abseits des Mikrofons, denn immerhin waren wir professionell – oder versuchten uns das zumindest einzureden. Unser Wortgefecht wurde erst unterbrochen, als wir nach der Sendung schließlich zu unterschiedlichen Leuten zitiert wurden.     Während Sasuke mal wieder von Shino etwas über die Studiotechnik lernen sollte, würde ich von Kakashi höchstpersönlich eine Einführung in die Moderation erhalten. Anders als die meisten dachten  – mich bis vor kurzem noch eingeschlossen – redeten Moderatoren nämlich nicht einfach nur drauf los. Die Sendung musste gut geplant sein, jedes einzelne Wort musste sitzen und doch so klingen, als wäre es einem völlig spontan eingefallen. Noch viel schwieriger als eine einfache Moderation war jedoch die Doppelmoderation, da man sich dort gut aufeinander einstellen musste und kaum noch improvisieren konnte. Und eine Doppelmoderation war genau das, was hoffentlich ab Anfang übernächster Woche auf mich zukommen würde.     Kakashi war ein ausgezeichneter Lehrer. Er hatte, wie viele die beim Radio arbeiteten, eine angenehme Stimme und konnte zudem wahnsinnig gut erklären. Alles was er sagte, unterlegte er mit verschiedenen Beispielen, sodass seine Aussagen auch direkt bei mir im Kopf hängen blieben, obwohl er mir ziemlich viel erklärte. Da ich heute sowieso voraussichtlich noch den restlichen Abend in der Redaktion verbringen würde, es sei denn Sasuke würde zuvor zufälligerweise einschlafen, trug er mir auf, zur Übung ein paar Moderationen zu verfassen. Die Themen bezogen sich allesamt auf die Sendung vom nächsten Montag, sodass es gar nicht mal so unwahrscheinlich war, dass Sakura sie am Ende auch verwenden würde.     Zwischendrin mussten wir den kleinen Workshop immer mal wieder unterbrechen, da irgendjemand etwas von Kakashi brauchte oder es mal wieder an der Zeit war, den Wecker eine Stunde zurückzustellen. Die kleinen Uhren standen nebeneinander im Besprechungszimmer, wo vorhin noch die Nachbesprechung der Sendung stattgefunden hatte und klingelten zu jeder vollen Stunde. Ab dann hatten wir zwei Minuten Zeit, die Uhr erneut zu stellen. Wir durften uns ausschließlich dafür im Raum aufhalten, da das laute Geräusch uns andernfalls sofort geweckt hätte, selbst wenn wir eingeschlafen wären.     Bis jetzt war die Aufgabe noch nicht besonders anspruchsvoll, doch das würde spätestens dann kommen, wenn es draußen langsam dunkel wurde. Seit die Probezeit bei Akatsuki begonnen hatte, war ich meistens etwa um neun Uhr ins Bett gegangen. Richtig müde wurde ich wahrscheinlich so um elf. Je länger es dauerte, bis Sasuke endlich eingeschlafen war, desto anstrengender würde es auch für mich werden.     „Hey Naruto“, hörte ich eine laute, schrille Stimme.     Irgendwie kam sie mir bekannt vor, doch ich konnte sie im ersten Moment nicht sofort zuordnen. Erst als ich sah, wie Lee, der Typ aus der Verkaufsabteilung, mir vom Gang aus wie verrückt zuwinkte, wurde ich erhellt.     „Hallo Lee“, rief ich etwas verunsichert zurück.     Was wollte der Kerl von mir?     „Ich hab euch Essen besorgt, Naruto“, verkündete er gut gelaunt und deutete dabei über seine Schulter in Richtung Küche. „Dachte mir, dass ihr ja nicht so einfach mal für eine Stunde verschwinden könnt. Ich hoffe du magst Nudeln?“     Augenblicklich begannen meine Augen zu leuchten und mein Magen ließ zeitgleich wie auf Kommando ein lautes Knurren hören. Über all die Aufregung hatte ich ganz vergessen, dass ich seit heute Morgen noch gar nichts gegessen hatte. Zum Glück bestand die heutige Aufgabe nur darin, so lange wie möglich wach zu bleiben und nicht solange wie möglich nichts mehr zu essen, denn dann hätte ich wohl haushoch verloren. Am liebsten wäre ich sofort aufgesprungen und in die Küche gerannt, um mich dort über das Essen herzumachen. Ich warf Kakashi einen bettelnden Hundewelpenblick zu.     „Geh schon“, forderte er mich grinsend auf. „Ich hab sowieso noch genug anderes zu tun.“     Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Sofort war ich auf den Beinen und folgte Lee nach draußen in die Küche. Sasuke saß bereits an dem kleinen Tisch und hatte seine eigene Portion Nudeln vor sich stehen. Lee hatte also an uns beide gedacht. Irgendwie passte mir das nicht, doch wie sagte man so schön: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Während dem Essen war es seltsam friedlich zwischen Sasuke und mir, was wohl nicht zuletzt daran lag, dass wir kaum zu Wort kamen. Lee schwärmte in einer Tour von dem Wettbewerb und von den tollen Aufgaben, die Shikamaru und Kakashi sich ausgedacht hatten. Man hatte den Eindruck, dass er fast schon motivierter war die ganze Nacht aufzubleiben, als Sasuke und ich. Vielleicht hätte er sich für die Stelle bewerben sollen. Vielleicht hatte er das sogar getan.     Die Zeit verging schneller als gedacht und bald schon verabschiedeten sich die ersten in den wohlverdienten Feierabend. Ich hatte meine Zeit damit verbracht, die Umfrage von gestern fertig zu schneiden, wobei ich nicht verhindern konnte, dass gewisse Gedanken wieder hochkamen, als ich da so alleine im Schnittraum saß. Ich versuchte sie schnell wieder abzuschütteln und konzentrierte mich dann auf meine Arbeit. Schließlich sollte Kakashi am Ende zufrieden sein.     Als ich damit fertig war, war es noch viel leerer geworden. Nur noch vereinzelt waren ein paar Plätze an den Rechnern besetzt und die plötzlich einkehrende Stille erinnerte einen fast schon an die frühen Morgenstunden, wenn hier noch nicht wirklich viel los war. Insgesamt musste ich sagen, dass es mir deutlich besser gefiel, wenn etwas mehr Leben in der Bude war. Wenn alle geschäftig durcheinander wuselten, die Telefone klingelten und die Tasten beim Tippen klackerten. Es erinnerte mich an meinen ersten Besuch hier in der Redaktion, als man mich zum Bewerbungsgespräch eingeladen hatte.     Ich setzte mich an einen der freien Rechner – die Auswahl war nun ziemlich groß – und öffnete den Browser. Womit konnte ich mir als nächstes die Zeit vertreiben? Ich hatte beschlossen, möglichst immer etwas zu tun zu haben, da man viel schneller müde wurde, wenn man einfach nur rumsaß. Vorhin hatte ich mich noch eine Weile mit Lee unterhalten und dann mit Hinata, doch die hatten beide schon lange Feierabend und waren nach Hause gegangen.     Aus purer Langeweile öffnete ich die Webseite des Senders und dann wie durch Zauberhand die Profilseite von Sasuke. Sasuke Uchiha. Da stand es tatsächlich. Mir fiel wieder ein, was Hinata mir über seinen Bruder erzählt hatte und ich beschloss mir den Kerl einmal genauer anzusehen. Es dauerte nicht lange, bis ich Ausschnitte aus der Ninja-Serie gefunden hatte, in der er eine Sprecherrolle übernommen hatte. Wahllos klickte ich mich durch die verschiedenen Sequenzen, bis ich eine gefunden hatte, in der er auch tatsächlich auftauchte. Gespannt hielt ich den Atem an, um ja keine Sekunde zu verpassen, während meine Augen gebannt den Bildschirm fixierten.     „Törichter kleiner Bruder. Wenn du mich töten willst, dann hasse mich, verabscheue mich, und überlebe dein wertloses Leben. Lauf, lauf, und häng an deinem Leben. Und wenn du eines Tages dieselben Augen hast, wie ich, trete vor mich.”     Ich hatte keine Ahnung, worum es in dieser Szene ging. Ehrlich gesagt hatte ich bisher noch keine einzige Folge von dieser Serie angeschaut, aber irgendwie hatte ich trotzdem sofort einen dicken Kloß im Hals. Keine Sekunde zweifelte ich daran, dass Sasukes Bruder diesen Award verdient hatte. Seine Leistung war phänomenal. Ich wusste nichts über den Charakter, den er darstellte und doch spürte ich sofort, wie eine gewisse Angst meinen Körper ergriff. Seine Stimme klang tief, noch tiefer als Sasukes, und die Bedrohlichkeit, die bei jedem seiner Worte mitschwang, war beklemmend, fast schon erstickend.     „Was siehst du dir da an?“     Panisch fuhr ich auf meinem Drehstuhl herum. Ich war so sehr in die Szene vertieft gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, wie Sasuke plötzlich hinter mich getreten war. Seine Augen sprühten vor Zorn und ich versuchte die Seite schnell wegzuklicken. So wütend hatte ich ihn bisher noch nie erlebt.     Kapitel 10: ------------    -11-     Ich hatte das Gefühl, egal was ich sagen würde, es würde in dieser Situation sowieso das Falsche sein. Also tat ich etwas, was ich sonst fast nie tat. Ich schwieg.     „Warum schaust du dir das an?“, fragte Sasuke scharf.     Nervös sah ich mich in der Redaktion um und stellte erschrocken fest, dass wir mittlerweile gänzlich alleine waren. Niemand da, der mich im Notfall retten konnte.     „Weil… ich neugierig war?“     Es war mehr eine Frage als eine Antwort, doch ich wollte mich erst mal vorsichtig an die Sache herantasten, vielleicht würde ich ja doch noch lebend hier raus kommen.     „Neugierig auf was?“     Sasuke kam bedrohlich einen Schritt auf mich zu und ich versuchte mich in meinem Stuhl möglichst klein zu machen. Seine Stimme war mittlerweile nicht mehr als ein bedrohliches Zischen. Nicht so bedrohlich und düster wie die seines Bruders, aber es reichte aus, um mir einen Heidenrespekt einzujagen.     „Vielleicht auf… deinen Bruder?“, gab ich wahrheitsgemäß zu.     Fieberhaft versuchte ich jede kleinste Regung in seinem Gesicht zu analysieren. Auf der einen Seite war Sasuke gerade wirklich irgendwie gruselig, auf der anderen Seite machte es mich irgendwie stutzig, dass er so heftig darauf reagierte. Im Grunde genommen konnte es ihm doch egal sein, wenn ich mich über seine Familie informierte, schließlich standen sie alle mehr oder weniger in der Öffentlichkeit.     „Und, hast du dir ein Urteil gebildet?“     Sasuke hatte mittlerweile wieder seine undurchdringliche Maske aufgesetzt, die kaum eine Emotion durchließ. Nur ein gelegentliches Zucken seines Augenlids verriet, dass er sich nicht zu hundert Prozent unter Kontrolle hatte. Er hatte seine Hände links und rechts auf den Armlehnen meines Stuhls abgestützt und mich somit gewissermaßen eingekesselt. „Er ist ziemlich gut“, sagte ich vorsichtig.     Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es mir nicht zustand, so etwas wie eine Beurteilung abzugeben. Der Kerl hatte den verdammten Konoha Voice Award gewonnen, da war man nicht auf die Meinung eines Naruto Uzumaki angewiesen. Vor allen Dingen aber war man nicht ziemlich gut. Man war verdammt gut.     „So, dann kannst du dich ja ganz hinten in die Schlange seiner vielen Bewunderer einreihen“, zischte Sasuke wütend. „Am besten du machst es jetzt gleich und stehst mir nicht weiter im Weg rum. Ich hab nämlich keine Lust, meine Zeit mit einem Idioten wie dir zu verschwenden.“     Statt verletzt zu reagieren, betrachtete ich ihn interessiert. Sasukes Reaktion kam mir mehr als nur bekannt vor. Er war eindeutig eifersüchtig. Eifersüchtig auf seinen eigenen Bruder. So, wie ich vom ersten Tag an eifersüchtig auf ihn war. Es gab also jemanden, der dem perfekten Sasuke das Wasser reichen konnte. Jemanden, der darüber hinaus so etwas wie eine unüberwindbare Mauer für ihn darzustellen schien, die ihren langen Schatten auf ihn warf. Jemand, der ihm immer wieder vor Augen führte, was er alles noch lernen musste. Das kam mir mehr als nur bekannt vor. Komischerweise fühlte ich mich nun deutlich entspannter.     „Du magst deinen Bruder nicht besonders, hm?“, fragte ich ihn ruhig.     „Das geht dich einen Scheißdreck an“, grollte er.     Trotzdem schien es, als hätte ich ihm ein wenig den Wind aus den Segeln genommen, denn er ließ den Stuhl los und trat ein paar Schritte zurück. Die Härte aus seinem Gesicht war verschwunden und ich glaubte nun fast so etwas wie Bedauern darin zu erkennen. Seltsamerweise war er mir in diesem Augenblick, kurz nach seinem Wutausbruch, sympathischer als jemals zuvor.     „Nächstes Jahr sind wir dran“, irgendwie hatte ich das Gefühl ihn trösten zu müssen. „Dann machen wir es unter uns aus, wer den Konoha Voice Award gewinnt. Muss ein wahnsinnig geiles Gefühl sein!“     Meine Augen nahmen einen schwärmerischen Ausdruck an und ich sah wie die Anspannung allmählich wieder von Sasuke abfiel. In Anbetracht dessen, dass ich davon ausging für den Award nominiert zu werden, konnte er nur ungläubig den Kopf schütteln. Mir war es egal. Hauptsache, er hörte endlich damit auf, wegen seinem Bruder diese düstere Stimmung zu verbreiten. Das war doch nicht mehr normal.     „Idiot“, murmelte er schließlich und bewegte sich in Richtung Tür. „Ich bestell jetzt `ne Pizza – und die geht übrigens auf dich. Lee hat das Mittagessen bezahlt.“     Genervt verzog ich das Gesicht. Stimmt, da war ja noch was.     „Bestell mir auch gleich eine mit“, bat ich ihn und als er schon fast die Redaktion verlassen hatte, rief ich ihm noch hinterher: „Salami!“     Er hob kurz die Hand zum Zeichen, dass er verstanden hatte und ging dann nach draußen. Das Klingeln an der Tür wenige Minuten später lockte mich schließlich auch aus der Redaktion und Sasuke, der wohl gerade nach mir rufen wollte, bedeutete mir ein wenig schneller zu machen.     „Er zahlt“, erklärte er knapp.     Der Pizzabote nannte mir den Betrag und ich plünderte schweren Herzens meinen sowieso schon geschundenen Geldbeutel. Da ich momentan nicht arbeitete, lebte ich von meinen letzten Reserven, die ich mir während meiner diversen kurzen Nebenjobs mühsam angespart hatte. Die Aufwandsentschädigung, die wir für unsere Zeit beim Sender erhielten war ein schlechter Witz und reichte noch nicht einmal für ein Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel.      Wie vorhin schon aßen Sasuke und ich die meiste Zeit über schweigend. Das lag jedoch nicht daran, dass ich nicht reden wollte, sondern daran, dass er jedes Gespräch früher oder später wieder abblockte oder durch seine knappen Antworten im Sand verlaufen ließ. Wir hatten das einzige Fenster in der Küche leicht gekippt, sodass nach und nach immer mehr kühle Nachtluft in den Raum drang. Draußen ging mittlerweile schon die Sonne unter und ich hatte große Lust mich raus aufs Parkdeck zu stellen um sie dabei zu beobachten. Doch im Gegensatz zu mir kannte Sasuke den Code und konnte die Gelegenheit nutzen, um mich einfach auszusperren.     Also blieb ich schweigend auf meinem Hocker sitzen und starrte die Uhr an der Wand gegenüber an. Der Sekundenzeiger bewegte sich schleichend über die einzelnen Zahlen und hatte dabei eine seltsam hypnotisierende Wirkung. Ich musste gähnen. Verdammt, dabei war es gerade mal halb zwölf. Ich spürte Sasukes Blick auf mir, der es natürlich auch bemerkt hatte und mich nun aufmerksam musterte. Wahrscheinlich spekulierte er darauf, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde.     „Du bist ein Soziopath“, warf ich ihm kurzerhand vor.     Er zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.     „Was bitte?“     „Menschen, die nicht mitgähnen, sind meistens Soziopathen“, klärte ich ihn gnädig auf.     Das stimmte tatsächlich, ich hatte es mal irgendwo gelesen. Je länger ich darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher kam mir meine Schlussfolgerung auch vor. Sasuke war schon irgendwie seltsam manchmal.     „Schon mal daran gedacht, dass ich einfach nur nicht müde bin?“, warf er ein.     Der Punkt ging wiederum an ihn.     „Warum machst du dir dann einen Kaffee?“, hakte ich nun nach.     Sasuke drückte auf einen Knopf an der Maschine und es begann laut zu Rumpeln. Dass er sich jetzt schon mit Koffein wach halten musste, konnte man durchaus als erstes Anzeichen seiner Schwäche interpretieren.     „Weil ich Lust drauf habe“, erklärte er jedoch knapp.     Natürlich kaufte ich ihm das keinesfalls ab, doch ich musste zugeben, dass die Taktik gar nicht mal so blöd war. Je länger wir hier einfach nur rumgesessen und die Wände angestarrt hatten, desto mehr hatte ich gemerkt, wie die bleierne Müdigkeit langsam Besitz von mir ergriff. Immer mal wieder hatte ich mit meinem Handy rumgespielt, Zeitung gelesen oder in sozialen Netzwerken gesurft. Trotzdem hatte ich nicht verhindern können, dass meine Augen langsam schwer wurden. Immerhin war ich bereits seit knapp zwanzig Stunden auf den Beinen. Ein bisschen Koffein könnte jetzt echt Wunder wirken. Nur blöd, dass ich immer noch keine Ahnung hatte, wie die Maschine funktionierte.     „Machst du mir auch einen?“, bat ich Sasuke vorsichtig.     Vielleicht hatte er ja Mitleid mit mir.     „Nein“, sagte er jedoch knapp.     Zur Strafe durchbohrte ich ihn mit finsteren Blicken, doch es schien ihn nicht sonderlich zu stören. Mit seiner Tasse in der Hand, setzte er sich zurück auf seinen Platz und warf dann einen prüfenden Blick auf die Uhr. Genau wie ich, war er jetzt schon seit achtzehn Stunden im Sender. Eigentlich müsste das einen dicken Überstunden- und Wochenendaufschlag geben.     „Du bist doch ein Soziopath“, stellte ich grummelnd fest.     Keinerlei Einfühlungsvermögen und dann setzte er sich mit seinem Kaffee auch noch so demonstrativ auf den Platz mir gegenüber. Ich wusste wirklich nicht, wie ich es womöglich noch die ganze Nacht so aushalten sollte. Konnte man sich Kaffee liefern lassen? Um diese Uhrzeit?     „Wo gehst du hin?“     Sasuke hatte seine Tasse in die Spüle gestellt und war drauf und dran die Küche zu verlassen.     „In fünf Minuten klingelt der Wecker und danach geh ich aufs Klo, wenn‘s genehm ist“, informierte er mich.     Den Wecker hatte ich schon fast wieder vergessen und dabei war das doch der einzige Grund, warum ich hier immer noch saß. Schnell folgte ich ihm in die Redaktion, wo wir darauf warteten, dass das schrille Klingeln ertönte, sodass wir den Besprechungsraum betreten und die Zeit zurückdrehen konnten. Danach verschwand Sasuke wie angekündigt auf dem Männerklo und ich blieb etwas unschlüssig im Eingangsbereich stehen. Mit der Zeit packten mich immer mehr Zweifel.     Ich war zwar ehrgeizig und hatte ein enormes Durchhaltevermögen, doch ich wusste auch, wo meine Grenzen lagen. Müdigkeit war eine davon. Da ich fast immer und überall einschlafen konnte, fiel es mir besonders schwer, genau das nicht zu tun. Sasuke hingegen wirkte keinesfalls so, als könnte er mal eben schnell wegpennen. Noch dazu war er gewissermaßen schuld daran, dass ich mich gerade so unausgeruht fühlte. Hätte er sich nicht so seltsam verhalten, hätte ich nicht die halbe Nacht wach liegen und mir darüber Gedanken machen müssen. Im Grunde genommen hatte er es einfach nicht verdient diesen Wettbewerb zu gewinnen.     Normalerweise war ich ein fairer Verlierer, auch wenn es mir schwer fiel, die Niederlage würdevoll hinzunehmen. Insbesondere, wenn es eine Niederlage gegen Sasuke war. Doch seit wir unsere kleine Wette gestartet hatten, stand einfach mehr auf dem Spiel. Im Moment stand es noch unentschieden zwischen uns, aber wenn er erstmal einen Vorsprung aufgebaut hatte, würde es schwer sein, ihn wieder einzuholen.     Ich hörte, wie Sasuke die Klospülung betätigte. Wenn ich etwas unternehmen wollte, musste ich jetzt schnell sein. Ohne mir noch großartige Gedanken darüber zu machen, ob es richtig oder falsch war, was ich hier tat, rannte ich in die Küche und griff mir den erstbesten Barhocker. Mit dem Ding unter dem Arm kam ich dann zurück in den Empfangsbereich, spurtete am Tresen vor Inos Schreibtisch vorbei und kam dann mit klopfendem Herzen vor der Tür zum Männerklo stehen.     Sasuke hatte es verdient. Er hatte es verdient und außerdem würde es so vieles einfacher machen. Ich musste nur noch eine knappe Stunde warten, bis die Wecker wieder klingelten, meinen ausschalten und dann konnte ich nachhause und in mein schönes warmes Bett. Vorausgesetzt Sasuke riss mir vorher nicht den Kopf ab. Denn dass ich ihn vorher würde rauslassen müssen, verstand sich von selbst. So fies war selbst ich nicht.     Ich setzte mich wieder in die Küche und wartete. Es dauerte nicht lange, da hatte Sasuke schon bemerkt, dass ich ihn eingesperrt hatte. Seine wütenden Schreie drangen selbst durch die Tür bis in die Küche und ich bemühte mich, sie so gut es ging zu ignorieren. Irgendwann verstummte er dann schließlich. Hatte er aufgeben oder hatte er gar eine Möglichkeit gefunden aus seinem Gefängnis zu entkommen? Nervös schlich ich mich nach draußen auf dem Gang und lauschte in die Stille. Nichts.     „Sasuke?“, fragte ich vorsichtig.     Es kam keine Antwort. Ich ging noch dichter an die Tür und passte dabei höllisch auf, nicht ausversehen den Barhocker zur Seite zu stoßen.     „Sasuke?“, wiederholte ich.     Wieder nichts. Ich presste mein Ohr an die Tür und da glaubte ich plötzlich etwas gehört zu haben. Es klang fast wie ein schmerzerfülltes Stöhnen, doch es war so kurz und leise, dass ich es mir vielleicht auch nur eingebildet hatte. Um nichts zu verpassen, hielt ich kurzerhand die Luft an. War da drin alles in Ordnung?     „Sasuke geht’s dir gut?“     Ich merkte selbst, dass meine Stimme völlig verunsichert klang. Ihn hier einzusperren war eine absolut dumme Idee gewesen. Immerhin wusste ich kaum etwas über ihn – vielleicht litt er unter Klaustrophobie oder war früher in seinem Leben mal entführt worden und hatte seitdem Panikattacken in abgeschlossenen Räumen. Die Kinder von reichen Promis waren doch schon immer ein gutes Entführungsziel. Unschlüssig kaute ich auf meiner Unterlippe.     Auf der einen Seite hatte ich Angst, dass er mir eins überbraten würde, wenn ich jetzt die Tür aufmachte, auf der anderen Seite fürchtete ich, dass tatsächlich etwas nicht in Ordnung war. Wenn ich wartete, bis die eine Stunde vorbei war, konnte es bereits zu spät sein und ich hatte womöglich größeren Schaden angerichtet, als ich es mir vorstellen konnte. Wie konnte ich auch nur auf so eine dumme Idee kommen? Ein dumpfes Geräusch aus dem Inneren der Toilette nahm mir meine Entscheidung schließlich ab.     Zuerst sah ich Sasuke gar nicht. Irgendwie hatte ich erwartet, dass er in dem kleinen Vorraum stehen und mich anspringen würde, sobald ich die Tür aufmachte. Doch der Vorraum war leer und einzig und allein mein Spiegelbild sah mich aus schuldbewussten und verschreckten Augen an. Mein zweiter Blick galt den beiden Kabinen. Die Tür der rechten stand sperrangelweit auf und als ich schließlich Sasuke erblickte, der scheinbar auf dem Boden zusammengesunken war, setzte mein Herzschlag für einen Moment lang aus. Was hatte ich getan?     Ohne weiter darüber nachzudenken, rannte ich schnell auf ihn zu und kniete mich neben ihn auf den Boden. Dass es eine Falle sein könnte, daran dachte ich keine Sekunde lang. Nur ein Soziopath würde jemandem so einen riesen Schrecken einfach nur zum Spaß einjagen.     Doch ich hatte vergessen, dass Sasuke ja ein Soziopath war. In dem Moment, in dem ich ebenfalls in der Kabine war, richtete er sich plötzlich blitzschnell auf und kickte dann mit einem Fuß die Tür ins Schloss. Bevor ich realisieren konnte, was mit mir geschah, hatte er mich am Kragen gepackt und gegen die Zwischenwand der beiden Kabinen gedrückt. Sein Unterarm drückte dabei fest gegen meinen Hals.     „Das wirst du sowas von bereuen, Naruto“, raunte er bedrohlich.     Sein Griff war erstaunlich fest und obwohl er insgesamt eher eine schmale Statur hatte, spürte ich, dass deutlich Kraft dahinter steckte.     „Sasuke“, keuchte ich atemlos. „Ich krieg keine Luft mehr.“     Er lockerte seinen Griff nur ein wenig und funkelte mich dann böse an. Zum Zeichen meiner Kapitulation und in der Hoffnung, dass er mich dann vielleicht endlich loslassen würde, hielt ich meine beiden Hände in die Luft.     „Es tut mir Leid, das war `ne scheiß Idee“, gab ich kleinlaut zu. Dann fiel mein Blick auf seine linke Hand. „Was hast du da?“     Er hielt mir das seltsame weiße Plastikteil unter die Nase, damit ich es besser erkennen konnte. Ich keuchte erschrocken, als ich begriff, was er getan hatte.     „Der Türgriff?“     „Jetzt kannst du deine eigene Medizin schlucken“, stellte Sasuke lediglich fest und ließ dann tatsächlich von mir ab.     Mein Blick wanderte sofort zur Tür der Kabine. Tatsächlich. An der Stelle wo der Griff hätte sein müssen, befand sich nur ein Loch.     „Aber… aber… ich hätte dich doch sowieso in einer Stunde rausgelassen“, begann ich verzweifelt. Das konnte doch wirklich nicht sein Ernst sein. „Wer soll uns denn um die Uhrzeit hier noch finden? Die kommen doch frühestens morgen. Und es ist Wochenende! Vielleicht kommt auch gar niemand.“     „Das hättest du dir früher überlegen müssen.“     Sasuke ließ sich entspannt an der Wand neben der Toilette herunter und machte es sich auf dem Boden bequem, ein Bein leicht angewinkelt, das andere ausgestreckt. Ich sah ihn immer noch fassungslos an.     „Los, setz dich hin“, forderte er mich auf. „Das wird noch eine Weile dauern.“   Kapitel 11: ------------ -12-     Innerlich verfluchte ich mich bereits dafür, dass ich mir um den Bastard solche Sorgen gemacht hatte. Hätte ich gewusst, was er plante, hätte ich ihn wahrscheinlich für die nächsten drei Tage hier drin gelassen. So aber hatte er uns beide in die Scheiße geritten und er würde mir sicherlich nicht dabei helfen, einen Fluchtweg zu finden. Meine Augen wanderten nach oben, doch ich musste frustriert feststellen, dass die Kabinenwände nur wenige Zentimeter unterhalb der Decke abschlossen. Man konnte also nicht einfach von der Toilette aus über die Kabinenwand klettern.     Am unteren Ende der Wand sah es schon ein wenig besser aus. Der Spalt zwischen Boden und Tür war deutlich breiter, wenn auch immer noch nicht besonders ausladend. Ich kniete mich hin, um das besser abschätzen zu können und versuchte probeweiser meinen Kopf nach draußen zu stecken. Doch es wollte mir nicht einmal gelingen, wenn ich ihn leicht zur Seite drehte. Der Spalt war einfach viel zu schmal.     „Nette Aussicht“, kommentierte Sasuke.     Erst jetzt merkte ich, dass ich die ganze Zeit über meinen Hintern in die Luft gestreckt hatte und zog mich schnell zurück. Seine dummen Sprüche konnte er sich nun wirklich sparen. Ich wusste, dass ich nicht ganz unschuldig an unserer jetzigen Situation war, doch im Endeffekt hatte er ganz eindeutig übertrieben mit seiner Rache. Mit vor der Brust verschränkten Armen ließ ich mich an der Wand ihm gegenüber auf den Boden sinken. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er meine Verzweiflung gerade genoss und es ihm Spaß machte, mich hier so sitzen zu sehen.     „Bastard“, knurrte ich.     Er lachte.     „Ich weiß gar nicht, was du hast. Auf die Weise müssen wir uns zumindest keine Gedanken mehr machen, wer den dummen Wettbewerb gewinnt und können endlich schlafen.“     Sasuke hatte Recht. Wenn wir hier nicht irgendwie wieder rauskamen, was ich im Moment stark bezweifelte, würde es keiner von uns rechtzeitig schaffen, den Wecker wieder zurückzustellen. Das Scheißteil würde so lange klingeln, bis die Zeit vorbei war und dann hätte keiner von uns beiden gewonnen.     „Ich hätte ganz sicher gewonnen“, schimpfte ich selbstsicher.     „Hättest du das?“, fragte er nur und schloss dann entspannt die Augen.     Für ihn schien das hier tatsächlich nichts weiter als ein Spiel zu sein. Mir eins auszuwischen war es ihm sogar wert, die ganze Nacht über in einer dummen Toilettenkabine festzusitzen. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken daran. Wenn ich schon so lange hier drin bleiben musste, dann konnte ich mir dafür definitiv bessere Gesellschaft vorstellen. Sasuke und ich für längere Zeit auf engstem Raum – das war noch nie gut gegangen. Entweder wir provozierten uns so lange gegenseitig, bis wir uns an die Gurgel gingen oder… Schnell versuchte ich wieder an etwas anderes zu denken. Das hier war jetzt wirklich nicht der richtige Ort für sowas.     Eine ganze Weile lang saßen wir schweigend so da und für einen kurzen Moment dachte ich sogar, dass Sasuke eingeschlafen war. Da ich mein Handy vorhin in der Küche gelassen hatte  und sich hier auch keine Uhr befand, hatte ich vollkommen das Zeitgefühl verloren. Um ein Uhr würden die Wecker erneut klingeln und dann war das Spiel vorbei. Spätestens um zwei Uhr hatte ich eigentlich Zuhause in meinem Bett sein wollen. Um acht Uhr würde hier morgen frühestens jemand auftauchen. Zu einer früheren Uhrzeit waren immer nur die Leute von Akatsuki da und das lief nicht am Wochenende. Das waren noch mindestens sieben Stunden.     Ich versuchte auch ein bisschen zu schlafen, doch der Boden war furchtbar unbequem und dazu machte sich allmählich auch ein anderes Problem bemerkbar. Zuerst versuchte ich es zu ignorieren, doch irgendwann konnte ich einfach nicht mehr anders.     „Sasuke, ich muss mal“, sagte ich leise.     Es war mir unangenehm, das vor ihm zuzugeben, doch länger hielt ich es wirklich nicht mehr aus. Sasuke öffnete ganz langsam die Augen und sah mich dann süffisant grinsend an.     „Das hier ist eine Toilette, tu dir keinen Zwang an.“     Ich sah ihn böse an.     „Ja, aber kannst du dich nicht wenigstens umdrehen oder sowas?“, bat ich ihn ungeduldig.     Ich war bereits aufgestanden und hüpfte von einem Bein aufs andere. Für Spielchen hatte ich jetzt wirklich keine Zeit. Meine Blase würde gleich platzen, so lange hatte ich es aufgeschoben, in der Hoffnung es doch noch irgendwie umgehen zu können. Sasuke jedoch schien es einmal mehr zu genießen, wie ich mich wand.     „Ich hab doch sowieso die Augen zu“, meinte er gelangweilt.     Ich wollte protestieren, doch ich hatte nicht mehr die Kraft dazu und nachdem ich einen letzten prüfenden Blick über die Schulter geworfen hatte, um mich zu vergewissern, dass Sasuke wirklich seine Augen geschlossen hatte, öffnete ich den Reißverschluss meiner Hose. Die Sekunden verstrichen, ohne dass das erlösende Plätschern ertönte.     „Wird das heute noch was?“, fragte Sasuke spöttisch.     „Sei still, ich kann nicht pinkeln, wenn noch jemand mit im Raum ist“, fauchte ich ihn an.     Er genoss es. Oh ja, und wie er es genoss. Er hatte gesagt, dass ich es bereuen würde, ihn hier eingesperrt zu haben und das tat ich jetzt schon.     „Du musst dich entspannen“, riet er mir in einem ernsten Tonfall.     Wäre ich nicht gerade anderweitig beschäftigt, hätte ich ihn am liebsten gepackt und einmal kräftig durchgeschüttelt.     „Ich kann mich schlecht entspannen, wenn du die ganze Zeit redest“, schimpfte ich stattdessen.     Hinter mir nahm ich plötzlich eine Bewegung war. Sasuke hatte sich in einer eleganten Bewegung vom Boden aufgerichtet und war an mich heran getreten. Schnell schob ich meine Hose wieder nach oben und wollte mich gerade empört umdrehen, um ihm die Meinung zu geigen, als ich wieder seinen Atem in meinem Nacken spürte.     „Soll ich dir helfen dich zu entspannen, Naruto?“, raunte er.     Da war sie wieder .Diese Stimme. Warm, samtig, verrucht. Augenblicklich schrillten in meinem Kopf alle Alarmglöckchen und ich wappnete mich innerlich gegen seinen Angriff. Glücklicherweise war ich noch immer wütend auf ihn, sodass seine Wirkung auf mich nur eingeschränkt war.     „Hau ab“, drohte ich. „Sonst…“     „Sonst was?“, ich konnte das Grinsen hören, das auf seinen Lippen lag.     Ich spürte, dass er einen Schritt näher an mich herantrat und seine Hände auf meinen Hüften ablegte. Am liebsten hätte ich mich auf der Stelle umgedreht, doch dann hätte er bemerkt, dass meine Wangen schon wieder rot glühten. Also zwang ich mich einfach ruhig stehen zu bleiben.     „Hau einfach ab“, wiederholte ich noch einmal mit Nachdruck.     „Kann ich nicht, die Tür ist zu“, erinnerte er mich.     Seine Finger wanderten langsam am Saum meines T-Shirts entlang, berührten die nackte Haut darunter. Jede Stelle, die er berührte kribbelte und eine Gänsehaut zog sich meine gesamte Seite nach oben. Ich wusste nicht ob es daran lag, dass seine Hände ziemlich kalt waren oder daran, dass mich seine Berührungen eben nicht kalt ließen. Schnell griff ich nach seinen Händen, um ihn davon abzuhalten, dass er weitermachte.     „Entspann dich, Naruto“, hauchte er in mein Ohr.     Er stand mittlerweile so nah hinter mir, dass ich deutlich das Heben und Senken seines Oberkörpers an meinem Rücken spüren konnte. Sein Atem ging leicht beschleunigt und ich stellte fest, dass es bei mir nicht anders war.     „Ich tue nichts, was du nicht willst“, versprach Sasuke. „Sag einfach stopp, wenn ich aufhören soll.“     Ohne viel Mühe befreite er seine Hände wieder aus meinem Griff. Ich wusste nicht, warum ich es zuließ, warum mein Mund mit einem Mal so trocken wurde und warum kein Wort über meine Lippen kam, als er schließlich damit begann nur mit den Fingerkuppen sanft über meinen Bauch zu streicheln. Er fuhr die einzelnen Muskeln nach, widmete sich ausgiebig meinen Seiten, fuhr die kleine Spur aus Haaren nach, die etwas weiter unten in meinem Hosenbund verschwand.     Ich hatte die Hose vorhin mehr schlecht als recht nach oben gezogen und der Reißverschluss stand noch immer offen. Mein Herz pochte viel zu schnell, als mir klar wurde, dass er das als Einladung auffassen könnte. Trotzdem traute ich mich nicht, etwas dagegen zu unternehmen. Stattdessen stand ich einfach da und wartete, was er als nächstes tun würde. Unfähig auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Mit ein bisschen mehr Druck fuhr er über meine Brustwarzen, zwickte hinein, sodass ich mir fest auf die Lippe bis.     Eine Hand ließ er weiter über meine Seite gleiten, die andere wanderte langsam immer weiter nach unten. Aus weit aufgerissenen Augen beobachtete ich sein Tun. Ich musste ihn aufhalten. Ich musste ihn aufhalten, so wie ich es damals im Club getan hatte. Diesmal war ich mir sicher, dass er nicht zögern würde. Das verrieten mir seine zielgerichteten Bewegungen und sein heißer Atem an meinem Ohr. Ich musste ihm sagen, dass er aufhören sollte. Doch ich tat es nicht.     Stattdessen seufzte ich fast schon enttäuscht, als seine Hand an meiner Mitte vorbeiwanderte und stattdessen mit kräftigem Druck meinen Oberschenkel entlang strich. Es fühlte sich so an, als würde er austesten wollen, wie weit er gehen konnte, ohne dass ich ihn von mir stieß. Im Grunde genommen war er bereits jetzt zu weit gegangen. Viel zu weit. Doch seine Bewegungen schürten mich immer weiter an, vernebelten meinen Verstand und packten mich in dicke Watte, die alles andere einfach abschirmte.     Wieder glitten seine Finger mein Bein entlang, doch diesmal schoben sie sich vorwitzig unter den Bund meiner Hose. Erschrocken keuchte ich auf, als er mit seiner Hand über den Boxershorts über mein halberigiertes Glied strich. Ich wusste, dass es falsch war, ich war nicht schwul und doch fühlte es sich einfach zu gut an. Kurzerhand schloss ich die Augen. Wenn ich Sasuke nicht sehen konnte, war es im Prinzip nichts anderes als irgendeine Hand. Es stellte sich jedoch als ein Fehler heraus, denn nun da ich die Augen geschlossen hatte, konnte ich seinen Geruch noch viel deutlicher wahrnehmen.     Es war ein eindeutig männlicher Geruch. Herb. Nicht zu intensiv. Aber doch deutlich wahrnehmbar. Und das schlimmste war, dass auch sein Geruch mich anmachte. Hätte es einen Moment gegeben, in dem ich das alles noch abbrechen hätte können, dann war er das gewesen. Mit seinem Handballen vollführte Sasuke kreisende Bewegungen auf meiner pochenden Mitte, die bereits schmerzhaft gegen die Hose drückte. Ungeduldig versuchte ich mich aus der Jeans zu befreien und Sasuke half mir nur zu gern dabei. Die Hose rutschte mir in die Kniekehlen und nun hatte ich erst Recht das Gefühl, einen Fehler zu begehen. Mein Herz pochte mir bis zum Hals, als Sasuke mich bestimmend an der Hüfte packte und so umdrehte, dass ich mit dem Gesicht zur gefliesten Wand stand. Die Hose am Boden machte dabei ein schleifendes Geräusch und mein Gürtel klirrte leise.     „Du musst nur stopp sagen“, erinnerte mich Sasuke ein weiteres Mal.     Indem er es nochmal wiederholte, führte er mir vor Augen, dass ich das hier genauso wollte wie er, dass es nicht nur von ihm ausging. Ich fühlte mich in einer inneren Zwickmühle und war doch nicht dazu in der Lage eine Entscheidung zu treffen, da mir die bereits von meinem Körper abgenommen worden war. Die Gedanken und Fantasien, die mich die letzten Nächte gequält hatten, waren nichts im Vergleich zur Realität. Lange schlanke Finger glitten unter den Bund meiner Boxershorts und reizten die empfindliche Haut. Ich stütze mich mit beiden Händen an der kalten Wand ab und spürte wie sich Sasukes Körper von hinten dich an mich presste. An meinem Hintern konnte ich deutlich seine Erregung spüren. Ich stöhnte ungehalten. Das war zu viel.     Sasuke griff mit einer Hand in meine Haare und zwang mich somit den Hals zu überstrecken, was mir ein erneutes Keuchen entlockte. Mein Kopf lag nun auf seiner Schulter, wobei er ihn noch immer mit seinem Griff fixierte. Ich spürte seine Lippen an meiner entblößten Haut, während seine andere Hand mir die Boxershorts abstreifte. Er saugte, knabberte und biss in meinen Hals. Leckte dann wieder entschuldigend darüber. Die Geräusche die meine Kehle verließen wurden immer dunkler und animalischer. Das war so verdammt heiß. Ich hatte das Gefühl zu verglühen.     Ich wollte irgendetwas dagegen tun, ihn ebenfalls anfassen, doch er drückte mich sofort zurück in Position und gab mir zu verstehen, dass ich mich nicht rühren sollte. Abgesehen von dem kleinen Wörtchen Stopp hatte ich keinerlei Kontrolle. Ich fühlte mich irgendwie hilflos und gleichzeitig machte es mich unglaublich geil. Wieder stöhnte ich, als er mit dem Daumen über meine Eichel rieb und dann meinen ganzen Schaft mit seiner Hand umschloss und begann sie auf und ab zu bewegen.     Sein Rhythmus war unregelmäßig. Immer wenn ich glaubte, mich darauf eingestellt zu haben, änderte er wieder seine Geschwindigkeit oder den Winkel. Noch dazu ließ er keinerlei Bewegung meinerseits zu, hatte sich noch immer an meinem Hals verbissen. Hoffentlich würde er keine Knutschflecken hinterlassen, die ich dann morgen zu erklären hatte. Ich spürte wie meine Beine langsam zittrig wurden. Schweiß bildete sich auf meiner Haut und am liebsten hätte ich mir auch noch das T-Shirt vom Körper gerissen.     Sasuke bemerkte, dass ich ein wenig wacklig auf den Beinen war und stütze mich von hinten mit seinem Körper, indem er sich noch enger an mich presste. Als er mir eine kurze Pause gönnte, atmete ich tief seinen betörenden Geruch ein, versuchte mich wieder einigermaßen zu fangen. Was taten wir hier eigentlich? Die Gedanken waren sofort wie weggeblasen, als er sich schließlich spielerisch meinen Hoden widmete. Ich seufzte leise. Es fühlte sich unglaublich gut an, doch langsam wurde ich ungeduldig.     Mein Penis pochte bereits schmerzhaft und sehnte sich nach Erlösung. Sasukes kleine Spielchen waren zwar erregend, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich noch lange durchhalten würde, wenn er so weitermachte. Immer wieder zog er meine Vorhaut zurück, fuhr die kleinen Äderchen nach und übte dabei mal mehr und mal weniger Druck aus. Wenn ich mich ihm entgegendrängte, hielt er wie zur Strafe einen Moment lang inne, bevor er dann wieder umso intensiver meinen Penis pumpte. Dabei war es, als hätte er sowas wie einen Radar. Jedes Mal wenn ich kurz davor war zu kommen, bremste er sich wieder ein bisschen, streichelte mich sanft und leckte provozierend über mein Ohrläppchen.     „Sasuke“, brachte ich unter leicht geöffneten Lippen mühsam hervor.     Sein Zeigefinger wanderte einmal meine komplette Länge entlang und kratze dann sanft in kreisenden Bewegungen über meine Hoden. Es machte mich wahnsinnig.     „Ja?“, fragte er unschuldig.     Seine Finger schlossen sich wieder um meinen Schaft und er begann meinen Penis zu pumpen. Quälend langsam.     „Lass mich… endlich kommen“, flehte ich keuchend.     Mein Atem ging nur noch stoßweise. Die Frequenz meines Herzschlags befand sich schon lange außerhalb von allem, was man noch als normal hätte bezeichnen können. Die kühlen Fliesen an der Wand vermochten es nicht mehr, meine glühende Haut irgendwie abzukühlen. Seine Bewegungen wurden schneller und ich drängte mich ihm ungeduldig entgegen, versuchte mich ihm entgegen zu stoßen, doch seine andere Hand war fest um meine Mitte geschlungen und hielt mich in einem schraubstockartigen Griff. Das sorgte zwar zum einen dafür, dass ich noch einigermaßen auf meinen Beinen stehen konnte, andererseits verhinderte es jedoch auch, dass ich Einfluss auf seine Geschwindigkeit nehmen konnte.     „Wie heißt das Zauberwort?“, hauchte er süffisant in mein Ohr.     Er wollte dass ich bettelte. Doch den Gefallen würde ich ihm auf keinen Fall tun und wenn es alle Entschlossenheit kostete, die ich im Moment noch irgendwie aufbringen konnte – was zugegebenermaßen nicht besonders viel war. Fest presste ich meine Lippen aufeinander, konnte jedoch nicht verhindern, dass mir immer wieder ein unterdrücktes Stöhnen entwich. Sasuke erhöhte den Druck seiner Hand, sein Tempo. Es brachte mich um den Verstand. Hitzewellen rauschten durch meinen Körper. Ich spürte, dass es bald soweit sein würde.     Wieder versuchte ich, mich ihm entgegen zu bewegen, doch er unterband den Versuch sofort und packte mich nur noch fester. Meine Beine fühlten sich weich an wie Wackelpudding und ich hatte das Gefühl, dass ich mich ohne seine Hilfe schon längst nicht mehr hätte halten können. Das Gefühl, dass er mit seinen Berührungen in mir auslöste war einfach zu intensiv. Es war ein schönes Gefühl und doch glaubte ich, es keine Sekunde länger aushalten zu können. Ich sehnte mich nach Erlösung.     Ein kehliges Stöhnen drang tief aus meinem Inneren, als ich spürte, wie sich die Welle des Orgasmus langsam in mir anstaute. Ich wollte endlich kommen, doch wieder einmal, ließ Sasuke es nicht zu. Kurz bevor es soweit war, verlangsamte er abrupt seine Bewegungen und ich stieß zischend Luft aus. Es machte ihm offensichtlich Spaß, mich so zu quälen.     „Wie heißt das Zauberwort?“, wiederholte er im Plauderton.     Ganz langsam strichen seine Finger über meine Eichel und verteilten dort die ersten Lusttropfen. Mein Penis zuckte ungeduldig. Ich wimmerte. Das wars. Ich konnte einfach nicht mehr.     „Bitte.“     Es war ein Hauchen. So leise, dass er es vermutlich gar nicht gehört hätte, hätte er nicht genau darauf gewartet. Obwohl ich es nicht sehen konnte, wusste ich, dass mal wieder ein triumphierendes Grinsen seine schön geschwungenen Lippen zierte. Doch in dem Moment, wo er seine Bewegungen wieder aufnahm, war es mir egal. Alles was zählte, war der Gedanke, endlich diesen Druck loszuwerden, endlich Erlösung zu finden. Als ich schließlich kam, entlud ich mich in einem großen Schwall an die geflieste Wand der Toilettenkabine. Meine Beine zitterten ein letztes Mal protestierend, dann sackte ich erschöpft zusammen. Dass ich eigentlich aufs Klo gemusst hatte, war schon längst wieder vergessen. Kapitel 12: light ----------------- -12-     Innerlich verfluchte ich mich bereits dafür, dass ich mir um den Bastard solche Sorgen gemacht hatte. Hätte ich gewusst, was er plante, hätte ich ihn wahrscheinlich für die nächsten drei Tage hier drin gelassen. So aber hatte er uns beide in die Scheiße geritten und er würde mir sicherlich nicht dabei helfen, einen Fluchtweg zu finden. Meine Augen wanderten nach oben, doch ich musste frustriert feststellen, dass die Kabinenwände nur wenige Zentimeter unterhalb der Decke abschlossen. Man konnte also nicht einfach von der Toilette aus über die Kabinenwand klettern.     Am unteren Ende der Wand sah es schon ein wenig besser aus. Der Spalt zwischen Boden und Tür war deutlich breiter, wenn auch immer noch nicht besonders ausladend. Ich kniete mich hin, um das besser abschätzen zu können und versuchte probeweiser meinen Kopf nach draußen zu stecken. Doch es wollte mir nicht einmal gelingen, wenn ich ihn leicht zur Seite drehte. Der Spalt war einfach viel zu schmal.     „Nette Aussicht“, kommentierte Sasuke.     Erst jetzt merkte ich, dass ich die ganze Zeit über meinen Hintern in die Luft gestreckt hatte und zog mich schnell zurück. Seine dummen Sprüche konnte er sich nun wirklich sparen. Ich wusste, dass ich nicht ganz unschuldig an unserer jetzigen Situation war, doch im Endeffekt hatte er ganz eindeutig übertrieben mit seiner Rache. Mit vor der Brust verschränkten Armen ließ ich mich an der Wand ihm gegenüber auf den Boden sinken. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er meine Verzweiflung gerade genoss und es ihm Spaß machte, mich hier so sitzen zu sehen.     „Bastard“, knurrte ich.     Er lachte.     „Ich weiß gar nicht, was du hast. Auf die Weise müssen wir uns zumindest keine Gedanken mehr machen, wer den dummen Wettbewerb gewinnt und können endlich schlafen.“     Sasuke hatte Recht. Wenn wir hier nicht irgendwie wieder rauskamen, was ich im Moment stark bezweifelte, würde es keiner von uns rechtzeitig schaffen, den Wecker wieder zurückzustellen. Das Scheißteil würde so lange klingeln, bis die Zeit vorbei war und dann hätte keiner von uns beiden gewonnen.     „Ich hätte ganz sicher gewonnen“, schimpfte ich selbstsicher.     „Hättest du das?“, fragte er nur und schloss dann entspannt die Augen.     Für ihn schien das hier tatsächlich nichts weiter als ein Spiel zu sein. Mir eins auszuwischen war es ihm sogar wert, die ganze Nacht über in einer dummen Toilettenkabine festzusitzen. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken daran. Wenn ich schon so lange hier drin bleiben musste, dann konnte ich mir dafür definitiv bessere Gesellschaft vorstellen. Sasuke und ich für längere Zeit auf engstem Raum – das war noch nie gut gegangen. Entweder wir provozierten uns so lange gegenseitig, bis wir uns an die Gurgel gingen oder… Schnell versuchte ich wieder an etwas anderes zu denken. Das hier war jetzt wirklich nicht der richtige Ort für sowas.     Eine ganze Weile lang saßen wir schweigend so da und für einen kurzen Moment dachte ich sogar, dass Sasuke eingeschlafen war. Da ich mein Handy vorhin in der Küche gelassen hatte  und sich hier auch keine Uhr befand, hatte ich vollkommen das Zeitgefühl verloren. Um ein Uhr würden die Wecker erneut klingeln und dann war das Spiel vorbei. Spätestens um zwei Uhr hatte ich eigentlich Zuhause in meinem Bett sein wollen. Um acht Uhr würde hier morgen frühestens jemand auftauchen. Zu einer früheren Uhrzeit waren immer nur die Leute von Akatsuki da und das lief nicht am Wochenende. Das waren noch mindestens sieben Stunden.     Ich versuchte auch ein bisschen zu schlafen, doch der Boden war furchtbar unbequem und dazu machte sich allmählich auch ein anderes Problem bemerkbar. Zuerst versuchte ich es zu ignorieren, doch irgendwann konnte ich einfach nicht mehr anders.     „Sasuke, ich muss mal“, sagte ich leise.     Es war mir unangenehm, das vor ihm zuzugeben, doch länger hielt ich es wirklich nicht mehr aus. Sasuke öffnete ganz langsam die Augen und sah mich dann süffisant grinsend an.     „Das hier ist eine Toilette, tu dir keinen Zwang an.“     Ich sah ihn böse an.     „Ja, aber kannst du dich nicht wenigstens umdrehen oder sowas?“, bat ich ihn ungeduldig.     Ich war bereits aufgestanden und hüpfte von einem Bein aufs andere. Für Spielchen hatte ich jetzt wirklich keine Zeit. Meine Blase würde gleich platzen, so lange hatte ich es aufgeschoben, in der Hoffnung es doch noch irgendwie umgehen zu können. Sasuke jedoch schien es einmal mehr zu genießen, wie ich mich wand.     „Ich hab doch sowieso die Augen zu“, meinte er gelangweilt.     Ich wollte protestieren, doch ich hatte nicht mehr die Kraft dazu und nachdem ich einen letzten prüfenden Blick über die Schulter geworfen hatte, um mich zu vergewissern, dass Sasuke wirklich seine Augen geschlossen hatte, öffnete ich den Reißverschluss meiner Hose. Die Sekunden verstrichen, ohne dass das erlösende Plätschern ertönte.     „Wird das heute noch was?“, fragte Sasuke spöttisch.     „Sei still, ich kann nicht pinkeln, wenn noch jemand mit im Raum ist“, fauchte ich ihn an.     Er genoss es. Oh ja, und wie er es genoss. Er hatte gesagt, dass ich es bereuen würde, ihn hier eingesperrt zu haben und das tat ich jetzt schon.     „Du musst dich entspannen“, riet er mir in einem ernsten Tonfall.     Wäre ich nicht gerade anderweitig beschäftigt, hätte ich ihn am liebsten gepackt und einmal kräftig durchgeschüttelt.     „Ich kann mich schlecht entspannen, wenn du die ganze Zeit redest“, schimpfte ich stattdessen.     Hinter mir nahm ich plötzlich eine Bewegung war. Sasuke hatte sich in einer eleganten Bewegung vom Boden aufgerichtet und war an mich heran getreten. Schnell schob ich meine Hose wieder nach oben und wollte mich gerade empört umdrehen, um ihm die Meinung zu geigen, als ich wieder seinen Atem in meinem Nacken spürte.     „Soll ich dir helfen dich zu entspannen, Naruto?“, raunte er.     Da war sie wieder .Diese Stimme. Warm, samtig, verrucht. Augenblicklich schrillten in meinem Kopf alle Alarmglöckchen und ich wappnete mich innerlich gegen seinen Angriff. Glücklicherweise war ich noch immer wütend auf ihn, sodass seine Wirkung auf mich nur eingeschränkt war.     „Hau ab“, drohte ich. „Sonst…“     „Sonst was?“, ich konnte das Grinsen hören, das auf seinen Lippen lag.     Ich spürte, dass er einen Schritt näher an mich herantrat und seine Hände auf meinen Hüften ablegte. Am liebsten hätte ich mich auf der Stelle umgedreht, doch dann hätte er bemerkt, dass meine Wangen schon wieder rot glühten. Also zwang ich mich einfach ruhig stehen zu bleiben.     „Hau einfach ab“, wiederholte ich noch einmal mit Nachdruck.     „Kann ich nicht, die Tür ist zu“, erinnerte er mich.     Seine Finger wanderten langsam am Saum meines T-Shirts entlang, berührten die nackte Haut darunter. Jede Stelle, die er berührte kribbelte und eine Gänsehaut zog sich meine gesamte Seite nach oben. Ich wusste nicht ob es daran lag, dass seine Hände ziemlich kalt waren oder daran, dass mich seine Berührungen eben nicht kalt ließen. Schnell griff ich nach seinen Händen, um ihn davon abzuhalten, dass er weitermachte.     „Entspann dich, Naruto“, hauchte er in mein Ohr.     Er stand mittlerweile so nah hinter mir, dass ich deutlich das Heben und Senken seines Oberkörpers an meinem Rücken spüren konnte. Sein Atem ging leicht beschleunigt und ich stellte fest, dass es bei mir nicht anders war.     „Ich tue nichts, was du nicht willst“, versprach Sasuke. „Sag einfach stopp, wenn ich aufhören soll.“     Ohne viel Mühe befreite er seine Hände wieder aus meinem Griff. Ich wusste nicht, warum ich es zuließ, warum mein Mund mit einem Mal so trocken wurde und warum kein Wort über meine Lippen kam, als er schließlich damit begann nur mit den Fingerkuppen sanft über meinen Bauch zu streicheln. Er fuhr die einzelnen Muskeln nach, widmete sich ausgiebig meinen Seiten, fuhr die kleine Spur aus Haaren nach, die etwas weiter unten in meinem Hosenbund verschwand.     Ich hatte die Hose vorhin mehr schlecht als recht nach oben gezogen und der Reißverschluss stand noch immer offen. Mein Herz pochte viel zu schnell, als mir klar wurde, dass er das als Einladung auffassen könnte. Trotzdem traute ich mich nicht, etwas dagegen zu unternehmen. Stattdessen stand ich einfach da und wartete, was er als nächstes tun würde. Unfähig auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Mit ein bisschen mehr Druck fuhr er über meine Brustwarzen, zwickte hinein, sodass ich mir fest auf die Lippe bis.     Eine Hand ließ er weiter über meine Seite gleiten, die andere wanderte langsam immer weiter nach unten. Aus weit aufgerissenen Augen beobachtete ich sein Tun. Ich musste ihn aufhalten. Ich musste ihn aufhalten, so wie ich es damals im Club getan hatte. Diesmal war ich mir sicher, dass er nicht zögern würde. Das verrieten mir seine zielgerichteten Bewegungen und sein heißer Atem an meinem Ohr. Ich musste ihm sagen, dass er aufhören sollte. Doch ich tat es nicht.     Stattdessen seufzte ich fast schon enttäuscht, als seine Hand an meiner Mitte vorbeiwanderte und stattdessen mit kräftigem Druck meinen Oberschenkel entlang strich. Es fühlte sich so an, als würde er austesten wollen, wie weit er gehen konnte, ohne dass ich ihn von mir stieß. Im Grunde genommen war er bereits jetzt zu weit gegangen. Viel zu weit. Doch seine Bewegungen schürten mich immer weiter an, vernebelten meinen Verstand und packten mich in dicke Watte, die alles andere einfach abschirmte.     Wieder glitten seine Finger mein Bein entlang, doch diesmal schoben sie sich vorwitzig unter den Bund meiner Hose. Erschrocken keuchte ich auf. Ich wusste, dass es falsch war, ich war nicht schwul und doch fühlte es sich einfach zu gut an. Kurzerhand schloss ich die Augen. Wenn ich Sasuke nicht sehen konnte, war es im Prinzip nichts anderes als irgendeine Hand. Es stellte sich jedoch als ein Fehler heraus, denn nun da ich die Augen geschlossen hatte, konnte ich seinen Geruch noch viel deutlicher wahrnehmen.     Es war ein eindeutig männlicher Geruch. Herb. Nicht zu intensiv. Aber doch deutlich wahrnehmbar. Und das schlimmste war, dass auch sein Geruch mich anmachte. Hätte es einen Moment gegeben, in dem ich das alles noch abbrechen hätte können, dann war er das gewesen. Ungeduldig versuchte ich mich aus der Jeans zu befreien und Sasuke half mir nur zu gern dabei. Die Hose rutschte mir in die Kniekehlen und nun hatte ich erst Recht das Gefühl, einen Fehler zu begehen.     Mein Herz pochte mir bis zum Hals, als Sasuke mich bestimmend an der Hüfte packte und so umdrehte, dass ich mit dem Gesicht zur gefliesten Wand stand. Die Hose am Boden machte dabei ein schleifendes Geräusch und mein Gürtel klirrte leise.     „Du musst nur stopp sagen“, erinnerte mich Sasuke ein weiteres Mal.     Indem er es nochmal wiederholte, führte er mir vor Augen, dass ich das hier genauso wollte wie er, dass es nicht nur von ihm ausging. Ich fühlte mich in einer inneren Zwickmühle und war doch nicht dazu in der Lage eine Entscheidung zu treffen, da mir die bereits von meinem Körper abgenommen worden war. Die Gedanken und Fantasien, die mich die letzten Nächte gequält hatten, waren nichts im Vergleich zur Realität. Lange schlanke Finger glitten unter den Bund meiner Boxershorts und reizten die empfindliche Haut. Ich stütze mich mit beiden Händen an der kalten Wand ab und spürte wie sich Sasukes Körper von hinten dich an mich presste. An meinem Hintern konnte ich deutlich seine Erregung spüren. Ich stöhnte ungehalten. Das war zu viel.     Sasuke griff mit einer Hand in meine Haare und zwang mich somit den Hals zu überstrecken, was mir ein erneutes Keuchen entlockte. Mein Kopf lag nun auf seiner Schulter, wobei er ihn noch immer mit seinem Griff fixierte. Ich spürte seine Lippen an meiner entblößten Haut, während seine andere Hand mir die Boxershorts abstreifte. Er saugte, knabberte und biss in meinen Hals. Leckte dann wieder entschuldigend darüber. Die Geräusche die meine Kehle verließen wurden immer dunkler und animalischer. Das war so verdammt heiß. Ich hatte das Gefühl zu verglühen.     Ich wollte irgendetwas dagegen tun, ihn ebenfalls anfassen, doch er drückte mich sofort zurück in Position und gab mir zu verstehen, dass ich mich nicht rühren sollte. Abgesehen von dem kleinen Wörtchen Stopp hatte ich keinerlei Kontrolle. Ich fühlte mich irgendwie hilflos und gleichzeitig machte es mich unglaublich geil. Wieder stöhnte ich, als er begann seine Hand auf und ab zu bewegen.     *~*~*~*~*~*~*     Als ich schließlich kam, entlud ich mich in einem großen Schwall an die geflieste Wand der Toilettenkabine. Meine Beine zitterten ein letztes Mal protestierend, dann sackte ich erschöpft zusammen. Dass ich eigentlich aufs Klo gemusst hatte, war schon längst wieder vergessen.   Kapitel 13: ------------   -13-     Übers Wochenende hatte ich viel Zeit zum Nachdenken gehabt und mir waren einige Dinge klar geworden. Erstens, aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühlte ich mich körperlich zu Sasuke hingezogen. Das konnte ich nicht mehr leugnen, nachdem ich in seinen Händen den so ziemlich heftigsten Orgasmus meines Lebens erlebt hatte. Zweitens, charakterlich betrachtet war Sasuke immer noch ein Arschloch. Zwischen uns hatte sich im Grunde genommen nichts verändert, abgesehen davon, dass ich mir nicht mehr einreden konnte, dass er mich kalt ließ. Körperlich gesehen. Mit seiner arroganten Art hatte er mich ja schon immer zur Weißglut gebracht. Drittens, dass er mir einen runtergeholt hatte, bedeutete noch lange nicht, dass ich schwul war. Und das führte mich direkt zu viertens. Der Vorfall musste unbedingt eine Ausnahme bleiben.     Noch nie in meinem Leben war mir etwas so peinlich gewesen, wie der Moment in dem Kankuro uns eingesperrt in der Toilette gefunden hatte. Zusammen mit seinen beiden Kollegen Temari und Gaara hatte er sich auf die Samstagssendung vorbereiten wollen, die alle zwei Wochen von hier ausgestrahlt wurde. In den anderen Wochen wurde sie aus Suna übertragen, unserer Nachbarstadt, in der sich auch unser Partnersender befand. Da die drei ebenfalls ursprünglich aus Suna stammten und nur für die Samstagssendungen zu Konoha Kiku kamen, kannten sie uns auch nicht und waren dementsprechend noch verwirrter gewesen.     Während ich noch damit beschäftigt gewesen war, im Boden zu versinken und dabei jede Fliesenfuge genauestens zu inspizieren, hatte Sasuke Kankuro ganz locker über unsere Situation aufgeklärt. Dabei passte er die Geschichte jedoch ein wenig an und behauptete, ich hätte die Klospülung verstopft und ihn anschließend zu Hilfe gerufen. Erst als die Tür hinter uns zugefallen wäre, hätten wir gemerkt, dass der Türgriff locker war. Es war eine absolut dumme Geschichte, doch Kankuro hatte sie ihm abgekauft, nachdem er sich telefonisch nochmal bei Kakashi versichert hatte, dass wir wirklich Kandidaten der Sendung waren.     Die drei hatten uns nach Hause geschickt, wobei ich es nicht ein einziges Mal fertig gebracht hatte, Sasuke in die Augen zu sehen, als ich schnell meine Sachen zusammen gepackt hatte, um mich dann aus dem Staub zu machen. Noch immer hatte ich das Gefühl, jede seiner Berührungen auf meiner Haut brennen zu spüren. Bei Tageslicht betrachtet und nach ein paar Stunden Schlaf hatte ich gewusst, dass es ein großer Fehler gewesen war, mich so gehen zu lassen. Für Sasuke war es nichts anderes gewesen als ein Spiel. Ein Spiel, das er letzten Endes auch gewonnen hatte. Ich hatte ihn angebettelt. Wie tief konnte man noch sinken?     