Gleich und Gleich gesellt sich gern von May_Be (oder doch nicht?) ================================================================================ Kapitel 6: Heimliche Blicke --------------------------- Kai holte sein Handy aus der Hosentasche und schaltete den Display an. Er verbrachte schon 15 Minuten auf dem Männerklo der Karaokebar, dabei musste er nicht einmal! Dass Kotori hier aufgetaucht ist, konnte nur ein schlechter Witz sein. Und wie sie ihn angesehen hatte! Ihr Blick, unschuldig und mitleiderregend, ließ ihn sich wie ein böser Wolf fühlen. Ein Gefühl, das er für gewöhnlich mochte. Es weckte seinen Jagdinstinkt, ließ ihn dem Opfer auflauern und dann zuschnappen, sobald es unaufmerksam wurde. Aber heute... Er wollte sich nur irgendwie aus der Affäre ziehen, ohne viel Aufsehen zu erregen. Nicht, dass es ihm peinlich wäre, und feige war er eigentlich auch nicht. Kotori war schließlich nicht die erste, mit der er Schluss machen würde. Aber heute waren seine Freunde da und... Hanami. Warum machte es ihm auf einmal so viel aus, dass sie ihn in dieser misslichen Lage sah? Kai seufzte und verließ die Toilette, ohne einen richtigen Plan geschmiedet zu haben. Natsu stand immer noch auf der Bühne und gab sein Bestes. Zumindest dachte er das, denn er wollte von da oben nicht mehr runter kommen. „Wir versuchen schon seit zwei Liedern ihm das Mikro abzunehmen, aber er lässt nicht locker“, klagte Hanami gespielt und machte eine große Geste. Kai ließ sich grinsend auf das kitschige Sofa direkt neben Hanami fallen, da der Platz zu ihrer Rechten noch frei war. „Lass ihn singen, hört sich doch gar nicht so schlecht an“, scherzte Kai und legte dabei seine Arme auf die Rücklehne. Sein Blick wanderte unwillkürlich zu der Mädchengruppe, die schräg gegenüber saß. Jetzt sah nicht nur Kotori zu ihm, sondern zwei weitere Mädchen. Vermutlich ihre Freundinnen, denen sie von dem gemeinen, fiesen Kai erzählt hatte. Das konnte er an ihren verachtenden Blicken erkennen. Dumme Hühner. Kai wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinen Freunden zu und beteiligte sich an der Diskussion, wer Natsu von der Bühne holen sollte. Hanamis Herz fing unwillkürlich an zu rasen, als er sich unerwartet neben sie setzte. Sein Arm lag hinter ihrem Kopf, sodass sie ihm noch näher war. War das Absicht? Oder eine unbewusste Handlung, die keinerlei Bedeutung hatte? Hanami machte sich eindeutig zu viele Gedanken. Kai war an ihr nicht interessiert, das hatte er deutlich gesagt. Keine Beziehung, nur Freundschaft. Was war daran nicht zu verstehen? Hanami schallt sich innerlich eine Närrin und griff nach dem Glas, das sie ungeschickt an ihre Lippen führte. Dabei schwappte das meiste von ihrem Getränk über, direkt auf ihre weiße Bluse. „Oh verdammt!“ Das Wasser sickerte in den Stoff und ließ ihn nach und nach durchsichtig werden. Kai nahm Hanami das leere Glas aus der Hand und stellte es zurück auf den Tisch. „Seit wann bist du so ein kleiner Trottel?“, sagte er und schüttelte amüsiert den Kopf. Hanami warf ihm einen genervten Blick zu und zog ihren Blazer enger um sich. Das würde jetzt nicht so schnell trocken werden. „Ich glaube, ich fahr nach Hause, Leute“, sagte sie resigniert und erhob sich langsam. Kai stand mit ihr auf und ergriff ihre Hand. „Ich hab eine bessere Idee“, meinte er und zog sie Richtung WC. Reita, Tomoko und Karu wechselten einen Blick und sahen den beiden verdutzt hinterher. Hanami ließ sich mitziehen, bis sie bei den WC-Räumen ankamen. „Was wollen wir denn hier?“, fragte sie ihn skeptisch. Kai öffnete die Tür zur Männertoilette und deutete ihr hinein zu gehen. Hanami runzelte ungläubig die Stirn. „Dein Ernst?“ Kai lachte leise. „Jetzt rein mit dir.“ Hanami weigerte sich noch immer, indem sie wie angewurzelt stehen blieb. „Was glaubst du denn, was ich vorhabe?“, fragte er sie neugierig und ergriff ihre Hand. „Keine Sorge“, beruhigte er sie, „es ist nichts Unanständiges.“ Kai schaffte es endlich, sie in den Raum zu befördern, und schloss dann hinter ihnen die Tür ab. Es war praktisch, wenn ein Schlüssel im Schloss steckte. „Zieh dich aus“, meinte er, zog seinerseits schon mal den Blazer aus und hing ihn auf einen Haken an der Tür. Da Hanami ihn beinahe mit offenem Mund anstarrte, sah er sie amüsiert an. „Du solltest dein Gesicht sehen. Jetzt zieh dich schon aus. Ich gebe dir mein Hemd“, erklärte er, löste seine Krawatte und öffnete die ersten Knöpfe. Hanami fiel es wie Schuppen von den Augen. Das war doch eine clevere Idee, aber... „Denkst du nicht, die schmeißen uns raus, wenn du nur einen Blazer anhast?