Reise in die Zukunft von Vei-Chan (Kakashi in der Neuzeit) ================================================================================ Kapitel 14: Kein Zurück ----------------------- Der Oktober brach an, ohne das sich irgendetwas verändert hatte. Diesesmal war es Helloween, wozu Gina Kakashi überredete - und so klapperten die beiden nur so zum Spaß als Gespenster verkleidet die Türen der Nachbarschaft ab und erhielten dabei doch eine beachtliche Menge an Süßigkeiten. An einem der Kaugummis erstickte Kakashi fast, da Gina vergessen hatte ihm zu sagen, dass diese extra sauer waren... Zu Ginas großer Freude sollte es weiße Weihnacht geben und es schneite schon eine Woche davor heftig. Kakashi, dem wenigstens das vertraut war, konnte sogar Schlittschuhlaufen und brachte es Gina innerhalb von zwei Tagen erfolgreich bei, was die Bewunderung des Mädchens ihm gegenüber ein weiteres Mal aufflammen ließ. Als Gina es geschafft hatte, Kakashi in eine Schneeballschlacht zu verwickeln und sie ihn voll ins Gesicht traf, lief er mit gesenktem Kopf zum Schutz vor den Bällen auf sie zu und warf sie zu Boden. Beide landeten auf einem schrägen Schneehaufen und Kakashi fing sich kurz über ihr ab, woraufhin sie keine zehn Zentimeter voneinander entfernt waren und sich wieder direkt ansahen. Es war schon immer der Tag der Tage für Gina gewesen, aber es war das erste Weihnachten ohne ihre Eltern, was ihr sichtlich zusetzte. Das Fest, was sie immer mit ihnen zusammen gefeiert hatte, brach an und Gina war allein. Aber Kakashi war ja immerhin auchnoch da... Er schenkte ihr eine Kette mit einem kleinen, silbernen Anhänger daran in Form eines Kanji, dessen Bedeutung er Gina allerdings nicht verriet. Gina, die verwundert darüber war, wieviel Geschmack Kakashi hatte, trug die Kette mit unendlicher Freude und Zufriedenheit. »Eines haben wir noch nicht zusammen gemacht!«, bemerkte Gina irgendwann kurz vor Silvester, »Wir waren noch nie zusammen bowlen!« »Was ist bowlen?«, fragte Kakashi nur etwas ratlos, aber Furcht spürte er vor Ginas Unternehmungen nicht mehr, denn geschadet hatte ihm das noch nie. »Das wirst du schon noch sehen... Such dir Turnschuhe mit heller Sohle und dann kann es losgehen.« Auf der Bowlingbahn sah sich Kakashi schließlich um und zuckte unwillkürlich zusammen, wenn die Kugeln gegen die Kegel knallten. Gina, die das Ziel des Bowlingspiels schnell erklärt hatte, programmierte den Zählcomputer und schnappte sich dann die erste Kugel. Im Normalfall benutzte sie immer die neuner-Kugeln, aber um wenigstens etwas stärker auszusehen nahm sie sich eine Zehn. Mit ganzer Kraft rollte sie die Kugel möglichst mittig über die Bahn, die dann aber wegdriftete und nur zwei der Kegel umhaute. »Die sind aber leicht...«, beschwerte sich Kakashi, als er ebenfalls eine Zehnerkugel hatte, »Da passen ja kaum meine Finger rein!« »Dann nimm' doch eine Schwerere, du Angeber«, meinte Gina künstlich beleidigt und Kakashi nahm eine Fünfzehner, warf und räumte alle mit einem Wurf ab. »Du hast immer so ein Glück...