Tod im Turm von Hotepneith (Der28. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 8: Der Hausmeister -------------------------- Der Hausmeister fuhr förmlich zusammen als er den Erbprinzen auf sich zukommen sah, und schickte eilig die Diener weiter, ehe er sich niederkniete. Seine Lordschaft blieb knapp vor ihm stehen und betrachtete den Rücken: „Womit wollte dich Kameko erpressen?“ „Lord Sesshoumaru....“ Yuudai klang so resigniert wie er sich fühlte: „Ihr wisst es natürlich. Nichts bleibt Hundedämonen verborgen, sagt man zu Recht. Ihr Mann erwähnte es?“ „Ihr Bruder.“ Aha. Diese Kleinigkeit hatte sie dann wohl auch dem potentiellen, wenn auch widerwilligen, Bräutigam verschwiegen, da dessen Kopf um ein Haar hochgeruckt wäre: „Ich höre, Yuudai.“ Dieser wusste, dass es die letzte Warnung war: „Ja, Euer Lordschaft. es...es handelte sich um einen Brief, einen sehr dummen Brief, aus meiner Jugend, den ich einst an eine...Dame schrieb. Ich weiß nicht, warum die Dame ihn aufbewahrte oder wie Kameko daran kam. Als ich ihr jedenfalls klarmachte, dass ich zum einen noch um meine verstorbene Frau trauerte, zum anderen ganz sicher nicht sie heiraten würde, wurde sie nicht nur wütend.....Sie zog diesen Brief aus dem Ärmel.“ „Und du erklärtest dich bereit sie zu heiraten?“ Diese Furie in Reinkultur? Tokushima in Menschenverpackung? „Was stand in diesem Brief?“ Das musste ja schon etwas wirklich Gravierendes sein. Yuudai hörte durchaus eine gewisse Ungläubigkeit in der Stimme des Hundeprinzen. Er musste mit der Sprache heraus. Vielleicht gab es eine Umschreibungsmöglichkeit ehe er zu viel ausplauderte, das ihn den Kopf kosten konnte: „Eigentlich nichts von wesentlicher Bedeutung, Lord Sesshoumaru. Aber...nun, ich war jung und etwas, das ich heute nicht mehr weiß, hatte mich hier im Schloss verärgert. Eine nichtige Kleinigkeit würde ich heute sicher sagen. Aber damals war ich so gereizt, dass ich mich bei...der Dame darüber ausließ. Überaus ungeschickt ausließ. Mit einer gewissen...Boshaftigkeit hätte man den Satz auch lesen können, als kritisiere ich...als wäre ich mit dem Herrn unzufrieden, was selbstverständlich weder damals noch heute stimmte...“ Er hätte gern etwas Entschuldigendes gesagt, aber das sähe nach einem Schuldanerkenntnis aus. Und man nannte Lord Sesshoumaru nicht umsonst auch die Faust seines Vaters. Wie sollte er das nur formulieren? Wo war Sakura, wenn man sie brauchte? Wie überlebte die solche Dinge? Aber vermutlich machte sie einfach keine Fehler, zumindest keine tödlichen. „Kameko las es boshaft.“ Verständnis von Seiner Eisigkeit? „Oh ja, Lord Sesshoumaru. Ich erschrak fürchterlich, das kann ich Euch versichern. Ich hatte diesen Brief und zugegeben auch die Dame längst vergessen. Ich....ich meinte zu ihr, dass sie doch verheiratet sei, aber sie erklärte, sie würde die Scheidung verlangen und Taro, ihr Mann, würde sicher einwilligen.“ Das war praktisch ein Mordmotiv. „Was geschah dann?“ „Ich wusste nicht weiter. Dieser Brief...Ich bitte um Vergebung, Euer Lordschaft, aber es war nicht zuletzt die Furcht vor Euch, die mich einwilligen ließ. Ich...ich bat sie nur um den schriftlichen Nachweis, das Taro mit einer Scheidung einverstanden sei. Leider brachte sie mir ihn nur drei Tage später. - Ich saß in der Falle. In meiner Verzweiflung, denn ich bin sicher Euch ist ihr Charakter bekannt, Lord Sesshoumaru, verlangte ich den Brief von ihr als...als Hochzeitsgeschenk.“ „Ging sie darauf ein?“ „Ja, zumal, als ich zusagte, am Ende der Arbeitswoche einen Termin mit dem Priester im Dorf der Mawashis auszumachen.