Abseits der Wege von hunny123 (ein weiteres Abenteuer für Oscar) ================================================================================ Kapitel 12: 12. Unter Gewahrsam ------------------------------- Sie überquerten den Hof und näherten sich einem deutlich kleineren Gebäudekomplex. Jacques De Baux hielt Oscar immernoch mit seinem wuchtigen Körper fest umschlungen. Mit der freien Hand nahm er am Eingang die bereits angezündete Fackel mit nach unten. Nur das rhythmische Klackern ihrer Stiefelabsätze war auf den feuchten Treppenstufen zu hören. Oscar hatte vergeblich ein paar Mal versucht, sich zu befreien und De Baux aus dem Gleichgewicht zu bringen. Doch ihre schwindende Kraft hatte nicht den Hauch einer Chance, diese stählerne Mauer auch nur für eine Sekunde aus dem Gleichtakt seiner Schritte zu bringen. So hatte sie ihren Kampfeswillen vermeintlich aufgegeben. Stattdessen schonte sie ihre noch verbliebene Energie und nahm ihre Umgebung genauer unter die Lupe, um nach Dingen Ausschau zu halten, die ihr vielleicht nützlich werden könnten. Doch ehe sie sich versah, waren sie bereits an ihrem Ziel angekommen. An einer kleinen vergitterten Eisentür machten sie Halt. Unbehagen machte sich in ihrem Körper breit: Er würde sie hier einsperren...   Doch sie sollte sich irren und etwas noch viel Schlimmeres erleben: Das  spärliche, rot-gelbe Fackellicht erleuchtete das Innere der dahinterliegenden Zelle und wurde nun auf eine Person gerichtet. Sie erkannte sie sofort!   „André!?“    In Gedanken schrie sie seinen Namen. Doch ihr Mund öffnete sich nicht. Stattdessen starrte sie ihn nur fassungslos an und die Zeit schien still zu stehen.   Eine riesige Kluft schien die beiden zu trennen, obwohl es nur wenige Meter waren. Oscar wollte die Tür aus ihren Angeln reißen... zu ihm eilen... und einfach nur weg von diesem Ort. Und weg von jenem großgewachsenen, skrupellosen Mann, der nur wenige Zentimeter neben ihr stand und sie mit seinem übertriebenen parfümierten Geruch einfach nur anwiderte.   „Es scheint als würde mein Anwesen in letzter Zeit häufiger Interesse erregen. Normalerweise verfahre ich mit Streunern dieser Art anders und lasse sie für ihr unerlaubtes Eindringen aus dem Weg räumen.“ Die Worte des Haushherren kamen im freundlichen Plauderton aus seinem Mund. Es wirkte einfach perfide.   „Aber da er die Uniform Eures Regimentes trägt, dachte ich, könnte er mir eventuell noch nützlich sein. Nun also... hmmm?“ Sein Redeschwall wurde von einer brüchigen Stimme unterbrochen.    „Oscar?“   André war von seiner Pritsche aufgestanden und näherte sich nun vorsichtigen Schrittes der Stimme, die vor der Zellentür schwätzte. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt und man hatte ihm zusätzlich die Augen verbunden.   Oscar konnte ihm nicht antworten. Sie durfte sich vor De Baux nicht anmerken lassen, wie groß ihre Sorge um den Gefangenen war und das er ihm womöglich etwas antun könnte. Es zerbrach ihr das Herz, Andé orientierungslos in dem winzigen Raum wanken zu sehen.    Der Graf beobachtete diese kleine Szenerie und war entzückt. Auch wenn nicht ein einziges Wort über die Lippen der jungen Frau nach außen drang, so hatte er erkannt, dass dies nicht irgendein Soldat aus ihrem Regiment war. Mit dem einen Wort, das der junge Mann gesagt hatte, hatte er eine wichtige Information preis gegeben: Denn niemand würde seinen Vorgesetzten beim Vornamen nennen. Es gab also eine engere Verbindung zwischen ihnen und das würde er sich zum Vorteil machen.   Oscar hatte den kleinen Funken gesehen, der in De Bauxs wieselhaften Augen aufblitzte, als er womöglich eins und eins zusammenzählte und die Vertrautheit der beiden schlussfolgerte.   „Was fordert Ihr für die Freilassung meines Kameraden?“, fragte sie mit starker neutraler Stimme. Sie war selbst erstaunt, dass sie ihre Fassung noch bewahren konnte.   „Meine Teuerste, ich denke, wir werden uns sehr schnell einig werden, was Euren Freund betrifft. Ein guter Kommandant ist schließlich sehr bedacht darauf, was mit seinen Untergebenen geschieht. Waren das nicht einst Eure Worte, als Ihr das Regiment übernahmt?“ Eine Kunstpause folgte.   Betont langsam strich er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und flüsterte: „Wir wollen doch nicht, dass ihm etwas zustößt, während er hier ganz allein in der Dunkelheit den Tag genießt?“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)