Der Montag, und damit der Tag an dem ich Sasuke wiedersehen würde, kam viel zu schnell für meinen Geschmack. Dennoch half mir irgendwie die Tatsache, dass ich beschlossen hatte, dass es sich um eine einmalige Sache gehandelt hatte, die mir so nie wieder passieren würde. Auch wenn es sich am Freitag nicht so wirklich danach angefühlt hatte, war es schließlich meine freie Entscheidung. Überraschenderweise lief unser erstes Zusammentreffen dann auch ganz glimpflich ab. Sakura war bei ihm, sodass ich Sasuke zumindest nicht direkt anschauen musste.     Dass der Wettbewerb mit einem unspektakulären Unentschieden geendet hatte, war nicht gerade im Sinne des Senders gewesen. Trotzdem hielt es sie nicht davon ab, die Klogeschichte nach allen Regeln der Kunst öffentlich auszuschlachten. Und Sasuke ließ sich auch nicht davon abhalten, in allen Details davon zu berichten – erfundenen Details versteht sich. Erfundene Details, in denen er mich als den absoluten Idioten darstellte, der es fertig gebracht hatte, die Toilette zu verstopfen und danach panisch zu ihm gerannt war.     „Er hat richtig gefleht“, beschwor er grinsend.     Es war seine Art und Weise mich subtil daran zu erinnern, was tatsächlich vorgefallen war und dass er es mich so schnell nicht wieder vergessen lassen würde. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten ließ ich ihn reden, ließ ihn Dinge über mich erzählen, die so ganz und gar nicht der Wahrheit entsprachen und widersprach ihm nicht. Alles war besser als die Wahrheit. Ich hatte mich damit abgefunden. Abgefunden damit, dass ich mir von Sasuke einen runterholen hatte lassen. Das hieß aber noch lange nicht, dass ich darüber nachdenken, geschweige denn alle daran teilhaben lassen wollte.     Nachdem die Geschichte endlich durch war, kamen wir zum weitaus interessanteren Teil der Sendung. Der heutigen Aufgabe. Bisher hatten wir nur erfahren, dass die Challenge wohl etwas mit Rappen zu tun hatte. Das kam mir ganz gelegen, denn ich konnte mir Sasuke beim besten Willen nicht rappend vorstellen. Ich hingegen hatte überhaupt kein Problem damit, mich zu blamieren. In Karaokebars war ich grundsätzlich der erste, der sich ein Mikrofon schnappte und laut – und vor allem schief – hineinträllerte. Hauptsache es machte Spaß.     Sakura drückte auf einen kleinen Knopf neben ihrem Mikrofon.     „Hinata, du kannst die Sachen reinbringen.“     Hinata die am Platz der Sendeassistenz saß, der nur durch die Glasscheibe vom Studio abgetrennt war, nickte eifrig und erhob sich dann von ihrem Schreibtisch. Sie durchquerte die Redaktion und verschwand aus meinem Blickfeld. Diese Challenge wurde immer ominöser.     „Seid ihr soweit?“, fragte Sakura dann an uns gewandt.     Der rote Countdown auf dem rechten Bildschirm zeigte an, dass das Lied bald zu Ende sein würde und sie wollte wohl einen Moderationsbreak einlegen. Sasuke und ich nickten und setzten dann synchron unsere Kopfhörer auf. Augenblicklich hörte ich nur noch die lauten Töne des Popsongs, der gerade in den finalen Refrain überging. Sakura zog die Regler für unsere Mikrofone nach oben und bedeutete uns trotzdem weiterhin still zu sein. Kontrolliert atmete ich ein und aus. Mittlerweile war ich es irgendwie schon gewohnt und fühlte mich deutlich ruhiger als am ersten Tag.     „Guten Morgen Konoha, hier ist Sakura von Akatsuki und wie immer in den letzten Tagen sind auch meine Kollegen Naruto und Sasuke mit am Start“, Sakuras Stimme klang wie gewohnt schwungvoll und fröhlich. „Der heutige Wettbewerb ist etwas für alle Freunde der guten Rapmusik und insbesondere von unserem Rap-Superstar Killer Bee – der übrigens kommende Woche seine Tour hier in Konoha starten wird, präsentiert von uns, von Konoha Kiku. An alle, die noch keine Karten haben, das Konzert ist restlos ausverkauft, aber wir haben natürlich noch ein paar Tickets für euch, die direkt nach der Challenge verlost werden.“     Sie hatte so schnell gesprochen, dass ich das Gefühl hatte, dass sie nicht einmal geatmet hatte.     „Kommen wir nun zur Challenge“, kehrte sie schließlich zu dem Thema zurück, das mich am meisten interessierte. „Die Jungs werden heute einen Text von unserem lieben Killer Bee zum Besten geben, wobei wir so gnädig sind und die beiden ablesen lassen. Allerdings wäre das Ganze ja viel zu einfach, immerhin sind die beiden Textspezialisten und deswegen müssen sie gleichzeitig einen Hotdog im Mund behalten.“     Siegessicher riss ich beide Arme in die Luft. Essen und reden. Diese Aufgabe war wie gemacht für mich. Es war, als hätte man mir den roten Teppich ausgebreitet, maßgerecht auf mich zugeschnitten. Sasuke hatte sowas von keine Chance.     „Also bleibt dran, nach nur zwei Songs geht’s los und nachher könnt ihr auch noch Karten für das restlos ausverkaufte Konzert von Killer Bee gewinnen!“, verkündete Sakura und kündigte dann den nächsten Song an.     „Was ist es für ein Song?“, fragte ich sofort hibbelig, als die rote Lampe für das Mikrofon erlosch und Sakura ihre Kopfhörer abgenommen hatte.     Sakura musste aufgrund meiner Ungeduld ein wenig schmunzeln.     „Die aktuelle Single, soweit ich weiß.“     „Oh“, rief ich. „Die ist gut. Die ist richtig gut! Oh man Sasuke, du hast so dermaßen keine Chance gegen mich!“     Zum ersten Mal seit Samstagmorgen hatte ich mich direkt an ihn gewandt und in meiner Euphorie vollkommen vergessen, dass zwischen uns ja eigentlich ein unangenehmes Schweigen herrschte. Unsere Blicke trafen sich und ich sah ein interessiertes Funkeln in seinen Augen aufblitzen. Er sagte jedoch nichts dazu und zog nur skeptisch eine Augenbraue nach oben.     „Sakura“, rief ich immer noch ganz aufgeregt. „Du brauchst mir den Text gar nicht zu öffnen, ich kann ihn sowieso auswendig.“     Sie hatte gerade ein Dokument geöffnet, in dem über zwei Spalten verteilt die Textzeilen der aktuellen Killer Bee-Single standen.     „Sasuke hat die letzte Challenge gewonnen, also fängt er an“, erklärte sie. „Oder kannst du den Text auch auswendig, Sasuke?“     Noch bevor er antworten konnte, klopfte es an der gläsernen Studiotür. Sakura winkte Hinata herein und sie stand erstmal eine Weile unbeholfen herum, bis sie Sasuke schließlich schüchtern den kleinen Teller mit den Hotdogs überreichte. Man merkte deutlich, dass sie sich in seiner Gegenwart irgendwie nicht wohl fühlte, was möglicherweise mit dem kleinen Komplott zusammenhing, den wir vor wenigen Tagen gemeinsam gegen ihn geschmiedet hatten.     Gierig warf ich einen Blick auf die Hotdogs. Bis zum Mittagessen war es zwar noch eine Weile hin, doch das hieß nicht, dass ich nicht jetzt schon Hunger haben konnte. Mir lief das Wasser im Munde zusammen, was an sich nichts Gutes war, da es beim Sprechen stören würde. Entgegen der allgemeinen Meinung war es auch nicht gut, vor dem Sprechen etwas zu trinken, da dadurch nur der Speichelfluss angeregt wurde, was man dann schließlich auch hören konnte. Kurz gesagt, Speichelfluss war in meiner Situation gerade nicht sehr vorteilhaft.     „Sasuke, am besten du nimmst dir schon mal einen Hotdog, damit wir dann gleich anfangen können“, schlug Sakura mit einem Blick auf die immer weiter ablaufende Zeit vor. „Der Text steht wie gesagt auf dem Bildschirm.“     Neidisch beobachtete ich, wie sich Sasuke den linken der beiden Hotdogs griff und in den Mund schob. Wenn wir uns nicht beeilten, würde ich nicht mehr widerstehen können und den zweiten Hotdog einfach aufessen. Unruhig zappelte ich auf meinem Barhocker hin und her und bemühte mich, dabei möglichst keine Geräusche zu machen. Auch Hinata hatte sich mittlerweile wieder geräuschlos aus dem Studio verzogen, nicht ohne mir vorher ein breites Lächeln geschenkt zu haben, dass ich natürlich ebenso breit erwidert hatte.     „Das waren Die sechs Pfade des Pain mit Rinne Tensei um kurz vor neun, hier bei Akatsuki“, stieg Sakura in ihre Moderation ein. „Da Sasuke die letzte Challenge gewonnen hat, wird er jetzt auch anfangen. Ganz kurz nochmal für alle, die es verpasst haben: Er muss mit einem Hot Dog im Mund die aktuelle Single Bakayaro, Konoyaro von Killer Bee rappen. Den Text dazu hat er vor sich auf dem Bildschirm. Eine unabhängige Jury, bestehend aus mir und unserer Praktikantin Hinata, wird anschließend entscheiden, wer von den beiden die Aufgabe besser gelöst hat. Los geht’s!“     Gespannt lehnte ich mich ein Stück nach vorne, als die ersten Beats des mir wohl bekannten Songs erklangen. Ich hörte ihn seit Tagen rauf und runter und das obwohl ich eigentlich eher auf Rockmusik à la Die sechs Pfade des Pain stand. Rhythmisch ließ ich meinen Kopf zum Takt der Musik wackeln und musste beinahe leise lachen, als Sasuke tatsächlich seinen Einsatz verpasste. Allem Anschein nach, kannte er den Song nicht. Es dauerte eine Weile, bis er in den Beat reingefunden hatte, aber dann machte er seine Sache doch erstaunlich gut. Trotz des Hotdogs in seinem Mund, den er sich wirklich fast bis zum Anschlag reingeschoben hatte, konnte man die Worte, die er aussprach zumindest noch erahnen.     Nach einer Minute drehte Sakura schließlich die Musik leiser und gab Sasuke das Zeichen, dass er aufhören konnte. Sofort nahm er den Hotdog aus dem Mund und legte ihn angewidert zurück auf den Teller. Seine Wangen waren leicht gerötet von der Anstrengung und wahrscheinlich auch, weil er die letzte Minute über nur schlecht Luft bekommen hatte. Er atmete tief durch, während Sakura schon wieder den nächsten Song anmoderierte. Grinsend musterte ich ihn. Irgendwie sah er ziemlich fertig aus.     „So Naruto, du bist dran“, Sakura deutete auf den Teller mit den beiden Hotdogs.     Der eine, der schon einige Zeit in Sasukes Mund verbracht hatte, sah nicht mehr besonders appetitlich aus. Mit ziemlicher Sicherheit würde er im Müll landen. Was für eine Verschwendung.     „Mach dich bereit“, befahl Sakura.     Ich griff nach dem rechten Hotdog und versuchte, ihn mir ebenso wie Sasuke vorhin bis zum Anschlag in den Mund zu schieben. Vielleicht war es eine spezielle Technik, die es mir erleichtern würde, die Worte so wie er möglichst deutlich auszusprechen. Irgendwie musste ich ja meinen Vorteil daraus schlagen, dass ich nach ihm an der Reihe war. Diese Challenge war genau mein Ding und ich würde ihn unter keinen Umständen gewinnen lassen. Ich zwang mich ruhig durch die Nase zu atmen, was mit dem Hotdog im Mund gar nicht mal so einfach war und griff nach meinen Kopfhörern. Sakura hatte ihre bereits wieder aufgesetzt.     Gerade als ich sie mir über die Ohren ziehen wollte, griff Sasuke nach meinen Handgelenken und hielt mich somit davon ab. Ich wollte protestieren, doch mit dem Hotdog im Mund wurde daraus nur ein undefinierbares Geräusch. Er beugte sich dicht an mein Ohr.     „Ich geb‘ dir einen Tipp“, flüsterte er, obwohl Sakura uns sowieso nicht hören konnte. „Mach es wie ich, und stell dir einfach vor, es ist mein Schwanz, den du da im Mund hast.“     Erschrocken weiteten sich meine Augen und ich wollte nach Luft schnappen. Mit Hotdog im Mund war das allerdings keine gute Idee und ich konnte nicht verhindern, dass ein paar Brösel in meine Luftröhre rutschten, sodass ich heftig begann zu husten. Mit einem Grinsen auf den Lippen ließ Sasuke keine Sekunde zu früh den Kopfhörer über meine Ohren gleiten. Wir waren auf Sendung. Blöderweise hatte ich mich noch nicht von meinem Hustenanfall erholt und statt mir – wie ich es prophezeit hatte – souverän den Sieg zu holen, war ich viel zu sehr damit beschäftigt, nicht zu ersticken.     Allein mit seinen Worten hatte Sasuke mich völlig aus dem Konzept gebracht. Schlicht und ergreifend aus dem Grund, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Und dann war er auch noch so direkt gewesen, dass ich die Bilder in meinem Kopf nicht rechtzeitig aufhalten konnte. Bilder davon, wie er vor mir kniete, mit leicht geröteten Wangen, so wie er sie jetzt aus einem anderen Grund hatte, und immer wieder langsam meinen Schwanz zwischen seine ebenfalls geröteten Lippen gleiten ließ.     Sakura musste den Break abbrechen. Es hatte keinen Sinn mehr. Ich schaffte es nicht mehr, mich von meinem Hustenanfall zu erholen und damit hatte Sasuke automatisch gewonnen. Er hatte meine Challenge gewonnen. Den Teil vom Wettbewerb, der wie für mich gemacht gewesen war, mit einem Song den ich eigentlich mochte und nun vermutlich nie wieder würde hören können. Und noch viel schlimmer, mit diesem Sieg hatte er mich nun tatsächlich überholt. Der eine Punkt, den ich am ersten Wettbewerbstag hatte einfahren können, brachte mir gar nichts mehr. Schlimmer hätte es gar nicht mehr kommen können.     Den Rest der Sendung redete ich kein Wort mehr mit ihm und erdolchte ihn so gut es ging mit meinen Blicken. Es störte mich bereits, dass er gewonnen hatte. Doch noch schlimmer war die Art, wie er gewonnen hatte. Mit miesen Tricks. Miesen Arschlochtricks, wie ich es nicht anders von ihm erwartet hätte. In Zukunft musste ich definitiv noch mehr auf der Hut sein oder selbst härtere Geschütze auffahren. Wäre ich nicht blöderweise am Ende mit ihm in der Kabine gelandet, würde ich es nun auch nicht mehr bereuen, ihn dort eingesperrt zu haben. Die Nacht dort zu verbringen, hatte er definitiv verdient.     Wütend stapfte ich nach draußen, als die Sendung endlich vorüber war. Es war eine einzige Demütigung gewesen. Angefangen bei der Geschichte mit dem verstopften Klo, in der Sasuke mich als absoluten Vollidioten hingestellt hatte, bis hin zur verlorenen Challenge. Ich spürte Hinatas besorgte Blicke auf mir, als ich an ihr vorbeirauschte. Im Männerklo angekommen, spritze ich mir erst mal eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht. Das brauchte ich jetzt. Als ich das Klo wieder verließ, stand zu meiner Überraschung Sakura davor.     „Hey Naruto, hast du Lust, zusammen Mittag essen zu gehen?“     Vollkommen perplex blinzelte ich. Hatte ich mir, ohne es zu merken, irgendwo den Kopf angestoßen und fantasierte jetzt?     „Wir beide?“, fragte ich zur Sicherheit nochmal nach.     „Nur, wenn du willst“, sagte sie schnell. „Ich dachte, wir könnten zu dem kleinen Bäcker gehen und uns da was holen. Es ist so warm draußen, da hab ich nicht so großen Hunger.“     Meine schlechte Laune war mit einem Mal wie weggefegt. Sakura Haruno hatte mich gerade gefragt, ob ich mit ihr die Mittagspause verbringen wollte. Alleine. Zu zweit. Sie hatte mich gefragt. Mich, und nicht Sasuke. Bei dem Namen Sasuke klingelte plötzlich etwas. Ich fuhr mir mit der Hand an die Stirn.     „Ah scheiße“, schimpfte ich. „Ich hab da so ´ne Abmachung mit Sasuke und weil ich den Wettbewerb heute verloren hab, muss ich ihm das Mittagessen bezahlen.“     Sie wirkte tatsächlich ein bisschen enttäuscht.     „Aber wir könnten ja zu dritt gehen?“, schlug ich vor.     Bildete ich mir das nur ein oder war sie plötzlich irgendwie verstimmt?     „Okay, aber dann lass uns gleich losgehen. In einer Stunde ist Nachbesprechung“, forderte sie.     Schnell tastete ich die Taschen meiner Shorts ab, um zu prüfen ob ich auch meinen Geldbeutel dabei hatte und spurtete dann noch einmal zurück in die Redaktion, um Sasuke Bescheid zu sagen. Dabei fühlte ich mich, als würde ich auf Wolken wandeln, fast schon schwebend vor Freude und Euphorie. Seit ich hier war, hatte ich noch kein einziges Mal die Mittagspause mit Sakura verbracht, weil die jedes Mal sofort mit Ino verschwunden war. Die beiden klebten förmlich aneinander und ich hatte mich nicht getraut zu fragen, ob ich mitkommen durfte. Normalerweise war sowas kein Problem für mich, aber bei Sakura fühlte ich mich irgendwie gehemmt.     Und jetzt plötzlich hatte sie mich gefragt. Nicht etwa, weil sie darauf spekulierte, dass auch Sasuke mitkommen würde. Nein, sie wollte mit mir alleine gehen und hatte sogar ein kleines bisschen enttäuscht gewirkt, als ich vorgeschlagen hatte, ihn mitzunehmen. Irgendetwas musste sie dazu bewegt haben, ihre Meinung über mich zu ändern oder aber sie hatte einfach doch gemerkt, dass Sasuke ein Arschloch war und war stattdessen meinem Charme erlegen.     „Hey Sasuke, Sakura und ich gehen runter zum Bäcker was essen“, rief ich in die Redaktion. „Kommst du mit?“     Die Tatsache, dass ich sein Mittagessen bezahlen musste war auf einmal gar nicht mehr so schlimm wie vorhin noch. Sasuke steckte den Kopf aus dem Besprechungszimmer zu meiner Rechten.     „Nach dem scheiß Hotdog ist mir der Appetit vergangen“, knurrte er. „Bringt mir einfach so eine Pizzastange mit.“     Mein Herz hüpfte vor Freude. Sasuke würde uns nicht begleiten. Das bedeutete, dass ich die Pause tatsächlich zusammen mit Sakura verbringen würde. Alleine. Nur wir zwei. Beschwingt ging ich zurück in den Eingangsbereich und erstattete Bericht, woraufhin sie zufrieden nickte.     „Dann gehen wir eben allein“, beschloss sie. Kapitel 14: ------------   -14-   Wir verließen die Redaktion und betraten dann das Parkdeck, wobei ich Sakura einfach nur orientierungslos folgte. Sie arbeitete schon länger hier und wusste dementsprechend bestimmt, wo wir hin mussten. Als wir schließlich vor einem Aufzug zum Stehen kamen konnte ich mir ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Da also war das blöde Ding. Wir fuhren nach unten ins Einkaufscenter und steuerten direkt auf den kleinen Bäcker zu, der sich zwischen einem Supermarkt und einem Laden für frisch gepresste Säfte befand. Ein Saftladen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.     Um die Mittagszeit war es hier relativ voll, doch Sakura und ich hatten noch einen Platz für zwei Personen ergattert. Während sie auf der Bank saß, hatte ich es mir auf dem Stuhl ihr gegenüber gemütlich gemacht. Zunächst aßen wir schweigend – sie ihre Quarktasche und ich mein belegtes Brötchen. Obwohl sie mich gefragt hatte ob wir die Pause zusammen verbringen wollten, fühlte ich mich zunehmend nervöser, weil ich meine Chance unter keinen Umständen versauen wollte.     „Und, wie gefällt es dir bisher so bei uns?“, begann sie schließlich ein Gespräch, auch sie wirkte irgendwie nervös.     Erleichtert, dass ich die Stille endlich durchbrechen konnte, begann ich zu plaudern. Ich schwärmte vom Sender, von Akatsuki und erzählte ihr sogar, dass ich die Sendung schon seit Jahren jeden Morgen im Radio hörte. Damals als Tobi noch an ihrer Seite moderiert hatte. Ich mochte den Kerl, er war so quirlig und sympathisch. Kaum zu glauben, dass er einfach zur Konkurrenz abgewandert war.     „Ihr erinnert mich irgendwie beide an ihn“, stellte Sakura gedankenversunken fest.     Zum ersten Mal dachte ich darüber nach, was es für ein Schock für sie gewesen sein musste, als er sie plötzlich alleine hatte sitzen lassen. Natürlich waren die beiden kein Paar gewesen, aber dennoch ein eingespieltes Team, in dem man sich aufeinander verlassen können musste.     „Fehlt er dir?“, erkundigte ich mich.     Einen Moment lang flackerte es in ihren Augen.     „Ja und nein“, antwortete sie schließlich. „Wir waren gut befreundet, ich konnte gut mit ihm arbeiten und er hat mich immer zum Lachen gebracht. Von deiner Art her erinnerst du mich ein bisschen an ihn.“     Ich konnte nicht verhindern, dass sich meine Mundwinkel wie von selbst nach oben zogen und meine Augen begannen zu strahlen. Sie hatte mir gerade ein Kompliment gemacht – und was für eines.     „Auf der anderen Seite, kann ich es immer noch nicht fassen, dass er einfach zur Konkurrenz gegangen ist“, fuhr sie kopfschüttelnd fort. „Er hat es mir nicht einmal persönlich gesagt. Ich hab es von Kakashi erfahren. Die beiden hatten irgendwie schon immer einen guten Draht zueinander und ich glaube er ist auch der einzige, der Obito deswegen nicht verurteilt.“     „Obito?“, wiederholte ich irritiert.     Sakura wirkte nun etwas zerstreut. Das Thema schien ihr zu schaffen zu machen.     „Ja Obito“, bestätigte sie dann. „Das ist sein richtiger Name. On air hieß er immer Tobi – das ist leichter zu merken für die Hörer.“     Ich nickte verständnisvoll. Ich hatte schon öfter davon gehört, dass Radiomoderatoren sich so etwas wie einen Künstlernamen zulegten.     „Und in welcher Hinsicht erinnert er dich an Sasuke?“, erkundigte ich mich neugierig.     Nachdenklich rührte Sakura in ihrem Cappuccino und beobachtete dabei den immer schneller wirbelnden Strudel aus Schaum, der sich auf der Oberfläche bildete. An der Stelle, wo der Löffel in die Tasse tauchte, sah es so aus, als hätte er ein Loch.     „Vom Aussehen her ein wenig“, sagte sie dann leise. „Obito hat auch schwarze Haare und ist so blass wie Sasuke. Die Augen ähneln sich auch irgendwie.“     Sakura hatte sich Sasuke ja ganz schön genau angeschaut, wenn ihr so etwas auffiel, doch eigentlich sollte es mich nicht wundern. Ich hatte ja mitbekommen, wie sehr sie an ihm klebte.     „Dann sind wir ja genau die richtigen Ersatzmänner!“, stellte ich zwinkernd fest. „Jetzt musst du dich nur noch entscheiden, was dir wichtiger ist: Humor oder Optik.“     Zufrieden stellte ich fest, dass Sakuras leicht melancholischer Blick einem kleinen Lachen gewichen war.     „Das ist ja zum Glück nicht meine Entscheidung“, erinnerte sie mich.     Sofort spürte ich, wie mein Herz ein bisschen schneller schlug. Vor weniger als einer Stunde hatte Sakura am Ende der Sendung angekündigt, dass das Voting für die Stelle in der Morningshow begonnen hatte. Seit zehn Uhr konnten die Leute auf der Webseite des Senders verdeckt für uns abstimmen. Der aktuelle Stand wurde jedoch nicht angezeigt und selbst innerhalb des Senders war Shikamaru der Einzige, der mehr wusste. Ab heute musste ich jedes Wort, das ich sagte auf die Goldwaage legen, denn ab heute kam es auf jede einzelne Stimme an.     „Wenn du dich jetzt auf der Stelle entscheiden müsstest, wen von uns beiden würdest du wählen?“, fragte ich Sakura neugierig.     Abwehrend hob sie ihre Hände und schüttelte den Kopf.     „Wie gesagt, zum Glück muss ich das nicht entscheiden“, wiederholte sie noch einmal.     Auch, wenn sie sich in diesem Moment nicht zu mir bekannte, fühlte es sich irgendwie danach an. Zu Beginn der letzten Woche noch, hätte ich meinen gesamten bescheidenen Besitz darauf verwettet, dass sie ohne zu Zögern Sasukes Namen genannt hätte. Doch sie hatte es nicht getan. Sie hatte gar keinen Namen genannt und das wertete ich zumindest schon mal als Teilsieg.     „Was ist das eigentlich zwischen dir und Sasuke?“, unterbrach Sakura plötzlich meine Gedanken.     Sie sah mich aufmerksam aus ihrer großen grün-blauen Augen an. Ich verschluckte mich beinahe an meiner Limo und musste zum zweiten Mal an diesem Tag heftig husten.     „Was meinst du?“, fragte ich scheinheilig.     Sie konnte doch unmöglich irgendetwas gemerkt haben, oder? Wahrscheinlich war ihr einfach nur aufgefallen, dass ich mich in Sasukes Gegenwart manchmal seltsam benahm und sie wollte jetzt eine Erklärung dafür haben. Dass sie mehr wusste, war einfach absurd.     „Das mit der Klospülung glaubt euch doch kein Mensch“, meinte sie überzeugt und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich kenne euch jetzt gut eine Woche, aber ich bin mir absolut sicher, dass du dir lieber einen Arm abhacken würdest, als Sasuke um Hilfe zu bitten und er sich umgekehrt lieber die Augen ausstechen würde, als dir zu helfen.“     Mir klappte förmlich die Kinnlade runter. Dass sie das Thema so offen ansprach, überrumpelte mich irgendwie und ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie eine so treffende Einschätzung abgeben würde. Immerhin hielten sowohl ich als auch Sasuke uns in ihrer Gegenwart einigermaßen zurück mit unseren Sticheleien. Scheinbar hatte sie es trotzdem bemerkt.     „War aber so“, beschwor ich und nickte zur Verdeutlichung heftig mit dem Kopf.     Sakura sah nicht gerade überzeugt aus.     „Was habt ihr überhaupt die ganze Nacht gemacht?“     Die harmlose, lockere Tonlage sollte darüber hinwegtäuschen, dass sie mich nicht ohne eine Antwort davon kommen lassen würde. Die Frau war definitiv Journalistin. Ich fühlte mich von ihren Fragen und dem dazugehörigen bohrenden Blick gewissermaßen immer weiter in die Ecke gedrängt. Obwohl genau genommen sie es war, die in der Ecke saß.     „Äh… geschlafen?“, antwortete ich nicht sehr geistreich.     „Zusammen?“     „Was?!“, ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme sich überschlug.     „Ich meine ob ihr zusammen in einer Kabine geschlafen habt“, verdeutlichte sie ihre Frage nochmal und wirkte dabei etwas irritiert. „Normalerweise kann man euch keine fünf Minuten allein auf so engem Raum beieinander lassen und ich kann mir kaum vorstellen, dass es so friedlich war, dass ihr schlafen konntet.“     Anhand ihrer Fragen konnte ich erkennen, dass das Thema Sakura ziemlich intensiv beschäftigt haben musste. Wahrscheinlich hatte Temari, die Wochenendmoderatorin, ihr schon direkt am Samstag von der Geschichte erzählt. Bei Frauen war das doch immer so. Wusste es eine, wussten es alle. Ino beispielsweise war so etwas wie der Katalysator für neue Nachrichten und Gerüchte.     „Naja, wir waren müde“, erklärte ich ausweichend und zuckte mit den Schultern.     Das stimmte sogar. Nach meinem Orgasmus war ich so erschöpft gewesen, dass ich fast auf der Stelle eingeschlafen war. Zum Glück hatte Sasuke die Spuren unseres Treibens noch mit ein bisschen Klopapier weggewischt, bevor er sich ebenfalls schlafen gelegt hatte. So hatten wir am nächsten Morgen nicht ganz so viel zu erklären, als Kankuro uns gefunden hatte. In dem Fall hätte nämlich selbst Sasuke Schwierigkeiten gehabt, sich auf die Schnelle eine glaubhafte Ausrede einfallen zu lassen.     „Und zuvor?“, hakte Sakura nach. „Was habt ihr gemacht, bevor ihr eingeschlafen seid?“     „Gegessen, gequatscht, rumgesessen. So Sachen halt.“     Warum interessierte sie das überhaupt so brennend?     „Und was hat Sasuke gemacht, um nicht einzuschlafen?“, wollte sie wissen.     Ich zuckte mit den Schultern.     „Keine Ahnung, das Gleiche schätze ich mal.“     „Er war gar nicht sauer, dass ihr die Nacht in der Toilette verbringen musstet“, stellte sie dann fest. „Dabei klang es so, als würde er dir die Schuld an der Sache geben.“     Die Richtung, in die sich dieses Gespräch entwickelte, gefiel mir ganz und gar nicht. Scheinbar beobachtete Sakura sehr genau, was zwischen uns beiden ablief und versuchte nun ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Ich zweifelte stark daran, dass sie auch nur ansatzweise in die richtige Richtung dachte.     „Er hat mir schon eine kleine Abreibung verpasst“, gab ich zähneknirschend zu.     Wenn ich mich an die halbe Wahrheit hielt, war es immer noch besser als ihr ins Gesicht zu lügen, denn das wollte ich nicht. Abgesehen davon hatte ich das Gefühl, dass sie es sowieso durchschauen würde.     „Und ähm… wie war es so neben Sasuke zu schlafen?“, erkundigte sie sich vorsichtig. „Schnarcht er?“     Irgendetwas in ihrer Tonlage hatte sich verändert und auch in ihrem Blick. Er sah fast ein wenig verklärt aus.     „Nicht, dass ich wüsste und ich kann dir auch nicht sagen, wie es ist neben ihm zu schlafen, weil ich eben geschlafen habe.“     Ungewollt klang meine eigene Stimme plötzlich ein wenig aggressiv und Sakura spürte wohl, dass es nicht klug war, an dieser Stelle weiter zu fragen. Wie gesagt, sie war Journalistin. Sie wusste wo die Grenzen lagen und wusste auch wie weit man sie ausreizen konnte.     „Schade eigentlich, dass so keiner die Challenge gewonnen hat“, stellte sie seufzend fest und legte ihr Gesicht in ihre Handfläche.     Der abrupte Themenwechsel irritierte mich, doch ich stieg liebend gerne darauf ein.     „Gibt ja noch genug Aufgaben, bei denen ich Sasuke fertig machen kann.“     Selbstbewusst reckte ich mein Kinn in die Höhe und verdrängte meine heutige Niederlage gegen ihn gekonnt. Sakura antwortete darauf nichts und riss stattdessen ein Stück von ihrer Quarktasche ab, um es sich dann in den Mund zu schieben.     „Ich hol mir noch was zu essen“, verkündete ich. „Soll ich dir auch was mitbringen?“     Sie schüttelte den Kopf und ich stellte mich nochmal in die Schlange, die mittlerweile noch länger geworden war. Obwohl ich mich auf die Mittagspause mit ihr gefreut hatte, fühlte ich mich gerade wie im Kreuzverhör, ohne zu begreifen, worauf sie es eigentlich abgesehen hatte. Von dem, was zwischen mir und Sasuke passiert war, konnte sie unmöglich eine Ahnung haben. Nicht einmal ich hatte mir so etwas vorstellen können und ich hatte normalerweise wirklich eine blühende Fantasie. Trotzdem kam sie immer wieder auf das Thema zurück, bohrte immer wieder nach, wollte immer wieder mehr Informationen. Wozu?     Mit einem neuen Teller in der Hand, auf dem ein weiteres belegtes Brötchen lag, kehrte ich an unseren Platz zurück. Mich beschlich ein mulmiges Gefühl, als ich ihren ungeduldigen Blick bemerkte und die Nervosität, die sie nur mit Mühe unterdrücken konnte. Sie lächelte gespielt und strich sich eine Strähne ihres pinken Haares hinters Ohr. Heute trug sie ihre Haare offen, dazu ein weißes Top und pinke Shorts.     „Und was hast du dir geholt?“, fragte sie und linste neugierig auf meinen Teller.     Ich stellte ihn auf dem Tisch ab.     „Nochmal so ein Brötchen“, sagte ich trotzdem überflüssigerweise, einfach nur um irgendetwas zu sagen.     Die Stimmung hatte sich ziemlich verändert seit wir hier saßen. Bei dem Gespräch über Obito hatte ich zum ersten Mal das Gefühl gehabt, etwas Persönliches von ihr zu erfahren. Ich hatte das Gefühl gehabt, dass wir endlich mal nicht nur oberflächlichen Smalltalk geführt hatten. Aber dann war alles plötzlich gekippt. Das Thema hatte sich in eine ganz andere Richtung entwickelt, in eine Richtung die mir ganz und gar nicht gefiel und doch kam es mir so vor, als wäre genau das von vornherein ihre Absicht gewesen.     „Was hat eigentlich Sasuke gegessen, als ihr abends noch in der Redaktion wart?“, wollte Sakura betont beiläufig wissen.     Sie tat so, als würde sie sich desinteressiert in der Bäckerei umsehen und ließ ihren Blick betont langsam über die Leute und die Auslage schweifen. Doch das gab schließlich den Ausschlag, sodass ich ihre Absichten allmählich durchschaute. Wie ich bereits vermutet hatte, hatte sie nicht den Hauch einer Ahnung, was tatsächlich zwischen Sasuke und mir abgelaufen war. In meiner Paranoia hatte ich ihre Fragen einfach nur in die Richtung interpretiert und mich dadurch in die Ecke gedrängt gefühlt.     Wie eine Raubkatze war Sakura mit ihren Fragen um mich herum geschlichen, hatte dabei immer engere Kreise gezogen. Bemüht, ihre wahren Absichten zu verschleiern und mich nicht ausversehen zu verschrecken. Sie wollte etwas. Besser gesagt, sie wollte etwas von mir wissen und das allein war der Grund, warum sie mit mir zusammen Mittagessen wollte. Zuerst hatte sie mich eingewickelt, indem sie mir Komplimente gemacht und mir etwas Persönliches von sich erzählt hatte. Dann hatte sie angefangen, mich mit ihren Fragen immer weiter einzukreisen, hatte zwischendrin immer mal wieder ein paar Fragen eingeworfen, die mich verwirren sollten.     Dabei galt ihr Interesse gar nicht mir. Es galt noch immer ihm.     „Wenn du etwas über Sasuke wissen willst, dann frag ihn doch selber“, fauchte ich mit vor Wut zu Schlitzen verengten Augen.     Ich kam mir so unglaublich gedemütigt vor, da ich wirklich geglaubt hatte, sie hätte ehrliches Interesse an mir. Wenn ich jedoch ehrlich zu mir selbst war, wäre das sowieso zu schön gewesen, um wahr zu sein. Eigentlich hatte ich ja auch von Anfang an daran gezweifelt, dass sie es tatsächlich ernst meinte. Doch ihre Reaktion auf meine Aussage, dass Sasuke nicht mitkommen würde, war so erleichtert gewesen, dass ich es zu meinen Gunsten interpretiert hatte. Dabei war sie einfach nur erleichtert gewesen, dass sie mich in aller Ruhe und unauffällig über ihn ausquetschen konnte. Das ging schließlich schlecht, wenn er direkt daneben saß.     Mir war der Appetit vergangen.     „Was? Naruto… warte doch mal“, rief sie überrumpelt.     Wortlos war ich von meinem Stuhl aufgestanden und griff nach dem Tablett, auf dem meine beiden Teller standen. Ich hatte erst ein Mal von dem Brötchen abgebissen.     „Jetzt warte doch mal!“, sie packte mich am Arm, als ich das Tablett in die Fächer für die Geschirrrückgabe schob. „So war das doch nicht gemeint.“     „Ach nein?“, fragte ich tonlos.     Ein einziger Blick in ihre Augen genügte mir, um mir zu zeigen, dass ich mit meiner Vermutung Recht gehabt hatte. Langsam schüttelte ich ihre Hand ab und drehte mich dann von ihr weg. Ich war so enttäuscht. Mühsam schluckte ich den dicken Kloß hinunter, der langsam meinen Hals hinaufgekrochen war und meine Luftrühre zusammendrückte. Mit großen Schritten steuerte ich auf die Treppen zu, die hinauf zum Sender führten. Ich wählte bewusst die Treppe, da mir der Aufzug nur wieder einmal mehr vor Augen geführt hätte, dass ich einfach nicht mit Sasuke mithalten konnte. Sein Leben war ein Aufzug, meines war die Treppe. Ein mühsamer Aufstieg und doch würde ich niemals vor ihm oben ankommen können.     Ich vergrub die Hände in den Hosentaschen, nachdem ich die Klingel an der Eingangstür betätigt hatte. Er hatte den Code, ich benutzte die Klingel. Das vertraute Surren ertönte und ich öffnete die Tür. Sofort spürte ich Inos neugierige Blicke auf mir. Bestimmt hatte sie über Sakuras Vorhaben Bescheid gewusst, denn normalerweise verbrachten die beiden ihre Pausen ja immer zusammen.     „Wo ist Sakura?“, fragte sie, wie um meine Vermutung zu bestätigen.     Ich zuckte nur mit den Schultern und ging dann an der Theke vorbei in den Gang zur Redaktion. Als wäre es nicht schon genug, dass Ino noch in meiner Wunde gebohrt hatte, begegnete ich natürlich ausgerechnet Sasuke. Er kam mir mit anmutigen Schritten entgegen und wurde dann langsamer als er mich sah.     „Wo ist meine Pizzastange?“, fragte er.     Sein Blick glitt einmal von oben nach unten über meinen ganzen Körper, als müsste er sich vergewissern, dass ich sie nicht doch irgendwo versteckt hatte. Wortlos wollte ich an ihm vorbeigehen, doch er ließ es nicht zu und packte mich stattdessen grob am Oberarm. In dem Moment spürte ich, wie bei mir eine Sicherung durchbrannte.     „Leck mich doch, du scheiß Wichser!“, schrie ich ihn an, riss mich los und stieß ihn aggressiv von mir weg, sodass er mit dem Rücken hart an die Wand prallte.     Fassungslos sah er mir hinterher, als ich schließlich doch auf dem Absatz kehrt machte und statt der Redaktion, das Parkdeck ansteuerte. Ich brauchte erstmal frische Luft.     Kapitel 15: ------------   -15-     Ich war gerade damit beschäftigt, Kaffee aus einer Tasse in meine Thermoskanne umzufüllen, ohne dabei die Hälfte über meine winzig kleine Küchentheke zu verschütten. Es stellte sich als gar nicht mal so leicht heraus, da der Kaffee in breiten Bahnen über den Rand der Tasse schwappte, während der Hals der Thermoskanne nur bedingt ausreichend Fassungsvermögen hatte. Als es dann auch noch plötzlich klingelte, erschrak ich so sehr, dass sich rund um meine Tasse eine braune Pfütze bildete.     „Scheiße“, fluchte ich leise und griff schnell zu der Rolle Küchenpapier, um das Gröbste aufzuwischen.     Wieder klingelte es und ich warf den mittlerweile durchtränkten Fetzen einfach in die Spüle. Wer auch immer da an der Tür war, hatte wohl ein sehr dringendes Anliegen. Dieser Eindruck wurde nicht zuletzt durch die Uhrzeit – es war erst kurz nach fünf Uhr morgens –noch verstärkt. Normale Menschen waren um diese Uhrzeit noch lange nicht wach und klingelten schon gar nicht an der Tür von anderen Menschen. Wer konnte das sein?     Es dauerte eine Weile, bis ich meinen Wohnungsschlüssel gefunden hatte und ich nutzte die Zeit, um den morgendlichen Besucher zumindest schon mal über den Summer ins Treppenhaus zu lassen.     Aus irgendeinem Grund rechnete ich damit, dass es Sasuke war. Erstens kannte ich sonst kaum jemanden, der um diese Zeit schon wach und unterwegs war, und zweitens hatte er sich gestern irgendwie komisch verhalten. Nachdem ich ihn im Gang so angepöbelt hatte, hatte er mich den ganzen Tag über nicht mehr angesprochen und hatte fast so gewirkt, als würde es ihn nicht weiter interessieren. Vielleicht hatte er jetzt doch noch das Bedürfnis entwickelt, mir aus Rache eine reinzuhauen. Er hatte ein Auto. Und er könnte ohne Probleme herausfinden, wo ich wohnte.     Doch es kam anders. Als ich die Tür öffnete, konnte ich Sakura erst mal nur überrascht anstarren.     „Morgen Naruto“, sagte sie leise. „Hab ich dich geweckt?“     Ich war zu perplex um zu antworten und schüttelte einfach nur den Kopf, während ich im Türrahmen stehen blieb und ihr so die Sicht auf meine Wohnung verstellte. In der Küche, die sich direkt hinter dem Eingangsbereich befand, herrschte noch immer absolutes Chaos und auch sonst war ich nicht gerade der ordentlichste Typ. Es war mir peinlich, das vor ihr zuzugeben.     „Kann ich reinkommen?“, fragte sie dann jedoch.     Einen Moment lang zögerte ich, dann trat ich aber doch zur Seite. Die Regeln der Höflichkeit verboten es mir einfach, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen und sie wieder fortzuschicken. Dabei spielte es keine Rolle, dass sie gestern versucht hatte, mich über Sasuke auszuhorchen und ich eigentlich noch immer stinksauer auf sie war. Abgesehen davon war ich auch ziemlich neugierig, was sie überhaupt von mir wollte.     Sakura betrat den winzig kleinen Flur, in dem sich auch meine Küche befand und der direkt in meinen Wohn- und Schlafbereich mündete und sah sich dann eine Weile um. Meine Wohnung war nicht besonders groß, bestand aus nur einem Zimmer, das ziemlich vollgestopft war. Die Einrichtung war nicht besonders schick oder modern, aber sie war praktisch und ich konnte damit leben.     „Nett hast du’s hier“, merkte Sakura an.     Ihr Blick wanderte über die bunt zusammengewürfelten Möbel, die im Gesamtbild dann doch eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlten und blieb dann an meiner kleinen Sofaecke hängen, bestehend aus einer abgenutzten braunen Ledercouch und einem ebenso in die Jahre gekommenem Couchtisch, auf dem sich allerlei Krimskrams türmte.  Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie ihre Aussage ernst gemeint hatte oder einfach nur höflich sein wollte.     „Setz dich doch einfach kurz“, bat ich und hoffte, sie würde nicht allzu genau hinsehen, was da alles rumlag. „Möchtest du einen Kaffee oder sowas?“     „Ein Glas Wasser wäre nett“, antwortete sie lächelnd.     Im Vorbeigehen schob ich mit dem Fuß betont unauffällig ein paar Sachen unter mein Bett, die auf dem Fußboden gelegen hatten, um die Unordnung, die hier herrschte, ein wenig zu kaschieren. Noch immer fragte ich mich, was sie eigentlich hier wollte und was ihr Besuch zu so früher Stunde sollte. Sie hatte mich komplett überrumpelt und es war mir fast ein wenig peinlich. In weniger als einer Stunde wären wir uns sowieso im Sender begegnet, aber anscheinend war es so dringend, dass sie nicht mehr warten konnte. Ging es wieder um Sasuke?     Wie als hätte sie meine Gedanken gehört, begann Sakura plötzlich wieder zu sprechen.     „Ich wollte nochmal mit dir unter vier Augen sprechen und dachte mir, der Sender ist dafür vielleicht nicht gerade der beste Ort.“     Ich stellte das Glas Wasser vor ihr auf dem Tisch ab und setzte mich dann auf die andere Ecke der Couch.     „Okay.“     Abwartend sah ich sie an, da ich nicht wusste, was ich sonst noch dazu sagen sollte. Sie wollte also nochmal mit mir reden. Vermutlich machte sie sich Sorgen darüber, dass die Situation gestern die Stimmung während der Sendung beeinflussen könnte oder dass Sasuke am Ende etwas mitbekam. Ich nannte es bewusst Situation, da es kein richtiger Streit gewesen war. Wir hatten uns nicht gestritten, immerhin hatte es zu keiner Zeit eine verbale Auseinandersetzung gegeben, sie hatte mich einfach nur enttäuscht.     „Du hattest Recht“, sagte Sakura leise und studierte dabei intensiv die Maserung des Holztisches. „Ich hab gestern wirklich versucht, dich über Sasuke auszuhorchen.“     Das war keine Überraschung mehr für mich, dennoch nickte ich.     „Er erzählt sehr wenig über sich. Und wenn, dann wirkt es immer so berechnend, so als würde er immer ganz genau darauf achten, was er von sich preisgibt. Aber wenn er mit dir zusammen ist, dann ist das irgendwie … anders.“     Irritiert hob ich eine Augenbraue.     „Wie du gestern schon festgestellt hast, haben wir nicht gerade das beste Verhältnis“, erinnerte ich Sakura. „Wenn wir miteinander reden, dann streiten wir uns meistens oder versuchen uns gegenseitig eins reinzuwürgen. Er erzählt mir keine persönlichen Dinge von sich.“     Ganz im Gegenteil. Ich erinnerte mich an den Moment, als er mich dabei erwischt hatte, wie ich mich über seinen Bruder Itachi informiert hatte. Dass ich so tief in seine Privatsphäre eingetaucht war, hatte er ganz und gar nicht gut aufgenommen und mir war es nur unter größten Schwierigkeiten gelungen, die Situation irgendwie wieder zu entschärfen. Abgesehen davon hatte ich das Gefühl, dass er diesen kleinen Kontrollverlust am Ende auf seine Art und Weise wieder ausgeglichen hatte. Eingesperrt in einer winzigen Klokabine.     „Das meine ich gar nicht“, Sakura schüttelte den Kopf. „Ich hab einfach das Gefühl, dass er sich bei dir irgendwie nicht so gut kontrollieren kann. Aber das spielt jetzt auch keine Rolle! Fakt ist, dass es nicht richtig von mir war, dich auszuhorchen – egal was die Gründe dafür waren. Das war `ne scheiß Aktion von mir. Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Naruto.“     Endlich löste sie ihren Blick von der Tischplatte und sah mir nun fest in die Augen. Ich konnte deutlich erkennen, dass das Thema sie belastete und dass ihre Entschuldigung ernst gemeint war. Allein die Tatsache, dass sie extra noch vor der Arbeit hierher gefahren war, zeigte, wie schuldig sie sich fühlte.     „Schon okay“, winkte ich ab.     Und irgendwie war es das wirklich. Gestern Abend noch hatten all diese Gefühle unerbittlich an mir genagt und mir dadurch das Einschlafen erheblich erschwert. Enttäuschung. Erniedrigung. Wut. Jetzt fühlten sie sich nur noch an wie ein fader Nachgeschmack, der weit in den Hintergrund gerückt war und ich fühlte mich seltsam befreit. Mein Groll war verraucht, als hätte Sakura mit ihrem Auftauchen den Stöpsel aus einer riesigen Badewanne gezogen.     „Du darfst das nicht falsch verstehen, Naruto“, fuhr sie eindringlich fort. „Es ist nicht so, dass ich nur Zeit mit dir verbringen möchte, um etwas über Sasuke zu erfahren. Ich kann dich gut leiden und komme mit dir gut klar. In den letzten paar Tagen hab‘ ich mich irgendwie schon richtig an dich gewöhnt und kann es mir mittlerweile gar nicht mehr anders vorstellen, als mit euch beiden. Mit Sasuke und mit dir. Aber mit dir zu sprechen ist so viel einfacher! Man muss dir nicht ständig alles aus der Nase ziehen oder immer darauf aufpassen, was man sagt. Ich kann einfach das sagen, was mir in den Sinn kommt und weiß, dass ich eine Antwort darauf kriege, mit der ich auch etwas anfangen kann. Das ist bei Sasuke leider nicht immer so…“     Fast musste ich ein wenig schmunzeln, da sie ihn meiner Meinung nach ziemlich treffend beschrieben hatte und das, obwohl er sich ihr gegenüber noch immer Mühe gab, seine Maske aufrechtzuerhalten, die er auch den Hörern nach draußen zeigte. Doch offenbar hatte sie erkannt, dass es sich größtenteils um eine Maske handelte und das bedeutete, dass ihre Schwärmerei für ihn nicht so oberflächlich war, wie ich bisher immer angenommen hatte. Seltsamerweise störte mich diese Erkenntnis nicht ansatzweise so sehr, wie ich es eigentlich erwartet hätte.     „Sasuke ist manchmal ein Arschloch“, stimmte ich Sakura zu. „Aber er kann auch ganz okay sein. Manchmal … glaube ich.“     Sakura lachte und ich spürte wieder einmal so etwas wie Stolz, der mich mehr und mehr erfüllte, doch diesmal war es anders als sonst. Kein Herzklopfen. Ihr Lachen sendete keine warmen Wellen durch meinen Körper und ich fühlte mich eher so, als hätte ich gegenüber einem Kumpel einen guten Witz gebracht. Kein Herzklopfen. Es war als hätte sich der Zauber, der sie bisher immer umgeben hatte, einfach in Luft aufgelöst und nun war ihr Lachen eben einfach nur noch ihr Lachen. Kein Herzklopfen. Keine heimliche Schwärmerei, wenn sie in meiner Nähe war. Gestern noch wäre ich vor Freude im Kreis gehüpft, wenn ich erfahren hätte, dass sie heute Morgen hier auf meiner Couch sitzen würde. Jetzt war es mir seltsamerweise relativ egal.      „Oh Naruto, du bist unverbesserlich“, stellte sie dann grinsend fest.     Eine Weile schwiegen wir, doch es war kein unangenehmes Schweigen. Ich hing meinen Gedanken nach und fragte mich, was plötzlich passiert war, dass es mir nichts mehr ausmachte mit ihr über Sasuke zu reden. Nachdem sie mich gestern gefragt hatte, ob ich mit ihr zusammen Mittagessen gehen würde, hatte mein Herz wahre Freudentänze aufgeführt. Die Ernüchterung hatte mich am Ende dafür umso härter getroffen und ich hatte lange erfolglos damit gekämpft, diese indirekte Zurückweisung irgendwie zu ertragen. Jetzt wo sie hier saß, neben mir auf dem Sofa und an ihrem Wasser nippte, fühlte es sich plötzlich bei Weitem nicht mehr so unerträglich an. Dass sie extra hierher gefahren war, um sich bei mir zu entschuldigen, zeigte mir, dass ich ihr wenigstens nicht ganz egal war. Das reichte mir. Auch wenn ich wohl immer in Sasukes Schatten stehen würde.     „Der Bastard hat es dir ganz schön angetan, hm?“, fragte ich schließlich in die Stille hinein.     Ein wenig beschämt wich sie meinem Blick aus.     „Das kann ich wohl schlecht leugnen, was?“     Sie versuchte sich an einem Lachen, aber es wollte wohl nicht so richtig gelingen. Ich wartete auf den unangenehmen Stich in meinem Herzen, doch es passierte nichts.     „Das soll jetzt nicht eifersüchtig oder so klingen“, ich hob demonstrativ die Hände vor die Brust. „Aber was findest du an dem Typen?“     Tatsächlich war ich im Moment eher neugierig als eifersüchtig. Vielleicht würde ich nie wieder eine Gelegenheit bekommen, so offen mit Sakura zu reden wie in diesem Moment hier auf meinem Sofa. Es fühlte sich gerade so natürlich an, ihr diese Frage zu stellen, einfach zu fragen, weil es mich interessierte, egal was sie dann von mir denken könnte. Wir waren auf einer Ebene, auf einer Wellenlänge. Die Tatsache, dass auch sie nicht wirklich an Sasuke rankam, machte sie irgendwie menschlicher. Sie stand nicht mehr auf dem Podest, auf das ich sie eigenhändig gestellt hatte.     „Ehrlich gesagt, ist es wahrscheinlich genau das“, murmelte Sakura und betrachtete dabei wieder ausführlich die Tischplatte. „Man kommt so schwer an ihn ran, er ist irgendwie undurchschaubar. Meistens verhält er sich kühl und distanziert, aber manchmal ist er plötzlich ganz anders. Und die Momente sind dann umso spezieller.“     „Und das findest du gut?“, fragte ich überrascht.     Wenn ich so darüber nachdachte, waren das genau die Punkte an ihm, die mich regelmäßig in den Wahnsinn trieben. Sein kühles, distanziertes Verhalten wirkte auf mich eher arrogant und abschreckend. In meinen Augen machte es ihn nicht wirklich sympathisch. An sich hatte ich nichts gegen ein gesundes Selbstbewusstsein einzuwenden, aber Sasukes Ego war definitiv nicht mehr als gesund zu bezeichnen.     „Irgendwie fühlt man sich besonders, wenn er einem dann doch mal seine volle Aufmerksamkeit schenkt“, stellte sie kleinlaut fest. „Findest du nicht?“     Einen Moment lang dachte ich nach. Es stimmte, dass Sasuke Sakura eher selten seine ungeteilte Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ und wenn doch, hatte das meistens berufliche Hintergründe. Ansonsten war er zu ihr meistens höflich, aber distanziert, sowie auch so ziemlich zu jedem anderen in der Redaktion. Mit zwei Ausnahmen. Die erste war Hinata, die er so gut wie gar nicht beachtete und meistens ignorierte, dass sie überhaupt mit im Raum war. Vermutlich lag es daran, dass sie in seinen Augen nur die Praktikantin war und daher in der Hierarchie unter ihm stand.     Die zweite Ausnahme war ich selbst. Wie Sakura bereits festgestellt hatte, richtete Sasuke selten seine Aufmerksamkeit komplett auf eine Person. Verglichen mit allen anderen aus dem Sender, hatte ich jedoch so etwas wie eine Sonderstellung. Allein schon durch die Tatsache, dass ich sein Konkurrent war, musste er mir gezwungenermaßen mehr Beachtung schenken. Alles, was ich tat oder sagte, wurde von ihm beobachtet, analysiert und meistens auch kritisiert, aber das hatte ich bisher immer als selbstverständlich hingenommen. Ich fühlte mich dadurch nicht besonders. Höchstens besonders im negativen Sinne, nämlich so, dass er es mit seinen Sticheleien besonders auf mich abgesehen hatte.     „Ehrlich gesagt wäre ich ganz froh, wenn er sich mal jemand anderen suchen würde, auf dem er dann rumhacken kann.“     Verlegen grinsend fuhr ich mir mit der Hand über den Nacken und würde jetzt am liebsten das Thema wechseln. Aus irgendeinem Grund hatte ich plötzlich ein schlechtes Gewissen. Der Gedanke daran, dass ich Sasuke schon viel näher gewesen war, als Sakura es sich jemals hätte vorstellen können, ließ mich unruhig auf dem Polster hin und her rutschen. Ich fühlte mich schuldig.     Sie sehnte sich nach nichts mehr als nach seiner Aufmerksamkeit und ich fühlte mich dadurch manchmal regelrecht überfordert. Sasuke verhielt sich die meiste Zeit über kühl und distanziert, aber dann kamen wieder Momente, in denen Distanz das Letzte war, das zwischen uns herrschte. Momente, in denen er mir plötzlich viel zu nahe war. Nicht emotional, aber körperlich, was in meinen Augen fast noch schlimmer war, weil ich mich nicht dagegen wehren konnte.       „Ab jetzt verbünden wir uns einfach gegen ihn, wenn er mal wieder ein Arschloch ist“, schlug Sakura schelmisch grinsend vor.     Im ersten Moment war ich überrascht, weil sie ihn als Arschloch bezeichnet hatte, doch im zweiten Moment breitete sich ein Strahlen über mein Gesicht aus. Es konnte nie schaden, einen Verbündeten im Kampf gegen Sasuke Uchiha zu haben, und Sakura befand sich als Moderatorin der Sendung auch noch in einer äußerst vorteilhaften Position.     „Echt jetzt?“, hakte ich vorsichtshalber nochmal nach.     Sie lachte.     „Klar!“     Ich wusste nicht, ob es an der gelösten Stimmung lag, die nun zwischen uns herrschte, oder ob sie einfach erleichtert war, dass ich ihre Entschuldigung sofort angenommen hatte. Normalerweise hätte sie so ein Angebot sicher nicht gemacht und ich war mir auch nicht sicher, wie ernst sie es meinte. Wenn sie Sasuke gegenüberstand, würden wahrscheinlich sowieso alle Gedanken an unseren Pakt wie weggefegt sein, aber das machte nichts, denn ich wusste, dass die Gedanken einmal dagewesen waren. Und der Gedanke zählte.     „Oh scheiße!“, rief ich plötzlich. „Ich komm‘ viel zu spät zur Arbeit!“     Über das ganze Geplaudere und die Freude darüber, dass wir uns so gut verstanden, hatte ich komplett vergessen, dass ich meinen Wecker nicht umsonst so früh am Morgen gestellt hatte. Normalerweise dauerte es etwa eine halbe Stunde, bis ich einigermaßen vorzeigbar war. Dazu kam dann noch die Zeit, die ich brauchte um mit meinem Rad zum Sender zu kommen, was ebenfalls mindestens zwanzig Minuten waren. Das Umfüllen des Kaffees und das Gespräch mit Sakura hatten mich auch mindestens zwanzig Minuten gekostet.     Glücklicherweise erinnerte mich Sakura jedoch daran, dass sie mit dem Auto gekommen war und wir so nicht lange zum Sender brauchen würden. Ich hatte noch genug Zeit, um meine Tasche zu packen und mir Schuhe und Jacke anzuziehen, während ich Sakura so lange einfach den Fernseher anmachte. Gestern noch hätte ich mir eine solche Situation unter keinen Umständen vorstellen können und jetzt kam es mir vor wie das Normalste auf der Welt. Mein Verhältnis zu Sakura war plötzlich so unkompliziert geworden.     Dasselbe konnte ich von meinem Verhältnis zu Sasuke allerdings nicht behaupten. Dass Sakura sich zu ihm hingezogen fühlte, konnte ich ja irgendwie unfreiwillig nachvollziehen. Ihre Gründe dafür allerdings weniger. Wie ich schon einmal festgestellt hatte, strahlte Sasuke irgendetwas aus, was ihn für mich anziehend machte. Was es genau war, konnte ich allerdings nicht in Worte fassen. Jedenfalls hatte es definitiv nichts mit seinem unterkühlten Charakter zu tun und wenn ich die Wahl hätte, wurde ich wahrscheinlich lieber auf seine Aufmerksamkeit verzichten.     Als ich mir schließlich den Riemen meiner Umhängetasche über die Schulter warf, wartete Sakura bereits ungeduldig, in einer Hand die Fernbedienung und in der anderen ihre Autoschlüssel. Sie sprang sofort vom Sofa auf und schaltete den Fernseher aus. Dann ging sie auf die Wohnungstür zu. Ihr Verhalten ließ keinen Zweifel daran, dass ich nicht noch die Zeit hatte, meine halb präparierte Kaffee-Thermoskanne aufzufüllen und in meine Tasche zu packen, weswegen ich sie mit einem letzten sehnsüchtigen Blick schließlich auf der Küchentheke stehen ließ.     Sakura fuhr einen roten Mini, was irgendwie zu ihr passte. Ihr Fahrstil war ein bisschen hektisch, aber möglicherweise lag das auch nur daran, dass wir etwas spät dran waren. Als wir auf das Parkdeck fuhren, erkannte ich etwas weiter vorne Sasuke, der ebenfalls gerade angekommen war und elegant aus seinem Auto stieg. Mit einer Hand fuhr er sich durch die Haare, die leicht vom Wind zerzaust wurden, und ließ seinen Blick einmal über das Parkdeck schweifen.     Sakura parkte mit Schwung ein und riss dann ebenfalls schwungvoll die Autotür auf. Laute Konoha Kiku Chartmusik schallte über das ganze Parkdeck und erregte somit auch Sasukes Aufmerksamkeit. Seine Augen verengten sich ein wenig, als ich auf der Beifahrerseite des roten Minis ausstieg. Ich konnte mir ein dickes Grinsen nicht verkneifen und schlenderte betont lässig hinter Sakura her in Richtung Sender, wobei er seinen Blick nicht ein einziges Mal von mir löste, bis wir schließlich auf seiner Höhe waren und er zu uns stieß.     „Ihr seid zusammen hergekommen?“, sprach er das Offensichtliche aus.     Sakura wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als ich beschloss, dass Sasuke ruhig denken konnte, was er wollte.     „Ja, sind wir“, sagte ich deshalb nur.     Auch Sakura hatte dem nichts weiter hinzuzufügen, da sie wohl gemerkt hatte, dass wir mit einem Mal Sasukes Interesse geweckt hatten, auch wenn er es sich nicht so richtig anmerken lassen wollte. Und das war wiederum genau das, was sie wollte.   Kapitel 16: ------------ -16-     Shikamaru ließ seinen Kugelschreiber geschickt durch die Finger der rechten Hand gleiten, während er mit der anderen Hand den Telefonhörer an sein Ohr presste und wartete. Genervt stieß er einen Schwall Luft aus und wippte ungeduldig mit dem Bein. Im Vergleich zu mir war er jedoch noch immer die Ruhe in Person und das war es vermutlich auch, was ihn so nervte. Er warf mir einen mahnenden Blick zu, der mich wahrscheinlich davon abhalten sollte, weiterhin gespannt von einem Bein aufs andere zu hüpfen.     Seit Sakura uns am Morgen unsere Aufgabe für den heutigen Tag mitgeteilt hatte, war ich fast keine Sekunde lang mehr ruhig gewesen. Sasuke lag momentan mit einem Punkt vorne und wenn ich noch eine Chance haben wollte, ihn einzuholen, musste ich mich jetzt ranhalten, denn es würde sicher nicht einfach werden. Die heutige Aufgabe erforderte vor allen Dingen Kreativität. Eine Eigenschaft, die ich definitiv hatte, aber ich traute auch Sasuke zu, dass er etwas Cooles auf die Beine stellen würde.     „Hey Choji, hier ist Shikamaru“, Shikamarus Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich spürte, wie ich noch ungeduldiger wurde als sowieso schon.     Offensichtlich hatte er endlich die Person erreicht, der er nun schon eine ganze Weile lang hinterher telefonierte. Schwer beschäftigt, dieser Choji. Oder aber es lag einfach nur daran, dass es dort, wo er arbeitete, nicht an jeder Ecke ein Telefon gab, über das man ihn erreichen konnte.     „Ja, alles gut bei mir“, hörte ich nach einer kurzen Pause wieder Shikamarus Stimme. „Hör mal, ich ruf an, weil ich mich gefragt habe, ob ihr für eine kurzfristige Promo-Aktion zu haben wärt.“     Angespannt hielt ich die Luft an. Das war jetzt wohl der Moment der Wahrheit, der darüber entscheiden würde, ob meine spontane Idee zu einem riesen Event oder aber zu einem peinlichen Fiasko werden würde. An sich hatte Shikamaru keine Zweifel daran gehabt, dass sein alter Kumpel Choji mit am Start sein würde, doch die Vorlaufzeit für die Organisation war wirklich stark begrenzt und kurzfristig war im günstigsten Fall noch milde ausgedrückt.     „Mein Kollege Naruto hatte da so eine Idee, die ziemlich cool klingt. Am besten, du sprichst selber mal mit ihm.“     Mit diesen Worten reichte Shikamaru mir das Telefon weiter und grinste aufmunternd. Ich nickte ihm dankbar zu und griff nach dem Hörer, wobei ich nur zu deutlich den dünnen Schweißfilm wahrnahm, der sich auf der Innenseite meiner Handfläche gebildet hatte. Fast wäre er mir aus der Hand gerutscht und Shikamaru verdrehte nur belustigt die Augen. Er hatte gut reden, immerhin war es sein alter Kumpel und für ihn hing auch nicht so viel von diesem Gespräch ab.     Trotzdem war ich mehr als nur dankbar für seine Hilfe, denn es war nicht gerade selbstverständlich, dass Shikamaru so viel Mühe auf sich nahm, um mich bei meiner Aktion zu unterstützen. Für gewöhnlich reduzierte er seinen Arbeitsaufwand möglichst auf ein Minimum und machte darüber hinaus keinen Finger krumm. Meine Idee hatte ihn allerdings so sehr überzeugt, dass er seine Prinzipien kurzerhand über den Haufen geworfen hatte, um mit Tsunade zu sprechen und anschließend seinen Kumpel Choji anzurufen.     Unsere heutige Aufgabe bestand darin, im Laufe des Tages an einem Ort unserer Wahl und zu einem Thema unserer Wahl eine Art Flashmob zu organisieren. Gewinner war derjenige, der es schaffte, mehr Leute um sich herum zu versammeln. Jeder von uns würde von einer Person begleitet werden, die das Ganze dann dokumentierte und gleichzeitig verwertbare Aufnahmen für die Sendung machen sollte. Immerhin wollte der Sender möglichst auch von der ganzen Aktion profitieren.     