Zum Inhalt der Seite

Main hoon na - Ich bin immer für dich da

Yugi x Yami
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Soooo....

Nun mache ich mich doch tatsächlich daran, meine zweite FF mit dem Pairing Yugi x Yami zu schreiben.

Ich bin nach wie vor total erschlagen darüber, wie gut mein "Erstlingswerk" angekommen ist, von daher bin ich sehr gespannt wie das nun folgende Werk ankommen wird.

Ich hoffe es gefällt.

LG

Seele Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen lieben Dank für die vielen Favos!

Ich hoffe, ich werde euren Erwartungen gerecht :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So... mit diesem Kapitel endet die Vorgeschichte der FF.

Eigentlich wollte ich die Vorgeschichte nicht so ausführlich gestalten, allerdings in Anbetracht der Tatsache, dass die Vorgeschichte eigentlich das Fundament aller weiteren Ereignisse in der FF sein wird, hielt ich es für besser, etwas mehr Wert darauf zu legen.

Vielen lieben Dank an meine Kommi-Schreiber und vor allem für die vielen Favos!

Bleibt mir treu erhalten, ich gebe mein Bestes! :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Morgen,

wir schreiben den 17.03.2015 um 06:43 Uhr. Dieses Kapitel wird hiermit hochgeladen und gleichzeitig möchte ich ankündigen, dass die nächsten Kapis nicht vor dem 29.03.2015 hochgeladen werden, da ich ab morgen in den Urlaub fahre.

Viel Spaß beim Lesen.

LG

Seele Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Halli Hallo,

meine treuen Leser und Fans.

Ich entschuldige mich hiermit, dass es wieder so lange gedauert hat, aber es war Ostern und da zwei Pferde von mir bei dem sorbischen Brauch des Osterreitens mit gegangen sind, hatte ich ziemlich viel um die Ohren.

Ich versuche das nächste Kapitel so schnell wie möglich hochzuladen.

Viel Spaß beim Lesen

Seele Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
26.04.2015; 20:45 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
27.04.2015; 06:40 Uhr

"Invaded" (c) Tokio Hotel Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
10.05.2015; 18:20 Uhr

Sooo... ich möchte hiermit kund tun, das in den nächsten 6 Wochen es passieren kann, dass die Kapis unregelmäßig hochgeladen werden. Die Heuernte steht an und somit SEHR viel Arbeit! ;D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
17.05.2015; 19:05 Uhr Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
"Jaoon Kahan" aus Billu Barber Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sooo, meine Lieben.

Hiermit endet diese FF.

Ich danke allen meinen Lesern für ihre Treue, lieben Dank an alle Favos und natürlich ein riesiges "Tausenddank" an meine Kommi-Schreiber.

Ich hoffe ganz einfach, dass euch meine FF gefallen hat und vor allem, dass euch auch der Schluss zusagt.

Ich würde mich freuen, wenn wir uns wieder lesen.


LG

Seele Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Junge und das Monster

Der Junge und das Monster
 

Der kleine Junge war gerade mal 5 Jahre alt, als er so allein durch den riesigen dunklen Wald tapste. Mama und Papa hatten immer gesagt, dass er nicht alleine in den Wald gehen durfte. Da leben wilde Monster, die Menschen fressen würden. Monster, die noch nicht gezähmt wurden sind. Aber dem kleinen Jungen war das gerade egal. Mama hatte ihm erlaubt, spielen zu gehen. ALLEIN spielen zu gehen. Normalerweise durfte er das nicht, aber Papa war in der Stadt und… nun ja.

Mit leuchtenden violetten Augen sah sich der kleine Junge immer wieder um. Der Wald war so schon und überhaupt nicht furchteinflößend! So viele Blumen, die er noch nie gesehen hatte. Schmetterlinge und Bienen huschten von einer Blüte zu nächsten. Klar, da hinten am Rande des Sichtfeldes waren tiefe Schatten, aber selbst die wirkten überhaupt nicht bedrohlich. Hier und da knackte mal ein Zweig, aber der Junge war sich sicher, dass da nichts Schlimmes auf ihn lauerte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Monster ihn was tun würden, wenn er denen nichts tat. Er wollte ihnen ja nicht weh tun. Langsam bekam der kleine Junge Durst. Ratlos blickte er sich um. Er hatte gar kein Wasser zum Trinken mit. Da fiel ihm plötzlich ein, dass, wo er und sein Papa letzte Woche wandern gewesen sind, sein Papa einen Wasserlauf sich gesucht hatte und dann aus dem Wasser getrunken hat.

Nur… wo sollte er hier im Wald Wasser finden? Eher ratlos stapfte der Junge nun über eine Lichtung. Die Sonne schien so schön warm und plötzlich sah er Pusteblumen! Vergessen war der Durst und der Junge rannte zu den Pusteblumen. Er spielte mit den Blumen und berührte dabei beiläufig eine andere Pflanze. Die Frucht dieser Pflanze explodierte mit einem kleinen Plopp. Es war Springkraut. Der Junge war so fasziniert davon, dass er sich nun ausgiebig mit dem „explodieren“ der Früchte beschäftigte und dabei jedes Mal laut auflachte, wenn es „plopp“ machte.

Irgendwann wurde der Durst jedoch so deutlich, dass sich der Junge wieder auf den Weg machte und Wasser suchte. Nach einer geraumen Zeit trat der Junge tatsächlich an einen kleinen Bachlauf. Und wie er es bei seinem Papa gesehen hatte, stellte sich der Junge breitbeinig über den kleinen Lauf und beugte sich runter, um mit seinen Händen Wasser zu schöpfen… Platsch! Der Junge hatte das Gleichgewicht verloren und lag nun mit seinem ganzen Körper im Wasser. Laut japste der Junge auf und kämpfte sich ans Ufer. Toll! Mama würde böse mit ihm werden. Plötzlich horchte auf. Er hörte ein Lachen. Es war kein menschliches Lachen. Es waren merkwürdige Töne, die er noch nie gehört hatte, aber es war definitiv und unverkennbar ein Lachen. Vor Nässe triefend richtete sich der Junge auf und blickte sich suchend um. Neben einen kleinen Baumstumpf sah er eine kleine braune Fellkugel mit winzigen Händchen und Füßchen, die sich regelrecht kugelte vor Lachen. „Ich finde das nicht lustig!“ sagte der Junge fest mit seiner kindlichen Stimme. Die Fellkugel hörte auf zu lachen und blickte mit seinen großen gelben Augen zu den Jungen. „Ich hätte ertrinken können!“ erklärte der Junge bestimmt. Schweigen. Dann brach die Fellkugel wieder in helles Lachen aus. Der Junge zog eine Schnute. „Hey…“ murrte er, doch das Fellknäuel lachte weiter. „Na warte!“ rief da der Junge und stürmte auf das Fellknäuel zu. Dieses sprang auf und rannte immer noch lachend und neckend davon. Es entwickelte sich eine spielerische Jagd. Mal rauften sich die Beiden, mal lagen sie Luft holend neben einander und mal jagten sie sich gegenseitig. Zwei Kinder hatten sich gefunden.

Die Spielerei trieb die Beiden immer tiefer in den Wald. Bis sie plötzlich ganz vertieft auf eine weite Lichtung stolperten. Keine Pflanze wuchs auf dieser Lichtung. Die Bäume um diese Lichtung herum waren so dicht und dunkel, dass sie keinen Feind durchließen. In der Mitte dieser Lichtung war ein kleiner aber tiefer See, in dessen Mitte ein großer, flacher Felsen ragte. Auf der ganzen Lichtung waren verschiedene Felsbrocken in allerlei Formen, Größen und Varianten verstreut. Auf diesen Felsen lagen Drachen und sonnten sich in der untergehenden Sonne. Sämtliche Drachen blickten fast schon gelangweilt auf, als die beiden Kinder auf die Lichtung stolperten und erstarrten, als sie den Menschenjungen erkannten.

Der Jung kam schlitternd zum Stehen, als er die Drachen sah. Das Fellknäuel rannte Schutzsuchend zu einem dunkelgrünen Drachen, mit tiefschwarzen Augen und zwei Hörnern auf dem Kopf. Dem Jungen blieb der Mund offen stehen. Das war nicht fair! Da lachte das Fellknäuel wieder und lockte den Jungen. Dieser grinste spitzbübisch auf und marschierte mit festem Schritt auf den Drachen zu, dabei alles um sich herum vergessend.

Auf den großen, flachen Felsen im See hatte ein großer, weißer Drache mit eisblauen Augen gelegen, der alles beobachtet hatte. Als der Junge sich dem grünen Drachen näherte, erhob sich der Weiße in die Lüfte und stellte sich mit einem leisen Brummen zwischen den grünen Drachen und dem Jungen. Dieser blieb verblüfft stehen und legte seinen Kopf tief in den Nacken, um zu den Drachen hoch zu blicken. Der Weiße ließ sich auf die Vorderbeine nieder und neigte sein Haupt, bis es auf der Höhe des Jungen war. „Was willst du hier, kleiner Mensch?“ fragte der Drache leise. Dabei blickten eisblauen Augen direkt in die Augen des Jungen. Dieser schluckte leicht und verlor sich in diese Augen. „Wir haben gespielt…“ murmelte er zögerlich. Ein leises Grinsen huschte über die Züge des Drachen. „Wie heißt du?“ fragte er weiter. „Ich bin Yugi!“ antwortete der Junge fest. „Kuriboh, Kuriboh!“ antwortete da das kleine Fellknäuel vom grünen Drachen her. Yugi und der Weiße blickten zu Kuriboh rüber und Yugi grinste breit. Dann blickte der Weiße wieder zu den Jungen. „Du musst wieder nach Hause gehen. Die Sonne geht unter und deine Eltern werden dich bestimmt schon vermissen.“ Yugi blickte wieder in die Augen des Drachen. „Darf ich dich anfassen?“ fragte er. Der Weiße neigte sein Haupt noch tiefer. Ganz langsam hob Yugi seine rechte Hand und legte sie zögerlich auf die Stirn des weißen Drachens. Dieser schloss seine Augen, als diese sanfte, warme Hand ihn berührte. Er spürte den Jungen, atmete seinen Geruch tief ein und wusste, diesen Menschen würde er nie vergessen. Yugi ließ seine Hand wieder sinken. „Darf ich wieder kommen?“ der Weiße nickte. Da lachte Yugi strahlend auf. „Bis morgen, Kuriboh!“ rief er da dem Fellknäuel winkend zu und machte sich auf den Heimweg. Er hatte einen Drachen angefasst gehabt! Das musste er unbedingt Mama und Papa erzählen…

Flucht

Flucht
 

Der Junge blickte sich mit seinen großen amethystfarbenen Kinderaugen in seinem Schlafgemach um. Diese Nacht würde die Letzte sein, die er hier verbringen würde. Für eine sehr lange Zeit. Sein Vater war der große Aknamkanon. Er war der Pharao, der Herrscher über das ganze weite Land – über Ägypten. Und sein Vater wollte auch, dass er ein weiser, gerechter und weltoffener Herrscher später sein würde. Denn nur ein Herrscher, der die Welt gesehen hat, kann sein Volk sicher in die Zukunft führen. Atemu ließ sich seufzend auf sein großes weiches Bett fallen. Bis vor etwa zwei Wochen hatte er nichts von der Bürde eines Herrschersohnes zu spüren bekommen. Doch vor zwei Wochen ist er zehn Jahre alt geworden und da hatte ihm sein Vater eröffnet, dass er nun unter dem Decknamen Faisal auf ein Internat für Herrschersöhne nach England gehen würde. Dort würde er alles beigebracht bekommen – angefangen über Allgemeinwissen bis hin zu Kriegstaktikten. Atemu blickte an die Decke. Er sollte alleine in die große Welt. Er war noch nie weg von zu Hause und nun auf einmal so weit weg und für so lange Zeit…

Ein leises Maunzen ließ Atemu sich auf die Seite drehen und er blickte in die goldenen Augen einer kleinen Straßenkatze, die sich irgendwie in die Palastmauern verirrt zu haben schien. Atemu musste grinsen, als er sich einen Bindfaden angelte und mit diesen die kleine Katze provozierte. Als das Kätzchen den sich bewegenden Bindfaden entdeckte, erstarrte sie und fixierte diesen. Sie legte sich flach auf den Boden, drückte ihre Hinterpfoten fest auf die Erde, ihre Schwanzspitze wackelte leicht, aber hektisch hin und her. Ihre Schnurrhaare waren ganz weit nach vorne aufgestellt, ihre Ohren waren gespitzt und die Augen waren weit geöffnet. Die Pupillen waren so groß, dass sie das Gold der Augen verdeckten. Und da funkelte es in den Augen auf und die Katze sprang los. In dem Moment zog Atemu an dem Faden und die Katze sprang schlitternd ins Leere, um gleich darauf dem Ende des Fadens hinter herzujagen. Atemu lachte kindlich auf und schon war er im Spiel mit dem Kätzchen vertieft.

So fand Mahad, ein treuer Diener Aknamkanons und Beschützer Atemus, den Kleinen vor. Eine Weile beobachtete er den Jungen, der so unbekümmert und vergnügt mit dem Kätzchen spielte. Er hielt es nicht für richtig, den Jungen wegzuschicken, aber die Umstände erlaubten nichts anderes. Um Atemu vor seinen Feinden zu schützen, musste er das Land verlassen. Und der kleine Junge hatte viele Feinde!

Laut räusperte sich Mahad, um sich Gehör zu verschaffen. Atemu hielt in seinem Spiel abrupt inne und die Katze suchte ihr Heil in der Flucht. „Du solltest doch deine Habseligkeiten packen, mein Prinz!“ ermahnte er den kleinen Jungen sanft. Dieser blickte betrübt zu Boden, Tränen unterdrückend. „Ich will nicht weg von hier!“ – „Du musst aber... zu deinem eigen Wohl! Glaub mir, später, wenn du älter bist, wirst du es verstehen...“ nahm Mahad den kleinen Jungen in dem Arm und erlaubte ihn Tränen zu weinen. Als sich Atemu beruhigt hatte, packten sie gemeinsam die Habseligkeiten des Prinzen zusammen. Dann zog sich Mahad mit den Worten zurück, dass Atemu sich auf einen frühen Aufbruch der Reise gefasst machen musste.
 

Es war Vollmond. Mahad stand auf dem Balkon in seinem Gemach. Er lehnte sich auf die Brüstung, während er leicht irritiert den Mond betrachtete. Der Mond war blutrot. Sollte das ein Omen sein? „Was bedrückt dich, Mensch?“ trat aus dem Nichts der Zauberer der dunklen Magie an ihn heran. Dieser Zauberer war der Fürst aller Magier und stand immer an der Seite Aknamkanons, obwohl er diesen nie diente. Niemand wusste, was das eigentlich für eine Verbindung zwischen den Beiden war, doch wollte auch Niemand wissen, was passieren würde, wenn man Aknamkanon im Beisein des Magiers angriff. Mahad blickte auf. „Der Mond ist blutrot... Ich mache mir Sorgen um den Prinzen.“ Der Zauberer schnaubte leise verächtlich. Dies veranlasste Mahad den Zauberer direkt zu Fragen. „Warum stehst du immer an seiner Seite? Es ist doch offensichtlich, dass du Aknamkanon nicht leiden kannst!“ Der Zauberer der dunklen Magie blickte Mahad direkt in die Augen. Wohl zum ersten Mal überhaupt blickte der Zauberer einem Menschen direkt in die Augen. „Aknamkanon hat viele von uns vernichtet, um seine Macht zu festigen. Seine „Symbole“ seiner Macht wurde aus dem Blut der Unseren gefertigt. Ich habe ihm einen Handel vorgeschlagen. Er lässt uns „Monster“, wie ihr Menschen uns nennt, in Frieden. Kein Vernichten, kein Versklaven – einfach nur ein nebeneinander existieren und ich bleibe immer an seiner Seite, leihe ihm meine Macht.“ Mahad schluckte schwer und wandte seinen Blick ab. Ungern erinnerte er sich an die Zeit, als so viele Menschen und auch Monster vernichtet wurden, um das Land zu einigen und die Herrschaft Aknamkanons zu festigen. Auch er, Mahad, hatte in dieser Zeit, einen Kindheitsgefährten verloren – einen dunklen Magier. Jedoch war er auch erstaunt, weil er von diesem Pakt zwischen dem Pharao und dem Magier nichts wusste. „Er hat mich eben gebeten, immer an der Seite seines Sohnes zu sein und über ihn zu wachen...“ murmelte da der Zauberer. Mahad blickte auf. „Und wirst du?“ Der Zauberer trat nun auch an die Balkonbrüstung. „Ich soll den Sohn meines Feindes schützen?“ war die Gegenfrage. Mahad konnte nicht mehr darauf antworten. Sein Blick war auf die Tormauern gefallen und er erstarrte vor Entsetzen. Der Putsch hatte begonnen. Vor den Toren des Palastes waren Feinde des Pharaos, die ihn stürzen und sein gesamtes Blut auslöschen wollten. „Tu, was du willst! Nur lasse ich nicht zu, dass ein kleiner unschuldiger Junge für die Verbrechen seines Vaters zahlen muss, welche dieser lange vor der Geburt des Jungen beging!“ damit ließ er den Zauberer stehen und eilte in das Schlafgemach seines Pharaos.

„Aknamkanon!“ rief Mahad, als er ohne zu zögern die großen Türen zum Schlafgemach des Pharaos aufstieß. In Mitten des großen Raumes stand er. Aufrecht und doch gebrochen. „Ich habe es bereits bemerkt...“ antwortete der Pharao leise. Mahad blieb wie angewurzelt stehen. Auch der Zauberer der dunklen Magie war ins Schlafgemach geeilt und verharrte nun neben Mahad. Sie sahen Tränen auf dem Gesicht des alten Mannes. „Ich habe so viel geopfert... so viel Blut vergossen und so viel Unrecht getan, um meinem Volk eine bessere und sichere Zukunft zu bringen... Und nun erhebt sich mein Volk gegen mich! Wir Herrscher sind doch nur Marionetten des einfachen Volkes...“ sprach der Pharao unter Tränen. „Ich flehe euch an! Rettet meinen Sohn und bringt ihn in Sicherheit! Er soll nicht für das büßen, was ich verbrochen habe!“ sank der große Pharao vor Mahad und dem Zauberer in die Knie und flehte. Die Augen des Zauberers verengten sich.
 

Die Tür von Atemus Schlafgemach wurde brutal aufgerissen und der kleine Prinz fuhr aus dem Schlaf – seine Augen schreckgeweitet. In der Tür stand Papas Magier und Mahad war schon im Zimmer und holte die gepackten Sachen. Sein Blick fiel auf den Pharao und das kleine Straßenkätzchen, was neben Atemu saß und ihn auch verblüfft musterte. In dem Moment war Mahad klar, dass dieses Kätzchen schon länger ein Weggefährte des Prinzen war. „Zieh dich an, mein Prinz! Wir müssen aufbrechen...“ sprach Mahad sanft und ruhig. Atemu nickte halb verschlafen und kleidete sich an. Dann legte er seinem Kätzchen eine Art Geschirr an und nahm es an die Leine. Er wollte nicht, dass das Kätzchen verloren ging. Mahad lächelte, als er dies sah. Dann marschierten die Drei los. Zügig, aber ohne Hast. Atemu trug sein Kätzchen im Arm. Verwirrt runzelte Atemu die Stirn, als sie vor einer Geheimtür standen. Warum verließen sie den Palast durch eine Geheimtür und nicht normal durch das Haupttor? In dem Moment, als die Drei in den Geheimgang traten, knallte und prasselte es am Haupttor. Stimmen wurden laut. Wütende Stimmen. Stimmen voller Hass. Und sie verlangten nach seinem Papa. Langsam fing Atemu an zu ahnen und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Da schloss sich auch schon die Geheimtür. Der Zauberer machte mit seinem Zauberstab etwas Licht und trat voran, gefolgt von Atemu und Mahad.

Der kleine Prinz wusste nicht, wie lange sie schon wanderten. Doch über ihn war immer wieder ein Poltern und Prasseln zu hören. Es machte ihm Angst. Sein Kätzchen lief mittlerweilen neben ihm. Instinktiv hatte Atemu nach einem Zipfel vom Mantel des Zauberers gegriffen. Er wollte diesen nicht verlieren. Der Zauberer duldete es schweigend, was Mahad wiederum verwunderte.

„Duhuuuuuu... Zauberer?“ fragte da plötzlich Atemu. Der Magier blieb stehen. „Was wollten die Menschen von meinem Papa?“ Tiefes Schweigen. „Ich weiß es nicht...“ murmelte der Magier leise. „Du lügst!“ war die bestimmte Antwort. Der Magier drehte sich nun zu Atemu um und ging in die Knie, um mit seinem Gesicht auf gleicher Höhe mit dem Gesicht des kleinen Prinzen zu sein. „Bist du stark genug, um die Wahrheit zu verkraften?“ fragte er leise. Atemu starrte in die Augen des Zauberers. Er ahnte etwas, nur konnte er dieses Gefühl nicht zu ordnen, da er noch nie in seinem Leben mit Hass, Leid, Verrat und Schmerz konfrontiert wurden war. „Diese Menschen verlangten nach deinem Vater, um ihn zu stürzen. Sie sind der Meinung, dass dein Vater ein schlechter Herrscher ist und dem Volk nur Leid bringt. Sie wollen ihn stürzen und töten. Und sie wollen alles von ihm töten. Auch dich! Damit keiner von seinem Blut je wieder auf den Thron kommt.“ Atemu starrte den Magier an. Irgendwie begriff er die Worte. Irgendwie wusste er auch, was das bedeuten sollte. Aber etwas in ihm verweigerte sich, es zu realisieren. Der Magier erhob sich wieder und setzte sich in Bewegung. Atemu und Mahad folgten.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten die Drei und das Kätzchen auf einem Hügel das Ende des Ganges. Tief atmeten sie die frische Nachtluft ein. Im Osten begann es schon zu dämmern. Atemu blickte sich langsam um. Er war hier noch nie gewesen... Da blickte er nach Westen und auf die Stadt, in deren Mitte der große Palast des Pharaos thronte. Doch dieser Palast stand in Flammen! „Papa...“ hauchte Atemu matt, als er fassungslos in die Knie sank. Sein Heim verbannte da gerade...

Emotionslos starrte der Zauberer auf die Flammen und Mahad biss sich auf die Lippen. Das durfte nicht sein! Plötzlich ertönte hinter ihnen Hufgetrappel. Einer der engsten Vertrauten und Offizier des Heeres vom Pharao, Subaru, kam mit zwei leeren Pferden und einer Eskorte von etwa zehn Mann im gestreckten Galopp angeritten. Aufbäumend parierten sie ihre Pferde, als sie Mahad erreichten. „Was ist passiert?“ fragte Mahad leicht besorgt, da dies definitiv nicht zum Plan gehörte. Subaru neigte leicht sein Haupt zur Begrüßung. „Es ist schrecklich! Der Putsch ging von Aknamkanons Bruder aus. Dieser hat alles vernichtet und zerstört. Er hat den Pharao durch die Gassen der Stadt fast zu Tode geschleift. Halbtot hat er ihn dann auf den Scheiterhaufen verbrannt. Der Palast wurde ebenfalls in Flammen gelegt. Alle, die treu zu Aknamkanon standen, wurden brutal vernichtet. Auf Atemus Kopf ist ein hohes Kopfgeld ausgesetzt. Er will Atemus Kopf auf einem Silbertablett gebracht bekommen!“ Fassungsloses Schweigen folgte. Der kleine Prinz hatte alles gehört. Und während er auf die Flammen seines Palastes starrte, begriff und verstand er nach und nach die Worte, die Subaru gesagt hatte. „Am allerbesten wäre es, wenn wir den Prinzen zu Pferd sofort auf das nächste Schiff bringen, was ihn nach England bringt. Dort kann er in Ruhe seiner Ausbildung nachgehen und sich auf den Tag vorbereiten, wenn er wieder zurück kommt und die Verräter bestraft. – Nur so können wir den Prinzen schützen!“ sprach Subaru nach einer Weile weiter. „Wie sicher ist er denn? Wer weiß noch davon, dass er nach England geht?“ fragte Mahad besorgt. Da grinste Subaru. „Verzeiht, Mahad. Aber es war alles geplant. Denn Aknamkanon ahnte es schon lange, dass sein Bruder gegen ihn intrigierte. Nur konnte er es ihm nie nachweisen. Also bat er mich die Flucht Atemus vorzubereiten. Dir wurde es nur so gesagt, damit du den Prinzen schonend darauf vorbereiten konntest. – Niemand wird wissen, unter welchen Namen der Prinz in England leben wird. Niemand, außer du, ich, der Magier und der Prinz selber! Selbst meine Leute hier wissen es nicht!“ Mahad atmete tief durch. „Was wirst du nun machen?“ fragte Mahad den Magier, als er sich auf das Pferd schwang. Der Zauberer der dunklen Magie antwortete nicht. Er trat an den kleinen Prinzen ran und drückte seine Schulter, während er weiter in die Flammen starrte. Er war schockiert gewesen, als er die Tränen beim Pharao gesehen hatte. Er hatte diesen komplett falsch eingeschätzt gehabt. Und nun der kleine Prinz. Er zitterte am ganzen Körper, er weinte hemmungslos und war sich leider viel zu sehr bewusst, was das hier alles bedeutete. Der Magier wusste, der Prinz brauchte nun jemanden, der ihn führte, damit er nicht noch den letzten Funken Menschlichkeit verlor. Denn der Zauberer spürte es in der Aura Atemus, dass dieser so eben gestorben war. Innerlich zerbrochen und um viele Jahre gealtert. Atemu war mit zehn Jahren Pharao, musste sein Volk regieren und es blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Volk in Stich zu lassen und zu fliehen.

„Wir müssen aufbrechen, mein Prinz...“ raunte der Magier leise.

Begegnung

Begegnung
 

Ein kräftiger Schecke näherte sich vorsichtig einem Seitenarm des Nils. Das Ufer war komplett mit Sträuchern und Geäst zugewachsen. Und dennoch schien der Reiter nicht das erste Mal hier zu sein, denn zielstrebig ritt er das Pferd auf eine scheinbar undurchdringliche Stelle zu. Kurz vor dem Gebüsch zügelte er den Schecken und er hob leicht seinen Umhang. Ein kleines braunes Fellknäuel sprang vom Pferd und huschte in das Gestrüpp. Violette Augen folgten der Fellkugel. Nach einer geraumen Zeit sprang das Fellknäuel aus dem Gestrüpp. Mit einem lauten Fiepen signalisierte es, dass die Luft rein war und Niemand ihr Versteck gefunden oder in Beschlag genommen hatte. Vorsichtig ritt der Reiter durch das Gestrüpp, dabei keine Spur hinterlassend. Von außen sah es nicht so aus, als ob hier wer durchgekommen ist.

Das Pferd trat auf eine relativ große, ellipsenförmige Lichtung, die mit Gras bewachsen war. Auch zwei große alte Bäume standen da, die Schatten spendeten. Ein Baum ließ sogar einen Ast bis tief ins Wasser wachsen. Der Reiter atmete erleichtert auf. Er sprang aus dem Sattel, sattelte das Pferd ab und entkleidete sich selber. Zusammen mit Kuriboh und seinem Schecken sprang Yugi ins kühle Nass, um sich abzukühlen und zu reinigen. Nach einer Weile trat Yugi wieder ans Ufer und legte sich in die Sonne, während sein Pferd anfing zu grasen. Auch Kuriboh legte sich neben Yugi und genoss die Sonne. Er fing leise an zu sirren. Es hörte sich fast so an wie das Schnurren einer Katze. Yugi musste lächeln, als er hörte, wie Kuriboh wieder fröhlich vor sich hin sang. Mit einem tiefen Seufzen schloss er seine Augen.

Wie oft hatte er seine Vergangenheit Revue passieren lassen und wie oft musste er leider feststellen, dass, wenn er die Augen wieder öffnete, sich nichts verändert hatte. Er war gefangen im Zwielicht dieses Landes!

Was war passiert?

Yugi hatte stolz seinen Eltern erzählt gehabt, dass er einen Drachen angefasst hatte. Sein Vater beschloss, am nächsten Tag mitzugehen, weil er wissen wollte, was das für „Freunde“ waren, die sein Sohn gefunden hatte. Yugi hatte etwas Angst gehabt, dass sein Papa ihm das Spielen verbieten würde, weil der weiße Drache ja so groß war. Kaum hatten die Beiden die Lichtung betreten, blieb sein Vater wie angewurzelt stehen und Kuriboh sprang Yugi vor Freude an. Yugi musste seinem Vater auf dieser Lichtung, mit den Drachen als Zeugen, hoch und heilig versprechen, dass er niemanden von den Drachen und der Lichtung erzählen würde, dann durfte er jeden Tag zum Spielen hier herkommen. Yugi schwor es mit tiefster Inbrunst!

So vergingen die Jahre. Wie oft hatte Papa ihn von der Lichtung wütend abgeholt, wenn Yugi mal nicht seine Aufgaben erledigt hatte. Oder wie oft hatte ein Drache ihn nach Hause gebracht, wenn Yugi mal zu spät war oder sich verletzt hatte. Es war ein friedliches Miteinander. Seine Mama hatte ihn oft Leckereien für die Drachen mitgegeben.

Dann kam der Tag vor nun sechs Jahren. Yugi war zehn geworden, da wurde sein Papa auf der Straße zwischen der Stadt und seinem Dorf überfallen und getötet. Man hatte ihn zu Tode gefoltert, ob er nicht irgendwo was Wertvolles versteckt hätte und da lockten sie ihm das Geheimnis über die Lichtung der Drachen heraus. Jeder Räuber, Dieb, Monstertrainer und Erwachsener wusste, dass Drachen wertvoll waren. Ganz besonders der große weiße Drache mit den eisblauen Augen. Wenn man diesen gefangen und gezähmt bekäme, wäre man unbesiegbar! Yugi hatte durch Zufall ein Gespräch an diesem Abend zwischen seiner Mama und einen Monstertrainer mit angehört. Er hatte nicht alles verstanden, jedoch wusste er instinktiv, dass seine Freunde in Gefahr waren. Er schlich sich leise aus dem Elternhaus und rannte auf geradem Weg zur Lichtung. Schon vom weitem hörte er Menschenstimmen und das Brüllen von Drachen. Blinde Angst um seine Freunde trieben den Jungen immer schneller voran. Und mit jedem Schritt wurde etwas in Yugi reifer und erwachsener. Plötzlich war ein schwarzer Feuerdrachen neben ihm. „Spring auf!“ knurrte dieser. Yugi griff mit seiner Hand nach einem Horn des Drachen. Kaum hatte er ein Horn ergriffen, warf der Drache ihn mit einer Kopfbewegung vollends auf den Rücken. Yugi klammerte sich an den Hörnern des Drachens fest, während er mehr auf dem Hals als auf den Rücken saß. Mit kraftvollen Flügelschlägen stieß sich der Drache in die Luft und schoss wie ein Pfeil über die Bäume zur Lichtung. Zwei Atemzüge später waren sie auf der Lichtung. Ein Großteil der Drachen war geflüchtet, doch eine Handvoll lag verletzt am Boden. Und schützend vor ihnen stand hoch aufgebäumt der weiße Drache. Er brüllte trompetend und schoss immer wieder Lichtblitze gegen die angreifenden Monster der Monstertrainer. Yugi sah ein Schlachtfeld vor sich und er war entsetzt. Da erblickte er seinen kleinen Freund Kuriboh zwischen den Hinterbeinen des weißen Drachens. „Kuriboh!“ schrie da Yugi erleichtert, während sein Drache einige Kreise um den weißen Drachen zog, damit Kuriboh aufspringen konnte. Es war ein gewagtes und sehr riskantes Manöver. Doch die Menschen und Monster hielten in ihren Angriffen für einen Moment inne, als sie den kleinen Jungen auf den Drachenrücken sahen. Und schon war der Drache mit Kuriboh und dem Jungen wieder weit oben in den Lüften. Yugi starrte runter zu dem weißen Drachen, der ihnen nachblickte. Violette und blaue Augen trafen sich. Yugi wusste, wenn er hier eingreifen und den Drachen helfen würde, würde sein Leben nicht mehr so sein wie es mal war. Er würde alles verlieren, denn die Menschen, welche die Drachen fangen wollten, waren Untergebene des Königs und wer sich gegen den König stellte, war ein Verräter!

„Bitte vergib mir, Mama!“ rief Yugi unter Tränen und wandte sich dann an Kuriboh. Er wusste, was für Fähigkeiten sein kleiner Freund hatte. Im täglichen Spiel hatte Kuriboh diese Fähigkeiten nach und nach alle angewandt, um nicht gegen Yugi zu verlieren. „Kuriboh... du musst eine Wand vor den Drachen aufbauen!“ bat Yugi die kleine Fellkugel. Kuriboh nickte und sprang auch schon vom Drachen in die Tiefe. Während er runterflog, aktivierte er seine Fähigkeiten und vervielfachte sich ins unendliche bis eine riesengroße Wand an Fellkugeln zwischen den Drachen und den Menschen stand. Der dunkle Drache stürzte sich mit Yugi in die Tiefe und kam kurz vor dem Boden hinter der Wand aus Fellknäueln vor dem weißen Drachen zum Stehen. „Kannst du einen tragen?“ fragte da Yugi leise. Der Drache nickte. Und plötzlich waren neben Yugi noch drei weitere Drachen. „Was?“ Yugi schaute sich verblüfft um. Wo kamen die Drachen her? „Ich habe deine Gedanken mit den unseren verbunden, damit jeder von uns weiß, was du möchtest.“ Lächelte da leise der weiße Drache. Yugi war begeistert und strahlte zurück. Alle Drachen griffen nun nach ihren verletzten Kameraden und flogen hoch in den Himmel, geschützt von der Wand aus Fellknäueln. Kuriboh war zwischenzeitlich wieder auf den Drachen und in Yugis Arme gesprungen. „Los!“ feuerte der Junge den Drachen unter sich an, der seine gesamte Kraft aufwenden musste, um in die Lüfte zu steigen. Da gab ein Monstertrainer einem Magier einen Befehl und eine Blitzkugel kam angeflogen und traf Yugi in dem Rücken. Dieser schrie gellend vor Schmerzen auf und während er vom Drachen in die Tiefe fiel, wurde er bewusstlos.

Yugi lag in Ketten, als er wieder zu sich kam. Er hörte im Nachbarzimmer Stimmen, die mit einander lautstark diskutierten. Eine der Stimmen war die von seiner Mama. Yugi weinte bitterlich. Da tauchte plötzlich Kuriboh auf und befreite ihn. Seit dem waren die Beiden auf der Flucht.

Die Jahre gingen ins Land und aus dem kleinen Jungen wurde ein Krieger und Dieb. Yugi musste sein Land verlassen und auf der Flucht vor seinen Häschern landete er irgendwann in Ägypten. Im Land am Nil. Doch hier musste er im tiefsten Zwielicht leben. Der Pharao, der hier über das Land regierte, knechtete seine Bevölkerung, die Monster, einfach alles. Fremde wurden nicht geduldet. Yugi war gezwungen hier im Wüstenland als Dieb zu leben. Er musste sich alles, was er brauchte, zusammenstehlen. Seine Eltern hatten ihn zur Ehrlichkeit erzogen und so tat es ihm jedes Mal weh, wenn er stehlen musste. Kuriboh hatte sich darauf spezialisiert, diesen Part für Yugi zu übernehmen. Ja, Kuriboh war der treue Begleiter an Yugis Seite.

Nach und nach baute sich Yugi Verstecke auf, wo er sich für mehrere Tage zurückziehen konnte, so wie auch jetzt. Er wusste nicht, was aus seiner Mama geworden ist. Ob es ihr gut ging? Leise Tränen liefen über Yugis Gesicht, als er eingeschlafen war.
 

Ein zweiter Reiter näherte sich dem Ort, wo Yugi schlief. Der Reiter saß auf einem edlen schwarzen Hengst. Das Sattelzeug war aus edlem Leder und mit Silber und Gold beschlagen. Rubine funkelten sowohl an dem Zaum als auch am Sattel. Der Reiter trug die Kleidung eines Arabers. Alles aus edlem Stoff. Um die Hüfte trug er eine rote Schärpe, in der ein goldener Dolch steckte. Der Griff des Dolches war mit Opalen und Rubinen verziert. Auf der Klinge selber waren filigran die Worte „Blut ist schwerer als Wasser“ eingraviert. Der Reiter wurde von einem Magier begleitet.

Müde hielt der Reiter sein Pferd an. Seine amethystfarbenen Augen musterten das Unterholz vor sich. Nichts war zu erkennen, dass hier ein menschliches Wesen war, dennoch wirkte irgendwas an dem Gebüsch nicht natürlich. Eine leise Handbewegung des Reiters und der Magier verschwand in dem Gebüsch. Es dauerte nicht lange, da kam der Zauberer der dunklen Magie leicht lächelnd aus dem Gebüsch hervor. „Es ist alles in Ordnung.“ Der Reiter runzelte die Stirn und ritt an. Mit wenigen Schritten war er durch das Unterholz und hielt auf der grünen Fläche vor dem Fluss. Ein Blick glitt zum Schecken, der dort zu seiner linken Hand friedlich graste. Dann fiel sein Blick zu seiner rechten Hand auf den halbnackten Jungen, der dort unter dem Baum schlief. Neben ihm lag ein kleines Fellknäuel. Der Reiter stutzte. Ein Kuriboh? Kuribohs zählen als sehr scheu. Umso erstaunter war der Reiter, so eine Fellkugel neben einem Menschen liegen zu sehen, ja gar sich an den Menschen richtig ankuschelnd. Der Reiter kam zum Schluss, dass von dem Jüngling keine Gefahr ausging und stieg ab. Er ließ sein Pferd erst einmal stehen und trat an Yugi ran. Dieser und Kuriboh schliefen tief und fest. Leise Tränen liefen jedoch über die Wangen von dem Jungen und der Reiter wandte sich nachdenklich ab. Der Kleine schien ja schon einiges erlebt zu haben! Leise machte er sich nun daran das Pferd abzusatteln. Anschließend machte er ein kleines Lagerfeuer und bereitete sich etwas zu Essen.

Es dauerte nicht lange, da kam Leben in den Jüngling. Yugi hatte Hunger. Großen Hunger. Und da stieg ihm plötzlich Bratenduft in die Nase. Instinktiv drehte er sich auf die Seite und blickte zu der fremden Person, die an einem Lagerfeuer saß und Essen zu bereitete. Lange blickte Yugi zu der Person, bis er endlich realisierte, dass er nicht alleine war. Mit einem Schwung stand er auf den Beiden und griff zu seinem Dolch. Auch Kuriboh war hochgeschreckt und stellte sich leise knurrend neben Yugi. Der Fremde hatte alles beobachtet und rührte sich nicht. Lange blickten sie sich an. Yugi war misstrauisch. Wer war der Fremde und was wollte er hier? War er auf der Jagd nach ihm? So viele Gedanken schossen durch seinen Kopf und dennoch fühlte sich Yugi so unendlich hilflos, weil er nicht wusste, was er machen sollte. Der Fremde blickte in die Augen des Jüngeren und er las zu seinem Erstaunen das Dilemma in Yugis Augen: Angst, Panik, Kampflust, Widerstand, Misstrauen und absolute Hilflosigkeit. „Ich habe was zu essen gemacht. Wollt ihr etwas haben?“ fragte der Fremde sanft und versuchte über Kuriboh an den Jüngeren ranzukommen. Yugis Augen verengten sich. „Nein, danke!“ antwortete er kalt. Doch Kuriboh jauchzte vor Freude auf und war auch schon prompt bei dem Fremden, der ihm etwas zu essen gab. Yugi war verblüfft und geschockt, dass Kuriboh so vertrauensselig zu dem Fremden ging. Da tauchte plötzlich der Zauberer der dunklen Magie in Yugis Blickfeld auf. Yugi stutzte und blickte zwischen den Fremden und den Magier hin und her. „Ihr gehört zusammen?“ fragte Yugi leise. Der Fremde nickte leicht. „Mein Freund und Beschützer...“ sagte er sanft. Yugi musterte den Magier genau und er stellte fest, dass der Magier sein eigener Herr war. Keine Ketten, Bannsprüche oder Halsbänder, die ihn zum Sklaven des Menschen machte. Und wenn Yugi eins gelernt hatte in den letzten Jahren, dann dass man Menschen blind vertrauen konnte, die mit Monstern befreundet waren.

Yugi schluckte schwer, als er seinen Dolch ablegte und ans Feuer trat. „Setz dich...“ murmelte der Fremde leise. „Wie heißt du?“ fragte er weiter, als Yugi sich gesetzt hatte und dankbar etwas von der Mahlzeit entgegennahm. „Ich heiße Yugi. Das hier ist Kuriboh. Ein eigentlich sehr misstrauischer Gesell...“ grinste Yugi vorsichtig. Der Fremde lachte warm auf. „Ja, Kuribohs sind eigentlich sehr scheu. Du bist der erste, den ich bis jetzt gesehen habe, der mit einem Kuriboh befreundet ist. Ich bin Faisal. Und das hier ist mein Zauberer der dunklen Magie.“ Yugi nickte leicht und entspannte sich langsam. „Kuriboh kenne ich seit meinem fünften Lebensjahr.“ Faisal lächelte warm. Schweigend aßen die vier nun die gekochte Mahlzeit. Als sie fertig waren, wurde Yugi wieder müde und er legte sich auf den Rücken. „Du bist nicht von hier?“ fragte da Faisal interessiert. „Nein.“ Antwortete Yugi einsilbig. „Dir gefällt das Thema nicht, hm?“ Yugi drehte seinen Kopf leicht und blickte zu Faisal. „Was willst du von mir?“ – „Wissen, wer du bist und was du machst.“ Faisal war ernst geworden, aber nicht bedrohlich. Yugi schaute lange in Faisals Augen. Dieser schien nicht das zu sein, was er wohl zu sein vorgab. Aber es schien auch keine Gefahr von ihm auszugehen... Leise seufzend antwortete Yugi. „Ich bin auf der Flucht. In meinem Land galt ich als Verräter am König. Im Laufe der Zeit hat es mich hier her verschlagen und auf Grund des aktuellen Herrschers muss ich mich versteckt halten. Habe also auf meinen Streifzügen mir eine Reihe an Verstecken errichtet, wo ich immer wieder mal mich zurück ziehen und auch gefahrlos mal einige Tage verbringen kann.“ – „Was hast du gemacht?“ wollte Faisal neugierig wissen. Yugi kamen wieder die Tränen. Er schloss seine Augen. „Ich habe Freunden von mir geholfen, damit sie nicht in die Gefangenschaft geraten...“ Yugis Stimme war von Tränen erstickt. „Deine Freunde sind Wesen wie ich und Kuriboh?“ fragte da der Magier. Yugi nickte. Faisal blickte eine Weile zu Boden. „Wie überlebst du hier?“ fragte er da. „Ich bin ein Dieb. Ich steh auf unterster Stufe. Der Pharao lässt alles Fremde töten oder versklaven. Ich reise durch das Land, in der Hoffnung, dass irgendwann ein neuer Pharao die Macht übernimmt und ich endlich wieder aus dem Zwielicht austreten kann. Ich hasse es, stehlen zu müssen. Kuriboh nimmt mir mittlerweile die Aufgabe ab.“ Antwortete Yugi ehrlich und vertrauensvoll. Er wusste nicht warum, aber er fühlte sich zu Faisal hingezogen, vertraute ihm. Dieser nickte leise. Da kam ihm eine Idee. „Yugi? Du reist durch das Land? Kennst du da auch die Wüste und Wege, wie man ohne großen Aufsehens von einem Punkt zum nächsten kommt?“ Yugi blickte auf. „Wo willst du hin?“ fragte er nur. „Ich muss in die Stadt des Pharaos...“ antwortete Faisal, dabei Yugi scharf beobachtend. „Wenn möglich, ohne entdeckt oder gesehen zu werden!“ Yugi stutzte. Er sah Faisal nun scharf an. Es gingen seit einiger Zeit Gerüchte um, dass der wahre Pharao wieder im Lande sei und seinen Thron zurückfordern wolle. Sollte Faisal? „Du gehörst zu den Leuten, die den wahren Pharao unterstützen?“ fragte Yugi misstrauisch. Faisal lächelte leise. „Ich werde dich natürlich bezahlen für deine Dienste.“ Sagte Faisal nur und hielt ein Säckchen voller Goldstücke hoch. Yugis Augen weiteten sich ungläubig. Das war viel Geld! Damit konnte er locker mindestens ein halbes Jahr auskommen ohne stehlen zu müssen! Yugi blickte fragend zu Kuriboh. Dieser sprang vor Begeisterung auf und ab. Yugis Gesicht wurde immer sanfter und wärmer und endlich strahlte er über das ganze Gesicht, als er das Angebot annahm. „Da machen wir morgen los!“ schlug Faisal vor, der ganz genau sah, dass Yugi noch etwas Erholung brauchte. Dieser nickte nur dankbar und legte sich wieder hin um zu schlafen.

Unterwegs

Unterwegs
 

Faisal konnte nicht schlafen. Der Himmel war sternenklar und der Mond schien hell. Faisal beobachtete Yugi, wie dieser schlief. Sein Gesicht war entspannt aber Leidgeprüft. Was hatte der Kleine bereits gesehen? Er hörte Kuriboh summen. Das kleine Fellknäuel unterhielt sich mit seinem Magier. Wahrscheinlich wollte der Magier alles über Yugi wissen. Verständlich, da jeder Fremder eine tödliche Gefahr für Faisal bedeuten konnte.

Seufzend erhob sich Faisal und trat an das Wasser. Sein Blick ging in den Himmel zu den Sternen. Man sagt, dass die großen Könige der Vergangenheit da oben sind und über einen wachen. Ob sein Vater auch da oben war?

