Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 21: Ein gutes Geschäft ------------------------------ Vier Wochen später war Izayoi wieder zuhause – genauer, im Haus der Fukuwaras. Seltsamerweise erschien ihr das Anwesen ihrer Kindheit so groß und fremd. Was sollte sie hier nur allein? Ihre Flashbacks waren deutlich weniger geworden, auch, wenn sie nachts noch immer Alpträume, gerade über ihren Vater und Takemaru, hatte. Beide hatten versucht sie zu beschützen und hatten das letztendlich mit dem Leben bezahlt. Vom Konzern an sich hatte sie über Kanave, den engsten Mitarbeiter ihres Vaters, erfahren, dass der Aufsichtsrat einen neuen Vorstand bestimmt hatte. Die Namen hatten ihr nichts gesagt, aber ihr war versichert worden, dass sich diese Männer im Tourismusgeschäft auskennen würden, ja, der Vorstandsvorsitzende seit fast vierzig Jahren für ihren Vater gearbeitet hatte und das alles wirklich kenne. Mit gewissem Erstaunen hatte sie festgestellt, dass der Youkaifürst seinen gewiss großen Einfluss nicht geltend gemacht hatte um Wesen seiner Art unterzubringen. Es war nur ein Youkai dabei – und dessen Firma hatte ihr Vater vor zwanzig Jahren aufgekauft. Nein, alles schien wenigstens da in Ordnung. Zuhause jedoch....Nach einigen Tagen beschloss sie, dass sie hier etwas unternehmen musste. So viele Menschen arbeiteten hier, so viel Platz allein für sie....Sie sollte sich eine Zukunft für das Haus überlegen. Jemanden zu entlassen erschien ihr allerdings unrecht, diese Menschen hatten nichts getan, ja, alle auf ihre Genesung gewartet. Überdies benötigte sie selbst als Privatperson die Leibwächter. Der Taishou hatte sie gewarnt, dass Onigumo noch immer nicht gefunden sei, als er sie persönlich in seinem Wagen vom kaiserlichen Palast nach Hause begleitet hatte. Sie hatte ihm versprochen auf sich aufzupassen. Versprechen müssen, denn sie konnte dem Mann, dessen Sohn sie aus der schrecklichsten Lage ihres Lebens geholt hatte, doch nicht sagen, dass ihr ihre Sicherheit weniger am Herzen läge als ihm. Sie hoffte allerdings, dass sich die menschliche und Youkai-Polizei irrten, dass ihr Cousin schon längst das Land verlassen hatte. Noch immer hatte sie täglich ein Gespräch mit Dr. Mai Kagawa und sie merkte, dass ihr das gut tat. Allerdings ließ sie sich zu ihr fahren, wenngleich in Begleitung mindestens zweier Leibwächter, wie es der Taishou förmlich verlangt hatte. Er war derart nachdrücklich gewesen, dass sie nur mehr erschreckt allem zugestimmt hatte. Später hatte sie nachgedacht. Vermutlich hatte er Recht. Er kannte sich aus, sie nicht. Und sie war ihrem ungeliebten Cousin praktisch schon zwei Mal in die Falle gegangen, wenn man auch die Tatsache berücksichtigte, dass er sie um ein Haar mit Vaters Zustimmung geheiratet hatte. Es waren Menschen gestorben, die sie beschützen wollten. Diesen Fehler durfte sie nie wieder begehen. Ob es die Möglichkeit geben würde sich ein kleineres Haus zu kaufen und das hier als ein Museum für die Fukuwara-Familie aufzubauen? Es gab hier genug was an die Ahnen erinnerte. Und sie war wohl die Letzte dieses Namens. Momentan konnte sie sich nicht vorstellen einen der selbst ernannten, ihr praktisch unbekannten, Verehrer zu heiraten, die ja doch nur hinter ihrem Namen und ihrem Geld her waren. Jedenfalls