Tod im Turm von Hotepneith (Der28. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 2: Urteil ----------------- Sakura konnte förmlich spüren wie die beiden Frauen hinter ihr nach Atem rangen – aber auch sie war nicht sonderlich beglückt. Es war stets schwer, um nicht zu sagen, riskant, einem Fürsten gegenüber zu erwähnen, dass er eine womöglich unglückliche Entscheidung getroffen hatte. Besagten Dämonenfürsten aber in Hörweite seines Sohnes auch nur andeutungsweise zu kritisieren war lebensgefährlich. Der Inu no Taishou tendierte doch dazu einen erst ausreden zu lassen. Von Seiner Lordschaft konnte man das nicht behaupten. Und jetzt? Sie war vorne, sie musste jetzt wohl auch reden, falls Lord Sesshoumaru geruhte sie anzusprechen. Aber das würde er tun – immerhin waren die Beiden hinter ihr die ranghöchsten Frauen der weiblichen Dienerschaft des ganzen Schlosses. Ach, auf was hatte sie sich da jetzt nur eingelassen? „Sakura.“ Ja, genau das hatte sie befürchtet. Und nun? Ohne weiter nachzudenken platzte sie heraus: „Die weiblichen Dienstboten bitten um die Erlaubnis das Schloss verlassen und zur verehrten Fürstin gehen zu dürfen.“ Menschenfrau und Dämonin hinter ihr hielten nicht nur den Atem an sondern wagten einen Blick zu tauschen. Eine viel dümmere Eröffnung hätten sie sich nicht vorstellen können. Aber nun gut, Sakura war die Geliebte des Erbprinzen, vielleicht kannte sie ihn besser. Andernfalls: das war geradezu eine Aufforderung zum Mord - Kritik am Inu no Taishou und seinem Sohn, zumal doch jeder wusste, wie die Herrin war.... Sesshoumaru schwieg für eine volle Minute. Was sollte das denn? Gab es etwa kleinlichen Ärger? Nun, so kleinlich konnte er nicht sein, wenn Chiyoko und Yori gleichzeitig hier aufkreuzten und sich offenbar Sakura noch hinzu geholt hatten. Er musste den Grund herausfinden. Sein verehrter Vater wäre kaum beglückt wäre das halbe Schloss leer käme er zurück. Und im Zweifel wurde er selbst als Regent dafür verantwortlich gemacht. „Und warum redest dann du?“ Immerhin würde ihr Bericht sachlich ausfallen und ihm weniger auf die Nerven gehen, aber er vermutete nicht, dass Yori oder Chiyoko darauf Rücksicht nahmen. Sakura war klar, dass sie kaum sagen konnte, dass alle annahmen sie wäre nicht nur mit ihm sondern auch mit seinem Vater im Bett gewesen. Geübt in Überlebenskünsten suchte sie eilig sachliche Argumente: „Äh...weil es auch um eine medizinische Sache geht, Lord Sesshoumaru.“ Sie blickte vorsichtig bis zur Brust des ihr gegenüber Sitzenden auf, ohne jedoch zu wagen den Kopf vom Boden zu heben, beschloss indes, dass sie weiter reden durfte. „Unser aller Herr und Fürst hat vor zwei Monaten aus sicher gutem Grund Chiyoko den Posten entzogen und eine gewisse Kameko Yamamoto als neue Aufseherin der menschlichen weiblichen Dienstboten eingesetzt.“ Nur dem Inu no Taishou keinen Fehler unterstellen: „Bedauerlicherweise hat Kameko trotz aller ihr gewiss eigenen Vorzüge keine Ahnung von der Heilkunst. Eine junge Frau namens Mayoko war aufgrund von fünf Schwangerschaften in vier Jahren bei der letzten Geburt in Lebensgefahr. Mein verehrter Lehrer rettete sie, sie ist aber noch immer sehr schwach und konnte den Anforderungen des Dienstes kaum standhalten. Kameko gab nun Anweisung sie für einen Fehler zu bestrafen, der Mayoko unmöglich zu vermeiden war. Auch andere derartige Entscheidungen, die Euer Lordschaft Chiyoko sicher genauer darlegen kann, führten dazu, dass die menschlichen Frauen...sich nicht mehr in der Lage sehen hier unter Kameko Yamamoto ordnungsgemäß zu arbeiten.