“, fragte sie ihn vorsichtshalber, während sie es ihm trotzdem gleich tat und aus ihrem dunkelblauen Blazer schlüpfte. Kai zuckte nur mit den Achseln. „Ich glaube, hier legen sie nicht so viel wert auf gesellschaftliche Konventionen.“ „Wahrscheinlich hast du recht. Die Einrichtung spricht für sich“, entgegnete sie und dachte an die kitschig bunten Möbel. Hanamis Blick wanderte unwillkürlich zu Kais Fingern, die sein Hemd aufknöpften, sodass immer ein Stückchen mehr Haut zu sehen war. Der Anblick war nichts neues für sie, denn in Shimoda hatten sie gemeinsamen Badeurlaub gemacht. Dennoch versetzte er ihr wildes Herzklopfen. Hanami wandte sich ab und drehte ihm den Rücken zu. „Nicht spannen!“, meinte sie, obwohl sie sich eher selbst wie ein Lustmolch vorkam. Sie hörte Kais Lachen. „Nun tu nicht so unschuldig. Als ob wir uns noch nie so gesehen hätten!“ Da hatte er natürlich vollkommen recht. Aber das war in Bikini am Strand und nicht in Unterwäsche! „Trotzdem!“, erwiderte Hanami hartnäckig, löste ihr Halsband und zog sich die nasse Bluse aus. Als Hanami sich die Bluse über die Schultern streifte, kam Kai nicht umhin, sie ganz genau anzuschauen. Ihre schmalen Schultern, die schlanke Figur, der rote, mit Spitze versetzte BH. Gern würde er sie zu sich umdrehen, um noch mehr von ihr zu sehen, aber dann würde er sicher eine Ohrfeige kassieren, die sich gewaschen hatte. „Du starrst mich doch nicht an?“ Ihre drohende Stimme erlöste ihn aus seiner Starre und er fuhr sich ertappt durchs Haar. „Nö.“ Kai trat zu ihr und legte sein Hemd auf ihre Schultern. „Hier.“ Seine Hände blieben auf ihren Schultern kurz liegen. Dann streichelte er über ihre Arme hinab und nahm wieder Abstand ein. Er musste sich in diesem Moment so stark beherrschen, dass es weh tat. Er hatte ihr zwar gesagt, er wünschte sich, dass sie nur gute Freunde waren, aber wenn sie halbnackt vor ihm stand, wurde jeder Vorsatz zur Versuchung. „Kotori ist hier“, sagte Hanami unvermittelt, was Kai ein wenig aus dem Konzept brachte. Wie kam sie denn jetzt auf dieses Thema? „Ja, hab ich gesehen“, erwiderte er und versuchte locker statt genervt zu klingen. Seine Gedanken beschäftigten sich grade mit einem ganz anderen Problem. „Seid ihr nicht mehr zusammen?“ Kai hielt inne. Woher wusste sie das? „Kann man so sagen.“ Kai wollte nicht über Kotori reden. Aus unerfindlichen Gründen hatte plötzlich kein Interesse mehr an ihr. Punkt . Aus. Dabei passte sie genau in sein Beuteschema. Naiv und unschuldig. Er hätte es ganz sicher noch geschafft, sie zu verderben. Ehrlich gesagt wusste er auch nicht, was mit ihm los war. Er musste sich dringend eine neue Freundin suchen, sonst... Sein Blick glitt nachdenklich zu Hanami, die das Hemd zuknöpfte, es sich in den Rock steckte und die Ärmel hochkrempelte, da diese zu lang waren. Wenn Hanami seine Freundin wäre, wäre das eine ganz andere Herausforderung. Sie war eine starke Persönlichkeit, manchmal doch etwas naiv, aber aufrichtig und willensstark. Sie müsste er ganz sicher nicht verderben, das hatte er schon damals gewusst, als er sie geküsst hatte. Sie war so anschmiegsam gewesen, dass er sie haben konnte, wenn er wollte. Und das verlor ein wenig seinen Reiz. Hanami war selten schüchtern und nahm kaum ein Blatt vor den Mund. In wenigen Augenblicken, wo sie dann doch schüchtern und still war, war das ausgesprochen niedlich. Aber hauptsächlich waren sie sich ziemlich ähnlich. Sie war sehr hübsch, genauso wie er selbst ^^, und kam beim anderen Geschlecht super an. Jetzt, wo er daran dachte, wunderte es ihn, dass sie noch keinen Freund hatte. „Kai?“ Dass Hanami ihn ansprach, hatte er nicht sofort realisiert. Sie hatte sich bereits umgedreht und sah zu ihm fragend auf. „Erde an Kai!“ Erst als sie vor seinen Augen mit den Fingern schnipste, blinzelte Kai und war wieder in der Gegenwart gelandet. Seine Gedanken verflüchtigten sich mit einem Schlag, er griff nach seinem Blazer, den er sich überzog, und grinste sie dann breit an. „Einen hübschen BH hast du!“, sagte er, um sie zu ärgern. „Du hast ja doch gespannt!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)