Nie würde Faisal die Nacht vergessen, als seine heile Welt zusammengebrochen war und er seine Familie und sein Heim verlor. Damals war er noch Atemu, der Sohn des Pharaos. Man hatte ihn zu dem nächsten Schiff eskortiert, damit er nach England gebracht werden sollte. Tatsächlich jedoch landete Atemu in Spanien bei einer Adelsfamilie, die mit seinem Vater befreundet war und ihm den Gefallen getan hatte, Atemu aufzunehmen, damit dieser erst einmal aus der Schusslinie ist. Als Atemu ihnen erzählte, was in der Nacht passiert war, waren sie geschockt. Sie sorgten dafür, dass Atemu eine komplett neue Identität bekam, damit er gefahrlos aufwachsen konnte. Atemu wurde zu Faisal. Er besuchte die besten Schulen, bekam den besten Unterricht und lernte alles, was ein Mitglied des Hochadels wissen und beherrschen musste. Jedoch bestanden seine Pflegeeltern auch darauf, dass er zusätzlich die höfische Ausbildung eines Pharao-Sohnes bekam. Sie ließen da extra einen alten Priester und Gelehrten aus Ägypten holen.

Nach und nach erfuhr Faisal, wie weise es von seinem Vater war, so viele verschiedene Fährten zulegen. Denn man hatte wirklich in England und Frankreich nach ihm Ausschau gehalten. Irgendwann hatte Faisal erfahren, dass sein Onkel, der seinen Vater verraten hatte, selber einen Putsch zum Opfer fiel. Er wurde gestürzt von dem Menschen, der ihn zu dem Putsch gegen seinem Vater angestachelt hatte. Seit dem ging es wohl bergab mit Ägypten. Das Land hatte sich komplett von der Außenwelt abgeschirmt, die Bevölkerung litt Hunger und stöhnte unter der brutalen Knechtschaft. All das, was sein Vater aufgebaut hatte, war dahin und zerstört.

Endlich, endlich war Faisal mit seiner Ausbildung fertig und nun machte er sich auf den Weg, sich den Thron zurückzuholen. An seiner Seite, der Zauberer der dunklen Magie. Mit dessen Hilfe hatte er Kontakt zu Mahad und Subaru aufgenommen gehabt. Sie haben alles vorbereitet für die Rückkehr des Pharaos Atemu. Nur musste dieser jetzt, wenn möglich ungesehen, in die Stadt des aktuellen Pharaos kommen. Und hier traf er auf Yugi. Es musste ein Geschenk Ras sein, dass dieser den Jüngling ihn über den Weg laufen lassen hat.

Tränen der Hilflosigkeit liefen über Faisals Wangen. Da kam Kuriboh und streichelte ihn beruhigend. Faisal nahm das Fellknäuel in seine Arme und drückte sein Gesicht in das plüschige Fell. Er brach weinend zusammen. Faisal hatte all die Jahre keine Träne geweint und jetzt, wo er seiner Heimat so nah war, brach der ganze Schmerz durch. Er sank in die Knie, während er sich wie ein Ertrinkender an Kuriboh festhielt und laut weinte. Der Magier stand neben den jungen Mann und schwieg hilflos. Er wusste nicht, was er machen sollte.

Yugi wurde durch das Weinen wach. Er beobachtete eine Weile Faisal und kam zum Schluss, dass der Ältere wohl ganz allein auf der Welt war und jemanden brauchte, an dem er sich anlehnen konnte. Langsam erhob sich Yugi und trat an Faisal heran. Vor Faisal ging Yugi in die Knie und nahm ihn in den Arm. Faisal schlang seine Arme um Yugi und grub sein Gesicht in dessen Schulter. Die Tränen wollten kein Ende nehmen. Das Weinen wurde immer lauter und verzweifelter. Er vermisste seinen Vater. Er wollte nicht diese schwere Bürde tragen. Unbewusst stammelte Faisal immer wieder „Vater“ und Yugi ahnte, dass der Ältere seinen Vater wohl verloren hatte. Er verstand ihn sehr gut und hielt ihn einfach nur fest.

Irgendwann beruhigte sich Faisal wieder und er löste sich peinlich berührt von Yugi. „Verzeih...“ raunte er. Yugi schüttelte nur den Kopf. „Es ist ok. Es braucht dir nicht peinlich zu sein. Es ist ganz normal. Lass uns schlafen. Es kommen anstrengende Tage auf uns zu.“ Faisal nickte leicht und legte sich hin. Das Weinen hatte ihn so erschöpft, dass er schon eingeschlafen war, kaum, dass er lag. Yugi blickte zu den Älteren und wartete, bis dieser fest schlief. Dann wandte er sich an den Magier. „Er hat seinen Vater verloren?“ Der Magier nickte. „Verstehe... – könntest du bitte Wache halten?“ fragte er den Magier und dieser nickte erneut. Und mit Kuriboh im Arm legte sich Yugi selber auch wieder hin und schlief ein.
 

Die Sonne war seit einer geraumen Zeit aufgegangen, als Yugi langsam wach wurde. Er hatte schon lange nicht mehr so gut geschlafen. Genüsslich streckte er sich und genoss das Vogelzwitschern und das Rauschen des Flusses. Langsam döste Yugi wieder ein, da platschte es in sein Gesicht. Kuriboh war im Fluss baden gewesen und als er gesehen hatte, dass Yugi sich bewegte, kam er angerannt und sprang triefend vor Wasser in Yugis Gesicht. Yugi fuhr hoch und schnappte nach Luft. Er war jetzt definitiv hellwach. Und während er sich noch verwirrt umschaute, hörte er das vergnügte Lachen von Kuriboh, was sich entfernte. Yugi schaltete sofort und jagte Kuriboh hinterher, der sein Heil im Fluss suchte. Als Beide, Monster und Mensch, die Fluten des Flusses erreichten, entspann sich eine wilde Wasserschlacht.

Faisal hatte die Pferde bereits versorgt und gesattelt. Nun saß er an einem Lagerfeuer, über dem er Kaffee kochte. Er hatte Yugi schlafen lassen, um selber noch etwas für sich zu bleiben. Zuerst war Faisal total geschockt, als die triefendnasse Fellkugel mit einer Herzenslust mitten in Yugis Gesicht landete. Er hatte schon zu viel gesehen, wie Menschen mit Monstern umgingen und daher hatte er mit allem gerechnet, nur nicht mit dem kindlichen Spiel, was sich zwischen Yugi und Kuriboh entspann. Die Beiden verhielten sich wie Brüder und spätestens jetzt glaubte Faisal, dass die Beiden von klein auf zusammen waren. Er hatte noch nie so eine Vertrautheit zwischen Monster und Mensch gesehen. Fantastischer machte dies alles, dass das Monster Kuriboh war. Kuriboh ist ein kleiner kecker Kobold, der gerne Streiche spielte, aber sehr scheu war. Kuribohs gingen sehr selten Freundschaften mit anderen Wesen ein, als mit der eigenen Spezies. Oft werden Kuribohs bei Drachen gesehen. Wenn Drachen und Kuribohs keine Freundschaft eingingen, dann jedoch eine Zweckgemeinschaft. Die Drachen schützten die verhältnismäßig schwachen Fellkugeln mit ihrer Kraft und Stärke und im Gegenzug wachten die Kuribohs über den Schlaf der Drachen und schützten diese mit ihren Fähigkeiten, wenn die Drachen mal aus dem Hinterhalt angegriffen wurden. Faisal wurde nicht schlau aus den Beiden und ganz besonders Yugi war für ihn ein Mysterium. Der Kleine wirkte so kindlich naiv, zerbrechlich und vertrauensselig, dass es eigentlich unglaublich war, dass er in dieser Wildnis so ohne weiteres überlebte. Und dennoch straften seine Spannkraft, sein Instinkt, sein Reaktionsvermögen und sein Misstrauen dem ganzen als Lüge. Yugi schien sehr vorsichtig zu sein und hasste Gewalt und dennoch war er bereit, ohne Kompromisse Gewalt bis zum äußersten anzuwenden.

Faisal beobachtete die Beiden nachdenklich und langsam wurde sein Blick wärmer und sanfter, je länger er den Beiden beim Spielen zuschaute. Jedes Mal, wenn Yugi aufhören und den Fluss verlassen wollte, fing Kuriboh wieder an zu provozieren und es entspannte sich erneut eine Wasserschlacht. Faisal fing leicht anzulächeln und je länger er den Beiden zuschaute, desto amüsierter wurde er, bis er irgendwann warm auflachte ob dieser Szene.

Yugi und Kuriboh hielten verdutzt inne, als sie das warme Lachen Faisals hörten und Kuriboh plusterte sich auf. Niemand, außer Yugi, durfte über ihn lachen. Blitzschnell und ohne nachzudenken, formte er eine Wasserkugel und schoss sie auf Faisal. Die Wasserkugel traf ins Schwarze! Faisals Lachen erstickte in dem Wasserschwall, der sich über seinen Körper erstreckte. Yugi erstarrte vor Entsetzen. Er selber hatte zu oft erlebt, wie Menschen mit Monstern umgingen und rechnete mit allem, nur nicht mit dem was nun folgte. Faisal war durch die Wucht des Aufpralls von dem Wasser hintenüber geflogen. Verblüfft über den Angriff, rappelte er sich auf und musterte die kleine aufgeblasene Fellkugel im Wasser, die schon erneut eine Wasserkugel formte. Ein diabolisches Grinsen zuckte über Faisals Gesicht, als er seinem Magier mit einer Handbewegung bedeutete, Kuriboh eine Lektion zu erteilen. Yugi war blass geworden, als er die Handbewegung Faisals sah und er ging in Deckung, als er sah, wie der Magier sich zum Kampf bereit machte, doch dann sah er das belustigte und schelmische Funkeln in Faisals Augen und Yugi tauchte grinsend unter Wasser. Zu rechten Zeit, denn der Magier wandte seine Magie an und setzte Kuriboh mit einer Wasserwand unter Wasser. Als das Wasser sich wieder beruhigte, fiepte Kuriboh kläglich und suchte Schutz bei den sich vor Lachen krümmenden Yugi. Als Kuriboh Yugi lachen sah, plusterte er sich auf und verschwand schmollend. Die Wasserattacke hat sein Ego verletzt. Dies veranlasste Yugi, nur noch mehr zu lachen. Mit letzter Kraft hievte Yugi sich ans Ufer, wo er vor Lachen auf dem Rücken liegen blieb. Er konnte nicht mehr.

„Ich hoffe, die Attacke war nicht zu heftig für den Kleinen...“ blickte Faisal besorgt dem schmollenden Monster nach. Yugi lachte noch mehr, als er nur mit dem Kopf schüttelte. „Keine Sorge!“ brachte er irgendwie raus. Dies veranlasste Faisal selber wieder belustigt zu lächeln.
 

Die Sonne stand schon relativ hoch, als zwei Reiter sich durch den heißen Wüstensand kämpften. Es waren Faisal und Yugi, die auf ihren Schecken und Rappen ritten. Die Wasserattacke hatte den gekochten Kaffee vernichtet und so waren die Beiden sofort aufgebrochen. Es war kurz vor Mittag und die Sonne stand schon ziemlich hoch.

„Wie lange willst du noch reiten?“ fragte da Faisal, der ziemlich mit der Hitze zu kämpfen hatte. Zu lange war er aus dem Wüstenland weg gewesen und leider erst seit wenigen Tagen wieder da. Er musste sich erst wieder an die Hitze gewöhnen. Yugi blickte zur Sonne. Er litt ebenfalls unter der Hitze. Eigentlich war es ein Wagnis, bei der Mittagshitze durch das vor ihnen liegende Dünenmeer zu reiten. Aber wenn sie jetzt Rast machen würden, würden sie nicht lebend zur nächsten Wasserstelle kommen. „Wir halten nicht vor Sonnenuntergang an!“ meinte er und trieb sein Pferd etwas zügiger an. Jedoch darauf bedacht, dass das Pferd am langen Zügel im Schritt ging, damit es so wenig wie möglich Kraftaufwand hatte. Faisal blickte zu Yugi und zögerte kurz wegen dieser Aussage. „Du hast dich meiner Führung anvertraut, also musst du nun zwangsläufig mir folgen, wenn du überleben willst!“ grinste dieser frech. Ein belustigtes Lächeln huschte über Faisals Gesicht und er schüttelte leicht ungläubig seinen Kopf, als er sein Pferd nun auch etwas mehr antrieb.

So ritten sie schweigend neben einander und die Hitze wurde immer drückender. Und als Faisal der Meinung war, er konnte es beim besten Willen nicht mehr aushalten, nahm die Hitze langsam ab. Die Sonne neigte sich gen Westen. Yugi seufzte erleichtert darüber auf. Auch weil sie das Dünenmeer fast passiert hatten. Dann konnten sie kurz Pause machen, die Pferde tränken und noch einmal eine Stunde im zügigen Trab. Dann waren sie an der letzten Wasserstelle vor der großen Salzseefläche... dem Schott.

„Würdest du mir bitte eine Frage beantworten?“ begann da plötzlich Yugi. Faisal blickte zu dem Jüngeren. „Im welchen Zusammenhang stehst du zu den wahren Pharao, wo jeder davon spricht, dass er wieder im Land ist und sich seinen Thron zurückholen will?“ Faisal blickte nachdenklich vor sich hin. „Warum willst du das wissen?“ – „Damit ich weiß, was mich unter Umständen für Gefahren erwarten werden, wenn wir uns der Stadt nähern...“ wich Yugi aus. Faisal blickte zu Yugi und seine Augen verengten sich misstrauisch. Der Kleine war nicht ganz ehrlich. „Was weißt du von diesem Pharao?“ fragte er nun. „Hm...“ Yugi blickte in den Himmel. „Ich weiß nur das, was ich so von Hörensagen mitbekommen habe. Das Volk erzählt sich, dass der Bruder des Pharao diesen verraten habe und gegen ihn geputscht hat. Bei dem Putsch wurde alles vernichtet und getötet, was zu dem Pharao gehörte oder ihn treu ergeben war. Es heißt, eine Handvoll treuer Ergebener haben den Sohn des Pharaos rechtzeitig aus dem Land gebracht. Allerdings hat der Pharao wohl selber alles von langer Hand geplant gehabt, weil er seinen Bruder der Intrige verdächtigte. Keiner weiß genau, wo der Sohn des Pharaos hingebracht wurde. Atemu... Der Sohn des Pharaos heißt Atemu. Allerdings hat niemand ihn gefunden. Wahrscheinlich hat er einen anderen Namen bekommen. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall wurde der Bruder des Pharaos kein Jahr später ebenfalls gestürzt und hingerichtet. Der jetzige Herrscher über dieses Land ist grausam, brutal und machthungrig. Ich habe viele Menschen leiden sehen und es tat mir weh, dass ich nicht helfen konnte. Sie sehnen sich alle nach Atemu. Ihre Hoffnung lebt, so lange nicht die Kunde kommt, dass Atemu ergriffen und hingerichtet wurde. Und nun gehen Gerüchte um. Es wurde wohl des Öfteren ein kleiner Botenvogel gesichtet, der einem Krieger namens Subaru gehört. Subaru war wohl einer der Treuen, die Atemu zur Flucht verholfen haben. Atemu soll wieder im Lande sein und will seinen Thron zurückerobern.“ – „Wie stehst du zu den Gerüchten? Und dem Pharao Atemu?“ Yugi blickte ruckartig zu Faisal. Er nannte Atemu Pharao?! „Du gehörst zu diesen Menschen? Du gehörst zu diesen Leuten, die Atemu wieder auf den Thron bringen wollen?“ Faisal zuckte unmerklich zusammen. „Wie kommst du darauf?“ – „Du hast ihn Pharao genannt. Also ist er für dich der Pharao und...“ Faisal unterbrach mit einer Handbewegung Yugis Worte. „Es reicht. Sprich nicht weiter. Du sollst nicht wegen mir unnötig in Gefahr kommen, falls etwas schief gehen sollte. Ja, ich gehöre dazu. Und damit alles klappt, muss ich ungesehen in die Stadt, damit die Feinde sich nicht vorbereiten können und es so wenig wie möglich Blutvergießen geben wird.“ Yugi nickte. Er wusste nun woran er war.

Erleichtert atmete Yugi auf, als sie das Dünenmeer passiert hatten. Er stieg von seinem Pferd und gab ihm Wasser. Faisal folgte seinem Beispiel und tränkte ebenfalls sein Pferd. Da trat Yugi an Faisal ran. „Wenn du da hinter zu den dunklen Schatten blickst. Dort ist eine Wasserstelle mit Pflanzenwuchs. Diese müssen wir heute noch erreichen. Dann ist bis morgen erst einmal Pause.“ Faisal nickte leicht. Und schon schwangen sich die Beiden wieder in die Sättel.

Die Beiden brauchten ihre Pferde nicht anzuspornen. Sie schienen das Wasser und das Gras zu wittern, denn sie fielen von sich aus in eine schnellere Gangart. Während sie so dahin jagten, neigte sich die Sonne immer mehr dem Horizont zu und eine frische Brise kam auf, die Pferd und Reiter ins Gesicht und durch die Haare wehte. Die Brise wirkte belebend und die Pferde erhöhten automatisch das Tempo. Es war eine Lust auf den Rücken der Tiere zu sitzen und den Sand unter sich einfach nur dahinfliegen zu sehen. Es dauerte auch nicht allzu lange, da sprießten schon die ersten Gräser vereinzelnd aus dem Sand. Und eine kleine Weile später preschten die Pferde vergnügt wiehernd mitsamt Reitern in den kleinen See, der von einer unterirdischen Quelle genährt wurde.

Als sich Pferd und Reiter soweit abgekühlt hatten, sattelten die Beiden ihre Pferde ab und legten das Lederzeug zum Trocknen in die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Die Pferde begannen sofort zu grasen. Yugi beobachtete die Pferde eine Weile, da trat Faisal neben ihn. „Du hast Angst davor, wenn Atemu wieder Pharao wird?“ Yugi blickte leicht unsicher zu Boden. „Ich weiß nicht, was sich ändern wird und wie es mein jetziges Leben verändert. Ich bin seit sechs Jahren auf der Flucht, immer im Zwielicht. Ich möchte zur Ruhe kommen und wieder ein normales Leben führen.“ Faisal nickte leicht. „Gib die Hoffnung nicht auf. Es wird mit Sicherheit eine Lösung geben... auch für dich!“ Yugi blickte zu Faisal und sah dessen zuversichtlichen Blick. „Danke...“ lächelte er warm und wandte sich dann ab.

Die Sonne war untergegangen und Beide saßen am Lagerfeuer, während Faisal wieder eine Mahlzeit zubereitete. Yugi blickte in die Flamme und stutzte plötzlich. Faisals Magier und Kuriboh spannten sich an und starrten nach Norden. Yugi blickte nun ebenfalls gespannt nach Norden. Faisal erstarrte. Angst kroch langsam seinen Rücken hoch. Er hatte seinen Magier noch nie so angespannt erlebt. Die Luft knisterte vor Spannung. Da waren plötzlich am Horizont mehrere Lichtblitze zu sehen. Eine Weile noch lauschten und starrten alle gespannt nach Norden. Dann entspannte sich der Magier langsam wieder und ließ sich neben Faisal nieder. Dieser atmete nun auch die Luft wieder aus und werkelte weiter. Eher zufällig blickte er zu Yugi und Kuriboh und hielt in seiner Bewegung inne. Kuriboh war gespannt ein Stück in die Wüste gelaufen und verharrte dort. Es schien, als ob er lauschen würde. Auch Yugi erhob sich plötzlich. Sein gesamter Körper war gespannt wie eine Feder. Langsam trat er neben Kuriboh und lauschte ebenfalls.

Plötzlich kam Wind auf und stieß in das Lagerfeuer. Funken stiegen hoch in die Nacht hinauf. Und da... da war auf einmal ein tiefes Heulen zu hören. Ein Heulen, was eher einen trompetenden Brüllen gleichkam. „Ein Drache...“ murmelte der Magier. Faisal blickte verblüfft zu dem Zauberer der dunklen Magie.

Auch Yugi und Kuriboh hörten das Heulen. Und Yugi liefen die Tränen. „Der weiße Drache weint...“ raunte er leise. Kuriboh fiepte bestätigend.

Im Schott

Im Schott
 

Die Sonne ging so eben auf, als Yugi sich schon daran machte, eine Mahlzeit und Kaffee am Lagerfeuer zuzubereiten. Er hatte die ganze Nacht nicht schlafen können. Zuviel ging ihm durch seinen Kopf. Zu einem die heutige Passage über den Schott, dann die Sache, dass Faisal zum Pharao Atemu gehörte und ganz zum Schluss das gestrige Weinen des weißen Drachen. Der Drache hatte lange geweint gehabt. Yugi fragte sich, was da wohl passiert war. Er war ganz in Gedanken versunken und bemerkte gar nicht, wie Faisal wach geworden war und neben ihn trat. „Alles in Ordnung?“ fragte da Faisal plötzlich leise. Yugi zuckte erschreckt zusammen und blinzelte. Er hatte geweint. „Alles in Ordnung. Ich hoffe, der Kaffee schmeckt...“ grinste er schief. Faisal zwinkerte leicht vergnügt und setzte sich ans Feuer. Gemeinsam frühstückten sie.

„Wir werden heute so lange reiten, bis wir die Mitte des Schotts erreicht haben – und dies, wenn möglich vor dem Einbruch der Dunkelheit.“ Faisal blickte auf, als Yugi dies sagte. „Schott? Du meinst die große Salzseefläche?!“ Yugi grinste über die Fassungslosigkeit in Faisals Stimme. „Ja. Wir reiten über den Schott. In der Mitte ist eine feste Insel, wo wir die Nacht verbringen können. Dann morgen geht es weiter.“ Faisal musterte Yugi erneut. Und schon wieder wurde er aus dem Kleinen nicht schlau. Yugi wirkte überhaupt nicht Risikobereit und wollte hier nun über den Schott, wo jeder Schritt das Todesurteil bedeuten konnte! Er sprach darüber so, als ob er ein kleines Rinnsal überqueren wollte. „Du weißt schon über die Gefahren des Salzsees Bescheid?“ fragte Faisal skeptisch. Yugi lachte leise und blickte mit seinen warmen violetten Augen direkt in Faisals Amethystaugen. „Keine Sorge. Ich bin nicht das erste Mal auf dem Salzsee. Ich durchquere ihn regelmäßig. Er ist gefährlich, keine Frage. Gerade nach Unwettern oder Sandstürmen, aber ich habe ein erprobtes Pferd, was genügend Erfahrung auf den Salzsee hat und außerdem kann ich die Anzeichen mittlerweile gut deuten.“ Yugi wirkte so zuversichtlich, dass Faisal gar nichts anderes übrig blieb, als den Kleinen zu vertrauen. Mit eher gemischten Gefühlen erhob er sich und ging zu seinem Pferd. Yugi lachte fröhlich auf. Das würde bestimmt lustig werden!
 

Sie hatten die Wasserstelle noch keine halbe Stunde hinter sich gelassen, da zögerte Yugi das erste Mal. „Was ist los?“ fragte Faisal. Yugi blickte sich scharf um. Sein Pferd hatte gezögert. Normalerweise war hier ein fester Pfad, so breit, dass fünf Pferde nebeneinander laufen konnten. „Der Pfad ist weg...“ meinte Yugi leise. Was war hier passiert? „Was?!“ Fassungslosigkeit sprach aus Faisals ganzem Gesicht. „Warte hier kurz!“ befahl Yugi leise und trieb seinen Schecken an, dabei die Zügel dem Pferd auf den Hals legend. Das Pferd tänzelte hin und her. Immer wieder versuchte es einen Huf auf die Fläche abzusetzen, doch der Huf versank. Irgendwann verlor der Schecke die Geduld und er schlug gefrustet mit einem Vorderhuf auf die Fläche – da es ja auch diesen Pfad kannte. Brackwasser, Sand, Salz und stinkender Schlamm spritzte auf und plötzlich „klack“. Das Pferd stutzte. Auch Yugi hatte es gehört. Schien der Pfad etwa in Ordnung zu sein? Yugi ließ sein Pferd die gesamte Breite des Pfades abprüfen. Ja, der Pfad war in Ordnung. Nur muss irgendwo weiter auf dem Schott draußen irgendwas passiert sein, dass hier der Pfad etwa zehn Zentimeter abgesunken war. Irgendwas muss die Oberfläche des Salzsees schwer beschädigt haben! Yugi wandte sich an Faisal. „Du kannst kommen. Alles in Ordnung.“ Und Yugi ritt an. Sprachlos hatte Faisal Yugi und dessen Pferd die ganze Zeit beobachtet gehabt. Ungläubig schüttelte er den Kopf, als er nun sein Pferd in Bewegung setzte und Yugi folgte.

Die Reiter waren schon seit etwa drei Stunden auf den Schott und Yugi bekam die Krise. Er konnte das Tempo nicht erhöhen, weil er keine freie Sicht auf den Pfad hatte. Außerdem war der einst so sichere und feste Pfad zum Teil sehr weich und schwammig. Die Pferde ritten teilweise durch Knöcheltiefes Brackwasser, teilweise ging das Brackwasser bis zur Brust der Pferde. Mal war das Wasser klar, mal war es eine breiige Masse aus Wasser, Salz, Schlamm und Sand. Sehr oft hielt Yugi an, weil er nicht wusste, wie er weiter reiten sollte. Sehr oft ging auch sein Blick zum Himmel. Was er nämlich jetzt nicht gebrauchen konnte, war ein Unwetter. Endlich, endlich schien sich die Bodenverhältnisse wieder zu normalisieren und die Reiter ritten nun auf einem sehr breiten festen Pfad. Yugi atmete erleichtert auf und erhöhte prompt das Tempo des Pferdes.

Faisal hatte Yugi die ganze Zeit beobachtet gehabt. Er war fasziniert gewesen, von der Gewissenhaftigkeit und Konzentration, mit der Yugi vorgegangen war. Und irgendwie schien der Kleine nie die Geduld zu verlieren und das Vertrauen. Außerdem wirkte er immer entspannt und geschmeidig. Faisal fand immer mehr Gefallen an den Kleinen. Leise lächelnd folgte er Yugi und erhöhte ebenfalls das Tempo seines Pferdes.

Irgendwann setzte Yugi sein Pferd sogar in Galopp und gemeinsam jagten sie über die Fläche des großen Salzsees. Dabei kam allerdings kein Gespräch zu Stande, weil Yugi immer konzentriert seinen Horizont scharf musterte, um mögliche Veränderungen an der Oberfläche des Schotts rechtzeitig zu bemerken. Faisal wollte Yugi dabei nicht ablenken und folgte schweigend. Er war selber total fasziniert und über sich selbst erstaunt, dass er im gestreckten Galopp über den Salzsee ritt.

Plötzlich zügelte Yugi leicht das Tempo. Er hatte vor sich am Horizont zwei dunkle Punkte bemerkt, die direkt auf seinem Weg lagen. Faisal ritt nun neben Yugi und hatte die Punkte auch bemerkt. „Was ist das?“ fragte er. Yugi schüttelte ahnungslos den Kopf. Er ließ sein Pferd wieder das Tempo erhöhen und stellte sich in die Steigbügel, um einen Fehltritt des Pferdes leichter auszusitzen. Yugi behielt die beiden Punkte dabei weiterhin scharf im Auge. Sie wurden schnell größer und langsam konnte man Konturen erkennen. Faisal und Yugi erkannten die Wesen gleichzeitig. „Drachen!“ rief Faisal entsetzt. Yugis Augen leuchteten auf. Der erste Punkt, der weiter rechts neben dem dunklen Punkt war, war der weiße Drache. Sein Freund hier? Der Drache schien die Reiter gehört zu haben und er wandte seinen Kopf zu diesen und da erkannte Yugi eine hässliche Narbe, die quer über das linke Auge und die gesamte linke Gesichtshälfte des Drachen lief. Es war nicht sein Freund! Gab es etwa mehr als nur einen weißen Drachen mit den eisblauen Augen? Und da fiel Yugis Blick auf den zweiten Punkt. Es war ein ganz schwarzer Drache mit blutroten Augen, der verletzt am Boden lag. Außerdem schien er mit irgendwas gefesselt zu sein, denn er konnte seine Flügel nicht mehr ausbreiten, geschweige denn bewegen. Bei jedem Versuch, seine Flügel zu nutzen, sank der Drache immer tiefer in den Schott. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Pfad, auf dem der Drache lag, endgültig brach und der Drache versank. Automatisch hatte Yugi das Tempo seines Pferdes gedrosselt gehabt und da brüllte plötzlich der weiße Drache gefährlich auf. Er machte sich zum Angriff bereit. Yugi und Faisal rissen panisch ihre Pferde zurück, so dass diese schlitternd auf der Hinterhand zum Stehen kamen. Der Drache stoppte den Angriff.

Yugi und Faisal standen mit ihren Pferden da und musterten die beiden Drachen. Faisals Magier stand zwischen den Beiden und hatte sich auch Kampfbereit gemacht. Kuriboh war vom Pferd gesprungen und fiepte total aufgebracht. Yugi blickte zu Kuriboh und dann zu dem schwarzen Drachen mit dem roten Augen. Er sah keine Ketten oder ein Halsband... also musste der Drache mit Bannsprüchen gefesselt wurden sein. „Magier, vernichte den Weißen!“ befahl da plötzlich Faisal. Yugi blickte abrupt zu Faisal. „WARUM?!“ brüllte er fast. Sowohl Faisal als auch der Magier zuckten über die Heftigkeit dieses Ausbruchs zusammen. „Er will uns töten.“ – „Er will seinen Begleiter beschützen!“ fauchte Yugi. Da erklang plötzlich ein dumpfes Brüllen, voller Verzweiflung und Schmerz. Der Rotauge rief. Seine Stimme wirkte zerbrechlich. Yugi spürte den Schmerz in seinem Herzen und hatte tiefes Mitgefühl mit dem Drachen. Er wollte ihm helfen. So ritt er denn sein Pferd auch an und wollte sich dem Drachen nähern, doch der Magier versperrte ihm den Weg. „Yugi, nicht! Es ist Zeitverschwendung und viel zu gefährlich. Der Weiße würde dich nicht an den Schwarzen ran lassen, und selbst wenn du es dennoch schaffen solltest, wie willst du ihm helfen?“ sprach Faisal. Yugi starrte in Faisals Augen. Yugis Augen waren voller Leidenschaft, Wut und Entschlossenheit. „Du liebst die Drachen?“ fragte Faisal da leise. „Sie sind meine Freunde!“ fauchte Yugi nur. Dann blickte er wieder zu den weißen Drachen. Dieser stand unter Spannung. Er würde sofort angreifen, wenn Yugi sich auch nur einen Schritt dem Rotauge nähern würde. Allerdings brauchte dieser unbedingt Hilfe! Yugi war hin und hergerissen. Was sollte er tun? Da gurrte plötzlich Kuriboh neben ihn auf. Ein Blickwechsel und Yugi wusste, was zu tun war. „Faisal, tu was du willst. Doch greife den Weißen bloß nicht an! Kuriboh würde ihn schützen. Ich werde dem Rotauge helfen!“ Und damit trieb er sein Pferd brutal vorwärts. Es galoppierte sofort an. „Yugi, NEIN!“ brüllte Faisal entsetzt auf, als der weiße Drache einen Lichtblitz auf Yugi schoss. Doch da war plötzlich eine riesige Wand an Fellknäueln zwischen Yugi und dem weißen Drachen. Kuriboh! Faisal atmete erleichtert auf. Der Drache hatte jedoch auch bemerkt, dass er gegen die Wand nichts ausrichten konnte und fing an trompetend zu brüllen vor blinder Wut und Angst um seinen Gefährten. Immer wieder schoss er Lichtblitze auf die Wand von Fellknäueln. Der Drache wusste, irgendwann würde Kuriboh keine Kraft mehr haben, diese Wand aufrecht zu erhalten. Also bombardierte er sie immer weiter.

Yugi ritt auf den Rotauge zu und plötzlich versank sein Pferd abrupt mit der Vorderhand. Panisch warf sich Yugi zurück und riss seinen Schecken auf die Hinterhand, als dieser wieder Fuß gefasst hatte, trieb Yugi das Pferd noch zwei Schritte zurück und verharrte. Der Pfad war hier komplett zerstört. Zehn Meter trennten ihn noch von dem Drachen. Das konnte doch nicht wahr sein! Yugi trieb sein Pferd wieder an, dabei die Zügel ganz lang lassend. Immer und immer wieder trieb er das Pferd an. Es wollte gehorchen. Es schlug mit den Hufen in die Masse, doch diesmal kam kein „klack“, kein Widerstand. Das Pferd tänzelte hin und her. Es suchte und suchte, doch es fand nichts. Yugi starrte zum Drachen, dieser versank wieder ein Stück im See. Und erneut war das dumpfe Brüllen um Hilfe zu hören. Yugi blickte sich um zu Faisal, zu Kuriboh... Was sollte er tun?! Und da trafen sich für einen Moment rote und violette Augen. Die Erde hörte sich für einen Moment auf zu drehen, die Natur hielt für Bruchteile einer Sekunde den Atem an. „Nein!“ hauchte Yugi fassungslos. „Nicht aufgeben!“ rief Yugi lautstark, als er sich von seinem Pferd schwang und mit einem riesigen Satz in die breiige Masse.

„Yugi!“ brüllte Faisal mittlerweile und wollte Yugi hinterher. Nur mit Mühe konnte der Magier ihn zurückhalten. Kuriboh hatte Yugis Aktion auch gesehen und er wusste sich nicht anders zu helfen, als dass er die aufgebaute Wand nun als Teppich unter Yugi legte, damit dieser nicht in der Masse versank. Leider wirkten die Fellknäuel wie Tretminen und mit jedem Schritt, den Yugi machte, explodierten viele kleine Fellknäuel. Der weiße Drache hatte bereits erneut zu einer Attacke angesetzt, doch brach er sie ab, als plötzlich die Fellwand fiel und nun als Teppich unter dem Menschen lag. Blitzschnell verband der weiße Drache seine Gedanken mit denen des Jungen, der da über die explodierende Fellknäuel zu dem Rotauge eilte. Der Drache zuckte heftig zusammen, als er die starke Gefühlswelt des Jungen spürte. Immer wieder tauchte ein Bild vor seinen Augen auf: verletzte Drachen zu den Füßen eines Weißen, umhüllt von der schützenden Wand der Fellknäuel. Der Drache riss seine Augen weit auf. Sollte dieser Mensch der kleine Junge sein, der vor vielen Jahren seinen Brüdern geholfen und sie vor der Sklaverei gerettet hatte?

Mit einem letzten Satz war Yugi am Kopf des Rotaugen. Beruhigend streichelte er über den Kopf und Hals des mächtigen Wesens. Yugi spürte die Kraft des Körpers und er schluckte leicht. Noch nie hatte er so eine Präsenz gespürt. Dieser Drache war sehr gefährlich! Yugi erhob sich leicht, weil er zu den Flügeln des Drachen greifen wollte, da zuckte er vor Schmerzen zusammen. Kuriboh! Fluchte er innerlich. Der kleine Kerl hatte es gut gemeint, dass wusste Yugi, denn ohne diesen Teppich, wäre er elendig untergegangen. Doch die vielen kleinen Explosionen haben schwere Fleischwunden bei Yugi hinterlassen. Langsam rappelte sich der Kleine wieder auf und griff mit zusammengebissenen Zähnen zu den Flügeln des Drachens. Er hatte sie noch gar nicht berührt, als ein brutaler Elektroschlag durch seinen Körper fuhr. Yugi schrie schmerzgepeinigt auf. Bannsprüche! Yugi ging wieder zurück zum Kopf des Drachen und nahm diesen in seine Arme. Die roten Augen folgten jeder Bewegung des Menschen und schlossen sich leicht gequält, als Yugi den Stromschlag bekam. Als Yugi den Kopf des Drachen in seine Arme nahm, schloss dieser seine Augen und Tränen der Verzweiflung liefen über das scharfgeschnittene Gesicht. Yugi blickte sich um und da trafen sich seine Augen und die des weißen Drachens. „Du greifst mich nicht an?“ fragte Yugi verblüfft. Der Weiße neigte leicht sein Haupt. „Warum sollte ich einen Freund angreifen?“ war die leise Gegenfrage. Yugi entspannte sich. „Ich brauche jemanden, der Bannsprüche brechen kann. Kannst du einen Drachen rufen, der das kann?“ Der Weiße knirschte mit den Zähnen. „Ich kann, aber er wird nicht rechtzeitig hier sein...“ Yugi starrte den Weißen entsetzt an. Wer konnte da die Bannsprüche... Yugis Blick fiel auf Faisal. Richtig! „Faisal!“ rief er also.

Faisal hatte alles beobachtet gehabt und war verblüfft darüber, dass sich der weiße Drache und Yugi zu unterhalten schienen, denn der Weiße hatte sein Haupt geneigt. Nur hörte Faisal nichts. „Der weiße Drache hat seine Gedanken mit denen von Yugi verbunden. Es kann gut sein, dass der Schwarze es auch schon gemacht hat, um zu erfahren, was der Kleine möchte.“ Sprach da der Zauberer der dunklen Magie erklärend. Faisal blickte verwirrt zu seinem Zauberer. Dieser lächelte leicht belustigt. „Das macht die Drachen so gefährlich. Sie vernetzen sich mit den Gedanken ihrer Umwelt und wissen immer, was ihr Gegenüber vor hat. Man kann nichts vor den Drachen verheimlichen. Sie sind sehr mächtig. – Der Junge scheint eine reine Seele zu haben, wenn er mit den Drachen kommunizieren kann.“ In dem Moment rief Yugi nach Faisal. Automatisch trat dieser einen Schritt vor und der weiße Drache richtete seinen Blick zu Faisal. „Yugi?“ rief Faisal zurück. „Befehl deinen Magier, dass er die Bannsprüche brechen soll!“ bat Yugi. „Nein, Yugi. Das kann ich nicht!“ antwortet Faisal ruhig. „Was?“ Yugi glaubte sich verhört zu haben. „Yugi, ich werde meinen Magier nicht befehlen, den Drachen zu befreien!“ wiederholte Faisal bestimmt. Der Magier blickte irritiert zu Faisal. Ja, Drachen und Magier waren Feinde, doch in der Not sollen sich auch die Feinde gegenseitig helfen. Yugi starrte Faisal an. „Dann verurteilst du ihn zum Tode!“ brüllte er fassungslos. „Dann ist das so. Die Drachen sind gefährlich. Sobald der Bann gebrochen ist, würden die Drachen dich angreifen und töten.“ – „Das würden sie nicht tun!“ hielt Yugi entsetzt dagegen. „Nein!“ blieb Faisal standhaft. Yugi war leichenblass geworden. „Bin ich froh, dass du nicht der neue Pharao wirst! – So leichtfertig, wie du mit dem Leben Fremder umgehst!“ Faisal fühlte sich getroffen und vergaß seine Selbstbeherrschung. „Diese Drachen sind Feinde des Pharaos! Einer weniger bedeutet ein Feind weniger! Und was weißt du schon, wie ein Pharao sein muss!“ fauchte er denn auch unbeherrscht. „Genauso, wie du diesen Drachen hier zum Tode verurteilst, obwohl er dir nie was getan hat, genauso handelt der aktuelle Pharao und lässt sein Volk leiden!“ rief Yugi unter Tränen. Faisal konnte nichts erwidern. Er hatte gelernt, dass die Drachen die Feinde der Magier waren. Und die Magier dienten dem Königshaus, also waren die Drachen auch Feinde des Pharaos! Aber Faisal wollte nicht so sein, wie der jetzige Pharao! Er wollte so sein, wie sein Vater! „Yugi... Ich...“ setzte Faisal an, da ging plötzlich ein tiefer Ruck durch den schwarzen Drachen und sowohl dieser als auch Yugi sackten fast einen halben Meter ab. Faisal erstarrte vor Entsetzen. Yugi klammerte sich an den Drachen und hielt verzweifelt seinen Kopf hoch, damit dieser atmen konnte. „Bitte...“ flehte der kleine Junge. Faisal schloss seine Augen und flehte innerlich, dass die Drachen sich nicht auf Yugi stürzen würden. Er öffnete wieder seine Augen und wollte so eben seinen Magier den Befehl geben, da brach der Pfad mit einem großen Knirschen zusammen. „YUGI!“ brüllte Faisal entsetzt und im selben Moment hatte der Magier eine Magieattacke auf den schwarzen Drachen abgefeuert. Die Bannsprüche waren vernichtet, der Drache breitete panisch seine Flügel aus und mit letzter Kraft katapultierte er sich mit mehreren Flügelschlägen in die Luft. Kaum jedoch war er in der Luft, verlor er das Bewusstsein und er krachte an der Stelle zu Boden, wo vorher der weiße Drachen ausgeharrt hatte. Diese Stelle bestand aus Felsen und hielt dem Aufprall stand.

Yugi hatte sich an den Drachen geklammert, als die Magieattacke den Schwarzen traf. Dieser riss seine roten Augen weit auf und ein Ruck ging durch seinen Körper, als er seine Flügel spannte. Ruckartig ging er in die Luft und stieß dabei Yugi versehentlich von sich. Yugi verlor den Halt und versank in der breiigen Masse. In dem Moment stieß der weiße Drache in die Luft und stürzte sich blitzschnell in den See. Blind schnappte er mit seinem Maul an der Stelle zu, wo er Yugi zu Letzt gesehen hatte und hoffte, dass er ihn erwischen würde. Als er den Jungen im Maul zwischen seinen Zähnen spürte, schlug er mit aller Kraft seine Flügel auf und ab. Für einen kurzen Moment sah es so aus, als ob der Drache sich nicht aus der Masse befreien konnte, doch dann flog er hoch in die Luft! Sofort landete er neben den schwarzen Drachen und spuckte Yugi wieder aus. Dieser war ebenfalls bewusstlos und lag nun zu den Füßen des Weißen. „Yugi!“ rief Faisal. Der Drache blickte auf und sah, wie Faisal sich mit großer Hast den drei näherte. Schützend schlug er seinen Schweif vor Yugi, doch in diesem Moment erschien eine Wand aus Fellknäueln zwischen den Drachen und Faisal. Kuriboh ließ sich an Yugis Seite nieder und versuchte mit aller Macht, den Jungen zu wecken. Noch nie hatte Kuriboh es erlebt, dass Yugi nicht reagierte. Kuriboh sirrte, gurrte und fiepste, aber Yugi reagierte nicht! Die kleine Fellkugel wurde immer verzweifelter und fing an zu weinen, vor Angst, dass Yugi nicht wieder wach würde. Mit jeder Träne, die Kuriboh vergoss, wurde die Wand aus Fellknäueln immer dichter und größer. Nach und nach fanden sich auch Drachen ein, die sich innerhalb der Fellwand niederließen und sich um den Menschen und den schwarzen Rotaugendrache versammelten. Ein Drache war ein Sonneneruptionsdrache, dessen Körper aus glühendem Magma bestand. Er ließ einen dauerhaften Feuerregen außerhalb der Fellwand regnen.

Faisal hatte entsetzt mit ansehen müssen, wie Yugi den Halt verlor und im See versank. „Nein!“ rief er und wollte so eben losrennen, da stieß auch schon der weiße Drache in den See und schnappte mit dem Maul zu. Für Sekundenbruchteile hielt Faisal seinen Atem an, als der Drache drohte zu versinken und doch schaffte er es endlich sich in die Lüfte zu erheben. Als der Drache bei dem Schwarzen wieder landete und Yugi ausspie, rannte Faisal los. „Yugi!“ rief er laut. Der Kleine regte sich nicht mehr. „Yugi!“ Große Angst kroch durch seinen Körper. „Yugi!“ Faisal war schon fast an dem Jungen ran, als sich vor ihm plötzlich eine große Wand mit Fellknäueln aufbaute. Schlitternd kam Faisal zum Stehen. Sein Magier an seiner Seite. Was sollte das? Wieso machte Kuriboh das? „Kuriboh!“ fauchte da Faisal. „Kuriboh, lass mich zu Yugi!“ Keine Reaktion. Die Wand wurde nur höher und dichter. Und plötzlich fing es an Feuer zu regnen. „Kuriboh!“ brüllte Faisal. Da blickte er zu seinen Magier. „Reiß ein Loch in die Wand!“ befahl er. Der Magier schüttelte seinen Kopf. „Nein. Es hat keinen Sinn gegen diese Wand anzukämpfen. Kuriboh will den Jungen nur schützen. – Bitte beruhige dich wieder.“ – „Ich soll mich beruhigen? Ich bin Schuld, dass er vielleicht stirbt! Ich hätte seiner Bitte sofort nachgeben sollen!“ fauchte Faisal empört. Dann wandte er sich wieder gegen die Wand. „Kuriboh! Bitte, lass mich rein. Lass mich zu Yugi!“ flehte er tränenerstickt. „Yugi!“ schrie Faisal verzweifelt.

Yugi hörte jemanden nach ihm rufen. Alles tat so unendlich weh und es kostete ihn richtig Kraft, seine Augen zu öffnen. Seine Lider zuckten und langsam öffnete der Kleine seine Augen. Kuriboh schrie vor Freude auf und mit einem Schlag verschwand die Wand aus Fellknäueln. Faisal stand da und starrte auf Yugi. Dieser hatte seine Augen offen und versuchte aufzustehen. „Yugi!“ rief er und rannte durch die Drachen auf Yugi zu. Kaum war er bei ihm angekommen, da nahm er den Kleinen auch schon in den Arm. „Yugi, alles wird gut. – Bitte verzeih mir mein Verhalten und dass ich nicht deiner Bitte entsprochen habe.“ Yugi lächelte leicht. „Bitte rette ihn...“ hauchte er matt. Faisal blickte in Yugis Augen und dann zu dem schwarzen Drachen. Dieser lag noch immer bewusstlos da. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte er, dass das Leben aus dem Drachen langsam verschwand. Verwirrt blickte Faisal zu seinem Magier. Dieser lächelte leise. „Die Drachen haben uns mit ihren Gedanken vernetzt, damit du spürst, was sie spüren.“ Und noch ehe Faisal was erwidern konnte, setzte der Magier seine Magie ein, um den schwarzen Drachen zu heilen. Irgendwann schlug der schwarze Drachen seine roten Augen wieder auf. Die Augen suchten sofort nach dem kleinen Jungen, der in den Armen des Pharaos lag. Minimal verengten sich seine Augen. Faisal war der Pharao... und der Junge wusste nichts davon? Ungläubig blickte der Rotauge zu dem Weißen. Der Magier hatte sich inzwischen zu Yugi begeben und heilte nun diesen. Er hatte in seinen Gedanken ebenfalls mitbekommen, dass die Drachen wussten, wer Faisal wirklich war. Und er hat die Verwirrung des Schwarzen gespürt. „Es ist alles gut. Es soll so sein, wie es ist.“ Raunte da der Magier ganz leise. Der weiße Drache mit den eisblauen Augen nickte nur bestätigend.