Bei dem Gedanken an mehrere Leute auf einem Haufen, waren mir seltsamerweise als allererstes Schüler eingefallen. Letzte Woche waren noch Ferien gewesen, doch seit gestern hatte der Unterricht wieder begonnen. Da es erst Vormittag war, würden sie noch eine ganze Weile in der Schule anzutreffen sein und das war genau der Punkt, an dem ich ansetzen wollte. Irgendwie hatte ich schon immer einen guten Draht zu Kindern gehabt und ich war mir sicher, dass sie sich über ein bisschen Abwechslung freuen würden.     Als ich noch Schüler gewesen war, hatte Konoha Kiku in unserem Pausenhof mal ein Gratiskonzert mit verschiedenen Bands veranstaltet. Damals hatten zwar Sakura und Tobi noch nicht als Moderatoren bei Akatsuki gearbeitet, doch es war das erste Mal gewesen, dass ich den Sender bewusst wahrgenommen hatte. Konoha Kiku hatte für das Konzert die einstündige Mittagspause genutzt, was für uns Schüler natürlich eine willkommene Abwechslung gewesen war.     Da ich blöderweise keine Band parat hatte, die für mich ein Gratiskonzert spielen konnte, musste ich mir etwas anderes überlegen, womit ich den Schülern eine Freude machen konnte. Abgesehen davon durfte es auch nichts zu Verrücktes sein, weil man für Aktionen an der Schule noch immer die Zustimmung des Schulleiters brauchte. Ich hatte einen Moment lang darüber nachgedacht, worüber ich mich als Schüler immer gefreut hatte und war schließlich auch zu einer Erkenntnis gelangt, die mich mit Begeisterung erfüllte: Essen. Mit Gratisessen hätte man mich jederzeit und sofort auf seiner Seite gehabt.     Da ich jedoch keine Ahnung hatte, wie ich auf die Schnelle an eine riesige Menge Gratisessen kommen sollte, hatte ich mich kurzerhand an Shikamaru gewandt, der sich mit sowas sicher besser auskannte. Zu meinem großen Glück kannte er tatsächlich jemanden, der uns eventuell aushelfen konnte. Choji Akimichi. Chojis Familie war Inhaber einer großen Bäckereikette in Konoha und hatte in der Vergangenheit schon öfter gemeinsam mit Konoha Kiku verschiedene Werbeaktionen gestartet.     Wenn es gut lief, würde ich sie vielleicht dazu überreden können, kurzfristig das Sponsoring für meine Aktion zu übernehmen. Und das hoffte ich wirklich. Nicht nur um meinetwillen, sondern auch für die ganzen Schüler, denen wir damit sicher eine riesen Freude machen würden. Abgesehen davon war es natürlich gute Publicity für beide Seiten, sowohl für den Sender als auch für Akimichi Backwaren. Shikamaru meinte, dass vom Morgen oftmals einige Waren übrig blieben, die dann zurück in die Zentrale geschickt wurden. Für gewöhnlich wurden diese Waren an die Mitarbeiter verteilt oder entsorgt.     „Das ist ganz schön kurzfristig“, Chojis Stimme klang ziemlich skeptisch und ich konnte sprichwörtlich vor meinem inneren Auge sehen, wie er nachdenklich die Stirn runzelte. „Wann genau beginnt denn die Mittagspause?“     Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe. Mit so einer Reaktion hätte ich eigentlich rechnen müssen.     „In zweieinhalb Stunden.“     Choji stieß einen Schwall Luft aus, was durch das Telefon zu einem lauten Rauschen wurde, sodass ich am liebsten den Hörer ein Stück weit vom Ohr weggehalten hätte. Er murmelte irgendetwas vor sich hin und bat mich dann einen Moment zu warten. Ein leises Klackern verriet mir, dass er wohl den Hörer auf dem Tisch abgelegt hatte. Den Geräuschen nach zu urteilen, befand er sich in einer etwas größeren Halle, in der wohl mehrere Personen beschäftigt waren. Wahrscheinlich musste er sich erst mit seiner Familie absprechen.     „Und?“, erkundigte sich Shikamaru neugierig.     Ich zuckte mit den Schultern.     „Ich soll kurz warten.“     Shikamaru nickte verstehend und lehnte sich dann lässig in seinem Stuhl zurück, die Hände in den Hosentaschen vergraben.     „Mach dir keine Sorgen“, meinte er beruhigend. „Wenn es um hungrige Schüler geht, ist Choji sicher der Letzte, der kein Mitgefühl aufbringen kann.“     Ich musste lachen und wusste nicht ganz, ob das eine Anspielung auf meine herzzerreißende Schilderung der Idee sein sollte. Möglicherweise hatte ich in meiner Begeisterung ein bisschen übertrieben, als ich Choji den Plan erklärt hatte. Vielleicht war es aber auch nur eine Anspielung auf Chojis Figur, denn laut Shikamaru war er ziemlich dick, was ich aber niemals in seiner Gegenwart erwähnen sollte.     „Hey Naruto, bist du noch dran?“     Mein Griff um den Telefonhörer wurde sofort fester und mein Puls schoss leicht in die Höhe.     „Ja, ich bin noch dran“, bestätigte ich aufgeregt.     „Also, ich hab nochmal in der Produktion nachgefragt und auch mit meinem Vater gesprochen und es scheint so, als hätten wir tatsächlich einiges von heute Morgen übrig, das wir euch zur Verfügung stellen könnten.“     Am liebsten wäre ich vor Freude aufgesprungen und hätte beide Arme in die Luft geworfen, doch das war mit dem Telefonhörer in der Hand wohl keine so gute Idee. Außerdem wollte ich Sasuke nicht unnötig auf mich aufmerksam machen. Der war heute schon den ganzen Tag lang wie eine Katze um Sakura und mich herumgeschlichen und hatte jeden unserer Schritte genauestens beobachtet. Dass wir heute Morgen gemeinsam im Sender aufgetaucht waren, hatte ihn ziemlich misstrauisch gemacht. An sich störte es mich nicht, wenn er mitbekam, was ich tat, doch gerade war ich so begeistert von meiner eigenen Idee, dass ich Angst hatte, er könnte sie mir klauen.     „Das ist großartig“, beteuerte ich stattdessen euphorisch. „Wann kann ich das Zeug abholen kommen?“     Choji überlegte einen Moment.     „Es wird ein bisschen dauern, bis wir alles aussortiert haben, was ihr mitnehmen könnt, also frühestens in einer Stunde. Wahrscheinlich ist es aber sowieso praktischer, wenn ihr einfach auf dem Weg zur Schule hier vorbei kommt.“     Ich überschüttete Choji noch mit zusätzlichen Danksagungen und besprach dann mit ihm das weitere Vorgehen. Neben den Backwaren würde er mir auch noch ein paar Werbebanner und Flyer der Bäckerei mitgeben, die ich dann strategisch günstig positionieren und verteilen sollte. Außerdem bat er mich, die Aktion auch in Fotos zu dokumentieren, sodass die Bäckerei anschließend auf ihrer Webseite damit werben konnte. Ich versprach, ein paar Extrafotos für ihn zu machen, und verabschiedete mich dann.     Der nächste Anruf ging mir schon viel leichter von der Hand. Wieder war es Shikamaru, der den Kontakt herstellte, da er schon des Öfteren mit dem Schulleiter des hiesigen Gymnasiums telefoniert hatte. Glücklicherweise war der Mann namens Onoki auch recht schnell zu begeistern, insbesondere da Akimichi Backwaren für alle Kosten aufkommen würde. Wir mussten nur versprechen, die Aktion keinesfalls über die Mittagspause hinaus auszudehnen, sodass der reguläre Schulbetrieb nicht gestört werden würde, und er entschuldigte sich schon mal im Voraus, dass er wohl eher nicht persönlich anwesend sein konnte. Scheinbar hatte er schon seit geraumer Zeit Probleme mit seinem Rücken und verließ sein Büro nur im äußersten Notfall. Damit ich dennoch einen Ansprechpartner hatte, versprach er die Organisationsgruppe von der Schülerverwaltung zu mobilisieren.     Zufrieden legte ich den Telefonhörer zurück auf die Station und grinste Shikamaru an, der ebenfalls anerkennend nickte.     „Jetzt müssen wir die Aktion nur noch ankündigen und dir passende Klamotten anziehen.“     „Passende Klamotten?“, wiederholte ich irritiert.     Langsam ließ ich meinen Blick an mir herunterwandern. Heute trug ich sandfarbene Shorts und dazu ein schlichtes einfarbiges T-Shirt. Ich wüsste nicht, was man daran aussetzen konnte.     „Na so Senderklamotten halt“, meinte Shikamaru schulterzuckend und deutete dann in Richtung Gang. „Draußen im Lager sind extra T-Shirts und Jacken und sowas, die mit dem Senderlogo bedruckt sind. Nimm Sasuke gleich mit, der soll sich auch umziehen, bevor er losgeht. Und falls ihr sonst noch was von dem Zeug braucht, was da rumliegt, bedient euch ruhig.“       Ich nickte brav und ging dann rüber zu Sasuke, der an einem der Schreibtische in der Mitte der Redaktion saß und parallel verschiedene Webseiten geöffnet hatte. Neugierig versuchte ich einen Blick darauf zu erhaschen, doch er minimierte sofort seinen Browser, als er mich näher kommen sah, und verengte gereizt seine Augen zu Schlitzen.     „Was willst du?“, fragte er tonlos.     Wahrscheinlich war es die Stimmlage, die bei ihm rauskam, wenn er sich keinerlei Mühe machte freundlich zu klingen. Nachdem ich ihn gestern so angepöbelt hatte, konnte ich aber wohl auch nichts anderes erwarten.     „Wir sollen uns für unsere Flashmob-Aktion Klamotten aus dem Lager holen“, erklärte ich ihm. „Mit Senderlogo und so. Und falls du noch was anderes brauchst, kannst du es dir auch nehmen.“     Er stöhnte genervt und fuhr sich dann mit der Hand durch die Haare – eine Geste, die ich bei ihm noch nie gesehen hatte. Scheinbar verliefen die Vorbereitungen für seinen Flashmob nicht ganz so, wie er es sich vorstellte oder aber er hatte einfach keine Lust auf die ganze Aktion. Egal was es war, im Endeffekt konnte es mir nur Recht sein. Mit dem rechten Mauszeiger schloss er auf einen Schlag alle Tabs, die er geöffnet hatte und ging dann an mir vorbei in Richtung Lager. Ich folgte ihm. Vor der Tür musste er schließlich stehen bleiben, weil sie verschlossen war und Shikamaru mir den Schlüssel gegeben hatte.     Als ich aufsperrte, spürte ich schon wieder seine kritischen Blicke in meinem Rücken, als würde er erwarten, dass ich nicht mal das hinbekam. Ich stieß die Tür auf und wurde erstmal von erdrückender Dunkelheit empfangen. Das Lager hatte keinerlei Fenster und ich konnte nur schemenhaft erkennen, wie sich vollgestellte Regale an den Wänden türmten. Das Licht, das vom Gang aus in den Raum fiel, kam nur gedämpft an, da es von allen Seiten geschluckt wurde. Es flackerte leicht, als ich den Lichtschalter drückte und eine einzelne Glühbirne, die lose von der Decke baumelte, zum Leben erwachte.     „Na herrlich“, kommentierte Sasuke trocken.     Mein erster Eindruck hatte mich nicht getäuscht. Es war wirklich vollgestellt. Der Raum war sogar noch kleiner, als ich zunächst gedacht hatte und es sah so aus, als würde hier keinerlei System herrschen. Das toppte sogar die Willkür mit der ich regelmäßig mein Geschirr in den Schränken meiner viel zu kleinen Küche verstaute. Ich hatte keine Ahnung, wie wir hier etwas finden, geschweige denn das Gefundene aus den Massen an Krimskrams, die uns in alle Richtungen den Weg versperrten, befreien sollten.     Auf der einen Seite war ich verzweifelt, auf der anderen Seite fühlte ich mich wie ein Kind im Spielzeugladen. Neugierig bahnte ich mir einen Weg durch die verschiedenen Kisten, die überall im Weg standen und begann den Inhalt der Regale zu inspizieren. Sasuke folgte mir und schloss dann die Tür hinter uns, nachdem er den Schlüssel abgezogen hatte, der immer noch draußen steckte. Nochmal wollten wir uns nicht aus Versehen selber einsperren, auch wenn heute immerhin mehr Leute in der Redaktion waren, die uns hören konnten.     „Guck mal Sasuke, kennst du das noch?“     Begeistert zog ich das Megafon aus einem der unteren Fächer, das von verschiedenen alten Schallplatten eingerahmt war. Er rollte nur mit den Augen und begann seinerseits die Umgebung zu inspizieren. Angewidert verzog er das Gesicht, als er eine kleine Staubwolke aufwirbelte beim Versuch ein Plakat aus einem der Kartons zu ziehen. Bei ihm Zuhause war es bestimmt immer klinisch sauber.     „Sakura hat mich heute Morgen besucht“, warf ich plötzlich ein.     Irgendwie wollte ich wissen, wie er darauf reagierte.     „Aha“, antwortete er betont desinteressiert und kramte weiter in dem Karton mit den Plakaten.     Trotzdem konnte ich spüren, dass es ihn mehr interessierte, als er zugeben wollte. Mein Verdacht bestätigte sich, als er nach einer Weile plötzlich doch wieder sprach.     „Ich dachte, ihr habt euch gestritten?“     Ich machte mit der Hand eine wegwerfende Bewegung.     „Ach was, das war doch kein Streit.“     Er zog eine Augenbraue nach oben.     „Dafür, dass es kein Streit war, warst du danach aber ziemlich reizbar.“     Seine Stimme klang ein wenig amüsiert. Ich wusste, dass er auf die Szene im Gang anspielte, doch ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass wir uns wegen ihm gestritten hatten. Trotzdem wunderte es mich, dass er es erst jetzt ansprach.     „Lag vielleicht an dir“, scherzte ich grinsend.     Sasuke lachte jedoch nicht und sah mich stattdessen durchdringend an.     „Willst du mich etwa nicht mit ihr teilen?“     Seine Stimme hatte schon wieder einen leicht rauen Unterton angenommen, der bei mir mit Erinnerungen verknüpft war, die ich am liebsten möglichst tief in meinem Bewusstsein vergraben wollte. Ich beschloss, dass es das Beste war, einfach nicht weiter auf ihn einzugehen und setzte stattdessen meine Suche nach den T-Shirts fort, von denen Shikamaru gesprochen hatte. Es war gar nicht so einfach, sich in diesem Chaos hier einen Überblick zu verschaffen.     Irgendwann hatte ich die richtige Kiste dann doch gefunden und stieß einen triumphierenden Schrei aus.  Der Karton war ziemlich unscheinbar und stand unter einem kleinen, fast quadratischen Tisch, der wiederum vor einem der Regale stand. Auf dem Karton hatte ein kleiner Kugelgrill gestanden, den ich zuerst zur Seite hatte schieben müssen, wobei mir Sasuke natürlich nicht geholfen hatte. Wahllos zog ich ein paar T-Shirts heraus und faltete sie auseinander. Sie waren alle schwarz und auf der Brust und auf dem Rücken prangte unverkennbar das rote Konoha Kiku Logo. Zumindest musste sich Sasuke was die Farbe betraf nicht von seinen Gewohnheiten verabschieden.     „Die sind ja riesig“, stellte er nach einem kurzen prüfenden Blick unzufrieden fest.     Tatsächlich erinnerten die meisten Modelle eher an ein Zelt als an ein T-Shirt. Mit einem Blick auf das Etikett stellte ich fest, dass fast nur XL T-Shirts in der Kiste waren. Ich wühlte noch ein wenig im Karton auf der Suche nach einer anderen Größe. „Hier gibt’s noch eins in L“, stellte ich dann fest und hielt Sasuke das T-Shirt unter die Nase.     Er verzog ablehnend das Gesicht und machte keine Anstalten, mir das Kleidungsstück abzunehmen. Sein Kleidungsstil war eher körperbetont. Auch heute trug er wieder ein eng geschnittenes schwarzes T-Shirt mit V-Ausschnitt. Es war eine lustige Vorstellung, ihn mir in so einem Zelt vorzustellen. Wahrscheinlich würde er einfach nur wahnsinnig schmächtig darin aussehen.      „Na gut, wer nicht will, der hat schon“, sagte ich schulterzuckend.     Dann würde ich das T-Shirt eben nehmen. L war immer noch besser als XL, denn das war dann sogar für meine Verhältnisse viel zu groß. Ich zog mir mein Shirt über den Kopf und spürte dann sofort Sasukes Blick auf meinem Oberkörper. Ungeniert starrte er mich an.     „Geht’s noch?“, fuhr ich ihn an. „Kannst du vielleicht mal woanders hinschauen?“     Seine Augen blitzten mir spöttisch entgegen, nur um dann erneut meinen Körper hinunterzugleiten. Über meine Brust, über meinen Bauch und schließlich blieb er an meinem Schritt hängen. Unter seinen Blicken fühlte ich mich irgendwie entblößter, als ich es letztendlich wirklich war und ich hielt mir wie zum Schutz das Konoha-Kiku-Shirt vor die Brust.     „Findest du das nicht ein bisschen lächerlich?“, fragte er herablassend.     „Was ist daran bitte lächerlich, wenn ich mich vor dir nicht ausziehen will?“, fauchte ich wütend.     Sein Blick wanderte wieder nach oben, genauso wie eine seiner Augenbrauen.     „Naruto, ich hatte schon deinen Schwanz in der Hand“, erinnerte er mich.     Kapitel 17: ------------ -17-   Erschrocken zuckte mein Blick zur verschlossenen Tür. Zum Glück hatte Sasuke sie vorhin hinter uns zugemacht und zum Glück wirkte sie relativ stabil und vor allem schalldicht.     „Spinnst du?“, schimpfte ich. „Sag das doch nicht so laut. Jemand könnte uns hören!“     Bei dem Gedanken daran, dass irgendjemand erfahren könnte, was in der Nacht damals wirklich zwischen uns passiert war, drehte sich mir der Magen um. Vor allem jetzt, nachdem ich mich mit Sakura ausgesprochen hatte, wollte ich unter keinen Umständen, dass sie etwas davon erfuhr oder ihr auch nur ein Gerücht zu Ohren kam, das in diese Richtung ging. Unsere frisch entwickelte freundschaftliche Beziehung war noch zu fragil, um damit klarzukommen, dass ich mir von ihrem Schwarm einen runterholen lassen hatte.     Sasuke kam langsam einen Schritt auf mich zu und schob dabei einen der Kartons mit dem Fuß beiseite. Schnell erhob ich mich, um mit ihm auf einer Höhe zu sein, da ich noch immer vor dem kleinen Tisch und der Kiste mit den T-Shirts gekniet hatte. Seine Augen blitzten herausfordernd.     „Na und“, raunte er. „Es hat dir doch gefallen, oder?“     Diese Stimme. Ich schluckte. Er erwartete ja wohl nicht ernsthaft eine Antwort auf seine Frage. Es reichte schon, dass ich mich dazu herabgelassen hatte, ihn anzubetteln. Daran wollte ich nun wirklich nicht mehr erinnert werden. Unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück, als er noch weiter auf mich zukam. In meinem Rücken spürte ich die Kante des kleinen Tisches, die unangenehm gegen mein Steißbein drückte. Sasukes Miene war mal wieder undurchschaubar und trotzdem fühlte ich mich irgendwie in die Ecke gedrängt.     „Lass uns rausgehen und Shikamaru fragen, ob sie noch irgendwo anders T-Shirts in kleineren Größen haben“, schlug ich vor und ignorierte dabei das nervöse Kribbeln, das sich allmählich in meinem Körper ausbreitete.   Haltsuchend griff ich mit beiden Händen nach der Tischkante in meinem Rücken und versuchte mich einigermaßen lässig dagegen zu lehnen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass Sasuke mein Theater durchschaute. Ihm war schon seit Längerem klar, dass mich seine Nähe nervös machte und er nutzte diesen Umstand nur zu gerne aus. Auch jetzt überbrückte er mühelos die letzte Distanz zwischen uns und ging gar nicht weiter auf meinen letzten Kommentar ein.     Mein Blick wanderte gehetzt zur Tür, die hinaus auf den Gang und in die Redaktion führte. Doch Sasuke hatte sich genau zwischen mich und meinen Fluchtweg geschoben und vereitelte somit jeden Versuch, irgendwie seiner Nähe zu entkommen. Was hatte er vor?     Ich zuckte zusammen, als seine kalten Fingerspitzen mein Schlüsselbein entlang fuhren, während sich sein Blick wieder auf meine Brust fixierte. Das Tempo, in der sie sich hob und senkte, nahm mit jeder seiner Berührungen zu und ich war mir sicher, dass er es merkte. Wie erstarrt verharrte ich in meiner Position, während meine Gedanken rasten und doch zu keinem Ergebnis zu kommen schienen. Sasuke beugte sich in einer einzigen eleganten Bewegung weiter vor und ich konnte spüren, wie seine Haare meine Wange streiften.     „Brauchst du eine Auffrischung?“     Wieder einmal konnte ich nicht verhindern, dass mein Körper auf ihn reagierte. Nicht nur, dass ich dank ihm den besten Orgasmus meines Lebens gehabt hatte, seit der Nacht hatte ich es nicht mehr gewagt, mich selbst anzufassen, weil dann jedes Mal das Bild von Sasuke vor meinem inneren Auge aufgetaucht war. Aus diesem Grund war ich nun schrecklich überempfindlich, was in meiner aktuellen Situation nicht gerade vorteilhaft war. Weil ich nicht dazu in der Lage war, auch nur einen Ton über meine Lippen zu kriegen, schüttelte ich einfach nur energisch den Kopf, was ihm ein leises Lachen entlockte.     „Wenn du willst, dass ich aufhöre, musst du schon Stopp sagen“, hauchte er dann gegen meine Lippen.     Seine Hände wanderten nun über meine Brust und immer weiter nach unten. Ich konnte nichts anderes tun, als sie anzustarren und wie festgefroren meine eigenen Hände an die Tischkante zu klammern. In Gedanken formte ich immer wieder das eine Wort, das ihn dazu bringen würde aufzuhören, doch es wollte einfach nicht herauskommen. Auch als er sich schließlich an meinem Reißverschluss zu schaffen machte, sah ich nur tatenlos zu. Ich spürte das vertraute Pochen meiner Erregung, die sich mehr und mehr mit Blut füllte, während mein Gehirn immer leerer zu werden schien.     Meine Hose fiel zu Boden und Sasuke griff in meine Kniekehlen, um mich so auf den kleinen Tisch hinter mir zu schieben. Er war überraschend kräftig. Das drückende Gefühl in meinem Rücken verschwand, dafür musste ich mich jetzt nach hinten abstützen, um nicht umzufallen. Meine Hände tasteten ungeschickt über die hölzerne Oberfläche und schoben dabei ein paar Flyer und Kopfhörer zur Seite. Durch den Stoff meiner Boxershorts konnte man bereits deutlich meine ausgeprägte Erregung sehen, die sich Sasukes Händen entgegenstreckte. Im Vergleich zum letzten Mal hatte er das Tempo deutlich angezogen.     Ich erschrak, als ich plötzlich mein eigenes Stöhnen hörte, nachdem seine Hände endlich meine Oberschenkel nach oben und zu meiner Mitte gewandert waren. Es hörte sich seltsam rau an und irgendwie fremd. Das war es schließlich auch, was mich mit einem Ruck wieder in die Realität beförderte. Wir befanden uns immer noch im Lager des Senders, es war gerade mal Mittag und es könnte jeden Moment jemand reinkommen. Das Risiko entdeckt zu werden war viel zu groß und abgesehen davon, war ich gerade kurz davor, mich schon wieder auf Sasuke einzulassen. Fest packte ich seine Handgelenke.     „Nimm deine Finger da weg“, befahl ich eindringlich.     Es kostete mich einiges an Disziplin und ich war selbst ein wenig überrascht, dass ich mich diesmal durchsetzen konnte, doch die Tatsache, dass nur eine Tür entfernt alle unsere Kollegen arbeiteten, ließ mich zurückschrecken.     „Okay“, sagte Sasuke knapp.     Überrascht beobachtete ich, wie er sich von mir zurückzog und stellte dann fest, dass ich tatsächlich ein wenig enttäuscht war. Irgendwie hatte ich nicht erwartet, dass er sich so leicht abschütteln lassen würde. Das letzte Mal war er um einiges hartnäckiger gewesen.     „Okay“, wiederholte ich und wollte schon aufstehen.     Doch Sasuke hatte scheinbar andere Pläne. Langsam ließ er sich auf die Knie sinken und warf mir dann von schräg unten einen Blick zu, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Oder eben erst recht in Wallung brachte. Unwillkürlich hielt ich die Luft an. Langsam beugte er sich nach vorne und hauchte dann einen kaum spürbaren Kuss auf die Spitze meiner Erregung. Zischend stieß ich die Luft wieder aus. Meine Entschlossenheit von eben begann zu bröckeln und ich klammerte mich haltsuchend wieder an der Kante des Tischs fest.     „Hast du Angst, wir könnten entdeckt werden?“, fragte Sasuke. „Ich könnte abschließen, aber ich glaube so macht es mehr Spaß.“     Der Druck, den er mit seinen Lippen ausübte, wurde fester und ich spürte seinen warmen Atem durch den Stoff der Boxershorts. Seine Worte waren gar nicht richtig bei mir angekommen, so sehr war mein Gehirn bereits wieder vernebelt vor Erregung. Ich keuchte leise, als er schließlich auch sanft mit seinen Zähnen meine gesamte Länge entlang kratzte. Die Vorstellung, dass jemand hier hereinkommen und sehen könnte, wie er hier vor mir kniete, machte mich irgendwie entgegen meiner Erwartungen an.     „Sasuke.“     Ich hatte seinen Namen gesagt, ohne zu wissen, was ich eigentlich wollte. Vielleicht war es ein letztes Aufbäumen, ein letzter Protest, ein kläglicher Versuch, ihn doch noch zu stoppen, obwohl ich es selbst schon nicht mehr wollte. Er grinste nur. Seine Zunge glitt am Rand meiner Boxershorts entlang, tauchte immer wieder darunter, wurde dann jedoch durch den Stoff gestört. Seine Hände hatte er brav hinter dem Rücken verschränkt, da ich ihm ja verboten hatte, sie zu benutzen. Obwohl er es war, der auf dem Boden kniete und sich an meine Vorgaben hielt, fühlte es sich an, als wäre die gesamte Situation vollkommen unter seiner Kontrolle.     Ungeduldig rutschte ich auf der Tischplatte hin und her. Er reizte mich, lockte mich und obwohl sich jede Berührung wie Feuer auf meiner Haut anfühlte, war es doch nicht genug. Ohne weiter darüber nachzudenken, riss ich mir die Boxershorts wenig elegant von den Hüften und ließ sie wie schon das T-Shirt und die Hose zu Boden gleiten. Ein triumphierendes Grinsen stahl sich auf Sasukes Lippen, doch ich hatte keine Zeit es zu bereuen, da sie sich im nächsten Moment um meine Eichel schlossen.     Ich biss mir fest auf die Unterlippe, um kein Geräusch zu machen. Es war ein berauschendes Gefühl, als er sanft zu saugen begann und immer wieder mit seiner Zunge um meine empfindliche Spitze kreiste. Mein Atem wurde immer unregelmäßiger, während ich fasziniert das Spiel seiner Zunge beobachtete. Es fühlte sich an, als würde er jeden einzelnen Nerv in meinem Körper stimulieren. Dann plötzlich löste er sich von mir.     „Hey Shikamaru“, rief er plötzlich in seiner normalen Stimmlage. „Hier sind nur T-Shirts in L. Habt ihr auch was Kleineres da?“     Ich spürte ein seltsames Hüpfen im Bauch, wie wenn man mit dem Flugzeug in einem Luftloch landete. Das Adrenalin rauschte durch meine Adern und falls das überhaupt noch möglich war, pumpte mein Herz noch schneller.     „Was machst du da?“, hauchte ich fassungslos.     Noch bevor Sasuke etwas sagen konnte, hörte ich Shikamarus Stimme von draußen.     „Das Lager ist ziemlich chaotisch. Ihr müsst vielleicht ein bisschen suchen. Wenn ich fertig bin, komm ich mal selber schauen.“     Seine Stimme klang ziemlich weit weg, also befand er sich vermutlich noch in der Redaktion. Das änderte jedoch nichts daran, dass die nackte Panik Besitz von mir ergriff. Er wollte selber schauen kommen. Das bedeutete, dass er jeden Moment hier hereinkommen konnte. Ich wollte so schnell wie möglich von dem kleinen Tisch rutschen, um mir wenigstens wieder eine Hose anzuziehen, doch Sasuke fixierte mich mit seinen Händen und warf mir einen durchdringenden Blick zu.     „Wir sind hier noch nicht fertig“, raunte er verheißungsvoll.     Heiße und kalte Schauer glitten über meinen Rücken und meine Arme und verpassten mir eine Gänsehaut. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so hin- und hergerissen gefühlt und ich gab einen fast schon verzweifelten Laut von mir. Ich hatte wirklich große Panik davor, entdeckt zu werden. Bedauerlicherweise stellte ich jedoch fest, dass meine Erregung größer war, was nicht zuletzt daran lag, dass diese Panik sie nur noch mehr anzufachen schien. Das Adrenalin, das sich immer weiter in meinem Körper ausbreitete und wild in meinen Adern pulsierte, sorgte dafür, dass jeder Sinneseindruck noch zusätzlich verstärkt wurde.     „Ich…“, begann ich.     Jeglicher Protest verstummte dann jedoch, als Sasuke meine gesamte Länge auf einen Schlag in seinen Mund aufnahm. Stattdessen endete mein Satz in einem erstickten Geräusch, weil ich mir selbst auf die Zunge gebissen hatte. Es war so ein erregendes Gefühl und die Tatsache, dass ich ihn dabei beobachten konnte, machte alles noch intensiver. Umgekehrt beobachtete Sasuke jede einzelne Regung in meinem Gesicht. Das letzte Mal als er mich so berührt hatte, hatte er hinter mir gestanden. Dieses Mal konnte ich wirklich nichts vor ihm verbergen.     Langsam entließ er mein Glied aus seinem Mund, nur um es dann wieder Stück für Stück in sich aufzunehmen. Dabei variierte er den Druck seiner Lippen, kratzte ab und zu sanft mit seinen Zähnen über die empfindliche Haut, jedoch ohne dass es schmerzhaft war. Sein Tempo war langsam und stand im starken Widerspruch zu der Tatsache, dass Shikamaru sich für die nächsten Minuten angekündigt hatte. Ich wand mich unter der süßen Qual, die sein Mund mir bereitete.     Weil ich nicht wusste, wohin mit meinen Händen und auch ein bisschen, weil ich mich nicht mehr beherrschen konnte, krallte ich mich in seine Haare. Sofort unterbrach er seine Bewegungen und funkelte mich wütend an, was ich durch meinen verschleierten Blick jedoch kaum wahrnahm. Grob griff er nach meinen Händen und führte sie wieder an die Kante des Tisches.     „Die bleiben schön hier“, befahl er.     Sein Tonfall war bestimmend und duldete keinerlei Widerspruch, sodass ich mich tatsächlich fest an die Tischplatte krallte. Schließlich wollte ich nicht nochmal im Affekt etwas tun, was ihn dann wütend machen würde. Mit meinem Schwanz in seinem Mund war ich dazu einfach nicht in der richtigen Position.     Langsam glitt seine Zunge einmal meine komplette Länge hinunter und dann wieder rauf. Er ließ sie kurz in den kleinen Spalt meiner bereits geschwollenen Eichel eintauchen und saugte dann leicht daran. Es waren alles nur hauchzarte Berührungen, die dennoch eine extreme Wirkung auf mich hatten. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass er mich für meine Ungeduld bestrafen wollte und falls das seine Absicht war, hatte er damit Erfolg. Mit der Konsequenz, dass ich nur noch ungeduldiger wurde.     Ich zischte erregt, als seine Zunge schließlich meine Hoden entlangglitt, die er bis jetzt sorgsam ausgespart hatte. Meine Erregung wippte leicht und weil ich mich mit Stöhnen zurückhalten musste, legte ich verzweifelt den Kopf in den Nacken. Noch immer hatte ich den Drang, meine Hände in Sasukes Haaren zu vergraben, ihn anzufassen, doch er hatte es mir verboten. Wie schon beim letzten Mal. Seine Bewegungen stoppten.     „Sieh mich an“, forderte er.     Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er seine kniende Position auf dem Boden durch seine Befehle ausgleichen wollte. Indem er die Kontrolle über die Situation behielt, war es egal, dass ich hier gerade über ihm saß und er meinen Schwanz im Mund hatte. Doch das war wiederum mir egal, solange er nur weitermachte.  Also tat ich, was er verlangte. Mit lustverschleierten Augen erwiderte ich seinen durchdringenden Blick, der in diesem Moment bis auf den tiefsten Grund meiner Seele zu sehen schien. Später würde ich das sicher alles wieder bereuen, doch jetzt war es mir egal.     Eine Weile spielte seine Zunge mit meiner Vorhaut, dann ließ er meine Erregung wieder komplett in seinen Mund gleiten. Diesmal nahm er mehr Tempo auf und ich konnte ein ersticktes Keuchen nicht unterdrücken. Als ich draußen auf dem Gang plötzlich Stimmen hörte, verkrampfte ich mich augenblicklich, doch Sasuke machte einfach weiter. Meine Fingerknöchel traten bereits weiß hervor, so sehr klammerte ich mich an die Tischkante und versuchte jegliche Geräusche zu unterdrücken.     Die Stimmen wurden lauter. Sasukes Bewegungen wurden schneller. Mit meiner Hüfte kam ich ihm immer wieder entgegen, doch er drückte mein Becken fest zurück auf die Tischplatte. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis Shikamaru hier auftauchen würde. Er war zwar nicht besonders scharf auf Arbeit, aber wenn er einmal versprochen hatte etwas zu tun, dann kümmerte er sich auch darum.     „Bitte, Sasuke.“     Es fiel mir diesmal erstaunlich leicht, ihn zu bitten. Viel zu groß war die Angst, doch noch entdeckt zu werden. Wenn nicht von Shikamaru, dann von irgendwelchen anderen Kollegen, die komische Geräusche aus dem Lager gehört hatten. Ich wunderte mich sowieso, warum uns bisher noch niemand vermisst hatte. Wahrscheinlich schoben sie es auf die Unordnung, die hier herrschte.     Sasuke gab sich gar keine Mühe sein Grinsen zu unterdrücken und ließ dann von meinem pochenden Glied ab.  Wieder wippte die rote, geschwollene Eichel erwartungsvoll und einen Moment lang hatte ich Angst, er würde einfach gehen und mich jetzt hier so sitzen lassen.     „Hey Shikamaru!“, rief er dann wieder und klang dabei seltsam gut gelaunt.     Sofort machte sich wieder Panik in mir breit. Sasuke genoss sichtlich, wie sich meine Augen vor Angst weiteten. Ein fester Griff schloss sich um meine Erregung und ich stöhnte unterdrückt, als er seine Hand langsam auf und ab bewegte, ohne mich dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er wurde wieder schneller. Übte mehr Druck aus.     „Du musst… Shikamaru…“, brachte ich nur mühsam hervor.     Er presste mir seine freie Hand auf den Mund.     „Schhhhht“, machte er kopfschüttelnd.     Doch es animierte mich nur noch mehr. Ich stöhnte ungehalten und das Geräusch wurde glücklicherweise von seiner Handfläche gedämpft. Mittlerweile war es mir egal, ob irgendjemand etwas mitbekommen würde. Ich spürte bereits, wie ein gewaltiger Orgasmus anrollte.     „Einen Moment noch“, ertönte die Stimme von Shikamaru.     Ich spürte, wie ein Adrenalinstoß durch meinen Körper rauschte und zusammen mit Sasukes immer schneller werdenden Handbewegungen, reichte es, um mir endlich den lang herbeigesehnten Orgasmus zu bescheren. Wieder warf ich den Kopf zurück, wobei er seine Hand noch immer fest auf meinen Mund presste, und stöhnte kehlig. Ein Zittern ging durch meinen Körper, gefolgt von wiederholten Schauern. Ich spürte wie warmes Sperma in mehreren kleinen Schüben über Sasukes Hand floss und dann auf meinen Bauch tropfte.     „Hat sich erledigt“, rief Sasuke. „Ich hab was ich wollte.“     Sein Blick war dabei wieder auf mich gerichtet und ich war mir sicher, dass er nicht von dem T-Shirt redete. Er erhob sich, trat einen Schritt von mir zurück und ich ließ mich erschöpft nach vorne fallen, wobei ich mich mit den Händen auf meinen Oberschenkeln abstützte, die noch immer leicht bebten, und die letzten Wellen meines Orgasmus ausklingen ließ. Es fühlte sich an, als würde eine riesige Anspannung plötzlich von mir abfallen und stattdessen fühlte ich mich irgendwie erschöpft und benebelt. Ich versuchte meine Atmung zu beruhigen und schluckte mehrmals, da sich meine Kehle mit einem Mal so trocken anfühlte.     Sasuke beobachtete mich eine Zeit lang zufrieden. Nun war er es, der auf mich herabsah und so langsam sickerte auch die Erkenntnis in mein Bewusstsein, dass ich mich ihm schon wieder ergeben hatte. Nicht nur das, er hatte mal wieder ein Spiel daraus gemacht, in das er sogar Shikamaru mit einbezogen hatte. Wahrscheinlich hatte er austesten wollen, wo meine Grenzen lagen und letztendlich festgestellt, dass ich in seinen Händen mehr als willig war. Beziehungsweise in diesem speziellen Fall auch in seinem Mund.     Sasuke ging zur Tür hinüber, wo er den Schlüssel ins Schloss steckte und umdrehte. Ein unheilvolles Klicken ertönte. Scheinbar hatte er das Gefühl, mir genug Zeit zur Regeneration gegeben zu haben.     „So Naruto“, seine Stimme klang wieder weich und samtig, fast schon wie ein Schnurren. „Jetzt wo du keine Angst mehr haben musst, erwischt zu werden, kannst du dich ja in aller Ruhe revanchieren.“     Augenblicklich ruckte mein Kopf nach oben und ich starrte ihn geschockt an. Meinte er das ernst? Langsam kam er wieder auf mich zu und knöpfte dabei seine Hose auf. Das Öffnen seines Reißverschlusses klang in meinen Ohren wie das Kratzen von Kreide auf einer Tafel. Er stand jetzt direkt vor mir. Sein fordernder Blick war wie ein Peitschenhieb, der mich augenblicklich auf die Knie zwang. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte. Ich schluckte. Irgendwie hätte ich ja damit rechnen müssen.     Kapitel 18: ------------ -18-     „Ganz im Ernst, ich finde es so dermaßen cool, dass ich mit dir mitfahren darf!“, schwärmte Lee begeistert.     Er rutschte dabei so unruhig auf dem Sitz hin und her, dass ich fast ein bisschen Angst hatte, dass er uns jeden Moment gegen das nächste Straßenschild fahren würde. Allerdings war ich derjenige in diesem Auto, der keinen Führerschein hatte und deswegen sagte ich lieber nichts und ließ mich stattdessen ein bisschen von seiner Euphorie anstecken. Ich freute mich. Darüber, dass alles reibungslos geklappt hatte. Darüber, dass uns Akimichi Backwaren tatsächlich einige Kisten mit frischen Brezeln, Croissants und anderen Leckereien zur Verfügung gestellt hatte und darüber, dass wir ausnahmsweise mal absolut im Zeitplan lagen.     „Hier jetzt links“, wies ich Lee an und deutete auf die nächste Kreuzung.     „Oh Mann, ich glaube, das wird richtig gut!“     Er setzte den Blinker und wartete ungeduldig, bis der Gegenverkehr endlich vorübergezogen war, bevor wir schließlich abbogen. Fast hatte ich das Gefühl, dass er motivierter war als ich selbst. Schon die ganze Fahrt über war er nur am Reden – was normalerweise ebenfalls eher mein Ding war – und die Geschwindigkeit, mit der er die Kisten, die uns Choji überlassen hatte im Transporter verstaut hatte, ließ mich jetzt noch daran zweifeln, ob er überhaupt menschlich war. Zur Feier des Tages hatte er zudem sein grünes Muscleshirt gegen eines mit Konoha Kiku Logo eingetauscht, das ihm natürlich viel zu groß war.     „Hinata tut mir ein bisschen Leid“, wechselte er plötzlich das Thema.     Überrascht sah ich ihn an.     „Wieso?“     Lee zuckte mit den Schultern.     „Naja, sie muss mit Sasuke mitfahren“, erklärte er dann. „Eigentlich sollte ich das machen, aber deine Aktion fällt eher in den Verkaufsbereich, deswegen haben wir getauscht.“     Da ich durch meine Aktion in Kontakt zu potentiellen Werbekunden trat – in dem Fall Akimichi Backwaren – hatte Kakashi mir kurzerhand Lee zur Seite gestellt. Er kannte sich im Gegensatz zu mir bestens aus mit Kundenkontakt und sollte durch eine gezielte Dokumentation dafür sorgen, dass auch Chojis Familie etwas von der Aktion hatte. So ganz umsonst wollten die uns ihre Waren dann doch nicht überlassen. Dass Lee mit dabei war, hatte zudem den positiven Nebeneffekt, dass ich nicht vor Sasuke erwähnen musste, dass ich keinen Führerschein besaß.     Allerdings hatte ich bisher keine Sekunde lang darüber nachgedacht, wer Sasuke begleiten würde. Wenn ich ehrlich war, hatte ich es insgesamt so ziemlich vermieden, auch nur eine Sekunde lang über Sasuke nachzudenken. Sobald sich meine Gedanken auch nur ansatzweise in seine Richtung bewegten, legte ich eine Vollbremsung ein und versuchte stattdessen an Nudelsuppe zu denken. Und wenn das nicht half, lenkte ich mich mit der Vorfreude auf die Schüler ab, die nachher mit Sicherheit große Augen machen würden.     „Das wird sie schon schaffen“, meinte ich zuversichtlich und mit der subtilen Absicht, möglichst schnell wieder das Thema zu wechseln.      Lee schien da jedoch andere Pläne zu haben.     „Mich würde ja schon interessieren, was er vorhat“, überlegte er laut vor sich hin. „Das wird nicht leicht unsere Aktion zu toppen, immerhin wenden wir uns direkt an unsere Hauptzielgruppe: Die Jugend!“     „Ja, da hast du Recht“, ich lachte ein wenig gestellt.     Je länger er über Sasuke redete, desto schwieriger wurde es für mich, die Bilder in meinem Kopf wieder zu vertreiben. Wie in einer Endlosschleife kehrten sie immer wieder zurück, begleitet von Geräuschen, Gerüchen, Geschmäckern. Ich hörte sein leises Stöhnen. Es war das erste Mal, dass Sasuke tatsächlich gestöhnt hatte und die Tatsache, dass ich der Auslöser dafür war, hatte bei mir jegliches klare Denken verdrängt. Der erregte und leicht raue Tonfall bescherte mir allein bei dem Gedanken daran schon wieder eine Gänsehaut. Ich konnte unseren Schweiß riechen, vermischt mit dem eindeutigen Geruch nach Testosteron und Sex. Es war eine explosive Mischung, die sich beharrlich in meine Nase eingebrannt hatte. Ein Geruch, der auf mich wie ein Aphrodisiakum wirkte.     Und zu guter Letzt, der Geschmack. Sein Geschmack. Noch immer konnte ich nicht glauben, dass ich sein Sperma tatsächlich geschluckt hatte. Überhaupt hatte ich noch nicht ganz realisiert, was ich da getan hatte und vor allen Dingen warum. In dem Moment als er die Tür abgeschlossen hatte und auf mich zugekommen war, hatte ich noch einen gewissen Widerstand in mir gespürt. Er war ein Kerl. Und ich war ganz eindeutig nicht schwul. Und schon gar nicht stand ich auf Sasuke Uchiha. Trotzdem hatte ich es getan. Ich hatte getan, was er verlangt hatte und sein leises Stöhnen hatte mich dafür entlohnt.     Wahrscheinlich war es seine Dominanz gewesen. Diese dominante Art, bei der jede Faser seines Körpers ausgestrahlt hatte, dass er keinen Widerspruch duldete. Im ersten Moment hatte ich noch versucht, mich dagegen zu wehren, doch im Endeffekt hatte ich mich dann doch ergeben. Es war eine seltsame Mischung zwischen Aversion und Erregung, die mich dazu gebracht hatte, ihm zu geben was er wollte, gemischt mit einem gewissen Pflichtgefühl, da ich bereits zweimal durch ihn gekommen war. Es war nur sein gutes Recht von mir zu verlangen, mich zu revanchieren.     Das was sich bei mir jedoch unnachgiebig eingebrannt hatte, war weder seine dominante Art, noch sein Geruch oder sein Geschmack. Es war der Ausdruck in seinem Gesicht, in dem Moment, in dem er in meinem Mund gekommen war. Sinnlich. Die Lippen einen Spalt weit geöffnet. Den Kopf leicht in den Nacken gelegt. Die Augen verschleiert vor Erregung.     „Naruto, hörst du mir eigentlich zu?“     Ich zuckte erschrocken zusammen, als Lee mir gegen die Schulter boxte.     „Sorry, was?“, fragte ich perplex.     Ich wusste doch, dass ganz und gar nichts Gutes dabei rauskommen konnte, wenn ich mit meinen Gedanken bei Sasuke war. Nicht nach dem, was heute im Lager passiert war.     „Ich hab gesagt, dass er sich irgendeinen Promi organisieren könnte“, wiederholte Lee noch einmal für mich. „Seine Familie hat doch so viele Kontakte.“     Ich zuckte mit den Schultern.     „Hm, vielleicht.“     Lee schien ein wenig beleidigt, da ich nicht weiter auf seine Spekulationen einging, und konzentrierte sich nun wieder auf die Straße. Es war nicht mehr weit bis zur Schule und es würde auch nicht mehr lange dauern, bis die Mittagspause begann. Der Direktor hatte uns angewiesen unseren Transporter direkt am Rand des Schulhofs abzustellen und dann für alles weitere zu ihm ins Büro zu kommen. Den Weg dorthin hatte er mir genauestens beschrieben und ich hoffte, dass ich noch alles zusammenbekommen würde.     „Ist das die erste Promo-Aktion, bei der du mit dabei bist?“, fragte ich, um die Stille zu durchbrechen.     Jetzt, wo er sich so auf die Straße fixierte, vermisste ich sein Geplapper irgendwie.     „Bisher habe ich hauptsächlich die Quoten ausgewertet und dementsprechend die Werbeblocks verkauft“, erklärte er.     Sofort wurde ich hellhörig.     „Du wertest die Quoten aus?“     Er nickte.     „Weißt du dann auch, wie die Quoten im Moment sind?“, hakte ich nach. „Also wie viele Leute so ungefähr zuhören, wenn wir morgens auf Sendung sind?“     Tatsächlich interessierte mich das brennend, nur hatte ich bisher nie gewusst, an wen ich mich diesbezüglich wenden konnte. Kakashi befasste sich weniger mit Quoten, als vielmehr damit, seinen Mitarbeitern ordentliche Ansagen zu machen, was sie zu tun hatten. Tsunade befand sich die meiste Zeit über in ihrem Büro und kümmerte sich um den Papierkram, sodass man bei ihr auch nicht einfach mal so nachfragen konnte und für Shikamaru war es wahrscheinlich viel zu mühselig, die entscheidenden Daten herauszusuchen – glaubte ich jedenfalls.     „Also morgens sind die Quoten natürlich am höchsten“, begann er in einem belehrenden Tonfall. „Bei Akatsuki hören durchschnittlich 25.000 Hörer pro Stunde zu. Das ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass in unserem Sendebereich nur knapp 150.000 Leute wohnen.“     Mir klappte die Kinnlade runter.     „25.000 Leute?“, hauchte ich ungläubig.     Wahrscheinlich würde ich das nächste Mal, wenn ich im Studio war, keinen einzigen Ton mehr rausbringen vor Nervosität. Wenn man hinter dem Mikrofon saß, war es sowieso immer schwer, sich vorzustellen, dass überhaupt jemand zuhörte. Aber 25.000 Zuhörer sprengten dann doch mein Vorstellungsvermögen.     „Durchschnittlich“, korrigierte Lee mich. „Seit Sasuke und du dabei sind, sind die Zahlen nochmal deutlich gestiegen. Mein Chef ist ziemlich begeistert, weil unsere Werbeplätze im Moment schon weit im Voraus ausgebucht sind. Es gibt kaum noch etwas zu tun, deswegen darf ich heute auch mitkommen.“     Ich schluckte. Gestiegen. Die Zahlen waren nochmal deutlich gestiegen. Bedeutete das, dass es Menschen gab, die Akatsuki wirklich nur wegen uns hörten? Möglicherweise sogar nur wegen mir? Ein freudiges und gleichzeitig nervöses Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus und ich konnte nicht verhindern, dass ich irgendwie stolz war. Ich war meinem Traum, der beste Radiomoderator in ganz Konoha zu werden, schon einen Schritt näher gekommen. Jetzt musste ich nur noch irgendwie Sasuke aus dem Rennen kicken und dann konnten mich die Zuhörer jeden Morgen bei Akatsuki erleben.     „Das ist so krass“, stellte ich fassungslos fest. „Die hören echt wegen uns zu.“     „Sogar Tsunade ist zufrieden.“     Lees Tonfall klang ein wenig komisch, so als hätte er das nicht erwartet.     „Wieso sogar?“, fragte ich misstrauisch.     Augenblicklich veränderte sich seine Miene und es sah so aus, als würde er realisieren, dass er etwas Falsches gesagt hatte. Gespielt lachend winkte er ab.     „Ach nichts.“     Mittlerweile waren wir bei der Schule angekommen und Lee fuhr den Transporter wie abgesprochen direkt an den Rand des Pausenhofs, wo er dann den Motor abstellte. Er schnallte sich ab und wollte schon die Tür öffnen, doch ich hielt ihn am Arm zurück.     „Was meinst du mit sogar Tsunade ist zufrieden?“, wiederholte ich meine Frage hartnäckig.     Lee presste fest die Lippen aufeinander und sein Blick wanderte gehetzt durch das Auto, nur um mich nicht ansehen zu müssen.     „Naruto, das kann ich dir nicht sagen“, murmelte er dann entschuldigend.     Durch sein komisches Verhalten machte er mich allerdings nur noch neugieriger und ich war nicht gerade bekannt dafür, dass ich mich leicht abwimmeln ließ.     „Warum kannst du es mir nicht sagen?“     „Das sind senderinterne Informationen“, seine Stimme klang nun schon ein wenig nachdrücklicher, doch ich hörte noch immer eine gewisse Unsicherheit heraus.     Vielleicht war das meine Chance, doch noch etwas aus ihm herauszubekommen. Noch hatte er keinen weiteren Versuch gestartet, aus dem Auto zu steigen und das deutete ich als Fortsetzung unseres Gesprächs. Noch hatten wir ein wenig Zeit, bevor der Direktor uns in seinem Büro erwartete, um uns dem Organisationsteam der Schülerverwaltung vorzustellen.     „Ich arbeite doch auch beim Sender“, erinnerte ich ihn. „Ich hab auch so einen Vertrag unterschrieben, wo drin steht, dass ich nichts weitererzählen darf und so.“     Nun wirkte er noch verunsicherter.     „Komm schon“, forderte ich ihn auf. „Wir sind doch ein Team!“     Ich spürte, wie sein Widerstand allmählich bröckelte und gratulierte mir bereits innerlich. Offensichtlich schlummerten in mir doch ein paar versteckte Journalistenqualitäten. Lee seufzte ergeben.     „Diese ganze Wettbewerbssache war ja ursprünglich Shikamarus Idee. Und eigentlich war Tsunade auch ziemlich begeistert davon… bis sich Sasuke beworben hat.“     Verblüfft sah ich ihn an.     „Sasuke?“     Ich hatte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass die Geschichte schon wieder auf Sasuke hinauslaufen würde. Vielleicht hätte ich einfach doch nicht weiter nachhaken sollen, doch meine Neugier hatte letztendlich gesiegt.     „Als sie seine Bewerbung gesehen hat, wollte sie den ganzen Wettbewerb abblasen und ihn auf der Stelle einstellen.“     Ich stellte die Frage, die mir als erstes in den Sinn gekommen war.     „Warum?“     Wieder seufzte Lee und er schien sich in der aktuellen Situation alles andere als wohl zu fühlen.     „Weil er ein Uchiha ist“, erklärte er knapp.     „Ja und?“, fragte ich irritiert.     Irgendwie hatte ich das Gefühl auf dem Schlauch zu stehen. Immerhin war Sasuke nicht Itachi oder so – den ich an Tsunades Stelle übrigens auch ohne mit der Wimper zu zucken sofort eingestellt hätte. Sein Talent war sogar noch ausgeprägter als meines, was vermutlich nicht zuletzt an der Erfahrung lag, die er bereits sammeln konnte.     „Sein Onkel Madara Uchiha leitet ein riesiges Medienimperium, für das auch seine Eltern und sein Bruder arbeiten. Wenn Sasuke bei Konoha Kiku einsteigt, können wir uns fast sicher sein, dass er den Sender unter seine Fittiche nehmen wird. Ihn als Verbündeten zu haben, ist fast so wie ein Lottogewinn. Gerade jetzt, wo Tobi zur Konkurrenz gewechselt ist.“     Das klang irgendwie einleuchtend. Doch nun stellte sich eine andere Frage. Eine für mich entscheidende Frage.     „Und warum hat sie dann doch einen Wettbewerb daraus gemacht, wenn sie eigentlich Sasuke wollte?“     Lees Finger trommelten nervös auf dem Lenkrad. Ich hatte den Eindruck, dass er nicht lange still sitzen konnte und ständig unter Strom stand, eine Eigenschaft, die ich nur zu gut von mir selbst kannte. Doch in diesem Moment war ich äußerlich ganz ruhig – zu viel hing von dieser einen Frage ab. Innerlich spürte ich bereits, wie sich mein Magen unangenehm zusammenzog. Wenn Tsunade unbedingt Sasuke als neuen Moderator der Morningshow haben wollte, dann hatte ich eher schlechte Karten.     „Shikamaru und Kakashi haben sie irgendwie überzeugt, unter der Auflage, dass sie den zweiten Kandidaten auswählen darf“, erklärte Lee.     „Also sie hat mich allein ausgewählt?“, versicherte ich mich nochmal.     Er nickte. Das konnte nur zwei Sachen bedeuten. Wegen des Votingsystems, bei dem die Zuschauer am Ende durch ihre Klicks entschieden, wer den Posten bekommen würde, hatte sie auf die endgültige Entscheidung keinen Einfluss. Entweder, sie wollte alleine entscheiden, um sicherzugehen, dass sie im schlimmsten Fall immer noch die bestmögliche Alternative zu Sasuke hatte oder aber – und der Gedanke daran verstärkte das unangenehme Gefühl in meinem Magen – sie wollte alleine entscheiden, um einen Kandidaten auszuwählen, gegen den Sasuke mit großer Wahrscheinlichkeit gewinnen würde.     Lee schien zu spüren, dass sich die Gedanken in meinem Kopf nur so überschlugen und gleichzeitig bereute er offensichtlich, dass er mit mir darüber gesprochen hatte. Doch ich war ihm dankbar dafür, denn egal, was Tsunades Absicht war – sie hatte mir eine Chance gegeben. Und ich war alles andere als bereit, diese Chance einfach so aufzugeben, nur weil sie möglicherweise Sasuke bevorzugen würde. Am Ende entschieden immer noch die Zuschauer und denen war es egal, aus welchem Grund wir in die engere Auswahl gekommen waren.     „Er ist nicht nur ein Uchiha“, sagte ich plötzlich ruhig.     Lee sah mich perplex an.     „Was meinst du damit?“     In dem Moment, als ich es ausgesprochen hatte, war ich selbst ein wenig verwirrt, doch ich hatte irgendwie das Gefühl, es klarstellen zu müssen. Ich musste an den Moment denken, in dem er mich dabei erwischt hatte, wie ich mich über seine Familie und insbesondere Itachi informiert hatte. Es hatte ihm gar nicht gepasst, in diesen Kontext eingeordnet zu werden und obwohl er sonst definitiv in jeder Hinsicht ein Angeber war, hatte er seinen Familiennamen kein einziges Mal erwähnt.     „Er ist nicht nur ein Uchiha, weil er sich nie auf den Lorbeeren seiner Familie ausruhen würde. Hätte Tsunade ihm den Job deswegen angeboten, hätte er wahrscheinlich abgelehnt. Er ist Sasuke und Sasuke schafft das aus eigener Kraft – und er ist gut. Aber das macht nichts. Er ist ein würdiger Gegner und ich werde ihn trotzdem schlagen!“     Ein selbstbewusstes Grinsen zierte meine Lippen. Obwohl der ein oder andere vielleicht enttäuscht darüber gewesen wäre, als leichter Gegner ausgewählt worden zu sein, begriff ich es vielmehr als Chance. Wenn man mal ehrlich war, war ich rein von den Fakten her auch nicht wirklich geeignet für die Stelle. Abgesehen vom Schülerradio hatte ich keinerlei Vorerfahrung und in meinem Leben noch kein Radiostudio von innen gesehen. Trotzdem war ich hier. Trotzdem durfte ich jeden Morgen mit Sakura und Sasuke zusammen moderieren. Und trotzdem konnte ich ihn verdammt nochmal schlagen.     Lees Augen leuchteten ergriffen und er holte gerade Luft, um etwas zu sagen, als es plötzlich an der Fensterscheibe klopfte und wir beide aufschreckten. Ein Junge, der in etwa so groß war wie ich, kurzes braunes Haar hatte und trotz des warmen Wetters einen dünnen blauen Schal trug, stand neben dem Auto und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Lee ließ die Scheibe runter.     „Jungs, ich will ja nichts sagen, aber wenn ihr weiter so rumtrödelt, fängt die Mittagspause an“, sagte der Junge und lehnte sich gegen den Fensterrahmen.     Nun sah ich, dass hinter ihm noch ein weiterer Junge mit ebenfalls braunem Haar und Brille und ein Mädchen mit leuchtend orangenem Haar standen. Da der Direktor erwähnt hatte, dass das Organisationsteam der Schülerverwaltung aus drei Personen bestand, ging ich davon aus, dass wir es mit ihnen zu tun hatten.     „Seid ihr von der Schülerverwaltung?“, fragte ich deshalb.     „Jawohl Sir“, bestätigte er und salutierte dabei grinsend. „Ich bin Konohamaru, das sind Moegi und Udon.“     Er deutete auf das Mädchen und den Jungen hinter sich.     „Hi, freut mich euch kennenzulernen“, begrüßte ich die drei. „Ich bin Naruto und das ist mein Kollege Lee.“ Kapitel 19: ------------ -19-     Wir hatten schon viel zu viel Zeit verschwendet und darum teilten wir uns schnell auf. Lee würde beim Auto bleiben und mit Moegi und Udon schon mal alles vorbereiten, während ich mit Konohamaru ins Büro des Direktors gehen würde, um von dort aus eine Durchsage zu machen. Immerhin wussten die Schüler bisher noch nichts von ihrem Glück. Wir überquerten den Schulhof und ich grinste glücklich, während Konohamaru stolz voranschritt. Er schien es zu genießen, für uns den Betreuer zu spielen.     „Hey Lee“, rief ich noch einmal zurück.     Lee, der gerade eine Kiste aus dem Kofferraum geholt hatte, sah auf.     „Wir werden das Ding sowas von rocken!“     Ich streckte ihm zuversichtlich meinen erhobenen Daumen entgegen und er erwiderte die Geste. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich nach unserem Gespräch nur noch motivierter und konnte es kaum noch erwarten, endlich all die Schüler kennenzulernen.     „Hier rein“, sagte Konohamaru und deutete auf eine dicke Holztür, die sich nur schwer aufschieben ließ.     Vermutlich hatten das alle Schulen gemeinsam. Sie waren alt und die Türen waren so dermaßen schwer aufzukriegen, dass man sich gleich zweimal überlegte, ob man nicht doch lieber wieder umkehren wollte. Zumindest war das damals auf meiner Schule so gewesen. Ich hatte im Gegensatz zu Konohamaru und seinen Freunden die Realschule besucht und anschließend mein Fachabitur gemacht. Abgesehen davon, dass man nun mal sowas wie Unterricht gehabt hatte, dachte ich gerne an meine Schulzeit zurück.     Wir liefen ein paar Gänge entlang und stiegen ein paar Treppen hinauf. Ab und zu trafen wir auf ein paar Schüler, die wohl schon früher aus oder aber eine Freistunde hatten und uns neugierig hinterher sahen. Ich war mit meinen 21 Jahren zwar noch sehr jung, doch sie hatten wohl gemerkt, dass ich keiner von ihnen war. Hinter unseren Rücken wurde angeregt getuschelt und aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie ein paar Finger auf uns zeigten. Der Gedanke daran, dass sie mich eventuell erkannt haben könnten, ließ mein Herz aufgeregt schneller schlagen.     Nachdem wir ein kleines Sekretariat durchquert hatten, betraten wir schließlich das Büro des Direktors. Er war ein sehr kleiner Mann mit einem eindrucksvollen Spitzbart, der jedoch nicht mehr besonders viel Haupthaar besaß. Stattdessen bildete sein graues Haar eine Art Kranz um seinen Kopf. Sein Gesicht war schmal und durchzogen von vielen Furchen, doch er lächelte uns freundlich an, was ihn mir direkt sympathisch machte.     „Ah, du musst Naruto sein“, stellte er fest. „Es freut mich, dass ihr hierher gefunden habt.“     Seine Haltung sah irgendwie ungesund aus und auch wenn er es sich nicht anmerken lassen wollte, konnte man nicht übersehen, dass ihn Rückenschmerzen plagten. Er hatte am Telefon also nicht gelogen.     „Ja, der bin ich“, bestätigte ich grinsend. „Und wir haben einen Haufen Gebäck dabei für Ihre Schüler! Vielen Dank nochmal, dass sie die Aktion so kurzfristig genehmigt haben.“     Er winkte ab und bat dann Konohamaru, mir die Sprechanlage zu erklären. Sie war bei Weitem nicht so kompliziert, wie die Technik bei uns im Studio. Genau genommen musste man nur einen Knopf drücken und dann war man direkt in allen Klassenzimmern und auf allen Fluren zu hören, die mit Lautsprechern ausgestattet waren. Einen Moment lang war ich von dem Gedanken abgelenkt, was wohl passieren würde, wenn man den Knopf aus Versehen in einem ungünstigen Moment betätigte, doch dann besann ich mich schnell wieder auf meine Mission.     „Vielleicht solltest du dir vorher überlegen, was du sagen möchtest“, fügte der Schulleiter Konohamarus Erklärungen noch hinzu.     „Ach was, er ist Radiomoderator!“, winkte Konohamaru ab. „Die machen sowas spontan.“     Ich spürte seine bewundernden Blicke und es machte mich mehr als stolz von ihm so angesehen zu werden. Natürlich wollte ich ihn dementsprechend auch unter keinen Umständen enttäuschen und beschloss stattdessen ein wenig anzugeben.     „Genau“, bestätigte ich also und nickte dabei energisch. „Das ist überhaupt kein Problem. Ich mach sowas dauernd.“     Als ich dann schließlich den Knopf betätigen sollte, zögerte ich doch ein paar Sekunden. Die Leute mit denen ich im Radio sprach, bekam ich normalerweise nur selten zu Gesicht. Die Schüler, zu denen ich jetzt sprechen würde, würden mir in ein paar Minuten von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Außerdem spürte ich deutlich den wachsamen Blick des Direktors auf mir liegen. Ich überlegte mir grob, was ich ungefähr sagen wollte, holte tief Luft, straffte die Schultern und betätigte dann den kleinen Knopf.     „Hallo Leute, hier ist Naruto von Akatsuki auf Konoha Kiku. Könnt ihr mich hören?“     Ich wartete tatsächlich einige Sekunden, bis mir bewusst wurde, dass die Schüler ja keine Möglichkeit hatten, mir zu antworten. Peinlich berührt fuhr ich mir mit der Hand über den Nacken und lachte dann beschämt.     „Hehe stimmt, ihr könnt mir ja gar nicht antworten. Aber ihr wollt sicher wissen was ich hier mache und das werde ich euch auch verraten! Ich bin hier, weil der Sender mir eine Mission aufgetragen hat und zwar soll ich so viele Leute wie möglich an einem Ort versammeln. Da dachte ich mir, wäre eine Schule doch optimal!“     Mit jedem Wort, das ich sprach, verflog meine Nervosität mehr und mehr und Konohamaru nickte mir aufmunternd zu. Er schien mit meiner bisherigen Leistung zufrieden zu sein.     „Aber natürlich komme ich nicht mit leeren Händen zu euch, das gehört sich einfach nicht für einen Akatsuki-Moderator. Wir sind nämlich die Coolsten! Deswegen hab ich euch ganz viel leckeres Zeug von Akimichi Backwaren mitgebracht, das wir auf dem Schulhof kostenlos verteilen werden. Also seid nicht schüchtern und kommt einfach bei uns vorbei, wir stehen mit unserem Auto direkt am Schultor.