«, knirschte Gina und dachte verbittert an den McDonalds-Besuch. Als sie wieder zurück waren, sahen sie sich noch eine Dokumentation über die Ninjazeit an, die gerade richtig lief. Kakashi sagte nichts und Gina auch nicht, aber das Mädchen spürte förmlich die Wehmut, die Kakashi ausstrahlte. Gina wusste, wie sehr ihm seine Welt fehlte und sie verstand das. Trotzdem tat es ihr weh. Mehr noch, weil Kakashi es vor ihr verbarg um sie nicht traurig zu machen. Und immer, wenn Gina gerade glücklich war - immer, wenn sie unbewusst für einen kurzen Moment dachte, dass es für immer so bleiben könnte, wurde sie irgendwie daran erinnert, dass ihre Zeit begrenzt war. Einige Tage lang war Gina betrübt deswegen, aber mit der Zeit beschloss sie, einfach alles so lange zu genießen wie möglich. Silvester feierten die beiden mit Rico, der sich über die Einladung unglaublich freute. Er brachte eine Flasche Wodka und Absinth mit, der Gina fast die Eingeweide aus dem Leib brannte. »Ich steig' aus«, meinte sie nach zwei Gläsern, aber Rico und Kakashi vergnügten sich weiter mit dem Wodka. Kakashi, der selten trank und wenn auch nur Sake gewöhnt war, konnte die Stärke der besagten Getränke nicht wirklich abschätzen. Zwar hatte Gina ihn vorher gewarnt, so wurde es ihm kurz nach dem Feuerwerk doch ziemlich schwummerig. Kurz nach eins begann er dann mitten beim Sprechen zu schnarchen, was Gina dann doch veranlasste, ihn ins Bett zu schicken. Sie und Rico blieben noch eine Weile zusammen sitzen und Gina nutzte die bestehende Gelegenheit, um sich bei ihm für alles, was er für sie getan hatte, zu bedanken. Rico, der auch nicht schlecht angeheitert war, nuschelte ein verschämtes "Keine Ursache", bevor auch er beachtlich torkelnd den Heimweg antrat. Kakashi blieb den kompletten nächsten Tag mit brummendem Schädel im Bett liegen und war heilfroh, dass sein Urlaub noch nicht zuende war. Es war ein Streit - ein dummer Streit um Kleinigkeiten, der die Idylle trügte. Gina war traurig und wütend auf sich selbst, da sie es nicht schaffte, dauerhaft ihre Angst zu unterdrücken. Zwar hatte sie sich vorgenommen, nichtmehr daran zu denken, was in der Zukunft geschehen könnte, so gelang es ihr doch nicht. Kakashi, der die Grenze nicht sah und sich mit seinen gutgemeinten Fragen einen Schritt zu weit nach vorn wagte, ließ Gina die Beherrschung verlieren. Sie fuhr ihn an und verließ dann die Wohnung, um nachzudenken. Das schlechte Gewissen folgte ihr sofort und sogleich fand sie sich in einer Situation wieder, die ihr bisher unbekannt gewesen war. Gina ließ die Hände in den Taschen verschwinden und sah zu Boden. Der Streit war ihre Schuld gewesen und das wusste sie. Sie war schwach und ärgerte sich darüber so sehr, dass sie ungewollt Kakashi die Schuld gegeben hatte. Dabei hatte der sie immer unterstützt und ihr oft sehr geholfen. Tränen sammelten sich in Ginas Augen und sie blieb stehen. Wie sollte sie sich bei ihm entschuldigen? Sie erinnerte sich an seinen Gesichtsausdruck. Er schien wirklich gekränkt gewesen zu sein... Eine Weile flogen Ginas Gedanken noch über das gemeinsame Leben mit Kakashi her, ehe sie sich abwandten und zu ihren Eltern glitten. Auch Rico kam ihr in den Sinn, auch er hatte ihr so oft geholfen. Sie seufzte und kam sich plötzlich wie ein Egoist vor, was ihr schmerzhaft auf den Magen drückte. Abermals verließ ein Seufzen Ginas Mund und sie schaute in den Himmel. Es dämmerte bereits und sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie wohl schon drei Stunden unterwegs sein musste. Das Mädchen machte kehrt und nahm wieder Ziel auf ihre Wohnung. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ein Gespräch mit Kakashi anfangen sollte, aber abends hier zu sein schien ihr nicht geheuer. Und als hätte Gina es in ihrem Innern geahnt, kam ihr nach einigen Minuten, in denen es wieder dunkler geworden war, eine kleine Gruppe hochgewachsener Männer entgegen. Sie fühlte Unsicherheit, beherrschte sich aber, einfach an ihnen vorbeizugehen. Aber sie war noch nicht ganz vor ihnen, da erkannte das rothaarige Mädchen Carl und seine Meute. ...Als Gina zusich kam, war sie desorientiert und verwirrt. Ihr Herz schlug panisch, als sie bemerkte, dass man sie an einen Stuhl gefesselt hatte. Ihr Nacken schmerzte höllisch. Durch das blutige Pulsieren ihrer Schläfen versuchte sie, eine Erinnerung zu finden. Was war geschehen? Ihre Gedanken blieben an der Szene, wo sie Carl und co. gegenüberstand stecken und wollten nicht weiter. Ihr Kopf hämmerte stärker. Gina sah sich um. Sie befand sich in einer überaus großen Halle, die sie leicht als alte Autowerkstadt identifizieren konnte, was ausgeschlachtete Karossen, Ölfässer und Werkzeugkästen unterstrichen. Sie hörte jemanden etwas rufen und erkannte Carls Stimme, der sich einige Meter von ihr weg befand. Als sie ihn erspähte und er sich zu ihr wandte, schloss sie schnell die Augen, ließ den Kopf sinken und tat so, als sei sie noch ohnmächtig. Nachdem seine kühle Stimme in ihr Ohr gelangt war, hatte auch die Erinnerung wieder den Weg zurück in ihren Geist gefunden. Es war nur ein kurzer Moment, den sie vergessen hatte; ein kurzes Gespräch, eine Beleidigung, ein dumpfer Schlag. Und hämisches Lachen. Gina hielt die Augen geschlossen, aber Tränen sammelten sich in ihnen. Sie fühlte sich überfordert mit der derzeitigen Situation und sie hatte Angst vor Carl und seiner Bande. Sie wollte gar nicht wissen, was sie mit ihr machen würden und noch immer verfluchte sie sich für diesen elenden, unwichtigen Streit. Sie hasste sich dafür, wieder an Carl geraten zu sein und sie hatte grauenhafte Angst davor, dass Kakashi nicht kommen würde, um ihr zu helfen - oder vielleicht war es gerade das Grauen, wenn er kam und sich wieder für sie einsetzte? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie irgendwie loskommen musste. Ihre Gedanken kreisten darum, was Carl vorhatte und wieso er sie hier festhielt, während Gina an ihren Fesseln rüttelte. Es fühlte sich nicht wie ein Seil sondern eher wie ein Stück Stoff an, was sie wahrscheinlich hier in der Halle gefunden hatten. Es war kalt und Gina fror, aber für solcherlei Gefühle hatte sie momentan keine Zeit. Als das Mädchen spürte, dass die Stofffasern langsam nachgaben und etwas stärker rüttelte, bekam Gina plötzlich einen Schlag ins Gesicht. Ihr Kopf wirbelte zur Seite und ihre Wange schmerzte augenblicklich brennend, aber es war nur ein leichter Stoß mit der flachen Hand gewesen. Hasserfüllt sah sie auf und erspähte Carl. »Jetzt wird noch nicht abgehauen«, meinte er, aber von seiner spöttischen Art vom letzten Mal war heute nichtsmehr zu sehen. Seine Nase stand schief, Gina vermutete, dass Kakashi sie ihm tatsächlich gebrochen hatte und er starrte sie geradezu ausdruckslos an. »Was willst du von mir?!«, keuchte Gina atemlos und erwiderte seinen Blick noch immer fest. »Von dir will ich gar nichts«, kam es von Carl, »Ich will nur deinem Typen die Fresse polieren.« Gina schluckte. Das hatte sie geahnt. »Da musst du eben herhalten«, fügte der junge Mann hinzu, »Wenn du hier bist kommt er sicher. Und dann wird er sein blaues Wunder erleben.« »Er hat dich schonmal fertig gemacht!«, rief Gina mutig. »Dieses Mal endet es anders...«, murmelte Carl leise und langte in seine Tasche - Gina sah ein Klappmesser darin und verstummte. Ihr Gegenüber zog ein weißes Tuch aus der anderen Tasche und knebelte Gina damit. »Du plärrst mir sonst zuviel herum.