Angenehme Wärme durchfuhr Yugis Körper und er hörte den tiefen Atem der Drachen. Er spürte das rasende Herz Faisals und langsam hob Yugi seine Hand. Yugi war in einem Zustand, wo er nicht mehr unterscheiden konnte, was real war und was nicht. Er spürte nur die mächtige Präsenz des schwarzen Drachen und er bat innerlich darum, nicht angegriffen zu werden.

Der schwarze Rotauge erhob sich und näherte sich langsam und geschmeidig dem kleinen Jungen, der noch immer im Arm des Pharaos lag. Menschen hatten ihn so misshandelt. Menschen hatten seine Familie vernichtet. Menschen wollten ihn versklaven. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle. Faisal spürte die Gedanken des Schwarzen und er wurde leichenblass. Er spürte auch die Kraft, die Macht der anderen Drachen, ganz besonders des weißen Drachens und er konnte nicht verstehen, wie Yugi so ein Vertrauen in diese Wesen legte. Faisal selber fühlte sich hilflos und ausgeliefert ob dieser Macht und Stärke. Unbewusst nahm er Yugi noch fester in den Arm und spannte sich leicht an, als der Schwarze vor den Beiden stehen blieb. Der Rotauge blickte zu Faisal. Dann wandte er seinen Blick zu Yugi. Der Kleine wirkte so zerbrechlich. Man konnte es kaum glauben, was für eine Spannkraft in dem kleinen Körper schlummerte. Der Rotauge neigte sein Haupt ganz langsam und seine Stirn berührte sanft die warme Handfläche des Jungen. Yugi spürte die Kraft des Drachen, die Wärme des Körpers und die Sanftheit der Haut. Rotauge spürte die warme Hand und atmete tief den Duft des kleinen Menschen ein. Er schloss seine Augen und genoss diese freundliche Berührung. Tief atmete der Drachen aus und ein warmer Feuerregen umspielte sanft Yugis Hand.

Faisal beobachtete alles fasziniert. Er wusste in seinem Herzen, dass dieser Drache Yugi so eben seine absolute Treue geschworen hatte. Faisal blickte auf und in die Augen seines Magiers. Er wusste nicht, was er dort zu finden gedachte, aber was er in den Augen las, erschreckte ihn. Sollte er falsch gelegen haben, was die Drachen betraf? Waren die Drachen gar keine Feinde?

Langsam kam Yugi wieder zu sich und nahm seine Umgebung wieder wahr. Mühsam rappelte er sich auf. Noch taumelnd stand er da, gestützt von Faisal. Langsam kam wieder Leben in seine Glieder und in seine Augen und mit einem strahlenden Lächeln wandte er sich zu Faisal. „Danke, dass du ihm geholfen hast!“ Faisal schüttelte seinen Kopf. „Du hast mir nicht zu danken, Yugi. Ich habe im Gegenteil dir zu danken. Du hast mir heute etwas gezeigt, was ich wohl fast vergessen hatte.“ Yugi blickte Faisal fragend an. „Menschlichkeit und Mitgefühl...“ raunte Faisal leise. Ein warmes Lächeln huschte über Yugis Gesicht. „So etwas kann man ganz schnell vergessen...“ murmelte er, während er seine Hand auf die Stirn des weißen Drachen legte. „Und nun?“ drehte er sich mit neuer Spannkraft um. „Wir müssen weiter!“ Faisal blickte auf und war erneut fasziniert von dem Jungen. „Und wo geht es lang?“ spöttelte der Ältere leicht. Er spürte, wie die gesamte Spannung in der Luft wie weggeblasen war und er entspannte sich langsam. Er ahnte, solange er an Yugis Seite war, würden die Drachen ihn nicht nichts tun. Yugi blickte sich ratlos um. Der Pfad war komplett zerstört. Man müsste also wieder umdrehen und einen neuen Weg suchen. Nur das könnte dauern und... „Vergiss es!“ knurrte da plötzlich der Weiße in Yugis Gedanken. „Die Menschen haben jeden Weg über den Schott zerstört.“ – „Na toll...“ entfuhr es Faisal gefrustet, der die Worte auch gehört hatte. „Und wie jetzt weiter?“ Yugi blickte nachdenklich zu Boden. In Gedanken sucht er einen Weg um den Schott. Da fing Kuriboh an rum zu surren und zu fiepen. Er schrie schon fast, während er immer wieder auf den Rücken des weißen Drachen rumsprang. Yugi blickte zu dem Kleinen und seine Augen weiteten sich vor spitzbübischer Freude. „Yugi, nein!“ entfuhr es da Faisal entgeistert. „Hatte ich dir nicht schon einmal gesagt, dass du in dem Moment, in dem du dich meiner Führung anvertraut hast, mir folgen musst, um zu überleben?“ antwortete Yugi nur lachend vor Freude. Endlich mal wieder auf einem Drachen fliegen!

Die Wüstenwinde

Die Wüstenwinde
 

„Du hast wirklich große Angst vor den Drachen?“ fragte Yugi , als sie diese wegfliegen sahen. Die Drachen hatten Yugi, Faisal und deren Pferde über den Schott geflogen. Während Kuriboh vor Begeisterung quiekte, traute Faisal dem Ganzen nicht mal ansatzweise über den Weg. In seinem ganzen Leben war er wohl noch nie so froh gewesen, festen Boden unter den Füßen zu haben. Faisal blickte zu Yugi. „Ja...“ räumte er leise bedrückt ein. „Sie haben so eine machtvolle Ausstrahlung. Sie ist Furchteinflößend. Außerdem habe ich von klein auf gelernt, dass Drachen Feinde sind.“ – „Hm... – Du lässt dich da ziemlich von Vorurteilen leiten...“ meinte Yugi leise. Faisal zuckte leicht zusammen. „Mag sein. – Alleine auf dem Schott habe ich so viele Dinge erlebt, die im totalen Widerspruch zu dem stehen, was ich bis vor einigen Wochen gelehrt bekommen habe. Ich weiß grad nicht, was ich denken soll. – Ich weiß nicht, was richtig ist.“ Yugi stieg wieder auf sein Pferd. „Was mich verwundert, du hast gesagt die Drachen wären die Feinde der Magier. Nur die Drachen selber reden nie davon, dass sie Feinde von irgendwem wären. Die Magier sind Lebewesen wie die Drachen, und wer zu diesen ehrlich ist, wird ein Freund und kein Feind...“ Faisal senkte nachdenklich seinen Blick. Er stieg ebenfalls auf sein Pferd. „Du magst Recht haben...“ räumte er schließlich ein. Yugi lächelte und ritt an. Faisal folgte, dabei immer wieder einen Blick über seine Schulter werfend. Er hatte wirklich Angst, dass die Drachen umdrehen und sie von hinten angreifen würden.
 

Faisal wusste nicht, wie lange sie schon unterwegs waren, doch es fiel ihm auf, dass Yugi immer nervöser wurde und sich permanent den Himmel anschaute. Auch gefiel es Faisal nicht, dass Yugi bis jetzt keine einzige Pause eingelegt hatte. Im Gegenteil, er erhöhte ständig das Tempo. Sollte sich Faisal in den Kleinen getäuscht haben? Wollte dieser ihn etwa in einen Hinterhalt locken?

Da hielt Faisal abrupt sein Pferd an. Verblüfft drehte sich Yugi um und parierte ebenfalls durch. „Was ist los?“ wollte der Kleine wissen. „Die Frage gebe ich zurück!“ Yugi zuckte zusammen über den strengen Ton Faisals. Verwirrt blickte er in dessen Augen, doch außer Kälte las er nichts. „Was soll los sein?“ fragte er vorsichtig. „Wir reiten jetzt seit dem Schott ununterbrochen. Du treibst die Pferde immer wieder unerbittlich an. Keine Rast. Ständig schaust du in den Himmel. Was hat das zu bedeuten?“ Yugi zwinkerte kurz und entspannte sich dann langsam wieder. „Verzeih...“ meinte er leise. „Dadurch, dass die Drachen uns über den Schott geflogen haben, haben wir fast zwei Tage gut gemacht. Und so wie ich jetzt sehe, zu unserem Glück. Schau mal bitte zur Sonne. Sie ist im Begriff unterzugehen, allerdings ist sie nicht scharf und klar zu erkennen. Sie wirkt milchig und verschwommen. Unter der Sonne siehst du eine dunkle Front. Das könnte die hereinbrechende Nacht sein, aber die Front ist nicht klar sichtbar, sondern eher ein Schleier. Ein heftiges Unwetter braut sich zusammen. Direkt vor uns beginnt der Felsenteil der Wüste. Dort ist auch eine felsige Anhöhe in deren Mitte ein großes Tal mit Wasser und Pflanzenwuchs liegt. Wir müssen versuchen dieses Tal zu erreichen, bevor das Unwetter uns erreicht, damit wir sicher sind.“ Faisal blickte zur Sonne und dann wieder zu Yugi. „Ich dachte wirklich, du willst mich hintergehen...“ murmelte er verblüfft. Yugi lächelte nachsichtig. „Du musst einen großen Verrat in deiner Vergangenheit erlebt haben, dass du so misstrauisch bist. – Lass uns weiter reiten.“ Faisal nickte und gemeinsam ritten sie wieder im scharfen Trab los.

Sie waren noch keine halbe Stunde unterwegs, da sah Yugi vor sich eine dunkle mächtige Erhebung. Sie hatten es fast geschafft! Yugi setzte sein Pferd in Galopp und stellte sich in die Steigbügel, da jetzt der Boden felsig wurde und überall Geröll lag. Faisal folgte seinem Beispiel. Ihm war auch aufgefallen, dass die Sonne fast verschwunden war, aber nicht weil sie untergegangen ist sondern, weil irgendwas sie verdeckte. Auch die Front unter der Sonne war kohlrabenschwarz geworden und hatte sich sehr schnell genähert. Die Luft war mit einem Schlag schneidend dick. Faisal hatte Probleme zu atmen. Auch Yugi hatte zu kämpfen. „Durchhalten!“ murmelte er unbewusst. „Wir haben es gleich geschafft!“

Fast schon rasend schlitterte Yugi mit seinem Pferd nun durch die engen Felsgassen. Faisal folgte. Selbst hier in den Felsformationen stand die Luft. Yugi drosselte das Tempo des Pferdes, da es immer mehr am Straucheln war. Und plötzlich erschienen Funken. Überall kleine Lichter, die sich auf die Mähnen und Ohren der Pferde setzten. „Das wird ein heftiges Unwetter geben...“ meinte Faisal. Yugi nickte. Die Luft war so vor Elektrizität aufgeladen, dass durch die Reibung der Körper an der Luft, diese sich in Form dieser kleinen Lichter entlud. „Wir sind gleich in Sicherheit.“ Yugi trieb sein Pferd wieder an und – „Wo soll es hingehen, kleiner Dieb?“ erklang da eine Stimme hinter einem Felsen hervor. Yugi und Faisal stoppten abrupt ihre Pferde. Faisal blickte gespannt zu Yugi. Dieser war blass geworden. Und Faisal sah zum ersten Mal, dass Yugi es wirklich mit panischer Angst zu tun hatte. Da trat eine hochgewachsene Person hervor und an Yugis Pferd. „Hast du die Sprache verloren?“ fragte die Person nun leicht amüsiert. Yugi starrte in die Augen dieser Person und ganz langsam leuchtete Erkennen in seinen Augen auf, um im gleichen Augenblick sich vor Wut zu verdunkeln. „Erschreck mich nie wieder so, Seth!“ fauchte Yugi fast schon empört. Seth lachte hell auf. „Du bist nun mal ein kleiner Dieb. Oder eher dein Kuriboh! War nicht lustig, als du das letzte Mal uns um ein paar Lebensmittel erleichtert hast.“ Yugi zuckte schuldbewusst zusammen. Seth griff mach Yugis Arm und drückte ihn beruhigend. „Keine Angst, es ist vergeben und vergessen. Nur frage uns bitte das nächste Mal. Keiner von uns würde deine Bitte ablehnen. – Ach ja... du bist jetzt bei jedem von uns nur der kleine Dieb. Also gewöhn dich an diese Ansprache.“ Lachte Seth warm. Dann blickte der Hochgewachsene zu Faisal. Es war immer wichtig, sein Gegenüber zu kennen. Normalerweise hatte er Vertrauen zu dem kleinen Yugi, da dieser von Natur aus so misstrauisch war, dass er sich nie mit den falschen Leuten einließ. Nur hatte sein Drache ihm erzählt, dass Yugi einen Begleiter hatte, der wohl der lang verschollene Pharao Atemu sein soll. Seth blickte in die Augen Faisals. Sie waren amethystfarben, offen, klar, aber auch voller Willenskraft und einer unnatürlichen Härte. „Wer ist dein Begleiter?“ fragte Seth Yugi. Dieser blickte kurz zu Faisal. „Entspann dich. Er ist ein Freund und wir werden die Nacht bei ihm verbringen.“ Und zu Seth gewandt sagte er. „Er heißt Faisal und gehört mit zu den Leuten die Atemu wieder auf den Thron bringen wollen. Ich soll ihn in die Hauptstadt bringen, wenn möglich ungesehen.“ Seth hatte Faisals Augen scharf beobachtet. Als Yugi ihn seine Frage beantwortete. Er sah kurz mehrmals ein leichtes Zucken und Aufflackern in den Augen. Sollte etwa...? Seth blickte zu Yugi. Seine Augen hatten sich leicht verengt. Yugi wusste gar nicht, mit wem er es hier zu tun hatte?! „Warum beantwortest du ihn so offen die Frage?“ herrschte Faisal Yugi nervös an. Dieser zuckte zusammen, doch da beantwortete Seth die Frage auch schon. „Nicht zu herrisch, mein Freund! Du hast dir einen Begleiter ausgesucht, der sehr offen und loyal ist. Er weiß, dass wir, meine Leute und ich, treue Anhänger des alten Pharaos sind. Und wir warten darauf, dass Atemu wieder kommt und den Thron besteigt. – Er sagte es mir, weil es zu Zeit Gerüchte gibt, dass Atemu wieder im Land sein soll. Und wenn du mit zu den Leuten gehörst, die Atemu wieder auf den Thron bringen wollen, dann werden wir mit reiten und unsere Kraft dazu einsetzen, Atemu zu unterstützen!“ – „Warum sprichst du so offen drüber? Ich denke, es ist gefährlich, sich zu dem Pharao zu bekennen?“ – „Sei vorsichtig mit deinen Aussagen. Du könntest dich ganz leicht selbst verraten, eure Hoheit...“ flüsterte Seth so leise, dass nur Faisal ihn verstand. Faisals Augen weiteten sich. „Was glaubst du, warum wir ausgestoßene sind?“ fragte Seth nun wieder laut. „Meine Leute und ich wurden gezwungen im Zwielicht zu leben, so wie Yugi hier. Auf der Flucht vor Ramses und seinen Häschern habe ich viele meiner Leute verloren! Wir haben uns in die Wüste zurückgezogen und viele verschiedene Verstecke aufgebaut. Eins unserer Verstecke wurde jetzt erst vor kurzen komplett vernichtet.“ Yugi lauschte den Ausführungen und blickte plötzlich auf. „Die Mitte des Schotts!“ Seth nickte. „Richtig. Mein Weißer und der Schwarze haben uns den Rücken freigehalten, als wir geflüchtet sind. Nun ja... den Rest kennt ihr. – Mein Weißer ist voller Dankbarkeit dir gegenüber, Yugi.“ Yugis Augen leuchteten auf. „Reit voran! Die Drachen warten bereits auf dich...“ grinste Seth leise und Yugi setzte sein Pferd in Bewegung. Faisal wollte folgen, doch Seth hielt ihn zurück. Als der Hufschlag nicht mehr zu hören war, blickte Seth nun zu Faisal und ihn tief in die Augen. „Atemu... Es ist schön, dich heil und lebend zu sehen. Subaru hat mir bereits eine Nachricht geschickt gehabt, und wir warteten nun sehnsüchtig auf deine Ankunft. Allerdings hat mir auch der weiße Drache berichtet, was draußen auf den Schott vorgefallen ist. Du bist sehr unerfahren und du vertraust zu sehr, auf das, was man dir erzählt hat. Wir werden dir helfen auf den Thron zu kommen, doch rate ich dir, dir vorher immer beide Seiten sich anzuhören und wenn möglich dir ein Bild vor Ort zu machen. Such dir deine Berater gewissenhaft aus! Du bist sehr lange aus dem Land weg gewesen und dein Vater hat dich nie an seinen Regierungsgeschehen teilhaben lassen, weil er dir so lange wie möglich eine normale Kindheit schenken wollte. Es wird eine schwere Aufgabe für dich werden.“ – „Wer seid ihr?“ fragte Faisal leise. „Wir sind die Wüstenwinde.“ Faisals Augen weiteten sich ungläubig. Seth grinste. „Wir haben deinem Vater treu in jeder Schlacht bei gestanden. Auch als es galt, die Magier zu unterwerfen, um das Land zu einigen und einen langfristigen Frieden zu bewirken. Die Drachen kämpfen an unserer Seite, wo wir allerdings nicht ihre Herren sind. Sie gehorchen niemand! Das heißt: bis auf Yugi. Ich weiß nicht warum, aber Yugi ist der einzige, der Befehle erteilen kann und die Drachen gehorchen ihm blind aufs Wort! - Natürlich haben wir uns nicht an deinem Vater durch einen Treueschwur gebunden. So wie wir es auch bei dir nicht machen werden. Solltest du jedoch gerecht und ein weiser Herrscher sein, kannst du jederzeit mit unserer Hilfe rechnen!“ Faisal schwieg lange und blickte auf seine Hände, welche die Zügel seines Pferdes hielten. Er war verwirrt und unsicher, ob er der Aufgabe gewachsen war und den Erwartungen seiner Untertanen gerecht werden würde. Da griff Seth sanft nach Faisals Hand und drückte sie aufmunternd. Faisal lächelte dankbar. „Bitte lasst es Yugi nicht wissen, dass ich Atemu bin. Ich möchte es noch nicht. Mir gefällt das Verhältnis, so wie es zu Zeit zwischen uns ist, sehr gut. Mir gefällt seine ehrliche Art und ich möchte nicht, das er sich verstellt, wenn er weiß, wer ich wirklich bin.“ Seth nickte. „Folge mir. Ihr habt einen anstrengenden Tag gehabt!“ Und Faisal folgte Seth nun in das Tal. Als sie den Taleingang erreichten kam ein böiger Wind auf, der über die Felsspitzen hinweg pfiff. „Das wird ein heftiges Unwetter werden!“ meinte Seth, als er in den Himmel blickte. Doch Faisal beachtete ihn nicht. Er starrte in das Tal, runter zum See und sah Yugi. Yugi stand bis zur Hüfte im Wasser. Den Rücken zum Taleingang gedreht. Faisal begriff nicht, was er da sah. Der Rücken wirkte zerfetzt, eine einzige Narbe oder doch eher wie eine Brandwunde? Seth folgte Faisals Blick. „Nur Yugi und die Drachen wissen, was passiert ist. Er spricht nicht darüber und die Drachen hüllen sich in tiefes Schweigen.“ Faisal blickte zu Seth. „Du sagtest, dass die Drachen Yugi bedingungslos gehorchen würden. Warum hat der weiße Drache ihn angegriffen, wenn Yugi schon des Öfteren mit euch verkehrt hat.“ Seth grinste. „Der weiße Drache hat sich erst seit etwa einem halben Jahr uns angeschlossen. Und Yugi haben wir das letzte Mal vor fast einem Jahr getroffen. – Lass die Hände von ihm, wenn du es nicht ehrlich meinst, mein Pharao. Sollte Yugis Herz gebrochen werden, werden die Drachen jedes Lebewesen auf der Welt vernichten!“ – „Sollte er der Herr der Drachen aus den ganzen Mythen sein?“ – „Ich weiß es nicht. Ich glaube eher, dass der Kleine den Beschützerinstinkt in den Drachen weckt. Mehr nicht.“ Faisal nickte und ritt sein Pferd wieder an.
 

Yugi betrat so eben die große Höhle, in der sich die ganze Truppe um ein Feuer versammelt hatte, als das Unwetter mit einem höllischen Krachen begann. Jeder in der Höhle zuckte erschrocken zusammen. „Würde sagen, noch rechtzeitig, hm?“ grinste da Faisal Yugi spitzbübisch an. Dieser blickte über das Feuer und biss sich auf die Lippen. Beide schauten sich tief in die Augen. Faisal sah, dass Yugi irgendwas am überlegen war. „Wage es...“ knurrte er bedrohlich. Und da sah er den Schelm in Yugis Augen aufblitzen. Zu spät reagierte Faisal und Kuriboh sprang ihn von hinten ins Genick – natürlich war der kleine Kobold pitschnass. Faisal sprang entsetzt auf und die Höhle dröhnte vor warmen Gelächter ob dieser Aktion Kuribohs. Ein leises schadenfrohes Lächeln verriet Yugi. Es war seine Idee gewesen. Faisal bekam sofort trockene Leinentücher, um sich zu trocknen. Dann setzte man sich wieder ans Feuer und aß, während draußen die Blitze zuckten, der Donner grollte, der Wind tobte und es wie aus ganzen Seen regnete.

Trotz des Unwetters, was draußen tobte, war es in der Höhle gemütlich. Jeder der Anwesenden erzählte Erlebnisse aus seinem viel bewegten Leben und so blieb es zwangsläufig nicht aus, dass einige aus der Zeit des alten Pharaos erzählten. Nach und nach ließ das Unwetter nach und Yugi erhob sich plötzlich, um an die frische Luft zu gehen. Faisal wollte ihn besorgt folgen, doch Seth hielt ihn mit einem leisen Kopfschütteln zurück. Mit der Zeit wurde es ruhiger und ein jeder zog sich zum Schlafen zurück. Nur Seth, Faisal und der Zauberer der dunklen Magie saßen noch am Feuer. Yugi war bis jetzt nicht zurückgekehrt.

„Warum hast du mich zurückgehalten?“ wollte da Faisal wissen. „Weil alles in Ordnung ist. Yugi hasst so viele Menschen um sich herum und die Enge einer Höhle. Wenn er sich wieder beruhigt hat, kommt er zurück.“ Seth blickte wehmütig ins Feuer, als er dies sagte. Faisal schwieg. „Ihr wollt mich also in die Stadt begleiten?“ begann er dann ein anderes Thema. „Ja. Wir werden dich in die Stadt und bis auf den Thron begleiten!“ antwortete Seth. „Das sind wir deinen Vater schuldig!“ – „Da brauch ja Yugi nicht mehr mich zu begleiten.“ – „Warum nicht?“ – „Es wird immer gefährlicher, je näher wir der Stadt kommen. Ich möchte ihn nicht unnötig in Gefahr bringen. Und wenn ihr mich begleitet, reicht es vollkommen.“ Seth musterte Faisal prüfend. War das sein Ernst, was er da sagte? Hatte er sich etwa in den kleinen Jungen verliebt?! „Ich wette, dass du Yugi nicht los wirst! Der wird bis zum Schluss mit reiten, da es ja jetzt anfängt interessant zu werden.“ Faisal blickte verwirrt auf. „Wie jetzt?“ Seth kicherte leise vergnügt. „Yugi überlebt nur. Es gibt nichts, was ihn interessiert, außer der sagenumwobene Pharao Atemu. Yugi legt seine ganze Hoffnung in die Rückkehr Atemus, weil er damit sich erhofft, endlich wieder aus dem Zwielicht zu treten und als ein ganz normaler Mensch zu leben. Und jetzt, wo du, der vermeintliche Vertraute Atemus, auftauchst, um alles für die Thronbesteigung vorzubereiten, wird er sich hüten aufzugeben. Er will sicher sein, dass du wirklich heil in die Stadt kommst!“ – „So habe ich es noch gar nicht betrachtet...“ – „Ich weiß.“ Seth grinste. „Außerdem kommt noch ein entscheidender Aspekt dazu, den eigentlich nur Yugi erfüllen kann.“ Faisal blickte fragend zu Seth. „Was meinst du?“ – „Am besten wäre es, wenn du vorher mit Subaru reden würdest. Um mit ihm gefahrlos zu reden und dein weiteres Vorgehen zu besprechen, muss er aus der Stadt geholt werden. Wenn jetzt einer von uns das tun würde, würde man Verdacht schöpfen. Und du kannst es schon gar nicht tun. Also muss das Yugi machen.“ Faisals Augen verengten sich leicht. „Ich denke, er lebt auch im Zwielicht, so wie ihr? Wie soll es da nicht auffallen, wenn er mit Subaru zusammentrifft?“ Seth schwieg einen Moment und blickte über das Feuer aus dem Höhleneingang. „Yugi ist ein kleiner Dieb, der nur überlebt und mit den Dingen des Pharaos nichts zu tun hat. Der Kleine hat das Land betreten, als Ramses schon herrschte. Außerdem hört er meisten nur zu und redet selten. Von daher hat er noch niemanden seine wahren Gedanken eröffnet, was er über Ramses und Atemu denkt. Er ist für Ramses Häscher uninteressant. Subaru hingegen ist weit bekannt. Er dient zwar den aktuellen Pharao, aber er macht nie einen Hehl daraus, dass er sofort die Fronten wechselt, sollte Atemu wieder auftauchen. Und nun kommt der entscheidende Punkt, warum Yugi perfekt für diesen Auftrag ist: Yugi hat Subaru einmal ganz böse gelinkt und bestohlen. Und jeder im Reich weiß das... nur Yugi selber nicht!“ grinste Seth breit. „Warum weiß er nicht, wen er bestohlen hat?“ – „Weil Yugi nur überlebt. Er gibt sich nicht mit Namen oder Status ab. Er sucht sich ein Opfer und prompt hat er seine Beute. Sein Vorteil, man unterschätzt den Kleinen! Und so hat er auch Subaru gelinkt. Wobei es eher ein ganz raffiniertes und böses Wortspiel war, was Yugi gewonnen hatte. Natürlich hat das an Subarus Ego gekratzt und er hat geschworen, den Kleinen zur Brust zu nehmen, wenn er ihm noch einmal über den Weg laufen sollte. Natürlich hat sich Subaru wieder beruhigt und mir versichert, dass er den kleinen Dieb nichts antun wird. Yugi hatte ja ehrlich und fair gewonnen. Allerdings weiß DAS wiederum keiner, außer du, ich, Subaru und meine hier anwesende Truppe. Wenn Subaru nun Yugi aus der Stadt folgt, wird niemand Verdacht schöpfen.“ Faisal blickte nachdenklich ins Feuer. Er überlegte hin und her. Und er kam zum Schluss, dass es so am besten war. Schließlich nickte er und erhob sich, um die Höhle zu verlassen. Er wollte nun doch Yugi aufsuchen. Am Eingang blieb er jedoch nochmal stehen. „Wollt ihr es ihm sagen, wer Subrau ist?“ Seth grinste frech. „Das soll er mal schön selber herausfinden!“ Faisal nickte bedächtig und verließ die Höhle endgültig.
 

Yugi hatte die Höhle verlassen und trat an den See. Es regnete noch leicht, doch hatte er es nicht mehr ausgehalten in der Höhle zu sein. Die Erzählungen und Gespräche hatten ihn bewusst werden lassen, dass sein Auftrag fast vorbei war. Noch ein oder zwei Tage, dann war Faisal in der Stadt und Yugi würde ihn nie wieder sehen. Dieser Gedanke bedrückte ihn sehr. Es ließ sogar sein Herz schmerzen und er wusste nicht warum. Faisal machte ihn manchmal angst. Da war es Yugi, als ob Faisal nicht der war, für den er sich vorgab. Allerdings fühlte er sich auch geborgen bei den Älteren, fühlte sich akzeptiert und gemocht. Jedes Mal, wenn Faisal lachte... oder auch nur lächelte, wurde es Yugi ganz warm ums Herz und er wünschte sich, dass dieser Moment nie aufhören würde. Faisal respektierte und verurteilte ihn nicht. Irgendwas war die letzten Tage geschehen. Yugi hatte eine Bindung zu Faisal aufgebaut, die total neu für ihn war. Jede Berührung des Älteren entlockte ihn innerlich ein Jauchzen und als Faisal ihn sogar in den Armen gehalten hatte auf den Schott... Yugi seufzte auf. So musste sich eine Frau fühlen, die in den Armen ihres Geliebten lag... Yugi stutzte. Hatte er das jetzt wirklich gedacht? Hatte er sich etwa in Faisal verliebt? Nein... schüttelte er den Kopf. Er und Faisal waren Männer. Das ging doch nicht... oder? Yugi wusste es nicht. Er wusste nur, dass er für immer an Faisals Seite sein wollte. Der Kleine blickte in den Himmel. Die Wolken hatten sich mittlerweile verzogen und die Sterne strahlten vom Firmament.

Da trat plötzlich eine große Gestalt von hinten an Yugi ran. Leise und sanft umarmte sie den kleinen Dieb. Yugi wusste, dass es Faisal war. Er spürte die Wärme, die Kraft und sein Herz machte Purzelbäume vor Freude. Faisal legte seinen Kopf an Yugis Nacken und verharrte so schweigend. Yugi genoss diese Vertrautheit, dieses Gefühl des Geborgenseins. Ihm wurde so warm am ganzen Körper und seine Knie wurden butterweich. Sein Atem beschleunigte sich leicht und dennoch war alles so traumhaft. Endlich lehnte sich Yugi an den Oberkörper des Größeren und genoss einfach die Umarmung ohne zu denken. „Ich will nicht, dass sich unsere Wege trennen...“ entfuhr es da urplötzlich dem Kleinen. Erschrocken zuckte er zusammen, doch Faisal hielt ihn weiterhin fest umschlungen. „Ich weiß, mein kleiner Dieb. Doch es lässt sich nicht vermeiden...“ hauchte der Größere Yugi ins Ohr. „Ich bin kein Dieb!“ schmollte dieser leise. „Doch, bist du. Du hast mein Herz gestohlen...“ raunte Faisal warm. Yugis Augen weiteten sich. Hatte Faisal das so eben wirklich gesagt? Und noch ehe Yugi sich versah, hatte Faisal ihn rumgedreht und blickte dem Kleinen in die Augen. Ganz langsam näherten sich seine Lippen denen von Yugi. Und endlich berührten sie einander. Vorsichtig und sanft umspielte Faisals Zunge Yugis Lippen, bis dieser unsicher seinen Mund leicht öffnete. Faisals Zunge drang vorsichtig in Yugis Mund ein und da versteifte sich der Kleine plötzlich. Faisal hielt inne und löste sich von dem Kleinen. Angst las er nun in den Augen, doch Faisal schüttelte beruhigend den Kopf. „Keine Sorge. Du bist noch nicht so weit. Ich werde so lange auf dich warten.“ Und damit hauchte er noch einen zarten Kuss auf Yugis Lippen.

Der kleine Dieb

Der kleine Dieb
 

Seth stand bei seinem weißen Drachen und lauschte fassungslos dem, was der Drache ihm erzählte. Die Sonne war aufgegangen und jeder im Tal war Aufbruchsbereit. Nur Yugi und Faisal schliefen noch. Es störte jedoch keinen, dass sie warten mussten, denn die Beiden hatten anstrengende Tage hinter sich.

Der weiße Drache hatte einen Narren an den kleinen Dieb gefressen, allerdings wollte er Seth nicht sagen warum. Auf jeden Fall hatte er Yugi beobachtet gehabt und dann auch gesehen, was zwischen Faisal und Yugi passiert ist. „Und du bist dir ganz sicher, dass er ihn geküsst hat?!“ fragte Seth ungläubig. Der Drache grinste breit. „Und hat ihm sogar versprochen, dass er auf ihn warten wird...“ ergänzte der Weiße. Seth runzelte die Stirn. Wenn das mal gut geht...

Da trat plötzlich Yugi aus der Höhle und streckte sich genüsslich. Tief atmete er die Sonnenstrahlen ein und dann blickte er über das Tal. Sofort fielen seine Augen auf Seth. „Hast du Kuriboh gesehen?“ rief er kindlich. Seth runzelte die Stirn. Er setzte gerade zu einer Antwort an, als sich der weiße Drache kraftvoll in die Lüfte erhob und vor den Füßen Yugis landete. „Steig auf.“ Murmelte der Drache. Yugi stutzte. Irgendwas war heute anders an den Drachen. „Ich will dir jemanden zeigen.“ Drängte der Weiße nun sanft. Und schon schwang sich Yugi auf den Rücken des Drachen. Dieser erhob sich majestätisch mit schwungvollen Flügelschlägen in die Luft. Und da war auch plötzlich der Rotauge neben den Weißen. Kuriboh ritt vor Freude gurrend auf dem Rotauge. Yugi lachte hell auf, als beide Drachen ihre Muskeln anspannten und davon flogen. Seth schaute ihnen nach. Wenn Yugi wirklich der Herr der Drachen war, dann würde das Schicksal ein grausames Spiel mit dem Pharao und dem kleinen Dieb spielen. Denn laut den Mythen waren der Herr der Drachen und der Pharao Feinde. Und der Pharao musste den Drachenfürsten besiegen, um das Land unangefochten zu regieren und den Frieden zu erhalten. Ein trauriger Schatten huschte über sein Gesicht, als Seth sich in die Höhle begab, um Faisal zu wecken.
 

Yugi blickte sich um, während sie durch die Lüfte flogen. Die Stadt war fast in der entgegengesetzten Richtung. Es ging tief in die Wüste hinein. Mit fast schon halsbrecherischer Geschwindigkeit. Kuriboh war die ganze Zeit am Surren. Er sang. Yugi beobachtete den kleinen Kobold eine Weile und musste dann doch ganz sanft lächeln über das kleine Wesen. Nie hätte er sich träumen lassen, dass dieser kleine Kerl mit ihm durch Dick und Dünn gehen würde. Wie automatisch streckte Yugi seine Hand nach dem Kleinen aus. Der Rotauge sah die Bewegung des Menschen und näherte sich dem weißen Drachen so sehr, dass Kuriboh mit seinen kurzen Händchen Yugi berühren konnte. So flogen sie ein Stück gemeinsam, sich an den Händen gefasst. Da kam eine Windböe und der Rotauge musste sich wieder entfernen. Yugi blickte Kuriboh nach. Wehmütig wandte er sich wieder nach vorne mit seinem Blick. Er vermisste seine Mama. Der Weiße schloss leicht seine Augen in Angesicht des Schmerzes von diesem kleinen Menschen. Es tat ihm in der Seele weh, dass er den Kleinen nicht helfen konnte. „Wo fliegen wir hin?“ fragte Yugi plötzlich, als er sich wieder gefasst hatte. „Wir fliegen zu einer unserer Höhlen. Da ist ein Gefährte, der aus der Sklaverei der Menschen entfliehen konnte. Allerdings wird er immer schwächer. Vielleicht kannst du ihm helfen?“ antwortete der Rotauge. Yugi blickte rüber und in die blutroten Augen. „Ich werde es versuchen...“ nickte er. Und da tauchte plötzlich eine riesige Felsformation auf. Sie war in einem Halbkreis angeordnet und eine riesige Höhle drang in der Mitte in den höchsten Felsen. Vor dieser Höhle lag ein gelber Drachen.

Der Weiße und der Rotauge landeten auf der freien Fläche und in einigem Abstand von den Drachen. Yugi stieg vom Rücken und näherte sich dem Wesen fasziniert. Noch nie hatte er so einen Drachen gesehen. Der Schädel war wie ein Hammer geformt, dabei hatte er auf der Stirn und am Hinterkopf jeweils ein riesiges Horn. Auch vom Unterkiefer ging ein kleines Horn weg. Aus dem Brustbein und aus beiden Hüften ebenfalls jeweils ein Horn. Der Schwanz war ein zierliches Gebilde nur aus Knochenwirbeln und endete in zwei kleinen Dornen. Die Flügel waren mächtige Knochenplatten, an deren Spitzen ebenfalls spitze Hörner prangten. Das größte an dem ganzen Drachen war der Kopf. Der Körper wirkte eher zierlich. Es war ein Drachenfluch. Der Drachenfluch war ein sehr gefürchteter Drache, da er die dunkle Magie beherrschte.

Yugi setzte vorsichtig einen Fuß vor dem anderen. Er hörte das schwere Atmen des Drachen. Ja, es war schon ein Kämpfen um jeden Atemzug. Kuriboh folgte Yugi auf den Fuß. Plötzlich hielt der Drachen für einen Augenblick den Atem an. Yugi erstarrte, als er die schwarze Magie, die gesamte Wut und den Hass des Drachen spürte. Mit einer blitzschnellen Bewegung drehte sich der Drachen um und griff Yugi mit gefletschten Zähnen an. Dieser war starr vor Angst. Noch nie hatte er vor einem Drachen gestanden, der ihn ernsthaft töten wollte. Wilde Mordlust, reine Blutgier schlug Yugi entgegen. Selbst Kuriboh war nicht in der Lage zu reagieren, so geschockt waren Beide. Der Drachenfluch wollte gerade zu beißen, als er brutal von dem Rotauge gerammt und zur Seite gestoßen wurde. Der Drachenfluch kam schlitternd zum liegen. Ein schmerzgepeinigtes Brüllen durchraste Yugis Körper. Der Rotauge stand über den Drachenfluch und knurrte mit gefletschten Zähnen. Yugi näherte sich wieder dem Drachenfluch und sah mit Entsetzen, das der Drache blind war. Man hatte ihn geblendet... nein, schlimmer noch, man hatte ihn die Augen komplett entfernt! „Rotauge, runter von ihm!“ fauchte da Yugi fassungslos. Der Rotauge starrte den Menschen an. „Er wird dich zerreißen!“ Yugi schluckte schwer und nickte. „Dann ist es so...“ Zögerlich entfernte sich der Rotauge drei Meter und beobachtete scharf. Yugi näherte sich ganz langsam dem Kopf des Drachen. Er spürte die Wut, den Hass, den Schmerz und auch die Angst vor den Menschen. Yugi wusste, der Drache würde ihn töten, wenn er die Kraft dazu hätte. Er fühlte das Rasen des Herzens und hörte das schwere und tiefe Atmen. Endlich stand Yugi neben den Kopf des Drachen und da fiel sein Blick auf den kurzen Hals. Der Drachenfluch trug ein Halsband, was sehr eng geschnallt war. Vorsichtig legte Yugi seine Hand auf die Stirn des Drachen. Dieser atmete heftig aus. Der Drachenfluch würde ihn töten und zerreißen! Das war so sicher, wie das Amen in der Kirche. Yugi schluckte schwer, als seine Hand von der Stirn des Drachens langsam über den Kopf hinter zum Nacken glitt. Der Kleine trat nun ganz nah an das große Wesen ran. „Es könnte jetzt etwas sehr weh tun...“ murmelte Yugi entschuldigend, als er nun mit beiden Händen nach dem Halsband griff und versuchte es zu öffnen. Er nestelte eine ganze Weile daran, bis es ihm gelang, das Halsband zu lösen. Fassungslos hielt Yugi das Halsband nun in seinen Händen. Er wusste, dass diese Halsbänder magisch waren und jedes Wesen, was diese Bänder trug, wurde mit Magie gezwungen, dem Besitzer zu gehorchen. Und je weiter das Monster vom Besitzer weg war, desto mehr Macht übte das Halsband, die Magie, auf das Monster aus und schwächte es. Es war eine grausame Erfindung der Menschen, die Monster damit zu zähmen! Doch bei diesem Halsband war noch mehr. Es war auf der Innenseite über und über mit Widerharken bedeckt, die brutal ins Fleisch schnitten, sobald das Halsband angelegt wurden war. Angewidert ließ Yugi das Halsband fallen. „Danke...“ flüsterte es da plötzlich ganz leise in Yugis Gedanken. Dieser blickte auf. Langsam näherte er sich den Drachen wieder und umarmte seinen Hals. Der Drachenfluch ließ es sich gefallen und genoss die Wärme und die freundliche Berührung des kleinen Menschen.
 

Faisal blickte in den Himmel, als er ein trompetendes Brüllen hörte. Der weiße Drache und der Rotauge kamen angebraust. Faisal war gerade dabei sein und Yugis Pferd zu satteln, als die Drachen erschienen. Er entfernte sich etwa drei Schritte von seinem Pferd, als der weiße Drache auch schon auf ihn zu geschossen kam. „Das wagst du nicht!“ forderte sein Blick Yugi heraus, der den Weißen ritt. Dieser erwiderte den Blick spitzbübisch und selbstbewusst. Allerdings fing sein Blick unsicher an zu flackern, als der Drache sich Faisal immer mehr näherte und dieser absolut keine Anstalten machte auszuweichen. Im Gegenteil, er stand hoch erhobenen Hauptes da und harrte der Dinge. Yugi knickte ein und der Drache stoppte seinen Flug eine Handbreit vor Faisal. Ein zynisches Lächeln umspielte Faisals Lippen. „Ich würde sagen, diesmal habe ich gewonnen...“ Yugis Augen verengten sich und schulterzuckend sprang er vom Drachen. „Respekt, du machst dich langsam!“ grinste er breit. Faisal schüttelte nur den Kopf. „Lass uns aufsteigen und los machen. Wir sollten keine Zeit verlieren!“ Yugi nickte, verabschiedete sich von den Drachen und schwang auf sein gesatteltes Pferd. Dankbar lächelte er Faisal zu, als er sich in Bewegung setzte. Faisal und die Wüstenwinde folgten ihn.

Wider Erwarten passierte nichts Außergewöhnliches auf den Ritt. Das einzige, was Faisal störte, war, dass Yugi sehr in sich gekehrt war. Misstrauisch beobachtete er während des Rittes den Kleinen. Jede Bewegung, jedes Muskelspiel, jeden Atemzug. Der Kleine war so still und bedrückt. Irgendwas lag schwer auf seinem Gemüt, seit er mit den Drachen wieder zurückgekommen war. Drachen... Da kam Faisal eine Idee und er wusste, er würde seinen kleinen Dieb heute Abend zu Rede stellen!

Die Truppe hatte eine ordentliche Strecke zurückgelegt und lagerte nun. Mehrere Feuer wurden angezündet und das Essen wurde zubereitet. Yugi war bei den Pferden. Als Faisal dies bemerkte, machte er sich auf den Weg zu dem Kleinen. Auch Seth hatte das beobachtet und er beschloss, ebenfalls zu folgen. Er wollte wissen, was es gleich für ein Gespräch zwischen den Beiden geben wird.
 

Yugi hatte sein Pferd versorgt und saß nun einfach mit angezogenen Knien da. Sein Kinn ruhte auf diesen und er blickte nachdenklich in die Ferne. Kuriboh saß vor Yugi an dessen Schienbeinen gelehnt und starrte auch ins Nichts. Beiden ging das Bild einfach nicht aus dem Kopf, dass der Drachenfluch Yugi ernsthaft hatte töten wollen!

So fand Faisal die Beiden vor. Leise trat er neben Yugi und verharrte. „Was ist passiert?“ fragte er warm. Yugi schüttelte leise den Kopf. Er wollte nicht antworten. Nicht Faisal. „Du warst mit den Beiden weg und seit dem bist du wie ausgewechselt. Sie haben dich zu einem verletzten Drachen geführt?“ sprach Faisal weiter und beobachtete dabei Yugi genau. Der kleine Körper schien zu warten. „Der Drache hat dich angegriffen?“ harkte Faisal vorsichtig nach. Yugis Augen zuckten. Faisal wusste es? „Es war ein Drachenfluch. Er wollte mich töten. Er wollte mich wirklich töten. Wenn Rotauge mich nicht beschützt hätte, hätte er mich zerrissen! Ich habe noch nie ein Lebewesen so voller Hass, Wut und reiner Mordlust erlebt...“ antwortete Yugi ganz leise und bedrückt. Faisal schwieg. „Er ist aus Menschenhand geflohen. Er hatte ein magisches Halsband um und sie haben seine Augen komplett entfernt! – Warum machen sie sowas?“ Faisal atmete tief durch. „Drachen sind gefährliche Bestien. Sie zerstören, morden und vernichten, wo sie nur können. Sie sind allerdings auch sehr machtvoll und ihre Kraft kann sehr sinnvoll genutzt werden. Es ist ganz normal, dass Drachen so gezähmt werden. Man macht sie hilflos und bricht sie dann ein, damit sie gehorchen und noch vom Nutzen sind...“ erklärte Faisal. „Glaubst du daran? Glaubst du, dass es richtig so ist?“ fragte Yugi leise. Faisal schwieg. Wenn Yugi ihn so fragte, konnte er nicht so ohne weiteres antworten. Hatte er doch selber im Schott das genaue Gegenteil erlebt, von dem, was er hier gerade gesagt hatte. Yugi erhob sich. „Ich wusste es...“ murmelte er leise. „Wenn du diese Einstellung vertrittst, denke mal bitte über Folgendes nach: Atemu wird gefürchtet und man will ihn töten, damit er keine Gefahr für Ramses, den aktuellen Pharao da stellt. Würde Ramses nicht besser kommen, Atemu zu fangen, ihn die Augen zu entfernen, zu versklaven und ihn als Marionette zu benutzen anstatt ihn töten zu lassen?“ Mit diesen Worten ließ Yugi Faisal stehen. Diesem wurde schlecht ob dieser Worte und entsetzt über diesen Gedankengang starrte Faisal Yugi fassungslos nach. „Weise Worte...“ murmelte da Seth, der an Faisal ran getreten war. Faisal antwortete nicht. Hatte Seth doch Recht!
 

