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Remember

Erinnere dich
von

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Schmerz – Jane

Das Wochenende verlief zunächst ereignislos. Sonntagnachmittag klingelte es an der Tür. Da ich keinen Besuch erwartet hatte, trug ich eine Jogginghose und ein bauchfreies Top, um der Hitze zu entgehen. Als ich verwundert die Tür öffnete, stand Luca da und grinste. „Hey, wir haben heute unsere letzten Sachen in die Wohnung getragen. Hallo Nachbarin.“ Er streckte mir die Hand aus und grinste wie ein kleiner Junge, sodass ich lachen musste. „Hallo Nachbar, komm doch rein. Ich trat ein Stück zur Seite und er betrat die Wohnung. Ich kochte uns einen Tee und er erzählte von ihrem Umzug. Sein bester Freund und sein Vater hatten ihm geholfen, dann waren die Beiden gegangen und er konnte es sich nicht verkneifen, heute schon vorbei zukommen. Wir setzten uns auf die Couch und unterhielten uns ziemlich lange. Es war so leicht mit ihm, alles was er sagte klang interessant und wenn ich redete, hatte ich das Gefühl, dass es ihn wirklich interessierte. Ich musste an Marlon denken, der Einzige bei dem es mir genauso ging. Dann musste ich aber auch daran denken, dass er mich nicht wollte und ich verdrängte den Gedanken, bevor er mir zu sehr wehtun konnte. Ohne es wirklich zu merken, erzählte ich Luca alles. Über meinen Unfall, über die Zeit im Koma, über meine Erinnerungslücken, aber nichts über Marlon und mich. Das Thema klammerte ich aus, es ging ihn nichts an. Als ich fertig war, rechnete ich mit einer Ladung Mitleid, doch Luca überraschte mich. Er sah mich an und lächelte, „Ich bewundere dich, du bist unglaublich stark. Ich glaube nicht, dass ich das könnte, nach so einer Geschichte.“ Ich fühlte mich unglaublich gut nach dem Gespräch und musste wieder Lächeln. Dann fingen wir an zu kochen. Da er nicht viel im Kühlschrank hatte, hatte ich ihn eingeladen bei mir zu essen. Wir entschieden uns für eine Reispfanne. Während er die Paprikas schnitt, füllte ich den Topf für den Reis mit Wasser. Da klingelte es erneut an der Tür. Ich setzte schnell den Topf auf die heiße Herdplatte und öffnete. Als Marlon mich sah, schloss er mich sofort in die Arme und drückte mich an sich. In dieser Umarmung steckten so viele Emotionen. Sehnsucht, Trauer, Verlangen und Liebe. Ich war überfordert und erwiderte die Umarmung erst nicht. Nach einer Weile löste er sich von mir und sah mich an. Tränen schwammen in seinen Augen als er sprach, „Ich muss mit dir reden. Ich hab-“ In der Küche polterte es, dann fluchte Luca. Marlon sah kurz zur Küchentür und dann wieder zu mir. Kurz flackerte Schmerz in seinem Blick auf, dann wurde sein Blick leer. „Ich verstehe“, flüsterte er, ließ mich los, nickte und ging. Ich stand einen Moment bewegungslos in der Tür, dann hörte ich Luca im Flur. „Wer war das?“. Ich schüttelte kurz den Kopf, nahm meine Jacke vom Haken und rief Luca zu, dass ich gleich wieder da sei. Als ich vor der Haustür stand, sah ich gerade noch wie Marlon sich auf sein Fahrrad schwang und losfuhr. Ich war zu spät und er weg. Nach einer Weile ging ich die Treppen wieder hoch und kam in die Küche. Luca hatte fertig gekocht und den Tisch gedeckt. War ich solange draußen? Habe ich solange ins Leere geblickt? Luca sah mich an und fragte, ob alles okay sei. Ich riss mich zusammen und nickte. Bevor wir aßen, zog ich mir einen Pullover von Marlon an, den er bei mir gelassen hatte. Luca hatte ausgezeichnet gekocht und wir aßen schweigend. Nach dem Essen verabschiedeten wir uns. Er nahm mich in den Arm und flüsterte mir zu, dass egal was passiert sei, es wieder okay sein würde. In dieser Nacht schlief ich unglaublich schlecht. Ich erinnerte mich im Schlaf an Szenen aus meiner Vergangenheit. Marlon der mich küssen wollte. Ich, die ihn aufhielt und von mir drückte. Ich brach ihm das Herz und mir selbst gleichzeitig auch. Immer und immer wieder sah ich seinen Blick und hörte seine Worte, „Ich muss mit dir reden. Ich hab-“. Was hast du Marlon? Sag mir, was hast du?
 