sollte sie zusehen, dass sie die sozialen Anliegen der Stiftungen, die sie bislang schon, zumindest offiziell, für ihren Vater geregelt hatte, auch weiterlaufen ließ. Die Frage war nur – wo war das Geld? Sie musste ein wenig im Arbeitszimmer ihres Vaters suchen, mit Kanave telefonieren, ehe sie wusste, dass es ein Büro für sie und diesen Zweck tatsächlich jetzt im Konzerngebäude gab – und ein Konto für die Spenden, Einladungen und sonstigen Dinge auf ihren Namen existierte. Bislang hatte sie das von zuhause aus erledigt, da Vater es so wünschte und alles ihr anbefahl, so dass sie nur unterschrieb, aber jemand hatte anscheinend mitgedacht und die Unterlagen dort hin umquartiert, wo auch die Mitarbeiter saßen. Sie hatte doch noch etwas zu tun, wenn schon kein Haus mehr zu führen war. Und sie musste sich einarbeiten, das Handeln ohne Vaters Anweisungen erlernen. Ob das Museum und seine möglichen Einnahmen auch zu solchen Dingen verwendet werden konnten? Kanave wusste es nicht, aber er sagte ihr zu sich mit den Konzernjuristen wegen einer möglichen Stiftung oder sonstigen Rechtsform eines derartigen Museums in Verbindung zu setzen. Mit gewissem Zögern nahm die junge Frau das Telefon erneut zur Hand. Jemand, der sich auskannte...sicher. Und der Taishou war nett, wenngleich sachlich gewesen. Allerdings: konnte, durfte sie einen so hochrangigen, vielbeschäftigten Mann überhaupt anrufen, nur, um eine Frage zu stellen, die er vermutlich als lächerlich empfand? Aber immerhin, er hatte ihr die Nummer seines Privathandys gegeben und sich bislang ihr gegenüber als väterlicher Freund bewiesen. Sie wählte – eigentlich nicht überrascht, dass nur der automatische Anrufbeantworter zu hören war. Wirklich aus allen Wolken fallend war sie, als keine drei Minuten später – sie saß noch grübelnd am Telefon - der Rückruf kam. „Oh, edler Fürst...“ stammelte sie sicher kaum protokollgerecht und ergänzte hastig: „Ich...ich hoffe, meine Wenigkeit hat Sie nicht gestört.“ „Nein.“ Ihr Anruf hatte ihn dazu bewogen ein wenig besorgt aus einer langen und langweiligen Besprechung zu gehen. Wenn er etwas über Izayoi Fukuwara in den letzten Wochen gelernt hatte, dann, dass sie nicht bei jeder Kleinigkeit um Hilfe schrie: „Ich hoffe, es geht Ihnen gut?“ Seine tiefe Stimme schickte ihr irgendein seltsames Kribbeln über den Rücken: „Oh, ja, danke. Es geht mir immer besser. Dr. Kagawa ist sehr fähig.“ „Ja.“ Er hatte der Ärztin, da sie jeden persönlichen Bonus verweigert hatte, eine nette kleine Spende für ihre Abteilung schicken lassen. Jetzt musste sie auch schleunigst sagen, was sie wollte: „Ich beabsichtige das Fukuwara-Anwesen in eine Stiftung oder etwas ähnliches umzuwandeln, ein Museum für meine Familie. Können Sie mir sagen, wer sich da besonders gut auskennt? Ich habe,“ setzte sie hinzu, um ihn nicht denken zu lassen sie verlasse sich nur auf ihn: „Auch bereits im Fukuwara-Konzern angefragt, aber da kennt sich wohl niemand so aus...“ Er war erfreut, dass sie wieder klar dachte, denken konnte: „Ja, ich habe einen sehr fähigen Anwalt namens Bokuseno. Allerdings dürfte er Sie verwirren.“ „Er ist ein Youkai?“ riet sie. „Ein Baumgeist, eine Magnolie.“ „Oh.“ „Haben Sie etwas zum Schreiben da, ich gebe Ihnen seine Adresse. Und berufen Sie sich auf mich. Normalerweise bekommt man bei ihm Termine erst in sechs bis acht Wochen.