Die Sonne war so eben aufgegangen, da war die ganze Truppe schon unterwegs. Sie legten ein scharfes Tempo vor, da sie heute noch bei Zeiten die Stadt erreichen wollten. Yugi ritt allen voran. Er wollte mit Niemanden sprechen. Gerade mal Seth hatte ihn kurz abfangen können, um ihn aufzuklären, dass er Subaru aus der Stadt holen sollte. Yugi hatte kurz überlegt und genickt. Seit dem war keiner mehr an ihn rangekommen. Auch Faisal hielt sich auffällig zurück. Die letzten Worte Yugis hatten ihn sehr hart getroffen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er es nie wirklich verstanden, warum man ihn töten wollte anstatt zu versklaven. Plötzlich ritt Seth an seiner Seite. „Über was zerbrichst du dir den Kopf, mein Pharao?“ Faisal blickte zuerst zu Yugi und dann zu Seth. Dieser grinste breit. „Keine Sorge, selbst wenn er neben dir reiten würde, würde er es nicht mitbekommen. Der ist total in seinen Gedanken versunken.“ Faisal nickte. „Mir gehen Yugis Worte nicht aus dem Kopf.“ Seth schwieg und blickte nachdenklich auf Yugis Rücken. „Beängstigend, die Dinge mal von einer anderen Seite zu betrachten, hm? Das ist eine Gabe... ohne Vorurteile zu leben, sich vorher alle Seiten zu betrachten, und sich dabei immer treu bleiben. Ich empfehle dir, Yugi an deine Seite zu holen, so bald du den Thron wieder inne hast. Er wird dir sehr helfen können.“ Faisal nickte. „Wenn...“ murmelte er und ritt zu Yugi. Es war seine Pflicht, den Kleinen aufzumuntern!

Yugi bemerkte, das Faisal neben ihn ritt, aber er reagierte nicht. Er hatte keine Lust, schon wieder mit Faisal darüber zu reden, wo er doch genau wusste, wie dieser zu den Drachen stand. Faisal beobachtete den kleinen einen Moment, dann blickte er auf den Weg vor sich und begann:

„Ich war glaube so alt, wie du es jetzt bist, als meine Pflegeeltern und ich in die Berge einem Jagdausflug machten. Fast eine Woche waren wir unterwegs, da gab es plötzlich ein Unwetter. Es regnete und stürmte die ganze Nacht. Am nächsten Morgen schien die Sonne wieder so friedlich, als ob nichts gewesen wäre. Ich durfte an diesen Morgen alleine durch die Wälder streifen. Da hörte ich plötzlich ein klägliches Wimmern und ein verzweifeltes Bellen und Knurren. Langsam näherte ich mich den Geräuschen und entdeckte eine Wölfin, die halb unter einem umgeknickten Baum lag. Ich weiß nicht, wie lange sie schon dort lag, aber sie war fertig und abgekämpft. Ihre Welpen leckten ihr das Maul, versuchten sie zu ermutigen. Doch sie kam nicht unter dem Baum hervor. Ich legte alle meine Waffen ab, damit sie sehen konnte, dass ich ihr nichts Böses wollte. Langsam und beruhigend auf sie einredend, näherte ich mich der Wölfin und begutachtete den Baum. Sie hatte Glück im Unglück. Ich brauchte den Stamm nur etwas anheben, und dann konnte sie raus schlüpfen. Ich suchte mir einen starken Ast, um den Stamm etwas anzuheben. Es dauerte lange, bis ich eine Stelle gefunden hatte und ganz langsam und unterm Aufgebot all meiner Kräfte, schaffte ich es, den Stamm etwas anzuheben. Sie hatte mich die ganze Zeit beobachtet gehabt. Sie wollte so eben unter dem Baum hervorkriechen, als sie sich noch mehr zurück verkroch. Ich wunderte mich, warum sie das tat und im selben Moment hatte ich drei große ausgewachsene Wölfe an mir hängen. Sie verbissen sich regelrecht in mir, wollten mich töten, versuchten alles, um an meine Kehle zu kommen. Irgendwie hatte ich es geschafft, sie abzuwerfen, dabei war ich sehr nah an die Wölfin getreten. Die Wölfe wagten es nicht mich erneut anzugreifen, aus Angst, der Wölfin könnte was passieren. Da winselte sie leise auf und die Wölfe legten sich hin, mich jedoch scharf beobachtend. Langsam trat ich wieder an den Stamm und versuchte erneut mein Glück. Doch ich bekam den Stamm nicht mehr hoch. Die Wölfe hatten mir die Schulter zerfetzt und ich hatte keine Kraft mehr in dem Arm. Verzweifelt sank ich in die Knie. Wie sollte ich denn der Wölfin helfen, wenn ich keine Kraft hatte, den Stamm zu bewegen?! Ein letztes Mal stemmte ich mich hoch. Es durfte nicht sein. Ich begann erneut, den Stamm hoch zu hebeln und irgendwie schaffte ich es tatsächlich, den Stamm so anzuheben, dass die Wölfin raus schlüpfen konnte. Erschöpft sank ich sofort wieder in die Knie. Und plötzlich waren die Wölfe wieder neben mir. Ich dachte, es wäre aus mit mir. Doch sie leckten meine Wunden und begleiteten mich bis zu meinen Pflegeeltern...“ Faisal hielt inne. Yugi hatte mittlerweile Faisal direkt angeschaut. „Warum erzählst du mir das?“ – „Die Wölfe wollten mich töten, weil sie ihr Familienmitglied beschützen wollten. Außerdem hatten sie Angst, dass ich irgendwas Böses wollte. Meinst du nicht, dass es genau so war mit deinem Drachenfluch? Dass er einfach nur Angst hatte, verstärkt von der Erfahrung, dass die Menschen ihn immer nur Schmerzen bereitet haben?“ Yugi schwieg ungläubig. „Genauso war es doch auch mit dem weißen Drachen im Schott. Er hatte dich angegriffen, und wollte dich um alles in der Welt vernichten, aus Angst, dass du dem hilflosen Schwarzen schaden könntest. – Nimm es dir nicht so zu Herzen, Yugi. Wenn er wirklich so eine Bestie gewesen wäre und sich nur von der Wut und den Hass und der Mordgier hätte lenken lassen, dann wärst du jetzt nicht hier!“ – „Er hat sich bedankt, als das Halsband ab war...“ murmelte Yugi leise. „Na, siehst du... Kein Grund sich also den schönen Kopf zu zerbrechen. Du wirst noch des Öfteren mit solchen Situationen konfrontiert werden. Außerdem hast du einen starken Beschützer an deiner Seite!“ Endlich musste Yugi doch grinsen, als Faisal bei den letzten Worten zwinkernd zu Kuriboh blickte. „Ich dank dir!“ meinte er, doch Faisal schüttelte seinen Kopf. „Nicht dafür, mein kleiner Dieb!“ Yugi grinste nun schelmisch und blickte nach vorn. Er parierte sein Pferd durch. Hier standen sie noch im Schatten der Felsen und da vor ihnen lag die Hauptstadt. „Wir sind da...“ murmelte er.

„Ich werd, da mal los reiten...“ setzte Yugi sich in Bewegung, während der Rest verharrte. Seth ritt an Faisals Seite. „Egal, was jetzt gleich passieren wird, du rührst dich auf gar keinen Fall vom Fleck! Yugi wird nichts passieren!“ Widerwillig nickte Faisal und gespannt beobachteten alle den kleinen Dieb, der sich langsam der Stadt näherte.

Yugi fühlte sich überhaupt nicht wohl bei der Sache. Ausgerechnet in dieser Stadt hatte er einen Offizier des Pharaos ganz böse vorgeführt gehabt. Das war wohl jetzt etwas mehr als ein Jahr her und Yugi hatte sich seit dem nie mehr in der Stadt blicken lassen. Der Offizier hatte Kuriboh beim Stehlen erwischt gehabt und der kleine Kobold wusste sich nicht anders zu helfen, als Schutz bei Yugi zu suchen. Ein hitziges Wortgefecht entspann sich zwischen Yugi und dem Offizier, welches Yugi nur mit ganz viel Glück gewann. Der Offizier hatte Yugi blutige Rache geschworen... Und ausgerechnet in diese Stadt musste er, um Subaru zu holen. Leicht gefrustet erhöhte Yugi das Tempo seines Pferdes und näherte sich immer mehr den Stadtmauern. Er konnte das Stadttor und die Torwachen bereits erkennen, als – „Wo soll es denn hingehen, kleiner Dieb?“ Yugi erschrak und sein Kopf flog zur Seite, von wo die Stimme kam. Dort sah er den Offizier auf einem Pferd. Neben ihm ritt ein Priester und hinter ihm eine Vielzahl an Reitern... Soldaten! Das Gesicht des Kleinen wurde aschfahl und er geriet in Panik. Mit einem scharfen Ruck im Zügel riss Yugi sein Pferd herum und jagte davon. Der Offizier nahm die Herausforderung grinsend an und befahl einen Teil seiner Leute, um Yugi herum zu reiten und diesen wieder in die Richtung des Offiziers zu treiben. Dieser, der Priester und der Rest seiner Männer setzten ihre Pferde ebenfalls in Galopp und verfolgten Yugi.

Yugi stellte sich in die Steigbügel und ließ seinen Schecken weit ausgreifen. Mit Entsetzen bemerkte er, dass der Schecke nicht mehr so konnte. Er war am Ende seiner Kräfte. Hinzu kam, dass sie durch tiefen Wüstensand ritten. Da waren die zierlichen Pferde der Soldaten den kräftigen Schecken weit überlegen. In den Augenwinkeln registrierte Yugi auch schon, dass ein Teil der Soldaten dabei war ihn zu überholen. Ihm blieb nur die Flucht durch die Felswüste. Dort war er unschlagbar! „Gib auf, kleiner Dieb!“ rief da der Offizier, doch Yugi schüttelte nur den Kopf. Niemals! Er lenkte seinen Schecken also von der Stadt weg und wieder in Richtung der Felsenwüste. Und je flacher der Sand wurde, desto mehr griff der Schecke aus. Yugi und seine Verfolger näherten sich im rasenden Tempo, wo Seth, Faisal und die Wüstenwinde standen. Faisal wurde unruhig, doch Seth ermahnte ihn mit einem Stirnrunzeln. Etwa 200 Meter bevor Yugi die Truppe erreichte, standen plötzlich Soldaten vor ihm. Yugi riss sein Pferd zurück. Es kam schlitternd und schrill auf wiehernd zum Stehen. Yugi war der Fluchtweg versperrt. Also riss er wieder seinen Schecken herum und jagte davon, gefolgt von seinen Häschern. Mit Entsetzen stellte der kleine Dieb fest, dass er in der Falle saß. Er war komplett eingekreist. Yugi parierte sein Pferd endlich durch und der Kreis der Soldaten blieb auch verharren. Langsam löste sich der Offizier und näherte sich dem Kleinen. Vor ihm blieb er stehen. „Gibst du auf?“ fragte er sanft. Yugi starrte in die Augen des Offiziers. „Lass mich passieren. Ich muss jemand eine Nachricht überbringen. Danach kannst du mit mir machen was du willst!“ Der Offizier stutzte und blickte in Yugis Augen. Tränen der Wut und Machtlosigkeit glitzerten da drin. „Zu wem willst du?“ fragte der Offizier leise. Yugi schwieg. Konnte er einem Offizier des Pharaos einfach so den Namen eines Mannes nennen, der sich gegen den Pharao stellen würde? Yugi biss sich auf die Lippen. Unschlüssig stand er da. Der Offizier ritt nun vollends neben den Kleinen. Er nahm das Gesicht des Jungen in seine Hand und blickte tief in seine Augen. „Antworte! Zu wem willst du?“ Yugi zitterte leicht. „Subaru.“ Der Offizier ließ Yugi los und wandte sich ab. Er gab seinen Leuten einen Befehl und diese lösten die Umklammerung auf. Der Priester näherte sich den Beiden. „Was willst du von Subaru?“ wollte der Offizier wissen. Yugi schüttelte nur verbissen den Kopf. „Du musst es mir schon sagen, kleiner Dieb, sonst kann ich dir nicht sagen, wo Subaru zu finden ist.“ Grinste der Offizier. Yugis Augen verengten sich trotzig. „Die Nachricht ist nur für Subaru bestimmt!“ Da lachte der Priester warm auf, als er bei den Beiden angekommen war. „Lass gut sein. Er wird nicht reden!“ sprach er zu dem Offizier. Dieser nickte bestätigend und wandte sich mit ganz warmen Augen an Yugi. „Kleiner Dieb... Ich bin Subaru.“ Yugi starrte sein Gegenüber fassungslos an. „Du bist Subaru?!“ Dieser nickte leicht verwirrt über Yugis beißenden Tonfall. Yugi wandte einfach sein Pferd um und ließ Subaru stehen. Es war ihm gleich, ob der Offizier folgen würde oder nicht! Fast schon Wutschnaubend hielt Yugi sein Pferd vor Seth, der fleißig am Lachen war. „Na? Tolle Verfolgungsjagd war das...“ Yugi überhörte den Kommentar geflissentlich und knurrte gefährlich leise. „WANN wolltest du mir sagen, WER Subaru ist? – Weißt du eigentlich, was ich für eine Angst hatte, diese Stadt zu betreten, geschweige denn überhaupt in ihre Nähe zu kommen und du machst dir einen Spaß daraus..?!“ Seths Augen wurden ernst. „Betrachte es als kleine Rache dafür, dass du uns das letzte Mal so hintergangen hast. Außerdem konnte ich es dir jetzt nicht sagen, weil jeder weiß, dass Subaru dir blutige Rache geschworen hat. Und somit wirkt es alles andere als auffällig, dass Subaru sich hinreißen lässt und dir nachjagt, sobald er dich sieht.“ – „Du hast mich als dein Spielzeug missbraucht!“ fauchte Yugi empört. „Nun beruhig dich wieder, kleiner Dieb.“ Erklang die warme Stimme Subarus. Sein Blick war über die Leute geflogen und er hatte Atemu sofort erkannt. Dieser hatte unmerklich mit dem Kopf geschüttelt. Yugi sollte immer noch nicht erfahren, wer Faisal wirklich war. „Lass uns erst einmal wieder in die Felsenwüste reiten. Es ist zu gefährlich, so nah an der Stadt zu sein!“ meinte Subaru und setzte sein Pferd in Bewegung.
 

Er war gekommen. Der Moment, vor dem es Yugi so gegraut hatte. Der Moment des Abschiedes. Yugi hatte seine Aufgabe erfüllt. Faisal war in der Stadt... also fast. Aber die paar Meter zählten nicht mehr.

Als die Truppe Rast machte, entfernten sich Faisal, Seth, Subaru und der Priester. Sie suchten das Gespräch unter sich. Yugi folgte mit seinem Blick der Gruppe, bis er sie nicht mehr sah. Dann fütterte und tränkte er sein Pferd. Ein Blick in den Himmel ließ ihn erkennen, dass es Mittagszeit war. Also sattelte er sein Pferd ab und legte sich hin zum Schlafen.

Yugi wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, als er langsam wach wurde. Er spürte die Anwesenheit Faisals, der neben den Kleinen saß und geduldig wartete, bis dieser wieder wach werden würde. Mühsam rappelte sich Yugi auf und blickte mit verschlafenem Blick zu Faisal. „Was ist los?“ fragte der Kleine ängstlich. „Ich muss in die Stadt, und wollte mich vorher bei dir verabschieden.“ Yugi blickte traurig zur Seite. Nie hätte er gedacht, dass diese Worte ihn so schmerzen würden. Die Luft blieb ihm für einen Augenblick weg. Was hatte er erhofft? Dass sie ewig zusammen sein würden? „Yugi... Nimm das, als Belohnung dafür, dass du mich sicher hier her gebracht hast.“ Faisal reichte Yugi einen kleinen Lederbeutel mit Goldmünzen. „Nimm es als Lohn oder betrachte es als eine Art Darlehen, was du mir später, wenn der neue Pharao auf den Thron sitzt und du wieder Geld hast, zurück zahlen kannst. Ich möchte nicht, dass du weiter stehlen musst.“ Yugi nickte. Faisal erhob sich und atmete tief durch. Ihm fiel es auch nicht besonders leicht, den Kleinen jetzt ziehen zu lassen. „Ich habe auf unserer kurzen Reise sehr viel erlebt und gesehen. Sehr viel gelernt – dank dir. Du hast was gut bei mir, und sobald der Machtwechsel vollzogen ist, kannst du jederzeit an den Hof des Pharaos kommen und meine Hilfe einfordern, wenn du sie benötigst!“ Yugi hatte sich mittlerweile auch erhoben. Er blickte zu Faisal auf. „Bitte komm mich besuchen...“ raunte der Ältere tränenerstickt und umarmte den Kleinen fest. Auch dieser krallte sich wie ein Ertrinkender an Faisal. Tränen rannen über sein Gesicht. Er wollte nicht! Er wollte nicht, dass sich ihre Wege hier und jetzt trennten! Faisal erlaubte sich noch einmal Tränen zu vergießen. Warum konnte er nicht einfach alles aufgeben und mit Yugi wieder in die Wüste reiten? Irgendwohin, ganz weit weg von der Verantwortung, der Bürde und seiner Zukunft! „Yugi...“ hauchte er leise und so verharrten der Dieb und der Pharao in einer innigen Umarmung, ein jeder mit sich und seinem Schicksal hadernd.

Irgendwann löste sich Yugi leise. Er sattelte sein Pferd und stieg auf. Er wollte einfach wegreiten, sich nicht umdrehen, nicht zurückblicken. Doch in dem Moment, als er an Faisal vorbeireiten wollte, griff dieser in die Zügel und parierte das Pferd durch. Er blickte fest in Yugis Augen und legte seine Hand auf Yugis Wange. Dieser schloss seine Augen und lehnte sich automatisch vor. Da griff Faisal nach Yugis Hinterkopf und zog das Gesicht des Kleinen zu ihm runter. Ganz sanft aber innig küsste Faisal ein letztes Mal seinen kleinen Dieb.

Der Dieb und der Pharao

Der Dieb und der Pharao
 

Eine Handvoll Männer brachten ihre schweißüberströmten Pferde vor dem Wasser in dem Felsental zum Stehen. Andere Männer kamen angerannt und versorgten die Tiere, welche einfach nur am Ende ihrer Kräfte waren. Es war das Tal der Wüstenwinde. Seth war einer der soeben angekommenen Reitern. Er war hundemüde und am Ende seiner Kräfte. Seit drei Monaten machten die Truppen des Pharaos... oder halt Männer im Namen des Pharaos Jagd auf die Wüstenwinde. Sämtliche Verstecke bis auf das Felsental und ein Tal tief im Gebirge im Gebiet der Drachen waren zerstört wurden. Seth hatte auch sehr viele Männer verloren gehabt. Von ursprünglich 35 Leuten zählte er nur noch 15. Es war schrecklich!

Der Machtwechsel war jetzt nun zwei Jahre her. Es ging alles ganz schnell und unkompliziert, dank Subarus Vorbereitungen. Seth hatte Atemu noch fast ein halbes Jahr lang unterstützt gehabt, bis er sich zurück zog. Atemu hatte eine sehr schwere Last. Er reiste ununterbrochen durch das Land, um seinen Untertanen Mut zuzusprechen, den Schaden zu begutachten, den Ramses verursacht hatte und seine Feinde im Keim zu vernichten. Wie viele Attentate gab es auf den Pharao! Nur sehr langsam gewann Atemu die Oberhand über seine Feinde. Und erst jetzt im zweiten Jahr seiner Regentschaft erkannte man die ersten Früchte seiner harten Arbeit: Die Landwirtschaft florierte, die Kornkammern füllten sich und das einfach Volk feierte wieder ausgelassen Feste.

Und nun schien es, dass sich wieder Feinde und Verräter als Vertraute des Pharaos eingeschlichen haben. Diese organisierte Raubüberfälle auf die Leute Atemus und ließen es wie das Werk der Wüstenwinde aussehen. Lange hatte Atemu seine Hand schützend über Seth und seine Leute gehalten, doch schien es, dass die Hand langsam ermüdete. Denn seit drei Monaten wurden die Attacken immer heftiger und grausamer. Atemu hatte versprochen, immer ein Ohr und Hilfe für Seth übrig zu haben. Und so hatte dieser, sich darauf verlassend, seinen besten Reiter als Boten zu dem Pharao geschickt. Leise verfluchte Seth, dass er Yugi seit nun über zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Denn er war eigentlich der beste Reiter im ganzen Land! Und, wie er von dem weißen Drachen gehört hatte, auch mittlerweile ein sehr anerkannter, zuverlässiger und vertrauenswürdiger Bote. Er hatte sogar zwei Aufträge vom Hof erhalten gehabt. Allerdings war Yugi nie direkt in die Nähe des Pharaos gekommen. Wo allerdings Seth glaubte, dass Yugi es nicht wollte. Es reichte dem Kleinen wohl vollkommen zu, dass er wieder ein normaler Mensch sein durfte und nicht mehr sein Brot mit Raub oder Diebstahl verdienen musste.

Seth verzog sich in die kühle Höhle, aß und trank eine Kleinigkeit und legte sich hin. Er wollte noch etwas schlafen. Sein Bote musste eigentlich jeden Augenblick wieder kommen.

Seth schreckte hoch, als er laute Stimmen und empörte Rufe hörte. Was war los? Er erhob sich und trat aus der Höhle. Sein Bote war angekommen. Als er jedoch sah, wie dieser mit zusammengekniffenen Lippen direkt auf Seth zusteuerte, ahnte er nichts Gutes. „Und?“ kam Seth gleich zur Sache. „Keine Chance! Sie haben den Verstand des Pharaos so sehr vernebelt, man kommt nicht mehr durch. Er gab mir mit auf den Weg, dass wir unsere Tätigkeiten einstellen und ihm öffentlich Treue schwören sollen, damit wir wieder ungeschoren leben können. – Außerdem hat er beschlossen sämtliche Drachen in Ketten zu legen – oder zu töten!“ Seth starrte sein Gegenüber an. Hatte er richtig gehört? „Wir reden aber von Atemu? – Wieso sollte er auf einmal so grausam sein?“ – „Ich weiß es nicht. Ich habe es auch eigentlich Subaru zu verdanken, dass ich heil aus der Stadt rausgekommen bin. Atemu hätte mich fast in den Kerker werfen lassen. Dein Weißer ist geblieben. Er meinte, er wolle versuchen Atemu wieder zur Vernunft zu bringen und ihm die Augen über seine wahren Feinde zu öffnen. Außerdem hat dein Weißer den Rotauge losgeschickt, dass er Yugi in die Stadt bringen soll!“ Seth wurde blass. Sein Weißer... Ein Drache... griff ein! Und er hat sogar Yugi bestellt. Sollte alles umsonst gewesen sein? War Atemu gar nicht der Pharao, von dem die Mythen erzählten? Sollte Atemu wirklich nur... Seth schüttelte den Kopf. Sie mussten einen Weg finden, die falschen Berater zu vernichten, bevor es zu spät war. Und dazu musste er mit seinem Drachen reden! Seth gab rundum Befehle, suchte sich ein frisches Pferd und jagte auch schon davon – in das Hoheitsgebiet und die Stadt des Pharaos!
 

„Hallo Yugi,

da ich leider nicht weiß, wo du dich aufhältst, lass ich dir folgendes nun durch diese Zeilen bestellen:

Der Machtwechsel ist sehr leicht von statten gegangen und ganz ohne Blutvergießen. Natürlich beginnt die eigentliche Arbeit jetzt erst. Wir müssen durch das Land reisen und alles wieder aufbauen.

Ich wollte dir mit diesem Schreiben sagen, dass du aus deinen Schattendasein austreten kannst. Du kannst wieder normal leben. Ich habe dich als Boten bei den Hofeigenen Priestern empfohlen. Also du kannst jederzeit gerade als Bote oder Kundschafter nun dein Geld verdienen.

Ich vermisse dich, mein kleiner Dieb! Und es würde mich freuen, wenn es dich mal an den Hof des Pharaos verschlagen würde.

Falls du jemals Hilfe benötigen solltest, dann kannst du sie jederzeit bei mir anfordern.
 

Faisal“
 

Yugi lag unterm Sternenhimmel am Ufer des Nils, als er diesen Brief wieder in den Händen hielt und durchlas. Er hatte diesen Brief seit nun fast zwei Jahren und jedes Mal, wenn er Sehnsucht nach Faisal hatte, las er sich diesen Brief durch. Er hatte dann das Gefühl, dass der Ältere neben ihn sitzen würde. Yugi hatte einen Auftrag erledigt gehabt - er musste ein Paket voller Diamanten nach Alexandria bringen – und war nun wieder auf den Rückweg. Dies war die letzte Nacht am Nil. Morgen würde er die weite Wüste betreten. Eigentlich könnte er ja am Nil bleiben, aber durch den Wüstenritt würde Yugi drei Wochen einsparen. Und er hatte sich vorgenommen, an den Königshof zu reiten und Faisal endlich mal zu besuchen. Vielleicht bekam er ja auch eine Audienz beim Pharao.

Wie aus der Ferne vernahm Yugi das freudig aufgebrachte Fiepen und Surren von Kuriboh. Was war los? Mühsam versuchte sich der Kleine aus dem Land der Träume zu kämpfen. Ein sanftes Knurren erklang und dann war wieder Ruhe. Yugi fiel wieder in Tiefschlaf. Irgendwann jedoch wurde Yugi durch das Gurren von Kuriboh geweckt. „Kuriboh...!“ grummelte Yugi genervt, als er halb verschlafen zu seinem kleinen Kobold blickte. Dieser blickte ihn gerade mit seinen großen gelben Augen und... Yugi fuhr hoch. „Rotauge!“ rief er freudig überrascht und warf sich auch schon mit einer stürmischen Umarmung an den Hals des Drachens. Geduldig ließ dieser diesen Gefühlsausbruch über sich ergehen. Es war noch ungewohnt für ihn, von Menschen angefasst zu werden, aber da er seine Gedanken mit den von Yugi sofort vernetzt hatte, als er hier gelandet war, wusste er, was der Kleine dachte und fühlte – also keine Gefahr für den großen Drachen.

„Wie geht es dir, Yugi?“ fragte der Drache sanft, als sich Yugi wieder beruhigt hatte und sich zu den Füßen des großen Rotauge niedersetzte. Dieser senkte seinen Hals und sein Kopf, so dass er auf Augenhöhe mit dem Menschen war. „Wie soll es mir gehen? Ganz gut. Habe gerade einen Botenauftrag erfolgreich ausgeführt und mache mich nun auf den Weg in den Palast des Pharaos. Will Faisal endlich wieder sehen!“ Die roten Augen des Drachen zuckten minimal zusammen. Yugi stutzte. „Was ist los?“ fragte er misstrauisch. Der Drache grinste. „Narbengesicht schickt mich. Er braucht deine Hilfe, um den Pharao wieder zu Vernunft zu bringen.“ – „Narbengesicht? Wer ist Narbengesicht?“ fragte Yugi verwirrt. „Der Weiße mit der Narbe...“ raunte Rotauge geduldig. Yugi schaute verblüfft in die blutroten Augen des Drachen. Dann legte er eine Hand zwischen die Nüstern des Schwarzen. „Erzähl...“ Und der Drache erzählte. Er sprach mit Bildern in Yugis Gedanken:
 

Der Weiße hatte gerade Seths Boten wieder zu den Wüstenwinden geschickt, da erhob er sich in die Lüfte. Atemu wollte also sämtliche Drachen versklaven oder töten! Nur weil einige Menschen falschen Bericht erstatteten. Vielleicht sollte er mal den Pharao wach rütteln und wirklich etwas Zerstörung übers Land bringen? Mit einem großen Lichtblitz zerstörte er das nächstgelegene Feld und damit die Ernte eines ganzen Dorfes. Natürlich achtete der Drache darauf, dass niemand zu Schaden kam. „Was machst du da?“ fauchte der Rotauge, der den Ruf des Weißen gefolgt war und diese Zerstörung mit angesehen hatte. „Ich mache nur das, was uns Drachen vorgeworfen wird!“ knurrte der Weiße gefrustet. „Aber warum? Wenn der Pharao falsche Berater hat, denen er vertraut, dann ist doch deine Reaktion genau das, was sie wollen! Du gibst ihnen den Grund, uns zu jagen!“ – „Ich suche mir nur einen Weg, um in die Nähe des Pharaos zu kommen. Wenn ich das tue, was die Menschen behaupten, dann wird er mir Einhalt gebieten wollen und ich komme in seine Nähe! – Tu mir den Gefallen und bring Yugi her. So schnell wie möglich!“ bat der Weiße zum Schluss und verschwand. Rotauge blieb verwirrt zurück und machte sich Kopfschüttelnd auf den Weg.
 

Yugi schwieg lange zu dem, was er in Bildern gesehen hatte. „Er ist doch lebensmüde! Sie werden ihn umbringen!“ entfuhr es Yugi endlich empört. „Er ist es müde mit ansehen zu müssen, wie seine Freunde leiden...“ Yugi blickte auf. „Freunde? Ist was mit Seth?!“ Der Rotauge wandte seinen Blick ab. „Rotauge! WAS ist los?!“ fauchte Yugi nun außer sich. Ein tiefes Seufzen entrang sich der Brust des Drachens. „Die Wüstenwinde wurden fast völlig vernichtet, weil es Leute gibt, die zwischen den Pharao und ihnen intrigieren. Seth hat den Pharao um Hilfe ersucht, wurde jedoch abgewiesen. Die Wüstenwinde haben auch zu uns den Kontakt abgebrochen, um uns nicht in Gefahr zu bringen.“ Yugi war entsetzt über das, was er soeben erfahren hatte. Gab es denn keinen Weg... Da bemerkte der Kleine den Brief Faisals, den er immer noch in der Hand hielt. Richtig! Faisal hatte ihn Hilfe jederzeit zugesagt! „Bring mich zu den Weißen!“ befahl Yugi und saß schon auf den Rücken des Drachen. Kuriboh sprang vor Yugi ebenfalls auf den Drachen. Dieser erhob sich mit einem wehmütigen Blick in die Lüfte. Der Rotauge machte sich tiefe Sorgen, wie Yugi reagieren würde, wenn er sah, dass Faisal ihm die Hilfe verweigern würde!

Die Sonne brannte bereits vom Himmel und der Drache flog immer noch. „Schneller!“ drängte Yugi den Rotaugen, der bereits wie ein Pfeil durch die Luft schoss. Yugi war innerlich unruhig. Der weiße Drache hatte um Hilfe gerufen und vor Schmerzen aufgeschrien. Der Rotauge gab sein Bestes. Auch er hatte den Ruf seines Gefährten vernommen. Tränen der Verzweiflung rannen aus den Augen. Der gesamte Körper des Drachen war mittlerweile schweißbedeckt und er funkelte im Sonnenlicht wie ein schwarzer Diamant. Das Herz drohte zu explodieren ob dieser Anstrengung und endlich... endlich sah der Drache die weite Sandebene zwischen der Stadt und der Felswüste. Und dort lag auch der Weiße Drache verletzt etwa zweihundert Meter vom Rand der Felswüste entfernt am Boden. Seine Verfolger kamen soeben aus der Stadt geritten. Mit einer letzten Kraftanstrengung schoss der Rotauge so nah am Boden und dem Weißen vorbei, dass Yugi mit seinem Kuriboh gefahrlos abspringen konnte. Der schwarze Drachen zog sich in den Schatten der Felswüste zurück, um erst einmal zu verschnaufen. Er konnte einfach nicht mehr!

Der weiße Drache riss seine eisblauen Augen weit auf, als er die Gedanken des Jungen spürte. Blitzschnell schoss ein schwarzer Pfeil an den Drachen vorbei und der Junge und sein Kuriboh landeten sicher neben den Weißen auf den Füßen. „Du bist tatsächlich gekommen...“ flüsterte der Weiße schwach. Yugi zögerte kurz, doch dann umarmte er den Hals von diesen mächtigen Wesen. „Wenn ein Freund ruft, komme ich sofort! – Alles wird gut, Faisal wird uns helfen!“ versuchte Yugi den Drachen zu beruhigen. Auch Kuriboh sang beruhigend auf den Weißen ein. Dieser schloss seine Augen. Er hatte sich noch nie so sicher gefühlt, wie bei diesem Jungen. Und es tat ihm innerlich Leid, dass der Kleine durch eine sehr harte Schulung gehen würde, wenn der Pharao jetzt nicht einlenken würde!

So verharrten sie einen Moment, als Yugi hinter sich laute Stimmen und Hufgetrappel hörte. Yugi erhob sich und stellte sich schützend vor den Drachen. Es waren Soldaten des Pharaos. An dessen Spitze ritt Subaru. Als dieser Yugi erkannte, zügelte er abrupt sein Pferd und gab seinen Männern ebenfalls den Befehl anzuhalten. Yugi stand einem Heer von fast 50 Soldaten gegenüber. „Tritt zur Seite, kleiner Dieb! Dieser Drache hat dem Königreich großen Schaden zugefügt und den Pharao verhöhnt. Er muss bestraft werden!“ Yugi blickte mit kalten und harten Augen zu Subaru. „Ach... Und wer sagt das?“ war seine leise, aber weithin vernehmbare und warnende Antwort. Subarus Augen zuckten minimal zusammen. Respekt! Der kleine Dieb hatte sich in den letzten zwei Jahren zu einer enormen Persönlichkeit entwickelt! Das gefiel ihm! Endlich mal einen ebenbürtigen Gegner! „Der Pharao hat den Befehl erteilt diesen Drachen entweder in Ketten zu legen oder seinen Kopf ihm auf den Silbertablett zu servieren!“ Yugis Augen weiteten sich vor Entsetzen. „Nur über meine Leiche!“ fauchte er unbeherrscht. Subaru grinste über die Herausforderung. Eine Handbewegung und ein dunkler Magier erschien neben Subaru. „Vernichte den Jungen und schwäche den Drachen!“ Der Magier zögerte kurz. Yugi sah, dass er ein Halsband trug. Der Magier würde gehorchen, ob er wollte oder nicht. Der Kleine war verwirrt. Sollten die Monster nicht friedlich neben den Menschen leben? Warum waren dann hier welche versklavt? Der Magier machte sich zum Angriff bereit und blitzschnell schoss er einen dunklen Strahl auf Yugi. Dieser lächelte selbstgefällig, als er in Gedanken nur „Kuriboh“ rief. Die Magieattacke prallte gegen eine Wand aus kleinen Fellknäueln. „Leih mir deine Kraft.“ Bat Yugi weiter in Gedanken den Weißen. Dessen Augen blitzten belustigt auf und er schoss einen Lichtblitz auf den Magier. „Kuriboh! Die Regenbogenbrücke!“ befahl da Yugi laut und Kuriboh verband sich mit dem Lichtblitz des Drachen und leitete diese Attacke in einem großen Bogen so um, dass sie den Magier im Rücken traf. Dieser schrie schmerzgepeinigt auf und brach schwerverletzt zusammen. Subaru war geschockt. Die Person, die vor ihm stand war definitiv nicht mehr der kleine Dieb von vor zwei Jahren. Das hier war ein eiskalter Krieger! „Subaru! Ich verlange nach Faisal!“ befahl da Yugi lautstark. Subaru stutzte. Faisal? Sollte Yugi immer noch nicht wissen, wer Faisal wirklich war? „Was geht es mich an, nach wem du verlangst!“ konterte er lautstark. Yugis Mundwinkel verzogen sich zu einem überheblichen Grinsen. „Ich habe hier ein Schreiben, dass mir freies Geleit und die Hilfe Faisals sichert. Also?“ Subaru zögerte. „Wie du willst...“ knirschte er schließlich mit den Zähnen und er wollte sich gerade abwenden, um „Faisal“ zu holen, als hinter ihnen ein Tumult entstand.

Seine Soldaten machten ehrfürchtig eine weite Gasse frei. Auf zehn schwarzen Hengsten ritt die Leibwache Atemus vor und baute sich rechts und links neben Subaru auf, dabei Yugi und den Drachen fest im Blick. Auf zehn weißen Pferden kamen die Priester und Magier des Pharaos, begleitet von Monstern, meist Zauberer und Magier. Zu Yugis Entsetzen hatten ALLE Monster Halsbänder um. Auch die Priester teilten sich und bauten sich neben der Leibwache auf und machten somit eine Gasse für den Pharao auf. „Verneige dich vor dem Pharao!“ raunte Subaru leicht spöttisch. Yugi spie aus und trat noch einen Schritt vor. Hoch erhobenen Hauptes und mit stolzgeschwellter Brust wartete Yugi. Der Pharao ritt durch die Gasse. Sein schwarzer Hengst war über und über mit Gold und Geschmeide behangen. Yugi erkannte sofort das Pferd. Es war der Hengst von Faisal. Sein Blick ging nun in freudiger Erwartung zum Reiter. Was Yugi erkannte, war der Schmuck, den der Reiter trug, allerdings, das Gesicht konnte er nicht erkennen, weil ihm die Sonne so blendete. Aus einem Instinkt heraus sagte er noch einmal laut zu Subaru. „Subaru! Ich verlange nach Faisal!“ Der Reiter hatte die Worte gehört und zögerte kurz, dann näherte er sich dem Kleinen und endlich erkannte Yugi das Gesicht. Es war Faisal! Für einen Bruchteil der Sekunde verlor sich Yugi in den Amethystaugen. Doch irgendwas war anders. Die Augen waren kalt und hart. Yugi wich erschrocken einen Schritt zurück. Das war doch nicht Faisal oder? „Tritt zur Seite, Yugi. Der Drache ist gefährlich!“ erklang die sanfte, warme Stimme. Yugi schüttelte den Kopf. „Was wird dem Drachen vorgeworfen?“ begehrte er auf. In dem Moment holte ein Leibwächter mit einer großen Peitsche aus. „Tu, was der Pharao dir befohlen hat!“ fauchte er. Yugi starrte entsetzt zu dem Leibwächter und der Peitsche. Zu schnell war die Peitsche, als dass selbst Atemu es hätte verhindern können. Brutal schlug die Peitsche auf den Flügel des weißen Drachen, der diesen schützend vor Yugi gespannt hatte, und zerfetzte die empfindliche Flughaut. Der Drache schrie vor Schmerzen auf. Blut tränkte den Wüstensand. Yugi starrte auf das Blut. „Faisal...“ – „Nein, Yugi. Faisal war nur der Name, der mich schützte, bis ich wieder auf dem Thron bin. Ich bin Atemu, der Pharao.“ Sprach Atemu sanft. Yugi blickte mit kindlichen Augen verwirrt auf. Dann erschien ein strahlendes Lächeln. „Endlich sehe ich dich wieder!“ hauchte Yugi voller Freude. Atemu beobachtete fasziniert seinen kleinen Dieb und ein warmes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. „Auch ich habe dich vermisst!“ streckte er die Hand nach Yugi aus.

Der weiße Drache beobachtete die Szene vor ihm und sein Herz blutete. Yugi... hauchte er wehmütig. Wirst diesen Schmerz aushalten?

Yugi griff nach der warmen Hand Atemus und er lächelte ehrlich über das ganze Gesicht. „Komm mit mir in den Palast!“ forderte Atemu auf und wollte Yugi mit sich aufs Pferd holen, doch Yugi trat abrupt einen Schritt zurück und entzog dem Pharao seine Hand. Dieser runzelte die Stirn. „Und was wird aus dem Weißen?“ fragte Yugi. Atemu blickte zu den Weißen und seine Augen verdunkelten sich vor Hass. „Er wird getötet!“ meinte er nur. Yugi starrte entsetzt zu Atemu. Es fehlte quasi nur noch das Schulterzucken, so gleichgültig hatte Atemu dies gesagt. „Verschone ihn und gib ihn frei! Er wird dir nicht mehr Schaden.“ Verlangte Yugi leise. Atemu lachte hart auf. „Yugi... Nicht schon wieder diese Diskussion!“ fauchte er leicht genervt. Yugis Augen verengten sich. „Ich verlange die Hilfe, die du mir zugesichert hast! – Lass den Drachen ziehen!“ Yugi starrte in Atemus Augen. Sehr lange. „Nein.“ War die knallharte und endgültige Antwort. Yugi wurde leichenblass. „Was hast du mit Faisal gemacht?!“ wollte Yugi fast schon panisch wissen. „Ich bin Faisal! – Yugi, hör mit den Kinderspielchen auf! Tritt zur Seite!“ befahl da Atemu herrisch und ungeduldig. Yugi trat verwirrt und ungläubig zwei Schritte zurück. Nein, er war nicht Faisal! Faisal war ein lieber, ein ehrlicher Mensch. Ein Mensch, der für seine Freunde da war und nicht diese Bestie, die den Weißen töten wollte! „Nur über meine Leiche...“ raunte Yugi tonlos und seine Augen wurden eiskalt und tödlich.

Atemu erstarrte, als er sah wie alles Leben aus Yugis Augen verschwand und nur noch die Kälte vorherrschte. Das waren bestimmt diese Drachen, die den Kleinen einer Gehirnwäsche unterzogen haben! Doch das ließ Atemu nicht zu! Niemand nahm ihn Yugi weg, noch nicht einmal diese Drachen! „Wie du willst...“ murmelte der Pharao und er stieg von seinem Pferd ab. Er würde selber den Drachen vernichten mit seinem Zauberer der dunklen Magie. Atemu schnippte kurz mit seinen Fingern und sein Zauberer stellte sich vor den Pharao. Der Zauberer blickte in Yugis Augen und es blutete ihm das Herz, dass Atemu den wohl einzigen wahren Freund, den er besaß, so vor den Kopf gestoßen hatte. „Bitte verzeih seine Taten...“ schickte der Zauberer seine Gedanken zu den weißen Drachen, zu Kuriboh und zu Yugi. „Vernichte den Weißen!“ befahl da Atemu. Und der Zauberer machte sich zum Angriff bereit.

Yugi verspannte sich leicht. Im Unterbewusstsein registrierte er, dass wenigstens Atemus Monster nicht versklavt war! „Kuriboh...“ raunte Yugi leise und sein kleiner Kobold stellte sich grimmig, wie schützend vor Yugi. Da kam auch schon die Attacke des Magiers und Kuriboh schnaubte verächtlich auf, als er die Wand aus Fellknäueln aufbaute und somit den Angriff abblockte. „Wie willst du gewinnen, wenn du dich nur verteidigst?“ höhnte Atemu. Yugi knirschte mit den Zähnen. Er durfte sich jetzt auf gar keinen Fall zu einer unüberlegten Tat hinreißen lassen! „Und wie will dein kleiner Kobold meinen Magier vernichten?“ provozierte Atemu weiter. Er wollte unbedingt eine Antwort von Yugi. Dessen Schweigen war ihm unheimlich. Yugi sollte was sagen!

Dieser starrte nur wutentbrannt in Atemus Augen. Er fühlte wie sein Herz zerbrochen war. Es lag zerschmettert vor ihm auf den Boden und Yugi wusste nicht, was er machen sollte. Er fühlte sich hilflos und so sehr verletzt. Yugi sprach nicht mehr, sondern hob nur seine rechte Hand und forderte sich den Angriff ein. Der weiße Drache mobilisierte seine aller letzten Kräfte und legte all seinen Schmerz, sein Bedauern und die gesamte Verzweiflung in diesen einen Lichtblitz und schoss ihn auf Atemu ab. Kuriboh vereinigte sich mit dem Lichtblitz und lenkte diesen in hohen Bogen, um ihn in den Rücken des Pharaos zu platzieren. Yugi folgte mit dem Blick den Lichtblitz und „Was...“ Yugis Augen weiteten sich entsetzt. „STOPP!“ brüllte er fassungslos über das, was seine beiden Monster da eben fabriziert haben. Kuriboh zuckte schuldbewusst zusammen und ließ vor Schreck all seine Fähigkeiten fallen, der Lichtblitz verpuffte in Rauch, drei Magieattacken trafen Kuriboh gleichzeitig, da sie von den Magier der Priester abgeschossen wurden waren um Atemu zu schützen.

Weitere Magieattacken trafen Yugi direkt und mit voller Wucht – Keiner hatte damit gerechnet, dass die Wand aus Fellknäuel einfach so verschwinden würde. Tiefes Schweigen. Fassungslosigkeit. „Yugi...“ hauchte Atemu ängstlich. Langsam verzog sich der Rauch über der Einschlagstelle der Attacken und man konnte den Schemen Yugis erkennen. Der Kleine stand wie ein Fels. Langsam öffnete er seine Augen und ließ seine Arme sinken, die er schützend vor sein Gesicht gehalten hatte. „Zurück...“ befahl Yugi leise und Kuriboh trat wieder an seine Seite. Yugis Blick erhob sich und senkte sich tief in Atemus Augen. Leise fletschte er die Zähne.

Der weiße Drache erschrak über die Gefühle Yugis. Sie waren dunkel. Sie waren böse. Yugi verfiel so eben in einen Blutrausch und er würde alles vernichten, was ihm im Weg stand – egal, was es kosten würde! Die eisblauen Augen blickten zu den schwerverletzten Kuriboh. Der Kobold würde keine weitere Aktion Yugis überleben – und dennoch würde Kuriboh für Yugi in den Kampf ziehen. Wie konnte das alles nur so eskalieren?! Da griff ein Magier von einem Priester wieder an. Kuriboh wollte eine schützende Wand aufbauen, doch hatte er keine Kraft mehr. Der Kobold brach bewusstlos zusammen. „Kuriboh!“ erschrocken wandte sich Yugi zu den Kleinen. Der Drache hob seinen breiten Schwanz und warf ihn blitzschnell zwischen Yugi und der Attacke. Die Attacke traf den Weißen. „Rotauge! Bring ihn hier weg!“ befahl da der Weiße.