“ Erneut tauschten die beiden Frauen hinter ihr einen behutsamen Blick, ohne zu wagen die Stirn vom Boden zu nehmen, da auch Sakura dies nicht tat. Diese Rede war wohlüberlegt, entsprach der Wahrheit - und der Prinz hörte noch immer zu. Besser hätte es keine von ihnen vermocht. Sesshoumaru seufzte innerlich. Mit derartigen Nichtigkeiten musste sich ein Schlossherr beschäftigen? Wozu hatte man eigentlich Angestellte? Aber Sakura hatte bestimmt nicht ohne Grund mit seiner Mutter angefangen. War das etwa ernst gemeint? Gab es einen, zumindest für diese jämmerlichen Frauen, so wichtigen Anlass, dass sie wirklich gehen wollten? Wie sollte er das seinem Vater erklären? Oder, schlimmer, seiner Mutter? Diese wäre alles andere als entzückt eine ganze Karawane aus Dienstboten dieser minderwertigen Geschöpfe zu erhalten – und würde sich bei ihrem Angetrauten beschweren. Wie sein verehrter Vater dann auf einen gelinden Ehekrach durch die Schuld seines unaufmerksamen Sohnes reagieren würde... Immerhin hatte Mutter erst neulich bei seinem Vater übernachtet... Schön. Niemand sollte ihm Arbeitsscheu oder Desinteresse unterstellen können. Er erhob sich und bemerkte zufrieden, dass die drei weiblichen Wesen vor ihm, gleich ob Mensch oder Dämonin, sich am liebsten in den Boden pressen würden. „Gehen wir. Ich werde sie mir ansehen.“ Sakura sprang bereits auf, die beiden Anderen folgten eilig, alle in lebenslangem Dienst geschult, wenngleich keine der Drei wusste, ob Seine Eisigkeit jetzt Mayoko oder Kameko sehen wollte. Fragen wäre allerdings auch nur töricht gewesen. Kameko Yamamoto war eine Frau Mitte Vierzig, deren schwarzen, langen Haare durch eine ungewöhnliche Lockenpracht auffielen, die sie nur mühsam zähmen konnte. Sie teilte gerade in der Vorhalle des Dienstbotenflügels die Arbeiten für den nächsten Tag ein, sprach Drohungen und Strafen aus, als sie bemerkte, dass Chiyoko und Yori sich näherten, ebenso ein Mädchen, das sie bislang noch nicht gesehen hatte. „Ah, Chiyoko. Du wirst morgen dafür sorgen, dass die Strafen vollzogen werden.“ Durchaus auch eine Strafe für ihre Vorgängerin. Die war einfach zu weich mit den Leuten umgegangen, das merkte man an dem ganzen Verhalten. Fehlerfreies Benehmen und fleißige Arbeit erhielt man nicht durch Zuneigung oder Beschützen. „Yori, was willst du...ich meine, wollt Ihr?“ Dämonen bestanden ja immer auf Respekt: „Das da ist ein Menschenmädchen. Schon wieder wer Neues zum Einarbeiten?“ „Das ist Sakura, die Schülerin unseres Heilers,“ erklärte die Dämonin sachlich: „Sie möchte Mayoko untersuchen. Neigi-sama schätzt es nicht, wenn er umsonst heilt.“ Das war zwar eine Erfindung, aber sie wusste nicht so genau, was sie sagen sollte, da sich Seine Lordschaft von ihnen getrennt hatte und anscheinend aus dem Hintergrund die Szenerie betrachten wollte. „Mayoko wird morgen bestraft. Danach kann sie wohl in der Tat einen Heiler brauchen.“ erklärte Kameko und richtete sich etwas auf. Was immer sie mit menschlichem Personal, zumal weiblichem tat, hatte Yori nichts anzugehen. Sie bemerkte die entsetzten Blicke der Frauen vor sich. Na also. Disziplin war eben angesagt. Yori und diese Heilerin sollten sich zum Teufel scheren. „Morgen, kannst du nach einigen sehen, Heilermädchen.“ Sie bemerkte aus den Augenwinkeln eine schwarze Wand neben sich, vermutete jedoch, dass die Frauen, die sich nun zu Boden warfen, sie um Gnade bitten wollten: „Wirklich, so eine faule Bande. Und Yori, das geht dich...Euch gar nichts an. Ihr solltet lieber Euch um Dämonen kümmern, da gibt es auch so einiges an faulem Pack...Sag ich doch!“ Sie hatte jetzt den neben ihr Stehenden als Dämon identifiziert und schob ihn weg: „Das hier ist der Menschenflügel, geh an deine Arbeit!“ Erst jetzt bemerkte sie, dass sie mit dem gleichen Erfolg versuchen könnte eine Mauer zu verschieben, ja, ihr Handgelenk schmerzhaft umspannt wurde. So sah sie auf – und fiel zu Boden, als sie losgelassen wurde und ihre Knie unter ihr brachen. Sie war erst seit zwei Monaten im Schloss – aber einen Prinzen anzufassen war gefährlich, bei diesem angeblich sogar tödlich: „Lord Sesshoumaru...Ich...ich hatte Euch nicht hier erwartet...“ Seine Eisigkeit interessierte es wenig, wen oder was dieses Weib erwartete: „Wache!