Reise in die Zukunft von Vei-Chan (Kakashi in der Neuzeit) ================================================================================ Kapitel 4: Ein Ratschlag ------------------------ Ginas Herz blieb für einen Augenblick in der Kammer stehen, als sie Kakashi in ihrem Bett schlafend erblickte. Erst nach mehreren Sekunden begann es wieder zu arbeiten und sie atmete so tief aus, dass ihr beinahe dabei die Suppe verschüttet wäre. Es war tatsächlich kein Traum gewesen... Kakashi Hatake war ernsthaft in ihrer Welt gelandet, ausgerechnet vor ihren Füßen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, dass er nicht verschwunden war - zumindest noch nicht. Sie trat langsam näher und stellte das Tablett mit der dampfenden Mahlzeit auf dem Nachttisch ab. Kakashi hatte seine Maske noch immer auf dem Gesicht - erst jetzt kam Gina wieder der Hintergedanke, ihn gleich endlich essen zu sehen - und er schlug, als sie näher trat, sofort die Augen auf um sie anzusehen. Gina erschrak ein wenig vor dieser hektischen Lidbewegung. Scheinbar waren seine Sinne noch immer sehr gut ausgeprägt. »Morgen«, sagte Gina dann, es wirkte ein wenig gepresst, »Ich wollte dich nicht erschrecken... Ich habe dir nur Frühstück gebracht.« Auch er schien kurz desorientiert - wer würde es ihm verübeln - dann blickte er auf den Teller. »Oh... Vielen Dank«, meinte er dann, »Ich bin sowas gar nicht gewöhnt.« »Dann wird es aber Zeit«, lachte Gina und stellte ihm das Tablett auf den Schoß, nachdem er sich aufgesetzt hatte - das ärmellose Oberteil betonte seine Muskeln, wie ihr von Nahem auffiel und dies ließ einen fiesen, roten Schleier über ihrer Nase erscheinen, »Siehst gut aus. I-Ich meine... besser.« »Ja... Ich bin fast gesund.« Gespannt starrte Gina ihn an. Er hingegen fixierte seine Gemüsesuppe, nahm den Löffel und führte dann den Zeigefinger seiner linken Hand langsam zum Nasenrücken. Ginas Herz begann schnell und unkontrolliert zu poltern, sie fühlte den starken Puls bis tief in die Kehle und schluckte schwer. Der finale Moment kam, in dem sie sein Gesicht sehen würde - sein komplettes Kakashi-Sensei-Gesicht. Ihr Körper begann zu flimmern und Gina musste alles zusammennehmen, damit man ihre Aufregung nicht bemerkte. In dem Moment, in dem Kakashi begann seine Maske hinabzuziehen, klingelte es an der Tür. Gina stapfte über den Flur und schnaufte dabei so wütend wie ein alter Stier. Verdammt, wieso kam immer etwas dazwischen? Das war nicht fair! Der Postbote wünschte ihr freundlich einen guten Tag und überreichte Gina einen Katalog, der nicht in den Briefschlitz gepasst hatte. Sie seufzte abgrundtief und warf ihn, nachdem sie die Tür wieder abgeschlossen hatte ohne hineinzublicken in den Mülleimer, ehe sie sich wieder in ihr Zimmer begab. Selbstverständlich war Kakashi bereits mit Essen fertig, das Tablett stand auf dem Nachttisch neben ihm und Gina räumte es in die Küche, bevor sie etwas unschlüssig im Türrahmen stehen blieb und ihn musterte. »Bleib' heute lieber noch im Bett«, meinte sie schließlich, »Damit du auch wirklich gesund wirst. Es gibt auch keinen wirklichen Grund aufzustehen... Vor die Tür kann ich leider nicht mit dir.« »Hm?« »Na ja... Ausweiß und so. Habt ihr in eurer Welt ja auch. Aber diesbezüglich werde ich mir schon noch etwas ausdenken.« »Ja... Ich weiß ja nicht, wie lange ich...