Yugi starrte fassungslos auf den kleinen Kobold und dann auf den großen Schwanz des Drachen, der ihn so eben beschützt hatte. Am ganzen Körper zitternd vor Wut erhob sich Yugi und trat einen Schritt vor. „DU!“ brüllte er dem Pharao entgegen und zückte seinen Langdolch, um Atemu anzugreifen. Der Pharao war schockiert über diesen Hass in Yugis Augen. Innerlich wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte, nur war er sich noch nicht bewusst, was genau. Seine Hand legte sich ebenfalls auf seinen Dolch und er erwartete Yugi, um diesen Angriff abzuwehren.

Yugi wollte so eben auf Atemu losstürmen, als ein schwarzer Pfeil zwischen die Reihen schoss und Yugi packte. Dieser schrie kurz verblüfft auf. Der Rotauge hatte den Menschen mit seinem Maul gepackt und flog hoch in die Luft. Als Yugi registrierte, wo er war, fing an zu zappeln und schlug um sich. „Rotauge!“ brüllte er. „Lass mich runter! Lass mich zu Kuriboh!“ Doch der Rotauge flog weiter und entfernte sich immer mehr vom Ort des Geschehens. „Kuriboh braucht mich!“ Yugi holte mit dem Dolch aus und stieß mit brutaler Gewalt in den Hals des Drachen. Dieser zuckte vor Schmerzen zusammen. „Kuriboh!“ brüllte Yugi verzweifelt und der Drache wusste sich nicht anders zu helfen als zuzubeißen. Knochen brachen und Yugi schrie gellend vor Schmerzen auf. Bewusstlos brach er zusammen. „Verzeih...“ murmelte der Drache, als er das Blut des Menschen schmeckte. Rotauge mobilisierte all seine Kräfte, um sich zu beeilen. Nach einer gefühlten Ewigkeit landete er endlich vor einer großen Höhle in einem tiefen Waldgebiet. Ein strahlend weißer Drache mit eisblauen Augen trat aus der Höhle, gefolgt von einem blinden Drachenfluch. Dieser stutzte. „Kleiner Mensch?“ hauchte er bestürzt. Da trat ein roter Magier aus der Höhle. Er musterte Yugi eine Weile skeptisch, dann begann er den Kleinen zu heilen. „Also soll der Kleine nun doch seiner Bestimmung nachgehen?“ fragte der Weiße leise. Rotauge schloss seine Augen.

Das Herz eines jeden Drachen blutete innerlich ob des Schmerzes von Yugi, der sich von Atemu so bitterböse verraten fühlte.
 

Alle starrten sie entsetzt zu den schwarzen Drachen mit den blutroten Augen, als dieser Yugi vor Atemus Augen mit dem Maul gepackt hatte. „Yugi!“ brüllte Atemu, alles vergessend und rannte unwillkürlich drei Schritte dem Drachen hinter her und kam dabei gefährlich nahe dem Weißen. Dieser beobachtete fasziniert den Pharao – Er hing immer noch an den Kleinen. Also war Yugi der Schlüssel zu Atemus Herzen! Atemus Augen verfolgten jede Bewegung Yugis und des schwarzen Drachens, als dieser plötzlich zu biss. Yugi schrie vor Schmerzen auf und sackte dann bewusstlos zusammen. „YUGI!“ schrie Atemu entsetzt auf und er hob seinen Arm Richtung des Drachen. Voller Wut befahl er – „Wenn du ihn angreifst, tötest du Yugi...“ – Atemu zögerte, hielt sogar komplett inne in seinem Befehl und starrte verblüfft den weißen Drachen an. Dieser hatte sich mit der Gedankenwellt des Pharaos vernetzt. „Soll das eine Drohung sein?“ Der Drache grinste breit. „Nein, eine Tatsache! Wenn ihr ihn nicht richtig trefft, kann es passieren, dass seine Kiefer Yugi zermahlen. Und wenn ihr ihn richtig trefft, kann es sein, dass durch den Absturz Yugi mit getötet wird. Der Kleine ist bewusstlos und kann nicht reagieren...“ Atemu schwieg und trat noch näher an den Drachen ran. „Warum hast du das getan?“ – „Damit du endlich so vor mir stehst, wie jetzt...“ Atemu holte vor Wut aus und wollte dem Drachen eine Ohrfeige geben, doch da stand plötzlich Kuriboh im Weg und fing den Schlag ab. Der Kobold schrie auf und flog gegen den großen Körper des Drachens. Dessen Augen weiteten sich und er öffnete sein Maul, um nach Atemu zu schnappen. „Wage es, noch einmal Hand an den Kleinen zu legen!“ brüllte der Weiße trompetend. Atemu sprang einen Schritt zurück, um der Attacke auszuweichen. Er starrte lange zwischen Kuriboh und dem Drachen hin und her. Dann lächelte er diabolisch. Er hob eine Hand und Subaru näherte sich Atemu. „Legt den Drachen mein Zeug an. Er wird ab sofort mir gehorchen!“ Während Atemu dies sagte, blickten sich der Pharao und der Drache in die Augen. „Wenn du nicht willst, dass dem Kleinen was passiert, dann wirst du mir gehorchen und mir deine Kraft leihen!“ Der Drache schnaubte verächtlich, als man ihn das Zaum und die Panzerrüstung mit dem Zeichen des Pharaos anlegte. „Du bist so erbärmlich!“ – „Das werden wir ja sehen!“ umspielte ein gehässiges Lächeln Atemus Lippen. Er nahm den kleinen Kobold in seine Arme. Innerlich tat es Atemu weh, Kuriboh so zu sehen, doch musste er jetzt hart bleiben! „Du hast einen großen Fehler gemacht, indem du auf die falschen Leute hörst und deine engsten Vertrauten, die es mit dir ehrlich meinen, vor dem Kopf stößt oder gar vernichtest...“ murmelte der Weiße da plötzlich. Atemu blickte wieder in die Augen des Drachen. Und dieser sah mit Genugtuung, dass Atemu unsicher war, Angst hatte und... „Wenn ich wöllte, könnte ich dich vernichten, mein Pharao. Sei dir dessen immer bewusst, dass nur Yugi dich beschützt. Wenn Yugi nicht so eine ehrliche Seele wäre und sein Kuriboh über alles lieben würde, wäre es mir egal, was mit dem Kobold passiert.“ Atemu wurde leichenblass. Da kappte der weiße Drache die Gedankenverbindung wieder und war von nun an für den Pharao stumm. Zögerlich setzte sich Atemu auf den Drachen und nahm die Zügel in die Hand. Der Drache erhob sich leicht taumelnd in die Lüfte, wegen seines zerfetzten Flügels, aber dennoch brachte er den Pharao sicher in dessen Palast.
 

Seth war so eben an den Rand der Felswüste angekommen, als er sah wie sowohl Kuriboh als auch Yugi schwer getroffen wurden. Fassungslos starrte er auf das Geschehen vor sich und war keiner Bewegung mächtig. Seth hatte mit allem gerechnet, aber nicht, dass Yugi und Atemu sich in einem Kampf gegenüberstanden. Er musste dem ganzen ein Ende setzen! Seth wollte sich so eben in Bewegung setzen, als „Bleib, wo du bist!“ hörte er den scharfen Befehl des Rotaugen, der an ihm vorbeischoss. Entsetzt verfolgte Seth der Szene, als der Rotauge Yugi packte und verschwand.

Langsam sank er in die Knie, als er nun den Weißen und den Pharao beobachtete. Er wusste, die Beiden unterhielten sich. Leider wusste er nicht, was sie redeten. Der Weiße hatte mal wieder die Verbindung getrennt. Dieser wusste, dass Seth da war und alles beobachtete. Seth hasste die Drachen dafür, dass sie alles wussten und jeden Schmerz spürten! „Nein...“ hauchte Seth plötzlich ungläubig, als Atemu den weißen Drachen die Panzerrüstung anlegen ließ. Der Pharao hatte den Weißen gezähmt?! Und als Atemu sich auf den Drachen setzte und dieser in die Lüfte stieg, sah Seth den kleinen Kuriboh und er wusste, wie Atemu den Drachen in der Hand hatte. „Alles wird gut...“ sendete der weiße Drachen einen letzten Gruß an Seth, bevor er hinter den Palastmauern verschwand.

„Dein Wort in Gottes Ohr...“ murmelte Seth unter Tränen, dem es schmerzte, den stolzen weißen Drachen in der Knechtschaft zu sehen. Dieses Wesen musste sich jetzt beugen und seinen Stolz wegwerfen – um den Pharao und Ägypten zu schützen!

Der rote Magier

Der rote Magier
 

Yugi kam langsam wieder zu sich und stutzte. Er lag in einer großen geräumigen Höhle auf einem Strohlager. Er fühlte sich innerlich Leer und benutzt. Was war passiert? Yugi runzelte die Stirn. Das Letzte, was er noch wusste, war, dass er wieder mal den Brief von Faisal gelesen hatte. Faisal... Wieso schmerzte sein Herz? Warum liefen ihn die Tränen? Yugi erhob sich vorsichtig vom Lager und trat aus der Höhle. Sofort blieb er wie angewurzelt stehen. Er starrte direkt in einen Wald! Wo war er hier? Verwirrt blickte Yugi sich um und entdeckte seitlich vor ihm den Rotauge, der schlief. Yugis Blut geriet in Wallung, als er den Drachen so liegen sah. Er machte einen Schritt auf den Schwarzen, als mit einem Schlag die letzten Ereignisse auf Yugis Verstand einprasselten. Die Verweigerung Faisals, Yugis Bitte nachzugehen. Der selbstständige Angriff von seinem Kuriboh und den Weißen. Rotauge, der ihn gepackt und fortgeschleppt hatte... Kuriboh... Sein Kobold war schwer verletzt gewesen, als Rotauge ihn gepackt hatte und...

Der schwarze Drachen spürte die Gefühlswelt des Kleinen. Den Schmerz, die Verwirrung, Angst und Wut. Mit seinen blutroten Augen wandte er sich zu Yugi und musterte ihn nachdenklich. Wie sollte er jetzt mit den Kleinen umgehen?

Yugi sah diese tiefroten Augen. Keine Emotion war zu erkennen. „Du...“ hauchte Yugi. Er trat einen weiteren Schritt zum Drachen. „Wo ist Kuriboh?“ fragte Yugi verstört. Der Drache schüttelte leicht den Kopf. „Warum?“ rief Yugi, während er mittlerweile neben den Drachen stehen geblieben war und auf ihn hinab starrte. Rotauge schwieg und musterte weiterhin unergründlich den Menschen vor sich. Er wusste, Yugi würde ihn jetzt gleich sehr verletzen, aber die Gefühlswelt, die Gedanken des Kleinen waren so wirr, voller Verzweiflung, Angst, Wut. Rotauge wusste instinktiv, dass er nun den Kleinen all das zurück geben konnte, was Yugi für ihn getan hatte – damals im Schott. Yugi sollte ihn hassen, sollte ihn schlagen, beschimpfen, verletzen... wenn es alles dazu diente, Yugi zu helfen.

Dieser wurde rasend vor Wut, als der Rotauge immer noch schwieg und mit voller Wucht trat er gegen den Drachenkörper. Rotauge zuckte mit keiner Wimper, als der Schmerz durch seinen Körper raste. „Antworte mir, verdammt!“ brüllte nun Yugi, alles über Bord werfend. „Warum hast du Kuriboh bei dieser Bestie gelassen! Warum?! – Kuriboh war schwer verletzt! Was, wenn er meine Hilfe braucht! – Verflucht, antworte mir Rotauge!!!“ Yugi stürzte sich auf den Drachen und schlug immer wieder brutal mit seinen Fäusten auf diesen ein, während ihn die Tränen liefen und er Rotauge anbrüllte. „Kuriboh ist alles was ich habe. Er ist mein Freund, mein Bruder! Er ist meine Familie! Schon wieder habt ihr mir meine Familie genommen!“ Jedes Wort schmerzte. Rotauge atmete tief und scharf aus. Tränen glitzerten in seinen roten Augen. Doch ließ er Yugi gewähren. Sollte er seinen ganzen Schmerz los werden, Rotauge würde versuchen, diesen aufzunehmen. „Ihr seid auch Schuld, dass Faisal mich nicht mehr mag! Wegen euch habe ich Faisal verloren! Rotauge, ich hasse dich! Du hast mir Kuriboh genommen! Bring mir Kuriboh zurück! Bring mir meine Mama zurück!“ Yugi schrie und weinte. Mittlerweilen hatte er einen Stein in seinen Fäusten und schlug immer wieder mit den Stein auf den Drachen ein. Yugi war voller Hass, Wut... voller Schmerz. Verstand denn Niemand wie sehr es innerlich weh tat? Verstand denn Niemand seinen Schmerz? Wusste denn überhaupt jemand, was es bedeutet, seine Eltern, seine Familie zu verlieren? Alles zu verlieren? Es kristallisierte sich immer mehr der Drang, zu zerstören und zu vernichten, um den anderen zu zeigen, wie er sich fühlte, wie schwer verletzt er war und so schlug er immer und immer wieder auf den Drachen ein.

Der Drache lag blutüberströmt da und stöhnte leicht schmerzgepeinigt, doch rührte er sich nicht und ließ Yugi gewähren.

So fanden der weiße Drache und der rote Magier die Beiden vor. Der Weiße war schockiert. „Yugi, hör auf! Es reicht!“ donnerte er lautstark, doch der Mensch reagierte nicht. Da machte der rote Magier kurzen Prozess und schoss einen Magiestrahl auf Yugi, der diesen lähmte. Blitzschnell erschuf der Magier in der Höhle um das Strohlager einen Kerker und mit einer brutalen Bewegung schleuderte er Yugi in den Kerker.

Yugi schrie schmerzgepeinigt auf, als er gegen die Wand geschleudert wurde. Zuerst war er total verblüfft und verwirrt, als er sich plötzlich nicht mehr bewegen konnte und gar schwebte. Doch als er aufblickte und sah, wie vor ihm die Kerkertür zuknallte, wurde er leichenblass. Er schrie auf vor Wut und Panik und rammte sein ganzes Körpergewicht gegen die Eisenstangen der Zelle. Immer und immer wieder. „Lasst mich hier raus! Ihr Feiglinge!“ brüllte er dabei. Plötzlich stand der rote Magier vor der Tür und starrte auf den schweratmenden Yugi. Dieser hielt kurz inne und blickte in die grünen Augen des Magiers. Beide waren sie nur durch die Gitterstäbe der Zellentür getrennt. „Lass mich raus!“ knurrte Yugi. „Erst, wenn du dich beruhigt hast und dir bewusst ist, was du so eben getan hast!“ Damit wandte sich der rote Magier ab und ließ Yugi allein. Dieser drehte wieder durch und warf sich brüllend und schreiend immer wieder gegen die Zellentür.

Der rote Magier trat neben den Rotauge. „Die Wunden sehen schlimm aus...“ murmelte er leicht entsetzt, als er die Verletzungen sah, die der Mensch den Drachen zu gefügt hatte. „Sie sind nichts im Vergleich zu den Verletzungen in seinem Herzen...“ raunte der Rotauge schwach. „Er hätte dich fast getötet!“ – „Ich weiß...“ Während der Magier seine Magie anwandte, um den Drachen zu heilen, trat leise der Weiße an Rotauge ran. Dieser blickte zu den Weißen auf. „Du bist es?“ fragte er leise. Der Weiße nickte sanft. „Verzeih ihm bitte diesen Ausbruch...“ Doch Rotauge schloss beruhigend seine Augen. „Keine Sorge, ich nehme es ihm nicht übel. Es tut mir nur Leid, dass ich nicht mehr für ihn tun kann.“ Der Weiße seufzte und blickte in Richtung der Höhle, wo er Yugi toben hörte. Er fragte sich, ob seine Seele diesen Schmerz verkraften würde.

Der weiße Drache lag auf dem Vorplatz vor der Höhle zwischen den Höhleneingang und dem Rotauge. Nur um sicher zu gehen, falls Yugi doch aus dem Kerker ausbrechen sollte. Yugi hatte lange getobt. Der Magier war zwischenzeitlich in die Höhle gegangen und hatte die Gitterstäbe unter Magier gesetzt, so das Yugi nicht mehr bis ganz an die Stäbe ran kam. Dafür bekam er nun Stromschläge. Dies hatte den Kleinen natürlich wieder von neuen in Rage gebracht. Der Magier wachte nun über den Menschen im Schatten einer Ecke verborgen, während der Kleine sich immer wieder unermüdlich gegen die Gitter warf.

Der Weiße wurde wach, weil er Yugi weinen hörte. Bitterlich weinen. Er schrie nach seiner Mama und seinen Papa. Er wollte zu Kuriboh. Seine Seele war nicht zerbrochen. Er weinte und reinigte nun seine Seele, doch wie schwer die Verletzungen sind, würde sich zeigen. Der Weiße blinzelte leicht, als ihn Tränen in die Augen stiegen. Ein Blick zum Rotauge zeigte ihn, dass dieser auch weinte. Die ganze Nacht lauschte der Weiße, wie Yugi weinte. Mal Laut, mal Leise. Mal flehend, mal vor Wut und irgendwann nur noch voller Verzweiflung und Schmerz. Im Morgengrauen wurde es ruhig in der Höhle. Der rote Magier trat raus und ging zum Weißen. „Er ist eingeschlafen...“ murmelte er seltsam bedrückt. Der Drache blickte mit seinen eisblauen Augen in die Grünen des Magiers. „Du kennst seine Gedanken? – Du hast sie gelesen?“ fragte er leise. Der Magier nickte. „Wirst du ihn ausbilden?“ Der Magier blickte in den Himmel. „Ich werde ihn ausbilden, doch müsst ihr dafür sorgen, dass er seine Menschlichkeit nicht verliert und dass er nicht vergisst, was ihm heilig ist und was er liebt! – Denn wenn all das nicht mehr ist, wird er euch alle versklaven und das ganze Land in tiefe Finsternis stürzen!“ Der Weiße nickte und blickte wieder zur Höhle. So schwer also war seine Seele verletzt.
 

Yugi wurde wach. Sein ganzer Körper schmerzte, seine Augen brannten und er hatte tierische Kopfschmerzen. Ein Blick belehrte ihn, dass die Gitter weg waren. Mühsam rappelte sich Yugi auf und er taumelte. Was war passiert? Nur vage erinnerte er sich, dass er auf Rotauge eingeschlagen hatte und dann irgendwie sich immer gegen Gitterstäbe geworfen hatte. Ach ja... und diese grünen eiskalten und arroganten Augen dieses Magiers. In Yugi brodelte die Wut wieder hoch.

Schritt für Schritt lief Yugi vorsichtig aus der Höhle und auf den Vorplatz. Seine Schläfen pochten und er hatte Mühe zu atmen. Langsam gewöhnten seine Augen sich an die Helligkeit und er sah sich gegenüber einen strahlend weißen Drachen mit eisblauen Augen, der entspannt da lag, seine Flügel leicht gebreitet, damit er die Sonnenstrahlen auffing und sein Blick auf Yugi gerichtet. Yugi stand wie angewurzelt da. Seine Augen weiteten sich fassungslos. War das...? Yugi hatte Angst, sich zu bewegen. Angst, dass dann das Bild des Drachens verschwinden würde... „Ich bin es.“ Ermunterte der Weiße den kleinen Menschen. Yugis Augen füllten sich voller Tränen der Erleichterung, der Freude. Sein Freund aus Kindestagen lag vor ihm! Der weiße Drache mit den eisblauen Augen von der Felsenlichtung! Mit einem Aufschrei rannte Yugi zu den Drachen. Er warf sich an dessen Körper und weinte bitterlich. Der Weiße senkte einen seiner Flügel über Yugi, wie wenn er ihn in eine schützende warme Hülle wickeln würde. Yugi spürte die Wärme, die Kraft und die Ruhe des Drachen. Der kleine Mensch weinte bitterlich und sehr lange. Irgendwann beruhigte er sich wieder, dennoch liefen ihm die Tränen weiter. „Ich hab was Schlimmes getan...“ murmelte da Yugi plötzlich. Der Drache drehte seinen Kopf leicht und musterte den Kleinen. „Was denn?“ – „Ich habe Rotauge verletzt... Dabei wollte er mir doch helfen... mich schützen...“ – „Alles gut, Yugi. Mach dir darüber keine Gedanken. Rede mit ihm. Er nimmt es dir nicht übel.“ Lächelte der Drache sanft und Yugi blickte in die warmen eisblauen Augen. Und in diesem Moment wusste er, es würde alles wieder gut werden... irgendwie, irgendwann. Langsam löste sich Yugi aus der Umarmung des Flügels. Fast ratlos blickte er sich dann um. „Du bist leer und weißt nicht, was du mit dem Scherbenhaufen deines Herzens anfangen sollst?“ fragte da eine ganz raue Stimme leise. Yugi blickte zur Stimme und sah den Rotauge, der sich geschmeidig dem Menschen näherte. Dieser blickte demütig zu seinen Füßen. „Es tut mir Leid... Bitte verzeih...“ Der Rotauge schnaubte und neigte sein Haupt, damit er auf Augenhöhe mit Yugi war. „Es ist alles vergeben und vergessen. Mach dir keine Gedanken. Du warst voller Schmerz. – Darf ich dir jemanden vorstellen?“ Yugi nickte misstrauisch und folgte den Blick des Rotaugen und sah den roten Magier! Yugis Augen verengten sich vor Wut, doch noch ehe er was sagen konnte, ergriff der Weiße das Wort. „Yugi... bitte beantworte mir eine Frage ehrlich: Magst du Atemu noch?“ Yugi starrte den Weißen an „NEIN! Ich hasse Atemu! Ich will Faisal wieder zurück...“ Der Weiße nickte. „Als magst du Faisal?“ – „Ja...“ – „Yugi, bitte hör mir jetzt genau zu, denn ich möchte dann eine Entscheidung von dir haben: Du bist der legendäre Herr der Drachen. Das heißt, du kannst über jeden von uns befehlen, wir werden dir folgen. Auch bist du in der Lage, sogar den Gehorsam des Drachens einzufordern, der über uns allen steht und die Macht besitzt, jeden zu vernichten! Allerdings kannst du uns noch nicht schützen, weil dir die Magie und die Kampfkünste fehlen. Der dunkle Magier hier hat sich bereit erklärt, uns zu helfen und dich auszubilden unter der Bedingung, dass wir wieder Frieden in das Land bringen und Atemu und Ägypten retten.“ – „Atemu ist eine Bestie...“ murmelte Yugi bissig. Der Drache lachte leicht. „Ich weiß vom Rotauge, was mit Seth und seinen Wüstenwinden passiert ist. Auch weiß ich von Narbengesicht, der sich entschieden hat, sich in die Knechtschaft des Pharaos zu begeben, um eben diesen vor seinen Feinden zu schützen. Kuriboh geht es gut und ist an der Seite von Narbengesicht. Atemus Feinde haben sich als seine Freunde das Vertrauen erschlichen und versuchen nun diesen zu vernichten, in dem sie nach und nach seine wahren Freunde und Getreuen ausschalten. Wenn Atemu so eine Bestie wäre, wie du sagst, hätte sich Narbengesicht nicht versklaven lassen...“ sprach der Weiße. „Außerdem vergaß er alles um sich herum, als er dich in Gefahr sah.“ Ergänzte da Rotauge leise. Yugi blickte zwischen den Beiden hin und her. Warum ahnte er, dass er sich seinem Schicksal nicht entziehen konnte? Musste er wirklich kämpfen? „Nur weil man weiß, wie man kämpft und Schlachten gewinnt, heißt es noch lange nicht, dass man auch kämpfen muss...“ meinte da der rote Magier und Yugi blickte ihn tief in die grünen Augen. Da war keine Arroganz. Da war Wärme und das Wissen über die Unendlichkeit des Seins. Ergeben schloss der Junge seine Augen. „Bilde mich aus...“
 

Yugi war am Ende. Er zitterte am ganzen Körper. Ihm war kalt. Er wusste nicht mehr, warum er diesen ganzen Mist zu gestimmt hatte. Auf jeden Fall hatte er das Gefühl, dass der Magier dies ausnutzte, um ihn immer und immer wieder zu demütigen! Anders konnte sich Yugi es nicht erklären, dass er jetzt seit dem Morgengrauen hier hüfthoch im kalten Wasser stand mit der Anordnung, diesen Fluss erst wieder zu verlassen, wenn er es schaffte einen Bannkreis zu erstellen. Toll! Als ob er wie ein Magier aussehen würde! Yugi schnaubte. Er versuchte sich immer wieder zu konzentrieren, aber es gelang nicht! Wie sollte er etwas erstellen, wo er noch nicht einmal wusste, die das ging, geschweige denn, was das war? Er war ja nur ein normaler Junge und... „Bist du endlich fertig mit deinem Mitleid?“ fragte der rote Magier leicht genervt, als er an den Fluss trat. Yugi knurrte nur. Ach ja, und er hasste es, wenn man sich noch nicht einmal in seine Gedanken verkriechen konnte! Ein amüsiertes Lächeln huschte über die Züge des roten Magiers.

Der Magier zollte den Kleinen Respekt. Er mochte sich noch so unwillig zeigen, aber er erfüllte immer alle Aufgaben. Er war ehrlich und versuchte nie zu betrügen. Jetzt hätte Yugi auch die ganze Zeit aus dem Wasser gehen können und sich in der Sonne zu wärmen, statt dessen befolgte er die Anordnung und blieb die ganze Zeit in dem kalten Bergfluss stehen – allerdings alles und jeden verfluchend. Langsam begriff der Rote, warum die Drachen ihn liebten. „Yugi...“ unterbrach er sanft das Wettern. „Was?!“ fauchte Yugi gefrustet und blickte zu den Magier. Als er das amüsierte Lächeln sah, schnaubte er auf und trat mit dem Fuß ins Wasser, in der Hoffnung, dass die Wasserspritzer den Magier erreichten. Nicht mal ansatzweise. „Sehr kläglich...“ spöttelte der Große. Na warte... knurrte Yugi vor sich hin und starrte auf das Wasser. Fieberhaft überlegte er, wie er die große Entfernung überbrücken konnte, um den Magier eine kalte Dusche zu verpassen. Seine Hand glitt hilflos suchen durch das Wasser. Und während Yugi fasziniert die Bewegungen des Wassers um seine Hand, die Finger beobachtete, kam ihn das Bild Kuribohs vor Augen, wie er eine Wasserkugel geformt und sie auf Faisal geschossen hatte. In dem Moment hatte Yugi etwas gespürt gehabt. Da fiel ihm plötzlich etwas ein, was sein Vater ihm vor langer Zeit zugeraunt hatte, als er das erste Mal auf der Felsenlichtung stand, um zu schauen, mit wem sich Yugi angefreundet hatte. Sein Vater hatte zu ihm gesagt, dass die Drachen einem nichts tun würden, wenn man ihnen offen und ehrlich gegenüber tritt. Drachen waren mit der Natur verbunden und fühlten den Schmerz jedes Wesen. Deshalb beherrschten die Drachen alle Elemente, weil sie die Seele jedes Steins, jedes Baums fühlten und verstanden. Yugi blickte auf das Wasser... Er hatte auch etwas gespürt damals bei Kuriboh. War das die Seele des Wassers gewesen? Wenn dem so war, dann müsste er doch eigentlich einfach nur versuchen seine Gedanken mit dem Wasser zu verbinden... So wie mit den Drachen, damit er dem Wasser seine Bitte vortragen könnte... Yugi schloss seine Augen. Er ließ alles fallen, schaltete seine Gedanken aus und suchte nach einer Antwort. So wie er es jedes Mal getan hatte, wenn er nach den Drachen rief. Und plötzlich war sie da! Die Verbindung, die Antwort! Ein Schwall voller lebensfreudiger Energie durchfuhr seinen Körper. In seinem Kopf dröhnten tausende zarte Stimmen, die zuerst unwirsch durcheinander redeten und sich dann plötzlich zu einer einzigen tiefen, sanften Stimme vereinigten. „Du hast lange gebraucht, um es zu verstehen! – Was ist dein Begehr?“ Yugi zuckte zusammen, riss seine Augen auf und starrte verwirrt zum Magier.

Der Rote hatte den Kleinen beobachtet. Er sah die Verzweiflung und den Frust, dass das Wasser ihn nicht erreicht hatte. Eher missmutig hatte Yugi in das Wasser gestarrt und plötzlich schien er zu stutzen. Er starrte eine ganze Weile nachdenklich auf seine Hände und ließ sie dann in das Wasser sinken, während er seine Augen schloss. Sollte der Kleine es begriffen haben? Sollte er verstanden haben, was die Drachen so mächtig machte? Wenn ja, dann war der Rest ein Kinderspiel! Da riss Yugi verwirrt seine Augen auf und starrte ihn hilfesuchend an. Der Magier schüttelte nur ironisch den Kopf und wollte sich abwenden, als es ins Yugis Augen aufblitzte und er ganz deutlich dessen Befehl in seinen Gedanken hörte: „Mach ihn nass!“

Yugi sah, wie leicht arrogant der Magier sich abwenden wollte. Doch das wollte er nicht zu lassen! Der Rote würde jetzt seine Dusche bekommen! Er legte all sein Vertrauen, was er den Drachen und Kuriboh immer schenkte, in den Befehl „Mach ihn nass!“. Er ließ sich gleiten, fallen und spürte den Fluss, dessen Bewegung. Das Vertrauen, dass er dem Wasser schenkte, wurde millionenfach erwidert, als es um ihn herum nur spitzbübisch auflachte und kicherte. Automatisch fuhr Yugi seine Hand durch das Wasser und spritzte es gegen den Magier. Doch dieses Mal hatte sich ein großer breiter Wasserstrahl geformt, der direkt auf den Magier flog. Dessen Augen zuckten zusammen und er hob seine rechte Hand und stoppte den Wasserschwall mit einer Magieattacke, die das Wasser zu Eis gefrieren ließ. Gefrustet darüber, dass er dem Magier schon wieder unterlegen war, schlug Yugi seine Faust auf die Wasseroberfläche. Das konnte doch nicht wahr sein! Plötzlich kam ein böiger Wind auf, der durch die Äste, die Blätter, durch die Haare Yugis fuhr und der kleine hörte das spöttische Wispern „Brauchst du Hilfe?“. JA, schrie er vor spitzbübischer Freude und der Wind wurde zum Sturm und mit einem plötzlichen Aufbrausen, stieß der Wind den Magier in den Rücken und dieser fiel unvorbereitet und wehrlos in das kalte Wasser! Yugi brach in helles Lachen aus. Geschafft! „Danke!“ rief er laut lachend, während er den Magier beobachtete. Dieser erhob sich und neigte anerkennend sein Haupt. „Respekt, kleiner Mensch! Du hast es geschafft.“ Yugi war sich nicht sicher, ob der Rote es ernst meinte oder ihn verspottete. „Nun forme den Bannkreis! Du musst um dich und um deine Drachen einen Bannkreis ziehen und halten können, damit weder deine Drachen von Magieattacken angegriffen werden können noch du, während du deine Drachen beschützt.“ Yugi hatte wirklich gedacht, der Magier würde von diesem Bannkreis-Gedöns ablassen! „Und wie soll ich das machen?“ fragte Yugi genervt. Der Rote lächelte warm. „Du weißt es, wie geht. Schließe deine Augen, verbinde dich mit deiner Umgebung. Lass die Luft, die Erde, das Wasser, das Feuer – alle Seelen durch deinen Körper fließen...“ raunte der Magier. Yugi blickte in die grünen Augen und glaubte plötzlich zu verstehen.

Er schloss also seine Augen und ließ seine Arme hängen, die Handflächen offen. Er atmete tief ein und lauschte dem Wind, dem Wasser. Er spürte die Erde unter seinen Füße und die Sonne auf seinem Körper. Plötzlich spürte er diese Präsenz in seinem Rücken. Sie war stark, sie war mächtig, sie war grausam und finster. Diese Präsenz trat näher an ihn heran. „Lass dich fallen...“ und Yugi gehorchte. Er dachte nicht mehr nach. Er vertraute und fühlte. Plötzlich spürte er wie seine rechte Hand sich bewegte. Sie schwang nach vor, griff nach etwas unsichtbaren und führte das Gegriffene nach oben. Plötzlich öffnete sich die Hand und schloss sich wieder zu einer Faust, jedoch blieben der Zeige- und Mittelfinger aufrecht stehen. Die Finger verharrten kurz vor Yugis Nase, zwischen seinen Augen. Er schlug diese auf und war erschlagen von der Intensität der Farben um sich herum. Es waren mehr Auren als alles andere. Im Hinterkopf hörte er die Beschwörungsformel. Er verstand kein Wort, geschweige denn, dass er auch nur ein Wort aussprechen konnte. Plötzlich verstummte die Formel und seine rechte Hand schwang blitzschnell und kraftvoll um seinen Körper und dann zeigte die Hand nach oben. Yugi stand plötzlich in einem strahlendem Licht was sich aus der Erde in den Himmel erstreckte! Und unter Yugi entstand ein glühender Kreis, in dessen Mitte sich langsam ein Pentagramm auftat. Yugi war geschockt und fasziniert über die Macht, die nun durch seinen Körper floss. Und plötzlich wusste er, die dunkle Präsenz war der Magier. Er hatte sich hinter Yugi gestellt und kurzfristig für diesen Moment die Kontrolle über seinen Körper übernommen. Yugi blickte hinter sich und starrte in die grünen Augen. „Warum...“ formten seine Lippen.

Der Magier starrte in Yugis Augen. „Weil du so mächtig bist, dass du diese Macht nicht ohne weiteres beherrschen kannst. Lass mich deine Zwillingsseele sein und deine Macht kontrollieren. Du bedeutest den Drachen so viel, dass ich es nicht verantworten kann, wenn du an dieser Magie zerbrichst.“ Yugi sah etwas in den Augen des Magiers. Nur konnte er nicht fassen, was es war. Die Augen waren so uralt, Sterne, ja ganze Galaxien spiegelten sich in ihnen wider... Alles und auch nichts, Licht und Dunkelheit. Yugi wurde blass. Ganz langsam sank der kleine Mensch ehrfürchtig vor dem Magier in die Knie, doch dieser hielt Yugi an den Schultern fest und zog ihn wieder auf die Füße, während er leise den Kopf schüttelte. „Wenn jeder sich vor mir zu verneigen hat, nicht du, kleiner Mensch!“ Die Hände waren sanft und stark und Yugi fühlte sich sicher. Tiefes Vertrauen durchfloss seinen Körper. „Bleib an meiner Seite...“ bat er murmelnd und der Magier nickte.

Und mit einem Schlag war der Bannkreis, die Atmosphäre, die Magie verschwunden. Yugi sackte zusammen und der Magier fing ihn auf. Leiser Spott lag in den nun wieder normalen grünen Augen des Zauberers. Yugi fragte sich, ob er sich das alles nur eingebildet hatte, doch... da war was gewesen, was... Yugi schüttelte leise den Kopf.
 

Es war abends und Yugi lehnte mit dem Rücken an Rotauge, während er in die Sterne schaute. Vor ihm brannte ein kleines Lagerfeuer. „Was bedrückt dich?“ fragte da der Rotauge nach langem Schweigen. „Wer ist er?“ fragte Yugi nur. Da trat der Weiße an die Beiden ran und legte sich um das Feuer, während er Yugi musterte. „Er ist seit Urzeiten auf der Welt...“ begann der Drache leise. Yugi horchte auf. „Er ist ein dunkler Magier. Und er lebt schon seit Urzeiten. Man sagt, dass er sich in jemanden verliebt hat, den er nicht lieben durfte. Er hat viel Krieg, Leid, Hass und Verrat gesehen. Er musste mit ansehen, wie seine Liebe ihn verriet und dann selber vernichtet wurde. Seine große Liebe ist wohl in seinen Armen gestorben. Die Trauer und der Schmerz ließen sein Haar ergrauen. Er beschwor die dunkelste Magie und schloss einen Pakt. Er verkaufte seine Seele an die Unendlichkeit, dafür durfte er bis in die Unendlichkeit leben, um seine Liebe wieder zu finden. Als Beweis des Paktes wurde er Rot. Rot, wie das Blut, das Herz und der Schmerz der Liebe. – Wenn du sein Vertrauen genießt, Yugi, brauchst du dich vor keinem Feind mehr zu fürchten, denn er steht immer hinter dir und stärkt deinen Rücken...“ Yugi blickte nachdenklich ins Feuer. „Was hat es mit dem Herrn der Drachen auf sich?“ fragte er plötzlich.

Die Mär vom Drachen und dem Magier

Die Mär vom Drachen und dem Magier
 

„Der Prinz war der Sohn des großen Pharaos, der über das gesamte Ägypten herrschte. Der junge Prinz lebte in Saus und Braus, bekam alles, was er wollte, hatte für alles einen Diener und langweilte sich einfach zu Tode, weil er keinen Freund hatte, mit dem er spielen konnte. Und zwar spielen, wie ganz normale Jungs. Alle hatten sie Angst, was falsch zu machen oder den jungen Prinzen zu verletzen. Kurz: Der Prinz war einfach nur gefrustet über sein Dasein und er suchte das Abenteuer und die Abwechslung. Sehr oft schlug er sich die Nächte um die Ohren, um die Palastwachen zu beobachten. Denn er brauchte Schwachstellen, um heimlich aus dem Palast abhauen zu können. Lange bereitete er alles vor und endlich war der Moment gekommen, an dem der Prinz die Chance seines abwesenden Vaters nutzte und aus dem Palast verschwand.

Er hatte sich direkt nach dem Abendbrot zurückgezogen. Und mit der untergehenden Sonne schwang er sich über die Balkonbrüstung seines Gemaches und landete in einem Hintergarten. Drei schnelle Sprünge und der Prinz stand an der Palastmauer. Für den athletischen Prinzen war es keine Kunst, über die Mauer zu klettern. Als er auf der anderen Seite war, duckte er sich und rannte schnellen Schrittes in die Stadt.
 

Der Dieb lag auf einem Dach über der Stadt. Er hatte sich in einer Ruine häuslich eingerichtet gehabt. Sein Balkon war das Dach des Nachbarhauses. Dort lag er und genoss die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Er hatte einen sehr erfolgreichen Raubzug gehabt und war somit wieder für mehrere Tage mit Lebensmitteln eingedeckt. Tiefenentspannt ließ der Dieb seine Blicke schwerfällig über die Straßen gleiten. Eigentlich nichts erwartend. Und plötzlich sah er eine dunkle Gestalt geduckt durch die Gassen huschend. Von einer Häuserecke zur nächsten und immer wieder schaute sich die Gestalt um. Wurde die Gestalt etwa verfolgt? Der Dieb erhob sich leicht und musterte die anliegenden Straßen. Nichts. Niemand verfolgte ihn. Leicht grinsend erhob sich der Jüngling und machte sich auf den Weg, die Gestalt zu verfolgen. Er wusste nicht wie lange er der dunklen Gestalt bereits folgte. Es war auf jeden Fall schon Nacht geworden und das Benehmen der Gestalt wurde ihm immer befremdlicher. Irgendwann machte der Dieb sich gar keine Mühe mehr seine Absicht zu verschleiern. Er folgte der Person vor ihm ganz offen. Abrupt bog diese in eine dunkle Seitengasse ein. Der Dieb schnaubte leicht verächtlich und folgte. Er trat so eben um die Ecke, als er plötzlich erstarrte. Eine gezückte Klinge lag an seiner Kehle und zwei feurige Augen funkelten ihn an. „Was willst du von mir?!“ knurrte die Gestalt gefährlich. Der Dieb grinste breit. „Respekt... du hast es geschafft, mich zu überrumpeln...“ und mit dem letzten Worten griff er nach der Hand der Person, verdrehte sie auf den Rücken, so dass er das Messer fallen lassen musste und vor Schmerzen in die Knie brach. „Wenn du auf der Straße überleben willst, dann sei vorsichtiger! – Wo kommst du her? Du bist neu hier!“ murmelte der Dieb leise, als er sein Gegenüber wieder los ließ, jedoch die Klinge zu sich nahm. „Ja, ich bin neu hier. Und habe keine Ahnung, wo ich hier genau bin!“ Der Dieb lachte über die Worte. „Folge mir. Ich bring dich in meine Räumlichkeiten. Die Nacht ist hier sehr gefährlich!“

Und zwei Gestalten huschten schweigend durch die Straßen, bis sie die Ruine betraten. „Wie heißt du?“ fragte der Dieb. „Ich... heiße Tittu... und du?“ Dem Dieb war das Zögern aufgefallen. Sein Gegenüber wollte seinen wahren Namen nicht nennen. Misstrauisch runzelte er die Stirn. „Ich heiße Scharid.“ Und Scharid reichte Tittu etwas zu essen. Dieser dankte und begann zu essen. Scharid beobachtete sein Gegenüber genau. Sein ganzes Verhalten, seine Körperhaltung, seine gepflegten Hände und diese feurigen Augen. Irgendwas war an Tittu, was Scharid gefiel. „Warum lebst du hier in dieser Herberge...“ rümpfte Tittu nach einer Weile die Nase. Scharid lächelte nachsichtig. „Meine Eltern starben an der Pest. Ich habe keine Verwandten und überlebe auf der Straße, in dem ich mir meine Lebensmittel zusammenstehle. Diese Herberge hier, hat mir bis jetzt immer Sicherheit vor meinen Häschern gewährt. – Und warum hast du den Palast verlassen, Prinz?“ Tittu schrak zusammen und starrte in Scharids Augen. Dieser lächelte beruhigend. „Wusste ich es doch. Du kannst deine Herkunft nicht verleugnen. Noch nicht mal durch die Lumpen, die du trägst!“ Der Prinz blickte zu Boden. Er wusste nicht wie er es formulieren sollte, was er fühlte und warum er aus dem Palast ausgebrochen war. „Schon gut. Du brauchst mir nicht zu antworten. Ich werde dich wieder in den Palast bringen.“ Scharid erhob sich. Und Tittu blickte fragend auf. „Darf ich wieder kommen?“ – „Liebend gerne...“ lächelte der Dieb.
 

Und so kam es, dass der junge Prinz regelmäßig den Palast verließ, um den Dieb zu besuchen. Dieser zeigte dem Prinz das Leben des einfachen Volkes und wie er auf der Straße überleben konnte. Die Jahre vergingen und aus den Jünglingen wurden Männer.

In einer sternenklaren Nacht trafen sich die Beiden mitten in der Wüste. Über ihnen schien der helle Vollmond.

„Du hast mich hier her bestellt?“ begrüßte Scharid seinen langjährigen Freund, als dieser endlich auf seinem Pferd angeritten kam. Der Prinz parierte sein Pferd durch, sprang ab und nickte. „Es wird mein letzter freier Abend sein. Morgen werde ich zum Pharao gekrönt.“ Scharid lächelte. „Herzlichen Glückwunsch!“ – „Danke... obwohl ich nicht wirklich scharf drauf bin. Kannst du nicht mit an den Hof kommen?“ fragte der Prinz fast schon flehend. „Und wie stellst du dir das vor?“ – „Du kommst morgen zu meiner Zeremonie und schwörst mir als erster Treue.“ Scharid lächelte. Er hatte sich dies auch schon überlegt gehabt, aber war das richtig? Bis heute waren sie Menschen und Freunde gewesen. Wenn Scharid das machen würde, was Tittu verlangen würde, dann waren sie nur noch Pharao und Bediensteter. „Ich weiß nicht ob ich es kann...“ murmelte Scharid entschuldigend. Tittu seufzte. „Könntest du mir einen letzten Wunsch erfüllen?“ fragte plötzlich der Prinz. Scharid blickte sanft in die grünen Augen seines Prinzen. „Was wünschst du dir?“ Tittu starrte gebannt in die eisblauen Augen des Diebes. „Lass uns ein letztes Mal Menschen sein...“ Scharid nickte und reichte Tittu seine Hand. Tittu griff zu und ließ sich tiefer in die Wüste führen.

Zwei Seelen liebten sich in dieser Nacht leidenschaftlich und schwuren sich ewige Treue. „Ich liebe dich...“ hauchte der Blauäugige. „Ich dich auch...“ raunte der Grünäugige.
 

Tittu wurde zum Pharao gekrönt und als Zeichen seiner Liebe und Loyalität zu seinem Freund, verneigte sich Scharid als erster vor dem neuen Pharao und schwor ihm Treue und ihn immer zu schützen.

Tittu wollte aus Dankbarkeit ihm einen Wunsch erfüllen und so bat Scharid: „Vergiss mich nicht.“

Und der Pharao vergaß. Die Jahre gingen ins Land. Er wurde immer mächtiger, und sein Volk litt immer mehr unter der Tyrannei des Pharaos. Dieser hatte den Bezug zu seinem Volk verloren. Hatte vergessen, wo er herkam und wer sein einzig wahrer Freund war. Der Pharao schenkte Beratern sein Vertrauen, die in ihre eigene Tasche wirtschafteten und den Pharao nur als Marionette benutzten.

Jedes Mal, wenn Scharid durch die Stadt und das Land ritt, wurde er bespuckt, weil er die Farben des Pharaos trug. Immer und immer wieder versuchte Scharid die Augen seines Freundes zu öffnen, doch dieser wurde immer unwilliger. Irgendwann war er so erbost von Scharids Worten, dass er ihn einfach in den Kerker werfen ließ – ohne Wasser und Nahrung. Das Herz des Diebes zerbrach.

Träne um Träne lief über sein Gesicht. Er spürte den Schmerz des Volkes und sehnte sich nach der reinen Seele seines Freundes. Und während der Dieb dabei war, seine letzten verzweifelten Atemzüge zu holen, trat eine dunkle Gestalt an Scharid ran und legte ihm eine Hand auf die Stirn. „Erwache, mein weißer Drache mit eisblauen Augen und rette deinen Freund und das Volk Ägyptens!“ Und Scharid spürte angenehme Wärme durch seinen Körper fließen. Er merkte, wie sein Körper sich veränderte und seine Augen verrieten panische Angst. Plötzlich erstrahlte ein schneeweißer Drache im Mondlicht. Scharid reckte seine Flügel und musterte seinen Körper. Er wusste nicht, ob es gut war oder nicht. Aber ihm gefiel der neue Körper. Mit einem trompetenden Brüllen schwang er sich in die Lüfte, durchbrach Mauern und Wände und floh in die Wüste.