« Carl entfernte sich von ihr und schien ungeduldig herumzulaufen. Gina zweifelte nicht daran, dass er es jetzt wirklich ernst meinte. Am Anfang hatte er Kakashi scheinbar unterschätzt und das schien ihn zu ärgern. Sie musste um jeden Preis verhindern, dass Carl auf Kakashi treffen würde. Aber wie sollte sie das nur tun? Es dauerte nur eine weitere halbe Stunde, bis Kakashi schließlich im Eingangsbereich der Halle auftauchte. Er war geschwitzt und anscheinend gerannt. In seinen Augen spiegelte sich eine Wut, die Gina noch nie gesehen hatte. Einerseits war sie froh, dass er gekommen war, doch andererseits hatte sie furchtbare Angst davor, dass ihm etwas passieren würde. Er war kein Ninja mehr und konnte sich ohne Techniken gegen ein Messer nicht verteidigen. Gina senkte den Blick und schluchzte leise. Kakashis Wut wurde dadurch noch größer, denn wusste nicht, was Carl ihr angetan hatte. Sie zweifelte nicht daran, dass Carl Kakashi in seinem gekränkten Ehrgeiz auch töten würde. »Was willst du von ihr?«, zischte Kakashi, »Muss ich dir erst Arme und Beine brechen, damit du sie in Frieden lässt?!« »Du kannst sie gerne haben«, meinte Carl gelassen, »Ich wollte nur dich. Und du bist ja jetzt hier... Du wirst dafür büßen, dass du mir die Nase gebrochen und mich bloßgestellt hast!« Mit diesen Worten schlossen zwei von Carls Freunden die Tür und stellten sich davor. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Carl näherte Gina und zückte sein Messer. Er hielt die blankpolierte Klinge in ihre Richtung und lachte, Gina streckte sich ganz durch und zitterte. Sie traute ihm alles zu und kniff die Augen fest zusammen. Kakashi, der etwa einen Meter von Carl entfernt stand, ballte eine Hand zur Faust. »Lass sie in Ruhe«, warnte er, »Wenn du mich willst, dann nimm auch mich.« »Das hättest du wohl gern!«, lachte Carl und drückte mit der Klinge etwas gegen Ginas Haut, sah aber ununterbrochen Kakashi an. Gina nutzte diese Gelegenheit und rieb mit dem Mund an ihrer Schulter, die sie in ihrer aufrecht sitzenden Lage knapp erreichen konnte. Nach wenigen Ansätzen sank der Knebel um ihren Hals und Gina biss Carl mit ganzer Kraft ins Handgelenk. Dieser brüllte auf und ließ vor lauter Schreck das Taschenmesser fallen. Er holte aus und schlug Gina mit Wucht ins Gesicht, welche von seiner Kraft samt Stuhl umkippte und schmerzhaft auf dem Oberarm aufkam. Dabei stieß sie mit dem Kopf gegen eine der Blechtonnen und riss sie mit um. Kakashi reagierte sofort und boxte Carl in den Magen. Er sank kurz auf die Knie, bekam allerdings seine Waffe zu fassen und stieß mit der Klinge nach seinem Gegner. Der Silberhaarige wich zur Seite und trat Carl abermals in den Bauch, rutschte dann jedoch weg und landete der Länge nach mit dem Rücken am Boden. Desorientiert spähte Kakashi zur Seite und erkannte einen großen Ölfleck. Die schwarze, zähflüssige Masse lief aus der Tonne, die jetzt am Boden lag. Er machte sich gewaltige Sorgen um Gina, aber dann sah er schon Carls Klappmesser von oben auf seine Brust hinabstürzen und rollte schnell nach rechts. Carl trat ihm dabei ins Gesicht und Kakashi blieb einen Moment lang betäubt liegen, wobei seine Hand ausgestreckt neben ihm verweilte. Gerade wollte er sich mit ihr abstützen und so hochhieven, als die Klinge des Messers sie durchbohrte. Kakashi schrie auf und krümmte sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)