“     Mit einem Mal wurde es unruhig im Gebäude. Durch die Decke hörte man über uns eindeutig, wie mehrere Stühle mit einem unangenehmen Geräusch über den Boden kratzen. Unruhiges Getrampel drang aus den Zimmern, die sich neben uns befanden und vom Gang aus drang plötzlich fröhliches Stimmengemurmel an unsere Ohren. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas Wichtiges bei meiner Ansprache vergessen zu haben. Konohamaru rammte mir eher unsanft seinen Ellenbogen in die Seite, während der Schulleiter mich düster anstarrte. Schnell drückte ich wieder auf den Knopf, um meine Durchsage noch um eine kleine, aber dennoch nicht ganz unwichtige Information zu ergänzen, die ich bisher unterschlagen hatte.     „Ähm sorry, ich hatte vergessen zu erwähnen, dass wir natürlich erst nach dem Unterricht mit unserer Aktion beginnen. Also rechnet in Ruhe eure Aufgaben fertig und schreibt eure Aufsätze zu Ende, wir werden auf euch warten.“     Der Geräuschpegel, der sich allmählich aufgebaut hatte, verstummte allmählich und man konnte die Enttäuschung der Schüler fast schon durch die Wände der angrenzenden Klassenzimmer spüren. Ich warf dem Direktor einen versöhnlichen Blick zu, doch zu meiner Erleichterung schmunzelte er bereits wieder. Offenbar war er ein ganz verträglicher Kerl, wenn man nicht gerade dabei war, unbeabsichtigt seinen Unterricht vorzeitig zu beenden.     „Es gibt noch so ein Formular, was du für mich ausfüllen müsstest, Naruto“, sagte er schließlich. „Bezüglich der Haftung und als Versicherung, dass für die Schule auf keinen Fall irgendwelche Kosten anfallen und so.“     Ich nickte. „Kein Problem."     „Wartet einfach nochmal kurz draußen im Sekretariat“, bat er. „Meine Sekretärin bringt es euch gleich.“     Ich bedankte mich nochmal bei dem Schulleiter und versprach auf die Sekretärin zu warten, bevor ich zurück zu Lee gehen würde, um ihm zu helfen. Am liebsten wäre ich zwar sofort gegangen, weil ich schon ganz aufgeregt war – insbesondere jetzt, nachdem die Schüler Bescheid wussten – aber umgekehrt wusste ich auch, dass Shikamaru mir den Kopf abreisen würde, wenn ich mich nicht an die Formalitäten hielt. Konohamaru wirkte auch nicht sehr begeistert. Dennoch begaben wir uns in den kleinen Vorraum und ließen uns dort auf ein paar Plastikstühlen nieder, die an der Wand standen.     Offenbar musste man hier als Schüler öfter warten und auch das kannte ich bereits aus meiner Schulzeit. Hauptsächlich wenn ich mal wieder etwas angestellt und deswegen zum Direktor gemusst hatte. Die Sekretärinnen hatten mich dann immer voller Genugtuung von oben herab angesehen und waren der Meinung gewesen, dass ich es auf jeden Fall verdient hatte, dazusitzen und auf meinen Anschiss zu warten. Ich hatte es immer gehasst, doch es hatte mich trotzdem nicht davon abgehalten, weiterhin Scheiße zu bauen.     Ungeduldig ließ ich meinen Blick durch das Sekretariat wandern. Momentan war es nicht besetzt, wahrscheinlich weil die Sekretärin gerade die nötigen Formulare für uns heraussuchte. Vielleicht musste sie die Unterlagen auch erst kopieren. Insgesamt standen hier zwei Schreibtische, die beide mit einem Computer und einem Telefon ausgestattet waren. An der Wand standen auf einer kleinen Kommode ein Drucker und ein Faxgerät. Die ganze Fensterbank war über und über mit Topfpflanzen bedeckt, was mich ein bisschen an den Eingangsbereich bei uns im Sender erinnerte. An Inos Platz standen auch grundsätzlich ein paar frische Blumen und jede freie Fläche war mit Topfpflanzen bedeckt. Vermutlich war das einfach so ein Sekretärinnen-Ding.     Neben der Tür, die nach draußen auf den Gang führte, stand eine kleine Glasvitrine, in der verschiedene Pokale ausgestellt waren. Wahrscheinlich Pokale, die Schüler im Namen der Schule gewonnen hatten und die nun hier verewigt werden sollten. Aus Ermangelung anderer Alternativen stand ich schließlich auf und beschloss, sie mir genauer anzusehen. Vom Schachclub bis hin zum Fußballturnier war so ziemlich alles vertreten. Ich ließ meinen Blick über die Pokale gleiten und stutzte plötzlich. Sasuke Uchiha.     „Sasuke war hier an der Schule?“     Konohamaru sah von seinem Handy auf, in das er bis eben fleißig etwas getippt hatte. Er hatte zuvor gefragt, ob es okay wäre, wenn er ein paar Freunden von anderen Schulen Bescheid geben würde und ich hatte natürlich nichts dagegen gehabt.     „Soweit ich weiß ja“, bestätigte er.     „Ich dachte, er ist in Otogakure aufgewachsen“, murmelte ich irritiert.     Zumindest hatte er das Sakura gegenüber in einer unserer ersten Sendungen behauptet.     „Er hat hier auch nicht seinen Abschluss gemacht“, erklärte Konohamaru. „Mit 13 oder so hat er dann die Schule gewechselt, weil seine Familie weggezogen ist. Ich weiß das auch nur, weil es mir ein paar von den älteren Schülern erzählt haben. Sasuke und sein Bruder waren Legenden an dieser Schule.“     Jetzt war meine Neugier geweckt.     „Itachi?“     „Ja, genau so hieß er“, auf Konohamarus Gesicht trat ein wissendes Leuchten. „Itachi hat hier sogar seinen Abschluss gemacht. Viele von den Pokalen hat er gewonnen.“     Er deutete auf das untere Fach, dem ich bisher noch nicht so viel Beachtung geschenkt hatte und tatsächlich prangte so gut wie immer der gleiche Name auf den Auszeichnungen. Itachi Uchiha. Scheinbar hatte der Kerl nicht nur eine wahnsinnig gute Stimme, er war auch noch schlau und sportlich, zumindest wenn man nach seinen Errungenschaften in seiner Schulzeit ging.     „Itachi hat ziemlich viele Rekorde an dieser Schule aufgestellt, die bis heute keiner gebrochen hat. Aber Sasuke hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie alle der Reihe nach einzustellen – bis seine Familie dann weggezogen ist.“     „Und hat er es geschafft?“, fragte ich neugierig.     Konohamaru zuckte mit den Schultern.     „Ein paar“, räumte er ein. „Aber er hatte wohl nicht genug Zeit. Außerdem ist Itachi am Ende sogar Schülersprecher geworden und das hätte Sasuke niemals geschafft.“     Diesmal deutete Konohamaru auf die Wand neben der Vitrine. Es sah eher aus wie eine überdimensionale Pinnwand, an der nebeneinander aufgereiht die Fotos von verschiedenen Schülern hingen. Darunter stand jeweils der Name der Person. Der vierte in der Reihe war der Aufschrift nach Itachi Uchiha. Ich trat ein bisschen näher heran, um ihn mir genauer ansehen zu können.     Das Foto war in schwarz-weiß, doch ich glaubte zu erkennen, dass seine Augen mindestens genauso dunkel waren wie Sasukes. Obwohl er auf dem Bild jünger war als Sasuke, hatte er ein etwas kantigeres Gesicht mit härteren Gesichtszügen. Den Großteil seiner Haare hatte er nach hinten gebunden, nur zwei etwas kürzere Strähnen fielen zu beiden Seiten seines Gesichts aus dem Zopf. Die Verwandtschaft zu Sasuke war ihm trotz allem deutlich anzusehen.     „Warum hätte Sasuke es niemals geschafft?“, fragte ich schließlich.     Es fiel mir schwer, mir vorzustellen, dass Sasuke irgendetwas nicht schaffen könnte. Abgesehen davon, mich bei diesem Wettbewerb zu schlagen natürlich.     „Itachi kam immer gut mit allen klar“, erklärte Konohamaru. „Sasuke war mehr so der Einzelgänger. So genau kann ich dir das aber auch nicht sagen, das war alles vor meiner Zeit. Jedenfalls, was ich damit sagen will, die gesamte Schule ist auf deiner Seite Naruto oder wird es zumindest nach der Aktion heute sein.“     Er grinste begeistert und ich ließ mich davon anstecken. Dennoch musste ich die Informationen, die ich soeben über Sasuke erhalten hatte, erst mal einsortieren. Dass er ein Einzelgänger gewesen war, wunderte mich irgendwie. Denn auch wenn er oft nicht besonders gesprächig war, suchten die Leute doch meistens Kontakt zu ihm. Bisher war ich davon ausgegangen, dass er sich diese harte Schale erst viel später zugelegt hatte, aber scheinbar hatte er sich auch schon in der Schulzeit so kühl und distanziert verhalten. Hinzu kam die Fixierung auf seinen Bruder und die Tatsache, dass er unbedingt mit ihm mithalten wollte. War das der Fluch, den man ertragen musste, wenn man ein Uchiha war, dieser unendliche Leistungsdruck? Oder ging dieser Druck einfach nur von Sasuke selbst aus?     Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, als plötzlich die Sekretärin den Raum betrat und uns lächelnd begrüßte. Tatsächlich hatte sie die entsprechenden Formulare erst kopieren müssen und sie entschuldigte sich dafür, dass es so lange gedauert hatte. Ich winkte nur ab und begann dann damit, das Formular auszufüllen. Schon nach wenigen Zeilen jedoch stellte ich fest, dass ich Hilfe brauchte.     „Entschuldigung“, machte ich die Sekretärin auf mich aufmerksam. „Könnte ich vielleicht mal ihr Telefon benutzen?“     Mein eigenes Handy hatte ich dummerweise im Auto vergessen, doch ich kannte die Nummer des Senders zum Glück auswendig. Schnell tippte ich die Zahlen in das Tastenfeld und lauschte dann dem langgezogenen Tuten am anderen Ende der Leitung. Ich hatte einfach auf der allgemeinen Nummer ohne eine spezielle Durchwahl angerufen, sodass die Chance, dass jemand abnahm möglichst groß war.     „Konoha Kiku, Shikamaru Nara hier, wie kann ich dir helfen?“     Außerhalb von der Verkaufsabteilung war es bei uns üblich, jeden Anrufer zu duzen. Immerhin duzten wir unsere Hörer auch on air.     „Hallo Shikamaru, hier ist Naruto“, begrüßte ich ihn. „Ich bin grad an der Schule und muss so ein komisches Formular ausfüllen bezüglich der Haftung und so, aber ich komm da nicht wirklich weiter.“     „Haftung?“, seine Stimme klang nicht gerade begeistert und er stieß ein genervtes Seufzen aus, bevor er plötzlich an irgendwen in der Redaktion gewandt irgendetwas murmelte, was ich leider nicht verstehen konnte.     Insgesamt war es im Hintergrund relativ laut, sodass ich Mühe hatte, die verschiedenen Geräusche voneinander zu trennen.     „Was ist denn bei euch los?“, hakte ich neugierig nach, statt auf seine Frage einzugehen.     „Ach“, er stöhnte genervt. „Sasuke hat diesen Suigetsu Hoozuki eingeladen und der hält jetzt eine Autogrammstunde unten vor dem Einkaufscenter ab. Das Problem ist, dass der Typ ständig irgendwas zu trinken haben will und auch sonst nur am Rummeckern ist. Aber er hat Sakura vorhin ein Exklusivinterview gegeben und jetzt sind wir ihm was schuldig.“     Shikamaru redete für seine Verhältnisse ziemlich schnell und in Kombination mit dem Lärmpegel, der im Hintergrund herrschte, hatte ich Schwierigkeiten zu begreifen, was er gerade gesagt hatte. Ein lautes Kreischen ertönte, das jedoch irgendwie ziemlich gedämpft klang.     „Herrgott nochmal, kann mal jemand das verdammte Fenster zu machen?“, fluchte Shikamaru plötzlich. „Diese ganzen Fangirls erträgt doch kein Mensch.“     Shikamaru war häufig genervt, doch er behielt normalerweise stets die Ruhe und blieb nach außen hin völlig gelassen. Es musste im Sender schon sehr turbulent zugehen, dass es ihn so aus der Fassung brachte oder aber er ertrug einfach das Gekreische nicht, was ich durchaus nachvollziehen könnte.     „Hör mal Shikamaru, ich krieg das, denk ich, schon alleine hin“, versuchte ich ihn schnell abzuwimmeln, um nicht auch noch ein Opfer seiner schlechten Laune zu werden. „Ihr habt ja scheinbar genug zu tun und ich will nicht stören.“     Allerdings ließ er sich nicht so leicht davon überzeugen und wir einigten uns schließlich darauf, dass ich ihm das Formular per Fax zuschicken würde, sodass er es in einer ruhigen Minute ausfüllen und zurückschicken konnte. Ich nannte der Sekretärin die Nummer, die ich von ihm hatte und war letztendlich doch ganz froh darüber, dass ich diesbezüglich nicht vollkommen auf mich alleine gestellt war. Noch nie in meinem Leben hatte ich ein Faxgerät bedient und es überraschte mich ehrlich gesagt, dass Menschen so etwas überhaupt noch benutzen. Jetzt gerade war es jedoch äußerst praktisch und deswegen wollte ich mich nicht weiter beschweren.     Nachdem alle Formalien erledigt waren, machte ich mich gemeinsam mit Konohamaru auf den Weg in den Pausenraum. Mittlerweile waren schon deutlich mehr Schüler auf den Gängen und diesmal versuchten sie auch gar nicht mehr, ihre neugierigen Blicke zu verstecken. Ein paar von ihnen folgten uns sogar nach draußen, was ich mit einem zufriedenen Grinsen quittierte. Konohamarus Brust war vor Stolz richtig angeschwollen, als er neben mir her durch die Gänge schritt und ich war nicht minder stolz.     Draußen angekommen sahen wir, dass Lee, Moegi und Udon bereits ganze Arbeit geleistet hatten. Die Seitentür des Transporters war geöffnet und bildete so eine Art Lager für die gestifteten Backwaren. Einige Kisten standen bereits vor dem Auto, sodass ihr Inhalt sofort an die Schüler verteilt werden konnte. Choji hatte uns praktischerweise  auch noch eine ganze Kiste mit Tüten mitgegeben, damit wir den Schülern die Backwaren nicht einfach so in die Hand drücken mussten. Quer über den Transporter hatte Lee das Banner der Bäckereikette aufgehängt, sodass niemand es übersehen konnte und schoss gerade ein paar Fotos.     „Hey, da seid ihr ja wieder“, freute er sich. „Coole Durchsage. Du hast sie alle mobilisiert! Jetzt können wir nur noch gewinnen – mit der Kraft der Jugend.“     Er strahlte und reckte siegessicher eine Faust in die Höhe. Auch ich strahlte und spürte ein vorfreudiges Kribbeln in meinem Körper, das mal wieder nur durch den Gedanken an Sasuke getrübt wurde. Es war mir völlig schleierhaft, wie er Suigetsu Hoozuki dazu gebracht hatte, vor dem Einkaufscenter und damit in unmittelbarer Nähe von größeren Menschenmassen, spontan eine Autogrammstunde zu geben. Normalerweise war der Schauspieler nämlich als eine richtige Diva bekannt und rang sich nur selten dazu durch, mit seinen Fans in Kontakt zu treten. Er war einer von den Schauspielern, die polarisierten. Entweder man hasste ihn oder man liebte ihn. Ein bisschen erinnerte er mich an Sasuke.     „Sasuke hat Suigetsu Hoozuki organisiert“, erzählte ich Lee zähneknirschend.     Einen Moment lang war er überrascht und machte große Augen, dann aber trat ein wissendes Lächeln auf seine Lippen.     „Die kennen sich bestimmt über seine Familie“, mutmaßte er. „Sasuke kennt bestimmt viele Promis, aber Suigetsu passt irgendwie zu ihm. Ich kann mir gut vorstellen, dass die beiden sich verstehen.“     Da konnte ich ihm nur Recht geben. Es war bestimmt nicht leicht gewesen, den Schauspieler zu überzeugen und noch dazu so spontan. Außerdem hatte er Sakura ein Exklusivinterview gegeben, was ihn zusätzlich Zeit gekostet hatte. Entweder die beiden kannten sich schon wirklich lange und waren dementsprechend sehr gute Freunde oder Sasuke hatte noch etwas gutgehabt bei Suigetsu. Gerade wollte ich damit beginnen, mir Gedanken darüber zu machen, wie viele Leute die beiden wohl angelockt haben konnten, als endlich das erlösende Läuten der Schulglocke ertönte. Und auch wenn sich die Unterrichtsstunden zu meiner Schulzeit oftmals zäh wie Kaugummi dahingezogen hatten, hatte ich es noch nie so sehr herbeigesehnt wie in diesem Moment.     Man konnte die Unruhe, die sich allmählich im ganzen Schulgebäude ausbreitete, förmlich spüren. Fenster wurden aufgerissen, fröhliche Stimmen drangen nach draußen und hallten über den Hof bis zu uns hinüber. Nur wenige Sekunden später bahnte sich der erste Strom an Schülern seinen Weg durch die schweren Holztüren und zielsicher in unsere Richtung. Lee neben mir begann damit freudig auf und ab zu hüpfen und ich konnte es ihm nicht verdenken, denn ich war mindestens genauso aufgeregt. Konohamaru lehnte sich betont lässig neben die offene Seite des Transporters und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, doch seine Augen sprachen eine andere Sprache. Auch für ihn war es etwas Besonderes.     Zunächst trauten sich die Schüler nicht auf uns zuzukommen, doch nachdem ein paar Mutige das Eis gebrochen hatte, strömten sie förmlich auf uns ein. Leuchtende Augen. Strahlende Gesichter. Fröhliches Lachen. Ich wurde direkt von der guten Stimmung angesteckt und freute mich, dass die Aktion offensichtlich so gut ankam. Ich verteilte zusammen mit Konohamaru und seinen Freunden die Backwaren an die Schüler, wobei wir fast nicht hinterherkamen, sodass sich uns noch ein paar weitere Freiwillige anschlossen. Lee knipste währenddessen fleißig ein paar Fotos und wagte sich sogar an ein paar Audioaufnahmen, indem er die Schüler zu der Aktion befragte.     Irgendwann wurde ich so stark in Beschlag genommen und mit Fragen zu Akatsuki und meinem neuen Leben als Radiomoderator bombardiert, dass ich die Essensausgabe vollständig den anderen überlassen musste. Lee war inzwischen dazu übergegangen, kleine Wettbewerbe mit den Schülern auszutragen. Wer konnte die meisten Liegestützen machen, wer konnte am längsten auf den Händen stehen. Die Schüler liebten ihn. Alles in allem war es ein absolut toller Nachmittag und ich genoss es, von so vielen Menschen umgeben zu sein, denen man eine Freude machen konnte und die einem mit ihrer guten Laune und Dankbarkeit so unglaublich viel zurückgaben.     „Naruto, wir werden dich alle wählen“, versicherten sie immer wieder. „Du packst das! Mach Sasuke fertig.“     Es tat gut, so viel Zuspruch zu bekommen. Auch wenn ich schon immer fest entschlossen gewesen war, mein Bestes zu geben, bestärkte mich dieser Tag nur umso mehr in meinem Vorhaben. Es war genau das, was ich am liebsten für den Rest meines Lebens machen wollte. Radio. Mit Menschen in Kontakt sein. Etwas bewegen. Es war genau das, was ich machen wollte und deswegen würde ich darum kämpfen. Und da würde mir mit Sicherheit keiner im Weg stehen – auch kein Uchiha.   Kapitel 20: ------------ -20-   „Ja, hallo?“     Ich atmete zischend aus. Verdammt, es war eine Frau. War ja klar.     „Schönen guten Morgen, mein Name ist Sasuke Uchiha und ich arbeite bei Akatsuki auf Konoha Kiku. Vielleicht hast du ja schon mal was von mir gehört?“     Am anderen Ende der Leitung war nur noch lautes Kreischen zu hören und ich vergrub resigniert den Kopf in den Händen. Zwar konnte ich Sasuke gerade nicht sehen, doch ich war mir sicher, dass er zufrieden vor sich hin grinste.     „Oh mein Gott, bist du wirklich der Sasuke?“, fragte die junge Frau am anderen Ende der Leitung, um nochmal ganz sicher zu gehen.     Sie war völlig aus dem Häuschen, man konnte praktisch durch die Leitung hören, wie ihr kleines Herzchen vor Begeisterung hüpfte und ihre Stimme zitterte leicht, weil sie ihr Glück kaum fassen konnte. Ich hatte sowas von verloren.     „Ja, genau der bin ich“, bestätigte Sasuke ruhig. „Wie heißt du denn?“     Seine Stimme hatte mal wieder diesen besonderen Tonfall angenommen, der einen unwillkürlich einwickelte wie fließendes Karamell. Angenehm warm und samtig. Natürlich wusste ich, dass er grundsätzlich nur so mit jemandem redete, wenn er etwas wollte und in diesem Moment war er auf die Kleine angewiesen.     „Ich heiße Sari“, antwortete sie und fügte dann mit vor Nervosität bebender Stimme hinzu: „Sind wir gerade live on air?“     Je länger ich sie reden hörte, desto sicherer war ich mir, dass sie noch nicht besonders alt sein konnte. Wenn ich schätzen müsste, würde ich auf höchstens achtzehn Jahre tippen und das fiel genau in die Alterskategorie Frauen, die ein Sasuke Uchiha mit Leichtigkeit um den Finger wickeln konnte. Angespannt warf ich einen Blick auf den Zähler der Uhr. Schon über dreißig Sekunden und ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass sich Sasuke gerade erst warm machte.     „Das sind wir“, bejahte Sasuke. „Aber du musst dir keine Gedanken machen, du wirkst schon jetzt sehr sympathisch. Außerdem haben wir gleich auch noch ein bisschen Zeit für uns.“     Wenn ich ehrlich war, konnte ich den Moment gar nicht mehr abwarten, in dem ich das Gespräch endlich nicht mehr mit anhören musste. Die Art wie Sasuke jetzt schon damit begann seine schleimigen Fäden Schicht für Schicht um das arme Mädchen zu spannen, machte mich krank. Als ob er sie unter normalen Umständen auch nur eines Wortes gewürdigt hätte. Aber es waren nun mal keine normalen Umstände. Unsere heutige Aufgabe bestand nämlich darin, eine per Zufall ausgewählte Nummer anzurufen und die Person dann so lange wie möglich in der Leitung zu halten.     Da wir immer noch ein Radiosender waren und somit hauptsächlich Musik spielten, wurde nicht das gesamte Gespräch übertragen, sondern nur einzelne Passagen. Sasuke hatte sich zu diesem Zweck in den Schnittraum begeben, der gleichzeitig als zweites Studio genutzt wurde. Von dort aus konnte er ungestört telefonieren und Sakura konnte bei Bedarf immer wieder bei ihm reinschalten. Mithilfe der Kopfhörer war es mir ebenfalls möglich, das Gespräch im anderen Studio mitzuverfolgen. Allerdings war ich darauf momentan nicht besonders scharf. Irgendwie tat mir die Kleine Leid.     Sasuke hatte den Anfang gemacht, weil er die letzte Challenge tatsächlich verloren hatte. Obwohl ich zugeben musste, dass es ein geschickter Schachzug von ihm gewesen war, Suigetsu Hoozuki zu einer Autogrammstunde zu überreden – und dann auch noch direkt vor dem Einkaufscenter. Wie nicht anders zu erwarten, waren natürlich viele Leute aufgetaucht und bereits nach kurzer Zeit hatte sich eine regelrechte Menschentraube um die beiden gebildet. Ich hatte nicht schlecht gestaunt, als Hinata mir die Bilder gezeigt hatte, die sie für den Sender gemacht hatte. Im ersten Moment dachte ich sogar, dass es das für mich gewesen war.     Die Problematik bei Sasukes Plan war allerdings, dass die meisten Leute sich einfach nur schnell ein Autogramm abholten und dann schon wieder weg waren, was wohl nicht zuletzt an Suigetsus divenhafter Art lag. Die Schüler hingegen hatten sich die ganze Zeit über mit uns beschäftigt. Somit war es mir tatsächlich gelungen, mehr Personen auf einen Schlag zu versammeln als er, womit ich die Challenge letztendlich für mich entscheiden konnte. Es war so etwas wie die Kirsche auf der Sahnehaube, denn egal was am Ende dabei herausgekommen wäre, ich hatte den Tag genossen wie schon lange keinen mehr und würde sowieso nichts anders machen wollen.     „Heißt das, wir können noch länger telefonieren?“, Saris aufgeregte Stimme riss mich unsanft aus meinen Gedanken.     Was für eine idiotische Frage, genau darauf hatte es der Bastard doch abgesehen.     „Solange du willst“, versprach Sasuke verheißungsvoll.     Ich deutete an, mir einen Finger in den Mund stecken zu wollen, um mich zu übergeben und Sakura grinste mitfühlend. Mit Sicherheit war auch ihr bereits aufgefallen, dass das hier kein Stück weit der echte Sasuke war. Trotzdem schien es sie nicht so sehr zu stören wie mich, da sie ihn noch immer vergötterte.     „Das nehme ich doch direkt mal als Stichwort“, schaltete sich Sakura dennoch in das Gespräch ein. „Während ihr noch in Ruhe weiterquatscht, geht es bei uns weiter im Programm und zwar mit haufenweise neuer Musik. Natürlich halten wir euch weiterhin darüber auf dem Laufenden, wie es bei Sasuke und Sari weitergeht. Jetzt aber erst mal Killer Bee für euch mit seiner aktuellen Single Bakayaro, Konoyaro. Viel Spaß!“     Sakura kappte die Verbindung ins zweite Studio und startete den Song, dann lehnte sie sich erschöpft zurück.     „Na, das kann ja noch lustig werden“, seufzte sie. „Was denkst du, wie lange er sie hinhalten kann? Die Sendung geht nur noch bis zehn.“     „Wahrscheinlich ewig“, knurrte ich frustriert.     Es war aber auch unfair, dass Sasuke ausgerechnet ein junges Mädchen erwischt hatte. Bei einem Kerl hätte er mit Sicherheit mehr Schwierigkeiten gehabt, wobei ich an dieser Stelle wahrscheinlich das beste Gegenbeispiel darstellte. Jedes Mal, wenn ich mir vornahm nicht auf seine Provokationen einzugehen, wurde ich am Ende doch schwach.     „Im Notfall hab ich noch ein paar Ausschnitte von dem Interview mit Suigetsu, die ich spielen kann, wenn es zu langweilig wird“, meinte Sakura schulterzuckend.     Bis eben hatte ich komplett vergessen, dass der Schauspieler ihr ja im Auftrag von Sasuke ein Exklusivinterview gegeben hatte.     „Stimmt, den hab ich ja gestern verpasst“, erinnerte ich mich. „Muss ja ganz schön was losgewesen sein hier. Shikamaru hatte richtig schlechte Laune.“     Sakura verdrehte genervt die Augen, während sie ihre Ordnerstruktur nach einem bestimmten Werbejingle durchsuchte, der als nächstes gespielt werden sollte.     „Das ist alles Suigetsus Schuld“, schimpfte sie aufgebracht. „Der Kerl ist wirklich anstrengend. Erst kam er viel zu spät und dann hat er sich auch noch geweigert, das Interview mit Kiba zu führen, sodass ich einspringen musste. Er hat einfach darauf bestanden. Und weil der Typ nun mal super prominent ist, hat Kakashi mich dazu verdonnert, Überstunden zu machen.“     Ich machte ein mitleidiges Geräusch und legte ihr tröstend einen Arm auf die Schulter.     „Zumindest kannst du dir jetzt ein Interview mit Suigetsu Hoozuki in den Lebenslauf schreiben.“     „Oder eher umgekehrt“, murmelte sie.     Geschickt feuerte sie den nächsten Song ab, nachdem sie den Werbejingle ordentlich dazwischen platziert hatte. Ich verstand bis heute noch nichts von Studiotechnik, doch ich hoffte, dass ich spätestens dann eine Einführung bekommen würde, wenn der Sender mich als neuen Morningshowmoderator einstellte. Und vielleicht war ich dann auch irgendwann dazu in der Lage, die großen Stars und Sternchen zu interviewen.     „Wieso umgekehrt?“, hakte ich verblüfft nach.     Sakura schüttelte sich einmal demonstrativ.     „Der Kerl hat mich total ausgehorcht“, beteuerte sie dann. „Zwischen den Breaks hat er mich richtig mit Fragen bombardiert. Wollte wissen, wie ich zu Sasuke stehe, wie ich zu dir stehe. Alles Sachen, die ihn eigentlich überhaupt nichts angehen.“     Neugierig horchte ich auf.     „Und was hast du ihm gesagt?“     „Ich hab versucht ihm oberflächliche Antworten zu geben“, erzählte sie. „Aber er hat nicht locker gelassen und als er mich gefragt hat, ob ich auf einen von euch stehe, hab ich natürlich verneint.“     Ich grinste schelmisch.     „Das ist eine Lüge Sakura“, mahnte ich dann gespielt ernst. „Wir wissen beide ganz genau, dass du meinem Charme längst erlegen bist.“     Sie lief leicht rot an, wohl wissend, dass ihre Aussage tatsächlich eine Lüge gewesen war, wenn auch in eine andere Richtung als von mir behauptet. Seit unserem Gespräch gestern bei mir Zuhause, hatten wir das Thema Sasuke nicht mehr angeschnitten. Mir war nur aufgefallen, dass sie sich ihm gegenüber nun auch ein wenig distanzierter verhielt, als wären ihr ihre offensichtlichen Annäherungsversuche mittlerweile peinlich. Dass ich sie jetzt indirekt darauf ansprach, schien ihr allerdings noch peinlicher zu sein.     „Denkst du, Suigetsu hatte Interesse an dir?“, versuchte ich deshalb möglichst unauffällig das Thema zu wechseln.     „Was?“, rief sie schockiert.     „Naja, er hat darauf bestanden, das Interview nur mit dir zu führen und stellt dir dann solche Fragen. Also wenn du mich fragst, sind das alles Anzeichen dafür, dass er auf dich steht“, fasste ich knapp zusammen.     Normalerweise war ich immer derjenige, der bei solchen Themen auf der Leitung stand. In der Schule hatte es mal ein Mädchen gegeben, das über einen längeren Zeitraum ziemlich auf mich gestanden hatte. Sie war eher schüchtern, weswegen sie sich nicht getraut hatte, mich anzusprechen und wohl darauf gewartet hatte, dass ich es tat. Allerdings war meine Leitung in dem Fall einfach viel zu lang gewesen und als es endlich Klick gemacht hatte, waren es nur noch wenige Wochen bis zu unserem Abschluss gewesen.     „Ich hatte ein wenig gehofft, dass Sasuke ihn auf mich angesetzt hat“, gab Sakura peinlich berührt zu.     Überrascht sah ich sie an. An diese Möglichkeit hatte ich bisher noch gar nicht gedacht. Allerdings hielt ich sie auch nicht für besonders plausibel. Immerhin redeten wir hier immer noch von Sasuke und der war – wie ich selbst nur zu gut bestätigen konnte – eher von der direkten Sorte. Außerdem hatte ich nicht gerade das Gefühl, dass er überhaupt dazu in der Lage war, so etwas wie ehrliches Interesse an einer Person zu entwickeln. Das Spiel, das er mit mir trieb, war sicherlich auf vieles zurückzuführen. Ehrgeiz. Konkurrenzdenken. Sasukes Bedürfnis nach Kontrolle und danach, mich immer wieder vorzuführen, meinen Willen zu brechen. Aber ganz sicher hatte es nichts mit Gefühlen zu tun.     „Warum hast du Suigetsu dann nicht gesagt, dass du auf Sasuke stehst?“     Sie zuckte leicht zusammen, weil ich es nun doch so unverblümt ausgesprochen hatte und ihre Wangen färbten sich in einem noch intensiveren Rot, falls das überhaupt noch möglich war. Wieder einmal stellte ich fest, dass es mir nichts ausmachte, so offen darüber nachzudenken oder gar darüber zu reden. Meine Schwärmerei für Sakura war seit ihrem Versuch, mich in der Mittagspause auszuhorchen, schlagartig verpufft. Zu sehen, dass sie genau wie ich jemandem hoffnungslos hinterherrannte und bereit war, dafür fast alles zu tun, hatte den Zauber, der sie bis dahin immer umgeben hatte, einfach verfliegen lassen. Und es war hoffnungslos. Nicht weil sie nicht gut genug war für Sasuke, sondern weil er in meinen Augen einfach viel zu kalt war.     „Ich glaube nicht, dass Sasuke Interesse an mir hat“, sagte sie traurig.     Ihr Blick war auf den Bildschirm vor ihr gerichtet und schien doch hindurch zu gehen. Am liebsten hätte ich ihr widersprochen, einfach nur, um sie wieder lächeln zu sehen, doch ich wusste, dass es die Wahrheit war. Um der unangenehmen Situation zu entkommen, beschloss ich kurzerhand, mal in das Gespräch zwischen Sasuke und Sari reinzuhören. Ich griff nach den Kopfhörern und hielt mir einen davon ans Ohr. Die beiden telefonierten jetzt schon seit mehreren Minuten.     „Hast du einen Freund, Sari?“     Die Art wie Sasuke ihren Namen aussprach, ließ mir diverse Schauer über den Rücken kriechen. Er betonte die Silben sehr intensiv, ließ keinen Zweifel daran, dass er mit ihr sprach und nur mit ihr. Dass er der Kleinen gerade das Herz brach, war ihm dabei vermutlich vollkommen egal.     „Ähm, ich… also ich… ich hatte bisher noch nie einen Freund“, stammelte Sari.     Im Vergleich zu Sasukes tiefer und voller Samtstimme, klang ihre schwach und brüchig. Ihre Aussage untermauerte noch einmal mehr meine Theorie, dass sie noch sehr jung war. Am liebsten würde ich Sasuke am Arm packen, ihn aus dem Schnittraum schleifen und somit verhindern, dass er das arme kleine Ding mit jedem Wort noch weiter in seine Fänge zog. Allerdings würde sie das wohl kaum verstehen, denn sie genoss jede Sekunde Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte. Sakura hatte meine verärgerte Miene bemerkt und sah mich fragend an, doch ich winkte schnell ab. In der Stimmung, in der sie sich gerade befand, sollte sie sich dieses Gespräch besser nicht auch noch antun. Wieder ergriff Sasuke das Wort.     „Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Du bist so ein interessantes Mädchen.“     Achtzehn Minuten. Er telefonierte jetzt schon achtzehn Minuten mit ihr. Nach dieser Aussage würde sie wohl kaum noch freiwillig auflegen, da musste schon eine Bombe direkt vor ihrem Haus explodieren und wahrscheinlich würde sie sich selbst dann noch verzweifelt an den Hörer klammern. Wenn das so weiterging, würde ich gar nicht mehr die Chance bekommen, selbst noch jemanden anzurufen.     „Meinst du das ernst?“, fragte Sari schüchtern.     „Natürlich“, raunte er bestätigend. „Immerhin habe ich gerade die Möglichkeit, dich besser kennenzulernen und ich bin mir sicher, dass mich einige Kerle darum beneiden werden.“     Sari kicherte leise. Im Hintergrund hörte man plötzlich weitere Stimmen, die ziemlich ungehalten klangen und dann passierte etwas, womit ich absolut nicht gerechnet hatte.     „Ich… ich… muss jetzt auflegen“, stammelte sie plötzlich. „In fünfzehn Minuten muss ich in der Schule sein. Aber wir können gerne wann anders weiter reden. Gibst du mir vielleicht deine Nummer?“     Ich winkte Sakura sofort wild zu, um ihr zu signalisieren, dass gerade etwas Interessantes passierte und sie griff sofort zu ihren eigenen Kopfhörern, um den Rest des Gespräches mitzubekommen. Gleichzeitig konnte ich nicht verhindern, dass sich ein schadenfrohes Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete. Ein Blick auf die Zeit verriet mir, dass Sasuke die Zwanzig-Minuten-Marke noch nicht geknackt hatte.     „Tut mir leid, ich darf meine Nummer vom Sender aus nicht rausgeben“, log Sasuke. „Hast du nicht noch ein wenig Zeit?“     Man hörte hektisches Atmen am anderen Ende der Leitung, gepaart mit verschiedenen Geräuschen, die darauf schließen ließen, dass Sari gerade dabei war, sich Jacke und Schuhe anzuziehen.     „Meine Mutter bringt mich um, wenn ich jetzt nicht sofort nach draußen komme“, entschuldigte sie sich kleinlaut.     „Schade“, Sasukes Stimme klang nicht mehr halb so freundlich, wie noch vor wenigen Sekunden.     Neunzehn Minuten. Dreiundzwanzig Sekunden.     „Meldest du dich bei mir Sasuke?“, wollte Sari hoffnungsvoll wissen. „Du hast ja meine Nummer.“     Ich konnte kaum glauben, dass sie tatsächlich so naiv war. Scheinbar hatte sie Sasukes Stimmungsumschwung noch gar nicht bemerkt oder aber sie ignorierte ihn geflissentlich.     „Natürlich.“     Nachdem er nichts mehr von ihr erwarten konnte, war Sasuke in sein typisches einsilbiges Antwortverhalten zurückgefallen. Spätestens jetzt musste sie erkennen, dass er nicht derjenige war, der er vorgab zu sein.     „Na dann hoffentlich bis bald.“     Sari wartete einige Sekunden ab, ob er noch etwas erwidern würde, doch als nichts mehr zurückkam, legte sie schließlich auf. Lautes wiederholtes Tuten dröhnte durch die Leitung, ein Geräusch das durch die Kopfhörer nur noch verstärkt wurde und doch wie Musik in meinen Ohren klang. Neunzehn Minuten. Achtundfünfzig Sekunden.     „Jetzt bin ich dran!“, rief ich motiviert.     Sasukes Laune war alles andere als gut, als er zu uns ins Studio zurückkehrte und sich auf dem Barhocker niederließ. Ausnahmsweise saß er mal am Rand und ich zwischen ihm und Sakura. Es passte ihm ganz und gar nicht, dass er sich so viel Mühe gegeben hatte, nur um am Ende dann doch abgefertigt zu werden. Hätte Sari nicht zur Schule gemusst, wäre das Gespräch sicher noch stundenlang so weiter gegangen.     Sasuke war zwar kein besonders sozialer Mensch, doch er wusste nur zu gut, wo und wann er welche Knöpfe drücken musste, um seine Ziele zu erreichen. Schule war in diesem Fall schlicht und ergreifend als höhere Macht einzustufen, auf die er keinerlei Einfluss hatte. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, als ich darüber nachdachte, ob ich Sari gestern möglicherweise bereits kennengelernt hatte. Wenn sie das Gymnasium in Konoha besuchte, war das gar nicht mal so unwahrscheinlich.     „Wie lange hat das Gespräch gedauert?“, wollte Sasuke schlecht gelaunt wissen.     Ich wackelte herausfordernd mit den Augenbrauen.     „Nur knapp zwanzig Minuten.“     Er musterte mich mit einem kritischen Blick.     „Idiot, mach das erst mal nach“, forderte er dann.     Ich sah schnell zu Sakura in der Hoffnung, dass sie mich unterstützen würde, wie wir es abgesprochen hatten, doch sie schenkte unserem kleinen Wortgefecht mal wieder kaum Beachtung und war stattdessen damit beschäftigt Ausschnitte aus Sasukes Telefongespräch für den nächsten Break vorzubereiten. Shikamaru stand bereits vor der Glastür und signalisierte mir winkend, dass ich mich langsam in den Schnittraum begeben sollte. Also verzichtete ich schweren Herzens auf einen weiteren verbalen Konter und ließ Sasuke und Sakura allein.     Als ich den Schnittraum betrat, umfing mich sofort wieder die spezielle Akustik und ich nahm mir etwas Zeit mich daran zu gewöhnen. Shikamaru hatte die Telefonanlage bereits so eingestellt, dass ich im Prinzip nur noch die Kopfhörer aufsetzen und auf Wählen drücken musste. Wenn es soweit war, würde Sakura mir ein Zeichen geben. Bis dahin hörte ich über die Kopfhörer das Programm, das Konoha Kiku gerade sendete. Ich wippte ein wenig auf dem Stuhl hin und her und machte mir Gedanken darüber, wen ich wohl in der Leitung haben würde, als das Zeichen schließlich kam.     Wie zuvor mit Shikamaru abgesprochen, drückte ich auf den Wählen-Knopf und hielt dann angespannt den Atem an, während das bekannte Tuten erklang. Zu Beginn des Gesprächs würden wir direkt live auf Sendung sein und wenn jetzt keiner ranging, hatte ich automatisch verloren. Ein Knacken ertönte in der Leitung. Erleichtert atmete ich auf.     „Wer ist da?“, bellte eine misstrauische Stimme. Kapitel 21: ------------ -21-     „Hallo hier ist Naruto Uzumaki von Akatsuki auf Konoha Kiku.“     Meine Stimme klang nervös, deutlich nervöser als es Sasukes Stimme getan hatte. Aber im Gegensatz zu mir war er am Telefon ja auch deutlich freundlicher begrüßt worden. Genau wie bei ihm, hatte auch bei mir eine Frau den Hörer abgenommen, allerdings klang sie um einiges älter als Sari. Außerdem hatte sie ganz offensichtlich schlechte Laune.     „Was soll das sein?“, schnaufte sie. „Kenne ich nicht.“     Das fing ja schon mal gut an.     „Wir sind der meistgehörte Lokalradiosender der Stadt“, erklärte ich ihr freundlich und versuchte dabei krampfhaft mein Lächeln aufrecht zu erhalten.     Wie Shikamaru immer zu sagen pflegte, konnte man das Lächeln zwar nicht sehen, aber man konnte es durch die Leitung hören. Vielleicht konnte es ja das Herz der Alten erweichen.     „Konoha sagtest du?“, hakte sie misstrauisch nach und ein für ältere Menschen typisches, langgezogenes Schnarren war in ihrer Stimme zu hören. „Was geht mich das an? Ich komme nicht aus Konoha.“     Am liebsten hätte ich einfach aufgelegt und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Warum musste ich ausgerechnet diese Frau erwischen, während es Sasuke mit einem verträglichen, jungen Mädchen zu tun gehabt hatte, das ihn seit der ersten Sekunde des Gesprächs anhimmelte? Trotzdem wollte ich nicht aufgeben.     „Sind Sie aus Suna?“, fragte ich hoffnungsvoll.     „Allerdings“, lautete die knappe Antwort.     Immerhin antwortete sie mir überhaupt, das war schon mal ein kleiner Vorteil. Sie könnte schließlich auch einfach auflegen und mir damit auf einen Schlag die Chance auf einen Sieg verbauen. Durch meinen Sieg bei der Flashmob-Challenge lag ich aktuell mit einem Punkt vorne. Ein weiterer Punkt und ich könnte zumindest schon mal nicht mehr verlieren. Nach der heutigen Aufgabe würde es nur noch eine weitere Challenge in diesem Wettbewerb geben und wenn ich die auch noch gewann, war ich der Sieger und durfte mir einen richtig schön fiesen Wetteinsatz für Sasuke überlegen.     „Wir senden auch in Suna“, erzählte ich ihr fröhlich.     Der Gedanke an den Sieg, hatte meine Laune schlagartig ein wenig angehoben. Vielleicht sollte ich diese alte Dame einfach als eine Herausforderung betrachten.     „Schön für euch“, entgegnete sie sarkastisch. „Ich kenne den Sender trotzdem nicht. Und jetzt entschuldige mich.“     Erschrocken riss ich die Augen auf. Sie wollte doch wohl nicht einfach auflegen.     „Nein, warten Sie“, flehte ich kurzerhand. „Bitte!“     Es blieb still am anderen Ende der Leitung, während ich mein Herz laut in meiner Brust pochen hörte. Ein paar Sekunden verstrichen, doch sie legte tatsächlich nicht auf.     „Wie heißen Sie?“, ergriff ich schließlich wieder das Wort.     „Mein Name ist Chiyo“, blaffte sie. „Aber ich wüsste nicht, was dich das angeht, Bengel aus Konoha.“     Ihre Worte klangen abfällig. Scheinbar hatte sie aus irgendeinem Grund nicht besonders viel übrig für unsere Stadt.     „Ich heiße Naruto“, erinnerte ich sie und versuchte dabei möglichst ruhig zu bleiben.     Chiyo schnaubte, um zu signalisieren, dass es sie nicht besonders interessierte.     „Das sagtest du bereits.“     Wenn das so weiterging, würde ich mir noch die Zähne ausbeißen an dieser Frau. Egal, wie sehr ich mich bemühte, irgendwie eine Konversation aufzubauen, sie ließ mich immer wieder auflaufen und blockte ab. Allerdings wäre ich nicht Naruto Uzumaki, wenn ich deswegen schon aufgeben würde. Immerhin hatte ich mit Sasuke den besten Trainingspartner der Welt gehabt, wenn es darum ging, jemanden zum Reden zu bringen, der normalerweise nicht besonders gesprächig war.     „Könnten Sie wenigstens noch kurz dran bleiben?“     Am anderen Ende der Leitung ertönte ein grunzendes Geräusch.     „Warum sollte ich?“     Wieder versuchte ich es positiv zu sehen. Zumindest gab sie mir die Gelegenheit, mich zu erklären und legte nicht einfach auf. Und diese Gelegenheit würde ich nutzen. Ich holte tief Luft, bevor ich wieder zu sprechen begann.     „Ich habe einen Wettbewerb gegen einen Kollegen am Laufen, den ich unbedingt gewinnen muss. Wenn ich das schaffe, habe ich große Chancen darauf, meinen größten Traum zu verwirklichen und der beste Radiomoderator der Stadt zu werden. Ich muss nur noch diese Challenge gewinnen und dabei können nur Sie mir helfen.“     Je länger ich geredet hatte, desto schneller war ich geworden, bis sich meine Stimme zum Ende hin fast überschlagen hätte. Doch ich hatte so große Angst davor, dass sie einfach auflegen würde, während ich noch redete und ich meine Chance somit verspielte. Wieder herrschte einen Moment lang Stille.     „Gegen einen Kollegen?“, fragte sie dann missbilligend. „Sollte man sich mit denen nicht normalerweise gut verstehen?“     Schnell ruderte ich zurück.     „An sich verstehen wir uns ganz gut, aber es kann leider nun mal nur einer von uns gewinnen.“     Meine Antwort schien sie allerdings nicht zufrieden zu stellen.     „Schön, dann kann das ja genauso gut auch dein Kollege sein. Ich interessiere mich nicht für eure Spielchen und euren Sender höre ich sowieso nicht.“     Zum Ende des Satzes hin klang ihre Stimme immer gedämpfter. Wahrscheinlich war sie gerade dabei aufzulegen.     „Kommen Sie schon“, rief ich verzweifelt. „Er wird mir das sonst ewig unter die Nase reiben!“     Wieder ertönte ein Schnauben. Diesmal wieder näher an der Sprechmuschel.     „Möglicherweise hast du das ja verdient.“     Empört blies ich die Wangen auf, was sie natürlich nicht sehen konnte und stieß ebenfalls ein lautes Schnauben aus.     „Wenn es einer verdient hat, dann ja wohl eindeutig er!“, schimpfte ich.     „Ich kann mir kaum vorstellen, dass er noch nerviger sein kann als du.“     Sie kicherte leise und im ersten Moment glaubte ich, mich verhört zu haben. Diese Frau war wirklich seltsam und ich wusste einfach nicht, wie ich sie einschätzen sollte. Solange sie aber nicht auflegte, war alles gut. Und wenn sie nicht reden wollte, dann musste ich es eben tun.     „Sie hätten ihn mal vorhin hören sollen, wie er sich bei dem armen Mädchen eingeschleimt hat“, empörte ich mich. „Das ist so typisch Sasuke Uchiha! Die ganze Zeit über benimmt er sich wie der letzte arrogante Arsch und wenn er dann etwas von einem will, ist er plötzlich ganz freundlich.“     Ich hörte ein lautes Scheppern gefolgt von einem aggressiven Zischen. Bis eben hatte ich mich zur Ablenkung immer wieder in meinem Drehstuhl hin und her gedreht, doch nun hielt ich inne.     „Sagtest du gerade Uchiha? Dein Kollege ist ein Uchiha?“      „Ähm, ja“, antwortete ich verblüfft. „Aber das tut eigentlich gar nichts zur Sache, ich wollte damit nur sagen, dass…“     Chiyo ließ mich gar nicht mehr zu Wort kommen und unterbrach mich ruppig.     „Warum hast du das nicht gleich gesagt?“, schimpfte sie. „Wenn es darum geht einen Uchiha in die Pfanne zu hauen, bin ich sofort dabei.“     Verwundert legte ich den Kopf schief. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass mir ausgerechnet Sasukes Familienname in die Karten spielen würde. Als ich ihn erwähnt hatte, hatte ich auch nicht großartig darüber nachgedacht, sondern war einfach aufgewühlt gewesen. Dahinter steckte keinerlei Kalkül. Und doch schien ich auf etwas gestoßen zu sein. Normalerweise war ich nicht die Art Mensch, die in den Angelegenheiten anderer Leute wühlte, doch wenn sie das Thema schon mal von sich aus ansprach, war es schwierig meine Neugier im Zaum zu halten. Außerdem gefiel mir die Vorstellung, damit eventuell Sasuke eins auswischen zu können.     „Oh, okay“, sagte ich. „Haben Sie etwa schlechte Erfahrungen gemacht?“     „Schlechte Erfahrungen?“, ihre Stimme triefte nur so vor Hohn. „Die Uchihas haben mein Lebenswerk vernichtet.“     Und dann erzählte sie. Und erzählte. Und erzählte. Davon wie der Pachtvertrag für ihren kleinen Marionetten-Laden, der sich seit Jahren im Besitz der Familie befunden hatte, ausgelaufen war. Dass es normalerweise kein Problem gewesen wäre, ihn zu verlängern, sodass ihr Enkel Sasori das Geschäft hätte übernehmen können. Allerdings hatte sie zu diesem Zeitpunkt die Rechnung ohne Sasukes Onkel, den Medienmogul Madara Uchiha gemacht, von dem Lee mir bereits erzählt hatte.     Irgendwie hatte Madara Uchiha es geschafft, Sasori davon zu überzeugen, den neuen Pachtvertrag nicht zu unterzeichnen und das Grundstück stattdessen dem Uchiha zu überlassen. Der hatte es schließlich gekauft und alles was sich darauf befunden hatte, dem Erdboden gleich gemacht, um Platz für die Erweiterung seines Unternehmens zu schaffen. Wo früher der kleine Marionetten-Laden gestanden hatte, befand sich nun ein Parkplatz. Und Sasori, der Enkel von Chiyo, hatte zu allem Überfluss auch noch angefangen, für Madara Uchiha zu arbeiten.     Ich verlor allmählich das Zeitgefühl und Chiyo steigerte sich immer weiter in ihre Erzählungen rein. Als es plötzlich an der Tür des Schnittraumes klopfte, musste ich sie unterbrechen und bat sie kurz zu warten. Es war Shikamaru, der mir mitteilte, dass die Sendung nun zu Ende war und dass Sakura genug Material geschnitten hatte. Abgesehen davon hatte ich den Wettbewerb wohl haushoch gewonnen. Zufrieden grinsend bedankte ich mich bei ihm für die Information und wandte mich dann wieder an Chiyo.     „Haben Sie das gehört Chiyo?“, fragte ich euphorisch. „Ich habe gewonnen.“     „Ein schwacher Trost“, grummelte sie. „Aber immerhin ein Trost.“     Gegen Ende des Gespräches hin, war sie schließlich deutlich aufgetaut und sie nannte mich auch nicht mehr Bengel aus Konoha. Außerdem versprach sie, mal bei Konoha Kiku reinzuhören, falls ich die Stelle am Ende bekommen würde. Erst sollte ich aber Sasuke aus dem Weg räumen. Sie wünschte mir viel Glück und ich bedankte mich noch einmal ausführlich bei ihr. Dann verabschiedeten wir uns und legten auf. Auch dieses Mal war das sich schnell wiederholende Tuten wie Musik in meinen Ohren. Nachdem ich den Schnittraum verlassen hatte, steuerte ich direkt auf Sasuke zu.     „Na“, sagte ich grinsend und boxte ihm gegen die Schulter. „Mach du das erst Mal nach, Idiot.“     Schweigend warf er mir einen düsteren Blick zu. Ich konnte es ihm nicht verübeln, denn an seiner Stelle hätte ich vermutlich genauso geschaut. Das war bereits die zweite Aufgabe in Folge, die ich für mich entschieden hatte. Mittlerweile war ich wieder an ihm vorbei gezogen und hatte nun einen Punkt Vorsprung. Die Challenge morgen würde die letzte sein, was bedeutete, dass er sie gewinnen musste, wenn er den Wettbewerb nicht verlieren wollte. Insgesamt konnte er bestenfalls noch ein Unentschieden erzielen.     „Lass uns was essen gehen“, knurrte er.     Ich war sofort einverstanden, insbesondere weil das Mittagessen heute wieder auf ihn gehen würde. Schnell schnappte ich mir meine Tasche und mein Handy, das ich natürlich nicht mit ins Studio genommen hatte, und folgte dann Sasuke nach draußen aufs Parkdeck. Sasuke machte sich nicht die Mühe, auf mich zu warten, sodass ich einen kleinen Sprint hinlegen musste, um ihn noch einzuholen. In großen, ausladenden Schritten ging er auf den Aufzug zu.     „Hey Sasuke, jetzt warte doch mal“, rief ich.     Er ignorierte mich und drückte stattdessen auf den Knopf, der den Aufzug herholen würde. Ungeduldig verschränkte er die Arme vor der Brust, wodurch die leicht ausgeprägten Muskeln in seinen Oberarmen nur noch besser zur Geltung kamen und starrte auf die Stahltüren.     „Jetzt sei doch nicht gleich so pissig“, forderte ich.     Da ich nicht wusste, wie viel von dem Gespräch Sakura live on air übertragen und wie viel sie davon möglicherweise rausgeschnitten hatte, konnte ich auch nicht genau sagen, wie viel Sasuke von der Schimpftirade auf seine Familie mitbekommen hatte. Eventuell hatte er sogar das ganze Gespräch über die Kopfhörer mitgehört.     „Ich bin nicht pissig“, stellte er klar.     Wenn ich es mir recht überlegte, könnte er damit sogar Recht haben. Ich hatte ganz vergessen, dass das was andere Leute als schlechte Laune bezeichneten, für Sasuke häufig einfach nur der Normalzustand war.     „Als du gerade am Telefon mit Sari gesprochen hast, warst du aber noch deutlich freundlicher“, erinnerte ich ihn hämisch. Alles was ich als Antwort bekam, war ein abfälliges „Tz“.     Ein leises Quietschen der Stahltüren machte uns darauf aufmerksam, dass der Aufzug endlich da war. Irgendwie machte er keinen sehr vertrauenserweckenden Eindruck auf mich, was vermutlich daran lag, dass ich generell keine besondere Vorliebe für kleinere Aufzüge hatte. Er war komplett leer, als wir einstiegen. Die Türen schlossen sich hinter uns.     „Also könnt ihr Uchihas wirklich nur nett sein, wenn ihr etwas haben wollt“, stichelte ich weiter.     Gerade wollte ich auf den Knopf für den ersten Stock drücken, wo sich der Eingang zum Einkaufscenter befand, als mir plötzlich mit einer ruckartigen Bewegung der Arm nach hinten gedreht wurde und ich mit dem Gesicht nach vorne an der Fahrstuhlwand landete. Die Luft wurde mir unsanft aus den Lungen gepresst und ich war so perplex, dass ich mich im ersten Moment gar nicht rühren konnte. Sasukes Körper presste mich dicht an die Wand und ich hatte vor Schreck beinahe mein Handy fallen lassen. Er beugte sich dicht an mein Ohr und wieder einmal konnte ich seinen warmen Atem im Nacken spüren.     „Wir Uchihas müssen nicht nett sein um zu kriegen, was wir wollen“, zischte er. „Wir kriegen es auch so. Wir kriegen immer was wir wollen, weil wir es uns nehmen.“     Sein  Tonfall klang bedrohlich, was nicht weiter verwunderlich war. Immerhin wusste ich, dass seine Familie so etwas wie einen wunden Punkt bei ihm darstellte. Gleichzeitig schwang eine Arroganz in seiner Stimme mit, die alles andere übertraf, was ich bisher von ihm gewohnt war – und das sollte wirklich etwas heißen.     „Achja? Das sah vorhin aber nicht danach aus“, erinnerte ich ihn noch einmal.     Es war nicht gerade einfach zu sprechen, da er mich noch immer mit seinem gesamten Körpergewicht gegen die Wand presste. Dumpfer Schmerz begann in meinem verdrehten Arm zu pochen, doch ich sagte dazu nichts, da ich ihm nicht die Genugtuung geben wollte. Darüber hinaus konnte ich nicht leugnen, dass es mich irgendwie anmachte, wenn er mir so nahe war. Seit wir uns das erste Mal körperlich näher gekommen waren und diese gewisse letzte Hemmschwelle übertreten hatten, reagierte ich noch viel schneller und intensiver auf ihn.     „Naruto, mach dich nicht lächerlich“, raunte er dicht an meinem Ohr und noch immer triefte seine Stimme dabei nur so vor Selbstbewusstsein und Arroganz. „Wenn ich etwas wirklich will, dann bekomme ich es auch und das solltest du doch am besten wissen.“     Ich spürte, wie er sein Bein bestimmend zwischen meine drängte und keuchte leicht. Seine freie Hand legte er auf meine Hüfte und strich dann mit zwei Fingern sanft über die freigelegte Haut. Sofort breitete sich eine Gänsehaut aus an der Stelle, wo er mich berührte und meine Atmung beschleunigte sich wie auf Kommando. Der Griff mit dem er meinen Arm auf den Rücken gedreht hatte, wurde ein bisschen lockerer, sodass auch der Schmerz ein wenig nachließ. Trotzdem konnte ich mich noch immer kaum bewegen.     Seine Finger wanderten weiter, strichen den Bund meiner Hose entlang und ich zuckte immer wieder zusammen, weil sie so kalt waren. Trotzdem drängte ich mich ihm entgegen und wollte, dass er weitermachte. Er hätte mich gar nicht mehr fixieren müssen, ich hätte mich sowieso keinen Millimeter von der Stelle bewegt. Ich wollte ihn. In diesem Moment wollte ich ihn und ich wollte auch, dass er mich wollte. Sofort tauchten vor meinem inneren Auge wieder Bilder von Sasuke auf, allen voran sein Gesichtsausdruck in dem Moment, als er gekommen war. Ich wollte ihn unbedingt noch einmal sehen. Nicht nur in meinen Erinnerungen, sondern live und in Farbe.      „Und was ist das, was du willst?“, fragte ich hoffnungsvoll.     Seine Lippen strichen hauchzart an meiner Ohrmuschel entlang und lösten dabei einen Schauer nach dem anderen aus. Ich widerstand dem Drang, den Kopf zur Seite zu drehen, um ihnen zu entgehen. Bereits jetzt spürte ich, wie Sasukes wenige Berührungen ihre Spuren hinterlassen hatten und ich gierte nach mehr. Sein Atem ging noch immer ganz ruhig, während meine Brust sich immer schneller hob und senkte.     „Was ich will?“, wiederholte er leise.     Seine Finger stoppten in ihren Bewegungen. Seine Lippen entfernten sich ein paar Millimeter von meinem Ohr. Er packte mich an den Schultern und zwang mich dazu, mich umzudrehen. Langsam, ganz langsam beugte er sich nach vorne und fixierte dabei meine Lippen. Einen Moment lang überlegte ich, ob er mich wohl küssen wollte. Bisher hatten wir uns noch kein einziges Mal geküsst und doch lag es keinesfalls daran, dass ich abgeneigt wäre. Ganz im Gegenteil. Gerade wollte ich nichts lieber, als zu erfahren, wie Sasukes Küsse schmeckten. Ob er ein guter Küsser war, wie er es bestimmt selbst von sich behaupten würde.     Außerdem hatte ich ja quasi sowieso keine Wahl, denn wie er vorhin erklärt hatte, nahm sich ein Uchiha das, was er wollte. Intuitiv lehnte ich mich ein bisschen weiter nach vorne und schloss die Augen, als er mir immer näher kam. Ich konnte bereits seinen Atem auf meinen Lippen spüren, doch der erwartete Kontakt blieb aus. Sasukes Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Seine Worte waren nichts weiter als ein Hauchen.     „Ich will dich fertig machen, Naruto Uzumaki.“     Kapitel 22: ------------ -22-     Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schluckte.     „Nummer drei“, verkündete ich voller Elan.     Ein heißes brennendes Gefühl breitete sich zuerst in meinem Hals und anschließend dann in meinem Magen aus. An sich war es ein angenehmes Gefühl und gleichzeitig spürte ich, wie sich allmählich eine behagliche Schwere über meine Glieder und meinen Verstand legte. Allzu gerne hätte ich mich ihr einfach hingegeben, doch ich wusste, dass das in meiner Situation fatal wäre.     „Du warst gerade eben schon bei drei“, korrigierte mich Sasuke in einem herablassenden Tonfall.     Obwohl er schon genauso viele Shots getrunken hatte wie ich, sah man ihm bisher noch nicht wirklich etwas an. Entweder er vertrug den Alkohol besser als ich oder aber er hatte sich einfach nur sehr gut unter Kontrolle. Beides würde sich definitiv nicht zu meinem Vorteil auswirken.     „Umso besser“, meinte ich nur grinsend.     Noch standen ein paar kleine Schnapsgläser auf dem Tablett auf dem kleinen Tisch in der Ecke des Raumes. Hinata hatte es vorsorglich nicht zu nah am Mischpult platziert, da davon auszugehen war, dass Sasukes und meine Koordinationsfähigkeit im Laufe der Zeit drastisch nachlassen würde. Die Technik war zum einen wahnsinnig empfindlich und zum anderen wahnsinnig teuer. Selbst Konoha Kiku konnte es sich nicht leisten, mal eben ein komplett neues Mischpult zu kaufen, ganz abgesehen von den Sendeausfällen, die sich daraufhin ergeben würden.     Da ich mich selbst im betrunkenen Zustand nur allzu gut kannte, hatte ich das auch zunächst kommentarlos so hingenommen. Als uns Kakashi dann allerdings angewiesen hatte, statt wie üblicherweise auf den Barhockern, auf dem kleinen roten Sofa an der hinteren Wand Platz zu nehmen, hatte ich zunächst protestiert. Zum einen hatte ich nicht mehr das Gefühl, Teil des Moderationsteams zu sein, wenn wir einfach so ausgelagert wurden, zum anderen war das kleine rote Sofa wirklich klein. So klein, dass es unmöglich sein würde, Sasuke aus dem Weg zu gehen und einen gewissen Mindestabstand zu ihm einzuhalten.     Nach seiner Aktion gestern im Aufzug hatte sich mein Entschluss, ihn so gut es ging zu meiden, immer weiter verfestigt. Allerdings konnte ich noch nicht einschätzen, ob ich im betrunkenen Zustand noch genauso entschlossen dazu in der Lage sein würde, ihm zu widerstehen. Das musste ich aber, wenn ich mich nicht so wie gestern von ihm vorführen lassen wollte, und deshalb war es nicht gerade von Vorteil, wenn wir uns gegenseitig so auf die Pelle rückten.     „Ihr könnt euch schon mal den nächsten holen“, verkündete Kakashi mit Blick auf die Uhr über der Tür.     Immer abwechselnd gingen Sasuke und ich zu dem kleinen Tischchen, um von dort Nachschub zu holen. Diesmal war ich dran. Als ich mich von dem Sofa erhob, spürte ich bereits, dass mein Gleichgewichtssinn nicht mehr ganz auf der Höhe war und versuchte mir angestrengt nichts anmerken zu lassen. Ganz deutlich spürte ich bei jedem meiner Schritte Sasukes Blick auf mir und auch Kakashi ließ mich keine Sekunde lang aus den Augen. Es war ungewohnt, dass er sich mit im Studio befand, insbesondere weil er normalerweise um diese Uhrzeit noch gar nicht im Sender war. Allerdings wollte er Sakura unter keinen Umständen mit zwei betrunkenen Kerlen alleine in einem Raum lassen, während sie sich auch noch um die Moderation der Sendung kümmern musste.     „Du schwankst“, merkte Sasuke selbstgerecht an.     Er hatte sich entspannt in die Polster des Sofas zurückgelehnt und eine Hand lässig auf der Armlehne abgelegt. Seine Haltung wirkte lockerer als sonst und drückte nur noch zu einem kleinen Teil diese Unnahbarkeit und Distanz aus, durch die er sich normalerweise auszeichnete. Es war ein ungewohntes Bild, ihn so gelöst zu erleben. Der Alkohol tat auch bei ihm seine Wirkung – wenn auch noch lange nicht in dem Maß, wie von mir erhofft.     „Ich schwanke gar nicht. Das bildest du dir bloß ein, weil du betrunken bist“, konterte ich wenig kreativ.     Sasuke hatte auch nur ein müdes Lächeln für mich übrig und nahm mir ohne weiteren Kommentar das Schnapsglas aus der Hand. Ungemein erleichtert ließ ich mich wieder neben ihn auf das Sofa fallen. Im Sitzen ließ das Pulsieren in meinem Kopf zum Glück deutlich nach.     „Prost“, murmelte ich.     Ein Klirren ertönte und wieder legten wir beide zeitgleich den Kopf in den Nacken. Wieder spürte ich das Brennen in meiner Kehle und das angenehm warme Gefühl, das sich kurz darauf in meinem Magen ausbreitete.     „Nummer vier“, stellte ich erleichtert fest.     So langsam wurde es doch ein wenig brenzlig. Ich spürte die Wirkung des Alkohols immer deutlicher und auch auf Sasukes Wangen hatte sich ein leichter Rotschimmer gelegt, der aufgrund seiner blassen Haut besonders gut zu sehen war.     „Fünf“, korrigierte er.     Zählen konnte er scheinbar immer noch besser als ich.     „Ist doch egal“, murrte ich und machte eine wegwerfende Handbewegung, wobei sich ein paar Tropfen Alkohol auf dem Boden verbreiteten.     Sofort warf Kakashi mir einen mahnenden Blick zu und ich entschuldigte mich hastig. Wie bereits erwähnt waren meine Koordinationsfähigkeiten nicht gerade die besten, wenn ich getrunken hatte. Dass es gerade mal kurz nach acht Uhr morgens war, machte es nicht unbedingt besser. Wenigstens hatte ich heute ein ordentliches Frühstück zu mir genommen, sonst würde ich den Morgen wahrscheinlich nicht so einfach durchstehen.     „Wie lange noch?“, fragte ich ungeduldig.     Wieder warf Kakashi einen Blick auf die Uhr.     „Zwanzig Minuten bis wir auf Sendung gehen.“     Ungeduldig rutschte ich auf dem Sofa hin und her, stets bemüht nicht aus Versehen Sasukes Bein zu berühren. Nach seiner Kampfansage gestern wollte ich ihm möglichst keine Angriffsfläche bieten und ihm klarmachen, dass er mich als Gegner keinesfalls unterschätzen sollte. Bisher war es ihm immer irgendwie gelungen, mich gegen meinen Willen auszutricksen und seine eigenen Absichten durchzusetzen. So würde es ab jetzt allerdings nicht mehr weitergehen.     Heute war ich in der besseren Position. Immerhin hatte ich noch immer einen Punkt Vorsprung auf ihn und das hier war die letzte Aufgabe. Wenn Sasuke mir nicht einen Wunsch gewähren wollte, musste er diese Aufgabe gewinnen, während ich im schlimmsten Fall mit einem Unentschieden zu rechnen hatte. Der Gedanke an ein Unentschieden reichte jedoch schon aus, um mich zu motivieren, mein Bestes zu geben. Ich wollte mich unter keinen Umständen mit einem Gleichstand zufrieden geben, wenn der Sieg drin war. Wenn ich die Möglichkeit hatte, Sasuke Uchiha einmal in seine verdammten Schranken zu weisen.     Dass ich mich gestern ohne weiteres in einem Aufzug von ihm hatte berühren lassen, zeigte, wie sehr er seine tückischen Fäden bereits um mich gesponnen und meinen Widerstand unterwandert hatte. Er hatte Erwartungen in mir aufgebaut, die ich so nie haben wollte, nur um sie im Anschluss daran wieder zu zerstören. Er spielte mit mir, weil er spürte, dass es mich verunsicherte. Also durfte ich mich einfach nicht mehr von ihm verunsichern lassen. Nicht von seiner unnahbaren Art. Nicht von seiner Pseudo-Perfektion. Nicht von seinen spitzen Kommentaren. Und vor allen Dingen nicht von seinen fatalen Stimmungswechseln, wenn er statt abweisend plötzlich fast schon aufdringlich wurde.     Egal, was im Endeffekt bei diesem Wettbewerb rauskam und egal, wer von uns beiden die Stelle antreten durfte, spätestens morgen würde ich ihn sowieso zum letzten Mal sehen. Damit hätten sich dann auf einen Schlag alle Probleme in Luft aufgelöst und ich musste nicht mehr meine Zeit damit verschwenden, mir effektive Strategien gegen seine Annäherungsversuche zu überlegen. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, waren meine Strategien bisher sowieso nie von Erfolg gekrönt gewesen. Aber das war ein anderes Thema. Ich musste nur noch zwei Tage durchhalten und genau dieser Gedanke war es, an den ich mich klammerte, als ich den nächsten Shot runterkippte.     „Nummer sechs“, zählte ich diesmal richtig.     Das Tablett, auf dem die Schnapsgläser gestanden hatten, hatte sich mittlerweile deutlich gelichtet und die zwei übrig gebliebenen Gläser wirkten fast ein wenig einsam. Als Sasuke aufgestanden war, hatte ich auch bei ihm ein leichtes Schwanken festgestellt und grinste seitdem zufrieden vor mich hin, was er mit einem streitsüchtigen Blick quittierte. Es passte ihm nicht, dass ich seine Schwäche gesehen hatte.     „So Jungs, ihr bekommt jetzt die Texte“, verkündete Kakashi plötzlich.     Erst jetzt fiel mir auf, dass ich den zweiten Teil der Aufgabe bisher völlig verdrängt hatte. Das hing vermutlich damit zusammen, dass der erste Teil der Aufgabe darin bestand, sich innerhalb einer vorgegebenen Zeit in regelmäßigen Abständen insgesamt sieben Shots einzuverleiben. Das hatte den Zweck, dass wir innerhalb kürzester Zeit betrunken werden sollten, um uns dann Teil zwei der Aufgabe zu stellen, der darin bestand, einen von der Redaktion präparierten Nachrichtentext live und möglichst fehlerfrei vorzutragen. Je mehr Zeit jedoch verstrich und je mehr wir beide intus hatten, desto schwieriger würde das werden.     Wenn ich das Level meiner Konzentration auf einer Skala von eins bis zehn hätte einschätzen sollen, würde ich mir vermutlich gerade mal eine drei geben, mit viel gutem Willen eine vier. Ich war einfach nicht der Mensch, der sich in Selbstdisziplin übte und stets unter Kontrolle hatte. Schon im nüchternen Zustand fiel es mir manchmal schwer, mich ernsthaft zu konzentrieren und im Moment machte mich der Alkohol vor allen Dingen eines – fahrig und unaufmerksam.     „Ihr dürft euch gerne Markierungen machen“, Kakashi reichte jedem von uns ein Blatt und einen Bleistift.     Sasukes Lippen bewegten sich tonlos, als er begann zu lesen. Er hatte die Augen konzentriert zu Schlitzen verengt, während sie rastlos über die Textzeilen huschten und notierte sich tatsächlich immer mal wieder etwas über einzelne Wörter. Meistens waren es nur Striche oder Punkte, die ihm vermutlich bei der Betonung helfen sollten, doch als er bemerkte, dass ich ihn dabei beobachtete, schirmte er seinen Zettel vor mir ab als wäre es die Geheimzahl für seine Bankkarte.     „Ich mach dich sowieso fertig“, prophezeite ich überzeugt.     Ich hatte bewusst diese Worte gewählt, um ihm unmissverständlich klar zu machen, dass ich seine Kampfansage nicht so einfach hinnehmen würde. Zu meiner Enttäuschung reagierte er jedoch nicht auf meine kleine Provokation und vertiefte sich stattdessen weiter in den Zeilen des Nachrichtentextes. Erst jetzt kam auch ich langsam auf den Gedanken, dass es eine gute Idee sein könnte, sich den Text wenigstens einmal durchzulesen.  Insbesondere weil die Zeit erbarmungslos weiter fortschritt.     Das Voting für den neuen Moderator bei Akatsuki geht in die letzte Runde. Seit Beginn der Woche war es den Zuhörern der Radiosendung möglich, im Internet für ihren Favoriten abzustimmen. Bisher machte der Sender Konoha Kiku keinerlei Angaben zum bisherigen Stand der Votingergebnisse. Allerdings soll heute Abend um 23 Uhr und somit eine Stunde vor Ende der Wahl ein Zwischenstand veröffentlicht werden. Es ist davon auszugehen, dass die letzte Stunde nochmal zu einer heißen Phase im Wettkampf um die Moderatorenstelle zwischen Naruto Uzumaki und Sasuke Uchiha wird. Alle Hörer sind herzlich dazu eingeladen, ihre Stimme abzugeben. Die Abstimmung läuft noch bis Mitternacht.     Fragend sah ich Kakashi an.     „Stimmt das?“     Mein leicht vernebeltes Gehirn war nicht mehr in der Lage einzuschätzen, welchen Wahrheitsgehalt diese Nachricht tatsächlich hatte. Vielleicht hatte sich die Redaktion auch einfach irgendeinen Text überlegt, dessen Inhalt völlig beliebig war. Schließlich ging es lediglich darum, die Zeilen möglichst fehlerfrei vorzutragen.     „Ja, es gibt heute Abend einen offiziellen Zwischenstand“, bestätigte Kakashi. „Wir konnten keine echte Nachrichtenmeldung auswählen, weil das sonst eventuell einen falschen Eindruck hinterlassen würde. Gerade bei ernsten Themen, käme unsere Aktion respektlos rüber. Wir wollten aber auch nichts nehmen, was völlig aus der Luft gegriffen ist, weil das die Leute am Ende sonst noch glauben würden.“     Das erschien mir sogar in meinem angetrunkenen Zustand irgendwie logisch. Wieder linste ich aus den Augenwinkeln zu Sasuke rüber, der sich noch immer kleine Notizen machte und dabei stumm etwas vor sich hin murmelte. Vermutlich ging er den Text durch. Hatte er überhaupt realisiert, was dort stand oder war er vollkommen darauf konzentriert, die richtige Betonungstechnik anzuwenden?     „Hey Sasuke, es gibt heute Abend einen Zwischenstand“, wiederholte ich noch einmal das, was Kakashi eben gesagt hatte. „Das heißt, du hast noch die Möglichkeit aufzugeben, wenn du siehst, dass ich dir haushoch überlegen bin.“     Wieder ging er nicht auf meine Provokation ein und gab nur einen abfälligen Zischlaut von sich. Heute wollte es mir einfach nicht gelingen, ihn aus der Reserve zu locken und das, obwohl seine Hemmschwelle normalerweise durch den Alkohol niedriger sein müsste als sonst. Vielleicht versuchte er sich aber auch nur so sehr zusammenzureißen, weil diese Challenge für ihn entscheidend war, und verschwendete deswegen keine überflüssige Energie an unsere kleinen Streitereien. Wenn dem so war, tarnte er es sehr gut durch seine gespielte Überlegenheit.     „Es ist Zeit für den letzten Shot“, machte Kakashi uns grinsend darauf aufmerksam und reichte uns die beiden Gläser.     Ich war ziemlich froh, dass ich nicht nochmal aufstehen musste, denn mittlerweile konnte ich den Einfluss des Alkohols tatsächlich nicht mehr leugnen. Überhaupt war ich sehr überrascht, dass ich noch halbwegs vernünftige Gedanken zustande gebracht hatte, doch das lag vermutlich daran, dass es einfach noch ein paar Minuten brauchte, bis sich die Wirkung vollends entfalten würde.     Diesmal verzichteten wir auf das Anstoßen und kippten das Zeug einfach runter. Mit jedem Glas war der Geschmack weniger bitter und weniger sauer. Trotzdem spürte ich, wie mein Magen bereits ein wenig rebellierte. Ein prüfender Blick auf Sasuke zeigte mir, dass es ihm ähnlich ging. Er verzog keine Miene, doch seine Augen erschienen mir deutlich glasiger als noch vor ein paar Minuten. Ein wenig erinnerte es mich an den Ausdruck in seinem Gesicht, als wir damals auf der Party im Shippuden gewesen waren. Damals hatten wir auch beide einen über den Durst getrunken.     Ich nahm mir ein Beispiel an Sasuke und versuchte mich auf den Text in meiner Hand zu konzentrieren. Doch anstatt auf die richtige Aneinanderreihung und Betonung der Wörter zu achten, stellte ich immer wieder fest, dass meine Gedanken abschweiften und ich stattdessen über den Inhalt der Nachrichtenmeldung nachdachte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, erst morgen vor der Sendung zu erfahren, wer letztendlich die Nase vorn hatte. Es war extra eine Besprechung für fünf Uhr angesetzt worden, um anschließend den Gewinner pünktlich um sieben Uhr bei Akatsuki verkünden zu können. Je nachdem wie das Ergebnis ausfallen würde, gäbe es vielleicht schon heute Abend eine eindeutige Tendenz, wer das Rennen machen würde.     „Naruto, du hast die letzte Challenge gewonnen, deswegen darfst du jetzt auch als Titelverteidiger den Anfang machen“, eröffnete mir Sakura lächelnd.     Schon die ganze Zeit über beobachtete sie uns immer wieder skeptisch und schien dabei unseren Alkoholpegel nicht ganz einschätzen zu können. Ich nickte heftig und bereute es im nächsten Moment sofort wieder, da sich augenblicklich alles drehte. Ihrer unausgesprochenen Aufforderung Folge leistend, erhob ich mich schwerfällig von der Couch und versuchte mich auf meinem Weg zum Barhocker möglichst unauffällig am Studiopult abzustützen. In der anderen Hand hielt ich noch immer fest den Zettel mit der Nachrichtenmeldung. Immer wieder hatte ich sie mir durchgelesen und doch war gefühlt nichts hängen geblieben. Allerdings war ich noch immer Naruto Uzumaki und Spontanität war eine meiner absoluten Stärken.     Zumindest hatte ich das immer gedacht. Als Sakura schließlich die Mikrofone anschaltete und mich nach einer kurzen Einführungsmoderation dazu aufforderte zu beginnen, wurde ich schlagartig eines besseren belehrt. Die Worte laut auszusprechen, war im Vergleich dazu sie einfach nur im Kopf durchzugehen, eine ganz andere Schwierigkeitsstufe. Mein Kopf hatte bereits Probleme damit, die Worte in einem angemessenen Tempo zu erfassen, doch wenn ich versuchte sie laut auszusprechen, verhaspelte ich mich wieder und wieder. Meine Zunge fühlte sich so unglaublich schwer an und fast so als würde sie sich permanent in meinem eigenen Mund verheddern. Es war als würde ich Befehle an meine Muskeln erteilen, die sie dann jedoch nicht oder nur verzögert ausführten.     Mühsam hangelte ich mich von Satz zu Satz. Die Buchstaben begannen vor meinen Augen zu tanzen und mich zu verspotten. Hinter mir ertönte ein leises Kichern und erst da wurde mir bewusst, dass ich sogar vergessen hatte, mir die Kopfhörer aufzusetzen. Für einen kurzen Moment unterbrach ich meinen Versuch, die Meldung halbwegs verständlich vorzulesen, um Sasuke einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Ich hatte nicht einmal realisiert, dass er gerade tatsächlich gekichert hatte. Scheinbar entfaltete sich auch bei ihm zunehmend die Wirkung der Shots.   „… läuft noch bis Mitternacht.“     Erleichtert seufzte ich, als ich endlich die letzten Worte hinter mich gebracht hatte. Insgesamt war ich mit meiner Leistung nicht gerade zufrieden, doch mein Kopf dröhnte von der Anstrengung, mich auf die vielen Buchstaben zu konzentrieren und mir wurde zunehmend schwindliger, was nicht gerade von Vorteil war, wenn man auf einem Barhocker ohne Lehne saß. Wie vorhin stützte ich mich am Studiopult ab, wobei ich mir nun nicht mehr die Mühe machte, meinen Zustand vor Sasuke zu verbergen. Er hatte es sowieso bemerkt.     Auch er schwankte leicht als er sich vom Sofa erhob und auf den Hocker zusteuerte, auf dem ich gerade noch gesessen hatte. Zwischendrin wurde nur ein einzelner Song gespielt, sodass wir genug Zeit hatten, die Plätze zu tauschen. Ich tastete mich vor zur Kante des Sofas und ließ mich dann fallen. Das Drehen hatte sich zu meinem Bedauern nur noch verstärkt und ich überlegte einen Moment, ob es besser war zu sitzen oder zu stehen, entschied mich dann jedoch für Sitzen, aus dem einfachen Grund, dass ich so schon mal nicht umfallen konnte.     Als Sasuke schließlich ansetzte zu sprechen, verzog ich grimmig das Gesicht. Genau wie bei mir, merkte man ihm anhand seiner Sprechgeschwindigkeit an, dass er Schwierigkeiten hatte, die Zeilen in einem normalen Tempo zu lesen. Insbesondere bei Nachrichten sollte man sich normalerweise keine allzu langen Pausen zwischen den Sätzen leisten. Allerdings passte Sasuke sein Tempo so an, dass es zumindest einigermaßen regelmäßig war und setzte seine Sprechpausen sehr gezielt. Er hatte im Voraus präzise abgeschätzt, wozu er in der Lage sein würde und sich dementsprechend darauf vorbereitet, Schwachpunkte auszugleichen. Dieser Bastard.     Ich spürte, wie ich mich vor Wut immer mehr anspannte und auch nachdem Sakura den nächsten Song gestartet hatte, gelang es mir nicht meine Anspannung zu lösen. Warum bekam Sasuke immer alles so verdammt gut hin?     „Das war echt gut, Sasuke“, lobte Sakura ihn zu allem Überfluss auch noch. „Wie hast du das hingekriegt?“     Sasuke rutschte vom Hocker und hatte seinen Blick dabei fest auf den Boden geheftet, als würde er Angst haben sonst umzukippen. Er schwankte bedenklich und auch wenn er bis eben noch so gewirkt hatte, als hätte er sich perfekt unter Kontrolle, war ihm die Anstrengung nun deutlich vom Gesicht abzulesen. Ich bewunderte ihn unwillkürlich dafür, dass er es trotz der Alkoholmenge noch geschafft hatte, so souverän zu lesen.     „Sprecherausbildung“, antwortete er knapp.     Bis eben hatte ich vergessen, dass Sasuke ja schon eine professionelle Ausbildung hinter sich hatte und schon erschien mir seine Souveränität nicht mehr ansatzweise so beeindruckend. Wahrscheinlich war es nicht das erste Mal gewesen, dass er einen Text unter erschwerten Bedingungen vortragen musste. Unter diesen Umständen betrachtet empfand ich die heutige Aufgabe mehr als unfair, doch bevor ich mich deswegen lautstark beschweren konnte, ergriff Kakashi wieder das Wort.     „Sasuke, Naruto, ihr könnt heute früher gehen, Sakura macht die restliche Sendung alleine. Hinata fährt euch nach Hause und wir sehen uns dann morgen früh pünktlich um fünf.“     Das Wort pünktlich klang aus Kakashis Mund wie eine Parodie, doch auch hier verkniff ich mir jeglichen spöttischen Kommentar, da der Anlass für das Treffen einfach viel zu ernst war. Stattdessen grummelte ich irgendetwas vor mich hin und überlegte, wie ich am besten vom Sofa aufstehen sollte, ohne dabei das Schwindelgefühl unnötig zu verstärken. Außerdem gab es da noch eine Sache zu klären und auch wenn ich mir fast sicher war, die Antwort zu kennen, musste ich die Frage trotzdem stellen.     „Wer hat denn jetzt gewonnen?“     Meine Stimme klang wenig hoffnungsvoll und das letzte bisschen Hoffnung wurde mir dann auch direkt genommen, als ich Sakuras entschuldigendem Blick begegnete.     „Sasuke“, sagte sie leise.     Obwohl er bis eben noch den Boden fixiert hatte, schlich sich nun ein zufriedenes Grinsen auf seine Lippen und er hob den Kopf, um mir direkt in die Augen zu sehen. Seine eigenen Augen funkelten herausfordernd, als wollten sie sagen Ich habs dir doch gesagt.     „Also unentschieden“, seufzte ich frustriert.   Dabei war ich dem Sieg so nahe gewesen. Eigentlich sollte ich in diesem Moment wütend sein, doch ich war es nicht. Stattdessen war ich einfach nur erleichtert, dass es vorbei war und dass ich mich endlich nicht mehr so zusammenreißen musste. Es fühlte sich an, als würde sich in meinem Kopf ein dicker Knoten lösen, als ich schließlich meine letzten Versuche der Selbstkontrolle aufgab und mich bereitwillig der verschwommenen Dumpfheit des Alkohols hingab. Jetzt war es auch schon egal. Kapitel 23: ------------ -23-   „Ähm Naruto?“, fragte Hinata sanft. „Langsam müsstest du mir mal sagen, wo ich dich hinbringen kann.“     Sie warf einen kurzen prüfenden Blick nach hinten durch den Rückspiegel und ein besorgtes Flackern trat in ihre Augen. Ich wollte nicht, dass sie meinetwegen besorgt war und schenkte ihr deswegen mein breitestes Grinsen.     „Idiot, sie hat dich gefragt wo du wohnst?“     Sasukes Stimme war schon deutlich weniger sanft und er stieß mir grob den Ellenbogen in die Seite, was ich mit einem leisen Jammern quittierte. Wehleidig rieb ich mir über die schmerzende Stelle an meiner Rippe und durchbohrte Sasuke mit wütenden Blicken. Bis eben war alles so schön ruhig und harmonisch gewesen und jetzt auf einmal zerstörten die beiden meine trügerische Idylle. Demonstrativ steckte ich mir die Finger in die Ohren und kniff so fest ich konnte beide Augen zu. Wenn ich sie nicht wahrnehmen konnte, konnten sie mich auch nicht weiter mit komischen Fragen nerven.     Grob packte Sasuke meine Unterarme und riss sie nach unten, sodass mir gar nichts anderes übrig blieb, als wieder die Finger aus den Ohren zu nehmen. Auf seinem Gesicht war ein eindeutig gereizter Gesichtsausdruck und seine linke Schläfe pochte gefährlich. Anscheinend war er einer der Menschen, die von Alkohol zunehmen aggressiv wurden oder aber es lag daran, dass er sich noch immer mit aller Macht gegen die Wirkung wehren wollte, während ich mich längst ergeben hatte. Es war aber auch viel bequemer so. Ich musste mir keine Gedanken mehr über die verlorene Challenge machen und konnte mich einfach dem betäubenden Schwindel hingeben.     „Naruto, deine Adresse!“, fuhr er mich ungehalten an.     Dabei verstärkte er nochmal den Druck, den er auf meinen Arm ausübte und ich entriss mich ihm kurzerhand. Protestierend verschränkte ich die Arme vor der Brust.     „Geht dich nichts an“, brachte ich lallend heraus.     Das wäre ja noch schöner, wenn ich dem Bastard auch noch verriet, wo ich wohnte. Wahrscheinlich würde er die Info sowieso nur dazu nutzen, mich zu stalken, wenn ich der neue Moderator bei Akatsuki wurde und reich und berühmt war. Als ob ich dann noch weiterhin in meiner winzigen Einzimmerbude hausen würde. Momentan war sie leider das einzige, was ich mir leisten konnte, doch das würde sicherlich auf Dauer nicht so bleiben. Wenn ich erst mal den Vertrag unterzeichnet hatte, musste ich mich sowieso nach etwas Neuem umsehen, etwas was sich näher beim Sender befand.     „Naruto, verrätst du vielleicht mir wo du wohnst?“, bat Hinata vorsichtig.     Ich grinste.     „Oh Hinata, willst du mich etwa besuchen kommen?“     Sie warf Sasuke einen hilfesuchenden Blick durch den Rückspiegel zu, doch der schnaubte nur verärgert. Ihm ging die Situation gehörig auf die Nerven und seine Geduld mit mir war schon seit längerem aufgebraucht. Genau genommen war Sasuke sowieso nicht gerade der Typ, der besonders viel Geduld aufbrachte.     „Ich würde dich gerne nach Hause fahren“, erklärte Hinata sanft.     „Hinata, das ist doch nicht nötig“, wehrte ich noch immer grinsend ab.     Sie sah ein wenig verzweifelt aus und ich fragte mich, woran das nun schon wieder lag, doch ich schob es schließlich darauf, dass Sasuke mit uns im Auto war und mal wieder nur schlechte Laune verbreitete. Nicht jeder konnte das so gut wegstecken wie ich und Hinata war sehr empfindsam, was die Stimmungen von anderen Leuten betraf. Eine Eigenschaft die ich an ihr sehr schätzte.     „Ach Hinata, ich mag dich“, sprach ich dann auch direkt laut aus, was ich eben gedacht hatte.     Auf ihre Wangen legte sich ein leichter Rotschimmer und auch Sasuke lief zunehmend rot an, was aber vermutlich andere Gründe hatte.     „Naruto, es reicht, halt jetzt endlich die Klappe und sag Hinata, wo sie dich hinfahren soll“, schimpfte er.     Er hatte seine Hand fest um eine Wasserflasche gekrallt, die er bereits zur Hälfte geleert hatte und die jetzt ein verzweifeltes Knacksen von sich gab.     „Sasuke, vielleicht ist es besser, wenn ich dich erstmal nach Hause bringe“, schlug Hinata versöhnlich vor. „Vielleicht geht’s ihm ja bis dahin besser.“     Sasuke grummelte daraufhin leicht verstimmt und begann, ihr den Weg zu sich nach Hause zu erklären. Nach den ersten zwei Sätzen hatte ich schon wieder abgeschaltet, weil es viel zu anstrengend war ihm zuzuhören, und außerdem hatte ich keine Lust seiner kalten und distanzierten Stimme zu lauschen. Es war viel angenehmer sich auf die Popmusikklänge aus dem Radio zu konzentrieren und dabei aus dem Fenster zu schauen, wo die Landschaft in tanzenden bunten Flecken vorbeirauschte. Außerdem half es mir, mich davon abzulenken, dass mir ein bisschen schlecht wurde. Autofahren auf der Rückbank war noch nie mein Ding gewesen und im alkoholisierten Zustand wurde das nicht gerade besser.     Das Auto wurde langsamer und ich spürte ein leichtes Rumpeln, als Hinata in einer Einfahrt wendete. Die tanzende Landschaft vor meinem Fenster hatte sich in eine vorortähnliche Gegend mit verschiedenen Mehrfamilienhäusern verwandelt. Alles in allem sah es hier sehr gepflegt und modern aus, doch ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum wir hier angehalten hatten. Wohin waren wir überhaupt unterwegs? Mein Kopf dröhnte, als ich versuchte in meinem Gehirn nach Informationen zu kramen und ich gab es schließlich auf.     Sasuke schnallte sich ab und öffnete die Autotür. Trotz des Alkohols, den auch er noch immer im Blut haben musste, gelang es ihm in einer halbwegs eleganten Bewegung auszusteigen. Er stützte sich an der noch immer geöffneten Tür ab und sah auf mich herunter.     „Naruto, jetzt sag Hinata schon wo du wohnst“, forderte er noch einmal.     Mir entging keinesfalls der nachdrückliche Tonfall in seiner Stimme, doch ich hatte das Bedürfnis, ausnahmsweise mal nicht nach seiner Pfeife zu tanzen und beschloss daher seine Bitte einfach zu ignorieren.     „Schon gut“, winkte Hinata ab. „Ich versuche einfach jemanden im Sender zu erreichen, damit die die Adresse nachschauen können.“     Sie stellte den Motor ab und zog die Handbremse an. Dann kramte sie in ihrer Handtasche im Fußraum des Beifahrersitzes nach ihrem Handy und tippte eine Zeit lang auf dem Display herum. Sie hielt es sich ans Ohr und wartete. Da es mir mit der Zeit zu langweilig wurde, ihr dabei zuzusehen, ließ ich meinen Blick wieder zu Sasuke wandern. Er stand noch immer an die Tür gelehnt da, hatte jedoch die Stirn in der Handfläche vergraben und starrte auf den Boden. Offenbar wartete er, ob Hinata mit ihrem Anruf Erfolg haben würde.     „Ich kann niemanden erreichen, wahrscheinlich sind sie noch in der Konferenz“, verkündete sie schließlich bekümmert. Sasuke warf einen Blick auf sein eigenes Handy.     „Sakura ist noch auf Sendung und ich hab von niemandem sonst die Nummer“, fluchte er dann.     Wütend ging er einmal um das Auto herum und riss dann die Tür auf meiner Seite ebenfalls auf. Zum Glück standen wir noch immer in der Einfahrt, denn sonst wäre er Gefahr gelaufen, von einem vorbeifahrenden Auto erfasst zu werden. Ich sah ihn erstaunt an.     „Steig aus“, befahl er herrisch.     Als ich nicht sofort reagierte, beugte er sich über mich, löste den Gurt und zog mich dann am Arm aus dem Auto. Alles begann sich mit einem Mal zu drehen, so als hätte mich jemand in ein Karussell gesteckt und ich hatte für kurze Zeit Schwierigkeiten meine Augen auf einen festen Punkt zu fixieren. Ich wäre fast über meine eigenen Füße gestolpert, doch sein Griff war so eisern, dass er mein fehlendes Gleichgewicht ausglich.     „Lass mich“, protestierte ich halbherzig und versuchte mich aus dem Griff zu winden, doch es hatte keinen Zweck.     Ich fragte mich woher er diese Kraft nahm, aber vielleicht war ich auch einfach zu betrunken, um mich wirklich gegen ihn wehren zu können. Nachdem ich mich aber damit abgefunden hatte, dass ich nun mal das Auto verlassen musste, versuchte ich der Situation etwas Gutes abzugewinnen. Da es noch nicht einmal zehn Uhr war, war es noch angenehm kühl draußen und die frische Luft war Balsam für meinen pulsierenden Kopf. Ich atmete tief ein und genoss das Gefühl des leichten Windzugs über mein Gesicht.     „Ich nehme ihn mit zu mir“, knurrte Sasuke. „Er kann sich dann später ein Taxi rufen.“     „Bist du dir sicher?“, erkundigte sich Hinata zögerlich.     Ihr war scheinbar nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, mich mit Sasuke alleine zu lassen.     „Nein, aber wenn der Idiot nicht bald seine Adresse rausrückt, werde ich sie aus ihm rausprügeln“, versprach Sasuke gereizt.     Hinata sah wohl ein, dass es besser war, jetzt nicht mit ihm zu diskutieren und wahrscheinlich war sie auch ganz froh darüber, dass er ihr eine Lösung für ihr Problem anbot. Sie bedankte sich mehrmals bei ihm, bevor sie schließlich den Schlüssel im Zündschloss drehte und den Motor wieder anließ. Sasuke zog mich ein gutes Stück von dem Wagen weg, damit wir ihr nicht im Weg standen und dann sahen wir ihr beide hinterher, wie sie die Straße in Richtung Stadtzentrum verließ.     „Was machen wir hier?“, fragte ich neugierig.     Sasuke verdrehte die Augen und schob mich auf das Haus zu, zu dem die Einfahrt gehörte. Es war in einem langweiligen Weiß gestrichen und hatte eine moderne Eingangstür, an der viele verschiedene Klingelschilder befestigt waren. Ich versuchte ein paar von den Namen zu lesen, doch die Schrift verschwamm immer wieder vor meinen Augen und schließlich hatte ich keine Lust mehr.     „Woah, wo hast du denn den Schlüssel her?“, fragte ich plötzlich erstaunt.     Sasuke hatte wortlos einen Schlüssel aus seiner Hosentasche gezogen und versuchte damit nun die Tür aufzuschließen. Die Betonung lag auf versuchte, denn er brauchte tatsächlich mehrere Anläufe, um das Loch auch zu treffen. Er bemühte sich zwar, sich nichts anmerken zu lassen, doch sogar ich bemerkte, dass er nicht gerade nüchtern war.     „Ich wohne hier“, kommentierte er trocken, ohne sich dabei umzudrehen.     Er stieß die große Eingangstür auf und betrat dann das Treppenhaus. Es war schön hell hier, da ein Großteil der Wand von einem riesigen Fenster eingenommen wurde, durch das man in einen kleinen Innenhof schauen konnte. Als ich mich nicht bewegte und stattdessen einfach weiter auf die einzelnen Stufen starrte, griff er wieder nach meinem Arm und zog mich hinter sich her. Relativ widerstandslos ließ ich mich von ihm die Treppe nach oben schleifen, bis er schließlich vor einer der Wohnungstüren stehen blieb. Auch hier benötigte er wieder mehrere Versuche, bis es ihm gelang, die Tür aufzuschließen.     „Schuhe aus“, knurrte er.     Brav strampelte ich mir die Schuhe von den Füßen und betrat dann hinter ihm die Wohnung. Wir standen in einem kleinen gefliesten Flur mit Garderobe, deren Rückwand von einem großen Spiegel dominiert wurde. Ordentlich auf Kleiderbügeln aufgehängt hingen verschiedene Jacken daran und am Boden auf einer kleinen Matte nebeneinander aufgereiht standen mehrere Paar Schuhe. Ich stellte meines dazu und schwindelte leicht als ich mich wieder aufrichtete.     Sasuke schenkte mir keinerlei Beachtung mehr und steuerte zielstrebig auf das Zimmer zu, das sich rechts von uns befand. Ein etwas breiterer Durchgang, dessen obere Kante aus einer leichten Rundung bestand führte in den nächsten Raum. Da ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte, folgte ich ihm kurzerhand und fand mich dann im Wohnzimmer wieder. Auch hier war der Boden gefliest. Es gab nur sehr wenige Möbel, was den Raum deutlich größer wirken ließ, gleichzeitig aber auch ein wenig karg. In der rechten hinteren Ecke stand ein großes graues Ecksofa und davor ein gläserner Kaffeetisch. An der Wand gegenüber befand sich eine in strahlendem Weiß gehaltene Wohnwand, die von einem großen Flatscreen-Fernseher dominiert wurde. Abgesehen von einer Lampe und einem weiteren Regal war das Zimmer sonst leer. Sasuke hatte nicht einmal einen Teppich.     „Und hier wohnst du also?“, stellte ich fest.     Beim Sprechen merkte ich, dass mir meine Zunge noch immer nicht so ganz gehorchen wollte und dass die Worte langsamer als beabsichtigt meinen Mund verließen. Sasuke zog eine Augenbraue nach oben und musterte mich.     „Ja, hier wohne ich im Moment.“     „Im Moment?“, fragte ich neugierig.     Er ignorierte meine Frage und ging stattdessen auf das große Fenster zu und die Glastür, die offenbar zum Balkon führte. Ein Rumpeln ertönte, während das Band der Jalousie Stück für Stück durch seine schmalen Finger glitt. Mit jedem Rumpeln wurde es ein bisschen dunkler im Zimmer und am Ende drangen nur noch ein paar vereinzelte Lichtstrahlen durch die kleinen Schlitze. Erschöpft ließ sich Sasuke auf das Sofa fallen und schraubte dann den Deckel seiner Flasche ab. Sein Kehlkopf hüpfte freudig auf und ab, während er gierig ein paar Schlucke trank.     „Wenn du auch was zu trinken willst, da hinten ist die Küche“, Sasuke deutete auf eine weitere Tür, die vom Wohnzimmer aus abging. „Im Kühlschrank ist noch Wasser.“     Angeekelt verzog ich mein Gesicht. Ich mochte kein Wasser. Allerdings wäre es vielleicht gar nicht mal so schlecht, welches zu trinken, um die Wirkung des Alkohols wenigstens ein bisschen zu neutralisieren. Ich hatte keine Ahnung, ob so etwas wirklich klappte, aber bisher hatte ich immer das Gefühl gehabt, dass es half. Schulterzuckend machte ich mich auf den Weg in die Küche und staunte nicht schlecht, als mein Blick über blitzblank geputzte Theken glitt.     Auch hier setzte sich der eher moderne Stil der Wohnung fort und auch hier wirkte alles seltsam karg und reduziert. Es gab nirgendwo einen Hinweis darauf, dass es Sasuke war, der diese Küche bewohnte, so als wäre es sowieso nur eine Übergangslösung. Vielleicht war es das auch, immerhin hatte er gesagt, er würde im Moment hier wohnen. Vielleicht würde er ja die Stadt verlassen, wenn er die Stelle nicht bekam. Irgendwie würde das zu ihm passen.     Mit einem Glas Wasser kehrte ich ins Wohnzimmer zurück, wo Sasuke noch immer auf der gleichen Stelle des Sofas saß. Im Dunkeln konnte ich ihn nur schemenhaft erkennen. Er hatte sich einen Arm über das Gesicht gelegt und den Kopf in die Kissen zurückgelehnt. Seine Beine hatte er über die kürzere Seite des Sofas ausgebreitet und eines davon locker angezogen. Da er mir von sich aus nicht anbot Platz zu nehmen, ließ ich mich einfach neben ihn auf das Polster fallen und stellte das Glas auf dem Kaffeetisch ab.     „Sasuke, warum hast du mich mit zu dir genommen?“, wollte ich neugierig wissen.     Dass das hier wirklich Sasukes Wohnung war, hatte ich mittlerweile kapiert. Genau wie der Kontrast zwischen uns beiden hätte der Kontrast zwischen unseren Wohnungen nicht größer sein können. Meine war klein, eng und zugestellt mit allem möglichen Krimskrams. Kein Möbelstück passte zum anderen, überall standen kleine Dekorationsgegenstände oder persönliche Erinnerungsstücke. Kein Millimeter der Wohnung ließ auch nur den geringsten Zweifel daran, dass es sich um meine Wohnung handelte.     Sasukes Wohnung war im Vergleich dazu fast schon leer, mindestens aber spärlich eingerichtet. Er besaß nur das Nötigste, alles hatte seinen festen Platz und er verzichtete auf jeglichen Kitsch oder Dekoration. Es war nahezu überall klinisch sauber, fast so als würde er die Wohnung kaum benutzen und das sterile Weiß strahlte eine zusätzliche Kälte aus. Im Gegensatz dazu wurde mein Wohnzimmer von warmen Holztönen und sanftem orange dominiert. Es war ein Raum zum Wohlfühlen und es war genau genommen auch mein einziger Raum. Wie viele Zimmer Sasukes Wohnung hatte, wusste ich noch nicht.     „Nerv mich jetzt bloß nicht“, drohte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Sonst fliegst du hier schneller wieder raus, als du bis drei zählen kannst.“     Tatsächlich glaubte ich ihm das aufs Wort und auch sein Tonfall ließ keine Zweifel daran. Seufzend schloss ich die Augen und ließ mich gegen die Lehne des Sofas sinken. Auf der einen Seite spürte ich, wie sich mehr und mehr eine drückende Müdigkeit in mir breit machte, der ich mich gerne willig ergeben hätte. Auf der anderen Seite spürte ich aber auch eine seltsame Unruhe, die genau das hartnäckig verhinderte. Gedankenfetzen spukten in meinem Kopf herum, die ich jedoch allesamt nicht wirklich zu Greifen bekam. Es war anstrengend und am liebsten hätte ich meine Gedanken einfach Gedanken sein lassen, doch irgendwie wollte das nicht so richtig funktionieren.     Nachdem ich meine Augen geschlossen hatte, spürte ich nur noch deutlicher den Schwindel, der von mir Besitz ergriffen hatte. Glücklicherweise hatte ich zumindest nicht das Gefühl, mich übergeben zu müssen, denn es wäre mir unglaublich peinlich gewesen, das in Sasukes Gegenwart zu tun. Da ich noch immer beide Füße auf dem Boden hatte, drehte es mich nicht so sehr, wie wenn ich liegen würde, und ich beschloss meine Position unter keinen Umständen zu ändern. Abgesehen davon hatte ich Angst, dass Sasuke mich wieder anfahren würde, wenn ich zu viel herumzappelte. Er hatte offenbar vor, sich auszuruhen und war nicht in der Laune, sich jetzt näher mit mir zu befassen.     Eine ganze Weile lang saß ich so da und ertrug die Stille, in der das Dröhnen in meinem Kopf und die wirren Gedankenfetzen nur umso intensiver auf mich einprasselten. Ich versuchte nicht zu sprechen, ich versuchte mich möglichst wenig zu bewegen und schließlich gelang es mir irgendwann doch einzuschlafen, nachdem ich mich auf Sasukes regelmäßige Atemzüge direkt neben meinem Kopf konzentriert hatte.     Ich wurde schließlich wach von einer gedämpften Stimme, die aus dem Flur drang. Es dauerte einen kurzen Moment, bis ich mich wieder orientiert hatte und daran erinnerte, dass ich mich in Sasukes Wohnung befand und auf der Couch eingeschlafen war. Der Platz neben mir war jedoch leer und irgendjemand hatte mein Glas Wasser weggeräumt. Offenbar mochte Sasuke es nicht, wenn in seiner Wohnung irgendetwas herumstand. Verschlafen rieb ich mir über die Augen und rappelte mich dann langsam auf. Unwillkürlich war ich beim Schlafen immer weiter nach unten und somit in eine, insbesondere für meinen Rücken, mehr als unbequeme Position, gerutscht.     „Sasuke?“, fragte ich vorsichtig.     Die Stimmen im Flur verstummten kurz, dann hörte ich das Zuschlagen der Wohnungstür. Verwirrt wunderte ich mich, was für einen Besuch Sasuke gehabt hatte, als er schon seinen Kopf durch den kleinen Durchgang steckte.     „Ah gut, du bist wach“, stellte er fest.     Seine Stimme klang schon wieder deutlich klarer als heute Vormittag, wenn auch ein raues Kratzen nicht zu überhören war. Vermutlich würde er mich jetzt rausschmeißen. Ehrlich gesagt war es mir unglaublich peinlich, dass er mich überhaupt bei sich aufgenommen hatte. Was war nur in mich gefahren, dass ich Hinata partout meine Adresse nicht hatte nennen wollen? Wäre Sasuke nicht sowieso schon gereizt und noch dazu betrunken gewesen, hätte er sich sicherlich nicht darum geschert, was mit mir passierte.     Entgegen meiner Erwartungen, schmiss Sasuke mich jedoch nicht auf der Stelle raus, sondern betrat das Wohnzimmer mit einem großen flachen Karton in der Hand. Wie auf Kommando ertönte ein hungriges Knurren aus meinem Magen, als mir der Duft der frischen Pizza in die Nase strömte und ich hätte ihn in diesem Moment knutschen können dafür, dass er den Pizzaboten gerufen hatte. Er stellte den Karton wortlos auf dem Tisch ab und schlug den Deckel zurück. Salami.     „Oh man, geil“, rief ich verzückt aus. „Nachdem ich getrunken habe, krieg ich immer so einen Fressflash.“     Sasuke schmunzelte nur und ich wusste nicht, ob er mich auslachte oder ob er Verständnis für meine Situation hatte, weil es ihm genauso ging. Allerdings hätte er wohl kaum eine Pizza bestellt, wenn er nicht genauso Hunger gehabt hätte wie ich. Jedenfalls verschwendete er keine Zeit und griff direkt nach dem ersten Stück, um es sich in den Mund zu schieben. Ich sah, wie sich ein zufriedener Ausdruck auf seinem Gesicht ausbreitete und konnte schließlich auch nicht mehr widerstehen. Salamipizza war mein absoluter Favorit. Vielleicht war es Zufall, dass sich Sasuke ausgerechnet dafür entschieden hatte, vielleicht hatte er sich aber auch daran erinnert, dass er das letzte Mal auch Salami für mich bestellt hatte.     Hungrig stopfte ich mir das erste Stück in den Mund und murmelte dabei ein schmatzendes Dankeschön. Nachdem ich den heutigen Wettbewerb verloren hatte, war ich auch zuständig für unsere Mittagsverpflegung und übergab ihm ein wenig widerwillig den Betrag, der auf der Rechnung stand. Wir kauten beide schweigend und anders als zuvor genoss ich die Stille und die Dunkelheit, die den Raum beherrschte. Dadurch, dass die Rollläden immer noch heruntergelassen waren, hatte ich nicht den leisesten Schimmer, wie spät es schon war oder wie lange wir geschlafen hatten.     Gedankenversunken griff ich in den Karton und wollte mir ein neues Stück Pizza nehmen, als ich plötzlich gegen einen Widerstand stieß. Sasuke hatte ebenfalls nach dem Stück greifen wollen, sodass sich unsere Hände nun gegenseitig blockierten. Mein Bauch knurrte protestierend und im selben Moment hörte ich auch, wie Sasukes Bauch leise knurrte. Unsere Blicke trafen sich und fochten ein stummes Duell aus, während keiner von uns seine Hand zurückziehen wollte.     „Du hattest schon so viele Stücke“, versuchte ich ihn halbherzig zu überzeugen.     Er schnaubte abfällig.     „Ich hatte genauso viele wie du, Idiot. Und außerdem hab ich die Pizza bestellt.“     „Aber ich hab sie bezahlt“, erinnerte ich ihn.     Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, doch Sasuke blieb gänzlich unbeeindruckt.     „Du bist in meiner Wohnung“, argumentierte er.     „Ich bin dein Gast“, griff ich sein Argument sofort auf und machte es mir zu Eigen.     Sasuke grinste herausfordernd.     „Na wenn das so ist, kannst du auch gerne gehen“, schlug er mir vor.     Unwillig verzog ich mein Gesicht. Nein, das wollte ich nicht. Im Moment fühlte ich mich noch nicht wirklich wieder fit und der Gedanke daran jetzt quer durch die ganze Stadt zu fahren war nicht wirklich verlockend. Auf der Suche nach einer akzeptablen Lösung für unser Problem oder zumindest einem weiteren schlagkräftigen Argument ließ ich meinen Blick durch das abgedunkelte Wohnzimmer wandern. Er blieb schließlich an dem riesigen Fernseher hängen und der Konsole, die darunter stand. Mir kam eine geniale Idee.     „Lass uns um das letzte Stück zocken!“   Kapitel 24: ------------ -24-     „Zocken?“, wiederholte Sasuke und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.     Das tat er oft und es verfehlte nie seine Wirkung. Sofort fühlte ich mich, als hätte ich ihm gerade vorgeschlagen gemeinsam ein Alienbaby vom Mars zu adoptieren. Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich mich davon einschüchtern lassen würde.     „Ja, zocken“, bestätigte ich. „Oder hast du eine bessere Idee?“     Sasuke verschränkte die Arme vor der Brust, wobei er endlich seine Hand von dem Stück Pizza zurückzog. Kurz überlegte ich, ob ich es mir einfach schnell schnappen sollte.     „Wie wär’s mit: Ich esse das Stück einfach“, schlug er selbstgefällig vor.     Energisch schüttelte ich den Kopf.     „Komm schon Sasuke, du bist doch ein Ehrenmann. Oder hast du etwa Angst zu verlieren?“     Sofort verengte er seine Augen zu Schlitzen, was im abgedunkelten Raum nur noch gruseliger wirkte. Natürlich hatte ich ihn mit Absicht provoziert, da ich wusste, dass er nun nicht mehr ablehnen konnte. Das würde sein Stolz unter keinen Umständen zu lassen – so gut kannte ich ihn nun schon.     „Aber wehe, du heulst nachher“, mahnte er.     Das interpretierte ich jetzt mal als Zustimmung und somit als eindeutigen Sieg für mich. Sofort sprang ich vom Sofa auf und ging hinüber zu der kleinen Wohnwand, wo ich seine Spiele vermutete. Er war ziemlich gut ausgestattet, hatte auch einige der neusten Titel, um die ich ihn sehr beneidete, da ich sie mir einfach noch nicht leisten konnte. Meistens wartete ich ein paar Wochen, bis sie gebraucht in den Handel kamen oder versuchte sie mir von einem Freund zu leihen, wenn er sie durchgespielt hatte, aber das war einfach nichts im Vergleich dazu, den Titel noch am Releasetag in den Händen zu halten.      „Du hast ja alles“, staunte ich beeindruckt.     Sasuke brummte nur ungeduldig.     „Jetzt such‘ schon was aus, ich hab Hunger.“     Mein Blick wanderte über die Rücken der Spielhüllen und blieb dann an einer bestimmten hängen. Erstaunt zog ich sie aus dem Regal und warf nochmal einen Blick auf das Cover, um sicher sein zu können.     „Du hast dieses Ninjaspiel“, stellte ich dann fest.     Nachdem ich bereits wusste, dass Sasuke und das Gesprächsthema Itachi keine allzu gute Kombination waren, wunderte es mich doch, dass er ein Spiel hatte, in dem einer der Charaktere von seinem Bruder synchronisiert wurde. Da es sich jedoch um ein Kampfspiel handelte, vermutete ich, dass er es vielleicht nutzte, um sich abzureagieren.     „Können wir das spielen?“, fragte ich und wedelte mit der Hülle in seine Richtung.     Auf der einen Seite hatte er vermutlich einen Vorteil, weil er das Spiel im Gegensatz zu mir schon öfter gespielt hatte. Auf der anderen Seite konnte ich mir vielleicht seine Abneigung gegen seinen großen Bruder zu Nutze machen. Außerdem eignete sich ein Beat’em up-Spiel hervorragend, um unseren kleinen Wettbewerb auszutragen.     „Von mir aus.“     Sasuke zuckte nur mit den Schultern und griff dann nach der Fernbedienung, um den Fernseher anzuschalten. Heute war er mal wieder besonders gesprächig, doch immerhin tolerierte er mich hier in seiner Wohnung und ich wollte mein Glück lieber nicht unnötig herausfordern. Also schaltete ich brav die Konsole an und legte die CD ein. Der vertraute Startbildschirm erschien auf dem Fernseher und Sasuke startete mit routinierten Handgriffen das Spiel. Ich setzte mich wieder neben ihn auf die lange Seite des Sofas, da er die kurze wie heute Morgen schon komplett für sich beanspruchte. Die Ecke schien so etwas wie sein Lieblingsplatz zu sein.     Bei der Charakterauswahl ließ ich mir unnötig viel Zeit, da ich mich einfach nicht entscheiden konnte. Eigentlich hatte ich ja zuerst überlegt, Itachis Charakter auszuwählen, den ich immerhin aus der kurzen Videosequenz kannte, die ich mir im Internet angesehen hatte. Darin hatte er ziemlich angsteinflößend gewirkt und so als hätte er einiges auf dem Kasten, doch irgendetwas ließ mich zögern. Die Stimmung zwischen Sasuke und mir war gerade relativ gelöst und locker für unsere Verhältnisse und das wollte ich nicht so einfach zerstören. Ich entschied mich also letztendlich für einen Typen im orangenen Trainingsanzug, der mir irgendwie auf Anhieb sympathisch war, während Sasuke eine eher dunkle Gestalt mit schwarzen Haaren und roten Augen auswählte.     Wir vereinbarten, erst mal einen Trainingskampf auszuführen und Sasuke erklärte mir in knappen und präzisen Worten die Steuerung. Nachdem er mir etwas Neues gezeigt hatte, ließ er es mich direkt an seinem Charakter ausprobieren und ich musste zugeben, dass ich irgendwie Spaß daran fand, ihn zu verprügeln. Irgendwann hatte aber auch das ein Ende und wir begannen einen neuen Kampf. Diesmal den richtigen. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass derjenige gewann, der zuerst fünf Runden für sich entscheiden konnte.     „Ich mach dich fertig“, prophezeite ich selbstbewusst, so schwer konnte das ja nicht sein.     Eine Frauenstimme wies uns an zu beginnen und Sasuke reagierte sofort. Er sprang zur Seite und warf ein paar Kunais in meine Richtung. Während ich noch damit beschäftigt war, zu realisieren, dass es losging, hatte ich bereits die ersten Treffer kassiert. In einem irren Tempo kam er dann auf mich zu gesprintet und verpasste mir einen Schlag nach dem anderen, was nur noch davon gekrönt wurde, dass er mich mit seinem seltsamen Blitzschwert durchbohrte. Ich hatte kaum Zeit zu reagieren, geschweige denn irgendeinen Angriff zu starten, denn er war viel zu schnell und mein Charakter lag sofort wieder auf dem Boden.     Immer wieder versuchte ich seine Angriffe zu blocken, doch dann packte er mich am Kragen und schleuderte mich einmal quer durch die Luft. Von seinen stärkeren Attacken hatte er noch nicht einmal Gebrauch gemacht und doch hatte er mich nur wenige Sekunden später bereits besiegt. Sein blasses Gesicht wurde vom Licht des Fernsehers angestrahlt, sodass ich deutlich erkennen konnte, wie er triumphierend lächelte.     „Was?“, rief ich ungläubig und zog das Wort dabei übertrieben in die Länge. „Das war total unfair. Mein Controller hat überhaupt nicht reagiert. Ich hab wirklich immer Kreis gedrückt!“     Wieder wanderte Sasukes Augenbraue in die Höhe.     „Ich hab dich gewarnt. Heul jetzt nicht rum, Naruto.“     Ich schnaubte wütend und forderte ihn auf, den nächsten Kampf zu starten. Diesmal würde ich einfach versuchen, ihn nicht so nah an mich ranzulassen, damit er seine komischen Griffe und Schläge gar nicht erst ausführen konnte. Die Kunais abzuwehren sollte kein Problem darstellen. Zuversichtlich lehnte ich mich ein bisschen näher an den Bildschirm, um besser sehen zu können, was im Grunde genommen bei der Größe des Fernsehers vollkommen überflüssig war.     Zu meiner Enttäuschung verlief der zweite Kampf ähnlich wie der erste und auch wenn ich diesmal ein bisschen länger durchhielt, war ich es doch, der am Ende von Sasuke besiegt wurde. Scheinbar brauchte er gar nicht so nah an mich rankommen, um mich mit seinen Attacken angreifen zu können. Der seltsame Blitz hatte eine ziemlich große Reichweite und am Ende hatte er dann sogar einen Angriff ausgepackt, bei dem die Blitze aus dem Himmel schossen, sodass man ihnen nicht ausweichen konnte.     „Du hast betrogen!“, warf ich ihm verärgert vor. Bereits jetzt sah ich meine Chancen auf das letzte Stück Pizza schwinden. „Mein Charakter hat nur diese komische blaue Kugel und sonst überhaupt keine Fernkampfangriffe und das wusstest du genau!“     „Du hast ihn dir selbst ausgesucht“, erinnerte mich Sasuke amüsiert.     Dass er mir so haushoch überlegen war, hatte seine Laune erheblich verbessert, im Gegensatz zu meiner.     „Weil er mir sympathisch war“, schimpfte ich. „Aber du hättest mir ruhig mal sagen können, dass er gegen deinen keine Chance hat!“     Empört funkelte ich ihn an, doch er zuckte nur mit den Schultern.     „Es war deine Idee, dieses Spiel zu spielen.“     „Dann will ich jetzt einen anderen“, forderte ich.     Wir kehrten zurück ins Auswahlmenü und diesmal zögerte ich nicht lange. Meine Wahl fiel direkt auf den Charakter von Itachi – wenigstens der musste doch etwas drauf haben und in der Lage sein, Sasukes komischem Fürsten der Dunkelheit etwas entgegenzusetzen. Jedenfalls sahen sie so aus, als könnten sie sich halbwegs ebenbürtig sein.     „Bist du dir sicher?“, erkundigte sich Sasuke noch einmal.     „Hast du ein Problem mit meiner Auswahl?“, fauchte ich ihn an.     Er schmunzelte nur wieder und drückte dann auf weiter. Seinen eigenen Charakter hatte er nicht gewechselt, was für mich jedoch nur ein Vorteil sein konnte, denn ich kannte mittlerweile seinen Kampfstil und seine Attacken, auch wenn ich bisher noch keine Schwachstelle hatte feststellen können.     Wieder forderte uns die Frauenstimme auf, den Kampf zu beginnen und diesmal begann ich wie ein Wilder in die Tasten zu hauen, statt wie vorher Sasukes Angriffen einfach nur auszuweichen. Immer wieder schleuderte ich ihm Kunais entgegen, versuchte mich ihm mit Sprints zu nähern, um dann in den Angriffsmodus überzugehen. Meine Figur bewegte sich nun schneller als die letzte, doch ich hatte das Gefühl, dass seine Attacken dafür deutlich schwächer waren.     „Verdammt“, fluchte ich frustriert, als Sasuke mir mit seinem Blitzgewitter schon wieder den finalen Schlag verpasste.     „Willst du wieder wechseln?“, fragte er spöttisch.     Ich biss fest die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. Diesmal war ich mir absolut sicher, dass ich die richtigen Knöpfe gedrückt hatte und er mich eigentlich nicht hätte treffen dürfen. Selbst einige seiner Angriffe zuvor hatten mich völlig ungerechtfertigt erwischt, während meine eigenen aus einem mir unerfindlichen Grund danebengegangen waren. Fast hatte ich den Eindruck, dass seine Konsole speziell eine Abneigung gegen mich entwickelt hatte und mich deswegen ständig verlieren ließ.     Es war nicht weiter verwunderlich, dass ich die nächsten zwei Kämpfe ebenfalls verlor. Bedauerlicherweise konnte ich nicht einmal eine Steigerung meiner Fähigkeiten feststellen und das obwohl ich wirklich hochkonzentriert bei der Sache war. Sasuke hingegen wirkte fast schon gelangweilt, als er mich wieder und wieder mit seinen Blitzen durchbohrte, so als würde ich es ihm viel zu einfach machen. Allerdings hatte ich noch immer die Theorie, dass es an der Konsole oder zumindest an dem Controller lag, der einfach nicht reagiert hatte. Wie sollte ich so auch gegen ihn gewinnen?     Sasuke legte seinen Controller auf dem Glastisch ab und griff dann wie in Zeitlupe nach dem Stück Pizza. Fieberhaft überlegte ich, ob es noch eine Möglichkeit gab, ihn davon abzuhalten, es sich einfach in den Mund zu schieben. Obwohl ich bereits einige Stücke vertilgt hatte, machte genau dieses eine Stück einen besonders verführerischen Eindruck auf mich. Wahrscheinlich, weil es das letzte war und ich noch immer Hunger hatte.     „Stopp!“, rief ich kurzerhand.     Sasuke hielt missmutig in seiner Bewegung inne.     „Was?“, fragte er gereizt.     Mit fest entschlossenem Blick sah ich ihn an.     „Ich fordere eine Revanche! Mein Controller hat nicht richtig funktioniert und deswegen konnte ich gar nicht gewinnen. Außerdem hat deine Konsole was gegen mich, da stimmt doch was nicht.“     Eine Mischung aus Verärgerung und Belustigung spiegelte sich in Sasukes Gesicht wieder. Offenbar wusste er nicht recht, was er von meiner Aussage halten sollte, doch es war ihm deutlich anzusehen, dass er mich kein Stück weit ernst nahm.     „Wirklich“, beteuerte ich. „Ich hab davon gelesen. Bei manchen Konsolen ist das so.“     „Ach ja?“, fragte er skeptisch und legte trotz seines offensichtlichen Unglaubens das Pizzastück zurück in den Karton. „Und was bringt dir dann eine Revanche, wenn offensichtlich meine Konsole etwas gegen dich hat?“     Sogar für Sasuke-Verhältnisse triefte seine Stimme nur so vor Spott, doch ich wollte mir meine zweite Chance keinesfalls durch die Lappen gehen lassen.     „Wir tauschen einfach die Controller“, verkündete ich deswegen.     „Und was bringt es mir, wenn ich eine Revanche gegen dich spiele?“, wollte Sasuke wissen. „Immerhin ist es jetzt mein Stück Pizza.“     Seine Hand näherte sich schon wieder gefährlich dem Karton.     „Wir erhöhen den Einsatz“, sagte ich schnell. „Keiner von uns beiden hat den Wettbewerb gewonnen und deswegen brauchen wir sowieso ein Entscheidungsspiel. Der Gewinner kriegt das letzte Stück Pizza und hat einen Wunsch frei.“     In dem Moment, wo ich es ausgesprochen hatte, kam mir mein Vorschlag schon nicht mehr halb so schlau vor. Meine große Klappe war einfach mal wieder schneller gewesen als ich. Wie ich bereits festgestellt hatte, hatte Sasuke deutlich mehr Erfahrung in dem Spiel und hatte mich bisher mit Leichtigkeit in jeder Runde besiegt. Ein Stück Pizza war eine Sache, die Sache mit dem Wunsch aber wiederum eine ganz andere und trotzdem konnte ich es einfach nicht zulassen, dass er gewann. Sasuke schmunzelte selbstbewusst.     „Einverstanden.“     Ich schluckte und nahm dann seinen Controller entgegen, während er sich meinen nahm. Diesmal musste ich die Einstellungen vornehmen, was jedoch kein Problem darstellte, da ich ihn vorher dabei beobachtet hatte. Ich spürte, wie sich eine zunehmende Unruhe in mir breit machte und hoffte inständig, dass mein vorheriges Versagen wirklich mit der Technik zusammenhing. Sasuke einen Wunsch zu gewähren, konnte unter keinen Umständen gut ausgehen, abgesehen davon, dass ich dann zusätzlich auch noch auf die Pizza verzichten musste.     „Damit du mir diesmal glaubst, dass ich einfach besser bin als du, werde ich den gleichen Spieler nehmen“, kündigte Sasuke an.     Scheinbar wollte er nichts dem Zufall überlassen und mögliche Ausreden schon von vornherein kategorisch ausschließen. Der neue Einsatz führte dazu, dass er nun deutlich motivierter war als noch in der ersten Runde, wohingegen ich einfach nur wahnsinnig nervös wurde. Mich beschlich zunehmend der Gedanke, dass das keine gute Idee gewesen war, doch jetzt war es zu spät um einen Rückzieher zu machen, ganz abgesehen davon, dass das mein Stolz sowieso nicht zulassen würde.     Diesmal hatte ich wieder meinen Charakter vom Anfang gewählt. Irgendwie kam ich mit Itachis Steuerung nicht so gut klar und solange Sasuke nicht jemanden mit Fernkampfattacken aussuchte, war der Junge eine gute Wahl.     „Der passt zu dir“, kommentierte Sasuke.     „Warum?“, hakte ich misstrauisch nach.     Er lachte leise.     „Weil er genauso ein Idiot ist wie du.“     Ich überging seine Beleidigung gekonnt. Dass er sich mit den Charakteren auskannte, zeigte, dass er die Serie gesehen oder sich zumindest grob damit auseinander gesetzt hatte. Offenbar war ihm sein Bruder doch nicht so egal, wie er es nach außen hin immer vorgab, und er hatte sich sogar näher mit dessen Arbeit befasst.     „Und du bist genauso ein Miesepeter wie dein erster Charakter“, warf ich ihm vor.     Er schmunzelte und startete den Kampf. Nach der kurzen Pause, musste ich mich zuerst wieder reinfinden, was dazu führte, dass Sasuke direkt ein paar Treffer landete. Da ich seinen Kampfstil mittlerweile aber einigermaßen kannte und die Figur selber schon gespielt hatte, konnte ich mich auf seine Angriffe einstellen. Umgekehrt war ich bisher allerdings immer relativ planlos vorgegangen, sodass er meinen nächsten Schritt nicht so ohne weiteres abschätzen konnte.     Im Vergleich zu vorhin fiel es ihm schon deutlich schwerer, mich wieder auf die Bretter zu schicken und doch gelang es ihm. Wieder. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Wie nicht anders zu erwarten war, konnte ich keine einzige Runde für mich entscheiden und wie nicht anders zu erwarten war, hatte es nicht an seinem Controller gelegen. Meine Theorie, dass einfach seine Konsole etwas gegen mich hatte, war damit aber noch lange nicht widerlegt. Allerdings befürchtete ich, dass er davon nichts hören wollte und dass ich ihn jetzt auch nicht mehr davon abhalten konnte, sich seinen wohlverdienten Preis einzuverleiben.     Grinsend legte er seinen Controller auf dem Glastisch ab und griff nach dem Stück Pizza. Dann lehnte er sich auf dem Sofa zurück und biss genüsslich die untere Ecke ab. Irgendwie hatte ich ein Déjà-Vu, mit dem Unterschied, dass ich die Situation selbst noch schlimmer gemacht hatte. Denn jetzt hatte er nicht nur die Pizza, sondern auch den Wunsch, für den wir uns die ganze Woche über den Arsch aufgerissen hatten. Und das alles nur wegen eines lächerlichen Ninjaspiels. Sasuke bemerkte natürlich meine schlechte Laune und suhlte sich in meiner Niederlage.     „Du hättest einfach auf mich hören sollen, Naruto.“     Ich warf ihm einen vor Zorn funkelnden Blick zu und verschränkte wütend die Arme vor der Brust.     „Und welchen Wunsch soll ich dir erfüllen?“, fragte ich dann genervt.     Eigentlich hatte ich es ja verdient, nachdem ich mich so einfach von ihm hatte austricksen lassen. Spätestens nach der ersten Runde hätte mir klar sein müssen, dass er dieses Spiel immer gewinnen würde und dass ich mir nur ins eigene Fleisch schnitt, wenn ich den Einsatz erhöhte. Allerdings war es gar nicht in die Tüte gekommen, ihm die Pizza einfach so zu überlassen und das war nun mal der einzige Weg gewesen, der mir spontan eingefallen war, um ihn zu einer Revanche zu kriegen.     „Alles zu seiner Zeit“, winkte er ab. „Erst mal lass ich mir die Pizza schmecken, obwohl ich mittlerweile gar keinen Hunger mehr habe.“     Wie aufs Stichwort knurrte auch schon wieder mein Magen und er grinste gehässig. Dass er eigentlich keinen Hunger mehr hatte, machte die Sache für mich nur noch schlimmer, denn ich hatte definitiv noch welchen.     „Gib mir wenigstens was ab“, grummelte ich beleidigt.     Sasuke machte einen großen Bissen und schloss dann genießerisch die Augen.     „Warum sollte ich?“     „Weil ich verdammt noch mal Hunger habe!“, schimpfte ich.     Mir reichte es. Ihm dabei zuzusehen, wie er Stück für Stück die letzte Pizza in seinem Mund verschwinden ließ, während ich vor Hunger fast verging, war pure Folter. Kurzerhand stürzte ich mich auf ihn und griff dabei nach seinem Handgelenk, um ihn davon abzuhalten, sich auch noch den letzten Bissen einzuverleiben. Schneller als er gucken konnte, hatte ich ihm das Randstück aus der Hand gerissen und mir selbst in den Mund geschoben. Sein überraschter Blick war dabei Gold wert, denn offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, was bei mir einen waschechten Lachanfall auslöste.     „So etwas nennt man wohl Mundraub“, bemerkte er zynisch.     Ich hielt mir mit einer Hand den vor Lachen schmerzenden Bauch, mit der anderen Hand stütze ich mich neben Sasukes Oberkörper im Sofa ab. Anscheinend nahm er mir den kleinen Überfall nicht wirklich übel, denn er wirkte noch immer ziemlich entspannt und boxte mir dann leicht in die Seite.     „Dein Blick, Sasuke“, brachte ich zwischen zwei weiteren Lachanfällen mühsam heraus. „Du sahst so geil aus!“     Ein seltsames Flackern huschte über sein Gesicht.     „Ich weiß“, sagte er dann. „Das tue ich immer.“     Am Klang seiner Stimme erkannte ich sofort, dass sich etwas verändert hatte. Mein Lachen verstummte abrupt und ich hätte mich fast verschluckt. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich Sasuke schon wieder viel zu nahe gekommen war und mich zudem in einer ungünstigen, halb auf ihm liegenden Position befand. Auch wenn sich unsere Körper so gut wie gar nicht berührten, befanden sich nur wenige Zentimeter Abstand zwischen uns, die er locker hätte überbrücken können. Die ich locker hätte überbrücken können.     Ich wollte mich schnell aufrappeln und ein bisschen Distanz zwischen uns bringen, doch ich starrte stattdessen wie gefesselt in Sasukes Gesicht. Noch immer wurde es von der Seite leicht durch das leuchtende Standbild des Fernsehers angestrahlt, sodass die feinen Konturen noch deutlicher zur Geltung kamen als sonst. Seine blasse, makellose Haut wirkte fast durchscheinend und spannte sich fest über seine fein geschwungenen Wangenknochen. Im abgeschwächten Licht wirkten seine dunklen Augen geradezu schwarz und durchbohrten mich mit einer Intensität, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, tauchten vor meinem inneren Auge Bilder von seinem lustvoll verzogenen Gesicht auf. Ich schluckte.     Sasuke hatte natürlich bemerkt wie ich ihn anstarrte und lächelte süffisant. Ich keuchte, als er plötzlich sein Knie anzog, sodass es sich direkt zwischen meinen Beinen befand.     „Wird da etwa jemand hart?“     Kapitel 25: ------------ -25-     „Was?! Nein!“, rief ich erschrocken. „Das ist mein Geldbeutel.“     Hektisch stemmte ich mich mit einem Arm von der Sofalehne weg und versuchte schleunigst so viel Abstand wie nur möglich zwischen Sasuke und mich zu bringen. Allerdings hatte er scheinbar andere Pläne, denn er griff blitzartig nach meinem Arm und noch bevor ich begriff, was er da tat, lag ich auch schon unter ihm, während er auf meiner Hüfte saß und mich erbarmungslos einkesselte.     „Bist du dir da sicher?“     Seine Hände wanderten zu meiner Hose und tasteten dann die Taschen ab. Mit einem Grinsen zog er meinen alten, zerfledderten Geldbeutel hervor und legte ihn neben sich auf dem Glastisch ab. Ich versuchte mich dagegen zu wehren, doch dadurch, dass er auf meiner Hüfte saß und ich in die Ecke des Sofas eingepfercht wurde, hatte ich kaum Bewegungsfreiheit. Noch dazu hielt er mit seiner freien Hand immer noch meinen linken Arm fest. Grimmig sah ich ihn an.     „Natürlich bin ich mir sicher.“     Sasuke rutschte ein wenig auf meiner Hüfte hin und her und ich hielt angespannt den Atem an. Die Reibung, die er dadurch erzeugte, löste bei mir sofort wieder eine unerwünschte Reaktion aus, die er auch sofort kommentierte.     „Komisch, ich könnte schwören, dass ich immer noch etwas Hartes spüre.“     „Das bist du wahrscheinlich selber“, antwortete ich ihm patzig.     Überrascht weiteten sich seine Augen, was in dem schummrigen Licht ein wenig gruselig aussah, da das Weiß des Augapfels sich stark vom Schwarz seiner Iris absetzte. Dann schmunzelte er jedoch wieder.     „Da könntest du sogar Recht haben. Es macht mich tierisch an, wenn du so wehrlos unter mir liegst“, gab er ohne Umschweife zu. „Mir wird richtig heiß.“     Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um nicht erneut zu keuchen. Seine Direktheit überrumpelte mich immer wieder aufs Neue und ich konnte nicht verhindern, dass es mich anmachte, wenn er so redete. Dass er mich anmachte. Mit meiner Anschuldigung hatte ich wohl ein eindeutiges Eigentor geschossen. Die Hand, die gerade noch meinen Geldbeutel aus der Hosentasche gefischt hatte, wanderte plötzlich seinen eigenen Oberkörper hinauf. Mit geschickten Fingern, begann er die obersten Knöpfe seines Hemds zu öffnen und ich konnte nicht anders, als ihn gebannt dabei zu beobachten. Darüber hinaus vergaß ich sogar, dass ich mich ja eigentlich wehren wollte.     Sasuke legte Zentimeter für Zentimeter mehr von seiner blassen Haut frei. Wir waren uns jetzt schon mehrere Male näher gekommen, doch bisher hatte ich ihn noch kein einziges Mal oberkörperfrei gesehen. Überhaupt hielt er sich immer relativ bedeckt und gab nicht allzu viel von sich Preis. Umso begieriger ließ ich meinen Blick nun über seine Brust wandern und versuchte mir alles möglichst genau einzuprägen. Sasuke war nicht besonders breit gebaut, doch man konnte deutlich erkennen, dass er regelmäßig Sport machte. Die Muskeln an seinem Bauch und an seinem Oberkörper traten im Licht des Fernsehers leicht hervor und ich musste zugeben, dass ich ein wenig neidisch darauf war. Seine rosafarbenen Brustwarzen bildeten erneut einen schönen Kontrast zu seiner porzellanähnlichen Haut und von seinem Bauchnabel aus führte eine dunkle Spur bis zum Ansatz seiner Hose. Ich schluckte schwer.     Sasuke ließ elegant das Hemd von seinen Schultern gleiten und ich war von diesem Anblick so gefesselt, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie er meinen Arm losgelassen hatte. Keine Sekunde lang ließ er mich aus den Augen, während er mit seiner Hand über seinen Oberkörper strich und dann begann eine seiner Brustwarzen mit den Fingern zu umspielen. Genießerisch hatte er die Lippen einen Spalt weit geöffnet und befeuchtete sie mit seiner Zunge. Ein leises Stöhnen ertönte und ich realisierte, dass es von mir kam.     „Bist du dir sicher, dass dich das nicht scharf macht, Naruto?“, fragte Sasuke provokativ.     Wieder einmal hatte seine Stimme diesen tiefen, rauen Ton angenommen, bei dem sich mir alle Nackenhaare aufstellten und ein Schauer nach dem anderen über meinen Rücken rieselte. Samtweich. Dunkel. Verrucht.     „Ganz sicher“, brachte ich mühsam hervor.     Seine Hand wanderte über seinen Bauch weiter nach unten und wieder folgte ich ihr gebannt mit meinen Blicken. Meine Atmung war längst beschleunigt und mein eigenes Glied vollständig erigiert. Es pochte unangenehm in der Hose, die bereits viel zu eng war und ich musste mich stark zusammenreißen, um der Verlockung nicht nachzugeben. Nicht, nachdem er mich letztes Mal so sehr hatte auflaufen lassen.     „Schade“, schnurrte Sasuke.     Seine Augen blitzen allerdings erheitert, sodass ich ihm sein Bedauern nicht wirklich abnehmen konnte. Mit ein paar geschickten Handbewegungen hatte er den Knopf und den Reißverschluss seiner engen schwarzen Jeans geöffnet. Sogar im schummrigen Licht, konnte ich erkennen, dass er nicht gelogen hatte, als er gesagt hatte, dass es ihn anmachte, mich so unter sich zu haben. Ohne zu zögern ließ er seine Hand in seine Boxershorts gleiten.     „Dann werde ich mich eben nur um meinen Schwanz kümmern“, verkündete er lasziv.     Meine Augen weiteten sich vor Schreck. Das würde er doch nicht wirklich machen? Als er jedoch schließlich damit begann, sich selbst zu bearbeiten, wurde mir klar, dass er es ernst meinte. Im Takt seiner Hand bewegte er seine Hüfte leicht nach vorne und nach hinten, was wiederum Reibung erzeugte und mich völlig um den Verstand brachte. Obwohl wir beide noch unsere Hosen anhatten, war das Gefühl in Verbindung mit dem Anblick, den Sasuke mir bot, so unglaublich erregend, dass ich fürchtete, jeden Moment zu kommen.      Provokant fing Sasuke an, leise zu stöhnen. Es war die reinste Qual, ihm dabei zuzusehen, ohne selbst eingreifen zu können. Am liebsten wollte ich ihn anfassen, mit den Händen über die glatte, blasse Haut seiner Brust fahren und seine harten Brustwarzen umspielen. Ich wollte jeden Zentimeter seiner Haut küssen, ihn schmecken und riechen. Ich wollte endlich diesen unendlichen Druck loswerden, wollte mir die Klamotten vom Leib reißen und mich einfach meiner Lust hingeben, doch ich hatte es mir selbst verboten. Ich hatte mir verboten, mich noch einmal auf ihn einzulassen.     „Naruto“, seufzte er leise.     Fest biss ich mir auf die Zunge, um nicht laut zu stöhnen. Dieser Bastard wusste genau, was er tat und mit jedem Geräusch, das er machte, bröckelte mein Widerstand mehr und mehr. Mühsam versuchte ich mich ein Stück aufzurichten, wodurch ich jedoch unbeabsichtigt gegen Sasukes Becken stieß, was mir ein unterdrücktes Keuchen entlockte. Ich wollte wenigstens einmal diese makellose Brust berühren.     „Oh nein“, Sasuke fing meine Hand ab, bevor meine Fingerspitzen auch nur in Berührung mit seiner Haut gekommen waren. „Erst musst du zugeben, dass dein Schwanz hart ist und dass du nichts lieber willst, als in meiner Hand abzuspritzen.“     Seine Augen funkelten herausfordernd und wie zur Demonstration ließ er die Hand, die zuvor noch in seiner eigenen Hose gesteckt hatte, langsam zu meiner Mitte wandern.     „Ich kann mich ohne Probleme um uns beide kümmern“, raunte er verheißungsvoll.     Ich wimmerte, als er mit sanftem Druck über die Beule in meiner Hose strich. Langsam beugte er sich weiter nach vorne und drückte dabei mein Handgelenk, das er vorhin abgefangen hatte neben meinem Kopf in das Polster des Sofas. Sein Atem strich über meine Wange und ein paar vereinzelte Haarsträhnen kitzelten mich leicht am Hals. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, doch stattdessen atmete ich nur Sasukes betörenden Geruch ein, der mich wie eine dicke Nebelwand umgab.     „Lass es zu, Naruto“, hauchte er dicht neben meinem Ohr.     Unwillkürlich drückte ich mein Becken leicht nach oben und damit gegen seine Hand. Sasuke erwiderte den Druck und begann damit, kreisende Bewegungen mit seiner Handfläche zu machen. Es fühlte sich verboten an und doch so unglaublich gut, dass ich fast schon Erleichterung verspürte. Ich stöhnte leise und warf dann den Kopf zurück.     „Willst du, dass ich dich anfasse?“, Sasukes Atem strich über meine Halsschlagader.     Den Bruchteil einer Sekunde lang, versuchte ich noch einmal alle Selbstbeherrschung zu mobilisieren, die ich aufbringen konnte. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, wie es das letzte Mal geendet hatte, wie er jedes Mal mit mir spielte und es mir dann unter die Nase rieb. Doch das alles schien in diesem Moment plötzlich völlig trivial und ich konnte nichts weiter tun als zu nicken.     Es schien so, als hätte Sasuke die ganze Zeit über nur darauf gewartet, dass ich nachgab, denn er ließ mein Handgelenk los und stieg dann von meinen Beinen. Zuerst dachte ich, er würde mich wieder stehenlassen oder mich – schlimmer noch – in diesem Zustand aus seiner Wohnung werfen. Doch dann sah ich, wie er sich seine eigene Hose samt Boxershorts über die Beine streifte und sich anschließend meinem Reißverschluss widmete. Er zog auch mir die komplette Kleidung aus, bis ich schließlich nackt vor ihm lag und er mich ausgiebig betrachten konnte.     Seine Blicke waren mir irgendwie unangenehm und ich hatte das Bedürfnis, mich davor zu schützen. Er hatte mich zwar schon mal nackt gesehen, aber da hatte ich nicht wehrlos und mit komplett erigiertem Glied vor ihm auf einem Sofa gelegen. Umgekehrt konnte aber auch ich meine Augen nicht von seinem nackten Körper lassen und starrte ihn ungeniert an. Wer wusste schon, wann ich nochmal so eine Chance bekommen würde.     „Gefällt dir, was du siehst?“, schmunzelte Sasuke amüsiert.     Nun lief ich doch leicht rot an und wandte schnell den Kopf ab. Normalerweise war ich nicht so leicht aus dem Konzept zu bringen und schon gar nicht schüchtern, doch sobald es um das Thema Sex ging, war ich wie ausgewechselt. Mir fehlte einfach im Gegensatz zu Sasuke die Erfahrung auf diesem Gebiet und das ließ mich unsicher werden. Sasuke ließ mir keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn er machte es sich erneut auf meinen Beinen bequem. Wieder richtete ich mich ein bisschen auf und stützte mich mit den Ellenbogen nach hinten ab, um einen besseren Blick auf ihn zu haben.     Sasuke strich sanft mit den Fingerspitzen meinen Oberschenkel nach oben. Er umkreiste großzügig den Bereich um mein Glied und schenkte mir ein amüsiertes Lächeln, als ich begann ungeduldig zu zucken. Nachdem ich meinen Widerstand nun endlich aufgegeben hatte, hatte ich nicht mehr die Geduld bei seinen Spielchen mitzumachen. Das schien er zum Glück auch zu begreifen, den er umfasste meine Erregung fest mit einer Hand und begann sie dann langsam auf und ab zu bewegen. Ich stöhnte und erwiderte seine Bewegungen, um mehr Geschwindigkeit aufzubauen. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er mich zurückhalten würde, doch zu meiner Überraschung ließ er mich gewähren.     Zumindest eine kurze Zeit lang. Dann ließ er mich plötzlich wieder los, nur um kurz darauf mit seiner Hand unsere beiden Glieder zu umfassen. Es war ein seltsames Gefühl, als er damit begann, uns gegeneinander zu reiben und doch war es noch um einiges intensiver und erregender als zuvor. Wieder warf ich den Kopf zurück. Wieder stöhnte ich und versuchte, mich ihm im Rhythmus seiner Handbewegungen entgegenzustoßen. Ich spürte, wie sich mit zunehmender Geschwindigkeit ein riesiger Orgasmus anbahnte. Es fühlte sich an, als wäre ich ein Stück Treibholz in einem tosenden Fluss, das sich langsam aber sicher einem gewaltigen Wasserfall näherte.     „Oh Gott, Sasuke“, keuchte ich.     Mein Körper war innerhalb kürzester Zeit von Schweißperlen bedeckt, obwohl ich mich noch nicht einmal großartig bewegte. Meine Unterarme schmerzten von der Anstrengung, mich nach hinten abzustützen, doch ich spürte es kaum, weil ich mich viel zu sehr auf das Gefühl an meinem Schwanz konzentrierte. Sasuke variierte das Tempo, zwischendrin stöhnte auch er leise, nur um mir dadurch wiederum lustvolle Geräusche zu entlocken. Seine Stimme klang so unfassbar erotisch, wenn dieses leise Kratzen darin war. Meine Hände krallten sich in das Polster des Sofas. Ich war kurz davor, endlich meine Erlösung zu finden.     „Naruto“, sagte er plötzlich.     Seine Bewegungen wurden langsamer.     „Mach weiter“, flehte ich und legte meine eigene Hand um seine, um das Tempo wieder zu erhöhen.     Ich war wirklich kurz davor zu kommen und ich hatte das Gefühl, es keine Sekunde länger aushalten zu können. Sasukes Hand um sein und mein Glied fühlte sich so unglaublich gut an und alleine die Vorstellung, dass er in diesem Moment die gleiche Erregung empfand wie ich, ließ mich fast augenblicklich kommen.     „Ich möchte meinen Wunsch einlösen, Naruto.“     Sasukes Bewegungen hatten jetzt komplett aufgehört und er sah mich mit einem durchdringenden Blick an. Meine eigenen Augen waren völlig lustverschleiert und erst langsam sickerte die Bedeutung seiner Worte in meinen Verstand. Auch sein Augen glänzten vor Erregung, doch offensichtlich hatte er sich noch ein wenig besser unter Kontrolle als ich.     „Du willst was?!“, fragte ich fassungslos.     Ein vorfreudiges Lächeln schlich sich auf seine Lippen, das mit Sicherheit nichts Gutes zu bedeuten hatte.     „Ich möchte etwas mit dir ausprobieren“, sagte er dann ruhig.     Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er schon jemals in so einem Tonfall mit mir gesprochen hätte. Es klang fast schon vorsichtig, so als wollte er mich in Sicherheit wiegen. Und genau das war es, was mir erst Recht Angst machte.     „Und was?“     Ein nervöses Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus.     „Das wirst du dann sehen“, meinte er geheimnisvoll. „Aber ich lasse dir die Wahl. Du kannst mitmachen oder aber ich werde meinen Wunsch anders einsetzen und du darfst Sakura morgen live on air deine Liebe gestehen – oder zumindest behaupten, dass du sie liebst.“     Wütend schnaubte ich. Als hätte ich tatsächlich eine Wahl. Sakura und ich hatten uns gerade erst einigermaßen angefreundet, das würde ich mit Sicherheit nicht sofort wieder aufs Spiel setzen. Außerdem würde ich mit so einer Aktion meinen Ruf als Radiomoderator auf einen Schlag ruinieren, noch bevor meine Karriere überhaupt angefangen hatte. Auf der anderen Seite, hatte ich keinerlei Anhaltspunkte dafür, was Sasuke mit mir vorhatte. Ich wusste, dass er es liebte mich zu peinigen und die Tatsache, dass er seinen Wunsch dafür verschwenden wollte, bewirkte bei mir ein mulmiges Gefühl. Das was er vorhatte, musste etwas sein, dem ich normalerweise unter keinen Umständen zustimmen würde. Nicht einmal dann, wenn ich kurz vor dem Orgasmus stand und er meine pralle Erregung in der Hand hielt.     „Also was ist, traust du dich?“, fragte er neckend.     „Ich werde nicht mit dir schlafen“, stellte ich sofort klar.     Sasuke lachte.     „Das habe ich auch nicht erwartet.“     Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum. In meinen Gedanken hatte ich die wildesten Vorstellungen davon, was Sasuke sich für mich ausgedacht haben könnte. Gleichzeitig konnte ich aber auch nicht verhindern, dass ich irgendwie neugierig war. Wenn ich mich jetzt dagegen entschied, würde ich es nie erfahren.     „Na gut“, seufzte ich schließlich.     Sasuke nickte zufrieden und verschwand dann nach draußen auf den Flur. Er hatte mir befohlen zu warten und ich nutzte die Gelegenheit, um mich ein bisschen bequemer hinzulegen. Die ganze Zeit schon hatte mir eines der Kissen unangenehm in den Rücken gedrückt. Während er uns einen runtergeholt hatte, hatte mich das eher weniger gestört, aber jetzt konnte ich es nicht mehr einfach ignorieren. Ich warf das Kissen achtlos auf den Boden und rutschte dann ein paarmal nervös auf der Stelle hin und her. Was machte Sasuke so lange?     Als er schließlich zurückkam, konnte ich erkennen, dass er irgendetwas in der Hand hielt. Es war jedoch so dunkel im Raum, dass ich es beim besten Willen nicht identifizieren konnte. Je näher er kam, desto höher schlug mein Puls und ich spürte wie mein Mund immer trockener wurde.     „Und was hast du jetzt vor?“, fragte ich mit rauer Stimme.     Sasuke kletterte wieder auf das Sofa, setzte sich diesmal jedoch nicht auf mich, sondern griff nach meinen Füßen und schob sie leicht nach oben, sodass meine Beine angewinkelt waren. Er setzte sich dazwischen und schob sie noch ein Stück auseinander. Dann strich er mit seinen Händen die Innenseiten meiner Oberschenkel entlang.     „Es wird dir gefallen“, hauchte er.     Obwohl ich so nervös war, reagierte meine Erregung sofort wieder auf seine Berührungen. In der Zeit, in der ich auf ihn gewartet hatte, war sie leicht zurückgegangen, doch nun schoss sofort wieder alles Blut in die Gefäße und sie richtete sich ungeduldig auf. Sasukes Finger streiften leicht über meine Hoden und ich seufzte erregt. Es war ein angenehmes Gefühl, nicht so intensiv, wie wenn er meinen Penis berührte, aber es war irgendwie entspannend. Sein Finger wanderte einmal meine komplette Länge entlang, umrundete meine Eichel und glitt dann weiter abwärts. Über meine Hoden und dann noch ein Stückchen weiter.     Sofort verspannte ich mich und kniff so fest ich konnte meine Pobacken zusammen.     „Naruto“, Sasukes Stimme klang leicht mahnend.     Ich schüttelte energisch den Kopf und versuchte noch weiter nach oben zu rutschen, um ihm so zu entkommen. Wenn er wirklich das vorhatte, was ich dachte, dann würde ich mir nochmal schwer überlegen, ob ich nicht doch lieber Sakura vor versammelter Mannschaft eine Liebeserklärung machte.     „Nein“, brachte ich zwischen zusammengepressten Lippen hervor.     Sasuke ließ sich davon nicht beirren und begann mit seinen Händen wieder meine Beine entlang zu streichen. Meine Erregung war schlagartig abgeflaut und das war nun wirklich nicht zu übersehen. Da halfen auch seine kleinen Streicheleinheiten nichts.     „Also doch Sakura?“, fragte er ruhig. „Ich hätte ja nicht gedacht, dass du direkt den Schwanz einziehst.“     Ich war absolut nicht in der Stimmung, um über die Doppeldeutigkeit seiner Worte zu lachen. Kalter Schweiß brach auf meiner Stirn aus. Ich hatte keinerlei Zweifel daran, dass Sasuke das wirklich durchziehen würde, dass er wirklich von mir verlangen würde, Sakura diese Liebeserklärung zu machen, wenn ich jetzt nicht mitspielte. Das würde nicht nur unendlich peinlich werden, sondern auch mein Stolz als Radiomoderator wäre für alle Zeiten angeknackst. Außerdem wollte ich mir Sasukes Provokation nicht gefallen lassen. Wie schlimm konnte es schon werden?     „Okay“, sagte ich leise und rutschte wieder ein Stück näher zu ihm.     Ich spürte Hitze in meine Wangen steigen und ließ meinen Blick zur Decke wandern. Entschlossen fixierte ich die makellos weiße Fläche. Ich konnte ihn dabei unmöglich auch noch ansehen. Erneut spürte ich kalte Finger an meinen Pobacken und musste mich zusammenreißen, um sie nicht wieder aus Reflex zusammenzukneifen. Mein Atem ging stockend, allerdings diesmal nicht vor Erregung, sondern vor Anspannung. Langsam begann Sasuke meinen Hintern zu kneten. Bisher war es noch kein unangenehmes Gefühl, doch die Vorahnung, was noch kommen würde, ließ nicht zu, dass ich es genießen konnte.     Als ich dann schließlich seinen Finger an meinem Eingang spürte, zuckte ich erschrocken zusammen. Es war ein ziemlich intensives Gefühl, dass sich gleichzeitig seltsam und erregend anfühlte und wieder musste ich mich zwingen, nicht einfach zurückzuweichen. Ich hatte mich entschieden und jetzt gab es kein Zurück mehr. Nachdem ich schon so tief gesunken war, würde ich keinen Rückzieher mehr machen und immerhin würde ich mich nur vor Sasuke blamieren und nicht vor ganz Konoha. Abgesehen davon, dass er mir damit mein letztes bisschen Stolz rauben würde.     Ich hörte ein leises Klicken und spürte kurz darauf etwas Kaltes und Nasses an meinem Eingang. Ein mir unbekannter Geruch drang in meine Nase und ich realisierte, dass es sich wohl um Gleitgel handeln musste. Augenblicklich verkrampfte sich alles in mir und ich konnte absolut nichts dagegen machen. Sasuke verteilte das Gleitgel und massierte dabei immer wieder meinen Eingang, um den Muskelring ein wenig zu lockern. Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, dass es irgendetwas brachte und kniff voller Widerwillen die Augen zu.     „Entspann dich, Naruto“, raunte Sasuke.     Ihm war wohl nicht entgangen, dass ich gerade keinesfalls entspannt war. Von erregt konnte schon lange keine Rede mehr sein. Allerdings stand Sasukes Schwanz immer noch wie eine eins und ihn machte es wohl an, mich so leiden zu lassen.     „Ich kann nicht“, presste ich mühsam hervor.     Sasuke beugte sich langsam vor und im ersten Moment dachte ich, er würde einfach in mich eindringen, doch stattdessen hauchte er einen Kuss auf die Spitze meines Gliedes. Seine Haare fielen ihm zu beiden Seiten ins Gesicht, doch ich konnte aus meiner Position noch immer sehr gut erkennen, was er da machte. Langsam glitt seine Zunge über meine Hoden, widmete sich dann meiner Vorhaut und umkreiste mehrmals meine Eichel. Noch immer lag sein Finger an meinem Eingang und vollführte sanft kreisende Bewegungen, doch in Kombination mit seiner Zunge hatte es nun eine stimulierende Wirkung.     Mir entfuhr tatsächlich ein leichtes Keuchen und ich spürte auch, wie mein Glied sich allmählich wieder aufrichtete. Nachdem er es genug mit seinem Speichel benetzt hatte, ließ Sasuke es in seinen Mund gleiten. Immer wieder bewegte er den Kopf auf und ab und je schneller seine Bewegungen wurden, desto lauter wurde mein Stöhnen. Den Finger zwischen meinen Pobacken hatte ich schon fast wieder vergessen, bis ich plötzlich spürte, wie er mit der Fingerkuppe den Muskelring durchbrach.     Es war ein seltsames Gefühl und ich konnte nichts dagegen machen, dass ich mich sofort wieder verkrampfte. Sasuke merkte das und begann noch eindringlicher an meiner Erregung zu saugen, während er gleichzeitig mit der anderen Hand meine Hoden streichelte. Das Gleitgel an seinem Finger fühlte sich noch immer kalt an, der Finger selbst wie ein Fremdkörper. Es tat zum Glück nicht weh, aber es war bei weitem auch nicht angenehm. Am schlimmsten war jedoch die Erniedrigung. Es fühlte sich so unfassbar entwürdigend an.     Langsam begann Sasuke seinen Finger in mir zu bewegen. Zog ihn vorsichtig ein Stück nach draußen, um ihn dann wieder hineingleiten zu lassen. Ich spürte einen leicht unangenehmen Druck und hatte wieder das Bedürfnis zurückzuweichen. Mit tastenden Bewegungen erkundete Sasuke mein Inneres und ich wäre vor Scham am liebsten gestorben. Zum Glück würde das hier nie jemand außer uns erfahren und zumindest hatte ich es dann hinter mich gebracht und musste mir keine Gedanken mehr darüber machen, was für eine Grausamkeit sich Sasuke für mich überlegt haben könnte.     Obwohl Sasuke meinen Penis immer noch nach allen Regeln der Kunst mit seiner Zunge und seinem Mund verwöhnte, spürte ich, dass er nicht mehr vollständig hart war. Dennoch war ich mir sicher, dass er ohne diese zusätzliche Aufmerksamkeit sofort komplett erschlaffen würde. Noch immer fixierte mein Blick die Decke und meine Hände hatte ich flach auf das Polster gelegt. Sasuke hatte gesagt, dass ich mich entspannen sollte, doch das war einfach unmöglich, solange er seinen Finger in mir drin stecken hatte. Wie lange musste ich das wohl noch durchhalten?     „Ahhh!“, ich stöhnte auf und bog dabei überrascht meinen Rücken durch.     Das Gefühl hatte mich völlig unvorbereitet getroffen, sodass mir fast schon schwindelig war. Verwirrt riss ich meinen Blick von der Decke los und starrte Sasuke an. Was war das? Er schmunzelte zufrieden und hob dann den Kopf.     „Geht doch.“     Er hatte aufgehört an meiner Erregung zu saugen und musterte mich aufmerksam, während er mit seinem Finger die gleiche Bewegung wiederholte, die er gerade schon gemacht hatte. Wieder durchfuhr mich eine heftige Welle der Erregung und ich stöhnte ungehalten. Noch nie in meinem Leben hatte ich so etwas Intensives gefühlt.     „Was…?“     Ich kam nicht dazu die Frage zu stellen, denn wieder massierte Sasuke diesen einen Punkt, der mir so unbeschreibliche Gefühle bescherte. Aus dem angefangenen Satz wurde ein ersticktes Keuchen und ich krallte mich haltlos in das Kissen, dass ich vorhin noch hinter meinem Rücken hervorgezogen hatte. Fest biss ich mir auf die Lippen, um nicht nochmal so ein Geräusch von mir zu geben. Es war mir unglaublich peinlich, dass er mir auf diese Weise solche Laute entlocken konnte. Wieder bewegte er seinen Finger vorsichtig. Variierte dabei den Winkel und den Druck und als er das nächste Mal über den Punkt streifte, konnte ich ein Stöhnen doch nicht verhindern. Meine Füße krampften sich zusammen und ich legte mir einen Arm über das erhitzte Gesicht, um ihn nicht ansehen zu müssen. Ganz deutlich spürte ich, wie sein durchdringender Blick auf mir lag und jede meiner Regungen genau beobachtete.     „Sieh mich an“, forderte er.     Energisch schüttelte ich den Kopf. Wieder berührte er den Punkt. Mein Penis wippte bereits vorfreudig und er beugte sich vor um die ersten Spermatropfen von seiner Spitze zu lecken. Ich wimmerte erregt.     „Wenn du willst, dass ich es nochmal mache, musst du mich anschauen“, sagte er grinsend.     Er hörte nicht auf seine Finger in mir zu bewegen, was sich mittlerweile sogar richtig gut anfühlte, doch er verzichtete bewusst darauf diese eine Stelle in mir zu berühren. Ich fragte mich, ob er gewusst hatte, dass ich so reagieren würde und mich deshalb mehr oder weniger zu meinem Glück gezwungen hatte. Verzweifelt begann ich mich unter ihm zu winden. Ich konnte ihn nicht ansehen. Wenn ich das tat, würde ich damit indirekt zugeben, dass es mir gefiel, wenn er mir seinen Finger in den Arsch schob.     „Du musst mich nur ansehen“, wiederholte Sasuke verführerisch.     Ein letztes Mal wagte mein Stolz einen kläglichen Versuch sich aufzubäumen, doch schließlich musste er sich geschlagen geben. Langsam ließ ich meinen Arm sinken und gab damit den Blick auf mein rot angelaufenes Gesicht frei.     „Das Kissen auch“, forderte er amüsiert.     Es schien ihm unglaublichen Spaß zu machen, mich zu quälen und so in der Hand zu haben. Widerwillig ließ ich auch das Kissen sinken, dass ich zuvor fest an meine Brust gedrückt hatte. Sofort wurde ich dafür belohnt.     „Haaa!“     Wieder drückte ich den Rücken durch. Mein Stöhnen entlockte Sasuke ein zufriedenes Grinsen. Er lehnte sich nun ganz zurück und legte seine freie Hand um sein eigenes Glied, während er keine Sekunde lang seinen Blick von mir nahm. Wie er so von oben auf mich heruntersah und dabei seinen Finger immer wieder in mich stieß, während er sich selbst einen runterholte, hatte ich das Gefühl Wachs in seinen Händen zu sein. Meine Bedenken waren wie weggewischt und ich spürte stattdessen nur, wie ich meinem Orgasmus langsam näher kam. Es fühlte sich vollkommen anders an als vorhin.     Die Momente in denen er diesen einen Punkt traf waren wie Stromstöße, die für den Bruchteil einer Sekunde durch meinen Körper zuckten. Sie waren unglaublich intensiv und doch reichte es nicht, um meine Erregung zu einem reißenden Fluss aufzubauen. Nach einer Weile spürte ich, wie er einen zweiten Finger dazu nahm. Wieder war es zunächst vor allen Dingen unangenehm, insbesondere weil das Ziehen diesmal deutlich stärker war als beim ersten Mal. Als ich mich verkrampfte, nahm Sasuke erneut meine Erregung in den Mund. Diesmal konnte ich mich schneller an das ausfüllende Gefühl in meinem Inneren gewöhnen und seine Bewegungen genießen.     Er hatte aufgehört seinen eigenen Schwanz zu bearbeiten und setzte stattdessen wieder gekonnt seine Zunge ein, während seine Finger mich von innen stimulierten. Verzweifelt warf ich den Kopf hin und her, doch jedes Mal wenn ich den Blickkontakt abbrach, mahnte mich Sasuke ihn anzusehen, da er sonst aufhören würde. Es fiel mir unglaublich schwer zu tun was er sagte, nicht weil es mir peinlich war, sondern vielmehr weil ich das Gefühl hatte, es nicht aushalten zu können, ruhig zu liegen. Immer wieder wand ich mich unter seinen geschickten Händen. Ich stöhnte ungehalten. Der Orgasmus kam immer näher und ich versuchte ihn so lange es ging zurückzuhalten. Ich wollte meine Erlösung und gleichzeitig wollte ich das Gefühl möglichst lange auskosten.     Als ich schließlich glaubte, es nicht mehr weiter aushalten zu können, griff ich schnell nach Sasukes Haaren um ihn zurückzuziehen. Allerdings intensivierte er seine Bewegungen nur noch, saugte fester und brachte auch seine Zunge mit ins Spiel. Seine Finger stießen fest in mich. Immer wieder auf diesen einen Punkt, bis es fast schon wehtat. Es war eine Mischung aus Lust und Schmerz und noch mehr Lust und ich hatte das Gefühl jeden Moment zu explodieren, als ich schließlich endlich spürte, wie sich der Druck mit einem Mal entlud und ich mich in mehreren kleinen Schüben laut stöhnend in Sasukes Mund ergoss. Kapitel 26: light ----------------- -25-     „Was?! Nein!“, rief ich erschrocken. „Das ist mein Geldbeutel.“     Hektisch stemmte ich mich mit einem Arm von der Sofalehne weg und versuchte schleunigst so viel Abstand wie nur möglich zwischen Sasuke und mich zu bringen. Allerdings hatte er scheinbar andere Pläne, denn er griff blitzartig nach meinem Arm und noch bevor ich begriff, was er da tat, lag ich auch schon unter ihm, während er auf meiner Hüfte saß und mich erbarmungslos einkesselte.     „Bist du dir da sicher?“     Seine Hände wanderten zu meiner Hose und tasteten dann die Taschen ab. Mit einem Grinsen zog er meinen alten, zerfledderten Geldbeutel hervor und legte ihn neben sich auf dem Glastisch ab. Ich versuchte mich dagegen zu wehren, doch dadurch, dass er auf meiner Hüfte saß und ich in die Ecke des Sofas eingepfercht wurde, hatte ich kaum Bewegungsfreiheit. Noch dazu hielt er mit seiner freien Hand immer noch meinen linken Arm fest. Grimmig sah ich ihn an.     „Natürlich bin ich mir sicher.“     Sasuke rutschte ein wenig auf meiner Hüfte hin und her und ich hielt angespannt den Atem an. Die Reibung, die er dadurch erzeugte, löste bei mir sofort wieder eine unerwünschte Reaktion aus, die er auch sofort kommentierte.     „Komisch, ich könnte schwören, dass ich immer noch etwas Hartes spüre.“     „Das bist du wahrscheinlich selber“, antwortete ich ihm patzig.     Überrascht weiteten sich seine Augen, was in dem schummrigen Licht ein wenig gruselig aussah, da das Weiß des Augapfels sich stark vom Schwarz seiner Iris absetzte. Dann schmunzelte er jedoch wieder.     „Da könntest du sogar Recht haben. Es macht mich tierisch an, wenn du so wehrlos unter mir liegst“, gab er ohne Umschweife zu. „Mir wird richtig heiß.“     Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um nicht erneut zu keuchen. Seine Direktheit überrumpelte mich immer wieder aufs Neue und ich konnte nicht verhindern, dass es mich anmachte, wenn er so redete. Dass er mich anmachte. Mit meiner Anschuldigung hatte ich wohl ein eindeutiges Eigentor geschossen. Die Hand, die gerade noch meinen Geldbeutel aus der Hosentasche gefischt hatte, wanderte plötzlich seinen eigenen Oberkörper hinauf. Mit geschickten Fingern, begann er die obersten Knöpfe seines Hemds zu öffnen und ich konnte nicht anders, als ihn gebannt dabei zu beobachten. Darüber hinaus vergaß ich sogar, dass ich mich ja eigentlich wehren wollte.     Sasuke legte Zentimeter für Zentimeter mehr von seiner blassen Haut frei. Wir waren uns jetzt schon mehrere Male näher gekommen, doch bisher hatte ich ihn noch kein einziges Mal oberkörperfrei gesehen. Überhaupt hielt er sich immer relativ bedeckt und gab nicht allzu viel von sich Preis. Umso begieriger ließ ich meinen Blick nun über seinen Oberkörper wandern und versuchte mir alles möglichst genau einzuprägen. Sasuke war nicht besonders breit gebaut, doch man konnte deutlich erkennen, dass er regelmäßig Sport machte. Die Muskeln an seinem Bauch und an seiner Brust traten im Licht des Fernsehers leicht hervor und ich musste zugeben, dass ich ein wenig neidisch darauf war. Seine rosafarbenen Brustwarzen bildeten erneut einen schönen Kontrast zu seiner porzellanähnlichen Haut und von seinem Bauchnabel aus führte eine dunkle Spur bis zum Ansatz seiner Hose. Ich schluckte schwer.     Sasuke ließ elegant das Hemd von seinen Schultern gleiten und ich war von diesem Anblick so gefesselt, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie er meinen Arm losgelassen hatte. Keine Sekunde lang ließ er mich aus den Augen, während er mit seiner Hand über seinen Oberkörper strich und dann begann eine seiner Brustwarzen mit den Fingern zu umspielen. Genießerisch hatte er die Lippen einen Spalt weit geöffnet und befeuchtete sie mit seiner Zunge. Ein leises Stöhnen ertönte und ich realisierte, dass es von mir kam.     „Bist du dir sicher, dass dich das nicht scharf macht, Naruto?“, fragte Sasuke provokativ.     Wieder einmal hatte seine Stimme diesen tiefen, rauen Ton angenommen, bei dem sich mir alle Nackenhaare aufstellten und ein Schauer nach dem anderen über meinen Rücken rieselte. Samtweich. Dunkel. Verrucht.     „Ganz sicher“, brachte ich mühsam hervor.     Seine Hand wanderte über seinen Bauch weiter nach unten und wieder folgte ich ihr gebannt mit meinen Blicken. Meine Atmung war längst beschleunigt und ich musste mich stark zusammenreißen, um der Verlockung nicht nachzugeben. Nicht, nachdem er mich letztes Mal so sehr hatte auflaufen lassen.     „Schade“, schnurrte Sasuke.     Seine Augen blitzen allerdings erheitert, sodass ich ihm sein Bedauern nicht so wirklich abnehmen konnte. Mit ein paar geschickten Handbewegungen hatte er den Knopf und den Reißverschluss seiner engen schwarzen Jeans geöffnet. Sogar im schummrigen Licht, konnte ich erkennen, dass er nicht gelogen hatte, als er gesagt hatte, dass es ihn anmachte, mich so unter sich zu haben. Ohne zu zögern ließ er seine Hand in seine Boxershorts gleiten.     *~*~*~*~*~*~*~*~*     Ich hatte es wirklich versucht. Ich hatte wirklich versucht ihm zu widerstehen, aber der Bastard wusste einfach genau, welche Knöpfe er bei mir drücken musste. Viel zu schnell hatte ich mich wieder in eines seiner Spielchen verwickeln lassen und eigentlich hätte es mich nicht überraschen dürfen, dass er direkt seinen Wunsch einlöste. Immerhin hatte er mir die Wahl gelassen: Entweder ich gestand Sakura live on air meine Gefühle, die allerdings nicht mehr vorhanden waren, oder aber ich ließ mich auf das ein, was er für mich geplant hatte. Im ersten Moment hatte ich meine Entscheidung bereut. Ich wollte seine Finger nicht dort haben. Wirklich nicht. Aber Sasuke konnte überzeugend sein. So überzeugend, dass ich am Ende davon gekommen war und jetzt bereute ich die Entscheidung schon deutlich weniger.   Kapitel 27: ------------ -26-     Ein paar Mal blinzelte ich verschlafen und öffnete schließlich die Augen. Im ersten Moment wusste ich nicht genau, was mich geweckt hatte, doch dann drang mehr und mehr ein penetrantes Brummen in mein Bewusstsein. Zuerst konnte ich das Geräusch nicht richtig zuordnen und hatte ein bisschen Probleme mich zu orientieren, bis plötzlich Sasuke in meinem Blickfeld auftauchte. Er hob seine enge schwarze Hose vom Boden auf, griff in eine der Hosentaschen und zog dann ein teuer aussehendes Smartphone heraus. Scheinbar war es die Vibration gewesen, die mich  geweckt hatte. Achtlos ließ er seine Hose auf den Glastisch neben dem Sofa fallen und wischte einmal über das Display des Handys. Dann fiel sein Blick auf mich.     „Gut, du bist wach“, stellte er fest.     Irgendwie hatte ich mal wieder ein Déjà-Vu, allerdings mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass ich diesmal nackt auf seiner Couch lag. Schnell griff ich nach einer der Decken, die ordentlich zusammengefaltet am unteren Rand des Sofas langen und versuchte damit das Wichtigste zu bedecken. Natürlich gab es da nichts, was er nicht schon gesehen hatte und abgesehen davon wusste ich auch nicht, wie lange er schon wach war und mich möglicherweise beobachtet hatte, aber es war mir einfach unangenehm, so entblößt vor ihm zu liegen. Insbesondere, weil sich Sasuke mittlerweile eine bequeme Jogginghose angezogen hatte und nun oberkörperfrei vor mir stand.     „Ähm… guten Morgen?“, sagte ich grinsend und versuchte damit meine Nervosität und Verlegenheit zu überspielen.     Das, was er vorhin mit mir gemacht hatte, war mir nur zu gut im Gedächtnis geblieben, auch wenn ich direkt danach eingeschlafen war. Ihm jetzt in die Augen zu sehen, verlangte mir alles ab, was ich an Selbstdisziplin aufbringen konnte.     „Es ist erst kurz vor dreiundzwanzig Uhr“, klärte mich Sasuke freundlicherweise auf und hielt mir das Display seines Handys unter die Nase.     Die leuchtende Anzeige bestätigte seine Aussage. Sofort war ich hellwach und richtete mich mit einem Satz auf.     „Hey, hey Sasuke, es ist kurz vor elf“, rief ich aufgeregt. „Dann gibt es ja gleich den Zwischenstand!“     „Auch schon gecheckt“, meinte Sasuke höhnisch.     Wahrscheinlich war es kein Zufall, dass sein Handy gerade jetzt geklingelt hatte und er hatte sich einen Wecker gestellt. Sofort spürte ich, wie mein Herz schneller pochte und sich meine Atmung beschleunigte. Es handelte sich zwar lediglich um einen Zwischenstand, aber danach blieb nur noch eine Stunde zum Abstimmen. Wäre das Ergebnis jetzt schon eindeutig, konnten wir davon ausgehen, dass sich daran bis zwölf Uhr auch nichts mehr ändern würde.     Sasuke verließ wortlos das Wohnzimmer und kehrte kurz darauf mit einem Laptop in der Hand zurück. Er ließ sich neben mir auf dem Sofa nieder und stellte den Laptop auf seinen Schoß, während er sich in aller Seelenruhe durch das schwarze Haar fuhr. Es war nass, was bedeutete, dass er wahrscheinlich vor kurzem geduscht hatte. Wie lange hatte ich überhaupt geschlafen? Dieser Tag hatte mein Zeitgefühl völlig aus dem Konzept gebracht. Ganz entspannt fuhr Sasuke seinen Laptop hoch und lud dann die Konoha Kiku-Webseite. Ich konnte währenddessen kaum stillhalten und zappelte unruhig unter der Decke hin und her, bis er mich mit einem mehr als genervten Blick bedachte.     „Naruto, du nervst“, knurrte er.     Ich versuchte mich ein wenig zusammenzureißen, da ich Angst hatte, dass er mich sonst kurzerhand aus seiner Wohnung schmeißen, und ich so nie erfahren würde, wer von uns beiden nun vorne lag. Ganz ruhig rutschte ich noch ein Stück näher an ihn heran, um ihm besser über die Schulter gucken zu können. Der Duft seiner frisch gewaschenen Haare strömte mir in die Nase, doch ich war viel zu sehr auf das konzentriert, was auf dem Bildschirm zu sehen war. Sasuke aktualisierte die Seite, obwohl es noch mehrere Minuten zu früh war. Scheinbar war er genauso nervös, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.     „Was denkst du?“, fragte ich ihn.     Sasuke schnaubte.     „Dass du mir viel zu sehr auf die Pelle rückst.“     Ich verzichtete darauf, ihn darauf hinzuweisen, dass er mir schon oft genug viel zu sehr auf die Pelle gerückt war, und beschloss seinen Kommentar stattdessen zu ignorieren. Im Moment war nicht die Zeit, sich zu streiten. Das konnten wir immer noch tun, nachdem wir das Ergebnis gesehen hatten. Ich überlegte, ob es so eine gute Idee war, sich den Zwischenstand mit Sasuke gemeinsam anzusehen, doch es würde viel zu lange dauern, jetzt noch schnell nach Hause zu fahren. So lange konnte ich nicht warten. Dafür stand einfach zu viel auf dem Spiel.     Gebannt beobachtete ich, wie Sasuke immer wieder die Seite aktualisierte, obwohl sich im Endeffekt doch nichts veränderte. Auf der rechten Hälfte der Seite bekam man einen Überblick über verschiedene Informationen, zum Beispiel welcher Song gerade lief und welcher Moderator gerade im Studio war. Die komplette linke Seite wurde von einem Foto von uns beiden eingenommen, bei dem wir Rücken an Rücken standen, über unseren Köpfen ein Symbol von einem Mikrofon, über dem ein Kopfhörer hing. Darunter gab es jeweils einen Button, mit dem man für uns abstimmen konnte. Bisher hatte ich noch nie darüber nachgedacht, dass ich auch einfach selbst hätte darauf klicken können. Allerdings hätte mir das meine Ehre sowieso verboten.     „Noch zwei Minuten“, murmelte ich nervös.     Langsam war auch Sasuke die Anspannung anzusehen. Die Muskeln in seinem Arm, mit dem er die Maus bediente, traten deutlich hervor, genauso wie die Sehnen an seinen Händen. Seine dunklen Augen waren konzentriert und huschten immer wieder suchend über den Bildschirm, wenn er die Seite erneut aktualisiert hatte. Um etwas zu tun zu haben und weil ich die Nervosität allmählich nicht mehr aushielt, angelte ich mir meine Boxershorts vom Boden und versuchte sie mir umständlich unter der Decke wieder anzuziehen. Sasuke warf mir einen belustigten Blick zu und ich errötete leicht.     „Was?“, fuhr ich ihn an. „Guck nicht so. Du konntest dir deine Boxershorts in aller Ruhe wieder anziehen, als ich geschlafen hab.“     Sasuke zog eine Augenbraue nach oben und hörte entgegen meiner Anordnung nicht auf, mich zu mustern.     „Wer sagt denn, dass ich welche anhabe?“     Sein Tonfall war nüchtern und sachlich. Der Satz verfehlte dennoch nicht seine Wirkung und gegen meinen Willen wanderte mein Blick sofort zu seinem Schritt und anschließend zu seinem Hintern. Die Vorstellung, dass er unter der lockeren Jogginghose nichts trug, ließ mir sofort noch mehr Hitze in die Wangen steigen und sogar die Abstimmung war für den Bruchteil einer Sekunde vergessen.     „Wirst du jetzt wieder hart?“, fragte Sasuke spöttisch.     „Halt die Klappe und aktualisier‘ die Seite“, pampte ich ihn energisch an.     Er musste ja nicht wissen, dass er mit seiner Aussage möglicherweise ein klitzekleines bisschen Recht hatte. Vorsichtshalber rutschte ich nun doch ein paar Zentimeter von ihm weg, allerdings nur soweit, dass ich trotzdem noch eine gute Sicht auf den Bildschirm hatte. Die kleine Digitalanzeige in der unteren rechten Ecke sprang auf dreiundzwanzig Uhr und wie schon viele Male davor klickte Sasuke auf das Pfeilsymbol zum Aktualisieren der Seite, mit dem Unterschied, dass sie sich dieses Mal veränderte.     Unter dem Foto von uns beiden waren zwei rote Querbalken aufgetaucht, die auf den ersten Blick etwa gleich lang wirkten. Auf dem rechten Balken stand jedoch die Zahl 52 Prozent, während auf dem linken Balken die Zahl 48 Prozent stand. Ich hielt den Atem an. Dass es so knapp werden würde, damit hatte ich nicht gerechnet.     „Nicht schlecht, Naruto“, meinte Sasuke anerkennend.     Er hatte gut reden, immerhin standen die 52 Prozent auf seiner Seite. Ich straffte mich und atmete einmal tief durch. Nur vier Prozent Unterschied – es hätte bedeutend schlimmer kommen können. Auch wenn ich es nur sehr ungern zugab, war Sasuke ein wirklich zäher Gegner, der sich die zwei Wochen über mindestens genauso gut geschlagen hatte wie ich. Dass es nicht einfach werden würde, war mir von Anfang an klar gewesen. Trotzdem war noch lange nichts entschieden, das Ergebnis war kein endgültiges und ich weigerte mich schlicht und ergreifend, jetzt schon aufzugeben. Grinsend wandte ich mich Sasuke zu.     „Pass mal lieber auf, dass du nicht schon bald meinen Staub fressen wirst. Meine Fans haben noch eine Stunde Zeit, um für mich abzustimmen und nach dem Zwischenstand sind sie bestimmt besonders motiviert.“     Zu meiner Überraschung widersprach Sasuke mir nicht und lächelte stattdessen nur. Es war kein herablassendes Lächeln, wie ich es sonst von ihm gewohnt war, sondern eher ein zufriedenes, so als würde er sich darüber freuen, dass ich mich doch noch zu einer Art ebenbürtigem Gegner entwickelt hatte. Stumm schnappte ich mir meine restlichen Klamotten vom Boden und begann, mich wieder anzuziehen. Es war nicht nötig, dass es einer von uns aussprach, denn ich wusste, dass es jetzt an der Zeit war, Sasukes Wohnung zu verlassen und nach Hause zu fahren.     Nachdem ich mir mein T-Shirt über den Kopf gestreift hatte, begleitete Sasuke mich zur Wohnungstür. Ich schlüpfte in meine Schuhe, während er sich lässig gegen die Wand neben der Tür lehnte und mich dabei beobachtete. Obwohl ich zum ersten Mal bei ihm gewesen war, fühlte es sich irgendwie vertraut an. Überhaupt war der Tag im Endeffekt doch sehr zu meiner Zufriedenheit verlaufen und ich fühlte mich auf eine seltsame Art und Weise beflügelt, wenn ich daran zurückdachte. Ich hätte nie gedacht, dass man mit Sasuke auch so unkompliziert Zeit verbringen konnte – naja, zumindest mehr oder weniger.     Er öffnete mir die Tür und ich trat an ihm vorbei ins Treppenhaus, wo ich zunächst den Lichtschalter betätigte. Ich musste ein paar Mal blinzeln, bis ich mich an das helle Licht gewöhnt hatte, da es in Sasukes Wohnung überall dunkel gewesen war. Auch er legte sich geblendet eine Hand vor die Augen. Aus dem großen Fenster konnte ich sehen, dass die Sonne bereits untergegangen war und seine Einfahrt nur noch von ein paar Straßenlaternen beleuchtet wurde. Es machte irgendwie einen idyllischen und friedvollen Eindruck.     Ich zog mein Handy aus der Tasche, um mir den Weg zur nächsten Bushaltestelle, sowie die nächste Verbindung anzeigen zu lassen und atmete erleichtert aus. In zehn Minuten würde nicht allzu weit von hier ein Bus in meine Richtung fahren. Ich würde nur noch ein kurzes Stück laufen müssen. Mit ein paar Handgriffen hatte ich mir auch direkt das passende Ticket auf mein Handy geladen. Die Konoha Bus-App konnte wirklich praktisch sein.     „Alles klar, hab mein Ticket“, ich grinste Sasuke zufrieden an und winkte kurz mit meinem Handy.     Als ich schon die ersten Stufen nach unten gegangen war, hörte ich plötzlich noch einmal seine Stimme. Ich drehte mich im Gehen zu ihm um und verrenkte mir halb den Kopf, um nochmal einen Blick auf ihn zu erhaschen, wie er da mit bloßem Oberkörper und immer noch leicht nassen Haaren im Rahmen seiner Tür stand.     „Naruto“, sagte er ernst. „Egal, wie das morgen ausgeht – wir sehen uns dann beim Konoha-Voice-Award.“     Ich spürte wie mein Herz einmal aussetzte und dann plötzlich schneller schlug. Wenn mich nicht alles täuschte, war das soeben ein verstecktes Sasuke-Kompliment gewesen – und was für eines. Er ging scheinbar davon aus, dass ich das Zeug zum Moderator hatte, selbst wenn ich die Stelle seinetwegen nicht bekommen konnte. Außerdem hatte er damit quasi indirekt zugegeben, dass er mich wiedersehen wollte. Mehr noch, er erinnerte sich daran, was ich zu ihm gesagt hatte, nachdem wir über seinen Bruder gesprochen hatten, und hielt es offenbar gar nicht mehr für so abwegig. Wir beide nominiert für den Konoha-Voice-Award. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Augen einen verträumten Ausdruck annahmen.     „Auf jeden Fall“, erwiderte ich strahlend.     Dann drehte ich mich endgültig um und verließ das Mehrfamilienhaus. Unten in der Einfahrt angekommen, musste ich mich zwingen, mich nicht noch einmal umzudrehen, um nach oben zu seinem Fenster zu sehen. Vielleicht würde er dort stehen und mich beobachte, vielleicht aber auch nicht. Ein leichtes Kribbeln breitete sich in meinem Nacken aus, als ich schließlich mit den Händen in den Hosentaschen die Straße entlang ging. Es war angenehm frisch draußen und es wehte ein leichter Wind, der meine erhitzte Haut ein wenig abkühlte. In Sasukes Wohnung war es doch relativ stickig geworden, was wohl nicht zuletzt daran lag, dass wir fast den ganzen Tag im Wohnzimmer verbracht hatten.     Nicht nur das. Auch was wir getan hatten, hatte womöglich einen großen Beitrag dazu geleistet. Ich kam nicht umhin, ständig daran denken zu müssen, was es für ein Gefühl war, als er mit seinen Fingern immer wieder diesen einen Punkt in mir berührt hatte. Noch nie in meinem Leben war ich so erregt gewesen und das obwohl ich mich zunächst noch so dagegen gesträubt hatte. Sasuke hatte seinen Wunsch dafür verschwendet und im Endeffekt war ich der einzige gewesen, der davon profitiert hatte. War das seine Absicht gewesen? Was waren auf mich bezogen überhaupt seine Absichten?     Sasuke kam mir nicht wie jemand vor, der etwas aus purer Nächstenliebe tat. Gleichzeitig war es schwierig, seine wahre Motivation zu erahnen, da er ausgesprochen gut darin war, seine Emotionen zu verbergen. Alles, was er tat und sagte, schien genau durchdacht zu sein und auf irgendetwas abzuzielen. Zuerst hatte ich gedacht, dass er es darauf angelegt hatte, mich einfach nur aus dem Konzept zu bringen und somit seine Chancen auf den Sieg zu steigern. Seine Reaktion auf das knappe Zwischenergebnis sprach jedoch dagegen. Außerdem waren wir mittlerweile viel zu weit gegangen, um es noch darauf zu schieben.     Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass er es genoss, mich dazu zu bringen, Dinge zu tun, die ich eigentlich nicht tun wollte. Angefangen hatte alles mit seinen Berührungen im Club, nachdem er erfahren hatte, dass ich noch Jungfrau war. Ständig hatte er auf diesem Thema herumgehackt und mich damit immer weiter in Bedrängnis gebracht. Er musste genau gespürt haben, wie unangenehm es mir war, wenn er mir so nahe kam, und hatte das daraufhin bei der Challenge mit dem Satz schamlos ausgenutzt. Damals war ich noch überzeugt davon gewesen, dass er das alles nur tat, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.     Anders war es dann in der Nacht gewesen, die wir gemeinsam auf dem Klo verbracht hatten. Erst der Streit wegen Itachi und dann hatte ich ihn auch noch spontan eingesperrt. Ich hatte das Gefühl, dass all das ein wenig an Sasukes Ego gekratzt haben musste, sodass er sich selbst bewiesen hatte, wer von uns beiden die Kontrolle hatte. Der Beweis war schließlich in Form meines Spermas an den weißen Fliesen der Männertoilette gelandet und hatte somit den Anfang vom Ende eingeläutet. Es war das erste Mal gewesen, dass er meinen Willen gebrochen hatte, dass er mich sogar dazu gebracht hatte, ihn anzubetteln. Er alleine hatte die Kontrolle über mich gehabt und es hatte mich tierisch angemacht.     Auch an dem Tag, an dem er im Lager quasi über mich hergefallen war, schien es zuvor so, als würde ihn irgendetwas stören. Möglicherweise hatte er etwas von der Verschwörung mitbekommen, die Sakura und ich gegen ihn angezettelt hatten. Wieder war es ihm gelungen, meinen Willen zu brechen und wieder war es ihm gelungen, mich dazu zu bringen, Grenzen zu überschreiten. Einmal durch die Anwesenheit unserer Kollegen, die uns jeden Moment hätten erwischen können, insbesondere weil Sasuke auch noch nach Shikamaru gerufen hatte. Und zum zweiten war es das erste Mal gewesen, dass ich einen Schwanz in den Mund genommen hatte. Seinen Schwanz.     Die Situation im Aufzug hatte mir schließlich vor Augen geführt, dass ich es ihm mittlerweile viel zu leicht machte. Dass ich mich ihm viel zu bereitwillig hingeben wollte, ja fast schon wollte, dass er mich dazu brachte weitere Grenzen zu überschreiten. Wo war mein Stolz hin? Es war beschämend gewesen, von ihm so abserviert zu werden und gleichzeitig hatte diese Kampfansage doch wieder darauf hingedeutet, dass es ihm letztlich nur um den Wettbewerb ging. Wieder hatte ich mir vorgenommen, ihm unter allen Umständen zu widerstehen.     Der heutige Tag hatte dann jedoch alle meine Annahmen und Vorsätze erneut über den Haufen geworfen. Sasukes Verhalten ergab einfach von vorne bis hinten keinen wirklichen Sinn. Wieso hatte er mich mit zu sich nach Hause genommen? Wieso hatte er sich auf die Sache mit dem Wunsch eingelassen? Und wieso hatte er seinen Wunsch dann auf diese Art und Weise eingesetzt? Mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich daran zurückdachte. Hätte ich vorher gewusst, wie gut es sich anfühlen würde, hätte ich vermutlich einen Wunsch dafür geopfert.     Ich musste einen Zahn zulegen, als ich die Bushaltestelle ein paar Meter vor mir entdeckte und der Bus bereits um die Ecke bog. Ein wenig außer Atem zeigte ich dem Busfahrer mein Handy mit dem gelösten Ticket und ließ mich dann in der hinteren Hälfte des Busses auf eine Bank fallen. Etwas weiter vorne auf der rechten Seite saß eine junge Frau, die sehr ordentlich gekleidet war und eine randlose Brille trug, wodurch sie irgendwie streng wirkte. In der hintersten Reihe saß noch ein Pärchen, das gerade wild am rumknutschen war. Ansonsten war der Bus um diese Uhrzeit komplett leer.     Ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte, wanderte mein Blick zu dem Pärchen in der hintersten Reihe. Er hatte sie zur Hälfte auf seinen Schoss gezogen und einen Arm um ihre Taille geschlungen, während sie ihre Hände in seinen Nacken gelegt hatte. Immer wieder küsste er sie leidenschaftlich und sie strich ihm dabei durchs Haar. Aus irgendeinem Grund musste ich plötzlich an Sasuke und mich denken und mir wurde bewusst, dass er mich noch kein einziges Mal geküsst hatte. Unwillkürlich fasste ich mir an die Lippen. Wie es sich wohl anfühlen würde, Sasuke zu küssen? Wollte ich das überhaupt?     Seufzend ließ ich meinen Kopf gegen die kühle Scheibe sinken. Warum machte ich mir überhaupt solche Gedanken? Morgen wäre sowieso der letzte Tag, den wir gemeinsam verbringen würden und danach würden sich unsere Wege ein für alle Mal trennen. Auch wenn Sasuke gesagt hatte, dass wir uns bei den Konoha-Voice-Awards wieder sehen würden, und auch wenn das meine eigene Aussage gewesen war, glaubte ich nicht wirklich daran.     Für den Fall, dass ich die Stelle nicht bekommen würde, musste ich mir erst mal etwas anderes suchen. Meine finanziellen Reserven waren mittlerweile ziemlich aufgebraucht, was bedeutete, dass ich wieder jobben musste. Ich konnte es mir nicht leisten, auf eine erneute Chance zu spekulieren und Moderatorenjobs warteten nun mal nicht an jeder Ecke auf einen. Ganz abgesehen davon, dass ich bisher gerade mal mit zwei Wochen Vorerfahrung auftrumpfen konnte.     Umgekehrt war ich mir fast sicher, dass Sasuke Konoha verlassen würde, würde man mir die Stelle anbieten. Die Art und Weise, wie spartanisch seine Wohnung eingerichtet gewesen war, die Aussage von ihm, dass er im Moment hier wohnen würde, das alles waren Indizien dafür, dass er nicht plante, länger hier zu bleiben. Vielleicht würde er nach Otogakure zurückkehren, vielleicht würde er irgendwo in einer Firma seines Onkels einen Job annehmen. Im Gegensatz zu mir hatte er zumindest keine Geldprobleme.     Mein Blick schweifte nach draußen und heftete sich immer wieder an die vorbeirauschenden Lichter der Straßenlaternen und Autos. Das monotone Brummen und Ruckeln des Busses hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich und obwohl ich den ganzen Tag über schon viel geschlafen hatte, fühlte ich mich seltsam müde. Zusätzlich machte mich der Gedanke daran Sasuke schon bald nie wieder zu sehen irgendwie traurig. Auch wenn wir noch immer Konkurrenten waren und auch wenn ich ihm wegen seiner arroganten, herablassenden Art am liebsten regelmäßig eine in die Fresse hauen würde, hatte ich das Gefühl, dass wir mittlerweile fast schon so etwas wie Freunde geworden waren.     Obwohl ich ihn erst seit ein paar Tagen kannte, obwohl er grundsätzlich alles dafür tat, die Leute um ihn herum von sich wegzustoßen, damit bloß keiner zu nah an ihn herankam, und obwohl er speziell mich mit seiner Art immer wieder überforderte und zur Weißglut trieb, war er mir auf eine gewisse Art und Weise wichtig geworden. Es fiel mir schwer mir das einzugestehen, da es sich immer noch um Sasuke handelte, doch nach dem heutigen Tag war es mir klarer als je zuvor.     