“ „Wann war das?“ „Vergangene Woche. Ich überlegte hin und her. Als sie merkte, dass ich nicht in das Dorf ging....Nun, ich werde Euer Lordschaft mit dem Streit zweier Menschen verschonen. Es wurde sehr...unschön. Dann überraschte sie mich. Ich hatte eigentlich angenommen, dass sie den Brief als Druckmittel gegen mich verstecken würde, aber sie zog ihn wieder aus dem Kimono und wedelte damit herum. So....Ich dachte nicht weiter nach und entriss ihn ihr - und aß ihn auf.“ Yuudai starrte auf den Boden. Er sollte jetzt besser schweigen und hoffen, dass Seine Eisigkeit zum Einen ihn nicht wegen einer Äußerung vor Jahrzehnten betrafen wollte, zum Anderen, nicht genauer nachhakte. Er hatte Papier gegessen? Menschen waren wirklich eigen. Aber nun gut, damit war Kameko die Möglichkeit der Erpressung genommen worden. Sie konnte wieder nicht heiraten und das musste ihre Frustration in ungeahnte Höhen getrieben haben, erklärte aber dann auch ihre übermäßige Strenge selbst gegen diese Mayoko, für die Sakura gebeten hatte. Taro hatte ja erwähnt, dass sie immer enttäuschter und wütender wurde, dass sie niemand heiraten wollte. Das erklärte ihre Wutausbrüche, würde aber auch den Selbstmord erklären, zumal, wenn sie alleingelassen mit ihren Gedanken feststellte, dass ihre letzte Ehemöglichkeit verspielt war. Gleich, wer sich für sie hier im Schloss interessieren würde – Yuudai würde ihm von der Erpressung berichten. Wie konnte nur jemand so verrückt sein freiwillig heiraten zu wollen – er musste, schön, aber er war auch der Erbe. Freiwillig hätte er sich das sicher nie angetan. Hm. Aber Menschen waren da anders, er musste nur an die ganzen Exemplare mit mangelnder Selbstbeherrschung denken, die ihm bislang untergekommen waren. Er sollte Sakura dazu befragen. Sie wartete gewiss schon wie befohlen vor dem Arbeitszimmer des Fürsten, das augenblicklich ihm als Regent zustand. So drehte er sich nur um, das Aufatmen des Menschen hinter sich ignorierend. Ohne einen Blick rechts oder links auf die Wartenden zu werfen durchschritt er das Vorzimmer: „Sakura.“ Sie war da, würde da sein. Tatsächlich sprang sie eilig auf und folgte ihm in das Arbeitszimmer des Fürsten. Der momentane Herr des Hauses trat an das Fenster und wartete bis sie die Tür zugeschoben hatte und niederkniete. „Bericht.“ Er sah hinaus. „Die zuständige Hausmeisterin verwaltet hier auch Geld, Lord Sesshoumaru, zumindest einmal in der Woche, da sie den Lohn an die Frauen auszahlt. Chiyoko sagte, sie bekomme das Geld von der Kanzlei und verteile es dann nach der Liste, die sie von dort erhält.“ „Wer in der Kanzlei teilt das zu?“ Sie war froh, daran gedacht zu haben: „Im Augenblick Taro Yamamoto.“ Und seine Frau, nein, Schwester hatte es verteilen sollen – eine hübsche Versuchung. Ob das so vom Herrn etwa geplant war? Das fragte sich auch gerade Seine Lordschaft. Diese mysteriöse Ernennung....Hm. Vater neigte nicht dazu sinnlos zu agieren. Er hatte ein wie auch immer geartetes Interesse an den Yamamotos gezeigt – und die waren ihm von Akimaru Mawashi empfohlen worden, dem Grundherrn, mit dem er jetzt einige Tage unterwegs war. Nein, das konnte kein Zufall sein. Umso wichtiger war es allerdings, dass er seinem verehrten Vater einen vollständigen Bericht über den Tod dieser Kameko Yamamoto abliefern konnte. Vermutlich würde er dann auch erfahren, was eigentlich los war. Nur, da war er sicher, der Herr der Hunde hatte ihm nichts davon erzählt, weil dieser nicht annahm, dass es in den wenigen Tagen zu Problemen kommen würde. Überdies hatte der Fürst Myouga als Wache zu Taro befohlen – wobei der törichte Mann im Zweifel den Flohgeist noch nicht einmal bemerkt hatte. Er sah aus dem mit Holz vergitterten Fenster in den Garten: „Die Yamamotos. Warum spielen Geschwister ein Ehepaar.