“ „Ja, danke, vielen Dank, edler Fürst.“ Sie schrieb hastig mit. „Sie arbeiten also bereits wieder?“ „Ja, ab morgen werde ich auch in das Büro im Fukuwara-Konzern gehen und dort die sozialen Dinge abarbeiten...Sie wissen ja, Krankenhäuser, Waisenhäuser, und anderes aus den Erträgen der Stiftungen und Spendenaktionen...“ Er musste ja nicht erfahren, dass sie sich da erst einarbeiten musste. „Eines der Dinge, die ich freilich abgegeben habe, an Mitarbeiter.“ Der Taishou überlegte kurz: „Wenn Sie sich bereits wieder arbeitsfähig fühlen, so würde ich gern etwas...Geschäftliches mit Ihnen besprechen, Prinzessin. Wo auch immer Sie möchten: bei sich, im Fukuwara-Konzern, bei mir im Büro oder zuhause oder wo auch immer es Ihnen recht ist.“ Er musste noch behutsam sein, nachdem ihm Dr. Kagawa, wenngleich eingedenk ihrer ärztlichen Schweigepflicht, doch einiges über den Ablauf der Entführung erzählt hatte. Zugegeben, nachdem er ihr seine Heiratspläne gebeichtet hatte. Sie war in der Gesprächsführung wahrlich geschickt. Izayoi klang erheitert und sagte mit gutem Grund: „Edler Fürst, ich denke, wo auch immer ich bin, ich fühle mich in Ihrer Anwesenheit sicher. Ich fühle mich geehrt in Ihr Büro zu dürfen um etwas Geschäftliches zu besprechen. Und ja, ich werde mit Leibwächtern kommen, wie Sie es verlangt haben.“ „Gut. Morgen?“ „Um siebzehn Uhr? Ich möchte doch zuerst die Sachen ansehen. Nicht, dass Menschen...Leute unter meiner Abwesenheit gelitten haben.“ „Selbstverständlich, Prinzessin. Bis morgen.“ Um siebzehn Uhr ließ sich Izayoi im Büro des Konzernherrn melden, wie immer in sechs Lagen Kimono gehüllt, die langen, schwarzen Haare tief über ihren Rücken fallend. Der Taishou empfing sie wie bereits einmal in der japanischen Ecke seines Büros, auf Tatami-Matten sitzend. Er war beruhigt, dass ihn Myouga bereits von unten angerufen hatte, dass die Fukuwara-Prinzessin wie von ihm gewünscht mit zwei Leibwächtern, nun sogar mit vier, erschienen war. Weder die menschliche Polizei noch Maseo hatten Onigumo finden können und alles, was sich sagen ließ, war, dass der noch im Lande sein musste. Bedauerlicherweise, fand der Herr der Hunde, hatte der Hanyou einen Einfallsreichtum bewiesen, der auf alles nur nichts Gutes verwies, sollte die Prinzessin erneut in dessen Auge fallen. Sie verneigte sich an der Tür tief, kam aber durch seinen Wink heran um ihm gegenüber Platz zu nehmen, höflich zu Boden blickend. Auch, wenn er ihr schon einmal gesagt hatte, Fürst sei er im Privatleben, hier Geschäftsmann und das auch durch den schwarzen Anzug unterstrich, so war das noch kein Grund seine Stellung zu ignorieren. „Sie fühlen sich einem solchen Gespräch gewachsen?“ erkundigte er sich. Sie war in der Tat wieder ein attraktiver Anblick. Dieses Geschäft besaß für ihn nur gute Seiten – wenn es zum Abschluss kam. „Ja. Auch Dr. Kagawa gab mir für die Arbeit so weit die Erlaubnis. Es sei besser sich zu stellen.“ Der Inuyoukai, der sein Leben lang Kampf kannte, nickte ein wenig. „Es freut mich zu hören. - Sie erwähnten einmal, dass sich seit dem Tode Ihres Vaters einige Bewerber um Ihre Hand einfanden. Ich bat Sie daraufhin mich als Nummer zweihundertachtunddreissig auf die Liste zu setzen. Ich muss zugeben, ich hoffe sie ist inzwischen ein wenig kürzer geworden.