« Er verstummte und kurz sahen sie sich an. Gina wusste, was er hatte sagen wollen - wie lange er bleiben würde. Er wollte zurück, sie verstand dies und doch machte es sie unsagbar traurig. Sie lächelte gezwungen und verließ dann kurz das Zimmer, um sich im Bad das Gesicht kalt zu waschen. Was hatte sie erwartet? Das er hier glücklich wurde? Sie schnaubte verächtlich. Nicht einmal sie war in dieser Welt glücklich. Wie sollte das da jemand sein, der aus einer wesentlich interessanteren Zeit stammte? Wütend über die eigene Naivität schlang sie eine Scheibe Toast mit Erdbeermarmelade hinunter und versuchte dabei ihre Gedanken zu ordnen. Ihre Laune hatte sich gerade auf den absoluten Nullpunkt verabschiedet. Sie freute sich unheimlich, dass er da war und er wollte einfach bloß zurück. Nicht, dass sie ihm das übel nahm, sie hätte ja auch zurück gewollt... Aber dennoch war es verletzend. Ohne, dass er es wollte und wissen konnte. Gina seufzte schwer und ließ kurz den Kopf hängen. Was sollte sie jetzt machen? Wenn sie etwas mit ihm unternahm oder viel mit ihm sprach, würde sie sich an ihn binden - stärker als an die Anime-Figur, sondern eben an ihn selbst - und wenn er dann weg war... Aber sollte sie ihn stiefmütterlich einfach ignorieren? Damit war Gina überfragt. Sie lehnte sich kurz im Stuhl zurück und dachte nach, was jetzt zu tun war. Im gleichen Augenblick klingelte das Telefon. Gina sprang auf und schnappte das schnurlose Gerät. Überrascht und gleichermaßen erfreut stellte sie fest, dass es die Stimme ihrer Mutter war, die an der anderen Leitung ertönte. »Hallo, mein Schatz! Wie geht es dir?« »Gut, danke. Schön, euch zu hören.« »Ja, uns geht es auch sehr gut. Wir haben die Zeit jetzt mal genutzt um dich anzurufen, wir haben viel zu tun. Die Unruhen hier sind gefährlich, man kann nicht einfach den ganzen Tag herumlaufen und filmen.« »Verstehe... Ist die Story gut?« »Ja, sehr gut. Aber wie läuft es bei dir, Liebes? Dein Vater ist gerade etwas zum Mittagessen besorgen, er richtet dir Grüße aus.« »Danke... Sag ihm schöne Grüße zurück.« Eine Weile lang sprachen sie über Ginas Alltag, von Kakashi erwähnte sie natürlich nichts. Gina unterdrückte Wehmut in ihrer Stimme, gerade jetzt ging es ihr gerade nicht sehr gut und sie sehnte sich den Trost ihrer Eltern herbei. Sie vermisste sie jeden Tag, aber im Gespräch zeigte sie dies nie, um ihren Eltern den Beruf nicht schwerer zu machen als er es ohnehin schon war. Sie war immer ein rücksichtsvolles Kind gewesen und dies hielt noch heute an, sie hatte sich über die Situation nie beschwert. »Dein Vater kommt wieder, Schatz...«, sagte ihre Mutter nach etwa elf Minuten, »Ich muss wieder auflegen, wird sowieso schon so teuer. Wir kommen dich irgendwann besuchen, wenn sich die Zeit findet. Du weißt ja, wir vergessen dich nicht.« »Nein... Ich euch auch nicht«, entgegnete Gina und lächelte traurig, »Macht euch keine Sorgen, ich komme klar.« »Nun gut, dann bis bald.« »W-Warte...«, meinte Gina schließlich, »Kann ich dich... was fragen?« »Natürlich. Was ist?« »Nun... Es geht um meine Schule«, log Gina, »Ich habe da einen Klassenkameraden, ein Junge. Er ist sehr nett und ich mag ihn... Aber er wird in wenigen Wochen wegziehen und dann sehe ich ihn nie wieder.« »Aber ihr könnt doch Kontakt halten, Liebes.« »N-Nein.. Das wird nicht möglich sein«, versuchte Gina die Situation mit Kakashi zu erklären, »Er... na ja... Er zieht fast ans andere Ende der Welt. Es wäre zu teuer, zu telefonieren oder so.« »Verstehe. Das ist natürlich schade...« »Bitte, Mama, sag mir...«, fragte Gina, »Soll ich mich trotzdem weiter mit ihm anfreunden? Ich meine, ich werde dann sehr traurig sein wenn er geht, aber ich finde es auch nicht richtig ihn deswegen zu ignorieren...« »Natürlich solltest du ihn weiter kennenlernen, Liebes«, antwortete ihre Mutter, »Weißt du, egal ob man Kontakt hat oder nicht - Freundschaft ist etwas, was immer bestehen bleibt. Er wird an dich zurückdenken und das wird er gerne tun, genauso wie du an ihn. Und das ist es, was eine Freundschaft ausmacht. Sie macht einen glücklich. Du solltest dich davon nicht abhalten lassen, ihn kennenzulernen.. Aber verliebe dich nicht in ihn. Sonst wirst du wirklich viel Kummer haben, wenn er geht. Ich muss jetzt aber wirklich auflegen - entschuldige, Liebes. Bis bald.