Er liebt mich, er liebt mich nicht von Hoellenhund ([Secret Love]) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Takeda schreckte aus dem Schlaf. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Wieder dieser Traum, diese Erinnerung, die ihn nicht loslassen mochte... Er fand sich an seinem Schreibtisch wieder, in seinem kleinen Zimmer mit den wenigen, ausgesucht schnörkellosen Holzmöbeln, den Kopf auf die auf dem Schreibtisch ausgebreiteten Papiere gebettet. Ein eindringliches Klopfen an der Tür machte ihm bewusst, was ihn geweckt hatte. »Ja?«, antwortete er mit vom Schlaf kratziger Stimme. »Aki? Bist du schon wach?« Die hohe, schrille Stimme, in der immer ein Hauch von Hysterie mitschwang und die es so perfekt verstand, ein nagendes Gefühl von Hektik zu verbreiten, gehörte seiner Mutter. Jetzt schon, gab Takeda in Gedanken zurück, laut sagte er jedoch: »Ja, du kannst rein kommen.« Mit einem kaum wahrnehmbaren, kurzen Quietschen wurde die Tür nach innen aufgedrückt. Takedas Mutter trug eine schlichte weiße Schürze um die Hüften und einen recht erstaunten Ausdruck auf dem jungen Gesicht. »Ich hätte ja nicht gedacht, dich tatsächlich irgendwann mal wieder am Schreibtisch sitzen und lernen zu sehen. Seit Ryo weggezogen ist, war der bei dir ja nur noch Dekoration.« Ryo Hirakawa. Takeda konnte sich an keine Zeit erinnern, in der er sein Leben nicht mit ihm geteilt, mit ihm gelacht und geweint hatte. Keine bis auf das vergangene Jahr. Hirakawas Vater war kurzfristig nach Osaka versetzt worden und Frau und Sohn waren ihm wie selbstverständlich gefolgt. In den ersten Wochen hatte Takeda unzählige Male versucht, Kontakt zu seinem alten Freund aufzunehmen, doch vergebens. Hirakawas Handynummer war nicht mehr vergeben und auf Briefe an die neue Adresse hatte Takeda nie eine Antwort erhalten. Schließlich hatte er sich damit abfinden müssen, dass es in Hirakawas neuem Leben keinen Platz mehr für ihn, für das Vergangene, zu geben schien. Er hätte sich für Hirakawa freuen sollen, doch wie sehr er sich auch bemühte, er konnte den Stich, den das plötzliche Ende der langjährigen Freundschaft seinem Herzen versetzte, nicht verleugnen. »Aber die Aufnahmeprüfung war doch schon letzte Woche, oder nicht?« Die Stimme seiner Mutter riss Takeda aus seinen Gedanken und brachte ihn ins Hier und Jetzt seiner Existenz zurück. »Stimmt. Aber die Seikô Gakuen ist nicht irgendeine Schule. Selbst wenn ich die Prüfung bestanden haben sollte, muss ich jede Menge nachholen, wenn ich bei denen in der Oberstufe mitkommen will. Seine Mutter seufzte leicht: »Willst du dir das Ganze nicht vielleicht noch mal überlegen? Es gibt so viele schöne Schulen in der Umgebung. Wieso muss es ausgerechnet Osaka sein? Da müsstest du dir eine eigene Wohnung suchen. Du weißt doch nicht mal, wie man die Wäsche trennt. Und billig ist das ja auch nicht gerade.« Ein genervtes Augenrollen Takedas war die Antwort: »Mama, ich weiß sehr wohl, wie man Wäsche wäscht. Außerdem hat die Seikô ein eigenes Wohnheim, nur für die Schüler. Und wenn das Geld nicht reicht, dann arbeite ich eben in den Ferien. Vielleicht hier in Tokyo, dann kann ich solange hier wohnen und euch besuchen.« Als hätte Takedas Mutter ihn nicht gehört, fuhr sie fort: »Und dann ausgerechnet eine Jungenschule. Du hältst es doch keine zwei Wochen aus, ohne ein neues Mädchen mit nach Hause zu bringen.« »Mama, du machst dir zu viele Gedanken. Das ist eine Schule und kein Gefängnis. In Osaka haben die Mütter auch schöne Töchter«, gab Takeda zurück. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er die Seikô Gakuen nicht besuchen, um Mädchen kennen zu lernen. Von denen gab es in Tokyo mehr als genug. Im Gegenteil: Die vielen kurzlebigen Beziehungen, die er im Laufe des letzten Jahres geführt hatte, verschafften ihm keine Befriedigung, sie stießen ihn ab. Die Beziehungen in diesem Jahr, nachdem sein Kontakt zu Hirakawa abgebrochen war, nachdem Hirakawa die Schule gewechselt, nachdem er auf die Seikô Gakuen gegangen war. »Na schön, von mir aus. Aber deinem Vater musst du das selber beibringen«, gab Takedas Mutter zurück. »Du tust ja gerade so, als wäre ich schon aufgenommen.« Als hätte sie die ganze Zeit über nur auf dieses Stichwort gewartet, zog Takedas Mutter einen schmalen Briefumschlag aus der Tasche ihrer Schürze und hielt ihn Takeda entgegen: »Von der Seikô.« Mit zittrigen Fingern und trockener Kehle nahm Takeda den Umschlag entgegen. Das Siegel war bereits gebrochen, doch Takeda hatte keine Zeit, sich darüber zu ärgern, dass seine Mutter diesen wichtigen Brief bereits vor ihm geöffnet hatte. Langsam zog er den schmalen Bogen Papier aus dem Umschlag und entfaltete ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)