“ Sie stutzte: „Sie wollten über Geschäftliches reden, edler Fürst...“ Das war zwar eine leise Kritik, aber irgendwie wurde ihr ein wenig unheimlich bei dieser Eröffnung. „Eine Ehe ist immer etwas Geschäftliches, Prinzessin.“ Das stimmte soweit – nur, er hatte diesen Antrag doch nicht wirklich ernst gemeint? Sie blickte ihn gegen die Regel an. Der Taishou nickte ein wenig, als er die dunklen Augen fragend auf sich sah: „Ich meine immer, was ich sage. - Hören Sie mich bitte bis zum Ende an. Danach können Sie mit Ja oder Nein antworten, ich werde es akzeptieren. Aber lassen Sie mich aussprechen.“ Sie senkte den Kopf. Natürlich durfte er reden, er war der Ranghöhere, aber....er meinte das wirklich? „Zunächst einmal sollten Sie wissen, dass meine Ehe mit Sesshoumarus Mutter nach Youkairecht noch besteht und niemals aufgelöst werden kann.“ Er bemerkte, dass sie um ein Haar aufgesehen hätte, sich aber zusammennahm: „Das liegt an etwas, das jedes Lebewesen besitzt und man Ki nennt. Youki bei meiner Art, Genki bei den Göttern, Ki bei Menschen. Die Energie des Lebens. Wenn sich zwei Youkai vereinigen, vereinigt sich auch ihr Youki, tauscht sich aus. Jeder behält etwas vom anderen, zumal, wenn ein Kind entstanden ist. Darum versteht man sich, kann sich nie belügen – aber es ist eben keine Trennung möglich. Es steht jedoch nach Youkairecht dem männlichen Partner frei eine andere, weitere, Bindung einzugehen, die allerdings dann ebenso unauflösbar ist. Von beiden Seiten aus. Falls Sie sich entscheiden würden meinen Antrag anzunehmen, könnten Sie nie zurück. - Haben Sie dazu eine Frage?“ Sie schüttelte den Kopf, erkundigte sich dann jedoch ohne aufzusehen: „Was...was würden Sie denn von einer Menschenfrau erwarten?“ „Zunächst einmal, dass Sie die Herrin meines Hauses sind, so, wie Sie es für Ihren Vater taten. Des Weiteren würde ich Ihnen gerne meine sozialen Projekte zusätzlich übergeben. Momentan machen es nur die Angestellten, aber ein Familienmitglied wäre sicher als Repräsentanz und Aufsicht günstiger. Und, ich würde erwarten, dass Sie mit mir bei allen Gelegenheiten in der Öffentlichkeit erscheinen, bei denen es für ein Ehepaar üblich ist. - Prinzessin, ich bin mir bewusst, dass nach Ihrer Erziehung durch den verehrten Jiro Sie in mir fast eine Bestie sehen. Darum dies: ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich Ihre Räume nicht betreten werde, Sie nie berühren werde, es sei denn, Sie bitten mich darum.“ Nicht Privates, etwas Geschäftliches...ja, so war sie erzogen worden. Und Vater hatte ja immer gesagt, dass sie sich nach ihrer Heirat in ihren Ehemann verlieben würde, das käme von allein... Aber ob Vater dann mit genau diesem Schwiegersohn einverstanden wäre? Nun ja, er wäre es ja auch mit dem Hanyou Onigumo....sie musste schlucken. Und der hatte sie immerhin einfach ohne Frage auf die Wange geküsst. Der Inu no Taishou dagegen versprach ihr sie in Ruhe zu lassen, nicht das zu verlangen, was ihm wohl auch nach Youkairecht als Gatte zustand. Es war kaum zu erwarten, dass ein menschlicher Mann das anbieten würde, keine Kinder wollte. Nun ja, vermutlich grauste einem Höllenwesen ebenso vor einem Menschen wie andersherum. „Danke,“ sagte sie dennoch unwillkürlich. „Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?