“ Kein Wunder, dass selbst Yori mit der Probleme hatte. Dumm, ehrgeizig und von ihrer Position besessen. Was hatte nur Vater dazu gebracht sie einzustellen, ja, Chiyoko zu ersetzen, die lautlos arbeitete? Selbstverständlich hatte sein verehrter Vater einen guten Grund besessen, den er ihm auf Nachfrage auch erläutern würde, also sollte er selbst aufpassen und nicht zu streng urteilen. Aber auch nur zu versuchen ihn beiseite zu schieben....Zwei Hundekrieger waren prompt erschienen: „Kameko Yamamoto wird in diesen alten Wachtturm gesperrt, der hinter dem Schloss liegt.“ Kerker hier wäre wohl zu hart. „Ihr beide bewacht sie. - Sakura.“ Diese, ebenso wie alle anderen seit dem Eintritt des Hundeprinzen auf dem Boden, neigte sich eilig weiter vor und erwartete eine Anweisung oder Frage. DAS war Benehmen! „Wie lange hält ein Mensch ohne Wasser oder Nahrung aus?“ „Drei Tage ohne Wasser, Euer Lordschaft, eine Woche ohne Nahrung,“ erwiderte sie unverzüglich. Kameko erstarrte, da sie die Dämonenkrieger bereits fassten und emporzogen: „Nein, Lord Sesshoumaru...Erbarmen!“ Die restlichen Anwesenden bezweifelten, ob Seine Eisigkeit dieses Wort überhaupt kannte. Er sah zu ihr: „Sperrt sie zwei Tage ein. Und du überlegst dir in dieser Zeit, ob dein Verhalten angemessen ist. - Ab. - Sakura, zu Neigi. Chiyoko, du übernimmst für zwei Tage.“ Zufrieden damit, das Problem schnell gelöst zu haben ohne sich bei seinem verehrten Vater in die Nesseln zu setzen, schritt der Erbprinz von dannen. Erst dann schoben die Krieger Kameko aus dem Raum und alle anderen Menschen wagten sich vom Boden zu erheben. Chiyoko atmete durch: „Danke, Sakura....das...das sollte erst einmal reichen. Ich kann jetzt zumindest die Strafen für morgen streichen. Und womöglich lernt sie daraus.“ Es musste doch einen Grund geben, warum der Herr Kameko ernannt hatte. Auch Yori nickte: „Gut gemacht, verehrte Sakura.“ Ohne zu ahnen, was im heimischen Schloss passierte, stand der Inu no Taishou derweil im Garten eines Daimyo, neben sich einen sichtlich beunruhigten menschlichen Grundherrn. Akimaru Mawashi war jung und unerfahren genug gewesen die Vorladung zu seinem eigenen Herrn als gefährlich zu empfinden, zumal die Steuern ja tatsächlich miserabel ausgefallen waren im vergangenen Jahr. Und wer konnte ein besserer Zeuge für diesen Heuschreckeneinfall sein als der Herr der westlichen Länder. Um der Freundschaft willen, die dieser mit seinem verstorbenen Vater pflegte, hatte er ihn darum gebeten. Und um noch eine Kleinigkeit, die seinen eigenen Gemütszustand betraf. Jetzt meinte der Hundefürst: „An was denkt Ihr, Akimaru? Steuern? Der Daimyo hat eingesehen, dass man auf keine Ernten auch keine Steuern erhält – und er sich eher bei Euch bedanken sollte, dass Ihr es vermocht habt trotz der Missernte alle Leute durch den Winter zu bringen.“ „Dank Eurer Unterstützung, edler Fürst. Nein, ich dachte an die Yamamotos.“ „Also schon wieder an Heuschrecken, falls Euer Verdacht stimmt. Aber ein Verdacht ist eben kein Beweis. Taro Yamamoto sitzt nicht ohne Grund in meiner Kanzlei. Myouga überwacht ihn permanent, einer meiner besten Buchprüfer. Und um Kameko wird sich ohne Zweifel Chiyoko kümmern. Ich müsste nichts von Menschen verstehen, wenn sie sich nicht ungerecht behandelt fühlt, und schon darum sehr genau aufpasst ob ihre Nachfolgerin einen Fehler begeht. Falls sie beide nichts finden, gibt es eben auch nichts und die Yamamotos wurden bei Euch nur verleumdet. Auch dies passiert durchaus, bei Menschen und Dämonen. In vier Tagen sind wir bereits wieder zuhause und wir werden weitersehen, ob und was passiert ist.“ Für einen Moment beschlich den Hundefürsten ein ungutes Gefühl. Hätte er doch Sesshoumaru von diesem Plan erzählen sollen? Aber, was sollte in den wenigen Tagen schon geschehen. Überdies, falls die Yamamotos unschuldig waren, würden sie eben zurück zu den Mawashis kommen, ja, eher befördert werden, gerade Taro. Falls Myouga etwas herausfand, würde dieser mit seinem Bericht warten, bis er selbst wieder anwesend war. Nein. Es konnte eigentlich nichts passieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)