“ Na, bitte. Sie hatte es doch gewusst. „Ich muss dazu eine Vermutung aufstellen, Lord Sesshoumaru,“ antwortete sie jedoch ehrlich: „Die allerdings in der Aussage Taros begründet liegt.“ Da er schwieg durfte sie wohl weitersprechen: „Er sagte, sie seien Waisen gewesen, Kameko die Ältere. Aber er hatte immerhin bereits eine Ausbildung zum Schreiber begonnen, die er nicht weiter fortführen konnte. Offenbar war niemand im Clan mehr in der Lage sich um Waisen zu kümmern. Darum vermute ich, dass es sich um Krieg oder eine Seuche handelte, die den Clan vernichtete oder zumindest personell und finanziell ruinierte. Sie waren beide Waisen, allein, und zumindest Kameko musste klar sein, dass sie sich irgendwie durchschlagen mussten, versuchen mussten bei anderen Familien unterzukommen. Arme, bettelnde Waisen jedoch sind nirgends gern gesehen, Euer Lordschaft. Anders sieht es aus, wenn ein Ehepaar, bei dem der Mann Schreiber ist, nach Arbeit fragt. Ich bin sicher, sie haben sich zunächst älter gemacht als sie waren.“ Sie sah vorsichtig zu dem schweigenden Rücken: „Das Leben ohne Clan ist gefährlich und hart für Menschen, Lord Sesshoumaru.“ Soweit so gut. Aber.... „Das ist ihnen nicht gelungen.“ „In einen Clan aufgenommen zu werden, nein, offenbar nicht. Was mich wundert,....Verzeihung, meine bescheidene Meinung ist unwichtig.“ Nur nicht zu viel reden und ja nicht ihm vorgreifen. Er wirkte noch immer einen Hauch zu angespannt. In der Tat, die interessierte niemanden. „Warum hebt eine Menschenfrau einen Brief auf, den ihr ein Mann vor Jahren, Jahrzehnten, geschrieben hat?“ „Vermutlich stand etwas drin, was sie sehr gefreut hat, Lord Sesshoumaru.“ Die nächste Vermutung. Wusste sie denn gar nichts? „Was?“ „Vielleicht eine...Liebeserklärung oder so etwas.“ Sie riskierte erneut einen Blick zu seiner Kehrseite. Noch immer sah er in den Garten. Also hatte ein Brief etwas zu tun mit Kamekos Tod? Moment. Seine Lordschaft war sicher bei Yuudai gewesen. Und Taro hatte doch ausgesagt seine Frau, nein, Schwester, wolle den dazu bringen sie zu heiraten. Erpressung durch einen Brief? Aber woher sollte Yuudai Kameko vor Jahren gekannt haben? Der Hausmeister war schon sehr lange im Hundeschloss, er gehörte quasi zum Inventar. Sesshoumaru erkannte soeben, dass sie wohl deswegen raten musste weil er ihr keine Fakten gab. Sie war bei dem zweiten Gespräch mit dem Hausmeister nicht anwesend gewesen. Nun, schön, um die Sache abzukürzen: „Kameko gelangte an einen Brief, den Yuudai vor Jahren an eine Frau hier schrieb und den diese behielt. Es stand auch etwas darin, das er über meinen Herrn und Vater schrieb – und ihn erpressbar machte. Er hat diesen Brief vernichtet, sobald er eine Gelegenheit dazu erhielt. Er wollte Kameko nicht heiraten.“ Das war ja mal eine Erklärung! Er musste wirklich mit der ganzen Affäre klar kommen wollen, ehe der Fürst zurückkehrte. Oh, das war ja morgen. Und es begann bereits dunkel zu werden. „Sakura.“ „Ja, Lord Sesshoumaru?“ Sie beugte sich eilig vor. Irgendetwas hatte sie gerade überhört. Aber er hatte doch gar nicht gesprochen? Manchmal war es schwierig mit ihm, wirklich. Immerhin hatte er sie noch nicht bestraft. Etwas nachdrücklich definierte er diesmal deutlicher, da sie anscheinend begriffsstutzig war und nicht wusste, was er meinte: „Wie konnte Kameko an diesen alten Brief gelangen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)