Nach einiger Zeit, als er sich mit seinem neuen Körper zur Genüge vertraut gemacht hatte, machte sich der Drache auf dem Weg, um das Volk Ägyptens zu retten. Er provozierte den Pharao, wo er nur konnte, in dem er sich immer wieder zwischen die Truppen des Pharaos und das einfache Volk stellte. Zum Dank bekam er Fressen und man versorgte seine Wunden. Und da hörte er zum ersten Mal diese Gerüchte, dass sich der Pharao einem Ritual der schwarzen Magie unterzogen hatte, um noch mehr Macht zu bekommen. Er hatte sich wohl mit einem Magier verschmolzen. Als der Drache dies hörte, zog er sich in die Wüste zurück und weinte bitterlich. „Warum hast du das getan? Warum hast du mich vergessen?“
 

Endlich ließ sich der Pharao herab und forderte den weißen Drachen heraus. Sie trafen sich auf der Fläche, wo sie sich viele Jahre vorher so innig geliebt hatten. Der Drache stellte die Bedingung, dass dem Volk kein Schaden zugefügt werde. Der Pharao nickte herablassend. Er wollte den Drachen in Ketten legen und ihn zu seinen Füßen kriechen lassen! „Du weißt nicht, wer ich bin?“ fragte der Drache, als er den Pharao angriff. Es wurde ein heftiger und sehr langer Kampf. Mal drohte der eine zu unterliegen, mal der Andere. Und irgendwann holte der weiße Drache zum letzten alles vernichtenden Schlag aus. Die grünen Augen des Pharaos sahen die Tränen in den eisblauen Augen glitzern, als der Lichtblitz ihn brutal traf. „Scharid...“ hauchte er fassungslos. Der Pharao war gefallen. Er hatte verloren. Der Drache nahm den Sterbenden in seine Krallen und breitete schützend seine weißen Flügel über ihn aus. „Scharid...“ murmelte der Pharao schwach. „Wo warst du die ganze Zeit?“ – „Immer an deiner Seite...“ murmelte der Drache und er lauschte den sterbenden Atem. „Bitte verzeih, dass ich dich vergessen habe.“ – „Es ist vergeben...“ – „Ich hab Angst. Bitte bleib an meiner Seite...“ – „Ich bleib an deiner Seite – auf ewig!“ Und gemeinsam schlossen sie ihre Augen und hauchten ihren Atem aus...“
 

Yugi hatte fasziniert der Geschichte gelauscht und starrte anschließend lange vor sich hin. „Dann seid ihr ja keine Feinde des Pharaos...“ murmelte er plötzlich und ihm wurde bewusst, in was für einen Irrtum Atemu war. „Seit jeher stehen wir an der Seite des Pharaos. Jedoch nur, wenn er gut mit seinen Untertanen umgeht.“ Murmelte der Weiße. „Aber was hat das mit dem Herr der Drachen zu tun?“ fragte Yugi plötzlich. „Der erste Drache war ein Mensch, der in der Lage war, die Gefühle jedes Wesens zu spüren. Er war treu und liebte innig. Er stellte sein Geschick zurück, um das Leid der anderen zu heilen und um seinen Freund irgendwie zu schützen. – Es geht nicht darum, was du an Kräfte hast oder nicht. Du kannst nur ein Herr über die Drachen sein, wenn jeder Drache dir seinen Respekt erweist. Und dazu musst du die Eigenschaften besitzen, die der erste Drache besaß.“ Antwortete da plötzlich der rote Magier, der aus dem Schatten getreten war. Yugi schluckte. „Also kann es sein, dass ich gar nicht dieser Herr der Drachen bin? Ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, dass JEDER Drache mir Respekt erweist!“ – „Mach dir darüber keine Gedanken! Wir wollen mit deiner Hilfe nur versuchen Atemu und sein Volk zu retten!“ meinte der Magier bestimmt.

Yugi nickte leise und sein Blick verlor sich wieder in den Sternen. Der weiße Drache musterte Yugi. Er sah die Sehnsucht des Kleinen und die Trauer. „Du vermisst ihn?“ fragte er leise. Yugi zückte den Brief Faisals und starrte lange auf die Zeilen. „Woran erkenne ich, dass ich jemanden liebe?“

"... denn er weiß nicht, was er tut!"

„... denn er weiß nicht, was er tut!“
 

Sein Flügel tat so weh und sein Schwanz schmerzte. Der Weiße hielt seine Augen geschlossen und stöhnte leise vor sich hin. Er trug keine Ketten. Er hatte sogar ein weiches Strohlager, aber er war gefangen in einem riesigen Käfig. Der Weiße seufzte leise. Atemu hatte ausdrücklich befohlen gehabt, das niemand ihm ein Haar krümmen sollte, weil der Drache sein persönliches Spielzeug sei. Unbewusst fletschte der Weiße die Zähne. Er war gefangen!

Plötzlich legte sich ein Schatten über sein Gesicht. „Was willst du?“ knurrte der Drache. „Deine Wunden heilen...“ Die unsichere Stimme des Magiers ließ den Drachen seine Augen öffnen und aufblicken. „Wie geht es Kuriboh?“ fragte der Weiße versöhnlicher. „Er schläft... Ich habe seine Wunden geheilt. Allerdings wird Atemu es sehr schwer haben, das Vertrauen des Koboldes wieder zu erlangen.“ Der Drache schnaubte verächtlich. Der Zauberer der dunklen Magie legte eine Hand auf die Stirn des Drachen und begann leise Worte zu murmeln. Angenehme Wärme floss durch den Körper des Drachen und die Schmerzen ließen nach. „Bitte verzeih ihm, denn er weiß nicht was er tut!“ begann der Magier wieder leise. „Weiß er überhaupt, was er tut oder getan hat?!“ fauchte der Drache wieder. „Was weiß er überhaupt? – Außer dass wir Drachen Feinde des Pharaos sein sollen?“ Der Magier schwieg. „Kennt er denn die alten Sagen seines Volkes? Die Lieder und Mythen? Kennt er die Mär vom Drachen und dem Magier?“ – „Ich weiß es nicht.“ – „Warum hast du es ihm nicht erzählt? Es ist deine Pflicht, als sein Beschützer! Aknamkanon hat ihn in deine Obhut gegeben – in deine und Mahads. Warum kennt er die alten Volksweisen seines eigenen Landes nicht?!“

Der Drache breitete mit einem Schlag seine Flügel aus und musterte den Magier, der jetzt mehr wie ein Häufchen Elend vor ihm hockte. Er war fertig mit der Heilung. Der Drache erhob sich und seufzte. „Du bist viel zu jung für diese Verantwortung, die man dir zu Aknamkanons Zeiten aufgebürdet hat. Was weißt du von der Geschichte dieses Landes? Von der wahren Geschichte des Landes?“ Die Augen des Magiers weiteten sich und er starrte in die eisblauen Augen. „Seit jeher stehen wir Drachen an der Seite des einfachen Volkes, der Untertanen. Wenn der Pharao gerecht und weise ist, dann stehen wir auch an dessen Seite. Wenn der Pharao sein Volk knechtet, ausbeutet und ungerecht ist, kämpfen wir gegen den Pharao! – Die letzten Worte des Magiers waren: „Bitte bleib an meiner Seite.“ Und der Drache antwortete: „Ich bleibe an deiner Seite. – Auf ewig!“ Der Magier symbolisiert den Pharao und der Drache das Volk. – Du kennst die Mär?“ Der Zauberer nickte leise. „Er hört mir nicht zu...“ raunte er da leise. „Wie oft wollte ich ihm von der Mär erzählen, wenn er immer wieder gegen die Drachen redete. Aber er will nichts hören. Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll. Ich habe nicht die Erfahrung und Weisheit wie der rote Magier...“ Der Weiße stutzte kurz. „Du kennst ihn?“ – „Wer von den Magiern kennt ihn nicht? Jeder von uns ist bestrebt, genauso weise und mächtig zu werden wie er. Doch nie hat einer von uns ihn zu Gesicht bekommen. Ich weiß nur, dass er an der Seite des vorletzten Pharaos vor Aknamkanon gekämpft hat und auf einen großen roten Drachen in die Schlacht gezogen ist.“ Der Weiße musterte den Zauberer lange. Wenn er das Alter des Magiers in Menschenjahre umwandeln würde, dann wäre dieser gerade mal so alt wie Atemu es jetzt war. Er brauchte Hilfe. „Versprich mir, dass du ihm von der Mär erzählst und ich sorge dafür, dass er dir zu hören wird.“ Der Magier blickte dankbar auf. „Nun geh und hab ein Auge auf Kuriboh... und danke, dass du meine Wunden geheilt hast.“ Der Magier nickte nur leise und verschwand. Und du hast immer noch nicht die wahren Beweggründe Aknamkanons verstanden... dachte der Weiße, als er in den Himmel blickte. Er spürte die Tränen Yugis und sein Herz wurde ganz schwer.
 

Atemu lehnte mit dem Rücken im Türrahmen seines Gemaches, wo es zu seinem großen Balkon rausging. Seine Arme hatte er vor seiner Brust verschränkt und er starrte in die weite Wüste hinaus. Jetzt, wo er endlich für sich allein war, hatte er alles abgelegt, was ihn als Pharao kennzeichnete. Jetzt, wo er endlich allein war, konnte er sich wie ein normaler Mensch verhalten und auch seinen Gedanken hinterher hängen. Er dachte an Yugi. Wie es ihm wohl ging? Das Bild, als der Rotauge, Yugi im Maul, zugebissen hatte, hatte sich tief bei Atemu eingebrannt. Er war fassungslos. Der Drache, der Yugi draußen im Schott absolute Treue geschworen hatte, hatte Yugi schwerverletzt. Oh, Yugi... wie hast du dich wohl in deine Drachen getäuscht!

Dann blickte der Pharao zu Kuriboh. Der kleine Kobold lag schlafend auf seinem Bett. Es hatte ihn so weh getan, den Kleinen so verletzt zu sehen. Sein Magier hatte ihn geheilt und dann das Gemach verlassen. „Kuriboh...“ raunte Atemu bedrückt, als er wieder in die weite Wüste hinausblickte.

Er hatte das tiefe Vertrauen in Yugis Augen gesehen. Atemu zitterte vor Wut, als er an den Schmerz in den Augen seines kleinen Diebes dachte, als Atemu sich weigerte, den Weißen ziehen zu lassen. Yugi, verdammt! Der Weiße hatte die Ernten sämtlicher umliegender Dörfer vernichtet! Er war eine Gefahr für sein Volk! Es erholte sich doch erst langsam von Ramses‘ Tyrannei. Er konnte es doch nicht zu lassen, dass der Weiße sein Volk wieder in den Hunger stürzt. Er verstand es immer noch nicht, warum der Weiße dies gemacht hat. Wenn er keinen Drachen vertrauen würde, dann doch den Weißen mit der Narbe und Yugis Rotauge. Atemu schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich war es falsch gewesen, das Gesetz zu erlassen, dass sämtliche Drachen in Ketten gelegt werden sollten. Doch was sollte er machen? Atemu war müde und fühlte sich überfordert. Seit dem ersten Tag, als er den Thron bestieg, trachtete man ständig nach seinem Leben. Wie oft lag er schwerverletzt irgendwo in einer Gasse und nur der Zufall hatte seinen Magier ihn finden lassen. Wie oft hatte er den Tod ins Auge blicken müssen und hauchdünn hatte sein Zauberer ihn das Leben gerettet. Atemu hatte so viele Feinde! In seiner direkten Umgebung und draußen im Land.

Er wusste, er hatte auch Feinde unter seinen Beratern, aber er wusste nicht wer es war. Nur sein Magier genoss sein volles Vertrauen... und sein kleiner Dieb. Atemu hatte beschlossen, scheinbar auf seine Berater einzugehen, um seine Feinde draußen im Land nach und nach zu vernichten. Dabei hatte er seine Feinde in seiner direkten Umgebung immer im Blickfeld. Er bemerkte, dass man versuchte einen Keil zwischen ihn, den Pharao, und seinen treuesten Anhängern, den Wüstenwinde, zu treiben. Doch Atemu musste an sein Volk denken. Was war eine Handvoll von Seths Leuten gegen sein gesamtes Volk. Er musste Opfer bringen, um erst einmal das Land wieder zu stabilisieren und sein Volk wieder zu stärken. Atemu wusste, dass er ohne sein Volk, was ihm den Rücken stärkte, nichts war und auch keine Chance hatte zu bestehen.

„Kennst du die Mär vom Drachen und den Magier?“ fragte es da plötzlich in Atemus Gedanken. Dieser schreckte auf und erstarrte. Wer war das gewesen? Der Weiße? Nein, dafür war die Stimme zu hell und... Verblüfft blickte der Pharao zu Kuriboh, der auf dem Bett saß und diesen mit seinen großen gelben Augen anblickte. „Du beherrschst das auch?“ fragte Atemu ungläubig. Der Kobold lachte hell auf und mit einem Schwung kuschelte er sich an Atemu. „Warum hast du das Narbengesicht nicht gesagt?“ fragte der Kobold. Atemu runzelte seine Stirn. Was? Der Kobold fiepte vergnügt. „Ich habe deine Gedanken gelesen. Narbengesicht hat mich mit deinen Gedanken verbunden und wollte, dass ich herausfinde, warum du so komisch bist. – Warum hast du deine Sorgen Narbengesicht nicht anvertraut?“ Atemu umarmte den kleinen Kobold fest und grub sein Gesicht in dessen plüschiges Fell. „Wenn das so einfach wäre... Ich darf mir keine Blöße geben. Mein Volk steht an erster Stelle... Ich weiß nicht mehr, wem ich noch vertrauen kann, mein kleiner Kobold.“ Murmelte Atemu leise, fast schon verzweifelt. „Kennst du die Sagen und Märchen deines Volkes?“ fragte der Kobold vorsichtig. Atemu schüttelte den Kopf. „Der Prinz war der Sohn des großen Pharaos, der über das gesamte Ägypten herrschte. Der junge Prinz lebte in Saus und Braus, bekam alles, was er wollte, hatte für alles einen Diener und langweilte sich einfach zu Tode, weil er keinen Freund hatte, mit dem er spielen konnte. Und zwar spielen, wie ganz normale Jungs...“ begann Kuriboh leise zu erzählen und der Pharao lauschte fasziniert der Volksweise.

Der Zauberer der dunklen Magie wollte so eben das Gemach seines Freundes betreten, als er Kuriboh summen hörte. Die Erzählweise des Koboldes war leise, sanft und melodisch. Der Magier lauschte der Mär und war verwundert, denn so hatte er die Mär noch nie gehört... Und nun ergab es für ihn auch einen Sinn, als Narbengesicht meinte, dass der Drache für das einfache Volk steht und der Magier für den Pharao.
 

Ein Seitentor knallte scheppernd zu. Der Drache reagierte nicht. Er lag in der Sonne, seine Flügel leicht gespreizt und genoss die Strahlen. Seine Augen waren geschlossen. Er knurrte missmutig ob des lauten Geräusches, was in seinen empfindlichen Ohren schmerzte. Er hörte Schritte, die sich ihm näherten. Genervt öffnete er seine Augen, wandte seinen Blick zu den Geräuschen und verblüfft erstarrte er. Vor ihm stand Atemu, allerdings ohne irgendein Abzeichen des Pharaos. „Was willst du, Atemu?“ fragte er skeptisch. Atemu schüttelte den Kopf. „Ich steh nicht als Atemu sondern als Faisal vor dir. – Ich möchte mit dir reden.“ Erstaunt erhob sich der Drache in seiner vollen Größe und blickte zu dem kleinen Menschen herab. Er schwieg. Atemu war nicht ganz wohl zu Mute, als der Drache sich erhoben hatte. Diese Kraft und Ausstrahlung... Er konnte immer noch nicht begreifen, wie Yugi sich so blind diesen Wesen anvertrauen konnte. Auch war er gewohnt, dass die Drachen immer auf seiner Augenhöhe waren und – Atemu wurde sich mit einem Mal bewusst, was dies bedeutete. Gleiche Augenhöhe bedeutete Respekt und Achtung – und die hatte der Weiße wohl nicht vor Atemu. Er seufzte. „Wir können offen reden. Mein Magier hat einen Bannkreis gezogen, so dass niemand uns belauschen, angreifen oder stören kann.“ Der Drache musterte noch immer den Pharao. Es amüsierte ihn, wie dieser gegen seine innere Angst versuchte anzukämpfen. Die Worte Narbengesichts, dass er ihn töten könnte, wenn er wöllte, hatten Atemu ganz schön tief getroffen!

Endlich ließ der Drache sich auf Atemus Augenhöhe hinab und fixierte ihn mit seinen eisblauen Augen. „Was willst du?“ wiederholte der Drache. Atemus zuckte leicht zusammen, als der Drache sich plötzlich niederließ, um auf Atemus Augenhöhe zu sein. „Kuriboh meinte, ich soll dir von meinen Problemen berichten.“ Der Drache stutzte. Kuriboh?! „Warum hat er mit dir gesprochen? Ich hatte es ihm strengstens verboten!“ fauchte er leicht. Atemu wich leicht einen Schritt zurück. „Warum soll er nicht mit mir reden? Wir sind Freunde!“ versuchte Atemu den Kobold zu verteidigen. Die Augen des Drachen blitzten auf. „Freunde?“ Atemus Augen verengten sich misstrauisch. Der Ton, mit dem der Weiße das Wort ausgesprochen hatte, war merkwürdig. War der Pharao schon wieder in ein Fettnäpfchen getreten? „Ja... Freunde...“ murmelte Atemu vorsichtig. Da lachte der Drache hart auf und keifte fast schon, als er dem Pharao eine Frage stellte. „Freunde! Dann verrate mir bitte, warum du Yugi das Herz gebrochen hast?!“ – „Ich hatte meine Gründe. Ich darf mir keine Blöße geben, um mein Volk nicht in Gefahr zu bringen. Ich muss meine persönlichen Wünsche zurückstellen!“ knirschte Atemu mit den Zähnen. Der Drache neigte sich mit seinem Gesicht ganz nah zu Atemu. Dieser spürte den warmen Atem und sein Körper zitterte leicht vor Angst. „Persönliche Gründe?“ sprach der Weiße fast sanft. „Dann erlaube mir eine weitere Frage, o Pharao... Du stehst jetzt vor mir als Faisal und nicht als Atemu. Brauchst dir also keine Gedanken wegen irgendeiner Blöße machen. Wenn Yugi JETZT vor dir stehen und von dir verlangen würde, mich ziehen zu lassen, sich dabei auf deinen Brief berufend – würdest du seiner Bitte Gehör schenken?“ Atemu spürte das tiefe Brodeln in dem Drachen. Jedes falsche Wort konnte einen unkontrollierten Ausbruch provozieren. Er hatte Angst vor diesen Drachen, der ihn gedroht hatte, dass er ihn töten könnte, wenn er wöllte... Und nur Yugi der Grund ist, warum der Weiße dies nicht tat. Yugi... alles drehte sich um seinen kleinen Dieb. Atemu schluckte schwer und vertraute auf Yugis Worte, als er ihm einmal sagte, dass die Drachen einem nichts tun werden, wenn man ehrlich mit ihnen ist – Hoffentlich! „Nein... Ich würde seiner Bitte nicht entsprechen. Es hätte zu weitreichende Folgen, dich ziehen zu lassen, die ich nicht verantworten kann... meinem Volk gegenüber nicht und... auch Yugi gegenüber nicht!“ Der Drache brüllte vor Wut und bäumte sich hoch auf, als er die Worte hörte. Er machte sich zum Angriff bereit. Er riss sein Maul weit auf und tief in seinem Rachen erkannte Atemu mit Entsetzen, wie sich eine riesige Lichtkugel bildete. Atemu hatte mit fester Stimme begonnen. Doch als er sah, wie der Drache sich aufbäumte, wackelte diese und erstickte fast. Doch Atemu sprach alles aus, was er zu sagen hatte – am ganzen Körper zitternd vor Angst. Bei den letzten Worten stoppte der Weiße seinen Angriff. Er schloss sein Maul und der Lichtblitz schoss harmlos durch seine Zähne in alle Richtungen. Der Drache neigte sein Haupt wieder zu Atemu hinab.

„Ich will deine Probleme nicht hören. Du bist der Pharao und deine Schergen sind die Magier. Das einzige, was mich momentan interessiert, ist, dass du Yugi das Herz gebrochen hast.“ – „Ich habe ihm das Herz nicht gebrochen! Ich habe ihn verletzt, ja. Sein Vertrauen erschüttert, ja. Aber ich habe nicht sein Herz gebrochen! Dafür müsste er mich lieben. Und das tut er nicht...“ meinte Atemu wieder fest. Der Drache schaute den Pharao lange und tiefgründig an. „Bist du dir da sicher?“ Atemu wurde blass. Ihm blieb fast das Herz stehen. Was meinte der Weiße damit? Sollte etwa... Nein! Energisch schüttelte der Pharao seinen Kopf und verschloss dieses Gefühl, diese Hoffnung tief in seinen Herzen. Er durfte nicht nachgeben! Der Weiße war ihn so eben am manipulieren! Der Drache beobachtete den Pharao aufmerksam und registrierte sein Dilemma. Süffisant lächelte er, als der Pharao der Meinung war, dass der Drache ihn manipulieren würde. Der Weiße wandte sich abrupt ab. „Die Unterredung ist beendet!“ meinte er nur. Atemu war wie vor dem Kopf gestoßen, als der Weiße ihn einfach stehen ließ. Das konnte er doch nicht auf sich sitzen lassen! „Narbengesicht!“ fauchte er dann schon fast. Der Drache erstarrte und wandte sich dann blitzschnell wieder zu Atemu. „Woher hast du diesen Namen?“ fragte er aus einer Mischung von Zorn und Verblüffung. „Kuriboh hat dich so genannt...“ runzelte Atemu seine Stirn. Ein tiefes dunkles Knurren entrang sich aus der Brust des Drachen. „Ich warne dich... Du krümmst ihn kein Haar!“ knurrte nun Atemu, der in Anbetracht der Reaktion des Weißen ernsthafte Sorge hatte, das Kuriboh die nächste Begegnung mit den Drachen nicht überlebte. „Du... warnst mich... kleiner Mensch?“ verblüfft starrte der Drachen den Pharao an. „Narbengesicht... Bitte bleib an meiner Seite!“ sprach Atemu nun leise und mit fester Stimme. Wenn die Mär stimmte, würde der Drache ihn nun Treue schwören...

Der Weiße starrte den Pharao an. Lange. Kuriboh... knurrte er innerlich. Warum hatte der Kobold es dem Pharao erzählt? „Der Drache steht für das Volk. Du vertrittst mein Volk. Der Magier für den Pharao. Der Magier war nichts ohne den Drachen. Und ich bin nichts ohne mein Volk. Ich bitte dich, bleib an meiner Seite! Damit ich mein Volk schützen und stärken kann.“ Atemus Stimme war leise und bestimmt. Sein Blick fest und duldete keine Verweigerung. In diesem Moment wusste der Weiße, dass er verloren hatte. Er wusste, dass er gehorchen würde und den Pharao überall hintragen würde – und wenn es selbst gegen sein eigenes Volk war. Atemu war mächtig und sehr gefährlich! Doch der Drache war gezwungen, dieser Bitte nachzukommen. Schon seit Urzeiten – gezwungen durch die Liebe und Loyalität des ersten Drachen zu seinem Freund, den Pharao!

Der Drache brüllte auf. Lang und unendlich tief. Atemu spürte die Verzweiflung in diesem Brüllen. Die Scham, Trauer und den Schmerz eines gedemütigten Charakters. Es verschlug dem Pharao dem Atem. Noch nie hatte er sowas starkes gefühlt gehabt. Doch er konnte und durfte nicht zurück! Er hatte nach der Treue des Drachen gefordert! Der weiße Drache legte sich zu Füßen des Pharaos. Tränen rannen über sein edles Gesicht. Die eisblauen Augen vor Schmerz geschlossen, als er dem Pharao seine Treue schwor. „Ich bleibe an deiner Seite. – Auf ewig!“
 

Der Magier hatte die Barriere gelöst, in dem Moment, wo der Pharao den Drachen unterworfen hatte. Fassungslos starrte er zu den weißen Drachen. Noch nie hatte er sowas erlebt. Warum waren diese mächtigen Wesen so einfach mit Worten zu unterwerfen? Warum?! Das darf nicht sein! Das hätte nicht sein dürfen!

Das erste Mal in seinem Leben vergoss der Zauberer der dunklen Magie Tränen. Tränen der Fassungslosigkeit, des Schmerzes und der Scham. „Bitte verzeiht ihm... denn er weiß nicht was er tut!“ murmelte der Magier und wandte sich bedrückt ab von der Szene vor ihm. Er hatte das unbeschreibliche Gefühl, dass Atemu so eben sein Volk verraten und sein Land in den Untergang gestürzt hatte!

„... wenn du stirbst, wirst du wieder als Südwind frei sein.“

„... wenn du stirbst, wirst du wieder als Südwind frei sein.“
 

Ein vermummter Reiter stand mit seinem Schecken auf der letzten Sanddüne der Wüste und blickte auf die Stadt zu seinen Füßen. In Mitten der Stadt prangte in voller Pracht der Palast des Pharaos. Der Reiter verengte seine Augen verwirrt. Als er vor drei Jahren den Palast gesehen hatte, war dieser noch nicht mal ansatzweise so prunkvoll. Diese zur Schaustellung des Reichtums irritierte den Reiter, denn Ägypten stand mit einigen anderen Ländern im Krieg! Er hatte gehört, dass der Pharao jedes Mal, wenn er wieder im Palast einkehrte, sich ein kulturelles Programm genehmigte, wie es sie in Europa wie Spanien, England oder Frankreich gab. Und genau wie die Adelshäuser dort, ließ er sich wohl hier im inneren des Landes nichts anmerken, wie es an der Front aussah.

Der Reiter atmete tief durch. Sein Freund und Weggefährte Seth wurde vom Pharao in den Kerker geworfen, als er um Hilfe für einige Randdörfer des Landes gebeten hatte. Es galt nun, ihn aus den Fängen des Pharaos zu befreien... und gleichzeitig wollte der Reiter sich mit eigenen Augen von der momentanen Situation am Hofe überzeugen. Zu viel hatte er an Gerüchten gehört!
 

“O Fortuna

velut luna

statu variabilis...“
 

Der Reiter stutzte. Er kannte die Worte, die ihm da vom Palast schwach herüber wehten. Es waren Worte aus der Carmina Burana... Kopfschüttelnd ritt der Reiter an und jagte in die Stadt und in Richtung des Palastes.
 


 

“... semper crescis

aut decrescis;

vita detestabilis...”
 

Der weiße Drache blinzelte leicht, als er das Geräusch an der Tür seines Käfigs hörte. Da versuchte jemand die Tür aufzubrechen... Langsam hob der Drache seinen Kopf und starrte gespannt zur Tür, als diese sich ganz leise öffnete. Sofort versuchte der Drache sich mit den Gedanken der Person zu vernetzen, doch er kam nicht durch. Verwirrt runzelte er die Stirn. Dieser Mensch beherrschte die Magie, die nur den Drachen eigen ist? Sollte das etwa...? „Narbengesicht?“ fragte die Gestalt vorsichtig und leise. „Was machst du hier, kleiner Dieb?“ fragte der Weiße sanft und ein warmes Lächeln blitzte in seinen Augen auf. Yugi atmete erleichtert aus und warf sich den Drachen an den Hals. Der Drache neigte sein Haupt so, dass er den Körper des Menschen leicht zwischen seinen mächtigen Schädel und den Hals einklemmte. Er erwiderte die warme und freundliche Umarmung. So verharrten die Beiden eine ganze Weile, ein jeder auf den Herzschlag und dem Atem des Anderen lauschend. „Was ist mit dir passiert? Du bist voller Narben und du bist grau. Nicht mehr weiß!“ murmelte Yugi tränenerstickt. Der Weiße seufzte. „Ich zog in den Krieg für den Pharao... Er steht immer an der Spitze seines Heeres, also steh ich an vorderster Front.“ Yugis Augen verengten sich leicht. Er löste sich etwas vom Drachen und musterte scharf den Körper des Wesens. „ Du trägst keine Ketten oder sonst was... Warum ziehst du für den Pharao in den Krieg?“ Der Drache lächelte wehmütig. „Ich habe ihn Treue geschworen...“ Yugi runzelte seine Stirn. „Du hast was?!“ Tief blickten violette Augen in Eisblaue. „Die Mär...“ hauchte Yugi entsetzt. Der Drache neigte sein Haupt. „Er wusste es... Ich bin verpflichtet ihn zu gehorchen. Ich war verpflichtet ihm Treue zu schwören. Er hatte es sich eingefordert...“ Warme Tränen rannen unentwegt über das Gesicht des Drachen. „Es ist so schrecklich. So viele Menschen verlieren ihr Leben, nur weil der Pharao mit Macht all seine Feinde vernichten will! Ihm ist es gar nicht bewusst, wie sehr sein Volk darunter leidet!“ - „Ja, aber ich denke, er hat es geschafft und wieder Wohlstand über Ägypten gebracht...“ Der Drache lachte bitter auf. „Yugi... reise durch das Land! Reise an die Grenzen, in die entlegenen Winkel des Landes, fern ab den Städten... DANN siehst du, wie es Ägypten wirklich geht! Der Pharao hat in seinem Spiel der Intrigen, um Macht, Ruhm und Reichtum das Wesentliche aus den Augen verloren!“ Sowohl der Drache als auch Yugi schwieg bedrückt. Nie hätte der kleine Dieb damit gerechnet, dass die ganzen Gerüchte wahr waren und nun bestätigte Narbengesicht, dass es sogar schlimmer war. Yugi legte tröstend seine Hand auf Narbengesichts Stirn. Der Drache weinte erneut. Yugi öffnete seine Gedanken, sein Herz für den Drachen. Und mit jeder Träne die Narbengesicht weinte, wurde der Drache wieder weißer. Lange verharrten sie so im Mondschein. „Mach dich auf den Weg, kleiner Dieb. – Du wolltest noch zu Seth.“ – „Du kommst nicht mit?“ fragte Yugi. Der Drache schüttelte leicht den Kopf. „Ich hab dem Pharao Treue geschworen und bin an mein Wort gebunden. Verzeih...“ Yugi nickte leicht. „Verstehe...“ murmelte er und machte auf den Absatz kehrt. Er verschloss wieder seine Gedanken und sein Herz. Yugi wusste, bevor er den Plast wieder verlassen würde, wollte er einen Blick auf den Pharao werfen! Die Käfigtür schloss sich hinter dem kleinen Dieb und der Drache blickte noch lange warm auf die geschlossene Tür. „Danke...“ murmelte der Drache demütig, da Yugi ihn all seinen seelischen Schmerz genommen hatte.
 


 

„... nunc obdurat

et tunc curat

ludo mentis aciem,

egestatem,

potestatem

dissolvit ut glaciem.“
 

Seth atmete schwer. Man hatte ihn schwer misshandelt, nach dem Atemu ihn hat in den Kerker werfen lassen. Er blutete aus vielen Wunden und sein Körper schmerzte. Ja, er war sogar zum Teil wie gelähmt! Tränen der Verbitterung und der Verzweiflung rannen über sein gezeichnetes Gesicht. Immer wieder schüttelte Seth den Kopf. Er hatte mit allen gerechnet, aber nicht, dass dem Pharao das Schicksal seines Volkes egal war! Wie konnte er nur!

Plötzlich hörte er ein leichtes Scharren an der Kerkertür. Gaben diese Hunde immer noch keine Ruhe? Er war doch schon am Ende; mehr tot als lebendig! Da öffnete sich ganz leise die Tür. Seth starrte gespannt auf die Person, die eintreten würde und weitete vor Entsetzen seine Augen, als er die Person erkannte. Geschockt schnappte er nach Luft und jede Farbe wich aus seinem Gesicht. „Was machst du hier, kleiner Dieb?“ hauchte Seth mehr vor Entsetzen. Ein leises Lächeln war die Antwort, als Yugi sich sacht dem Anführer der Wüstenwinde näherte. „Kein reines Gewissen, dass du mich so entsetzt anstarrst?“ spöttelte der Kleine. „Wenn sie dich entdecken... Ich würde es mir nie verzeihen!“ Yugi grinste provokant. „Sie werden mich nicht entdecken.“ Nun kniete sich der Kleine vor Seth nieder und begutachtete diesen. „Was haben sie mit dir gemacht?“ fragte der Kleine nun selber fassungslos. Ein spöttisches Lächeln huschte über Seths Lippen. „Ich formuliere es mal so: Es gab einige von Atemus Schergen, die es ausgenutzt haben, dass ich in deren Hände gefallen bin. Wahrscheinlich habe ich jetzt Ruhe vor denen. Ich soll morgen hingerichtet werden... und da brauchen sie mich ja lebend.“ Yugi stutzte. „Du sollst was?! – Ich denke er hat dich nur in den Kerker werfen lassen?“ Seth blickte Yugi tief in die Augen. „Warum bist du hier?“ – „Ich trainierte gerade mit dem Roten, als ein kleiner Bote von Atemus Magier bei uns eintraf und ausrichtete, dass du in den Kerker geworfen wurdest. Daraufhin habe ich mich sofort auf den Weg gemacht, um dich hier rauszuholen und mir selber ein Bild zu machen, was an den ganzen Gerüchten dran ist. – Warum hat er dich in den Kerker werfen lassen?“ – „Wie du weißt, herrscht Krieg. Atemu hat einigen Ländern den Krieg erklärt und nun gibt es viele Kämpfe an den Grenzen des Landes. Nachdem du nun in der Obhut der Drachen warst, haben wir uns auf den Weg gemacht, Atemu in seinem unsinnigen Krieg zu unterstützen. Wir ritten an die Front, um das Volk vor den Ausschreitungen der Feinde zu schützen. Von meinen Leuten sind alle getötet wurden. Ich bin der einzige, der von den Wüstenwinden überlebt hat! Also ritt ich in den Palast, um Atemu um Hilfe zu bitten. Er solle mir Männer mitgeben, um sein Volk zu schützen. Sein Blick ist getrübt und sein Verstand vernebelt. Er hörte auf seine Berater und ließ mich in den Kerker werfen. Ich soll morgen hingerichtet werden. Da ich der letzte von den Wüstenwinden bin. Und wieder ein Feind weniger...“ murmelte Seth spöttisch. Yugi schwieg bestürzt. Er brauchte eine Weile, bis er seine Fassung wieder erlangt hatte. „Seth... keine Sorge. Ich hol dich hier raus. Ich werde einen Bannkreis beschwören, und dann können wir gemeinsam in dem Kreis den Palast verlassen. Mein Roter wird dich heilen und dann finden wir einen Weg...“ Yugi hielt inne, als Seth nur energisch mit dem Kopf schüttelte. „Yugi, ich werde nirgendwohin gehen, außer morgen zu meiner Hinrichtung.“ – „Was?!“ – „Yugi... Meine Leute sind gestorben, weil sie an das Gute im Pharao geglaubt haben. Sie sind gestorben, weil sie für die Ideale Atemus gekämpft haben. Und er tritt dies alles mit Füßen. Ich gebe hiermit auf. Ich kann nicht mehr. In dem Moment, wie er mir – seinem Volk – die Hilfe verweigerte, ist in mir etwas zerbrochen. Ich will nicht mehr. Und wenn mein Tod dazu dient, ihn wachzurütteln, dann werde ich liebend gerne mein Leben opfern – Opfern für die Interessen des Pharao!“ Yugi starrte Seth an. Nein! Das konnte er doch nicht ernst meinen, oder? Warum stand er noch immer hinter den Pharao? Er hatte doch niemanden Treue geschworen, also warum?! „Yugi... geh! – Du sollst frei sein und mit Hilfe der Drachen den Pharao zur Räson bringen. Bitte geh, mein kleiner Dieb. Bitte vergiss mich – die Wüstenwinde – nicht, wenn du mal durch die Wüste reitest. Es tut mir so unendlich Leid, dass wir uns nicht in Friedenszeiten getroffen haben! Bitte geh, Yugi!“ Seth schloss seine Augen und weinte. Yugi starrte ihn an. Er meinte es ernst! Er würde wirklich nicht mitkommen. Yugi war voller Ehrerbietung gegenüber Seth. Bis zum Schluss dem Pharao treu ergeben! Yugi griff sanft nach Seths Händen, führte die Handoberflächen an seine Lippen, dann an seine Stirn. „Ich bin dein Diener...“ hauchte Yugi und erwies Seth somit den höchsten Respekt, den man in Yugis Heimat erweisen konnte. Langsam ließ Yugi die Hände wieder los und erhob sich. Er biss sich auf die Lippen und verließ den Kerker. Als Seth hörte, wie die Tür geschlossen wurde, öffnete er seine Augen. „Bitte verzeih mir, Yugi! Ich habe die Qual und den Schmerz in seinen Augen gesehen... Ich kann nicht anders...“ raunte er leise in die Dunkelheit.
 


 

„Sors immanis

et inanis,

rota tu volubilis,

status malus,

vana salus

semper dissolubilis,”
 

Der Pharao saß auf seinem prunkvollem Thron, gekleidet in den edelsten Stoffen, geschmückt mit dem edelsten Schmuck. Er trug die goldenen Abzeichen des Pharao. Atemu hatte sich tief in seinen Thron zurück gelehnt und seine Augen waren halb geschlossen. Er versuchte die Wirren des Krieges, die heftige Auseinandersetzung mit Mahad und das enttäuschte Kuriboh zu vergessen. Seine Seele vibrierte, sein Herz drohte zu zerbersten. Er fühlte sich so ohnmächtig!

Atemu hatte ein ganzes Orchester aus dem Abendland zu seiner Unterhaltung angestellt. Er entlohnte jeden Musiker fürstlich. Nun spielte das Orchester die Carmina Burana... oder zu mindestens Teile von ihr. Und während er den Worten lauschte, ließ er sich die letzten Ereignisse noch einmal durch den Kopf gehen.

Als Seth plötzlich vor ihm aufgetaucht war und sich vor ihm auf die Knie geworfen hatte, wusste Atemu, dass der ganze Konflikt eine neue Dimension erreicht hatte. Der Pharao wusste nicht mehr, wann das alles so eine Eigendynamik angenommen hatte. Alles lief aus dem Ruder. Nur Schritt um Schritt schaffte er es, Wohlstand und Sicherheit in das Land zurückzubringen. Und er wusste, dass er dies nur dank Narbengesicht schaffte. Es waren kleine, kaum erkennbare Schritte, aber Atemu musste so vorsichtig vorgehen, weil er seine Feinde in seinem Beraterkreis in Sicherheit wiegen wollte. Wusste er doch, dass seine Berater den Krieg mit den Nachbarländern heraufbeschworen hatten! Er wusste auch, wie es in den Rand- und Landregionen seines Landes aussah! Wie oft war er mit Hilfe seines Magiers inkognito unterwegs gewesen und hatte versucht wenigsten etwas Leid zu lindern. Atemu war Seth sehr dankbar gewesen, dass er versuchte sein Volk zu schützen. Und nun lag Seth vor ihm auf den Knien und bat um Hilfe! Warum er? Warum jetzt? Selten hatte eine Entscheidung so geschmerzt, als Atemu einen seiner engsten Vertrauten verraten musste und abführen ließ. Um seinen Beratern zu gefallen, ließ er auch Seths Hinrichtung verkünden. Seth war geschockt gewesen, als Atemu ihn abführen ließ. Und bevor Seth den Thronsaal endgültig verlassen hatte, blickte er noch einmal zu Atemu. Der Pharao bat innerlich Seth um Verzeihung, es tat ihm so unendlich Leid, dass er schon wieder ein menschliches Opfer bringen musste. Doch Seth hatte wohl verstanden. Er neigte leicht sein Haupt zum Verständnis und ließ sich dann abführen.

Kaum war Atemu in seinen privaten Gemächern angekommen, da stand Mahad vor ihm. Er machte den Pharao Vorwürfe, dass er Seth und sein Volk verraten würde! Mahad hatte genug gesehen. Atemu wäre nicht mal ansatzweise wie sein Vater. Er wäre sogar noch schlimmer als Ramses! Nur auf sein Vorteil bedacht, alles andere wäre ihm egal. Er benutzte Menschen, Freunde wie Schachfiguren. Atemu hätte das Wesentliche aus den Augen verloren! Er wäre ein Verräter! Mahad hätte wohl weiter seinen Zorn an den Pharao abgelassen, doch der Zauberer der dunklen Magie wurde zornig, als er die unsichtbaren Tränen Atemus sah und verbannte den Priester kurzer Hand aus dem Palast, irgendwo in die Wüste mit den Worten „Werde wieder klar im Verstand!“. Als dann Stille in dem Gemach einzog, drehte sich Atemu zu Kuriboh, der alles beobachtet und Tränen in den Augen hatte. „Es tut mir so unendlich Leid, Kuriboh...“ hauchte er und brach weinend zusammen. Warum ausgerechnet Seth? Warum er? Warum jetzt? Hätte er nicht noch ein paar Wochen aushalten können?!
 


 

“...obumbrata

et velata

mihi quoque niteris;”
 

Atemu lauschte den Worten. Tränen rannen über sein Gesicht. Tränen der Verzweiflung, der Scham, der Machtlosigkeit. Wie viele Opfer musste er noch bringen? Plötzlich veränderte sich die Atmosphäre im Saal. Er spürte eine Präsenz... Es kam ihm so vertraut vor. Freude, Wärme durchfloss seinen Körper. Langsam öffnete der Pharao seine Augen. Ihm gegenüber stand im Eingang des Thronsaales eine Gestalt. Sie war komplett in schwarz gehüllt. Sein Gesicht war vermummt. Nur die Augen waren zu erkennen. Diese Augen...
 

„...nunc per ludum...”
 

Violette Augen starrten Atemu an. Unergründlich und doch voller Emotionen. Verwirrung, Wut, Enttäuschung, Verzweiflung, Hass und doch irgendwo ein warmes, sanftes, freudiges Aufblitzen. Die gesamte Gestalt strahlte Vertrautheit, Wärme und Ruhe aus. Und dennoch brodelte es Unterschwellich. Atemu wurde leichenblass.
 

„..dorsum nudum...”
 

„Yugi? – Bist du es?“ stammelte der Pharao fassungslos. Der Kleine wollte sich eigentlich ohne ein Wort wieder abwenden. Doch hatte er die Tränen gesehen. Tränen, die kein Mensch vergießen würde, wenn er so wäre, wie alle es behaupten. „Du kennst mich noch?“ raunte er leise und emotionslos. „Warum soll ich dich nicht mehr kennen, mein kleiner Dieb?“ Yugi seufzte. Etwas in ihm, in seinem Herzen begann sich zu regen. Er musste hier weg. Ganz schnell Frischluft schnappen. „Warum? – Warum tust du das, Faisal?“ fragte er nur leise und wandte sich ab. Wie ein Schatten war er auch wieder verschwunden. Nichts erinnerte mehr an seine Anwesenheit.
 

„...fero tui sceleris.”
 

Seth wurde wach, als er den Lärm vor der Tür hörte. Laute Stimmen, harsche Befehle. Da öffnete sich die Tür und der Pharao trat ein, begleitet von seinem Magier, der sofort einen Bannkreis zog, damit niemand sie belauschen konnte. „Atemu...“ haucht Seth verblüfft. Er wollte voller Ehrerbietung aufstehen, doch brach er vor Schmerzen wieder zusammen. „Was haben sie mit dir gemacht?!“ fragte Atemu entsetzt auf, als er sich auch sofort neben Seth hinkniete. Seth lächelte schwach. „Ich habe ihnen viel Ärger bereitet und nun haben sie es sich nicht nehmen lassen, meine jetzige Situation auszunutzen.“ Voller Wut schlug Atemu seine Faust auf den Boden. „Warum, Seth? Warum jetzt?! – Ich will dich nicht sterben lassen! Ich will dich an meiner Seite haben! Ich...“ – „Pharao!“ unterbrach Seth Atemu scharf. Er sah die Tränen, die Verzweiflung. „Wenn mein Tod dazu dient, dir zu helfen, dann gebe ich gerne mein Leben.“ Atemu schwieg und blickte zu Boden. „Ich bin es müde, immer zu Opfer zu bringen, um mein Volk zu schützen, um endlich wieder Frieden übers Land zu bringen. Egal was ich tue, ständig habe ich das Gefühl, zurück zu gehen und nicht nach vorne. Ich kann mich niemanden anvertrauen. – Seth... erkläre mir bitte, warum du immer noch zu mir hältst!“ Seth war fast schon schockiert über den Zusammenbruch Atemus. In dem Moment wusste er, dass alle falsch lagen, was den Pharao betraf. „Atemu...“ sprach er ganz leise und voller Ehrerbietung. „Als man mich aus dem Thronsaal abführte, war ich voller Wut und Hass auf dich. Du hattest immer gesagt, dass du dein Volk schützen willst, immer dein Volk an erste Stelle gesetzt und nun verweigertest du mir Hilfe, um dein Volk zu schützen! Ich blickte mich noch einmal zu dir um, um dir meine Verachtung ins Gesicht zu speien und da sah ich deine Augen. Sie waren voller Schmerz und Verzweiflung. Da wusste ich, dass es dir viel mehr weh tat, als es sich je ein Wesen vorstellen könnte. Dass du ganz genau weißt, wie es in deinem Land aussieht und dass dir jedes Opfer, jeder Tote dir das Herz zerreißt.“ Atemu lauschte den Worten. Dieser Mann kämpfte an der Seite seines Vaters. Und nun musste Atemu ihn opfern. Das konnte doch nicht sein! Warum?! Gab es keinen Ausweg? „Danke... Bitte verzeih!“ weinte der Pharao. Seth hob langsam seine rechte Hand und legte sie auf Atemus Wange. Automatisch schmiegte dieser sich in dieser Berührung. „Du bist viel zu jung für diese Bürde, mein kleiner Prinz. Halte dich an Narbengesicht. Er wird dir beistehen! Vertraue auf deinen Magier. Auch er ist jung, doch ist er für sein Alter sehr weise und gerecht. – Ich bitte dich, such das Grab des Pharaos aus der Mär auf. Dort wirst du Hilfe für deinen so unendlich schweren Kampf finden!“ Atemu blickte verwirrt in Seths Augen. „Wo ist das Grab?“ – „Frag Narbengesicht! – Nun geh!“ stieß Seth den Pharao von sich. Atemu taumelte leicht zurück. „Bitte verzeih...“ raunte dieser noch, dann verließ er die Zelle. Kaum war der Pharao verschwunden, kamen die Kerkermeister und trieben Seth auf die Beine. Und Seth stand stolz und hoch erhobenen Hauptes dar, sein Blick in die Ferne gerichtet. „Bitte verzeih mir... dass ich nun nicht mehr an deiner Seite stehen kann, mein Pharao!“ murmelte er leise vor sich hin.
 