Als mein Wecker klingelte, war ich schon zwei Stunden lang wach und starrte die Decke an. Ich trank drei Tassen Kaffee, während ich versuchte meine Augenringe zu überschminken. Entgegen meiner Erwartung, holte mich Marlon ab. Doch er begrüßte mich nur mit einem Nicken und als Luca nach mir aus dem Haus stieg, wurde sein Blick noch kälter. Auch im Bus unterhielt er sich kein bisschen mit mir. Mein Herz zog sich zusammen und ich kämpfte gegen die Tränen an. Als wir an der Schule ankamen, ging er zu seinen Kumpels die auf dem Raucherplatz standen und ignorierte mich total. Bevor ich anfangen konnte zu weinen, sah ich Megan. Anstatt hallo zu sagen sagte sie nur, „Du siehst ja scheiße aus! Was ist denn mit dir passiert?“ Ich musste auflachen, doch dieses Lachen verwandelte sich schnell in ein Weinen. Erschrocken nahm mich Megan in den Arm und verlangte von mir, dass ich ihr alles erzählte. Also zündete ich mir eine Zigarette an und da wir die erste Stunde frei hatten, konnte ich ihr in aller Ruhe alles erzählen.

Ich beendete meine Rede, „Ich liebe ihn wirklich.“ Megan sah mich traurig an. „Du weißt doch, wie es das letzte Mal ausgegangen is-. Oh nein! Du hast es vergessen, oder?“ Ich nickte stumm und Megan stützte ihren Kopf auf ihre Hände. „Ihr habt einander geliebt. Die ganze Zeit über. Ihr habt es einander nur nicht gesagt. Ihr wolltet eure Freundschaft nicht riskieren. Doch dann wurden seine Gefühle so groß, dass er es nicht mehr verbergen konnte. Er hat es dir gesagt und ihr habt euch geküsst. Ihr wart glücklich, für einen Moment. Doch dann hast du Angst bekommen. Am nächsten Tag hast du ihm gesagt, dass deine Gefühle nicht groß genug seien. Du wolltest eure Freundschaft retten und dabei habt ihr einander verloren. Ihr konntet einander nicht mehr in die Augen sehen und er war so verletzt, dass er anfing dich zu verabscheuen. Dass war leichter als zuzugeben, dass du ihm wirklich weh tun konntest. Ihr habt euch bekriegt. Ihr kanntet einander so gut, dass es euch verdammt leicht fiel dem anderem wehzutun. Du warst gut darin, so zu tun als wäre es dir vollkommen egal. Doch einmal ging er zu weit. Er hat dir an den Kopf geworfen, du hättest deine Eltern umgebracht. Du hast ihm in die Augen gesehen und nichts gesagt. Nach einer Weile hast du geflüstert, dass er vermutlich Recht habe und bist raus gegangen. Ich saß in der Halle und alle unsere Freunde die auch da waren, waren genau wie ich versteinert. Dass war was ganz neues. Keiner hätte erwartet, dass er soweit geht und er selber war auch extrem schockiert von sich selbst. Eine Minute nachdem du raus gegangen bist, ist er aufgesprungen und dir hinterher gerannt. Kurz darauf bin ich auch raus um dich zu suchen. Ich wusste nicht, ob du ihn sehen wolltest. Als ich dich endlich gefunden habe, saßt du, an der Mauer gelehnt, hinter der Turnhalle. Du hast den Kopf auf die Knie gestützt und dein Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Ich wollte gerade auf dich zu, da kam er. Marlon ist vor dir in die Hocke gegangen und er hat auch geweint. Als er dich in seine Arme zog und du dich nicht gewährt hast, bin ich gegangen. In den nächsten Wochen habt ihr wieder zueinander gefunden und wir waren alle erleichtert. Euer Krieg hat uns alle sehr mitgenommen. Ich dachte ihr hättet daraus gelernt.“ Ich schloss die Augen, während ich versuchte all diese Informationen zu verarbeiten. Ich konnte nicht aufhören mich zu fragen, ob es wirklich so enden musste, sollten wir es noch mal als Paar versuchen. Als es zur zweiten Stunde klingelte, nahm mich Megan noch einmal in den Arm, dann betraten wir den Klassenraum. Den halben Tag über ignorierte mich Marlon. Als wir uns in Sport in zweier Gruppen, jeweils ein Junge und ein Mädchen, aufteilen sollten, ging Marlon zu Anna und ich schluckte meine Wut runter. Als ich mich umdrehte stand Luca vor mir und streckte mir die Hand zu. Ich nahm seine Hand und lächelte ihn an. Unser Lehrer wollte, dass wir in diesen Gruppen die nächsten Wochen arbeiteten. Wir sollten an den Geräten im Kraftraum arbeiten, uns gegenseitig überprüfen und motivieren. Luca, der vermutlich ahnte, dass Marlon derjenige an der Tür war, versuchte mich von ihm und Anna abzulenken. Gott sei Dank hatte er Erfolg. Er brachte mich ständig zum Lachen und ich schaffte an fast all den Geräten das Doppelte an Gewicht von dem, was ich erwartet hatte. Wir lachten viel und am Ende der Doppeltstunde war ich fix und fertig. Ich hüpfte unter die Dusche in der Mädchenumkleide und als ich frisch geduscht und angezogen auf den Schulflur trat, lehnte Marlon an der Tür. Er sah mich an und schnaubte, „Na frisch verliebt?“. Mein Herz zog sich zusammen. Ich wollte schon was erwidern, doch dann fiel mir ein was Megan mir erzählt hatte. Also drehte ich mich um und hakte mich bei Luca ein, der ein paar Meter weiter auf mich wartete. Ich spürte Marlons stechenden Blick in meinem Rücken, ignorierte diesen aber.
 