« Das Telefon wurde stumm, aber Gina lächelte. Genau das hatte sie gebraucht. Ob Kakashi nun ging oder nicht - sie würde ihm die Zeit hier so schön wie möglich machen, sodass er sich zumindest gern zurückerinnerte. So kam sie zurück an sein Bett. »Sorry, dass ich einfach weg war«, meinte Gina, »Meine Eltern haben angerufen.« »Verstehe. Du siehst glücklich aus.« »Ja... Das bin ich. Ich höre sie nicht oft, weißt du? Es freut mich immer, wenn sie dann anrufen.« Kakashi nickte, als würde er verstehen. »Das kann ich nachvollziehen.« Gina lächelte ihn offen an. »Da du ja heute im Bett bleibst, schlage ich vor, dass du dich mit der Decke auf die Couch bewegst. Dann können wir fernsehen.« Kakashi tat wie ihm geheißen und Gina zog das Sofa aus, sodass sie beide genug Platz zum Sitzen hatten. Es war der erste richtige Tag mit Kakashi und erstaunlicherweise war er fast normal. Gina bemerkte, dass sie sich binnen kürzester Zeit absolut an diese Person gewöhnen konnte, keine Gesellschaft schien ihr angenehmer als er. Er war ruhig, erwachsen und doch sehr freundlich und offen, man konnte unheimlich gut mit ihm reden und das tat Gina ununterbrochen. Anfangs redeten sie über den Anime und seine Erlebnisse, aber Gina schwenkte das Thema irgendwann um auf die Welt, in der er jetzt lebte, um ihn nicht mit Erinnerungen zu belasten. Sie erklärte ihm die Technik, die er offensichtlich von seiner Welt nicht gewohnt war wie EC-Karten, das Internet, Autos und eben solche Dinge. Im Fernsehen lief leider mal wieder gar nichts, aber die Programmzeitschrift kündigte für den Abend einen tollen Horrorfilm an. »Horrorfilme sind toll«, schwärmte Gina - das sie danach immer Angst hatte, kehrte sie einfach mal wohlwollend unter den Tisch, »Lass uns den sehen.« »Ja, von mir aus.« Zum Abendbrot schob Gina zwei Pizzen in den Ofen, die ihr vor lauter Nachdenken fast verkohlten. Schnell zog sie die belegten Teigböden vom Rost und gab Kakashi seine einfach auf einem Teller, er sollte sich nicht an den Tisch quälen, wenn er noch krank war. Ihre stellte Gina auf den Couchtisch und verschwand nochmal in die Küchenecke, klaubte eine kleine Schüssel aus dem Schrank und befüllte sie mit Kartoffelchips. Unschuldig und an nichts denkend drehte sie sich um, trat zum Sofa und ließ fast die Schüssel samt Inhalt fallen, denn sie erwischte Kakashi beim Essen. Die Maske über seinem Gesicht war hinabgezogen und er biss gerade in eines der Pizzastücken, während Gina fast das Herz stehen blieb. Mit fast hypnotisiertem Blick starrte sie sein ebenes Gesicht an, ehe er es bemerkte und sie sich mit Gewalt einen gedanklichen Tritt in den Hintern gab, um wegzusehen. Sie wusste, dass er nicht wollte, dass andere sein Gesicht sahen und wenn er es ihr schon offenbarte, dann durfte sie das nicht ausnutzen. Oder sich zumindest nicht anmerken lassen, dass sie es tat... Gina hustete künstlich und stellte die Chips ab, um schleunigst im Bad zu verschwinden und sich das Gesicht zu waschen. Ihr Kopf glich einer Signallampe, ihre Ohren waren in der gleichen Farbe angelaufen. Wäre sie selbst Charakter eines Mangas gewesen, hätte ihr Kopf wohl geraucht wie eine alte Lokomotive. Das Mädchen spritzte sich einige Hände voll kaltem Wasser ins Gesicht, trocknete dieses dann sorgfältig ab und sortierte einen Moment die Gedanken. Mit aller Willenskraft konnte Gina das Bild seines Gesichtes in ihrem Hinterkopf vergraben - das konnte sie heute Nacht noch behandeln. Jetzt hieß es Beherrschung zeigen. Sich nervös räuspernd nickte sich Gina im Spiegel selbst zu und kam wieder zu ihm auf die Couch. Sie hätte nicht gedacht, dass es so schwer sein konnte, ihn nicht dauernd anzustarren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)