Ein bisschen wehmütig dachte ich daran, was morgen passieren würde. Einer von uns beiden würde gehen und dann würde dieser zerbrechliche Beginn einer Freundschaft in tausend Scherben zerspringen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Sasuke einer von denen war, die sich bemühten weiterhin Kontakt zu halten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mit mir in Kontakt bleiben wollen würde, wenn ich ihm die Stelle vor der Nase wegschnappte. Umgekehrt war ich mir nicht sicher, ob ich es ertragen könnte, ihm Tag für Tag dabei zuzusehen, wie er meinen Traumjob ausführte.     Der Bus hielt mit einem leisen Quietschen an, ich griff nach der Stange und stand dann mit einer schwungvollen Bewegung auf. Ein zischendes Geräusch und die hinteren Türen öffneten sich schwerfällig, sodass ich aussteigen konnte. Von hier aus waren es noch etwa dreihundert Meter bis zu meiner Wohnung. Ich hatte nicht gedacht, dass es so einfach sein würde um diese Uhrzeit noch von ihm aus nach Hause zu kommen. Die Verbindung war fast schon überdurchschnittlich gut und das war umso verwunderlicher, da ich zuvor noch nie in seiner Wohngegend gewesen war. Ab morgen würde ich dann auch keinen Grund mehr haben, dorthin zu fahren.     Seufzend vergrub ich wieder die Hände in den Hosentaschen und legte einen Zahn zu. Ich wollte endlich nach Hause in mein schönes warmes Bett kommen und eine Runde schlafen, damit ich die Gedanken an Sasuke vertreiben konnte. An der Situation ließ sich sowieso nichts mehr ändern. Momentan sah es ja noch danach aus, als würde er die Stelle eventuell bekommen. Dann würde es an mir liegen, ob ich damit umgehen konnte oder nicht. Ob es mir die Freundschaft wert war, meinen Stolz herunterzuschlucken oder nicht. Und dabei wusste ich ganz genau, dass ich meinen Stolz für Sasuke schon so einige Male heruntergeschluckt hatte – und nicht nur den.   Kapitel 28: ------------ -27-     Ein ungeduldiges Hupen ertönte. Mein Taxi hatte direkt vor dem Einkaufscenter angehalten und stand da nun schon eine ganze Weile. Hinter uns stauten sich ein paar Autos, andere waren bereits in einem waghalsigen Manöver um uns herum gefahren. Auf meinen Vorschlag hin wenigstens noch um die nächste Ecke zu fahren, hatte der Taxifahrer vehement den Kopf geschüttelt. Auf keinen Fall würde er auch nur noch einen Meter fahren, bevor ich ihm nicht den genannten Betrag bezahlt hatte. Allmählich wurde ich immer verzweifelter.     Da mein Fahrrad noch hier gestanden hatte, war mir heute Morgen nichts anderes übrig geblieben, als mir ein Taxi zu bestellen. Normalerweise mochte ich keine Taxis, aber die Busse waren keine Option, da es noch nicht einmal fünf Uhr morgens war und zu Fuß war es bis zum Sender viel zu weit. Und nun hatte ich den Salat. Normalerweise trug ich meinen Geldbeutel immer in der linken Hosentasche bei mir, aber als ich vorhin danach gegriffen hatte, war er plötzlich nicht mehr da gewesen. Mir war fast das Herz in die Hose gerutscht.     Schnell hatte ich eins und eins zusammengezählt und festgestellt, dass ich ihn wahrscheinlich gestern bei Sasuke vergessen hatte. Das letzte Mal hatte ich meinen Geldbeutel auf dem gläsernen Couchtisch gesehen, nachdem Sasuke ihn mir aus der Tasche gezogen hatte. Später hatte er dann seine Hose darüber geworfen, sodass mir wohl nicht aufgefallen war, dass er noch immer dort lag. Verdammt. Das bedeutete zum einen, dass ich mein Taxi nicht bezahlen konnte, und zum anderen, dass ich nochmal mit Sasuke sprechen musste. Hoffentlich war es ihm aufgefallen und er hatte den Geldbeutel mitgebracht.     „So was ist jetzt, Junge? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit“, blaffte der Taxifahrer.     Entschuldigend sah ich ihn aus großen Augen an und zog die Schultern nach oben. Die Geschichte, dass ich meinen Geldbeutel wohl bei einem Freund vergessen hatte, kaufte er mir nicht so ganz ab. Auch wollte er mich nicht nach oben in den Sender gehen lassen, um mir dort von jemandem etwas zu leihen. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass ich ihn belogen hatte und mich stattdessen einfach aus dem Staub machen würde. Allerdings hatte ich keine andere Idee, wie ich unsere Situation noch zum Guten wenden könnte.     Ein leises Klopfen an der Scheibe ließ mich erschrocken zusammenzucken. Der Taxifahrer ließ die Scheibe herunter und lehnte sich mit einem grimmigen Blick aus dem Fenster.     „Vergessen Sie’s, ich fahr erst hier weg, wenn der kleine Bengel mir mein Geld gegeben hat“, schimpfte er und warf dabei einen wütenden Blick in den Rückspiegel.     Am liebsten wollte ich vor Scham in meinem Sitz versinken. Sasuke grinste belustigt. Warum musste ausgerechnet er es sein?     „Was schuldet er Ihnen denn?“     Der Taxifahrer nannte Sasuke den Betrag, den er aufgrund der Wartezeit noch um eine ordentliche Summe nach oben korrigiert hatte, und er bezahlte ohne mit der Wimper zu zucken. Sein Auto stand seit gestern auf dem Parkdeck, weswegen er sich heute Morgen auch ein Taxi genommen hatte. Scheinbar hatte er bemerkt, dass es irgendwelche Probleme gab und war deswegen hierhergekommen.  Schnell schlüpfte ich aus dem Wagen, wobei ich mich noch mal ausführlich bei dem Fahrer entschuldigte, doch das schien ihn nicht sonderlich zu interessieren. Sobald ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, trat er ungeduldig aufs Gaspedal und brauste dann davon.     Mein Blick wanderte zu Sasuke, der ihm belustigt hinterher sah.     „Danke“, murmelte ich. „Ich glaub, ich hab meinen Geldbeutel bei dir vergessen.“     „Das heißt, du kannst mir gar kein Mittagessen spendieren, wenn ich heute die Stelle bekomme“, stellte er grinsend fest.     Ich spürte wie sich mein Magen verkrampfte. Richtig, da war ja was. Über den ganzen Trubel mit dem Taxifahrer hatte ich ganz vergessen, warum ich heute schon eine Stunde früher als sonst hier war. In wenigen Minuten würden uns Tsunade, Kakashi und Shikamaru verkünden, was die Abstimmung ergeben hatte, wer von uns bleiben durfte und wer wieder gehen musste. Der Gedanke daran drückte so sehr auf meine Stimmung, dass ich mich nicht mal dazu in der Lage fühlte, Sasukes Aussage mit einem ebenso dummen Spruch zu kontern.     „Das heißt, du hast ihn nicht mitgebracht?“, fragte ich stattdessen.     Sasuke zuckte mit den Schultern.     „Ich hab gar nicht gemerkt, dass du ihn liegen gelassen hast.“     Schweigend gingen wir auf den Seiteneingang des Einkaufscenters zu und ohne, dass ich es bemerkt hatte, steuerten wir direkt den Aufzug an. Erst als Sasuke den kleinen Knopf betätigte, wurde ich wieder aus meinen Gedanken gerissen. Richtig, er benutzte ja normalerweise nicht die Treppe. Sasuke Uchiha war ein Aufsteiger, einer dem es leicht fiel weit nach oben zu kommen. Ich dagegen musste mich jedes Mal abmühen und wenn ich dann oben ankam, stand ich vor verschlossenen Türen, weil ich den Code nicht kannte. Im übertragenen Sinne und im tatsächlichen.     Wir stiegen ein und die schweren Stahltüren schlossen sich hinter uns, bevor sich der Aufzug schließlich in Bewegung setzte. Zumindest heute an unserem letzten Tag würden wir ebenbürtig den Sender betreten. Abgesehen davon war es wohl für einen von uns das letzte Mal, dass er diesen Weg machte. Aufzug oder Treppe? Wer würde das Rennen gewinnen? Wenn man mal ehrlich war, stand es eigentlich jetzt schon fest. Darüber hinaus gab es jedoch noch ein weiteres Problem.     „Wie krieg ich denn meinen Geldbeutel wieder, wenn wir heute zum letzten Mal zusammen arbeiten?“     Wieder zuckte Sasuke mit den Schultern.     „Dann musst du halt nach der Arbeit kurz mit zu mir.“     Ich verzog ein wenig das Gesicht. Egal wie das heute enden würde, ich würde vermutlich nicht das Bedürfnis verspüren, direkt danach mit Sasuke abzuhängen. Wenn ich die Stelle bekam, wäre er anschließend sicher unerträglich, wenn er sie bekam, würde ich ihn ebenfalls nicht ertragen können.     „Okay“, sagte ich trotzdem.     Die Aufzugtüren öffneten sich und wir stiegen aus. Sasuke tippte routiniert den Code in die Konsole und mit einem Summen sprang die Eingangstür auf. Um diese Uhrzeit war es wie immer noch relativ leer in der Redaktion und dementsprechend ruhig.  Ino saß nicht an ihrem Platz, weswegen ich ganz froh war, dass Sasuke den Code kannte. Sakura würde erst in einer Stunde hier auftauchen und die anderen waren wohl noch in der Vorbesprechung. Überhaupt war heute der Tag der Besprechungen.     Dadurch, dass die Wahl erst gestern Nacht um zwölf entschieden worden war, hatten die Chefs ein Treffen für vier Uhr morgens angesetzt. Weder Kakashi noch Shikamaru schienen darüber sehr begeistert zu sein, allerdings war es die bestmögliche Lösung. Um fünf sollten dann Sasuke und ich dazukommen, sodass sie uns mitteilen konnten, auf wen die Wahl gefallen war. Pünktlich um sechs fing dann die reguläre Vorbesprechung für die Sendung an, bei der dann auch Sakura anwesend sein würde. Jetzt war es kurz vor fünf.     „Gehst du wieder weg, wenn du die Stelle nicht bekommst?“, fragte ich Sasuke zögerlich.     Wir hatten uns noch für einen Moment in die Küche gesetzt, da wir die Besprechung nicht stören wollten. Wahrscheinlich würde Shikamaru uns holen, wenn es an der Zeit war.     „Ich werde die Stelle bekommen“, antwortete Sasuke knapp.     Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er meiner Frage nur ausgewichen war, denn er wirkte deutlich unsicherer, als sein entschlossener Tonfall mir weismachen wollte. Entweder er hatte sich darüber noch keine Gedanken gemacht oder er wollte einfach nicht mit mir über seine Pläne sprechen. Dennoch war ich mir sicher, dass er irgendwo bereits einen Plan B hatte. Sasuke Uchiha musste einfach einen Plan B haben und insgeheim hoffte ich, dass ihn sein Plan nicht in eine andere Stadt führen würde.     Die Minuten verstrichen und ich wurde immer nervöser. Sasuke hatte sich in der Zwischenzeit einen Kaffee gemacht und sogar mir einen angeboten, doch ich hatte dankend abgelehnt. Wenn ich jetzt auch noch Koffein im Blut hätte, würde ich nur noch wie ein hyperaktiver Gummiball durch die Gegend hüpfen.     „Ah, guten Morgen ihr beiden.“     Sasuke und ich fuhren synchron auf unseren Barhockern herum. Kakashi lehnte lässig in der Tür und grinste uns fröhlich an, wobei sich kleine Fältchen in seinen Augenwinkeln bildeten. Sofort schlug mein Herz ein paar Takte schneller. War es jetzt soweit? Ich wollte schon aufspringen, doch er winkte ab.     „Die Besprechung wird noch ein wenig dauern“, erklärte er. „Es gab… Probleme bei der Auswertung.“     Sasuke wurde sofort hellhörig.     „Probleme?“     Wieder winkte Kakashi ab.     „Ach, macht euch keine Gedanken. Wir haben nicht umsonst so ein Genie wie Shikamaru in unseren Reihen, der macht das schon!“     Entspannt ging er zur Kaffeemaschine, ließ klirrend ein paar Würfel Zucker in seine Tasse fallen und betätigte dann ein paar Knöpfe. Sasuke beobachtete ihn mit einem leicht angewiderten Gesichtsausdruck, der mich an den erinnerte, den er immer machte, wenn ich mir mal wieder mehrere Würfel Zucker und eine halbe Kanne Milch in den Kaffee kippte.     „Wie lange soll das denn noch dauern?“, fragte ich ungeduldig.     Mittlerweile war es bereits kurz nach fünf. Kakashi zuckte mit den Schultern.     „Das kann ich dir auch nicht sagen.“     Meine Nervosität trieb mich allmählich in den Wahnsinn, weswegen ich immer wieder mit meinem Fuß gegen das Tischbein stieß und dabei unruhig auf meiner Unterlippe herumkaute. Das wiederum schien Sasuke nervös zu machen, denn er warf mir einen bösen Blick zu und befahl mir, damit aufzuhören. Ich stoppte die Bewegungen meines Fußes und trommelte stattdessen mit den Fingerkuppen auf der Tischplatte herum. Energisch griff Sasuke nach meinen Händen und hielt sie fest, damit ich nicht weitermachen konnte, woraufhin ich anfing zu jammern.     „Warum dauert das denn so lange?“     In diesem Moment steckte plötzlich Shino, der Techniker seinen Kopf zur Tür herein. Als er uns bemerkte, grüßte er kurz und wandte sich dann an Kakashi.     „Lässt sich nichts machen. Ich hab alles versucht. Die suchen jetzt grade nach einer anderen Lösung und haben Neji dazu gerufen.“     Kakashi nickte verständnisvoll, während ich nur Bahnhof verstand.     „Alles klar, trotzdem vielen Dank, dass du so kurzfristig herkommen konntest.“     Erst jetzt fiel mir auf, dass Shino ziemlich müde aussah. Seine Augen waren leicht gerötet und von dunklen Ringen umgeben, sein Haar sah zerzaust aus, als wäre er gerade erst aus dem Bett aufgestanden und laut Kakashi war er das ja vielleicht auch. Scheinbar war das Problem mit der Auswertung technischer Natur. Shino verabschiedete sich und kurz darauf hörten wir, wie die Eingangstür leise ins Schloss fiel. Sasukes Stimme zerschnitt die Stille, die daraufhin eingetreten war.     „Neji Hyuuga?“     „Du kennst ihn?“, fragte Kakashi verblüfft.     Sasuke verschränkte die Arme vor der Brust und sah Kakashi dann mit einem durchdringenden Blick an. Ich war mehr als nur froh, nicht an seiner Stelle sein zu müssen, denn diese intensiven Blicke von Sasuke waren einfach nur einschüchternd.     „Er ist für die Finanzen zuständig“, sagte er dann langsam.     Kakashi nickte.     „Was will er dann hier? Und was gab es für Probleme?“, hakte Sasuke weiter nach.     Seine Stimme klang forsch und so als würde er ein natürliches Anrecht auf die Beantwortung seiner Fragen haben. Bisher hatte ich ihn Kakashi gegenüber noch nie so dominant erlebt, immerhin war der sein Vorgesetzter. Trotzdem war ich froh, dass er die Fragen stellte, denn sonst hätte ich es vermutlich getan. Irgendetwas passte hier ganz und gar nicht zusammen. Weder Shino noch dieser Neji Hyuuga sollten heute eigentlich bei der Besprechung anwesend sein.     „Ich bin mir sicher, Tsunade wird es euch gleich erklären“, Kakashis Stimme blieb ganz ruhig und er ließ sich von Sasukes Verhalten kein Stück weit beeindrucken.     Frustriert schnaubte ich. Dann rutschte ich von meinem Hocker.     „Das dauert mir hier alles zu lange“, schimpfte ich. „Fünf Uhr war ausgemacht und ich habe jetzt keine Lust mehr zu warten.“     Bevor einer der beiden irgendetwas dagegen tun oder sagen konnte, war ich bereits aus der Küche gestürmt und im Gang Richtung Redaktion, wo sich auch Tsunades Büro befand. Die Jalousien zu ihrem Büro waren heruntergelassen, doch ich konnte schon von weitem eindeutig ihre Stimme erkennen. Scheinbar war sie gerade dabei hitzig mit irgendjemandem zu diskutieren, dessen Stimme jedoch deutlich leiser war. Ich konnte sie weder verstehen noch zuordnen. Einzig und allein Tsunades Sprechpausen deuteten darauf hin, dass da noch jemand anderes war.     „Das ist mir vollkommen egal, ich möchte, dass er jetzt diesen verdammten Vertrag unterschreibt“, schimpfte Tsunade lautstark und donnerte mit der Faust auf den Tisch. „Um den Rest können wir uns immer noch später kümmern.“     Ich spürte wie sich eine Hand auf meine Schulter legte.     „Naruto, warte bitte noch einen Moment.“     Es war Kakashi. Hinter ihm stand Sasuke, der ebenfalls darauf konzentriert war, die einzelnen Wortfetzen, die aus Tsunades Büro drangen zu verstehen und zu deuten. Sein Gesicht war deutlich angespannter als noch vorhin in der Küche und ich konnte erkennen, dass es ihm genau wie mir widerstrebte zurückzugehen. Von wem hatte Tsunade gesprochen? Scheinbar stand der Sieger bereits fest. Wir beide wollten endlich wissen, was Sache war und ich fühlte mich fast schon so wie in einer dieser beschissenen Castingshows, in denen man die Kandidaten für die Quote künstlich lange zappeln ließ. Meine Nerven waren allmählich am Ende.     Ich holte tief Luft und wollte Kakashi gerade widersprechen und ihm einen Vortrag über den pünktlichen Beginn von Besprechungen halten, als plötzlich die Tür zum Büro energisch aufgerissen wurde und Tsunade herausstürmte. Als sie uns bemerkte, hielt sie verblüfft inne und blinzelte ein paar Mal.     „Kakashi, du solltest doch…“, begann sie dann.     Ich versuchte einen Blick an ihr vorbei zu erhaschen, um zu sehen mit wem sie gerade geredet hatte. Gegenüber von ihrem Schreibtisch saßen zwei junge Männer, die uns jedoch den Rücken zugewandt hatten. Den einen konnte ich zweifelsfrei als Shikamaru identifizieren, den anderen hatte ich noch nie zuvor gesehen. Er trug ein helles Hemd, hatte die Beine überschlagen und die Arme vor der Brust überkreuzt. Auf seinem Schoß lag ein Stapel Mappen, sowie ein paar lose Blätter und ein graues Klemmbrett. Sein langes braunes Haar hatte er hinten zu einem lockeren Zopf zusammengefasst. Das musste dieser Neji Hyuuga sein. Der Typ, der für die Finanzen des Senders zuständig war.     „Du weißt doch, wie ungeduldig Naruto ist“, meinte Kakashi entschuldigend und hob hilflos die Hände.     Ihr Blick wanderte zu mir und blieb einen Moment lang auf mir liegen, dann sah sie zu Sasuke. Ihre Schultern strafften sich.     „Na gut“, sagte sie dann. „Wenn ihr schon mal hier seid, können wir den ersten Teil auch direkt abschließen.“     Erleichtert, dass sie uns nicht gleich wieder wegschicken würde, seufzte ich auf. Allerdings hielt meine Erleichterung nicht besonders lange an.     „Sasuke, komm bitte mit in mein Büro“, ordnete Tsunade knapp an. „Naruto, du musst dich noch einen Augenblick gedulden, ich hol dich dann nachher dazu.“     „Aber…“, begann ich zu protestieren.     „Nachher, Naruto“, unterbrach sie mich sofort schroff.     Es war nicht zu übersehen, dass sie gerade ziemlich schlechte Laune hatte und sich auch auf keine weiteren Diskussionen einlassen würde. Stattdessen warf sie Kakashi noch einen strafenden Blick zu und schob Sasuke dann ungeduldig durch die Tür in ihr Büro. Sie ging einmal um den großen Schreibtisch herum, kramte kurz in einer der Schubladen und zog dann schließlich einen Stapel Blätter hervor, den sie ihm gemeinsam mit einem Kugelschreiber reichte. Ich schluckte.     Plötzlich drehte sich dieser Neji Hyuuga zu mir herum und sah mir direkt in die Augen. Er hatte unglaublich helle Augen, so wie ich es noch nie gesehen hatte und doch strahlten sie eine Ernsthaftigkeit aus, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ertappt sah ich schnell weg. Trotzdem hatte er natürlich bemerkt, dass ich sie beobachtete und erhob sich in einer fließenden Bewegung von seinem Stuhl, um die Bürotür zu schließen.     „Naruto, lass uns kurz in die Küche gehen.“     Wieder spürte ich Kakashis Hand auf der Schulter, die einen leichten Druck ausübte und mich so sanft in Richtung Gang drängte. Diesmal widersprach ich ihm nicht und ließ mich stattdessen einfach von ihm führen. Ich fühlte mich wie ein Zombie, mein Kopf war wie leergefegt und ich konnte keinen anständigen Gedanken fassen. Das, was ich da eben gesehen hatte, war eindeutig. Tsunade hatte Sasuke den Vertrag in die Hand gedrückt und wollte, dass er ihn endlich unterschrieb. So waren vorhin ihre Worte gewesen.     Im Grunde genommen überraschte es mich nicht, dass er die Stelle bekommen hatte, denn eigentlich hatte von vornherein alles darauf hingedeutet. Er war äußerst talentiert, stammte aus einer Familie von wahren Genies, die noch dazu gute Beziehungen in der gesamten Medienbranche hatten. Im Gegensatz zu mir hatte er bereits einen hervorragenden Abschluss als Sprecher in der Tasche und hatte sich immer professionell verhalten. Außerdem wollte Tsunade ihn von Anfang an. Er war der Kandidat, den sie sich für Akatsuki gewünscht hatte.     Der Zwischenstand gestern hatte es bereits angedeutet, auch wenn ich zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben hatte. Nun konnte ich nichts mehr dagegen tun. Wie betäubt ließ ich mich von Kakashi zu einem der Barhocker bugsieren und anschließend wie ein nasser Sack darauf plumpsen. Es würde vermutlich das letzte Mal sein, dass ich hier saß. Das letzte Mal, dass ich Kakashi dabei zusah, wie er sich einen Kaffee machte. Das letzte Mal, dass ich Sakura morgens begrüßen und mit ihr über die Sendung quatschen würde. Das letzte Mal, dass Sasuke und ich uns on air gegenseitig die Sprüche nur so um die Ohren hauten.     Und es würde das letzte Mal sein, dass ich nach Feierabend diese Treppenstufen hinunter gehen würde, während Sasuke am Montag wieder mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr. Er war der Aufzug, ich war die Treppe, schon von Anfang an. Wie hatte ich nur einen Moment ernsthaft glauben können, dass ich gegen ihn eine Chance hatte?     „Er hat den Vertrag, oder?“, fragte ich leise.     Kakashi seufzte.     „Ja.“     Kapitel 29: ------------ -28-     Ich schluckte den dicken Kloß hinunter, der sich in meinem Hals gebildet hatte. Dank Kakashi waren nun auch meine letzten Zweifel ausgeräumt und ich konnte mir sicher sein, dass ich die Situation vorhin nicht falsch gedeutet hatte. Sasuke hatte den Vertrag und das bedeutete, dass ich aus dem Rennen war. Dummerweise hatte ich mir im Voraus keinen wirklichen Plan B überlegt. Ich war mir so sicher gewesen, den Job zu bekommen. Jetzt stand ich mal wieder mit leeren Händen da und musste mir aus dem Nichts eine neue Existenz aufbauen. Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen. Eigentlich war ich es ja schon gewohnt.     Irgendwann würde sich erneut eine Chance ergeben und vielleicht konnte ich ja bis dahin irgendwo im Konoha Center einen Nebenjob auftreiben und beispielsweise in einem der Klamottenläden aushelfen. Hatten Sakura und Hinata nicht erst letzte Woche davon gesprochen, dass ein neuer Laden aufgemacht hatte? Als unausgebildeter Moderator hätte ich sowieso nicht viel mehr Geld verdient und auf diese Weise konnte ich die anderen wenigstens ab und zu noch sehen. Sakura, Hinata, Kakashi, Shikamaru, Lee. Sie alle waren mir in der kurzen Zeit schon sehr ans Herz gewachsen.     Und natürlich Sasuke. Nachdem er jetzt tatsächlich die Stelle bekommen hatte, würde er Konoha wohl auch nicht mehr so schnell verlassen. Vielleicht hatte unsere Freundschaft ja doch noch eine Chance. Es würde mir nicht leichtfallen, ihm nach meiner Niederlage entgegenzutreten und all den Neid und Frust herunterzuschlucken. Dass ich neidisch war, konnte ich wohl kaum bestreiten, denn ich hatte diesen Job wirklich gewollt. Trotzdem war ich der Meinung, dass Sasuke es verdient hatte. Er hatte hart gearbeitet, hatte genau wie ich unzählige Überstunden geschoben und sein Bestes gegeben. Er hatte sich keine Sekunde lang auf seinem Familiennamen ausgeruht und er war wahrlich ein guter Kontrahent gewesen. Auch wenn ich dem Job wirklich hinterhertrauerte, gönnte ich ihm den Sieg.     „Naruto, würdest du bitte mitkommen?“, Shikamarus Stimme klang ungewöhnlich sanft.     Wortlos schlurfte ich an Kakashi vorbei aus der Küche und folgte ihm zurück in die Redaktion. Jetzt würde der Augenblick kommen, vor dem ich mich noch immer am meisten fürchtete. Tsunade würde mir für mein Engagement danken, mir sagen, dass ich wirklich eine Bereicherung für den Sender gewesen war, dass es aber dennoch nicht gereicht hatte und dass sie mir weiterhin viel Erfolg für meine Zukunft wünschte. Sie würde mir eine Praktikumsbestätigung aushändigen und mich dann verabschieden. Und das alles direkt vor Sasukes Augen. Sasuke, der im Gegensatz zu mir den Vertrag bekommen hatte.     Ich holte tief Luft und versuchte ein breites Grinsen aufzusetzen. Wenn ich mir all das schon anhören musste, dann wollte ich mir wenigstens nicht anmerken lassen, dass ich enttäuscht war. Außerdem wollte ich niemandem ein schlechtes Gewissen machen. Ich würde die Absage mit Würde tragen und mich ebenfalls beim Sender bedanken. Immerhin war es eine Ehre überhaupt so weit gekommen zu sein und das auch noch gegen einen Konkurrenten wie Sasuke. Gestern Abend hatten uns gerade einmal vier Prozent getrennt. Ich konnte nicht verhindern, dass mich das irgendwie stolz machte.     Jetzt galt es also erst mal, dieses Kapitel meines Lebens abzuschließen und danach hatte ich immer noch genug Zeit, mir über den Rest Gedanken zu machen. Bisher hatte ich mich immer irgendwie durchgewurstelt und das würde mir auch diesmal gelingen – immerhin war ich Naruto Uzumaki. Was zählte, waren all die guten Erfahrungen, die ich gesammelt hatte und all die netten Menschen, die ich kennengelernt hatte. Und Sasuke.     Ich grinste einmal in die Runde, als ich Tsunades Büro betrat, reichte dann höflich Neji Hyuuga die Hand, um mich ihm vorzustellen und nahm schließlich auf dem leeren Stuhl neben ihm Platz. Auf seiner anderen Seite saß Shikamaru und daneben Sasuke. Aus dem Augenwinkel warf ich ihm einen kurzen Blick zu, doch seine Miene verriet mal wieder absolut gar nichts.     „Tut mir Leid, dass du warten musstest, Naruto“, entschuldigte sich Tsunade.     Ihre Stimme klang nun um einiges ruhiger und sie sah mich auch schon deutlich freundlicher an als vorhin noch. Die Ruhe vor dem Sturm.     „Kein Problem“, log ich.     Noch immer zierte ein fröhliches Grinsen mein Gesicht. Als keiner etwas sagte, beugte ich mich ein wenig nach vorne.     „Und, wie sieht’s aus? Wo kann ich unterschreiben?“, scherzte ich.     Ich spürte einen leichten Stich in meinem Herzen, doch ich ignorierte ihn geflissentlich. Das hier wollte ich wirklich noch einigermaßen sauber über die Bühne bringen und ich würde es ihnen nicht schwerer machen, als es das ohnehin schon war. Sie sollten mich so in Erinnerung behalten, wie ich nun mal war: Frech, gut gelaunt und immer am Grinsen. Tsunade und Shikamaru tauschten einen kurzen Blick aus.     „Was das betrifft…“, begann Shikamaru dann. „Sind wir uns noch nicht ganz einig. Allerdings dachten wir uns, dass es besser wäre, dich bei diesem Gespräch dabei zu haben.“     Verblüfft sah ich ihn an.     „Wie meinst du das?“, fragte ich. „Ich dachte Sasuke hat den Vertrag bekommen? Hat er ihn etwa nicht unterschrieben?“     Mein Blick sprang zu Sasuke, der ihm jedoch auswich und stattdessen eindringlich Tsunade musterte. Aus irgendeinem Grund schien ihm die Situation hier unangenehm zu sein.     „Er hat ihn noch nicht unterschrieben“, bestätigte Neji Hyuuga.     Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte Sasuke an den Schultern gepackt und durchgerüttelt, damit er endlich seinen verdammten Blick hob und mich ansah. Was hatte das zu bedeuten?     „Wieso?“, fragte ich stattdessen nur.     „Weil eventuell nochmal etwas daran geändert werden muss“, antwortete diesmal Sasuke mit seiner typischen kalten, distanzierten Stimme.     Nun war ich komplett verwirrt und sah immer wieder von einem zum anderen. Was auch immer das hier zu bedeuten hatte, es schien so als wäre die Frage um den Moderatorenposten noch nicht endgültig geklärt. Beziehungsweise die Frage, ob Sasuke ihn annehmen würde.     „Was ist hier eigentlich los?“, wollte ich wissen.     Tsunade seufzte und ergriff schließlich das Wort.     „Wir hatten Probleme damit, ein eindeutiges Ergebnis zu ermitteln. Nachdem wir gestern den Zwischenstand veröffentlich haben, sind die Server zusammengebrochen, weil zu viele Personen versucht haben, noch ihre Stimme abzugeben. Shino hat versucht, das Ergebnis zu rekonstruieren, aber selbst das würde dann nur einen Bruchteil aller abgegebenen Stimmen enthalten. Das letzte zuverlässige Ergebnis, das wir haben, ist also der Zwischenstand.“     Ungläubig starrte ich sie an. Es hatte gar kein richtiges Ergebnis gegeben? Das also hatte Shino mit technischen Problemen gemeint.     „Ich kann deine Argumentation ja verstehen, Tsunade“, schaltete sich nun auch Shikamaru ein. „Aber trotzdem waren das gerade mal vier Prozent. Allein die Zahl an Personen, die noch versucht hat abzustimmen, hätte locker gereicht, um das Ergebnis fünfmal umzudrehen. Ich denke nicht, dass wir uns auf den Zwischenstand verlassen können.“     Ich hatte Mühe, diese Informationen in meinen Kopf aufzunehmen und zu verarbeiten. Dass ich keine tatsächliche Niederlage eingefahren hatte, machte es umso schwerer, die Situation zu akzeptieren. Gestern Abend war ich noch voller Hoffnung gewesen und seitdem hatte sich am Stand der Balken scheinbar auch nichts mehr geändert. Sie waren quasi eingefroren und das obwohl noch über eine Stunde Zeit gewesen war um zu voten.     „Die Entscheidung muss trotzdem auf der Basis von irgendwelchen Zahlen getroffen werden“, warf Neji Hyuuga ein. „Es ist immer noch die beste Lösung, wenn auch nicht optimal.“     „Ich will dir nicht zu nahe treten, Neji“, unterbracht Shikamaru ihn. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn schon jemals so engagiert erlebt zu haben. „Aber ich habe mir die Daten sehr genau angesehen. Seit die beiden bei uns sind, sind die Quoten enorm nach oben geschnellt und zwar so enorm, dass wir unsere Werbeumsätze fast verdoppeln konnten. Die Zahlen zeigen außerdem, dass es unzählige Nutzer gibt, die sowohl für Sasuke, als auch für Naruto abgestimmt haben. Meiner Meinung nach macht das nur allzu deutlich, was die Hörer wollen!“     Neji schnaubte.     „Und was soll das sein?“     Shikamaru verschränkte die Arme vor der Brust und atmete langsam aus. Es hatte ihn offensichtlich angestrengt, so viel auf einmal zu reden.     „Beide“, antwortete er knapp.     „Und wie stellst du dir das vor?“, Neji kramte ein wenig in seinen Unterlagen und hielt Shikamaru dann ein Blatt mit unendlich vielen, verwirrenden Zahlen unter die Nase.     Vollkommen perplex beobachtete ich die beiden. Diesen Neji konnte ich bisher nicht wirklich einschätzen, doch er machte den Eindruck, als wäre er ausgesprochen kompetent auf seinem Gebiet – was meines Wissens nach die Finanzen waren. Shikamaru hingegen hatte sich gerade selber übertroffen und ich hatte noch nie erlebt, dass er sich so stark für etwas eingesetzt hatte. Er war wirklich überzeugt von seinen Analysen. Seinen Analysen, die besagten, dass Sasuke und ich im Team funktionierten. Ich spürte, wie ich plötzlich wieder wahnsinnig aufgeregt wurde.     „Es ist in der Tat schwierig, weil wir nicht so einfach entscheiden können, beide einzustellen“, mischte sich nun auch Tsunade ein. „Die Geschäftsführung hat uns den Etat für eine neue Stelle zur Verfügung gestellt und die bekommt Sasuke.“     „Deswegen habe ich dich gebeten, Neji dazuzuholen“, antwortete Shikamaru ruhig. „Die Geschäftsführung berechnet die verfügbaren Stellen proportional zu den Quoten und damit zu den Einnahmen, die der Sender während des Quartals macht. Die Quoten der letzten zwei Wochen sind aber dermaßen überproportional, sodass wir schon jetzt von zusätzlichen Einnahmen im vierstelligen Bereich ausgehen können. Selbst wenn diese Quoten nur aufgrund des Wettbewerbs zustande gekommen sind, zeigt das, dass das Format bei den Hörern gut angekommen ist. Wir wären dumm, wenn wir so einen gut funktionierenden Programmbestandteil aussortieren würden. Noch dümmer aber wären wir, wenn wir Naruto ziehen lassen würden. Die ganze Aktion hatte den Sinn unser Quotentief nach Obitos Wechsel wieder auszugleichen. Die Konkurrenz würde sich die Finger nach Naruto lecken und wenn er wie Obito zu Tsukuyomi wechselt, können wir, ehrlich gesagt, einpacken.“     Während Shikamaru redete, spürte ich, wie mein Hals zunehmend von einem dicken Kloß zugeschnürt wurde. Diesmal war es jedoch nicht vor Enttäuschung, sondern weil ich schlicht und ergreifend gerührt war, dass Shikamaru sich tatsächlich so für mich einsetzte. Diese langen Monologe schienen ihn seinen letzten Nerv zu kosten und trotzdem hörte er nicht damit auf, auf Neji einzureden. Tsunade räusperte sich.     „Ich bin ganz deiner Meinung, Shikamaru. Trotzdem erklärt das nicht, wie du Narutos zusätzliche Stelle finanzieren willst. Die Geschäftsführung wird erst Ende des Jahres die Berechnungen aktualisieren.“     Shikamaru schüttelte den Kopf und seufzte verzweifelt.     „Darum geht es überhaupt nicht“, in seiner Stimme schwang ein eindeutig genervter Unterton mit. „Naruto wird definitiv Gewinne bringen, das ist gar keine Frage. Allerdings werden wir umgekehrt umso größere Verluste machen, wenn er geht. Es sollte also keine Schwierigkeit sein, die Geschäftsführung davon zu überzeugen, eine weitere Stelle zu schaffen – insbesondere, weil Naruto bisher keine Vorerfahrung hat.“     Bisher hatte ich die ganze Zeit über geschwiegen, doch nun konnte auch ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich war viel zu aufgeregt darüber, dass Shikamaru zufolge doch noch die Möglichkeit bestand, dass ich bei Akatsuki anfangen durfte. Und nicht nur das, ich würde dann mit Sakura und Sasuke zusammen moderieren!     „Was hat das mit meiner Vorerfahrung zu tun?“, fragte ich mit leicht zitternder Stimme.     Ich spürte Sasukes Blick auf  mir und auch Shikamaru wandte sich mir zu, woraufhin sein Blick augenblicklich etwas weicher wurde.     „Es gibt einen Paragraphen zum Thema Nachwuchsförderung in der Geschäftsordnung. Weil insbesondere junge Talente am Anfang ihrer Karriere häufig einfach zum falschen Zeitpunkt ein Praktikum beim Sender machen, sodass anschließend keine freie Stelle vorhanden ist, gibt es eine Sonderregelung. In diesem Fall ist es möglich noch vor Abschluss des Quartals eine zusätzliche Volontärs-Stelle zu beantragen. Falls ausreichend Geldmittel vorhanden sind, wird die im Normalfall auch genehmigt.“     Meine Augen begannen zu glänzen und ich sah zuerst fragend zu Tsunade und dann zu Neji Hyuuga, der wieder die Arme vor der Brust verschränkt hatte und ausnahmsweise mal keinen kritischen Kommentar zu der Sache abgab.     „So könnte es funktionieren“, murmelte er.     Wieder begann er in seinen Daten zu blättern, wobei er sich mit einem Textmarker ein paar Zahlen anstrich.     „Hast du Belege, Shikamaru?“     Shikamaru nickte und reichte ihm daraufhin einen USB-Stick, als hätte er die ganze Zeit nur darauf gewartet. Vermutlich hatte er das auch. Shikamaru war ganz offenbar top vorbereitet auf dieses Gespräch gewesen und ich fragte mich, ob er sich dafür die Nacht um die Ohren geschlagen hatte. Ganz egal, ob es so war oder nicht, er hatte definitiv etwas gut bei mir und ich würde ihn bei Gelegenheit auf eine Nudelsuppe einladen. Mindestens. Entweder in meiner Mittagspause beim Sender oder eben wenn ich dann unten im Konoha Center in einem der Klamottenladen jobbte.     „Das würde dann allerdings bedeuten, dass wir auch in Sasukes Vertrag nochmal etwas ändern müssen“, bemerkte Neji schließlich. „Im Moment ist er als alleiniger Gewinner des Wettbewerbs berechtigt, die Stelle anzutreten. Das würde deiner Argumentation widersprechen.“     Wortlos schob Sasuke die Blätter, die ihm Tsunade vorher überreicht hatte über den Schreibtisch zu ihr zurück.     „Gut, dass ich noch nicht unterschrieben habe.“     Ich versuchte seinen Blick einzufangen, um mich bei ihm zu bedanken, doch wieder einmal sah er stattdessen nur in die Runde. Ich fragte mich, ob Shikamaru ihn bereits eingeweiht hatte oder woher er wusste, dass an seinem Vertrag nochmal etwas geändert werden musste. Außerdem fragte ich mich, ob er dadurch irgendwelche Nachteile erhalten würde.     „Falls das wirklich genehmigt wird“ – ich traute mich fast gar nicht, es laut auszusprechen – „Gibt es bei der Sache irgendeinen Haken?“     Sasuke grinste.     „Du wirst deutlich weniger verdienen als ich.“     Schnell winkte ich ab.     „Einen wirklichen Haken meine ich?“, diesmal wandte ich mich direkt an Neji.     Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er es mir offen sagen würde, wenn das der Fall war. Bisher hatte er immer offen seine Meinung gesagt, selbst wenn er dadurch mit Shikamaru aneinander geraten war. Zuerst war er mir irgendwie ein wenig unsympathisch gewesen, doch ich erkannte nun, dass er auch nur seinen Job machte. Deswegen war er schließlich hier. Vielleicht war er einfach ein wenig zu fest gefahren in seinen Vorstellungen davon, wie die Gelder des Senders fließen sollten. Vielleicht war er einfach ein bisschen zu weit weg von den Vorgängen, die man hier tagtäglich in der Redaktion vorfinden konnte. Aber dafür gab es ja Shikamaru.     „Die Chance, dass sie es bewilligen wäre um einiges höher, wenn jemand dafür bürgen würde“, räumte Neji schließlich ein.     „Bürgen?“, meine Augen wurden groß. „Was heißt das?“     Shikamaru seufzte.     „Das bedeutet, dass jemand sich bereit erklärt, den finanziellen Schaden zu übernehmen, der entsteht, wenn die Stelle nicht durch die zusätzlichen Gewinne gedeckt werden kann.“     Augenblicklich ließ ich meine Schultern hängen. Das war dann wohl eindeutig zu viel verlangt. Für mich selbst bürgen konnte ich ja schlecht, was nicht zuletzt daran lag, dass ich einfach kein Geld besaß. Von jemand anderem würde ich so etwas nie erwarten, denn dafür brauchte es schon ein verdammt großes Vertrauen in meine Fähigkeiten. Ein Vertrauen, dass bisher nur ich selbst aufgebracht hatte und selbst ich hatte ab und zu ein klitzekleines bisschen an mir gezweifelt. Shikamaru räusperte sich.     „Lass die Bürgschaftserklärung gleich mitschicken, ich werde sie unterzeichnen.“     Ich konnte ihn nur mit ungläubig geweiteten Augen und offenem Mund anstarren.     „Das würdest du für mich tun?“, hauchte ich.     „Es war immerhin meine Idee“, erinnerte mich Shikamaru. „Da kann nichts schief gehen. Ich glaube zu einhundert Prozent, dass das klappt. Und wenn ich Recht habe, will ich mindestens eine Woche Zusatzurlaub. Außerdem beantrage ich, dass Naruto mein Assistent im Social-Media-Bereich wird und mir etwas Arbeit abnimmt.“     Grinsend sah er zu Tsunade, die nur schmunzelte und den Kopf schüttelte.     „Also, dann ist es beschlossen“, fasste sie zusammen. „Wir werden Sasukes Vertrag neu aufsetzen und für Naruto bei der Geschäftsleitung eine Volontärs-Stelle beantragen.“     Sasuke war die letzten Minuten über so still gewesen, dass ich mich fast erschreckte, als plötzlich seine dunkle, tiefe Stimme erklang.     „Ihr habt ihn noch gar nicht gefragt, ob er mit mir zusammenarbeiten will.“     Empört plusterte ich die Backen auf.     „Natürlich will ich das, du Bastard!“, rief ich und sprang auf. „Ich… ich…“     Eigentlich wollte ich noch viel mehr sagen, wollte sagen wie glücklich ich darüber war, eine zweite Chance zu bekommen. Wollte sagen, wie sehr ich mich darüber freute, dass niemand von uns das Team verlassen musste, dass wir einfach weitermachen würden wie bisher. Wollte sagen, wie geehrt ich mich fühlte, weil Shikamaru so fest an mich glaubte. Wie unendlich dankbar ich dafür war, dass Neji sich meinetwegen mit dem ganzen Papierkram herumschlagen würde. Doch ich brachte es einfach nicht über meine Lippen und hauchte stattdessen einfach immer wieder dasselbe Wort, während ich spürte, wie meine Augen tatsächlich ein bisschen feucht wurden.     „Danke.“   Kapitel 30: ------------ -29-     Hinter uns glaubte ich noch immer das Lachen aus der Redaktion hören zu können. Das Fenster zur Küche stand offen und von dort drang Stimmengewirr zu uns nach draußen. Drinnen war es warm, laut und voll. Nachdem offiziell verkündet worden war, dass der Sender sich dazu entschieden hatte, sowohl Sasuke als auch mir einen Vertrag anzubieten, hatte nahezu keiner mehr ans Arbeiten gedacht. Spätestens als Tsunade Hinata losgeschickt hatte, um ein paar Flaschen Sekt zu besorgen, hatte sich die gesamte Belegschaft um uns herum versammelt.     Sakura war sprichwörtlich vollkommen ausgeflippt, als sie von der Entscheidung erfahren hatte und war uns dann mit Tränen in den Augen um den Hals gefallen. Während ich ihre Umarmung nur zu gerne erwidert hatte, hatte Sasuke sie steif wie ein Brett mehr oder weniger über sich ergehen lassen. Für seine Verhältnisse war das allerdings schon als enormer Fortschritt zu werten. Normalerweise hätte er sie wahrscheinlich sofort mit verzogenem Gesicht von sich weggeschoben.     Insgesamt versuchte er eher den Eindruck zu vermitteln, als würde ihn das alles eigentlich gar nichts angehen. Die Strapazen des Morgens waren ihm kein Stück weit anzumerken, während ich die ganze Zeit aufgedreht wie ein Flummi durch die Gegend gehüpft war und die viele Aufmerksamkeit und Anerkennung von allen Seiten genossen hatte. Es fühlte sich alles so zerbrechlich an und als könnte es jeden Moment schon wieder vorbei sein, wie ein Traum. Obwohl Shikamaru immer wieder betonte, dass es sich bei dem Antrag an die Geschäftsleitung eher um eine formale Angelegenheit handelte, konnte ich meine Nervosität diesbezüglich nicht verbergen. Es würde mir den Boden unter den Füßen wegreißen, wenn ich jetzt erfuhr, dass ich in Zukunft doch nicht hier arbeiten könnte. Mit Sakura, Shikamaru, Kakashi und den anderen. Und natürlich mit Sasuke.     So lange es möglich war, hatte ich versucht die Situation auszukosten. Nachdem ich gestern schon ausführlich dem Alkohol gefrönt hatte, verzichtete ich heute dankend darauf und hatte nur einen kleinen Schluck Sekt getrunken, um mit den anderen anzustoßen. Trotzdem hatte ich mich die ganze Zeit über wie berauscht gefühlt.     Der Kontrast, als wir nach draußen traten, hätte nicht extremer sein können. Ernüchternd. Ich holte tief Luft und ließ meinen Blick über das Parkdeck schweifen. Hier draußen war es leer, bis auf ein paar Senderautos, Sasukes schwarze Limousine am anderen Ende des Parkdecks und Sakuras roten Mini nur wenige Reihen daneben. Bis auf das Rauschen des Windes war es hier vollkommen still und eine angenehme Kühle legte sich auf meine erhitzten Wangen. Über uns hatten sich dunkle Wolken zusammengezogen, was bedeutete, dass es wohl ein Sommergewitter geben würde.     Das typische Klicken ertönte, als Sasuke die Zentralverriegelung seines Autos betätigte. In einer geschmeidigen Bewegung ließ er sich auf den Fahrersitz gleiten und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Einen Moment lang stand ich unschlüssig daneben und überlegte, ob es wirklich eine gute Idee wäre, ihn jetzt zu begleiten. Mein Fahrrad stand noch immer angekettet unten auf dem Platz vor dem Einkaufscenter. Wenn ich jetzt mit Sasuke fuhr, würde das bedeuten, dass ich anschließend wieder mit dem Bus nachhause fahren und am Montag ein Taxi zur Arbeit nehmen musste. Außerdem waren wir ja jetzt Kollegen, was bedeutete, dass er mir den Geldbeutel auch einfach nächste Woche mit zur Arbeit bringen könnte. Ich hatte mit Sicherheit noch genügend Instantsuppen zuhause, um irgendwie das Wochenende zu überstehen.     Sasuke ließ das Fenster auf der Beifahrerseite herunter und warf mir einen leicht genervten Blick zu.     „Kommst du?“     Ich riss mich aus meinen Gedanken. Wenn ich noch länger herumtrödelte, würde er ohne mich fahren, daran hatte ich überhaupt keine Zweifel. Schnell öffnete ich die Tür zur Beifahrerseite und ließ mich neben ihn in den weichen Ledersitz sinken. Sasuke ließ den Motor an. Geschickt manövrierte er das Auto rückwärts aus der Parklücke und kurz darauf verließen wir auch schon das Parkhaus. Der Weg, den er einschlug, kam mir gänzlich unbekannt vor, was vermutlich daran lag, dass ich gestern ziemlich betrunken gewesen war, als wir zu ihm gefahren waren.     „Du bist so still“, stellte Sasuke plötzlich fest.     In seiner Stimme schwang keinerlei Wertung mit, es war lediglich eine Aussage.     „Und du redest so viel“, konterte ich lachend.     Es war tatsächlich ungewöhnlich, dass ein Gespräch von ihm ausging, ohne dass es eine Provokation beinhaltete. Scheinbar hatten ihn die Ereignisse des heutigen Tages mehr beeinflusst, als er zugeben wollte. Denn nach außen hin hatte er konsequent so getan, als wenn es ihm absolut gleichgültig wäre, dass ich ebenfalls einen Vertrag erhalten sollte. „Reden ist mein Job“, erinnerte Sasuke mich.     „Ja, ich weiß“, grinste ich. „Meiner auch.“     Wieder spürte ich das freudige Kribbeln, das mich jedes Mal aufs Neue befiel, wenn ich daran dachte, dass ich ab jetzt hauptberuflich als Moderator arbeiten würde. So richtig realisiert hatte ich es wohl immer noch nicht. Sasuke verfiel wieder in sein typisches Schweigen und auch ich sah nur stumm aus dem Fenster. Das einzige Geräusch, was zu hören war, war das leise Brummen des Motors. Sasuke hatte das Radio nicht eingeschaltet.     Je näher wir seiner Wohnung kamen, desto mehr spürte ich, wie ich immer nervöser wurde und sich eine andere Art von Kribbeln in mir ausbreitete. Die Gegend kam mir allmählich bekannt vor, denn hier war gestern auch der Bus auf meinem Weg nachhause entlang gefahren. Erst gestern. In der Zwischenzeit war so viel passiert, dass ich das Gefühl hatte, als wäre es schon ewig her. Und doch war ich wieder hier, auf dem Weg zu Sasukes Wohnung. Wie gestern.     Wenn ich ehrlich war, könnte ich mich direkt daran gewöhnen nach der Arbeit mit zu Sasuke nach Hause zu fahren. Autofahren war immerhin um einiges bequemer als auf meinem klapperigen Drahtesel durch die Stadt zu gurken. Außerdem verbrachte ich mittlerweile gerne Zeit mit ihm. Wir könnten wieder zusammen chillen, Pizza bestellen, Videospiele zocken und uns dann um das letzte verbliebene Stück streiten. Mein Herz schlug schneller bei dem Gedanken daran, wie unser letzter Streit ausgegangen war. Ehrlich gesagt hätte ich auch nichts dagegen, wenn wir unsere Nachmittage auf diese Weise verbringen würden.     Ich hatte definitiv Blut geleckt, anders konnte man es nicht ausdrücken. Mit seiner Aktion gestern hatte er mich neugierig gemacht. Niemals hätte ich mir vorstellen können, auf diese Art und Weise so etwas zu empfinden und das obwohl ich mich am Anfang noch vehement dagegen gesträubt hatte. Nun war mein Interesse geweckt. Ich wollte mehr wissen, mehr ausprobieren. Allerdings wusste ich selbst nicht, wie ich mir das vorstellte.     Sasuke brachte den Wagen elegant neben der Einfahrt zum Stehen. Ich erkannte das weiße Mehrfamilienhaus sofort wieder und ließ meinen Blick unbewusst nach oben zu den Fenstern schweifen, hinter denen ich Sasukes Wohnung vermutete. Meine Beine fühlten sich etwas wackelig an, als ich aus dem Auto stieg und hinter Sasuke her zur Eingangstür trottete. Dabei war ich nun im Vergleich zum letzten Mal sogar nüchtern. Diesmal brauchte Sasuke auch nicht mehr als einen Versuch um die Tür zu öffnen und ich folgte ihm in das Treppenhaus.     Mein Herz schien in meiner Brust lauter widerzuhallen als unsere Schritte auf der grauen Steintreppe und je näher wir Sasukes Wohnung kamen, desto präsenter wurden auch die Erinnerungen an das, was wir in seinem Wohnzimmer getan hatten. Aus dem Augenwinkel versuchte ich einen Blick auf Sasuke zu erhaschen, während er wieder die Tür aufsperrte. Ob er wohl dasselbe dachte wie ich?     Einen Moment lang spielte ich sogar mit dem Gedanken, ob er über mich herfallen würde, sobald wir die Wohnung betreten hatten. Energisch schüttelte ich den Kopf. Natürlich würde er das nicht. Das war wohl reines Wunschdenken meinerseits. Schlimm genug, dass solche Gedanken bei mir mittlerweile überhaupt in die Kategorie Wunschdenken fielen. Noch immer war ich felsenfest davon überzeugt, dass ich keinesfalls schwul war, denn abgesehen von Sasuke fühlte ich mich zu keinem einzigen Mann hingezogen. Ich war lediglich neugierig. Neugierig darauf, wie es sich anfühlen würde, weiter zu gehen.     „Warte kurz hier, ich hol‘ schnell deinen Geldbeutel.“     Sasuke schlüpfte aus seinen Schuhen, stellte sie ordentlich an der Wand unter der Garderobe auf und verschwand dann durch den breiten Torbogen ins Wohnzimmer. Sanft schloss ich die Haustür in meinem Rücken und überlegte, ob ich ebenfalls meine Schuhe ausziehen sollte. Irgendwie hatte es gerade nicht danach geklungen, als wollte Sasuke mich einladen noch ein wenig hier zu bleiben. Noch bevor ich eine Entscheidung treffen konnte, war er allerdings auch schon wieder da und hielt mir meinen Geldbeutel unter die Nase.     „Danke“, murmelte ich und nahm ihn entgegen. „Was kriegst du für das Taxi heute Morgen?“     Sasuke winkte ab.     „Passt schon. Immerhin hab ich deinen Geldbeutel auf den Tisch gelegt.“     Er schmunzelte und ich spürte wie meine Wangen ein bisschen wärmer wurden, als ich an meine peinliche Ausrede zurückdenken musste.     „Ab jetzt werde ich drauf aufpassen“, versprach ich.     „Gut“, grinste Sasuke. „Du solltest wirklich nicht jeden an deinen… Geldbeutel ranlassen.“     Er betonte das Wort so unmissverständlich, dass ich genau wusste, dass er nicht tatsächlich von meinem Geldbeutel sprach. Empört blies ich die Wangen auf, verkniff mir jedoch einen wütenden Kommentar, weil ich dadurch verraten hätte, dass meine Gedanken schon lange nicht mehr jugendfrei waren. Einen Moment wartete ich noch, ob er seiner Aussage noch etwas hinzufügen würde, doch er schwieg.     „Na gut, dann sehen wir uns ja Montag“, sagte ich schließlich und griff nach der Türklinke.     In mir sträubte sich alles dagegen jetzt zu gehen, doch ich wusste nicht, was ich tun könnte, um ihn dazu zu bringen, mich aufzuhalten. Ich wollte, dass er mich einlud zu bleiben. Ich wollte, dass er weiterhin in meiner Nähe war. Ich wollte, dass er mich wieder berührte. Berührte, so wie er es gestern getan hatte. Doch fragen würde ich ihn ganz sicher nicht, auch wenn das hier wahrscheinlich eine einmalige Gelegenheit war.     „Bis Montag“, erwiderte Sasuke knapp.     Ich öffnete die Eingangstür und trat einen Schritt nach draußen. Wenn sie sich hinter mir schließen würde, würde es zu spät sein. Dann würde ich diese einmalige Chance verpassen und meine Neugier würde nie gestillt werden. Fest biss ich mir auf die Unterlippe, dann nahm ich all meinen Mut zusammen und drehte mich noch einmal zu ihm um. Mein Herz pochte wie wild.     „Sasuke, hast du… hast du schon mal… mit einem Mann geschlafen?“     Überrascht sah er mich an. Offenbar hatte er nicht mit dieser Frage gerechnet und ich selbst ehrlich gesagt auch nicht. Eigentlich hatte ich mir gar nicht so genau überlegt, was ich sagen wollte. Mit jeder Sekunde war mir die Zeit davon gelaufen und ich hatte schließlich nicht lange überlegt und einfach das erstbeste ausgesprochen, was mir in den Sinn gekommen war. Nicht, dass mich die Antwort auf die Frage nicht brennend interessierte. Dennoch hätte ich vielleicht ein bisschen weniger direkt sein sollen.      „Ja“, antwortete er schließlich misstrauisch. „Warum?“     Sein Blick lag wie so oft durchdringend auf mir und ich hatte das Gefühl, dass mich seine schwarzen Augen mal wieder durchbohrten, bis sie tief in meinem Inneren auf die nackte Wahrheit stießen. Die Wahrheit, dass ich seit gestern nicht mehr aufhören konnte, daran zu denken, wie es sich anfühlen würde, ihn in mir zu spüren. Komplett. Schnell blinzelte ich, als könnte ich ihn so davon abhalten, in meinen Augen weiter nach meinen Motiven zu suchen. Meine Stimme klang irgendwie wackelig, als ich ihm schließlich antwortete.     „Ich würde gerne wissen… wie es sich anfühlt.“     Sasukes Augen weiteten sich überrascht und diesmal wandte ich schnell den Kopf ab, weil es mir viel zu peinlich war, ihn jetzt anzusehen. Ich hatte den Satz bewusst genau so formuliert und auch Sasuke musste das aufgefallen sein. Jedenfalls schien er seine eigenen Schlüsse zu ziehen.     „Ist das eine Aufforderung?“, fragte er ruhig.     Obwohl ich nicht hinsah, spürte ich, wie er mich mit seinen Blicken taxierte und versuchte jede einzelne meiner Regungen zu verfolgen. Scheinbar wollte er überprüfen, wie ernst es mir war. Das wusste ich allerdings selber noch nicht wirklich. Trotzdem war ich froh, dass er meine Aussage so interpretiert hatte und mir quasi ein Angebot machte. Bisher hatte er mir jedes Mal dabei geholfen, über meinen Schatten zu springen.     „Vielleicht“, antwortete ich.     Angestrengt versuchte ich das leichte Zittern in meiner Stimme zu verbergen, doch ich war mir sicher, dass Sasuke es bemerkt hatte. Er griff nach meinem Handgelenk und zog mich zurück in die Wohnung. Sein Griff war fest und bestimmt und ich wehrte mich nicht dagegen. Genau das war es schließlich gewesen, was ich gewollt hatte. Als ich spürte, wie er hinter mir die Wohnungstür wieder schloss, musste ich jedoch schlucken.     Irgendwie fühlte ich mich gerade wie die Maus im Käfig und direkt vor mir saß die hungrige Katze, die sich bereits die Lippen nach mir leckte. Sasuke machte einen Schritt auf mich zu und ich wich zurück, sodass ich mit dem Rücken gegen die gerade geschlossene Wohnungstür stieß. Das machte das Gefühl nicht gerade besser. Er stand jetzt direkt vor mir, sodass ich seinem Blick nicht mehr ausweichen konnte.     „Das ist keine Antwort, Naruto.“     Hektisch wanderten meine Augen über sein blasses Gesicht, als würden sie darin die Antworten finden, die ich suchte. Ich hatte gerade mehr oder weniger spontan gehandelt, war einfach meiner Intuition gefolgt, hatte Dinge gesagt, die ich mir nach längerer Überlegung vermutlich lieber verkniffen hätte. Trotzdem war ich irgendwie froh, sie ausgesprochen zu haben. Allerdings gab es noch immer einen großen Unterschied zwischen Worten und Taten. Es war eine Sache, etwas großspurig anzukündigen – und darin war ich wirklich gut – aber eine völlig andere, es auch wirklich durchzuziehen. Konnte ich das?     „Ich… ich weiß es nicht“, stammelte ich verunsichert.     Sasuke schüttelte den Kopf.     „Dann kann ich dir leider auch nicht helfen.“     Er trat einen Schritt zurück und machte Anstalten, sich wieder ins Wohnzimmer zurückzuziehen. Doch diesmal war ich es, der ihn festhielt.     „Warte, bitte.“     Er blieb tatsächlich stehen und sah mich dann abwartend an. Hinter meiner Stirn begannen sich die Rädchen zu drehen und ich konnte es fast schon rattern hören. In meinem Kopf ging ich alle Für und Wider durch, um vielleicht so auf ein Ergebnis zu kommen. Dass ich noch immer nicht homosexuell war, sprach definitiv dagegen, mich auf Sasuke einzulassen, genauso wie die Tatsache, dass es vermutlich höllisch wehtun würde.     Dafür sprach allerdings, dass es die einzige Möglichkeit war, um meine unstillbare Neugier zu befriedigen, denn ich war mir sicher, dass mich die Frage andernfalls nie wieder loslassen würde. Ich wollte wissen, wie er sich anfühlte. Nicht irgendein Mann, sondern Sasuke. Damit spielte auch die Sache mit der sexuellen Orientierung keine Rolle mehr. Außerdem, wenn ich daran dachte, welche Gefühle er mir gestern allein mit seinen Fingern entlockt hatte, wollte ich unbedingt mehr davon. Ich war jetzt schon süchtig nach ihm. Ich holte tief Luft.     „Ich will, dass du es mir zeigst“, bat ich ihn.     Diesmal klang meine Stimme fest und entschlossen, was wohl auch Sasuke zu bemerken schien.     „Okay“, er nickte. „Aber es gibt ein paar Bedingungen.“     „Bedingungen?“, fragte ich verblüfft.     Bisher hatte ich eigentlich gedacht, dass allein schon die Tatsache mit ihm zu schlafen für mich genug Überwindung darstellen würde, aber nun wollte er auch noch Bedingungen aufstellen? Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl dabei.     „Ja, Bedingungen“, bestätigte er. „Und du wirst dich an jede einzelne halten oder wir können die Sache gleich vergessen.“     Ein bisschen wirkte er auf mich gerade wie ein trickreicher Anwalt, der einen dazu bringen wollte, irgendwelche schmierigen Dokumente zu unterschreiben, mit denen man dann seine Seele an den Teufel verkaufte – oder in diesem Fall eben an den Uchiha-Konzern.     „Was für Bedingungen?“, fragte ich, obwohl ich mir gar nicht sicher war, ob ich sie wirklich hören wollte.     Sasuke kam wieder einen Schritt auf mich zu und stemmte seinen rechten Arm direkt neben meinem Kopf gegen die Tür, sodass er mir wieder ganz nahe war. Eine leichte Prise seines Geruchs strömte in meine Nase und bereits das reichte aus, um mir die Sinne zu vernebeln.     „Erstens“, begann er. „Entweder ganz oder gar nicht. Du wirst dich jetzt entscheiden und wenn du dich einmal entschieden hast, gibt es kein Zurück mehr.“     Ich nickte. Das klang fair.     „Zweitens, du wirst das tun, was ich dir sage und zwar ohne dabei blöde Fragen zu stellen. Ich will keine Diskussionen.“     Diesmal dauerte es ein bisschen länger bis ich nickte. Auf der einen Seite wusste er sehr viel besser als ich, was er tat und hatte eindeutig mehr Erfahrung auf dem Gebiet. Auf der anderen Seite behagte es mir ganz und gar nicht, ihm die ganze Kontrolle zu überlassen. Allerdings würde ich das wohl tun müssen, wenn ich wollte, dass er mit mir schlief, denn es war eine seiner Bedingungen.     Sasuke nahm mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger seiner linken Hand und zwang mich somit dazu, ihm direkt in die Augen zu sehen. Er war mir so nah, dass ich bereits seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Sein Tonfall war rau, als er nun sprach und klang fast schon wie ein leises Knurren.     „Drittens, du wirst mich ansehen. Ich will nicht, dass du an jemand anderen denkst, während ich es dir besorge.“     Ich spürte, wie ein Schauer meinen Rücken hinabrieselte, allein schon bei der Vorstellung daran, ihn anzusehen, während er immer wieder in mich stieß. In meiner Leistengegend begann es zu kribbeln und ich wusste bereits jetzt, dass ich sowieso zustimmen würde, egal wie seine Bedingungen aussehen würden.     „Viertens, das hier wird sich nicht auf unser Arbeitsverhältnis auswirken. Es gibt keinerlei Vorwürfe oder Verpflichtungen.“     Wieder nickte ich. Diese Bedingung war auch ganz in meinem Sinne.     „Fünftens, du wirst nichts mit Sakura anfangen.“     Diesmal hatte er mich überrumpelt.     „Was?!“, rief ich verblüfft. „Wie kommst du darauf, dass ich was mit ihr anfangen könnte?“     „Darum geht es nicht“, winkte Sasuke ab. „Es ist eine Bedingung. Entweder du akzeptierst sie oder du lässt es.“     Misstrauisch zog ich die Augenbrauen zusammen.     „Aber was hast du davon?“, wollte ich wissen.     Stand er etwa auf Sakura und das war seine Taktik, mich von ihr fern zu halten? Wenn ja, dann würde sie ausgesprochen gut funktionieren. Zum einen, weil ich jetzt sowieso nicht mehr nein sagen konnte und zum anderen, weil ich bereits seit geraumer Zeit das Interesse an ihr verloren hatte. Klar, sie war immer noch heiß, aber diese Verliebtheit, die mich in ihrer Gegenwart immer gepackt hatte, war einfach nicht mehr da. Sie war einfach nichts Besonderes mehr. Ganz im Gegenteil zu Sasuke.     Seine Lippen streiften ganz leicht über meine und ich versuchte sie einzufangen, doch sie wanderten weiter über meine Wange und meinen Kieferknochen entlang zu meinem Hals und schließlich nach oben zu meinem Ohr. Überall wo ich seinen warmen Atem spürte, begann meine Haut zu prickeln und ich legte meinen Kopf zur Seite, um ihm mehr Platz zu bieten. Mein Misstrauen war schlagartig vergessen. Sanft biss er in mein Ohrläppchen und leckte dann entschuldigend darüber.     „Ich teile nicht“, hauchte er.     Ich holte scharf Luft. Also ging es ihm nicht um Sakura, sondern um… mich?     „Heißt das, ich darf mit niemandem etwas anfangen?“, hakte ich vorsichtshalber nochmal nach.     Sasuke hatte sich mittlerweile wieder nach vorne zu meinem Kehlkopf geküsst. Seine Hand, mit der er vorhin noch mein Kinn gehalten hatte wanderte ebenfalls meinen Hals hinunter und strich dann sanft über mein Schlüsselbein, wobei sie eine brennende Spur hinterließ. Es waren so zarte unschuldige Berührungen und doch lösten sie bei mir ein Verlangen aus, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte.     „Darüber reden wir nachher noch“, schnurrte Sasuke.     Er presste mich mit seinem eigenen Körper fest gegen die Tür und ich keuchte leise, als ich seine Mitte an meinem halb erigierten Glied spürte. Es war mir peinlich, dass ich von unserem kurzen Geplauder bereits scharf geworden war. Dass alleine die Gedanken daran ausreichten, was Sasuke gleich mit mir machen würde, um mich hart werden zu lassen.     „Also was ist, bist du einverstanden mit meinen Bedingungen?“     Sasuke bewegte sich leicht gegen mich, was es mir nicht gerade einfacher machte, ihm zu antworten.     „Ja, ich bin einverstanden“, brachte ich schließlich mühsam hervor und drückte ihn dann ein Stück von mir weg, um ihm in die Augen sehen zu können. „Aber ich habe auch eine Bedingung.“     „So?“     Neugierig hielt er in seiner Bewegung inne und erwiderte meinen Blick. Ich kam nicht umhin festzustellen, dass er wirklich schön war. In seinen tiefdunklen Augen lag ein intensives Funkeln, seine schwarzen Haare, fielen ihm seidig ins Gesicht und betonten so nur noch mehr seine markanten Wangenknochen, die wiederum im Kontrast zu seinen feingeschwungenen Lippen standen. Mein Blick blieb an seinem Mund hängen, an diesen weichen, rosafarbenen Lippen, die bis eben noch die Haut an meinem Hals verwöhnt hatten. In Anbetracht der Tatsache, dass ich vorhatte mich gleich von diesem Kerl entjungfern zu lassen, empfand ich meine Forderung mehr als legitim.     „Ich will, dass du mich zuerst küsst.“     Kapitel 31: ------------ -30-     Statt mir eine Antwort zu geben, lehnte sich Sasuke ein paar Zentimeter weiter nach vorne und überbrückte somit den letzten Abstand zwischen uns. Hauchzart strichen seine Lippen über meine, sodass ich jeden seiner Atemzüge nur zu deutlich spüren konnte und ich konnte gar nicht anders, als ihn weiterhin anzustarren, obwohl ich mir komisch dabei vorkam. Doch auch Sasuke unterbrach den Blickkontakt nicht und schien in meinen Augen nach etwas zu suchen, während seine Hand von meinem Schlüsselbein über meine Brust zu meiner Hüfte wanderte, wo er sie schließlich ablegte.     „Ja oder nein, Naruto?“, hauchte er gegen meine Lippen.     Er gab mir ein letztes Mal die Chance einen Rückzieher zu machen. Eine letzte Gelegenheit, es mir nochmal anders zu überlegen und auf der Stelle diese Wohnung zu verlassen. Doch es war keine wirkliche Gelegenheit, ich hatte keine wirkliche Chance. Nicht, wenn er mir so verdammt nah war und mich nur noch Zentimeter von seinem Körper trennten, Millimeter von seinen Lippen. Ich wollte ihn. Ich wollte ihn küssen, ich wollte ihn anfassen und ich wollte ihn in mir spüren. Kein Rückzieher.     „Ja.“     Wieder verzichtete Sasuke auf eine Antwort und übte stattdessen sanften Druck auf meine Lippen aus. Bestimmend zog er mich an der Hüfte noch ein Stück näher an sich heran, während er meinen Kopf gegen das Holz der Tür hinter mir drückte. Ich schloss genießerisch die Augen. Die Bewegungen seiner Lippen waren fast schon scheu, unerträglich zurückhaltend und sündhaft verlockend. Mir war klar, dass er mal wieder mit mir spielte und doch kostete es mich all meine Zurückhaltung, um nicht sofort über ihn herzufallen. Stattdessen versuchte ich seine Bewegungen genauso züchtig zu erwidern.     Seine Hand glitt unter mein T-Shirt und fuhr nach hinten zu meinem Steißbein, nicht ohne dabei eine schauernde Gänsehaut zu hinterlassen. Ich spürte einen kühlen Luftzug an meiner Taille, dort wo die Haut nicht mehr vom T-Shirt bedeckt war. Gleichzeitig spürte ich, wie Sasuke, der es wohl bemerkt hatte, leicht schmunzelte. Allmählich begann er den Kuss zu intensivieren, übte mit seinen Lippen mehr Druck aus, knabberte an meiner Unterlippe, leckte schließlich sogar sanft darüber. Mir entkam ein ungeduldiges Grollen. Das was er da tat, reichte mir bei Weitem nicht mehr.     Wie auf ein unsichtbares Signal hin öffneten wir beide unseren Mund einen Spalt breit, sodass sich nicht nur unsere Lippen, sondern auch unsere Zungen endlich treffen konnten. Mir entwich ein leises Seufzen. Sein Geschmack war betörend und es fühlte sich fast schon an wie eine Erlösung, ihn endlich richtig küssen zu können. Unbewusst drängte ich meinen Körper noch dichter an ihn. Seine Hand wanderte nach unten zu meinem Hintern und ich krallte mich währenddessen in seinem Hemd fest, um ihn ebenfalls noch näher an mich zu ziehen. Doch das war gar nicht nötig, denn zwischen uns hätte kein einziges Blatt Papier mehr gepasst.     Sasukes Zunge war mehr als geschickt. Immer wieder stupste er mich an, forderte mich heraus, umgarnte mich, neckte mich, während seine Lippen weiterhin mit sanftem Druck meine massierten. Der Kuss war mittlerweile keineswegs mehr als zurückhaltend und keusch zu bezeichnen. Unser Zungenspiel wurde immer leidenschaftlicher, die Intensität mit der unsere Lippen aufeinander prallten wurde immer heftiger. An meinem Oberschenkel konnte ich deutlich spüren, dass es Sasuke nicht kalt ließ und auch ich selbst war mittlerweile mehr als angeheizt. Mir entwich ein leises Stöhnen, als Sasuke wieder damit begann, sich an mir zu reiben. Verdammt, warum hatte ich ihn nicht schon viel früher geküsst?     Mit seiner Hand an meinem Hintern zog er mich von der Tür weg und dirigierte mich rückwärts den Flur entlang. Wir bewegten uns in die entgegengesetzte Richtung vom Wohnzimmer und ich vermutete, dass sich dort sein Schlafzimmer befand. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte ich Nervosität in mir aufkeimen, doch ich hatte überhaupt keine Zeit darüber nachzudenken, da Sasukes Kuss meine ganze Aufmerksamkeit für sich beanspruchte. Er wurde immer stürmischer und rücksichtsloser, sodass mir ganz schwindelig wurde.     Mit der freien Hand stieß Sasuke eine Tür in meinem Rücken auf und schob mich dann über die Schwelle in den Raum. Es war ziemlich dunkel hier, da er wohl die Jalousie runtergelassen hatte, damit sich das Zimmer tagsüber nicht unnötig aufheizte. Wie ich es bereits erwartet hatte, handelte es sich um das Schlafzimmer, doch ich hatte keine Zeit mich großartig umzusehen. Nachdem ich ein paar Schritte gegangen war, spürte ich plötzlich die Bettkante in meinen Kniekehlen und plumpste weniger elegant auf das Bett.     Das war der Moment, in dem sich Sasuke das erste Mal wieder von mir löste. Ich wollte schon protestieren, doch er krabbelte bereits auf das Bett und kniete sich dann dicht hinter mich, sodass ich seine Knie im Rücken und seinen Atem im Nacken spüren konnte. Noch immer saß ich etwas unschlüssig auf der Kante seines Bettes und wusste nicht so richtig wohin mit meinen Händen. Ohne viel Zeit zu verschwenden, schlüpften Sasukes Hände unter mein T-Shirt und kratzen dann mit den Fingernägeln meine Brust hinauf. Ich sog scharf die Luft ein.     In aller Seelenruhe schob er mir schließlich das T-Shirt über den Kopf, während ich seinen Berührungen ungeduldig entgegen fieberte. Obwohl ich nun mit nacktem Oberkörper auf seiner Bettkante saß, war mir nicht kälter geworden, sondern eher wärmer. Ich hatte das Gefühl zu verglühen und hätte mir am liebsten auf der Stelle noch die Hose ausgezogen. Doch ich hatte die Vermutung, dass es Sasuke nicht passen würde, wenn man sich in sein Programm einmischte. Er hatte die Kontrolle. Er entschied.     Mit festem Druck glitt er meine Oberschenkel entlang, dicht an meiner Mitte vorbei. Unwillkürlich drückte ich mein Becken nach oben, um ihm zu signalisieren, dass er mich dort berühren sollte, doch er tat es natürlich nicht. Stattdessen wanderte er mit seiner Zunge den Rand meiner Ohrmuschel entlang und pustete mir dann provokativ ins Ohr, was bei mir erneut eine Gänsehaut auslöste. Ich hielt das nicht mehr aus.     Ungeduldig drehte ich mich um und drückte ihn kurzerhand selbst in die Matratze. Wenn er nicht endlich aktiv werden wollte, dann musste ich es eben tun. Überraschenderweise ließ er es geschehen und sah mich von unten herauf neugierig an, als ich mich auf seine Hüfte setzte. Tatsächlich hatte ich mir selbst gar nicht so viel Initiative zugetraut, aber ich hatte bereits mehrmals die Erfahrung machen dürfen, wie lange Sasuke so ein Spiel in die Länge ziehen konnte und das würde ich nicht aushalten. Heute nicht.     Mit vor Erregung leicht zitternden Fingern begann ich langsam die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, bis es zu beiden Seiten von seinem Oberkörper glitt. Dann hielt ich einen Moment lang inne und betrachtete ehrfurchtsvoll die blasse Haut und Sasukes freigelegte Brust. Seine Hemden waren meistens recht eng geschnitten, sodass man seinen gut definierten Oberkörper bereits erahnen konnte, doch dieser Anblick war nochmal etwas Besonderes. Etwas Exklusives. Etwas, das in diesem Moment einzig und allein mir zuteilwurde.     Schüchtern legte ich meine Hand auf seine Brust und wartete ab, ob er etwas dagegen sagen würde. Bisher hatte er mir meistens verboten, ihn zu berühren, doch das hier war einfach zu verlockend. Zu meiner Überraschung protestierte er nicht und ließ seinen Kopf ganz entspannt zurück in die Kissen sinken, während meine Fingerspitzen sanft über seinen Brustkorb glitten. Seine Haut war gleichzeitig fest und unglaublich weich und fühlte sich mindestens so erhitzt an wie meine eigene. Ich konnte spüren, wie sich seine Brust mit jedem regelmäßigen Atemzug hob und senkte und wie sein Herz von innen gegen den Brustkorb schlug.     Sanft fuhr ich mit den Fingern jeden einzelnen Rippenbogen entlang, glitt seine Seiten rauf und runter und ließ sie dann über seinen Bauch tanzen. Ein leichtes Zucken ging durch seinen Körper und erlaubte es mir, für einen Moment das Spiel seiner Muskeln unter der Haut zu beobachten. Anscheinend war er empfindlich am Bauch. Langsam beugte ich mich nach vorne und verwickelte ihn wieder in einen Kuss. Der eine Kuss von ihm hatte mich bereits süchtig gemacht und diesmal vergeudete er keine Zeit mehr damit, mich auf die Folter zu spannen, sondern begann direkt ein leidenschaftliches Zungenspiel.     Meine Ungeduld wuchs von Sekunde zu Sekunde und ich ließ meine Hände immer weiter nach unten wandern, bis sie schließlich an seinem Hosenbund angelangten. Dort allerdings wurden sie von Sasukes Händen gestoppt, der genug davon zu haben schien, untätig dazuliegen, während ich seinen Körper erkundete. Er nutzte meinen kurzen Moment der Überraschung aus und drehte uns mit einem Ruck um, sodass ich nun unter ihm lag und er auf meiner Hüfte saß. Ich musste keuchen aufgrund der Reibung die er dabei verursachte und auch ihm entwich ein leiser Laut des Wohlgefallens.     Er tat das, was ich gerade bei ihm vorgehabt hatte und machte sich an meinem Hosenbund zu schaffen. Mit ein paar geschickten Handgriffen hatte er den Gürtel geöffnet und kurz darauf folgten auch schon Knopf und Reißverschluss. Mit einem Ruck zog er die Hose nach unten, wobei er sich kurz von meiner Hüfte nach oben gestemmt hatte und ließ sie dann achtlos auf den Boden seines Schlafzimmers fallen. Es klirrte leise, als der Gürtel auf den dunklen Holzboden traf.     Sasuke rutschte ein Stückchen nach unten, sodass er nun eher auf meinen Beinen als auf meiner Hüfte saß. Die Position war deutlich unbequemer, doch das war bereits nach wenigen Sekunden vergessen, als ich plötzlich seine Hände spürte, die sich vorwitzig unter den Stoff der Boxershorts geschlichen hatten und zärtlich über meine Hoden strichen. Wieder wusste ich nicht, wohin mit meinen Händen und krallte mich kurzerhand in das Bettlaken unter mir, während ich mir fest auf die Unterlippe biss, um nicht zu stöhnen.     „Ich will dich hören, Naruto“, forderte Sasuke.     Energisch warf ich den Kopf hin und her. Sasuke zuckte nur mit den Schultern.     „Ich krieg dich schon dazu.“     Mein Glied zuckte erregt. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, machte mich seine Drohung mehr als an. In einer fließenden Bewegung streifte er mir das letzte Stück Stoff von den Hüften, sodass ich nun vollkommen nackt unter ihm lag. Obwohl er mich schon mehrmals so gesehen hatte, war es mir wieder peinlich, was nicht zuletzt an seinen forschenden Blicken lag, und ich hätte mich am liebsten bedeckt. Allerdings gab es hier nur eine Bettdecke und die hatte ich fast vollständig unter mir begraben, als Sasuke unsere Positionen getauscht hatte.     Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, in der er mich einfach nur eingehend betrachtete. Fast fühlte es sich so an, als würde die Zeit still stehen. Einzig und allein das seichte Prasseln des Regens, der gegen die Fensterscheibe schlug, bezeugte, dass dort draußen alles seinen gewohnten Gang ging. Es hatte begonnen zu regnen. Erst ganz langsam und leise, aber dann zunehmend energischer und mit mehr Nachdruck. Fast wie unser Kuss vorhin.      Endlich löste Sasuke sich aus seiner Starre und drückte bestimmt meine Beine auseinander. Inzwischen hatte er sich seitlich neben mich gelegt und lässig den Kopf in seiner Hand abgestützt. Seine Finger tänzelten neckend über die Innenseite meiner Oberschenkel und meine Hoden, sparten dabei aber bewusst meine Erregung aus, die nur so nach Aufmerksamkeit schrie. Wäre er nicht Sasuke, hätte ich mich gefragt, ob er mich mit Absicht so quälte. So aber wusste ich es mit Sicherheit. Er hatte schon immer seinen Spaß daran gehabt und dass ich mich heute ausnahmsweise mal freiwillig auf ihn eingelassen hatte, schien daran nichts zu ändern.     In einer geschmeidigen Bewegung beugte er sich über mich und öffnete dann die oberste Schublade seines Nachtschränkchens. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass er eine mir von meinem letzten Besuch bekannte Tube herauszog, ebenso wie eine Packung Kondome, die er achtlos auf die Matratze fallen ließ. Es blieben keine Zweifel mehr daran, wie das hier heute enden würde. Sofort spürte ich einen unangenehmen Druck auf meiner Brust, die sich vor Nervosität protestierend zusammenzog. Es waren seine Bedingungen gewesen. Kein Rückzieher und er würde entscheiden, wie es ablaufen sollte.     Einen Moment lang war ich versucht, ihn zu fragen, ob es sehr schmerzhaft werden würde, doch dann beschloss ich, dass es wohl besser war, wenn ich es vorher nicht wusste. Außerdem gab es ja genug Menschen, die das freiwillig machten und da konnte es so schlimm gar nicht sein. In aller Ruhe trug Sasuke etwas von dem Gleitgel auf seinen Finger auf. Mein Herz pumpte deutlich schneller, während ich ihn dabei beobachtete, doch diesmal war es vor Erregung und nicht vor Nervosität. Ich wollte, dass er wieder diese speziellen Gefühle in mir auslöste, diese ganz andere Art von Lust.     „Da kann es einer wohl kaum erwarten“, kommentierte Sasuke mit Blick auf mein wippendes Glied.     Ohne weiter auf seinen Kommentar einzugehen, schnaubte ich und spreizte bereitwillig die Beine für ihn. Wenn ich es nicht wirklich wollte, wäre ich schließlich auch nicht hier. Sasukes Finger glitt zwischen meine Pobacken und begann mit sanftem Druck den festen Muskelring zu massieren. Sofort lief ein Schauer über meinen gesamten Körper und diesmal konnte ich seine Berührungen tatsächlich von Anfang an genießen. Ein leises Seufzen entwich meinen Lippen.     „Fass dich an“, forderte Sasuke.     Einen Augenblick lang sah ich ihn irritiert an, doch sein Blick ließ keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte.     „Was?“, fragte ich dennoch mit vor Lust rauer Stimme.     „Fass dich an“, wiederholte er und nickte in Richtung meines Gliedes. „Denk an meine Bedingungen.“     Ich verzog kurz das Gesicht. Es gefiel mir ganz und gar nicht, dass er mir Vorschriften machte und die Vorschriften, die er mir machte, gefielen mir auch nicht. Zögerlich umfasste ich mit der rechten Hand meine eigene Erregung. Sasuke hatte seine Bewegungen mittlerweile eingestellt und sah mich abwartend an. Wahrscheinlich würde er nicht weitermachen, bevor ich seine Bedingungen nicht erfüllte. Seufzend begann ich, meine Hand langsam auf und ab zu bewegen und konnte nicht leugnen, dass es sich angenehm anfühlte. Bei Weitem nicht so angenehm wie wenn es Sasukes Hand wäre, doch der war gerade anderweitig beschäftigt.     Wie vorhin griff er nach der Tube mit dem Gleitgel und kurz darauf spürte ich wieder, wie sein Finger gegen meinen Muskelring drückte. Diesmal jedoch durchbrach er den Widerstand und schob sich Stück für Stück weiter vorwärts. Allein die Vorfreude auf das, was gleich kommen würde, ließ mich unterdrückt aufkeuchen und diesmal brauchte ich auch nicht mehr so lange, um mich an das seltsam drückende Gefühl zu gewöhnen. Schon nach wenigen Sekunden schob ich mich ihm entgegen. „Ich hab doch gesagt, ich krieg dich schon dazu“, stellte Sasuke zufrieden fest.     Probehalber bewegte er seinen Finger ein bisschen. Kurz darauf begann er wie beim letzten Mal auf der Suche nach diesem einen Punkt mein Inneres Stück für Stück abzutasten. Mittlerweile wusste ich, dass es sich um meine Prostata handelte. Nachdem ich gestern von Sasuke nach Hause gefahren war, hatte mich das Thema nicht mehr losgelassen und ich hatte begonnen zu googeln. Das war nicht zuletzt einer der Gründe, warum ich nun unbedingt wissen wollte, wie es sich anfühlen würde, mit ihm zu schlafen.     „Ha!“, stieß ich erregt aus.     Sasuke hatte den Punkt gefunden und begann ihn nun mit kleinen kreisenden Bewegungen zu massieren, während er nur leichten Druck dabei ausübte. Im ersten Moment hatte ich das Gefühl, dass ich dringend aufs Klo musste, doch schon kurz darauf spürte ich bereits diese intensive Erregung, die mich letztes Mal komplett überrascht hatte. Leise wimmerte ich und drängte mich ihm wieder ein Stück entgegen. Doch zu meinem Bedauern, verlangsamte er seine Bewegungen wieder.     „Du bist wirklich ungeduldig.“     Wieder griff er nach dem Gleitgel und drang dann direkt mit zwei Fingern in mich ein. Diesmal spürte ich ein unangenehmes Ziehen und er gab mir Zeit, mich daran zu gewöhnen, bevor er seine Finger erneut bewegte. Währenddessen ließ er mich keine Sekunde lang aus den Augen und beobachtete jede einzelne meiner Reaktionen. Die Hand an meinem Glied hatte ich in dem Moment vergessen, als er zum ersten Mal meine Prostata berührt hatte, doch er schien es mir nicht übel zu nehmen.     Stattdessen setzte er sich nun zwischen meine Beine und umfasste mit seiner eigenen Hand fest meine Erregung, um sie anschließend in einem gemächlichen Tempo auf und ab zu bewegen. Meine Füße krampften sich zusammen und ich warf hilflos den Kopf in den Nacken, da mich meine Gefühle in diesem Moment schier überwältigten.     „Oh nein“, mahnte Sasuke sofort. „Sie mich an, Naruto.“     Ich gehorchte und wandte ihm wieder meinen Blick zu. Seine Finger in meinem Inneren machten mittlerweile scherenartige Bewegungen und wollten mich vermutlich so auf das vorbereiten, was gleich kommen würde. Meine Prostata reizte er aus irgendeinem Grund nicht ganz so intensiv wie beim letzten Mal und berührte diesen Punkt in mir eher sparsam, was mir ganz und gar nicht passte. Schließlich war das der Grund gewesen, warum ich überhaupt auf die Idee gekommen war, mit ihm zu schlafen. Trotzdem stand mein Glied wie eine eins und daran konnte auch der Gedanke an die bevorstehenden Schmerzen nichts ändern.     Sasuke entzog mir seine Finger wieder und warf mir dann einen durchdringenden Blick zu. Ich wusste, was jetzt kam. Mein Herz begann in meiner Brust so heftig zu schlagen, dass ich das Gefühl hatte, der Käfig aus Rippen könnte jeden Moment zerbersten. In meinen Ohren rauschte das Blut so laut, dass ich mir sicher war, das Sasuke es auch hören konnte und ich ließ meinen Blick gehetzt über sein Gesicht wandern. Es war eine Mischung aus Angst, Nervosität, Vorfreude und Erregung, die durch meine Adern schoss. Allesamt Emotionen, die nicht gerade dazu beitrugen, dass ich mich sonderlich ruhig fühlte, als Sasuke behutsam meine Hände nahm und sie auf seinem Gürtel ablegte.     Mit bebenden Händen öffnete ich zuerst den Gürtel und dann den Knopf und den Reißverschluss, bevor ich die enganliegende Hose von seiner Hüfte zerrte. Sein Glied drückte bereits ungeduldig gegen den Stoff und als ich aus Versehen mit der Rückseite meiner Hand darüber strich, entwich auch ihm ein kehliges Stöhnen. Es klang so tief und rau, dass es mir direkt durch Mark und Bein ging. Da ich ihm offenbar doch zu lange brauchte, streifte er sich Hose und Boxershorts kurzerhand selbst ab und drückte mich dann bestimmt zurück in die Matratze, wo er mich schließlich in einen ungestümen Kuss verwickelte. Er ließ keine Zweifel mehr daran, dass auch seine Geduld und Zurückhaltung langsam aufgebraucht waren. Ich schluckte.     Mit einer fließenden Bewegung riss Sasuke das Kondompäckchen auf und rollte das Kondom über sein Glied. Anschließend verteilte er großzügig Gleitgel darüber, wobei ich feststellte, dass auch seine Hände mittlerweile vor Erregung zitterten. Ich merkte erst, dass ich meine Beine reflexartig zusammengeschoben hatte, als er sie wieder sanft auseinander drückte, um sich dann dazwischen zu legen. Mit seinen Unterarmen stützte er sich links und rechts neben meinem Körper ab. Wir lagen so dicht aufeinander, dass sich bei jedem Atemzug unsere Oberkörper berührten.     Sasukes Gesicht war mir unglaublich nah und zuerst dachte ich, dass er mich wieder küssen wollte, doch stattdessen sah er mich einfach nur an. Sein Blick hatte fast etwas Zärtliches und war gleichzeitig unfassbar hypnotisch, sodass ich gar nicht anders konnte, als zurück zu schauen, während unser beider Atem immer schneller wurde. Der Regen prasselte unnachgiebig gegen das Fenster und das Geräusch wurde durch die heruntergelassene Jalousie nur noch verstärkt. Er hob den Arm und strich mir eine Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht.     Es war fast schon romantisch. Eigentlich wollte ich einen blöden Kommentar machen, um die Situation etwas aufzulockern, doch gleichzeitig war es eben jene Stimmung, die ich unter keinen Umständen zerstören wollte. Es fühlte sich an, wie etwas Besonderes und genau das sollte es auch sein. Etwas Besonderes. Hatte ich bis eben noch Zweifel gehabt, so waren sie in diesem Moment, wo ich in Sasukes aufmerksame Augen blickte, gänzlich verschwunden. Ich wollte das. Ich wollte es und ich wollte es mit ihm.     Trotzdem zuckte ich erschrocken zusammen, als ich etwas Festes an meinem Eingang spürte. Es war um einiges dicker als die zwei Finger, mit denen Sasuke mich zuvor vorbereitet hatte und es würde sicher auch um einiges unangenehmer werden. Sasuke übte leichten Druck aus, doch er stieß sofort auf Widerstand.     „Versuch dich zu entspannen“, hauchte er dicht vor meinem Gesicht. Seine Stimme klang rau und ein wenig belegt. „Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst.“     Der Druck wurde stärker und ich versuchte, mich im Gegenzug ein bisschen mehr zu entspannen, doch so einfach war das leider nicht. Als Sasukes Eichel den Muskelring durchdrang, spürte ich ein brennendes Ziehen, das sich allmählich in meinem ganzen Unterleib ausbreitete. Er bewegte sich nur langsam vorwärts, doch es fühlte sich so an, als würde ich Stück für Stück von innen heraus aufgerissen werden. Ich stöhnte. Allerdings nicht vor Erregung sondern vor Schmerz.     Sasuke hielt in seinen Bewegungen inne und sah auf mich herunter. Auf seiner Stirn und Nase hatten sich bereits ein paar Schweißtropfen gebildet und ich konnte sehen, dass es ihn einiges an Überwindung kostete, sich nicht einfach mit einem Stoß in mir zu versenken. Seine Augen waren lustverschleiert und seine Atmung ging vollkommen unkontrolliert. Ich musste zugeben, dass mich sein Anblick erregte und das obwohl ich momentan diese Schmerzen hatte. Der Gedanke daran, dass ich es war, der ihm diese Lust bereitete, machte sie um einiges erträglicher.     Einen Moment lang verharrten wir in dieser Position, bis ich Sasuke schließlich das Zeichen gab, dass er sich weiterbewegen konnte. Als er Zentimeter für Zentimeter weiter in mich vordrang, biss ich mir fest auf die Zunge, um nicht erneut vor Schmerz aufzustöhnen. Er war mittlerweile mehr als bis zur Hälfte in mich eingedrungen und zumindest hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass der Schmerz schlimmer wurde. Trotzdem würde ich es nicht gerade als angenehm bezeichnen. Ehrlich gesagt wäre es wohl das letzte Wort, das mir dafür einfallen würde.     „Oh Gott, Naruto, du bist so eng“, keuchte Sasuke.     Man konnte deutlich hören, wie schwer es ihm fiel, nicht die Beherrschung zu verlieren. Sein Gesicht, seine raue Stimme, sein Stöhnen waren das einzige, was mich daran glauben ließ, dass es all das wert war. Ich konnte gar nicht anders als ihn anzusehen, denn ansonsten hätte ich wohl auf der Stelle abgebrochen. Bedingungen hin oder her. Doch die Lust, die sich so unverkennbar in seinem Gesicht widerspiegelte, übertrug sich mehr und mehr auch auf mich und ließ mich so die Schmerzen vergessen. Oder zumindest mit viel Mühe in den hintersten Winkel meines Bewusstseins verdrängen.     Sasuke hatte mittlerweile seine gesamte Länge in mir versenkt, war in mir, füllte mich komplett aus. Noch immer fühlte es sich so an, als würden meine Darmwände unbarmherzig auseinander getrieben, als er vorsichtig begann sich zu bewegen, doch unter den Schmerz mischte sich zunehmend auch die Lust. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren und mich gleichzeitig mehr zu entspannen, was mir sogar ganz gut gelang, als Sasuke plötzlich wieder meine Erregung umfasste und begann mich zu massieren. Mir entwich sogar ein kleines Seufzen.     Er nahm immer mehr Tempo auf und variierte dabei kontinuierlich den Winkel, in dem er in mich stieß. Mein Gesicht ließ er dabei keine Sekunde lang aus den Augen, als würde er auf etwas Bestimmtes warten und ich konnte mir schon vorstellen, was das sein sollte. Trotzdem traf mich das Gefühl vollkommen unvorbereitet. Laut stöhnend drückte ich den Rücken durch und krallte mich gleichzeitig so fest ich konnte in das Bettlaken. Fast hätte ich mir vor Erregung auf die Zunge gebissen. Er hatte also meine Prostata gefunden.     „Scheiße Sasuke, das ist…“, ich fand kein Wort, dass meine Emotionen treffend beschreiben könnte, doch er schmunzelte nur wissend und griff nach einem kleinen Kissen, das dicht neben meinem Kopf lag.     Mit einem Ruck hob er meine Hüfte an, um es darunter zu schieben und beugte sich dann erneut über mich, um mich in einen Kuss zu verwickeln. Gleichzeitig begann er, sich wieder langsam in mir zu bewegen. Der Kuss war fahrig und unkonzentriert, doch ich hatte gar keine Gelegenheit mich darauf zu fokussieren, da er immer wieder meine Prostata penetrierte. Die süße Mischung aus Lust und Schmerz trieb mir fast die Tränen in die Augen und ich konnte nicht sagen, ob ich wollte, dass es aufhörte oder für immer so weiterging. Immer wieder stöhnte ich hemmungslos auf und auch Sasuke konnte sich nicht mehr vollständig zurückhalten.     Die Geräusche, die er machte, animierten mich nur noch mehr und schon nach kurzer Zeit schlang ich meine Arme um seinen Rücken und die Beine um seine Hüfte, um ihn noch näher an mich zu ziehen. Außerdem hatte ich auf diese Weise Kontrolle über das Tempo und die Intensität seiner Stöße. Momentan hielt er sich aufgrund meiner Schmerzen noch stark zurück, doch ich war längst an dem Punkt angelangt, an dem ich einfach nur noch mehr wollte. Unter Stöhnen und Keuchen gelang es mir schließlich auch, diesen Wunsch zu verbalisieren.     „Mehr, Sasuke. Mehr.“     Er zog sich fast vollständig aus mir zurück und stieß dann wieder zu. Es tat weh und gleichzeitig verursachte es ein wahres Feuerwerk der Lust in meinem Inneren, sodass ich gar nicht genug kriegen konnte. Meine Finger verkrallten sich in der Haut an seinem Rücken, der mittlerweile von Schweiß bedeckt war, sodass ich fast abrutschte. Bei jedem Stoß konnte ich deutlich das Muskelspiel an seinen Schultern spüren und klammerte mich nur noch fester an ihn. Die Bewegungen seiner Hand an meinem Glied wurden immer fahriger und unkoordinierter.     „Sasuke“, keuchte ich.     Die Wellen der Erregung brachen immer stürmischer über mich herein, ließen mich schwindeln und alles um mich herum ausblenden. Das Prasseln des Regens war vollständig in den Hintergrund gerückt, ebenso der Schmerz. Alles, was ich wahrnahm, waren die Geräusche, die Sasuke und ich von uns gaben, die Hitze, die sich mehr und mehr in meinem Körper ausbreitete, und die überwältigenden Gefühle, die er mit jeder Bewegung in mir auslöste. Die ganze Zeit über wagte ich es nicht, den Blickkontakt abzubrechen, aus Angst er würde dann innehalten und dieses Gefühl würde verschwinden.     Sein nächster Stoß hätte mich beinahe mit einem Schlag kommen lassen und ich umfasste kurz entschlossen seine Hand an meinem Glied mit meiner eigenen Hand, um die Bewegungen dort zu intensivieren. Er war nicht mehr dazu in der Lage, ein regelmäßiges Tempo aufrecht zu erhalten und auch mir gelang es nur mit größter Mühe. Wieder drückte ich ihm mein Becken entgegen, zog ihn gleichzeitig mit meinen Beinen näher an mich heran, wollte ihn so tief wie nur möglich in mir spüren.     Sasuke merkte, dass es bei mir bald so weit war und erhöhte noch einmal sein Tempo. Ich wand mich unter ihm, soweit das in unserer verschlungenen Position überhaupt noch möglich war und stöhnte ungehalten. Mit meiner linken Hand krallte ich mich noch immer in seinen Rücken und hinterließ dort wohl die eine oder andere blutige Kratzspur. Sein Griff um mein Glied wurde fester. Seine Stöße wurden härter. Mein Atem ging immer schneller, mein Herz raste, überschlug sich und schließlich hatte ich das Gefühl, es würde für ein paar Sekunden aussetzen, als sich endlich die gesamte Anspannung löste.     „Ahhhh!“     Mein Unterleib zog sich zusammen, zuckte und ich ergoss mich in mehreren kleinen Schüben auf meinen Bauch und in Sasukes Hand.     Sasuke stieß noch einige Male in mich hinein, bevor er ebenfalls laut stöhnte, den Kopf in den Nacken warf und zum Orgasmus kam. Fasziniert beobachtete ich, wie sich sein Gesicht vor Lust verzog und anschließend komplett entspannt wirkte. In kleinen, weitaus sanfteren Bewegungen kostete er die letzten Wellen aus und zog sich dann erschöpft aus mir zurück.     Die Matratze wackelte leicht, als er sich neben mich fallen ließ und die Hände hinter dem Kopf verschränkt an die Decke starrte. Eine ganze Zeit lang schwiegen wir und lauschten den Regentropfen und dem gelegentlichen Donner, der draußen vor sich hin grollte und Zeuge des heftigen Gewitters war, bis ich schließlich die Stille durchbrach.     „Du hattest Recht.“     „Womit?“     Sasuke sah mich nicht an. Suchte nicht wie so oft in meinem Gesicht nach der Antwort, noch bevor ich sie ihm geben konnte. Vielleicht weil er sie bereits wusste?     „Ich bereue es nicht“, sagte ich entschieden.     Er ließ ein zufriedenes Brummen hören. Dann war wieder Stille. Diesmal hatte ich jedoch das Gefühl, dass sie mich allmählich erdrückte. Das Donnergrollen klang zunehmend bedrohlicher und schien von Minute zu Minute näher zu kommen. Blitze zuckten über den Himmel und verursachten immer wieder ein grelles Aufleuchten, das durch die schmalen Schlitze der Jalousie drang.     „Und jetzt?“, fragte ich unsicher.     Sasuke zuckte mit den Schultern.     „Jetzt lass uns erst mal schlafen. Ich fahr dich nachher, wenn das Gewitter vorbei ist nach Hause. Glaub mir, Fahrrad fahren willst du die nächsten Tage erst mal nicht mehr.“     Ich nickte erleichtert. Schlafen klang gut. Mein Fahrrad hätte ich sowieso nicht dabei gehabt, aber er hätte mich ja wieder beim Sender absetzen können. Allerdings war es mir ohnehin viel lieber, noch eine Weile bei ihm zu sein. Am liebsten wäre es mir sogar gewesen, wenn er mich erst morgen wieder nach Hause gefahren hätte. Beim Gedanken daran jetzt allein zu sein, zog sich augenblicklich mein Magen zusammen. Ich traute mich jedoch nicht, ihn darum zu bitten. Keine Vorwürfe, keine Verpflichtungen.     Kapitel 32: light ----------------- -30-     Statt mir eine Antwort zu geben, lehnte sich Sasuke ein paar Zentimeter weiter nach vorne und überbrückte somit den letzten Abstand zwischen uns. Hauchzart strichen seine Lippen über meine, sodass ich jeden seiner Atemzüge nur zu deutlich spüren konnte und ich konnte gar nicht anders, als ihn weiterhin anzustarren, obwohl ich mir komisch dabei vorkam. Doch auch Sasuke unterbrach den Blickkontakt nicht und schien in meinen Augen nach etwas zu suchen, während seine Hand von meinem Schlüsselbein über meine Brust zu meiner Hüfte wanderte, wo er sie schließlich ablegte.     „Ja oder nein, Naruto?“, hauchte er gegen meine Lippen.     Er gab mir ein letztes Mal die Chance einen Rückzieher zu machen. Eine letzte Gelegenheit, es mir nochmal anders zu überlegen und auf der Stelle diese Wohnung zu verlassen. Doch es war keine wirkliche Gelegenheit, ich hatte keine wirkliche Chance. Nicht, wenn er mir so verdammt nah war und mich nur noch Zentimeter von seinem Körper trennten, Millimeter von seinen Lippen. Ich wollte ihn. Ich wollte ihn küssen, ich wollte ihn anfassen und ich wollte ihn in mir spüren. Kein Rückzieher.     „Ja.“     Wieder verzichtete Sasuke auf eine Antwort und übte stattdessen sanften Druck auf meine Lippen aus. Bestimmend zog er mich an der Hüfte noch ein Stück näher an sich heran, während er meinen Kopf gegen das Holz der Tür hinter mir drückte. Ich schloss genießerisch die Augen. Die Bewegungen seiner Lippen waren fast schon scheu, unerträglich zurückhaltend und sündhaft verlockend. Mir war klar, dass er mal wieder mit mir spielte und doch kostete es mich all meine Zurückhaltung, um nicht sofort über ihn herzufallen. Stattdessen versuchte ich seine Bewegungen genauso züchtig zu erwidern.     Seine Hand glitt unter mein T-Shirt und fuhr nach hinten zu meinem Steißbein, nicht ohne dabei eine schauernde Gänsehaut zu hinterlassen. Ich spürte einen kühlen Luftzug an meiner Taille, dort wo die Haut nicht mehr vom T-Shirt bedeckt war. Gleichzeitig spürte ich, wie Sasuke, der es wohl bemerkt hatte, leicht schmunzelte. Allmählich begann er den Kuss zu intensivieren, übte mit seinen Lippen mehr Druck aus, knabberte an meiner Unterlippe, leckte schließlich sogar sanft darüber. Mir entkam ein ungeduldiges Grollen. Das was er da tat, reichte mir bei weitem nicht mehr.     Wie auf ein unsichtbares Signal hin öffneten wir beide unseren Mund einen Spalt breit, sodass sich nicht nur unsere Lippen, sondern auch unsere Zungen endlich treffen konnten. Mir entwich ein leises Seufzen. Sein Geschmack war betörend und es fühlte sich fast schon an wie eine Erlösung, ihn endlich richtig küssen zu können. Unbewusst drängte ich meinen Körper noch dichter an ihn. Seine Hand wanderte nach unten zu meinem Hintern und ich krallte mich währenddessen in seinem Hemd fest, um ihn ebenfalls noch näher an mich zu ziehen. Doch das war gar nicht nötig, denn zwischen uns hätte kein einziges Blatt Papier mehr gepasst.     Sasukes Zunge war mehr als geschickt. Immer wieder stupste er mich an, forderte mich heraus, umgarnte mich, neckte mich, während seine Lippen weiterhin mit sanftem Druck meine massierten. Der Kuss war mittlerweile keineswegs mehr als zurückhaltend und keusch zu bezeichnen. Unser Zungenspiel wurde immer leidenschaftlicher, die Intensität mit der unsere Lippen aufeinander prallten wurde immer heftiger. An meinem Oberschenkel konnte ich deutlich spüren, dass es Sasuke nicht kalt ließ und auch ich selbst war mittlerweile mehr als angeheizt. Mir entwich ein leises Stöhnen, als Sasuke wieder damit begann, sich an mir zu reiben. Verdammt, warum hatte ich ihn nicht schon viel früher geküsst?     Mit seiner Hand an meinem Hintern zog er mich von der Tür weg und dirigierte mich rückwärts den Flur entlang. Wir bewegten uns in die entgegengesetzte Richtung vom Wohnzimmer und ich vermutete, dass sich dort sein Schlafzimmer befand. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte ich Nervosität in mir aufkeimen, doch ich hatte überhaupt keine Zeit darüber nachzudenken, da Sasukes Kuss meine ganze Aufmerksamkeit für sich beanspruchte. Er wurde immer stürmischer und rücksichtloser, sodass mir ganz schwindelig wurde.     Mit der freien Hand stieß Sasuke eine Tür in meinem Rücken auf und schob mich dann über die Schwelle in den Raum. Es war ziemlich dunkel hier, da er wohl die Jalousie runtergelassen hatte, damit sich das Zimmer tagsüber nicht unnötig aufheizte. Wie ich es bereits erwartet hatte, handelte es sich um das Schlafzimmer, doch ich hatte keine Zeit mich großartig umzusehen. Nachdem ich ein paar Schritte gegangen war, spürte ich plötzlich die Bettkante in meinen Kniekehlen und plumpste weniger elegant auf das Bett.     Das war der Moment, in dem sich Sasuke das erste Mal wieder von mir löste. Ich wollte schon protestieren, doch er krabbelte bereits auf das Bett und kniete sich dann dicht hinter mich, sodass ich seine Knie im Rücken und seinen Atem im Nacken spüren konnte. Noch immer saß ich etwas unschlüssig auf der Kante seines Bettes und wusste nicht so richtig wohin mit meinen Händen. Ohne viel Zeit zu verschwenden, schlüpften Sasukes Hände unter mein T-Shirt und kratzen dann mit den Fingernägeln meine Brust hinauf. Ich sog scharf die Luft ein.     In aller Seelenruhe schob er mir schließlich das T-Shirt über den Kopf, während ich seinen Berührungen ungeduldig entgegen fieberte. Obwohl ich nun mit nacktem Oberkörper auf seiner Bettkante saß, war mir nicht kälter geworden, sondern eher wärmer. Ich hatte das Gefühl zu verglühen und hätte mir am liebsten auf der Stelle noch die Hose ausgezogen. Doch ich hatte die Vermutung, dass es Sasuke nicht passen würde, wenn man sich in sein Programm einmischte. Er hatte die Kontrolle. Er entschied.     Mit festem Druck glitt er meine Oberschenkel entlang, dicht an meiner Mitte vorbei. Unwillkürlich drückte ich mein Becken nach oben, um ihm zu signalisieren, dass er mich dort berühren sollte, doch er tat es natürlich nicht. Stattdessen wanderte er mit seiner Zunge den Rand meiner Ohrmuschel entlang und pustete mir dann provokativ ins Ohr, was bei mir erneut eine Gänsehaut auslöste. Ich hielt das nicht mehr aus.     Ungeduldig drehte ich mich um und drückte ihn kurzerhand selbst in die Matratze. Wenn er nicht endlich aktiv werden wollte, dann musste ich es eben tun. Überraschenderweise ließ er es geschehen und sah mich von unten herauf neugierig an, als ich mich auf seine Hüfte setzte. Tatsächlich hatte ich mir selbst gar nicht so viel Initiative zugetraut, aber ich hatte bereits mehrmals die Erfahrung machen dürfen, wie lange Sasuke so ein Spiel in die Länge ziehen konnte und das würde ich nicht aushalten. Heute nicht.     Mit vor Erregung leicht zitternden Fingern begann ich langsam die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, bis es zu beiden Seiten von seinem Oberkörper glitt. Dann hielt ich einen Moment lang inne und betrachtete ehrfurchtsvoll die blasse Haut und Sasukes freigelegte Brust. Seine Hemden waren meistens recht eng geschnitten, sodass man seinen gut definierten Oberkörper bereits erahnen konnte, doch dieser Anblick war nochmal etwas Besonderes. Etwas Exklusives. Etwas, das in diesem Moment einzig und allein mir zuteilwurde.     Schüchtern legte ich meine Hand auf seine Brust und wartete ab, ob er etwas dagegen sagen würde. Bisher hatte er mir meistens verboten, ihn zu berühren, doch das hier war einfach zu verlockend. Zu meiner Überraschung protestierte er nicht und ließ seinen Kopf ganz entspannt zurück in die Kissen sinken, während meine Fingerspitzen sanft über seinen Brustkorb glitten. Seine Haut war gleichzeitig fest und unglaublich weich und fühlte sich mindestens so erhitzt an, wie meine eigene. Ich konnte spüren, wie sich seine Brust mit jedem regelmäßigen Atemzug hob und senkte und wie sein Herz von innen gegen den Brustkorb schlug.     Sanft fuhr ich mit den Fingern jeden einzelnen Rippenbogen entlang, glitt seine Seiten rauf und runter und ließ sie dann über seinen Bauch tanzen. Ein leichtes Zucken ging durch seinen Körper und erlaubte es mir, für einen Moment das Spiel seiner Muskeln unter der Haut zu beobachten. Anscheinend war er empfindlich am Bauch. Langsam beugte ich mich nach vorne und verwickelte ihn wieder in einen Kuss. Der eine Kuss von ihm hatte mich bereits süchtig gemacht und diesmal vergeudete er keine Zeit mehr damit, mich auf die Folter zu spannen, sondern begann direkt ein leidenschaftliches Zungenspiel.     Meine Ungeduld wuchs von Sekunde zu Sekunde und ich ließ meine Hände immer weiter nach unten wandern, bis sie schließlich an seinem Hosenbund angelangten. Dort allerdings wurden sie von Sasukes Händen gestoppt, der genug davon zu haben schien, untätig dazuliegen, während ich seinen Körper erkundete. Er nutzte meinen kurzen Moment der Überraschung aus und drehte uns mit einem Ruck um, sodass ich nun unter ihm lag und er auf meiner Hüfte saß. Ich musste keuchen aufgrund der Reibung die er dabei verursachte und auch ihm entwich ein leiser Laut des Wohlgefallens.     Er tat das, was ich gerade bei ihm vorgehabt hatte und machte sich an meinem Hosenbund zu schaffen. Mit ein paar geschickten Handgriffen hatte er den Gürtel geöffnet und kurz darauf folgten auch schon Knopf und Reißverschluss. Mit einem Ruck zog er die Hose nach unten, wobei er sich kurz von meiner Hüfte nach oben gestemmt hatte und ließ sie dann achtlos auf den Boden seines Schlafzimmers fallen. Es klirrte leise, als der Gürtel auf den dunklen Holzboden traf.     Sasuke rutschte ein Stückchen nach unten, sodass er nun eher auf meinen Beinen als auf meiner Hüfte saß. Die Position war deutlich unbequemer, doch das war bereits nach wenigen Sekunden vergessen, als ich plötzlich seine Hände spürte, die sich vorwitzig unter den Stoff der Boxershorts geschlichen hatten.     *~*~*~*~*~*~*~*     Die Matratze wackelte leicht, als er sich neben mich fallen ließ und die Hände hinter dem Kopf verschränkt an die Decke starrte. Eine ganze Zeit lang schwiegen wir und lauschten den Regentropfen und dem gelegentlichen Donner, der draußen vor sich hin grollte und Zeuge des heftigen Gewitters war, bis ich schließlich die Stille durchbrach.   „Du hattest Recht.“   „Womit?“   Sasuke sah mich nicht an. Suchte nicht wie so oft in meinem Gesicht nach der Antwort, noch bevor ich sie ihm geben konnte. Vielleicht weil er sie bereits wusste?   „Ich bereue es nicht“, sagte ich entschieden.   Er ließ ein zufriedenes Brummen hören. Dann war wieder Stille. Diesmal hatte ich jedoch das Gefühl, dass sie mich allmählich erdrückte. Das Donnergrollen klang zunehmend bedrohlicher und schien von Minute zu Minute näher zu kommen. Blitze zuckten über den Himmel und verursachten immer wieder ein grelles Aufleuchten, das durch die schmalen Schlitze der Jalousie drang.   „Und jetzt?“, fragte ich unsicher.   Sasuke zuckte mit den Schultern.   „Jetzt lass uns erst mal schlafen. Ich fahr dich nachher, wenn das Gewitter vorbei ist nach Hause. Glaub mir, Fahrrad fahren willst du die nächsten Tage erst mal nicht mehr.“   Ich nickte erleichtert. Schlafen klang gut. Mein Fahrrad hätte ich sowieso nicht dabei gehabt, aber er hätte mich ja wieder beim Sender absetzen können. Allerdings war es mir ohnehin viel lieber, noch eine Weile bei ihm zu sein. Am liebsten wäre es mir sogar gewesen, wenn er mich erst morgen wieder nach Hause gefahren hätte. Beim Gedanken daran jetzt allein zu sein, zog sich augenblicklich mein Magen zusammen. Ich traute mich jedoch nicht, ihn darum zu bitten. Keine Vorwürfe, keine Verpflichtungen.   Kapitel 33: ------------ -Epilog-     Meine Hand zitterte leicht, als der Stift über das Papier kratzte. Es war ein wunderschöner Füller mit schmaler Spitze, der eine Spur aus glänzender blauer Tinte hinterließ und mir für diesen Anlass mehr als angemessen erschien.     „Wird das heute noch was, Idiot?“     Sasuke saß neben mir auf dem Stuhl und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, während er abfällig auf das Dokument blickte, das ich schon mehrere Minuten lang ehrfürchtig anstarrte. Sein neuer Vertrag war bereits unterschrieben und Tsunade hatte ihn fachgerecht in einem ihrer Aktenschränke verstaut. Für ihn war das hier scheinbar keine große Sache, aber für mich bedeutete es die Welt.     „Dann ist es hiermit offiziell“, verkündete Tsunade förmlich. „Naruto Uzumaki, es ist mir eine Freude, dich im Team von Konoha Kiku begrüßen zu dürfen.“       *~*~*~*~*       „Wie machen wir das jetzt eigentlich mit der Vorstellung? Ich kann doch nicht jedes Mal sagen: Hallo, hier sind Sakura, Naruto und Sasuke von Akatsuki. Bis dahin hat die Hälfte aller Hörer schon wieder umgeschaltet.“     An solche Kleinigkeiten hatte ich bisher noch keinen einzigen Gedanken verschwendet. Viel zu berauscht war ich von der Idee, zukünftig überhaupt mit den beiden zusammen moderieren zu dürfen. Allerdings merkte man hieran mal wieder, dass Sakura eben durch und durch ein Profi war, der sich gewissenhaft auf alle Sendungen vorbereitete.     „Ich überleg mir was“, versprach Kakashi. „Shikamaru möchte auch nochmal wegen dem Sendungskonzept mit euch sprechen. Er hat vorgeschlagen, die Challenges beizubehalten, weil der Wettbewerb so gut bei den Hörern ankam.“     „Was?“, fragte Sakura gedehnt. „Jeden Tag eine Aufgabe?“     Ich musste zugeben, dass ich mindestens genauso geschockt war wie sie. Zwar hatte mir der Wettbewerb an sich ziemlich viel Spaß gemacht, gleichzeitig war es jedoch auch unglaublich anstrengend gewesen. Bisher war ich davon ausgegangen, dass die Aufgaben auf zwei Wochen beschränkt waren, auf Dauer würde ich das nicht durchhalten.     „Wöchentlich“, korrigierte Kakashi schnell. „Aber bisher ist das erstmal nur eine Idee.“     Erleichtert atmete ich aus. Auch Sasukes Gesicht entspannte sich ein wenig, soweit man das bei ihm überhaupt beurteilen konnte.       *~*~*~*~*       Mein Blick fiel auf die Schranktüre direkt über der Kaffeemaschine und ich schmunzelte. Jemand hatte einen Zettel mit einer Schritt-für-Schritt-Bedienungsanleitung aufgehängt. Jemand, dessen Handschrift mich verdächtig an Sasukes erinnerte. Die Überschrift beseitigte schließlich auch meine letzten Zweifel. Damit sich auch Idioten ihren Kaffee selbst machen können. Ich grinste ihn an.     „Schade. Ich dachte, ich könnte Sakura nochmal dazu überreden, es mir zu erklären.“     „Als ob in deinem Spatzenhirn irgendetwas davon hängen bleiben würde“, zog er mich auf.     Normalerweise hätte ich jetzt lautstark protestiert, doch ich war einfach viel zu erleichtert. Es hatte sich nichts geändert. Zu sehen, dass er mich immer noch genauso behandelte wie vorher, war auf eine seltsame Art und Weise beruhigend. Er provozierte mich, er machte sich über mich lustig und er war genauso ein arrogantes Arschloch wie zuvor. Zumindest fast. Immerhin hatte er mir diese Liste gemacht, sodass ich mir ab jetzt meinen Kaffee nicht mehr von Zuhause aus mitbringen musste. Auch wenn er es geschickt als Angriff getarnt hatte, hatte er mir damit im Prinzip einen Gefallen getan. Ich musste zugeben, dass Sasukes Anleitung wirklich idiotensicher war. Nicht, dass ich mich für einen hielt, aber selbst ein Grundschüler hätte keine Probleme damit Kaffee zu kochen.       *~*~*~*~*       „Wir haben uns übrigens eine Lösung für das Vorstellungsproblem überlegt“, verkündete Shikamaru. „Anstatt alle Namen einzeln aufzuzählen, bekommt ihr einen Gruppennamen.“     Sakura lehnte sich ein wenig nach vorne und stützte ihr Gesicht auf den Handflächen ab. Mir entging keinesfalls, wie nah sie mit ihrem Stuhl an Sasuke herangerutscht war.     „Und an was habt ihr da gedacht?“, fragte sie neugierig.     Shikamaru nahm einen großen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Ich spürte wie mich Sasukes Bein unter dem Tisch leicht streifte. Zufall?     „Ihr seid das Morningshowteam. Die Sendung beginnt um sieben. Deswegen Team Sieben. Das ist schön kurz und knackig und leicht zu merken.“     Sakura nickte. Auch mir gefiel der Name. Team Sieben. Das hatte irgendwie was.       *~*~*~*~*       Es klingelte stürmisch, dann ertönte ein Surren, gefolgt von polternden Schritten. Kurz darauf konnte man von der Küche aus hören, wie Ino unseren Livegast begrüßte, der sich ihr ebenfalls überschwänglich vorstellte. Sein Name war Jiraiya. Ich wusste nicht, ob es sich dabei um seinen echten Namen oder um ein Pseudonym handelte. Autoren benutzten schließlich häufig Pseudonyme. Zum Glück würden wir das Interview zu dritt führen, denn ich musste zugeben, dass ich zuvor noch nie von ihm gehört hatte. Da ich so gut wie nie ein Buch in die Hand nahm, war das jedoch auch keine Überraschung.     Kakashi allerdings kannte diesen Jiraiya wohl ziemlich gut, wenn auch nicht persönlich. Er war ein großer Fan seiner Werke, hatte jedes einzelne Buch gelesen und sprach schon den ganzen Morgen über nichts anderes mehr. Für seine Verhältnisse verhielt er sich absolut untypisch. Es hatte damit angefangen, dass er überraschenderweise pünktlich im Sender aufgetaucht war und seitdem war er fast permanent am Rumwuseln. Zuerst hatte ich gedacht, dass es womöglich mit den Verträgen zusammenhing, doch laut Shikamaru lag es wohl eher an unserem heutigen Livegast.       *~*~*~*~*       „Ich denke das war genug Vorspiel und wir können jetzt zur Sache kommen?“, Jiraiya zwinkerte Sakura zu.     Schon die ganze Zeit über machte er solche Andeutungen und flirtete offensiv mit jedem weiblichen Wesen, das ihm über den Weg lief. Es war schon schwer genug gewesen, ihn irgendwie von Ino wieder loszueisen, nachdem die ihn bei seiner Ankunft in ein Gespräch verwickelt hatte. Ino würde ihre letzte Handtasche geben für Klatsch und Tratsch, aber noch viel mehr interessierte sie das Thema Promis. Trotzdem war er nun mal hier um ein Interview zu geben.     „Natürlich“, erwiderte Sakura schmunzelnd und ich bewunderte sie dafür, dass sie so ruhig blieb. „Fangen wir mit dem Interview an.“     Sie betätigte den Startknopf des Aufnahmegeräts, das sie zuvor in der Mitte des Tisches platziert hatte. Wir hatten uns zu viert in das Besprechungszimmer zurückgezogen, um das Interview dort in aller Ruhe aufzeichnen zu können. Auf dem Tisch standen neben dem Aufnahmegerät noch verschiedene Flaschen mit Erfrischungsgetränken. Es zischte leise, als ich den Deckel meiner Orangenlimonade aufschraubte und Sakura warf mir einen bösen Blick zu.     „Das Folgende könnte jetzt etwas schmutzig werden“, warnte Jiraiya. „Ich hoffe doch, dass wir keine Jungfrau mehr unter uns haben?“     Sofort spürte ich Sakuras Blick auf mir.     „Naruto ist…“, begann sie.     Gerade wollte ich sie mit einem tödlichen Blick zum Schweigen bringen, doch in diesem Moment wurde sie von Sasuke unterbrochen.     „Keine Jungfrau mehr“, beendete er ihren Satz. „Ich hab ihn am Wochenende entjungfert.“     In einem großen Schwall spuckte ich die Hälfte der Limonade quer über den Tisch und schaffte es, mich gleichzeitig daran zu verschlucken. Hustend und keuchend versuchte ich wieder zu Atem zu kommen, während meine Wangen von Sekunde zu Sekunde eine immer dunklere Rotfärbung annahmen.     „Eigentlich zählt das überhaupt nicht“, protestierte ich mit kratziger Stimme, ohne überhaupt zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. „Wir haben nur…ähm… also…“     In Sasukes Augen erschien ein belustigtes Funkeln und dann hatte er schließlich Erbarmen mit mir.     „Was ich damit sagen wollte ist, dass ich ihm einen Ihrer Erotikromane zum Lesen gegeben habe und er somit nicht mehr ganz jungfräulich ist, was das Thema betrifft.“     Jiraiya lachte laut.     „Wie es scheint, ist der junge Mann aber trotzdem noch ein wenig verklemmt. Ich fürchte, da musst du nochmal nachhelfen.“ „Ich werde mein Bestes geben“, versprach Sasuke.     Mir entging dabei keinesfalls sein zweideutiger Unterton und ich musste schlucken. Erotikromane. Warum zum Teufel hatte es keiner für nötig gehalten, mich darüber zu informieren, dass Jiraiya keinesfalls ein harmloser Seifenopern-Autor war? Das änderte alles. Es änderte die Art und Weise, wie ich über Kakashi dachte. Es änderte die Art und Weise, wie ich dieses Interview führen wollte – nämlich dahingehend, dass ich ab jetzt einfach gar nichts mehr sagen würde – und es änderte die gesamte Situation. Mindestens für die nächsten dreißig Minuten wäre ich mit Sasuke in einem Raum eingesperrt, in dem über nichts anderes als heißen Sex geredet wurde. Wie sollte ich das nur überstehen?       *~*~*~*~*       „Von wegen Sasuke, das wird sich nicht auf unsere Arbeitsbeziehung auswirken. Einen Scheiß! Ist ja toll, wie du dich an deine eigenen Bedingungen hältst“, schimpfte ich lautstark und riss die Tür zum Parkdeck mit viel zu viel Wucht auf.     Seinen Kommentar, den er Jiraiya gegenüber hatte fallen lassen, hatte ich ihm noch immer nicht verziehen. Mir war so dermaßen das Herz in die Hose gerutscht, dass ich mich fast selbst verplappert hätte, in dem Versuch mich zu rechtfertigen. Das, was in seinem Schlafzimmer passiert war, hatte im Sender absolut nichts zu suchen, doch er schien das offenbar anders zu sehen, denn bis jetzt hatte er sich noch nicht bei mir entschuldigt.     „Echt jetzt“, zeterte ich weiter. „Nächstes Mal können wir uns die Bedingungen auch einfach sparen.“     Sasuke, der die ganze Zeit über stumm neben mir hergelaufen war, blieb plötzlich stehen.     „Nächstes Mal?“, fragte er eindringlich.     Ganz langsam sickerte die Bedeutung meiner eigenen Worte in mein Gehirn und ich hätte mir am liebsten die Hand vor den Mund geschlagen. Allerdings war es auch unglaublich schwierig gewesen, bei dem ganzen Gerede über Sex nicht daran zu denken, wie es wäre, noch einmal mit Sasuke zu schlafen.     „Äh also… generell nächstes Mal hab ich gemeint, bei unserem nächsten Deal und so“, versuchte ich mich herauszureden. „Wir arbeiten ja jetzt zusammen. Da muss ich mich auch auf dein Wort verlassen können.“     „Seit wann verstehst du denn keinen Spaß mehr, Naruto?“, spottete er und fügte dann hinzu: „Für das nächste Mal gelten sowieso andere Bedingungen.“     Ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz plötzlich ein bisschen schneller schlug. Bedeutete das, dass Sasuke ebenfalls ein nächstes Mal in Betracht zog?     „Was für Bedingungen?“, fragte ich vorsichtig.     Sasuke war bereits weitergegangen und ich musste schneller laufen, um ihn wieder einholen zu können. Eigentlich war ich nur aufs Parkdeck gegangen, um vor Feierabend nochmal ein wenig frische Luft zu schnappen, doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mir folgen würde. Nun fühlte es sich so an, als würde ich ihm hinterherlaufen. Aber ich musste unbedingt wissen, wie er dazu stand. Seitdem wir miteinander geschlafen hatten, konnte ich beinahe an nichts anderes mehr denken.     „Keine anderen Männer“, nannte er seine Bedingung, ohne dabei stehen zu bleiben.     Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.     „Daran hab ich sowieso kein Interesse.“     Allein der Gedanke daran, mit anderen Männern zu schlafen, löste bei mir sofort einen Würgereiz aus. Sasuke war im Moment die einzige Person auf der Welt, mit der ich mir Sex vorstellen konnte. Selbst an Frauen hatte ich momentan kein Interesse. Irgendwie war das paradox.     „Auch keine Frauen“, fügte er hinzu.     „Heißt das, das wird so eine Art Exklusivbeziehung?“, hakte ich noch einmal nach.     Irgendwie gefiel mir der Gedanke. Es bedeutete, dass ich Sasuke dann auch nicht teilen musste. Er wäre dann mein Sasuke. Sofort verzog er das Gesicht.     „Keine Beziehung. Keine Verpflichtungen. Abgesehen von dieser einen.“     Die eine Bedingung, die beinhaltete, dass ich mit niemand anderem etwas anfangen durfte. In meiner Welt bedeutete das nichts anderes als Treue. Ich konnte mir einen weiteren Kommentar nicht verkneifen.     „Der gemeine Volksmund nennt sowas Monogamie.“     Sasuke zuckte nur mit den Schultern.     „Nenn es wie du willst, aber es ist keine Beziehung. Dazu müsstest du dir erst mal eingestehen, dass du auf Männer stehst.“     Sein süffisanter Tonfall machte mich sofort wieder aggressiv. Mittlerweile waren wir bei seinem Auto angekommen und er betätigte mit einem Klicken die Zentralverriegelung. Grob packte ich ihn am Arm und hielt ihn davon ab, die Fahrertür zu öffnen und in seinen Wagen zu steigen.     „Ich stehe nicht auf Männer“, fauchte ich wütend und betonte dabei das letzte Wort besonders abwertend.     Der einzige, auf den ich momentan stand, war Sasuke. In Sasukes Gegenwart schlug mein Herz schneller. In Sasukes Gegenwart bekam ich schwitzige Hände. Sasuke konnte mit einer einzigen Berührung tausend kleine Ameisen in meinem Körper in Bewegung setzen. Sasuke war derjenige, der ständig meine Gedanken beherrschte. Sasuke war derjenige, mit dem ich am liebsten meine ganze Freizeit verbringen wollte. Da war überhaupt kein Platz für irgendwelche Männer. Wann hatte ich mich nur so abhängig von ihm gemacht?     Sasuke öffnete die Tür zu seinem Wagen und stützte sich dann lässig mit dem Unterarm darauf ab, während er den Schlüssel durch seine Finger gleiten ließ. Seine Lippen umspielte ein überlegenes Grinsen.     „Falls es dir entgangen sein sollte, Naruto, ich bin ein Mann und du kannst mir nicht weismachen, dass du nicht auf mich stehst. Der gemeine Volksmund nennt sowas schwul“, er imitierte ziemlich treffend meinen eigenen Tonfall und ließ sich dann in das weiche Lederpolster gleiten. „Und jetzt steig‘ ein, ich fahr dich nach Hause.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)