“ „Natürlich. Es ist eine Entscheidung ohne Zurück.“ Und es war besser sie lehnte seinen Vorschlag ab, als dass sie ihn, an ihn gebunden, ihr Leben lang hassen würde. „Weiß Sesshoumaru-sama von dieser Frage?“ „Er weiß, dass ich eine solche Verbindung ins Auge fasste, ja. Und da ich ihm zusagte, dass er nicht der Bräutigam sein soll...“ Der Herr der Hunde klang ein wenig erheitert. Izayoi hob den Kopf: „Ja, Sie sagten, Sie wollen ihm meine Wenigkeit nicht zumuten.“ Aua, dachte er. „Das hat Sie verletzt, nicht wahr? Meine Bitte um Entschuldigung. Es war unglücklich formuliert.“ „Was haben Sie denn von dieser Ehe, wenn Sie schon nicht mit mir...ich meine...“ Wie sollte sie das sagen? Er war ein Youkai, ein Fürst, Regierungsmitglied... „Ich werde Fürst Fukuwara und später wird es einmal Sesshoumaru. Damit stirbt Ihre Familie schon erst einmal für einige Jahrhunderte nicht aus, wie ich es Ihrem Vater versprach. Ich erhalte damit Zugriff auf das Familienvermögen der Fukuwaras und den Konzern. Ich erhalte eine schöne, junge Frau, die dazu erzogen wurde die Rolle einer Fürstin zu spielen.“ Und, aber das wollte er ihr nicht so kurz nach diesem Onigumo-Zwischenfall sagen, er vertraute auf die Zeit. Früher oder später würde sie in ihm kein Höllenwesen mehr sehen, sie vielleicht Freunde werden können. Er log nicht, dachte sie, wenngleich sie über das Kompliment errötete. Vermutlich log er nie. „Ich bin ein Mensch. Wenn ich Sie heiraten würde, unterliege ich dann auch dem Youkairecht?“ Onigumo hatte da doch etwas, allerdings bezüglich ihrer beider Hochzeit, erwähnt? „Ja.“ „Und Ihre...Ihre jetzige Ehefrau weiß von Ihrem Antrag?“ „Ja. Ich hielt es für ehrlich ihr gegenüber. Allerdings – und das muss ich Ihnen offen sagen: Sie würden sich nie kennenlernen. Es gilt als....passender dies nicht zu tun bei meiner Art.“ Und ersparte den Ehemännern eine Menge Stress, vermutete er, da er sich kaum vorstellen konnte, wie diese beiden Frauen in einem Schloss zusammenlebten. Natürlich waren beide Prinzessinnen, wohlerzogen und höflich, aber da gab es schon charakterliche Unterschiede....Nein, es war sicher besser sie blieben getrennt. „Bis vor etwas über hundert Jahren waren derartige Mehrehen übrigens auch unter Menschen üblich.“ „Ja, ich hörte davon.“ Sie musterte ihn. Er war ein Höllenwesen, aber er hatte sich ihr gegenüber freundlich verhalten, ja, sein Sohn hatte ihr vermutlich das Leben gerettet. Und die Liebe kam immer nach der Hochzeit. Überdies hatte er für Vaters Unternehmen gesorgt, kannte sich da aus...Da war auch sein Versprechen sie nicht anzurühren. Jetzt lächelte er sogar. „Noch weitere Fragen?“ Je mehr sie fragte, desto wahrscheinlicher wurde ein Ja, dachte er. Izayoi hatte einen anderen Gedankengang. Sie wusste seit Kurzem nur zu gut wie es sich anfühlte hilflos zu sein, ja, gefangen zu sein. Der Taishou wirkte ehrlich, erklärte ihr auch...ja, eigentlich hatte er ihr erklärt, dass sie in ein Gefängnis gehen würde, in SEIN Gefängnis. Heiratete sie ihn, unterstand sie Youkairecht und damit ihm, als Fürst, als Ehemann, als alleinigem Richter, ohne dass sie die Chance hätte sich je von ihm zu trennen. Was war dann sein Wort wert sie nicht anzurühren? Sie sprach es aus, ohne