“Sors salutis

et virtutis

michi nunc contraria,”
 

Yugi stand in der ersten Reihe der Menschenmassen, die auf den Hof des Palastes sich zusammengefunden hatte. Hier sollte gleich Seth hingerichtet werden. Yugi schluckte schwer und er hatte Mühe seine Wut und seinen Hass zu beherrschen. Seth wollte für den Pharao in den Tod gehen. Yugi musste dies respektieren, obwohl er nicht verstand, warum Seth das wollte. Nun wollte Yugi zu mindestens im Augenblick des Todes bei Seth sein und ihn ein letztes Mal Kraft schenken. Alle warteten sie nun darauf, dass der Todgeweihte vorgeführt wird.

Da trat eine, wie ein Araber gekleidete Person mit azurblauen Augen an Yugi ran und blieb neben ihm stehen. Yugi spürte die Präsenz der Person. Sie strahlte eine uralte Macht aus und ließ Yugi einen Blick auf den Araber werfen. „Als Gott alle Lebewesen erschaffen hatte, fiel ihm auf, dass ein Wesen, was seine Tugenden, seine Kraft, was ihm gleich war, fehlte. Es sollte ein Wesen sein, was das edelste und reinste von allen sein sollte und so nahm Gott eine Handvoll Südwind und erschuf das Pferd. Als er das Pferd erschaffen hatte, sprach er zu dem edlen Geschöpf: „Dich habe ich gemacht ohne Gleichen. Alle Schätze dieser Erde liegen zwischen deinen Augen. Ich habe dir die Kraft gegeben, zu fliegen ohne Flügel und zu siegen ohne Schwert. Du sollst meine Freunde in den Himmel tragen und meine Feinde in die Erde stampfen!“ Dann wandte sich Gott an Adam und sprach: „Von allen Schöpfen, die ich erschaffen, wähle dir eines aus.“ Und Adam wählte das Pferd. Doch das Pferd liebte seine Freiheit und wollte sich einfach nicht dem Willen des Menschen beugen. Da sprach Gott zu dem Pferd: „Gehorche den Menschen, und wenn du stirbst, wirst du wieder als Südwind frei sein.“ Und Gott hielt sein Wort. Das Pferd beugte sich dem Willen des Menschen und sobald es gestorben ist, durfte es wieder als Südwind frei und ungebunden über die Wüste jagen.“ Yugi hatte sich wieder abwenden wollen, als der Araber plötzlich mit dieser Sage begann. Lange musterte der Kleine die Person neben sich und wusste nicht, was er darauf sagen sollte. „Jedes Mal, wenn ich Seth sehe, muss ich an diese Sage denken. Seth ist so ungebunden und Freiheitsliebend wie die Seele des Pferdes. Es fasziniert mich, wie er dennoch dem Pharao so treu ergeben ist, da er sich niemanden beugt!“ erklärte der Araber. Yugi runzelte die Stirn und blickte wieder nach vorn. Seth... „Warum bist du so voller Hass?“ fragte der Araber den Kleinen. Yugi blickte wieder zu seinem Nachbar. Dieser starrte nach vorn. Ganz langsam wandte er seinen Blick zu Yugi. „Einer, der mit Drachen spricht, ja sogar mit ihnen ein so inniges Verhältnis hat, sollte sich nicht zu solchen Gefühlen wie Hass oder Wut hinreißen lassen! Drachen sind reine Wesen...“ Yugis Augen verengten sich misstrauisch, doch hielt er den Blick seines Gegenüber stand; erwiderte sogar mit offenen Blick diesen. „Woher willst du wissen, ob ich mit Drachen reden kann?“ Der Araber lächelte sanft. „Ich habe dich gestern beim weißen Drachen gesehen. Du hast ihn seinen gesamten Seelenschmerz genommen und er erstrahlte anschließend wieder weiß.“ Yugi erschrak. Woher wusste er davon? Es war doch keiner anwesend gewesen. Er hätte es doch gespürt... „Keine Sorge, der Drache ist nicht in Gefahr.“ – „Wer bist du?“ fragte da Yugi scharf. Der Araber grinste süffisant. „Komme zum Grab des Pharao aus der Mär, dann wirst du erfahren, wer ich bin.“ Yugi wollte gerade antworten, als es plötzlich laut wurde und er schaute auf den Vorplatz. Man brachte Seth.
 

„...est affectus

et defectus

semper in angaria.”
 

Tiefes Schweigen breitete sich über den Vorplatz aus. Alle starrten Seth an, der hocherhobenen Hauptes sich der Mitte des Platzes näherte. Sein Blick war offen und klar, fast schon provozierend. Yugi starrte Seth verblüfft an. Es schien, als habe dieser über Nacht neue Kraft gewonnen. Seth hätte eigentlich gar nicht mehr stehen, geschweige denn laufen können, bei den schweren Verletzungen! Einer von Atemus Beratern sprach. Doch Yugi hörte nicht hin. Sein Blick verharrte unverwandt auf Seth. Dieser ließ fast schon herablassend sein Blick durch die Menge gleiten und stutzte minimal, als er Yugi erblickte. Ein warmes, dankbares Lächeln umspielte seine Lippen und die Augen wurden sanft und strahlten vor Freude. „Du bist nicht allein...“ murmelte Yugi und versuchte diese Worte Seth in Gedanken zu schicken. Er neigte sein Haupt leicht. Also hatte er Yugis Worte vernommen.

„Seth ist der Anführer der Wüstenwinde. Diese Wüstenwinde haben ihren Namen und ihre Schnelligkeit ihren Pferden zu verdanken. Deshalb soll der Anführer der Wüstenwinde auch durch Pferde hingerichtet werden! – Bringt vier Pferde!“ Yugi hatte die letzten Worte vernommen. „Was?“ fragte er verwirrt. „Er wird gevierteilt...“ antwortete der Araber. „WAS?!“ Yugi starrte den Araber entsetzt an.
 

„Hac in hora“
 

Atemu hatte alles von seinem Balkon aus beobachtet. Er war fast schon angewidert, über diese öffentliche zur Schaustellung. Er musterte Seth genau, als dieser vorgeführt wurde. Er lief stolz. Atemu biss sich auf die Lippen. Er wollte seinen Tod nicht! Und er schloss für einen Moment seine Augen. Als Atemu seine Augen wieder öffnete sah er Seths Blick, der plötzlich strahlte. Stirnrunzelnd folge der Pharao dem Blick – und entdeckte seinen kleinen Dieb! Verflucht! Was machte Yugi hier? Hoffentlich ließ er sich nicht zu einer vorschnellen Aktion hinreißen! Plötzlich drangen die Worte seines Beraters an sein Ohr und in seinen Verstand. Seth sollte gevierteilt werden?! Atemu wurde leichenblass und atmete schwer. Nein! Bitte nicht...
 

„sine mora“
 

Seth erblasste. Er wusste, es würde ein sehr qualvoller Tod werden, wenn die Pferde nicht sofort richtig anziehen würden. Er schloss seine Augen und rang um Fassung. Als er die Augen wieder öffnete fiel sein Blick auf die Balkonbrüstung, wo so eben der Pharao in die Knie gegangen war. Nein, Seth durfte sich jetzt keine Blöße geben! Er musste stark bleiben - für Yugi, für Atemu und Atemus Feinden zum Trotz! Man zündete ein Feuer an, in dem vier Eisenstäbe gelegt wurden. Dann brachte man Seile. Seth blickte zum Himmel. Tränen liefen über sein Gesicht. Er konnte es nicht verhindern. Und da kamen die vier Pferde. Erfahrene Pferde, die den Flug und die schweren Lasten zogen. Es waren kräftige Pferde, deren Muskeln in der Sonne nur so spielten.
 

„corde pulsum tangite;“
 

Die Pferde wurden aufgeschirrt. Bekamen schwere Gebisse in ihre Mäuler. Seth wurde auf den Boden gedrückt und lag dann auf den Rücken. Sein Blick zur Sonne gerichtet. Die Arme und Beine weit auseinander gespreizt. Nun trat man an ihm ran und knotete schwere Riemen an seine Hand- und Fußgelenke. Diese Lederriemen wurden mit den Strängen der vier Pferde verbunden. Die Pferde wurden rückwärts an Seth rangeführt, wo ihnen die Stränge in das Geschirr eingespannt wurden. Vier Mann standen nun an den Köpfen der Pferde. Vier weitere holten die glühenden Eisenstäbe aus dem Feuer und stellten sich hinter die Pferde. Alles wartete nun auf das Kommando.
 

„quod per sortem“
 

Die Welt hielt den Atem an. Tiefe Stille lag auf den Platz. Das Leder knirschte leicht. Die Pferde bissen in ihre Gebisse. Mal schnaubte ein Pferd, ein anderes schlug ungeduldig mit dem Kopf. Dort schlug der Schweif, um ein paar Fliegen zu verjagen. Hier scharrte eins mit den Hufen. Und alle vier Pferde hatten eines gemeinsam: das Fell, was in der Sonne glänzte, die beruhigende, tröstende Ausstrahlung und die offenen, warmen, sanften Augen, welche die Sterne gesehen haben. Diese Augen schlossen sich sanft, während derer tiefer Atem weithin zu hören war.

Plötzlich legte der Araber eine Hand auf Yugis Schulter und drückte fest zu!

„Fahr zur Hölle!“ brüllte da der Berater des Pharaos und gab den Befehl.
 

„sternit fortem,“
 

Amethystfarbene und violette Augen weiteten sich entsetzt. NEIN!

Vier glühende Eisenstangen berührten Zeitgleich die Hinterbeine der Pferde. Alle vier Pferde wieherten schrill auf und bäumten sich. Eins der Pferde schlug nach hinten aus und traf mit seinem Huf Seths Kopf. Dieser war sofort bewusstlos. Da zogen die Pferde brutal an. Sie jagten in blinder Panik davon. Die Seile spannten sich mit einem Ruck, Seths Körper wurde Bruchteile einer Sekunde in die Luft gerissen, als der brutale Ruck kam. Es schien, als ob die Pferde verharren würden, doch dann gab der Körper des Menschen nach und wurde in vier Teile zerfetzt.

Dies spiegelte sich in violette und amethystfarbene Augen wider. Die Augen waren leer und emotionslos. Tränen der Trauer und der Fassungslosigkeit suchten sich aus ihnen den Weg.
 

„mecum omnes plangite!“
 

Im Dunkeln liegt der Weg derer...

Im Dunkeln liegt der Weg derer...
 

Die Tore knallten scheppernd gegen die Wände. Atemu nahm auf nichts und niemanden mehr Rücksicht. Seit heute Morgen liefen ihm die Tränen still über sein Gesicht. Er konnte und wollte sie nicht mehr verstecken! Nach der Hinrichtung Seths hatte er sich in sein Gemach zurückgezogen. Der Mond war aufgegangen und Atemu hatte einen Entschluss gefasst. Er würde den Tod Seths rächen und sich Hilfe holen! Er würde das Grab des Pharaos aufsuchen! Wutentbrannt verließ er also sein Gemach und jedes Tor oder jede Tür, die er passierte, schlug schmetternd gegen die Wände. Jeder Knall, jedes Scheppern dröhnte nur so durch den Palast. Die Bediensteten suchten ihr Heil in der Flucht. Noch nie hatten sie den Pharao so in Rage erlebt!

„Subaru!“ brüllte Atemu, als er die Tür zur Soldatenunterkunft aufriss. Auch diese schmetterte brutal gegen die Wand. Alle Soldaten sprangen entsetzt auf. Nur Subaru blieb sitzen und hob seinen Blick süffisant. „Hat man es geschafft, dich aus der Reserve zu locken?“ spöttelte er leise. Mit drei Sätzen war Atemu an dem großen Tisch, an dem bis gerade eben alle Soldaten gesessen hatten und ihr Abendbrot verzehrten. Seine rechte Faust schlug brutal auf die Tischfläche, so dass das ganze Geschirr klirrte und der Tisch sichtlich einknickte. „Hüte deine Zunge!“ brüllte der Pharao unbeherrscht. Immer noch rannen Tränen über sein Gesicht. „Erhebe dich, wenn ich vor dir stehe!“ befahl Atemu herrisch. Subarus Augen verengten sich minimal, doch dann erhob der Offizier der königlichen Leibgarde sich und blickte Atemu fest in die Augen. Er stutzte. Der Pharao war innerlich total aufgewühlt und Tränen rannen unentwegt über dessen Gesicht. „Was ist passiert?“ fragte er leise. Atemu schloss seine Augen und atmete tief durch. Alles in ihm raste vor Wut. Er wollte weg! Er wollte zerstören! Er wollte sich verkriechen... einschlafen und nie mehr aufwachen! „Das spielt keine Rolle...“ unmerklich schüttelte Atemu seinen Kopf. „Verzeih, dass ich so grob war... bin...“ murmelte Atemu leise. „Lass meinen gesamten Beraterstab in den Kerker werfen. Jeder in eine Einzelzelle. Jedes menschliche Wesen hat den Palast zu verlassen, bis ich wieder da bin! Keiner, außer dir, Subaru, hat hier im Palast zu sein. Kümmere dich bitte um die Monster, die hier sind!“ Subaru wurde leichenblass. Nicht nur, dass Atemu sich so eben entschuldigt hatte, nein, auch wegen der Anweisung. Der Offizier hatte ein ungutes Gefühl, dass der Tod Seths eine neue Spirale der Gewalt entfacht hatte. Der Pharao war rasend! Subaru nickte nur knapp. „Danke...“ hauchte Atemu erleichtert und machte auch sofort wieder auf den Absatz kehrt.
 

„Narbengesicht!“ rief Atemu, als er die Käfigtür brutal aufriss. Der Drache zuckte zusammen und blickte verwirrt zu der Person vor ihm. Es war Atemu, keine Frage, aber dieser trug kein Abzeichen seiner Würde, war total in schwarz gehüllt, trug einen kleinen unscheinbaren Dolch in seinen Gürtel und war so aufgelöst. Tränen rannen im einen Fort über sein Gesicht. Seine Gedanken, seine Gefühlswelt war ein offenes Buch für den weißen Drachen. Noch nie hatte der Pharao seine Gedanken so offen dargelegt. Der Weiße war erschlagen von den Emotionen. Immer wieder hatte er das Bild eines Menschenkörpers vor Augen, der in vier Teile zerfetzt wurde. Doch war dieses Bild verschwommen. Atemus Verstand weigerte sich zu verarbeiten, was der Pharao gesehen hatte. Alles in Atemu war ein reines Chaos. Der Pharao trat an den Drachen. „Bring mich zu dem Grab des Pharaos aus der Mär!“ befahl Atemu und schwang sich auch schon auf den Rücken des Drachen. Dieser blinzelte verwirrt. Atemu wollte auf den Drachen reiten ohne Zaum, Rüstung oder sonst was?! „Narbengesicht! Los!“ befahl Atemu ruppig, als der Weiße zögerte. Da drehte der Drachen seinen Kopf nach hinten und blickte Atemu direkt an. „Die Kuppel öffnet sich nicht, wenn ich die Rüstung nicht trage...“ Atemu blickte Narbengesicht in die eisblauen Augen und vergaß für einen Moment alles um sich herum. Er überlegte gerade ernsthaft, ob der Drachen gerade Witze machte! Da blitzte ein schelmischer Funken in den eisblauen Augen auf. „Atemu... das frage ich mich gerade über dich.“ Lachte der Weiße in Atemus Gedanken. Dieser hob nur spöttisch eine Augenbraue. „Du willst mir jetzt nicht einreden, dass dich diese Kuppel auch nur ansatzweise aufhalten würde...“ erwiderte der Pharao sarkastisch in Gedanken zurück. Und wieder war der Drachen verblüfft. Atemu versperrte sich nicht mehr gegen ihn, ließ ihn in seine Gedanken eindringen und antwortete sogar. Ein verächtliches Schnauben war die Antwort auf Atemus Worte. Dann blickte der Weiße zur Kuppel. „Ich weiß nicht, wo das Grab ist. Wir müssen zuerst zu jemanden fliegen, der es weiß!“ – „Dann los!“ Und der Drache breitete seine Flügel aus. Freiheit! „Ich werde deinen Palast zerstören...“ murmelte der Drache nebensächlich. „Als ob dich das sonst abgehalten hätte!“ fauchte Atemu. Der Drache öffnete sein Maul und sammelte seine gesamte Energie für einen Lichtblitz, den er gegen die Kuppel feuerte. Die Kuppel zerbarst und der Drache spannte seine Muskeln an, schlug ein paar Mal mit den Flügeln und schoss auch schon in den weiten Nachthimmel. Vor Vergnügen brüllte er trompetend auf und nahm Kurs zu der Höhle, wo der rote Magier lebte.

Atemu wusste nicht, wie lange sie schon flogen. Der Nachthimmel war klar. Die Flügel des Drachen schlugen stetig. Die Muskeln waren geschmeidig und der Körper des Drachen war so warm. Atemu schmiegte unbewusst sein Gesicht an den Hals des Drachen. Er weinte bitterlich über die momentane Situation und dass er Seth hatte opfern müssen. Machte das hier alles überhaupt noch einen Sinn? Atemu war immer so hart gewesen und so gemein zu Seth, doch dieser hat immer an seiner Seite gestanden, obwohl er erst zum Schluss begriffen hatte, warum Atemu so gehandelt hatte. „Verzeih mir, Seth... Alles würde ich hergeben, damit das alles ungeschehen wird.“ Murmelte der Pharao abwesend. Der Drache drehte leicht seinen Kopf und sah zu den Menschen auf seinen Rücken, der sich an seinen Hals schmiegte und bitterlich weinte. Nach und nach hatte der Drache Ordnung in dem Gefühlschaos des Pharaos bekommen und wusste nun, was geschehen war, warum Atemu so war wie er war und was der Pharao wollte. Tränen glitzerten in den eisblauen Augen. „Ich hab dir Unrecht getan...“ murmelte der Drache und erhöhte das Tempo.

Kurz nach Mitternacht landete der Weiße auf dem Vorplatz der Höhle im Wald. Alles war still und leer. Der Drache verzog misstrauisch seine Augen und sog prüfend die Luft durch seine Nüstern. Atemu hingegen sprang vom Rücken und marschierte direkt auf den Höhleneingang zu. Dem Weißen blieb fassungslos über so viel Leichtsinn der Unterkiefer offen. „Atemu...“ raunte er scharf. Doch der Pharao winkte nur spöttisch ab, als er seinen Fuß hob, um die Höhle zu betreten. Er hielt inne in seiner Bewegung und starrte den Schatten vor sich an. „Was willst du, Pharao?“ erklang ein tiefes, warnendes Knurren in Atemus Gedanken. Der Schatten näherte sich dem Pharao bedrohlich. „Du bist der blinde Drachenfluch...“ raunte Atemu. „Und du bist der Mensch, der Yugis Herz in Scherben zerschmettert hat.“ Stellte der Drache spöttisch fest. Atemu zuckte schmerzhaft zusammen, als diese Worte ihn an Yugis verletzten Blick denken ließen. „Er ist dir nicht egal?“ fragte der Drachenfluch erstaunt und näherte sich wieder dem Pharao, der nun nach und nach einen Schritt nach dem anderen zurückwich. Als der Drache komplett aus der Höhle getreten war, standen sich der Pharao und der Drachenfluch gegenüber. „Er ist mir nicht egal...“ raunte Atemu leise. Der Drachenfluch neigte sein Haupt hinab, um auf Augenhöhe mit dem Pharao zu sein. Dieser hob vorsichtig seine Hand und legte sie zaghaft auf die Stirn des Drachens. Der Drache atmete tief ein und aus. Er nahm den Geruch des Menschen war, lauschte dessen Herzschlag. „Ich muss zum Grab des Pharao aus der Mär...“ murmelte Atemu. Der Drachenfluch grinste. „Folge mir!“ und damit löste sich der Drache und flog in den Himmel. Atemu verharrte einen Moment, doch dann schwang er sich auf den Rücken des Weißen. „Folge ihn...“ bat er leise. Der weiße Drache erhob sich ebenfalls und folgte im halsbrecherischen Tempo den Drachenfluch!
 

Kaum war Atemu wieder verschwunden, da traten Rotauge und der Weiße aus dem Gebüsch. „Hast du das auch gerade gesehen?“ fragte Rotauge verblüfft. Der Weiße blickte nachdenklich in den Himmel. „Man hätte meinen können, Yugi hat da gestanden...“ murmelte er. Plötzlich hörten sie hinter sich Hufe donnern und ein schweres Schnauben. Sekunden später hielt der Schecke mit schlagenden Flanken auf der Lichtung vor den Drachen. „Was ist passiert, Yugi?“ fragte Rotauge irritiert. Unentwegt liefen den Kleinen die Tränen.

Yugi blieb auf seinem Pferd sitzen und starrte eine lange Zeit vor sich hin, bis er abstieg und zu Rotauge blickte. „Tot... Er ist tot... Sie haben Seth hingerichtet!“ murmelte er fassungslos. „Er hat zu geschaut. Der Pharao... und er hat nichts gemacht!“ Yugi bebte am ganzen Körper. Immer wieder sah er den Moment vor Augen, als Seths Körper in vier Teile zerfetzt wurde. „Ich konnte nichts dagegen tun! Da war ein Araber, der mich an der Schulter gepackt hatte und ich konnte mich anschließend nicht mehr bewegen... Ich musste mit ansehen... wie...“ Yugis Stimme brach ab. Er wusste nicht mehr wo oben und unten war. Alles in ihm war ein reines Chaos! Er hatte die Tränen Atemus gesehen. Er wirkte so gequält und verzweifelt, aber warum hat er dann die Hinrichtung nicht aufgehalten? Warum hat Narbengesicht nichts gemacht?! „Narbengesicht hat dem Pharao Treue geschworen...“ brachte Yugi mühsam zwischen seinen Lippen hervor. „Seth wollte bis zum Schluss sein Leben für Atemu geben... Ich verstehe nicht, warum...“ Yugi sank schließlich in die Knie. Sein Schädel dröhnte.

Langsam näherte sich der Weiße dem kleinen Menschen. Er sah das Gefühlschaos, das Dilemma. Leider konnte er nicht helfen. Da musste Yugi alleine durch. Was ihm nur verblüffte, dass die Gefühlswelt des Kleinen identisch mit der Gefühlswelt des Pharaos war. „Yugi...“ raunte er leise beruhigend. Yugi blickte auf und in die eisblauen Augen. „Ich muss zum Grab des Pharao aus der Mär!“ Der Weiße stutzte. „Ich führe dich dahin!“ erklang es da aus der Höhle und der rote Magier trat hinaus. „Springt auf!“ meinte da der Rotauge, mehr als nur wissbegierig, wie die Begegnung zwischen Yugi und Atemu ausgehen würde. Yugi nickte und wie im Trance sprang er auf den Rücken des Drachen. Der Weiße konnte sich ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen. Das würde amüsant werden... Und mit kräftigen Flügelschlägen flogen die Drachen in den Himmel.
 

Die Sonne schien schon hoch am Himmel, als der Drachenfluch vor dem Eingang einer unterirdischen Tempelanlage landete. Als Narbengesicht neben den Drachenfluch landete, sprang Atemu sofort vom Rücken des Drachen. „Danke...“ murmelte er leise und streichelte mit sanfter Hand über den Hals des Drachenfluches. Dann betrat er den Tempel und verschwand im dunklen Gang. Der weiße Drache wollte augenblicklich folgen, als plötzlich der Zauberer der dunklen Magie vor ihm stand. „Bleib bitte draußen und warte hier. Dort drin könnte es ziemlich hässlich werden. Und ich weiß nicht, ob du das sehen möchtest...“ Damit wandte sich der Magier ab und folgte dem Pharao auf den Fuß. Narbengesicht runzelte leise die Stirn. Plötzlich spürte er die Gedankenwelt von Yugi. Er war auch auf den Weg hier her. Oh ja... das würde hässlich werden! Die Drachen zogen sich zurück und beobachteten aus der Ferne.

Atemu schritt immer voran durch die Gänge. Er wusste nicht, wohin er sollte, doch lief er einfach einem inneren Drang folgend. Der Magier folgte ihn auf dem Fuß. Der Pharao wusste nicht, wie lange er schon in den Gängen herumirrte, als er plötzlich vor einem Eingang stehen blieb. Im Eingang stand ein Araber mit azurblauen Augen. Dieser verneigte sich leicht und machte den Weg frei. Atemu neigte kurz sein Haupt und betrat den Raum. Abrupt blieb er stehen. Der Raum vor ihm war eigentlich mehr ein riesiger Saal mit einer sehr hohen kuppelförmigen Decke. Der Saal war rund. An den Wänden waren Bilder und Fresken, die von vergangenen Tagen und Taten erzählten. Erleuchtet wurde der Raum von hunderten von Fackeln. Der Boden war aus weißem Marmor. Ein riesiger Bannkreis mit Inschriften war auf dem Boden aufgezeichnet. Direkt gegenüber vom Eingang an der Wand hing eine große Tafel. Unter der Tafel war im Boden eine Steinplatte eingelassen. Ein einziges Motiv war auf der Steinplatte zu erkennen: Ein weißer Drachen hielt den sterbenden Pharao schützend in seinen Krallen. Tränen liefen über das Gesicht des Drachen. Auf der Tafel selber las Atemu folgende Inschrift:
 

„Pert Kertu ~

Der Leichnam wird zu Grabe getragen und der Körper zerfällt zu Sand, wird zu Staub...

Selbst das glänzendste Gold, selbst das schärfste Schwert

ist eingehüllt im Mantel der Zeit.

Wehe dem Pharao,

wenn für seinen Körper sogar sein Name fehlt...

Die Zeit ist ein Schlachtfeld der Seelen

Ich weine das Lied des Kampfes, das Lied eines Freundes.

Zu dem Ort weit entfernt, wo sich die Seelen treffen... Führe ihn.“
 

Atemu war tief ergriffen über die Worte. Langsam näherte er sich der Steintafel und dem Grab des Pharaos. In tiefster Demut sank Atemu in die Knie und verharrte so.
 

Mit kräftigen Flügelschlägen landete Rotauge neben den weißen Drachen vor dem Eingang der unterirdischen Tempelanlage. Yugi und der rote Magier sprangen von den Drachen. Kurz stutzte Yugi. Ihm war so, als ob er Narbengesicht gespürt hatte. Schnell, aber mit scharfem Auge, blickte sich der Kleine um. Entdeckte jedoch nichts Auffälliges. Also betrat er kurzer Hand den dunklen Gang. Er schwor sich, er würde den Araber in der Luft zerreißen – und wenn dieser Ra persönlich wäre!

Die Drachen wollten Yugi folgen, doch der rote Magier schüttelte nur den Kopf. „Die Auseinandersetzung wird sehr hässlich werden. Ihr solltet nicht dabei sein und die tiefen Abgründe einer menschlichen Seele zu sehen bekommen!“ Die Drachen blickten verblüfft in die Augen des Magiers. Diese Augen waren jetzt anders als sonst. Nicht mehr nur grün und unergründlich... nein, sie waren tief und unendlich. Sie sahen ganze Galaxien in den Augen, sahen die Unendlichkeit, Licht und Schatten, Liebe und Hass... Der weiße Drache war älter, viel älter als der Rotauge und seine Augen weiteten sich vor Verblüffung. Sollte der rote Magier etwa... Demütig verneigte er sich tief vor dem Magier. „Wenn du meinst, dass es besser ist, werden wir warten.“ Der Magier lächelte dankbar und betrat nun ebenfalls den dunklen Gang. Rotauge hatte das Verhalten des Weißen beobachtet und war verwirrt. „Wer ist er?“ fragte er dann leise. Der Weiße lächelte warm. „Jemand, der seit Anbeginn der Zeit auf der Erde weilt... gesegnet mit der Magie der Götter.“

Yugi irrte seit einer gefühlten Ewigkeit durch die dunklen Gänge, kam an verschiedenen Kammern vorbei und sah plötzlich einen hellen Punkt vor sich. Zielsicher strebte er dem Licht zu, gefolgt von dem roten Magier. Als Yugi sich dem Licht näher kam, erkannte er eine Gestalt am Eingang einer weiteren Kammer. Die Gestalt blickte direkt und abwartend zu Yugi. Dieser erkannte die hellen azurblauen Augen. Es war der Araber von der Hinrichtung! Wutentbrannt rannte Yugi auf den Araber zu, packte ihn am Kragen und warf ihn brutal gegen die Felsenwand. „Du...“ fauchte er. Der Araber zuckte mit keiner Wimper, verzog noch nicht mal den leisesten Muskeln vor Schmerzen, als sein Rücken gegen die Wand prallte. „Mein Name ist Shadee. Ich bin der Wächter zwischen dem Reich der Lebenden und dem Reich der Toten.“ Yugi starrte in die azurblauen Augen. Es interessierte ihm gerade rein wenig, wer der Araber war. Voller Hass hob er seine Faust und wollte Shadee mitten ins Gesicht schlagen, als ihm eine Bewegung in den Augenwinkeln inne halten ließ. Yugi blickte in den Raum, in dessen Eingang sie standen und erstarrte. Er sah Atemu vor einer Steintafel auf den Knien liegen. Atemu... Plötzlich war Shadee vergessen! Er ließ den Araber los und näherte sich langsam den Pharao. „Wie kommt es, dass ausgerechnet du im Staub liegst?“ bellte Yugi spöttisch. Zu seiner Verblüffung reagierte Atemu nicht.

Dieser hatte die Anwesenheit Yugis bereits gespürt gehabt, als der Kleine noch mit Shadee beschäftigt war. Der beißende Tonfall schmerzte dem Pharao, doch ließ er sich nichts anmerken. Er konnte und durfte sich jetzt nicht auf eine Auseinandersetzung mit Yugi einlassen! Er war noch zu sehr aufgewühlt von dem Tod Seths. Atemu atmete tief durch, beendete sein Gebet und erhob sich. Langsam drehte er sich seinem kleinen Dieb zu. „Ich habe für den hier begrabenen Pharao gebetet.“ Atemus Stimme war ruhig und neutral. Yugi fletschte verwirrt seine Zähne. Wer war die Person vor ihm? Seine Instinkte sagten ihn, dass es der Pharao war, aber das Verhalten der Person war so überhaupt nicht typisch Atemu. Leise setzte sich Atemu in Bewegung und wollte den Raum verlassen. Sein Blick fiel auf den roten Magier, der dicht hinter Yugi stand. Irgendwas gefiel Atemu nicht an dem Magier. Er runzelte die Stirn. Sicher das es ein Magier war und nicht ein Drache? Leicht schüttelte er seinen Kopf.

„Du wagst es tatsächlich... nach allem, was gewesen ist, mich einfach so stehen zu lassen?!“ fauchte Yugi. Sein ganzer Körper zitterte vor Wut. Er hatte seine Selbstbeherrschung verloren. Seine Vernunft hatte sich abgemeldet. Yugi war nur noch ein Körper aus Emotionen ohne Verstand. Blitzschnell machte Yugi eine Handbewegung und ein Bannkreis unter ihm leuchtete auf. Bei seinen letzten Worten hob Yugi seine rechte Hand gegen Atemu, vergrößerte blitzschnell den Kreis, so dass dessen unsichtbare Wand Atemu gegen die Wand warf. Yugis Augen verengten sich spöttisch, als er die Kraft der Fackeln in sich absorbierte und eine dunkle Feuerkugel formte und sie gegen den am Boden liegenden Pharao schoss. Der Zauberer der dunklen Magie stieß brutal sein Zepter auf den Marmorboden auf und ein silberner Spiegel baute sich vor Atemu auf und warf den Angriff zu Yugi zurück. Dieser fauchte leicht, als er seinen Bannkreis verstärkte und somit den Angriff absorbierte.

Der Pharao erhob sich langsam. „Du willst kämpfen?“ fragte er tonlos. Dabei sich mühsam beherrschend. Er tobte innerlich vor Wut. Langsam trat er in den großen Bannkreis auf den Marmorboden und blieb gegenüber von Yugi stehen. Eine herrische Handbewegung und sein Zauberer stellte sich vor ihm hin. Mit einem erneuten Zepterstoß gegen den Boden beschwor der Zauberer dunkle, tiefe Schatten. Aus allen Ecken krochen Schatten, Nebel, Ängste... bis der gesamte Raum komplett in eine phosphorzierende Dunkelheit gehüllt war. Nur der Bannkreis und seine Inschriften auf den Marmorboden leuchteten grell auf. Atemu konnte nicht mehr. Seine Selbstbeherrschung brach zusammen. Wut, Hass, Trauer, Schmerz, Verzweiflung drangen durch jede Faser seines Körpers.

Verblüfft hatte Yugi den Pharao beobachtet, als dieser sich ihm gegenüber hinstellte und sein Magier diese Dunkelheit gerufen hatte. Yugi zögerte kurz. Wer war diese Person vor ihm? Sie war anders. Der Pharao strahlte eine uralte Macht aus, die Yugi fast dem Atem verschlug. Und plötzlich raste eine magische Schockwelle durch den Raum und die Finsternis wurde noch tiefer. Yugi spürte nun gar nichts mehr vom Pharao, sondern nur noch Gefühle. Atemu hatte sich verabschiedet. „Feigling!“ fauchte er da und zog um sich erneut einen Bannkreis. „Pharao... Warum hast du Seth hinrichten lassen!“ wollte der Kleine wissen und gab sich wirklich Mühe nicht zu brüllen. „Bauernopfer...“ kam es leise zwischen den Lippen und Atemus Augen funkelten herausfordernd. In Yugi brannten sämtliche Sicherungen durch.

Der ganze Bannkreis um den Kleinen wurde tief schwarz. Eine dunkle mächtige Aura erfüllte nun den gesamten Raum und versuchte alles und jeden zu verschlingen.

Atemus Magier zischte abfällig, als er mit nur einer Handbewegung die Schatten vernichtete. Yugi war empört über diese Reaktion. „Stirb!“ brüllte er und er ließ beide Hände an seinem Körper runter hängen. Er schloss seine Augen und befahl seinen Roten hinter sich. Er sollte ihm seine Kraft leihen! Blitzschnell absorbierte Yugi die Energie der Erde, des Feuers, der Luft. Mit eiskalten und hasserfüllten Blick öffnete Yugi wieder seine Augen und richtete seine Hände gegen den Magier. Ein enormer Energiestrahl flog direkt auf den Zauberer der dunklen Magie zu. Der Zauberer stieß sein Zepter tief in den Marmorboden. Eine undurchdringliche Wand entstand wie ein Schild vor ihm. Blitzschnell sammelte er seine gesamte Energie und legte sie in den Schutzwall. Er wusste, dass Atemu Yugi nie ein Haar krümmen würde, also setzte er erst einmal nur auf Verteidigung.

Yugi starrte leicht verblüfft auf den Schutzwall des Zauberers. Zuerst lächelte er spöttisch, doch je mehr sich Yugi anstrengte, der Schutzwall gab nicht nach. Der Magier war zu mächtig. Dies brachte Yugi nur noch mehr in Rage und er bezog nun auch die Energie aus den Schatten und der Dunkelheit, um so eine Attacke noch stärker zu machen und zu intensivieren. Plötzlich spürte er nicht mehr die Präsenz seines roten Magiers in seinem Rücken. Nein, da war etwas anderes, wilderes, stärkeres, gefährlicheres! Die Aura war ihm vertraut. Er wusste, dass er dieser Aura blind vertrauen konnte, doch war sie auch anders. Sie spendete ihm mehr Kraft und Energie. Ein tiefes dröhnendes Brüllen erklang hinter ihm. Yugi runzelte minimal seine Stirn. Ein Drache? Doch er dachte nicht mehr weiter nach, weil eine enorme Energie durch seinen Körper raste. Diese Energie bemächtigte sich der Emotionen Yugis und so war dieser nun endgültig nicht mehr in der Lage auch nur ansatzweise klar zu denken.

Atemu stand hinter seinen Zauberer und zuckte mit keiner Wimper, als Yugis Angriff auf ihn zugerast kam. Ruhig und gelassen beobachtete er, wie sein Zauberer souverän einen Schutzwall hochzog. Er knickte minimal ein ob der enormen Kraft des Angriffs, doch hatte er sich sofort wieder gefangen und konzentrierte sich kontinuierlich darauf, den Schutzwall aufrecht zu erhalten und Atemus Geist wieder zu beruhigen. Atemu hörte in einem Fort Beschwörungsformeln in seinen Gedanken. Monoton und beruhigend. Mit leerem Blick starrte er zu Yugi, sich einfach nur noch von seinen Gefühlen leitend. Endlich zeigten die monoton gesprochenen Worte des Magiers Wirkung und ganz langsam beruhigte sich Atemus Innere. Er bekam wieder die Kontrolle über seine Gefühle, seinen Verstand und sein Denken setzte ein. Zweimal blinzelte er ungläubig als er Yugi betrachtete. Hinter ihm wandelte sich der rote Magier zu einem dreiköpfigen weißen Drachen. Fassungslos weiteten sich die Augen des Pharaos. Der weiße Drache brüllte dröhnend und wurde plötzlich dunkler. Sein Zauberer knickte ein unter der Stärke des Angriffes. Yugi bekam seine neue Energie von dem Wesen hinter sich. Aber wieso veränderte sich die Farbe des Drachen? Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen vor Augen. Narbengesicht war auch nach jeder Schlacht grauer geworden. Leid, Hass, Schmerz... Nein! Yugi musste mit seiner Raserei aufhören!

„Bitte...“ flüsterte der Pharao in den Gedanken seinen Zauberer zu. Dieser wusste, was Atemu begehrte, doch sollte er es wirklich tun? Doch alleine konnte er dem Angriff nicht standhalten und außerdem war da dieser Drachen im Rücken Yugis. Zum aller ersten Mal seit Urzeiten vertraute sich ein Magier einem Menschen komplett an. Ein glühend roter Kreis erschien unter dem Zauberer der dunklen Magie. In dem Kreis waren viele verschiedene Inschriften und ein Pentagramm durchzog den Kreis. Ein rotgoldener Lichtstrahl schoss in den Himmel und der Magier und der Pharao verschmolzen miteinander. Zwei Gedanken wurden zu einem. Zwei Herzschläge wurden zu einem. Zwei Körper zu einem. Eine Seele unterwarf sich der anderen vollkommen und die Seelen verschmolzen miteinander. Atemu schrie innerlich gepeinigt auf, als diese Energie und Macht glühend heiß durch seinen Körper raste. Sein Kopf drohte zu zerbersten vor Schmerzen, als das ganze Wissen des Magiers auf ihn einprallte. Mühsam zwang er seine Augen auf und starrte zu Yugi. Eine innere Ruhe durchfuhr seinen Körper. Er blendete alles aus. Er stand wieder auf und griff nach dem Zepter. Er riss diesen aus dem Boden und zerstörte somit den Schutzwall. Der Energiestrahl raste nun auf Atemu zu, doch dieser wich mit einer Leichtigkeit aus. Die Attacke explodierte krachend an der Wand hinter ihm. Yugi stutzte kurz. „Yugi, hör auf damit!“ dröhnte gebieterisch die Stimme des Pharaos durch den Raum. „Womit?!“ brüllte der Kleine und formte schon wieder einen Energiestrahl. „Der weiße Drache hinter dir wird immer dunkler! Komm wieder zur Vernunft und lass dich nicht von deinen Gefühlen beherrschen!“ – „Musst du gerade sagen, Pharao! Du bist doch derjenige, der seine Verbündeten und Freunde verrät! Du bist doch derjenige, der alle Monster versklavt und Drachen töten lässt! Von deinen Monstern, die du versklavt hast, gibt es kein einziges was dich verschonen würde, wenn du ihnen die Freiheit wiedergeben würdest! Kein Monster würde dir gehorchen! Du trittst dein Volk mit Füßen! Du hast Seth ermorden lassen!“ Yugi war außer sich vor Wut und brüllte nur noch in einem fort. „Yugi, es reicht!“ donnerte Atemu und mit einer Handbewegung schlug er den Energiestrahl aus Yugis Händen. Der dreiköpfige Drachen hinter Yugi wurde immer dunkler. Er begann schwarz zu werden. Entsetzen ergriff Atemu. Was sollte er noch tun. Es fiel ihm nichts anderes ein, als Yugi anzugreifen und ihn so schwer zu verletzen, dass er bewusstlos wird... und dabei hoffen, dass es Yugi nicht umbrachte. Atemu sammelte seine gesamte Energie und griff dabei auf das Wissen des Magiers zurück. Er musste sich beeilen, denn der Drache war fast schwarz. Wenn die eisblauen Augen auch schwarz waren... Atemu wagte es sich nicht auszumalen, was dann mit Yugi geschehen würde! „Bitte verzeih...“ murmelte Atemu, als er sein Zepter auf Yugi richtete und einen dunkelschwarzen rotgoldenen Energiestrahl abschoss.
 

Als Yugi und der rote Magier im Eingang verschwunden waren, kamen Narbengesicht und der Drachenfluch zu den anderen beiden Drachen. Sie unterhielten sich und erzählten einander, was die letzten Jahre alles passiert war. Plötzlich schien es, als ob der Drachenfluch lauschen würde. „Sie kämpfen. Atemus Zauberer hat die Schatten beschworen...“ raunte er leise. Narbengesicht blickte auf und lauschte gespannt. Er spürte und hörte nichts. Auch der Weiße runzelte die Stirn. Er spürte Yugi nicht mehr. „Sie lassen sich gerade von ihren Gefühlen überrennen.“ Shadee trat an die Drachen ran, als er diese Worte sagte. „Was willst du hier, Geist!“ knurrte der weiße Drache leise. Seine Zähne leicht gebleckt. Rotauge und Narbengesicht verhielten sich abwartend. Nur Drachenfluch grinste vergnügt. „Lange nicht gesehen, Shadee.“ Sprach er süffisant. Shadee verneigte sich leicht vor dem Drachenfluch und dann richtete er seine azurblauen Augen auf den Weißen. „Warum so feindselig?“ – „Immer, wenn du auftauchst, passiert etwas. Meistens gibt es ein großes Blutvergießen! Warum wolltest du, dass Yugi hierher kommt?“ Shadee blickte lange in eisblaue Augen. „Es ist Zeit, dass...“ weiter kam Shadee nicht. Narbengesicht hatte ein Bild von Atemu aufgefangen. Atemu war verzweifelt und starrte auf einen fast schwarzen dreiköpfigen Drachen. Mit einem trompetenden Brüllen erhob sich Narbengesicht und schoss mit wenigen Flügelschlägen in die engen Gänge. Rotauge und der Weiße hatte das Bild von Narbengesicht weitergeleitet bekommen und sie folgten entsetzt dem Drachen. Shadee blickte den drei Drachen nach. „So wie es aussieht, wird die Mär wohl dieses Mal anders ausgehen...“ murmelte der Drachenfluch. Shadee nickte nachdenklich. „Du wusstest es?“ Der Drachenfluch grinste leise und neigte sein Haupt ganz nah an Shadees Gesicht. Dieser sah die kleinen Augen. „Du bist gar nicht geblendet!“ – „Richtig, Geist. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Wächter sich so leicht in die Irre führen lässt. – Ja, ich habe es in dem Moment gewusst, was passieren wird und du vor hast, als ich in Atemus und Yugis Gedanken gelesen habe. Seths Opfer war unnötig! Auch dein Eingreifen war nicht gut. Beide Seelen sind noch nicht gefestigt genug, dieser Macht und diesem Wissen stand zu halten! – Ich freue mich schon auf die große Schlacht! Mal schauen, wer gewinnen wird!“ Shadee blickte nachdenklich zum Drachenfluch. „Derjenige, vor dem sich Osiris, der Himmelsdrachen verneigen wird!“ antwortete er auf die Worte des Drachenfluches.

Narbengesicht war rasend vor Angst um Atemu und Yugi. Wenn der Pharao diesen Angriff ausführen würde, würde er Yugi töten! Und wenn er dies tat, dann würde Atemu innerlich zu Grunde gehen! Die Gänge wurden immer enger und der Drache zog sich viele Verletzungen zu, wenn er immer wieder brutal seine Flügel schlug und dabei Gemäuer mit einriss. Jetzt spürte er die Schatten, den ruhigen Verstand des Pharaos und die hässlichen Gefühle Yugis. Mit einer enormen Kraftanstrengung katapultierte er sich durch die Schattenwand. Noch zwei weitere Flügelschläge und er packte Atemu mit seinem Maul, als dieser so eben Yugi angriff. „Du, Narr!“ brüllte er Yugi an und flog mit dem Pharao im Maul Richtung Decke des Raumes.