Der Dienstag ging genauso an uns vorbei. Im Unterricht ignorierten wir einander und in den Pausen auf dem Raucherplatz stand ich bei Luca und er bei Anna. So zog sich das auch die restliche Woche. Am Samstag hatte ich einen Termin bei meiner Psychotante. Sie wollte von mir hören, wie alles lief und ich log sie nach Strich und Faden an. Ich wusste, wenn ich ihr die Wahrheit gesagt hätte, hätte sie mit meiner Tante telefoniert und ich wäre wieder mit Medikamenten vollgepumpt worden. Marlon war nämlich der einzige Grund, wieso ich keine Tabletten nehmen musste. Die Ärzte hatten gesehen, wie gut er mir tat und waren der Meinung dass solange er da war, es auch ohne Antidepressiva ging. Doch ich hatte Marlon nicht mehr, dennoch wollte ich keine Tabletten schlucken müssen. Also log ich. Ich erzählte ihr von Megan und wie toll die Schule war und wie leicht es mir viel, neue Freunde zu finden. Ich erzählte ihr nichts von Anna. Ich erzählte ihr nichts von dem Kuss zwischen Marlon und mir. Ich erzählte ihr nichts von meinen Gefühlen ihm gegenüber. Ich erzählte ihr nicht, dass er mich nicht liebte. Ich erzählte ihr nicht, dass er mich zu hassen schien und ich erzählte ihr nicht, wie sehr mir dass alles wehtat. Ich war anscheinend überzeugend genug, denn sie ließ mich nach einer Stunde wieder nach Hause gehen.
 

Als ich meine Wohnungstür öffnen wollte, öffnete sich Lucas und er lud mich zum Essen ein. Wir verbrachten das restliche Wochenende zusammen, kochten, schauten ein paar Filme und setzten uns in den Park, genossen die Sonne. Zeit mit Luca zu verbringen tat mir gut. Er war ein neuer Aspekt in meinem Leben. Niemand der mich aus meinem alten Leben noch kannte. Er hatte eine angenehme Stimme und ihm zuzuhören war beruhigend. Außerdem lenkte er mich ab und das tat gut. Der Schmerz den ich durch Marlon empfand, wurde gedämpft wenn ich bei Luca war.

Am Sonntagabend besuchte mich Megan. Wir machten es uns auf der Couch gemütlich und sahen uns einen Film an. Ich spürte ihren forschenden Blick auf mir, doch ich ignorierte ihn. Ich wollte mich nicht mit ihr über Marlon oder Luca unterhalten. Ich wollte einfach nur einen schönen Abend mit meiner besten Freundin haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ginnybread
2015-04-20T07:21:47+00:00 20.04.2015 09:21
Also jetzt finde ich Marlon aber wirklich unsympathisch! Dass er sich so leicht von seinem Vorhaben abbringen lässt und dann auch noch so zickig wird... Und Jane verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht so ganz, warum sie am Anfang denkt, dass er sie nicht will. Das gibt mir das Gefühl, irgendwas verpasst zu haben. Warum denkt sie, dass er sie nicht will und er, dass sie ihn nicht will? Am Wochenende war doch alles gut und sie haben sich geküsst, nur weil sie am nächsten Tag nicht viel miteinander geredet haben, geht für beide eine Welt unter...
Aber das Kapitel mach Luca sehr sympathisch. Wie du schon geschrieben hast, ist er der neue Aspekt in ihrem leben, was auch sehr gut rüberkommt. Ich würde gerne mehr Details über sein Leben erfahren, ebenso über das von Megan, die eine tolle Freundin zu sein scheint. Sie erzählt Jane alles was sie wissen muss, aber sich nur dann, wenn sie es braucht. Das finde ich super ;) Ich hoffe ich hab alles so formuliert, dass es dir hilfreich ist.

LG Ginny
Antwort von:  Jade
22.04.2015 08:37
Hey Ginny,
Danke für die rückmeldung. Ich finde es toll dass du es so ausführlich schreibst und mir sagst was du denkst <3
Marlon und Jane sind im Moment beide nicht sehr selbstbewusst und kommen beide nicht wirklich damit klar ihre Gedanken zu Ordnen. Marlon lässt sich davon beeinflussen, dass sie mit Luca abhängt und dabei ein Bauchfreies Top anhatte. Und Jane glaubt nicht wirklich dass er noch dasselbe für sie empfindet und dass er sie mehr oder weniger von sich stößt bestätigt sie In dem irrglauben.
Ja Megan ist ihr Fels in der Brandung. Sie wird auch noch eine riesen große Rolle spielen. Luca wir auch noch näher beschrieben. Vielleicht mache ich auch ein luca Kapitel :) wenn du die nachsten kapitel liest darfst du mir nicht böse sein, ja ? es wird dir vielleicht nicht gefallen wie es weiter geht^^
Vielen vielen Dank nochmal :* <3
Jade


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