aufzusehen. Es war zwar unhöflich, aber sie wollte ihn auch nicht durch ein einfaches schroffes Nein verärgern, dazu war er zu mächtig, aber auch zu nett zu ihr gewesen – und Vaters Freund. Der Youkaifürst wollte im ersten Moment zornig werden, dass sie an seiner Ehre zweifelte, aber ihre Erfahrungen mit einem auch nur Halbwesen seiner Art waren nicht die Besten gewesen. Und da war Jiros Erziehung. „Ich verstehe,“ sagte er daher zu ihrer gewissen Erleichterung: „Ich kann Ihnen allerdings nur versichern, dass ich in meinem Leben noch nie mein Wort gebrochen habe. Und übrigens auch kein Wesen je gegen seinen Willen genommen habe. Hm. - Würde es Ihre Bedenken diesbezüglich beruhigen, wenn wir in den Ehevertrag eine Klausel einsetzen, dass, eine Scheidung ist, wie erwähnt, niemals möglich, aber Sie jeder Zeit eine Trennung von Tisch und Bett fordern können, und mir in diesem Fall die Verwaltung des Fukuwara-Vermögens entzogen wird und in Ihre Hände fällt? Ein solcher Vertrag zwischen uns wäre nicht nur öffentlich einsehbar in den Ratsunterlagen, sondern auch nie ohne Ihr Wissen oder Einverständnis aufhebbar. Und das nur vor dem gesamten Rat und dem Kaiser.“ Das war ein Angebot, wie es weitergehender wohl kaum sein konnte – und ihr vermutlich auch kein anderer Bewerber machen wollte oder würde: „Ich....Vater ist noch nicht sehr lange tot, da darf man doch gar nicht heiraten...“ wandte sie dennoch leise ein. „Menschen....Nun, ich denke, eine kleine, stille Heirat wird als taktvoll anerkannt, überdies wird sie wenig Aufsehen erregen.“ Außer in Youkai-Kreisen, aber damit konnte er leben, zumal ja jeder Vernünftige das rein geschäftlich sehen würde: „Dann würden Sie mir die Ehre erweisen?“ Izayoi wurde rot und starrte auf den Boden. Irgendwer musste für sie sprechen, denn sie sagte: „Mit diesem Vertrag und unter den von Ihnen genannten Konditionen. Ja.“ „Das freut mich,“ erwiderte der Youkaifürst: „Ich werde diesen Priester informieren, der auch die Riten bei Fürst Jiro leitete. Sie kennen ihn ja?“ „Äh, ja.“ Sie war verwirrt, das sah man ihr deutlich an. „Einen Priester?“ Der alte Miyatsu? Er zuckte die Schultern mit einem leisen Lächeln: „Nun, soweit ich weiß, unterschreibt man bei Menschen nicht nur Dokumente, sondern ein Priester segnet das Brautpaar.“ „Sie...Sie können in einen Schrein gehen?“ Wurden Dämonen und andere Höllenwesen dort nicht geläutert? „Ja. In die meisten.“ Er wollte lieber nicht ausprobieren, was geschehen würde, käme er in die Nähe von Ise, aber der Schrein der Sonnengöttin war ihr oberstes Heiligtum und repräsentierte ihre Macht und Magie. „Oh.“ Vermutlich kam sie ihm töricht vor. Was wusste sie noch alles nicht? „Und...wie soll ich Sie dann ansprechen, edler Fürst?“ Er hatte ja gesagt, dass er keinen Vornamen besaß. „Sagen Sie Taishou, Prinzessin....Izayoi,“ korrigierte er sich. „Wir werden in den nächsten Tagen noch einiges besprechen, auch, wie Sie Ihre Zimmer eingerichtet haben möchten.“ „Sie...“ Doch, ja, das war einst üblich gewesen, zumindest. So nickte sie nur gehorsam: „Ich werde kein shiromuko wählen, das passt nicht zu einer so kleinen Hochzeit. Aber ich würde trotz der Trauer gern in weiß heiraten. Nach westlichem Stand, dann.“ „Ich bin sicher, Ihr ausgezeichneter Geschmack wird Sie leiten.“ Er stand auf und bot ihr die Klaue, um ihr ebenfalls emporzuhelfen. Sie gehorchte dem deutlichen Hinweis ein wenig verunsichert. Immerhin war er ihr Bräutigam – und stand jetzt so nahe vor ihr....Wollte er sie doch küssen? Er erriet ihre Gedanken und bat nur: „Drehen Sie sich kurz um? Danke.“ Dieses wundervolle Haar... „Ich habe versprochen, dass ich Sie nicht berühren werde – darf ich dennoch einmal Ihr Haar anfassen? Mich interessiert etwas.“ Sie war erleichtert, dass er sie nicht umarmen oder küssen wollte, und sagte daher: „Äh, ja....“ Sie spürte, wie er leicht darüber strich, dann eine Strähne nahm. Und selbst für ihre menschlichen Ohren entstand etwas wie ein Knistern. „Was ist das? Elektrizität?“ Er ließ sie, wenn auch mit gewissem Bedauern, los: „Nein. Mein Youki reagiert mit Ihrer Lebensenergie.“ Genauer, mit dem göttlichen Anteil der Kaiservorfahren darin. Jiro hatte das anscheinend wirklich fröhlich ignoriert. „Es ist nicht gefährlich, machen Sie sich keine Sorgen. Es ist nur sehr, sehr selten.“ Liebschaften zwischen Youkai und Göttern waren tabu und wurden schwer bestraft. Nur auf dem Umweg über Menschen konnte so etwas entstehen. Faszinierend. Onigumo fluchte, als er den Fehler in seinem Plan entdeckte. Er hatte es sich einfach vorgestellt – mit dem Koffer, mit dem Diamant-Kimono darin, zum Flughafen, einchecken und weg, das Ganze in seiner Menschengestalt, da nach ihm gefahndet wurde. Leider hatte er für einen Moment nicht bedacht, dass er für diese Gestalt weder Foto noch Ausweis besaß. Nun ja, er hatte sich einen gefälschten Pass früher schon einmal zugelegt, als er noch direkten Kontakt zu den Mädchenhändlern gesucht hatte, aber darin befand sich nun einmal eindeutig sein Bild als Hanyou, wenn auch unter dem Namen Hakudoshi. Einfach so umarbeiten war ihm nicht möglich. Und sein Bewegungsradius war bis auf den Tag im Monat, an dem er ein Mensch wurde, auf das Haus seiner Mutter beschränkt, denn er bezweifelte nicht, dass halb Japan ihn jagte. Einen anderen falschen Pass zu besorgen war teuer und riskant. Er musste dieses Bild ändern...nur, wie? Davon verstand er nichts und die Beamten am Flughafen kannten sich da sicher aus. Jämmerlich. Jetzt saß er hier in der Einöde fest, wo er einst Mama hingeschickt hatte. Bittere Ironie. Flucht war schwierig. Ein Gegenangriff? Wie? Das liebe Cousinchen würde ihn meiden wie der Teufel das Weihwasser und eine simple Entschuldigung kaum anhören. Sie umbringen? Schwierig. Nicht unmöglich, sicher, aber ihre Leibwachen würden nach dem Verschwinden Takemarus nur motivierter sein. Den Taishou angreifen? Rache brachte zwar kein Geld, würde es ihm aber womöglich ersparen ins Ausland gehen zu müssen. Hm. Der hatte doch so einen jungen Schnösel von Sohn, der ihm im Golden Club über den Weg gelaufen war. Sessoma oder so. Vielleicht war der verwundbarer als sein Vater? Immerhin rannte der nicht mit Leibwächtern durch die Geografie und war kein Regierungsmitglied. Er sollte es in seiner Pavianverkleidung als Hakudoshi wagen in die Stadt zu fahren und sich in einem Internetcafé mal diesen Welpen ansehen. Vielleicht gab es eine Chance an den ran zukommen – und damit an seinen Vater, denn der Tod seines einzigen Sohnes würde den Taishou sicher treffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)