Im gleichen Moment, wie Narbengesicht den Pharao gepackt hatte, warf sich Rotauge mit voller Wucht gegen Yugi. Dieser wurde aus dem Weg geschleudert und die Energieattacke explodierte in dem Gemäuer. Allerdings war die Wucht des Aufpralls so brutal, dass Yugi gellend vor Schmerzen aufschrie. Und da brüllte auch schon Narbengesicht den Kleinen in Gedanken an. Yugi zuckte geschockt zusammen und starrte auf den Drachen, der sich Richtung Decke bewegte. Der dreiköpfige Drache hinter Yugi wurde wieder weiß und verwandelte sich langsam wieder zu dem roten Magier.

„Du tust mir weh...“ stöhnte Atemu. Narbengesicht reagierte nicht. „Narbengesicht!“ fauchte Atemu nun. „Du kommst dort nicht durch!“ Narbengesicht antwortete immer noch nicht. Im Gegenteil, er erhöhte das Tempo. Er wollte Atemu nur hier rausbringen. Mit voller Wucht warf sich der Drache gegen die Decke. Für einen kurzen Moment schien es, dass der Drachen wieder zurückgeworfen wurde, doch dann gab das Gemäuer nach und der Drache katapultierte sich in den freien Himmel. Mit rasendem Tempo nahm der Drache Kurs zu Atemus Palast.

... denen im finsteren Chaos das Leben geschenkt wurde

... denen im finsteren Chaos das Leben geschenkt wurde
 

Die Sonne ging gerade unter, als Narbengesicht mit dem Pharao im Maul in dem Bereich des Palastes landete, in dem die ganzen versklavten Monster untergebracht waren und das ausgerechnet zwischen den ganzen Magier. Atemu flog zu Boden, als der Drache ihn ausspie. Er atmete schwer und funkelte den Drachen böse an. Er hatte kaum noch Kraft. Die letzten drei Stunden musste Atemu seine gesamte Willenskraft aufbringen, damit er mit seinem Magier verschmolzen blieb. Denn wenn sie sich wieder geteilt hätten, wäre der Magier in die Tiefe gestürzt. „Lass gut sein...“ raunte sanft der Magier und Atemu ließ sich fallen. In einem grellen Lichtblitz trennte sich der Magier wieder vom Menschen. Beide lagen sie auf dem Rücken und atmeten schwer. Auch der Drache lag auf der Seite und keuchte schwer.

Tiefe Stille herrschte und hunderte Augen von versklavten Monstern ruhten auf dem Pharao. „Wir konnten uns wieder trennen. Warum wurde der Pharao aus der Mär nicht wieder vom Magier getrennt?“ fragte da Atemu leise in die Stille. „Weil die Verschmelzung nicht freiwillig geschah. Der Magier wurde gebrochen und seine Seele zerstört. Er wurde so misshandelt, dass er in dem Moment starb, als er mit dem Menschen verschmolzen war. So besaß der Pharao die Macht des dunklen Magiers, obwohl dieser sein Leben ausgehaucht hatte.“ Atemus Auge ruckte zu dem Sprecher. Die Stimme kam von einem ganz in schwarz gehüllten Magier mit dunkeltürkisfarbener Haut. Der Magier trug nicht nur ein Halsband sondern auch Ketten an Hand- und Fußgelenken. Außerdem hing er an einem Kreuz. Seine Augen waren geschlossen. Sein Zepter fehlte.

Atemu erhob sich und näherte sich langsam dem Magier. Er war entsetzt darüber, wie der Magier da hing. Der Zauberer der dunklen Magie und Narbengesicht beobachteten gespannt den Pharao. Was würde jetzt passieren? „Was hat man dir angetan?“ hauchte Atemu fassungslos. „Das ist ein Chaosmagier. Dein Befehl war, dass alles versklavt werden sollte. Anders ließ dieser sich nicht bändigen.“ Subaru trat näher und hatte mit neutraler Stimme gesprochen. „Lass ihn frei!“ befahl Atemu bestimmt. Subaru lachte laut auf. „Atemu, wo warst du?! Du kannst nicht einfach verschwinden und wieder auftauchen wie du willst! Du bist der Pharao und hast verdammt nochmal ein Volk zu führen und...“ Subaru verstummte, als er in die amethystfarbenen Augen schaute. Sie waren anders. Die ganze Person vor ihm war... reifer, ruhiger, bestimmter... Noch nie hatte er so einer Persönlichkeit gegenüber gestanden! „Ich habe gesagt, du sollst ihn frei lassen!“ befahl Atemu erneut, aber leise und bestimmt. „Er wird dich töten. Wenn er frei ist, wird er alle anderen befreien und dem Zorn dieser Wesen kann selbst dein Zauberer nicht stand halten. Um dein Leben zu schützen – Nein!“ Der Pharao stutzte und blickte Subaru voll an. Noch nie hatte dieser so respektvoll mit ihm gesprochen, so als ob sie gleichwertig waren. Subaru schien ihn jetzt erst als Pharao zu respektieren. „Außerdem steht vor unserem Tor jemand, der Einlass begehrt.“ Meinte Subaru. „Wer?“ – „Er nennt sich Anthony... und hat auch an die fünfzig Leute mit.“ Atemus Augen weiteten sich. „Lass sie sofort rein und bring Anthony her!“ Subarus Augen verengten sich leicht, doch verneigte er sich kurz und ging.

Die ganze Zeit hatte der Chaosmagier dem Gespräch gelauscht gehabt. Als Atemu seine Freiheit gefordert hatte, hatte der Magier seine Augen geöffnet und den Pharao beobachtet. Auch jetzt musterte er den Menschen zu seinen Füßen. Sein Blick war unergründlich. Atemu blickte wieder zu dem Chaosmagier und begegnete seinen Blick. Die Augen waren kohlrabenschwarz, jedoch schimmerten sie tief violett und hatten gelbe Sprenkel. Irgendetwas in seinem Herzen regte sich, als er in diese Augen blickte. Eine tiefe Schwermut legte sich über sein Gemüt. Was war das für eine Trauer, die er empfand? Immer tiefer verlor sich der Pharao in diese Augen. Plötzlich stieß der Zauberer der dunklen Magie sein Zepter auf den Boden und der Bann war gebrochen. „Es reicht!“ knurrte er leise. Der Chaosmagier verzog spöttisch seine Lippen. Atemu blickte erschrocken zu seinem Zauberer. „Was hast du gemacht?“ – „Ich habe nur verhindert, dass er dich tötet...“ schnaubte der Magier. Atemu runzelte die Stirn. Wie sollte der gefangene Magier ihn töten? Doch konnte sich der Pharao keine Antwort einfordern, denn plötzlich näherte sich eine Person mit riesigen Schritten Atemu.

Die Person trug eine Uniform der spanischen Garde – aus edelstem Stoff. Ein roter Umhang wehte ihn hinterher. Ein reichverzierter Degen hing in einer roten Schärpe. Kurze blonde Haare und silbergraue Augen. Während sich der Offizier dem Pharao näherte, zog er sich die feinen weißen Reithandschuhe aus. „Anthony...“ hauchte Atemu leise und ungläubig. „Atemu!“ rief dieser und reichte dem Pharao seine Hand. Atemu ergriff sie und wurde auch schon von Anthony in eine feste Umarmung gezogen. „Was machst du hier?“ fragte der Pharao besorgt, als er sich wieder aus der Umarmung löste. Anthony musterte Atemu vor sich. Wann hatten sie sich das letzte Mal gesehen? Vor nun fast fünf Jahren! Und Atemu war sehr gealtert und hart geworden. Nichts erinnerte an den Kameraden mit seinem kleinen Kätzchen! „Alle Feinde sind vernichtet! Dir kann nun niemand mehr in den Rücken fallen! Du kannst jetzt dein Land komplett säubern. Natürlich stehe ich dir mit meinem Heer zur Verfügung!“ Atemu starrte Anthony ungläubig an. Langsam begriff der Pharao, was das bedeutete und plötzlich gaben ihm die Beine nach. Er sackte in die Knie. „Atemu...“ raunte Anthony verblüfft. Langsam ließ er sich neben dem Pharao nieder und legte seine Hände auf dessen Schulter.

„Darf ich fragen, was hier los ist?“ ertönte sehr trocken und provozierend die Stimme Subarus, der sich wieder genähert hatte. „Dein Pharao ist in die Knie gesackt.“ Erwiderte Anthony ironisch, als er sich erhob und Subaru ernst anblickte. „Das habe ich auch so eben festgestellt. Also meine Frage noch einmal für das einfache Volk: Was hast du gemacht!“ Anthonys Augen blitzten auf und er hob schon seine Hand, um Subaru zu züchtigen, da meinte Atemu leise. „Lass gut sein... Tatsächlich steht Subaru höher im Rang als du... Bitte weihe ihn ein.“ Anthony blickte zu dem Pharao, der immer noch auf seinen Knien am Boden lag und auf den Boden starrte. Was war passiert, dass Atemu so zerbrechlich war. Ihm war auch aufgefallen, dass sämtliche Monster bis auf zwei versklavt waren. Und das war ja nun überhaupt nicht typisch für Atemu. Er war doch immer der Meinung gewesen, dass die Monster und Menschen friedlich miteinander leben konnten und... Anthony blickte wieder zu Subaru. Leicht verneigte er sich. „Verzeih mein rüdes Auftreten.“ Subaru stutzte. Wollte sein Gegenüber ihn noch gerade eben eine Ohrfeige geben, so entschuldigte er sich jetzt ehrlich für sein Verhalten. Dieser Spanier hatte wirklich Schule! „Keine Sorge. Wir sind alle sehr angespannt. Was ist los? Und in was sollst du mich einweihen?“ fragte Subaru freundlich. Anthony atmete tief durch.

„Ehrlich gesagt bin ich zu tiefst geschockt, wie ich hier Atemu vorfinde. Noch mehr entsetzt mich, dass hier alle Monster versklavt sind... in Ketten liegen! Doch... Ich muss etwas weiter ausholen...

Atemu kam sehr jung auf die Offiziersschule. Er war gerade mal zwei Wochen in Spanien, als er zu uns auf die Schule kam. Damals natürlich noch als Faisal. Wir verstanden nicht, warum dieses Kind bei uns war, wo man doch eigentlich erst mit 16 Jahren auf die Offiziersschule gehen konnte. Doch schnell zeigte Atemu uns, dass er ernst zu nehmen war. Er ritt wie kein anderer und in der Waffenkunst war es nicht gerade einfach gegen ihn zu bestehen. Natürlich auf Grund seines jungen Alters hinkte er in dem Wissen nach und irgendwie hat es sich so ergeben, dass er und ich uns zusammengetan haben. Ich hab ihn geholfen, seine Wissenslücken zu schließen. Im Gegenzug zog er mich immer mit. Egal was er machte, machte ich auch. So kam es, dass wir, als wir mit der eigentlichen Schule fertig waren, wir noch auf eine höhere Schule gingen. Atemus Pflegeeltern hatten es organisiert, dass wir im Militärwesen am königlichen Hof ausgebildet werden. So kam es, dass wir viele Arten und Varianten von Kriegsführung kennen lernten. Wobei wir am königlichen Hof verstärkt die psychologische Kriegsführung lernten. Ganz ehrlich, Subaru, was wir da gelernt haben, wird wohl kaum einer von uns gebrauchen. Doch für Atemu war es lebensnotwendig. Und wie ich sehe, scheint er alles anzuwenden, was er gelernt hat. Wir haben viel gelernt, was alles machbar ist. Aber niemand hat uns beigebracht, was für Opfer wir bringen müssen...

Irgendwann hatte sich Atemu mir offenbart und mir alles erzählt. Ich versprach ihm, ihn auf den Thron zu helfen und so ließ ich ein paar Erkundigungen einziehen. Mit dem Ergebnis, dass Atemu kurzzeitig der Mut verließ. Es gab zu viele Feinde, die Jagd auf Atemu machten und die Vernichtung von ganz Ägypten planten. So beschlossen wir die hohe Schule der Kriegsführung auch in der Praxis anzuwenden: Das Intrigenspiel um Macht und Ruhm... Atemu sollte wieder auf den Thron und sich sehr bedeckt halten. Während ich mit meinen Leuten versuchte, die Feinde außerhalb Ägyptens zu vernichten, damit niemand Atemu in den Rücken fallen könnte. Ich informierte Atemu regelmäßig, wer in seinem direkten Umfeld ein Verräter ist. Ich bat ihn, ja um Gottes Willen keinen Verdacht zu erregen und er solle lieber erst einmal zum Schein auf alles eingehen, was seine Berater von ihm verlangten. Gefahrenpunkte waren Seth und seine Wüstenwinde und ein Dieb namens Yugi.“ Subaru horchte auf. „Yugi? Warum der?!“ Anthony lächelte frech. „Er hat das Herz des Pharaos gestohlen... Es war wohl vor drei Jahren, als es zu einer Auseinandersetzung zwischen Yugi und Atemu kam. In der sich ein schwarzer Drache eingemischt hatte und Yugi wohl ziemlich schwer verletzt hatte. Dies hatte den Pharao ziemlich aus der Bahn geworfen. In einer Art Kurzschlussreaktion wollte Atemu alles über Bord werfen. Wollte alle Anordnungen rückgängig machen, seine Berater entlassen und sich auf den Weg machen, Yugi zu finden. Gott sei Dank hatte er sich wieder beruhigt gehabt! Die Truppen standen bereits parat, Ägypten den Erdboden gleich zu machen! In letzter Sekunde pfiff einer aus Atemus Beraterkreis ab, mit den Worten, sie hätten den Pharao wieder an der Kette. Dann sollte es einen heimlichen Einfall nach Ägypten geben, den Seth mit seinen Wüstenwinden in letzter Sekunde abwenden konnte. Wir haben es geschafft, alles zu vernichten, was Atemu noch in den Rücken hätte fallen können und nun sind wir hier, um dieses Land von allem Ungeziefer zu reinigen!“

„Warum jetzt erst? Warum nicht schon gestern?!“ Atemu erhob sich auf schwankende Beine und starrte Anthony wutentbrannt an. „Warum erst heute?!“ Anthony wich entsetzt einen Schritt zurück. „Wir haben unser bestmöglichste getan, um so schnell wie möglich bei dir hier einzutreffen...“ – „Aber es war nicht gut genug! Seth... ich musste Seth... Ich musste ihn hinrichten lassen! Ich musste so viele meines Volkes in die Vernichtung stoßen! All diese Wesen hier, musste ich versklaven! Weißt du wie es sich anfühlt, die gequälten Stimmen zu hören?! Ihre unsichtbaren Tränen zu sehen, den Hass in ihren Augen, weil sie sich verraten fühlen?!“ brüllte Atemu unter Tränen. Anthony war schockiert. Vor ihm stand eine enorme Persönlichkeit. Die jetzt jedoch ein zerbrechliches Wrack war. Niemand hatte ihnen beigebracht, wie hoch der Preis war für die hohe Schule der psychologischen Kriegsführung. Atemu bezahlte mit seiner Kraft, seiner Seele... seinem Herzen! „Bitte verzeih...“ hauchte Anthony bedrückt. „Was soll ich dir verzeihen? Es gibt nichts zu verzeihen... Warst du in den Randgebieten dieses Landes? Warst du draußen in den ländlichen Gebieten? Mein Volk hungert. Leidet unter den ständigen Angriffen meiner Nachbarländer, weil meine Berater den Krieg vom Zaun gebrochen haben. Weißt du wie es sich anfühlt, still zu halten? Zu schweigen, sich abzuwenden?! Vor zwei Tagen stand Yugi vor mir im Palast... „Warum? - Warum tust du das, Faisal?“ hat er mich gefragt. Er will mich vernichten und setzt dabei seine kostbare Bindung mit den Drachen aufs Spiel... Er hasst mich! Weißt du, was das für ein Gefühl ist, wenn du ständig der Fels in der Brandung sein musst und dabei selber mal ums Mal Boden verlierst? – Warum erst heute? Warum nicht schon gestern? Ein verdammter Tag!“ Der Pharao brach in bittere Tränen aus und sank wieder in die Knie. Anthony hatte sich alles ruhig angehört. Auch er hatte viel Verrat erlebt und Freunde opfern müssen. Er selber war zum Teil sehr schockiert gewesen, als er von außerhalb Dinge herausgefunden hatte, mit denen Atemu konfrontiert wurden war. Doch all das war nichts im Vergleich zu dem, was Atemu als Pharao durchmachen musste. Der für jedes Lebewesen in seinem Land verantwortlich war und regelmäßig Opfer bringen musste. Anthony kniete sich wieder zu dem Pharao hin und nahm ihn tröstend in die Arme. Dabei fiel sein Blick über die Magier. Sie alle lagen in Ketten, bis auf einen. „Lasst sie frei...“ murmelte Atemu plötzlich. „Lasst sie alle frei, bitte!“ Anthony blickte zu Subaru. Dieser schüttelte den Kopf. „Ich kann es nicht verantworten. Sie werden ihn töten!“ – „Sie haben alles mit gehört. Meinst du nicht, dass sie Verständnis haben?“ – „Wenn alle ihn verzeihen, aber nicht der eine!“ – „Welcher?“ – „Der Chaosmagier!“ Anthony starrte Subaru entgeistert an. „Bitte sag mir, dass es mehrere hier gibt...“ – „Nein, warum?“ Anthony antwortete nicht, sondern blickte wieder zu dem einen Magier, der nicht in Ketten lag. Er war weg. Subaru folgte Anthonys Blick und wurde aschfahl. Der Chaosmagier war ausgebrochen. „Tretet bitte zurück...“ murmelte da der Zauberer der dunklen Magie sanft. Anthony blickte in die Augen des Magiers. Langsam ließ er den Pharao los, erhob sich und trat drei Schritte zurück. Er vertraute jetzt den Magier, dass er Atemu nicht verraten würde. Dann wandte er sich an Subaru. „Subaru, bitte lass die Magier frei.“ – „Nein!“ – „Bitte, Subaru. Lass sie frei!“ flehte Anthony. Subaru knirschte mit den Zähnen. „Kannst du mir die Gewissheit geben, dass sie ihn nicht töten werden? Der Chaosmagier ist frei... Er -“ – „Wenn er Atemu hätte töten wollen, hätte er es längst gemacht!“ mischte sich nun Narbengesicht ein, der ahnte, was der Chaosmagier vor hatte. „Ich garantiere dir, dass Atemu nichts passieren wird.“ Subaru starrte den Drachen an. Dann blickte er zu den Häufchen Elend, was auf den Knien lag. „Du bist der Erste, den ich mit meinen eigenen Händen zerreißen werde...“ murmelte Subaru schließlich und zog einen Talisman aus seiner Tasche. Er schloss seine Augen und murmelte einige Worte. Der Talisman wurde steif und ging dann in Flammen auf. Mit einer schnellen Handbewegung warf er den Talisman in die Luft und dieser zerbarst in tausend Funken, die alle ihren Weg zu den magischen Halsbändern und Ketten fanden. Die Magie war gebannt und das reine Material wurde von der Kraft der Monster selbstständig vernichtet. Alle Monster im Palast waren nur frei.

Der Zauberer der dunklen Magie lächelte warm. „Danke...“ Anthony nickte und wartete nun ab. Da tauchte plötzlich wie aus dem Nichts der Chaosmagier direkt hinter Atemu auf, seine Arme weit ausgebreitet. Subaru wurde blass und griff schon zum Schwert, da hielt Anthony ihn auf und schüttelte energisch den Kopf. Er kannte diese Geste. Das hatte sehr oft der Zauberer der dunklen Magie gemacht, um Atemu zu trösten. Und schon umschlangen die Arme des Chaosmagiers den Pharao und verschwand mit ihm im Nichts. „Alles ist gut...“ murmelte Anthony, wobei er wohl eher sich selbst beruhigen wollte, als Subaru.

Eine tiefe Stille umgab Atemu. Langsam öffnete er seine Augen und stand dem Chaosmagier direkt gegenüber. Wo war er hier? Verwirrt blickte er sich um. Auch fühlte er eine innerliche Ruhe... Fragend blickte er zu dem Magier. „Ich habe jedes deiner Worte vernommen, o Pharao!“ begann der Magier leise, aber durchdringend. „Ich habe jedes Wort deines Freundes vernommen, auch dein Begehr, uns die Freiheit zu geben. Ich habe gesehen, dass du dich mit den Zauberer der dunklen Magie verschmolzen hast. Ich habe bemerkt, dass du meinen Schmerz gespürt hast. Dennoch nenne mir einen Grund, warum ich dich nicht töten sollte, o Pharao!“ Atemu schwieg. Er konnte nicht antworten. „Dein Vater hat mit uns Magiern in Vertretung des Zauberers der dunklen Magie einen Pakt geschlossen, dass wir Magier dem Pharao dienen, dafür wird kein Monster versklavt! Menschen und Monster würden friedlich nebeneinander existieren und leben. Dieser Pakt war für die Ewigkeit. Und nun brichst du alles, was dein Vater ausgehandelt hat und wirfst jedes Monster in Ketten!“ Atemu blickte wieder in die Augen des Magiers. Doch dann wandte er sich beschämt ab und drehte dem Magier seinen Rücken zu. Was sollte er antworten? Er wusste von dem Pakt. Der Zauberer hatte ihm davon erzählt. Er hatte diesen Pakt mit Füßen getreten... Das Andenken seines Vaters. Noch immer verfolgten ihn die verwirrten und flehenden Blicke seines Volkes, als er sämtliche Monster mitnehmen und in Ketten legen ließ. Alles nur, um seine Feinde einzuschläfern. Doch war das richtig gewesen? Hätte er in diesen einen Punkt widerstanden, hätten sich die Drachen nicht von den Wüstenwinden zurückgezogen und sie würden vielleicht noch leben. Vielleicht würden noch mehr seines Volkes leben... War das wirklich so einfach? Doch Anthony hatte gesagt, dass jedes falsches Wort seinerseits den Untergang für ganz Ägypten bedeutet hätte. War es da nicht besser, Opfer zu bringen, um ein ganzes Volk zu schützen? Was war vorübergehende Gefangenschaft in Vergleich zu einem endlosen Tod? „Ich habe keinen Grund... Tu mit mir, was du für richtig hältst...“ murmelte der Pharao ergeben. Er hatte Fehler gemacht. Er hatte viel riskiert und hergegeben, viel mit Füßen getreten und viel verletzt. Doch wusste er nicht mehr, ob das so richtig war. Seit Seths Tod, wusste Atemu überhaupt nichts mehr...

Plötzlich stand der Magier direkt hinter dem Pharao und umarmte ihn fest. „Das war die richtige Antwort, mein Pharao!“ raunte der Magier in Atemus Ohr. „Auch wenn du deine Beweggründe für deine Taten hast, zeugt dein Zweifel über die Richtigkeit davon, dass dir jedes Wesen am Herzen liegt und du nur das Beste für dein Volk willst. – Schließe deine Augen und lass dich fallen, ich werde dir einen erholsamen Schlaf geben...“ Und schon floss betäubende angenehme Wärme durch Atemus Körper. Er war dem Magier ausgeliefert, doch hatte er keine Angst. Irgendetwas an dem Magier war, was Atemu blindes Vertrauen schenken ließ. Außerdem wusste er, dass sein Zauberer der dunklen Magie ihn nie dem Chaosmagier überlassen hätte, wenn dieser ihn was antun würde!

Die Zeit steht still

Die Zeit steht still
 

Atemu stand hoch erhobenen Hauptes in sein Gemach und starrte aus einem Fenster. Ihm ging es nicht gut. Er hatte Kopfschmerzen, sein ganzer Körper schmerzte, jede Bewegung drohte seine Muskeln zu zerreißen. Er hatte Probleme zu atmen und seine Augen brannten. Er fühlte sich schwach. Er wollte nur schlafen... und nie wieder aufwachen. Leise trat Subaru in sein Gemach. „Wir können es auch verschieben...“ raunte dieser, als er Atemu sah. Vor ihm stand ein gebrochener Mann. Seths Hinrichtung hatte irgendetwas im Pharao ausgelöst. Atemu blickte mit dumpfen Augen zu seinem Offizier und schüttelte nur mit dem Kopf. Er wollte sie alle hängen sehen. Leise trat er an Subaru vorbei und murmelte ein leises Danke, als er sein Gemach verließ. Subaru verharrte noch einen Moment. Danke... für was? Dann folgte er seinen Pharao.
 

„The morals swallowed by the waves sway inside the basket and sleeps

The rain drops onto this earth and doesn't stop

It keeps on hitting the ground“


 

Sein Beraterstab stand auf dem Vorplatz des Palastes. Eingekreist waren sie von fünfzig Soldaten der spanischen Krone. Immer noch war niemand außer dem Pharao, seine Leibgarde, dem Beraterstab und den Spaniern im Palast anwesend. Der Stab bestand aus zehn Beratern, die alle mit der Zeit zu Leuten wurden, die versuchten den Pharao als Marionette zu missbrauchen. Verwirrt waren sie, als sie plötzlich vor drei Tagen alle in Einzelzellen eingekerkert wurden. Wahrscheinlich hatte der Pharao eine seiner Stimmungsschwankungen. Doch wurden sie leicht nervös, als sie nun heute bei Sonnenaufgang auf den Vorplatz geführt wurden. Nun standen sie hier seit Stunden. Was sollte das?! Und da trat plötzlich die Leibgarde des Pharaos auf den Vorplatz, gefolgt von Atemu.

Atemu trug seine edelste Kleidung. Ein weißer Umhang flatterte hinter ihm. Sein Schmuck war aus purem Gold und er trug alle Abzeichen des Pharaos. Sein Herz brannte und seine Augen flackerten vor unterdrückter Wut. Majestätisch stand er da, mit hoch erhobenen Kopf und durchgestrecktem Rücken. Wirklich nichts ließ erahnen, dass er sich und das Leben aufgegeben hatte.

Als der Beraterstab den Pharao erblickte, bekamen sie Angst. Irgendetwas war hier falsch. Und so trat der älteste und auch gefährlichste von ihnen einen Schritt vor und Atemu entgegen. Subaru trat einen Schritt hinter dem Pharao und beobachtete alles, während eine Hand auf seinem Säbel lag.

„Was geht hier vor, Atemu?“ wollte der Berater wissen. Atemu blickte ihn an und lächelte leicht diabolisch. „Für dich: Pharao! Verstanden, Joshua?“ Der Mann trat einen Schritt entsetzt zurück. Er sah Atemus Augen. Er spürte die Macht, die der Pharao auf einmal ausstrahlte! Was war in den letzten Tagen passiert? Zähneknirschend wiederholte er also noch einmal seine Frage: „Verzeiht. Bitte verratet uns, was hier vorgeht, mein Pharao.“ Atemu schnaubte spöttisch. Ein leiser Lebensfunke begann sich in ihm zu regen, als die Idee einer brutalen Rache in seinem Kopf Formen annahm. „Ich werde es dir gerne erklären: Ich werde euch alle hinrichten lassen – es sei denn ihr nennt mir einen guten Grund, warum ich euer Leben schonen sollte!“ Joshua sah etwas in den Augen des Pharaos. Etwas Uraltes, Dämonisches und ihm wurde bewusst, dass es ernst wurde. Dass sie verloren haben. Also beschloss er, seine Maske fallen zu lassen und anzugreifen. „Seid vorsichtig, mein Pharao! Über euch schwebt bereits Anubis, der euch ins Totenreich bringen wird. – Ich brauche nur mit dem Finger zu schnippen!“ Atemu schnaubte verächtlich. „Erkläre mir, warum. Warum wollt ihr mein Land vernichten? Warum spielt ihr mit Menschen solch böse Spiele? Warum habt ihr mir mein ganzes Leben lang nach meinen Leben getrachtet?“ Joshua starrte Atemu in die Augen und lachte laut auf. „Weil dieses Land nichts wert ist. Es gibt Fürsten, die in diesem Land eine Gefahr sehen, aber auch Reichtümer – und dafür gut bezahlen! Das Volk ist dumm, die Herrschaften sind nur mit sich selbst beschäftigt. Und du stehst einfach nur im Weg! Du hättest an der Seite deines ach so geliebten Vaters brennen sollen!“ fauchte Joshua hämisch. Atemu atmete tief durch. „Unterwerfe dich mir und befriedige mich mit deinem Körper, Pharao, und ich lasse dein Volk leben. Ich verschone deine Untertanen.“ Ergänzte der Berater selbstgefällig. Atemu starrte in die Augen Joshuas und ihm wurde speiübel. Da trat plötzlich applaudierend Anthony hervor. „Sehr gut, Joshua! Nun ist der Pharao am Zug! – Mit den besten Grüßen der spanischen Krone!“ Bei den letzten Worten warf Anthony ein bestialisch stinkendes Bündel vor Joshuas Füßen. Dieser erschrak und runzelte misstrauisch die Stirn, als er das Bündel langsam öffnete. Als er die verdreckten Stoffe entfernt hatte, blickte er in die Augen eines halbverwesten Schädels. „Fürst Darkwood.“ Stellte Anthony spöttelnd vor. Joshua war entsetzt zurückgeprallt. Nein... „Seine Armee wurde vernichtet, genauso seine Verbündeten. Sein Fehler war, dass er nicht nur nach Ägypten die Fühler ausstreckte, sondern auch nach dem spanischen und englischen Königshaus. Nun hat er alles verloren und Atemus Rücken ist frei. Er kann nun frei agieren, ohne sich zum Schein fügen zu müssen, damit seinem Volk nichts geschieht.“ Und mit einer leichten Verbeugung wandte sich Anthony an Atemu. „Dein Zug...“ und damit trat Anthony zurück.

Atemu hatte alles mit angehört und starrte nun auf Joshua. „Ein Jahr hat 365 Tage, richtig? Und ihr habt fünf Jahre lang mich erniedrigt, mich gequält, mir nach und nach Alles genommen, was mir lieb und teuer war, um mich zu zerbrechen. Ihr habt mein Volk mit Füßen getreten! Ich musste alles über mich ergehen lassen, musste alles stillschweigend erdulden... Um das zu retten, was mein Vater geschaffen hat! Um mein Volk zu schützen! Pro Jahr bekommt ihr 365 Hiebe... also 1825 Peitschenhiebe für jeden von euch und anschließend werden eure Körper über den Erdboden aufgehängt, damit sie ganz langsam ausbluten...“ Atemus Stimme war leise und tonlos. Sie ging durch Mark und Bein. Mit einer Handbewegung befahl Atemu, dass es beginnen sollte. Für die Ausführung stellten sich einige von Anthonys Männer zur Verfügung, die nur zu gut wussten, was der Pharao durchmachen musste, die gesehen hatten, wie Anthony vor ihnen auf den Knien lag und um Verzeihung bat, dass er welche von ihnen opfern musste, um Atemus Rücken frei zu halten und die es nicht vergessen konnten, dass Kameraden von ihnen hinterrücks verraten und ermordet wurden.

Subaru war leichenblass geworden, als er Atemus Urteil hörte. Noch nie hatte er so etwas Blutrünstiges gehört und als Atemu jeden einzelnen Hieb sehen wollte, hatte Subaru damit zu tun, auf den Beinen zu bleiben. Sein ganzer Verstand verweigerte den Dienst und wollte fliehen. Anthony war auch blass geworden. Er kannte Atemu und er war nun entsetzt darüber, dass dieser sanfte Mensch so brutal war. Fast schien es so, als ob man dem Pharao mit der Hinrichtung Seths sein Herz rausgerissen hatte.

Und die Vollstreckung begann. Atemu stand in der prallen Sonne, regte sich keinen Millimeter, während er peinlichst jeden Hieb zählte. Seine Lippen spöttisch verzogen. Die Schreie hallten durch den Palast, wurden vom Wind weiter ins Land getragen. Blut tränkte den Sand. Die Vollstreckung des Urteils dauerte den ganzen Tag. Es lief so viel Blut, dass der Sand irgendwann diese rote Flüssigkeit nicht mehr aufnehmen konnte. Und als der letzte Atemzug verloschen war, stand der Pharao Knöcheltief im Blut. Er wandte sich langsam ab und lief schweigend wieder in den kühlen Palast und in sein Gemach. Rote Fußspuren zeichneten seinen Weg. Atemu war kalt. Ihm war innerlich so kalt und er war so müde. Ihm war nicht bewusst, dass ihn die Tränen liefen. Er empfand keine Genugtuung. Zu viel hatte er hergeben müssen und verloren. Die Berater waren alle tot, aber Atemu ging es nicht besser. Als er sein Gemach betrat, starrte er in große gelbe Augen, die ihn verstört, verängstigt, vorwurfsvoll und besorgt zugleich musterten. Kuriboh... Atemu schloss seine Augen. Der kleine Kobold hatte die Vollstreckung mit angesehen. Hatte er doch versucht, alle Monster davon abzuhalten... und ausgerechnet Kuriboh hatte er vergessen. „Es tut mir Leid, dass du das mit ansehen musstest... Ich geb dich frei. Geh zu Yugi und pass auf ihn auf...“ Dann wandte er sich zu seinem Balkon und betrat diesen. Der kühle Wüstenwind strich über seinen Körper. „Narbengesicht!“ rief er laut in seinen Gedanken. Es dauerte eine Weile, bis der weiße Drache sich langsam der Brüstung näherte und vor Atemu erschien. Seine Augen waren merkwürdig starr. Also auch er hatte der Vollstreckung beigewohnt! Atemu atmete tief durch. „Narbengesicht... ich entbinde dich von deinem Versprechen. Du bist frei und kannst gehen, wohin du willst.“ Damit wandte sich der Pharao ab und trat wieder in sein Gemach. Verblüfft starrte der Weiße Atemu nach. Frei?

Subaru und Anthony waren dem Pharao leise gefolgt und starrten ihn verwirrt an, als er Narbengesicht in die Freiheit entließ. Als Atemu vor den Beiden wieder stehen blieb, lächelte er matt. „Subaru... gib die Drachen fei...“ hauchte der Pharao mit schwindender Kraft und brach bei dem letzten Wort bewusstlos zusammen. Blitzschnell griff Anthony nach seinen alten Kameraden und fing ihn auf. „Der glüht ja richtig...“ murmelte er verblüfft. „Nervenfieber...“ kommentierte der Chaosmagier, welcher mit dem Zauberer der dunklen Magie plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war. „Es ist fraglich, ob er das überleben wird, da er sich aufgegeben hat und einfach nur noch schlafen will...“
 

“Even the love that's locked inside the shell, is swallowed by the heartless beast

What makes them do it?

I put my hand on my heart

The baby's first cry disappears with yesterday“


 

Atemu lachte glockenhell auf, als er auf seinem Braunen durch die Wälder preschte. Anthony hatte Mühe dem kleinen Pharao zu folgen. Wie konnte er sich auch nur auf ein Wettrennen mit dem Kleinen einlassen, da jeder wusste, dass Atemu unschlagbar war. Natürlich war Atemu bei Anthony Faisal. Schließlich hatte man ihn auch so vorgestellt. Faisals kleine Katze hatte sich wie ein Schal um seinen Hals geschlungen und krallte sich sanft in der Kleidung fest, damit sie nicht abgeworfen wurde bei diesem rasanten Ritt. Die Katze schnurrte vergnügt vor sich hin. Anthony musste immer wieder den Kopf schütteln über diese komische Freundschaft und wieder gab er seinem Pferd die Sporen. Es musste doch eine Möglichkeit geben, diesen kleinen Wirbelwind zu besiegen!

Immer tiefer jagten sie in den Wald. Immer schneller und laut krachten sie durch das Unterholz. Schallendes Gelächter ließen Vögel und Monster gleichermaßen erschreckt flüchten. Langsam näherte sich Anthony Faisal, schon konnte er fast den Braunen berühren, da erhöhte das Pferd wie spielerisch erneut das Tempo und Faisal quietschte vergnügt auf. NEIN! Anthony war fassungslos. „Ok... ich gebe auf! Du hast gewonnen!“ rief er schließlich frustriert. Sofort zügelte Faisal grinsend sein Pferd. „Ich hab‘s ja gesagt...“ höhnte er lautstark. Anthony schnaubte nur verächtlich und an einem Bachlauf hielten sie ihre Pferde an um ihnen und sich eine Pause zu gönnen. Die Sonne genießend ließen sich die Jungen ins Gras nieder und dösten leicht ein, als es plötzlich laut krachte und polterte. Ein riesiger Drache, komplett aus Diamanten, brach sich ein Weg durch das Unterholz. Der Drache blutete aus vielen kleinen Wunden und war Blind vor Wut, Angst und Schmerz. Die Pferde der Jungen waren in wilder Panik davon gerannt. Die Jungen selber sprangen zwar auf, starrten aber fasziniert zu den Drachen. Noch nie hatten sie einen in freier Wildbahn gesehen. Dieses Geschöpf war riesig! Der Drache registrierte die beiden Jungen und hielt kurz in seiner Bewegung inne. Dann brüllte er kreischend auf und griff an. Menschen! Er wollte die Menschen vernichten! Anthony sprang weg und brüllte Faisal an, mit zu kommen, doch Faisal stand wie angewurzelt da. Er konnte sich nicht rühren. Er verstand nicht, warum der Drache ihn angriff, dass er ihn töten wollte. Warum sollte der Drache ihn auch töten wollen? Er hatte ihm nichts getan. Leise hob er die Hand zum Gruß und wollte den Drachen damit berühren, als plötzlich sein kleines Kätzchen fauchend von seiner Schulter sprang und dem Drachen ins Gesicht. Als Faisal sah, wie sein kleiner Gefährte sich wagemutig mit dem großen Tier anlegte, wurde ihm bewusst, dass der Drache ihn töten würde! Faisal machte auf den Absatz kehrt und begann um sein Leben zu Laufen. Irgendwann war der Drache nicht mehr zu hören und Faisal schlich sich wieder zurück. Er wollte wissen, wie es seinem kleinen Gefährten ging. Schon vom weiten sah Faisal sein Kätzchen. Es lag in der Sonne am Wasser. Jeder Knochen war zerschmettert. Vorsichtig kniete sich Faisal neben den Kätzchen hin und streichelte es sacht über sein Köpfchen. Langsam öffnete die Katze seine goldenen Augen und musterten Faisal. Tränen rannen über sein Gesicht. „Bitte verzeih... ich werde dir helfen. Halt durch!“ Immer wieder sagte er die Worte schluchzend, als er dem Kätzchen übers Köpfchen strich. Das Kätzchen hob unter einer unmöglichen Anstrengung sein Köpfchen und stupste die Hand zart mit seiner Nase an. Sanft leckte es über die Finger, als es sich dann wieder niederlegte. Leise schnurrend erlosch der Atem des kleinen Kätzchens. Faisal schrie auf, er nahm das Kätzchen in seine Arme. Nicht sein einziger Freund! Plötzlich krachte und polterte es wieder vor ihm. Und Atemu hob seinen Kopf, während er sein Kätzchen noch immer in den Armen hielt. Jetzt trug er sämtliche Zeichen des Pharaos. Vor ihm tauchte plötzlich der schwarze Drache mit den roten Augen auf. Er fletschte blutgierig die Zähne, da stand plötzlich Yugi zwischen ihm und den Drachen. Yugi lächelte Atemu aufmunternd zu und wandte sich dann an Rotauge. „Nicht!“ rief Atemu fassungslos, als sein kleiner Dieb sich dem Rotauge näherte und seine Hand hob, um die Stirn des Drachen zu berühren. Doch der Rotauge brüllte auf und griff an. Mit seinen reißenden Zähnen schnappte er nach Yugi und zerfetzte ihn. Atemu starrte entsetzt zu der Szene vor sich. „Nein... nein...“ flüsterte er fassungslos. „Yugi, nein!“ brüllte er nun. „Ich brauche dich doch...“ weinte er schließlich verzweifelt.
 

Anthony fühlte sich nicht wohl. Atemu lag nun seit fast einer Woche im Nervenfieber und immer wieder schrie er nach Yugi. Er schien schlecht zu träumen. Anthony versuchte alles, um das Fieber zu senken. Leider konnten die Magier auch nicht helfen, weil dieses Fieber aus der Seele kam. Das musste der Pharao alleine schaffen!

Ein Tag nachdem Atemu zusammengebrochen war, waren Narbengesicht und Kuriboh verschwunden. Traurig hatte Anthony gelächelt gehabt. So leicht ließ man den Pharao also fallen...
 

„It disappears without even being able to let out a word

Was it freedom that we won?

Feeling the body temperature of my dreams and I pray

My eyes shut closed“


 

Der Pharao lag nun seit zehn Tagen im Fieber, als sich feste Schritte der Tür des Schlafgemaches näherten. Kurz zögerten sie, doch dann trat die Person ein. Anthony blickte auf und erstarrte beim Anblick dieser Person und ganz besonders dieser funkelnden violetten Augen. Weder der Chaosmagier noch der Zauberer der dunklen Magie, die ebenfalls über Atemu wachten, regten sich. Was machte der Herr der Drachen hier? Hinter Yugi trat Kuriboh ein und dem Zauberer der dunklen Magie war alles klar. Kuriboh und Narbengesicht hatten Yugi geholt. Erleichtert musste er lächeln.

Yugi trat mit eiskaltem Blick an das Lager des Pharaos. Lange musterte er das bleiche Gesicht, das gezeichnet war von Schmerz, Gram und Verzweiflung. Etwas in Yugi regte sich leicht. Atemu hatte einmal so schön ausgesehen... Als er noch Faisal war. Da waren seine Gesichtszüge weich und offen. Sanft und freundlich. Leicht schüttelte Yugi seinen Kopf. „Hat der Herr seine Strafe bekommen?“ fragte er bissig und spie aus. Anthony hatte Yugi beobachtet gehabt und er war entsetzt über diese bösen Worte, die er so kalt aussprach. Als der Kleine jedoch vor dem Pharao ausspie, sprang Anthony auf. Seine Hand packte Yugi am Hals und drückte zu. „Wage es noch einmal, den Pharao so zu beleidigen...“ fauchte Anthony drohend. Yugi war ruhig und starrte in Anthonys Augen. Spöttisch lächelte, als er seine gesamte Magie spielen ließ. Auch Anthony verzog seine Lippen leicht vor Spott, als er Yugis Magie mit nur einem Augenblinzeln sofort unterband. „Was...?“ erschrocken fuhr Yugi zurück. Anthony hatte ihn losgelassen. Gott sei Dank war Yugi zu sehr verblüfft darüber gewesen, dass jemand seine Magie bannen konnte. Anthony atmete innerlich auf. Wenn der Kleine auch nur eine Sekunde länger gewartet hätte, wäre ihm aufgefallen, dass er seine Magie wieder frei nutzen konnte. Yugis Magie war zu mächtig und Anthony unbekannt, als dass er sie komplett hätte längerfristig bannen können. In diesem Moment dankte er innerlich, dass er und Atemu sich als Magiertrainer hatten ausbilden lassen. So konnten sie einfache Magie wirken, was bei der Zähmung eines Magiers vom Vorteil war.

„Hör mir gut zu, kleiner Dieb...“ begann Anthony leise, als er sah, dass er nun die Aufmerksamkeit Yugis besaß. „Ich weiß nicht, ob man es als Strafe auffassen kann... Atemu hat sich selbst aufgegeben. Er ist zerbrochen, innerlich schwer verletzt und er ruft immer wieder nach dir.“ Yugi schnaubte spöttisch und lachte kalt auf. „Soll ich jetzt Mitleid mit diesen Verräter und Lügner haben?“ und schon wandte er sich wieder zum Gehen. Er hatte gewusst, dass es Zeitverschwendung war. Warum hatte er sich auch von Kuriboh breitschlagen lassen, hier her zukommen?!

„Er ist kein Verräter oder Lügner!“ antwortete Anthony scharf. Yugi blieb stehen und drehte sich langsam wieder zu Anthony um. Und was dieser in den violetten Augen zu sehen bekam, ließ ihn erblassen. Er sah dieselbe schwerverletzte Seele wie bei Atemu, nur dass Yugi sich nicht aufgegeben hatte. Anthony ahnte, dass hierfür die Hinrichtung Seths der Knackpunkt war. „Was ist er dann?“ wollte Yugi wirklich interessiert wissen. Anthony seufzte tief. „Du hasst ihn, weil er Seth hinrichten ließ... Nur musst du bitte folgendes wissen. Er tat dies alles, um sein Volk, sein Land und zu guter Letzt auch dich zu schützen. Er wurde von außerhalb bedroht. Jederzeit konnten Feinde, die er nicht kannte von außen in sein Land einfallen, ihn in den Rücken fallen. Bevor er sich den Feinden im Inneren seines Landes widmen konnte, musste er erst die Feinde von außen vernichten. Ich erledigte dies, während Atemu sich auf den Thron setzte, um so den Thron zu sichern, vor Ort zu sein und sein Volk zu schützen. Er wusste, dass er Feinde in seinem Beraterstab hatte. Es war der gesamte Stab. Doch bat ich ihn, zum Schein auf alles einzugehen, damit sie eingeschläfert werden und ich seine Feinde von außen vernichten konnte. Dabei hat er viel Schlimmes gemacht und sehr viele Fehler. Er musste das Andenken seines Vaters mit Füßen treten und seine Freunde verraten. – Wenn du auf jemanden wütend sein willst, wegen Seths Tod, dann sei es auf mich, weil ich es wollte, dass er sich in jede Entscheidung der Berater fügt!“ Yugi schwieg und starrte Anthony lange in die Augen. „Das soll ich dir glauben? Was ist mit den ganzen Monstern, denen er Ketten angelegt hat? Kein einziges Monster würde ihn verzeihen...“ – „Da irrst du dich kleiner Mensch.“ Griff nun der Chaosmagier ein. Yugi blickte zu dem Magier und runzelte verblüfft die Stirn. Der Magier trug kein Halsband. „Was die Magier betrifft, haben wir dem Pharao verziehen, nachdem wir wussten warum. Ich selber stehe im Dienste des Pharaos.“ Yugi lächelte böse spöttisch. „Na wenigstens hat er einigen die Freiheit geschenkt...“ Da sprang Kuriboh zu Atemu und kuschelte sich an dessen Wange. „Er hat auch die Drachen frei gegeben...“ raune der kleine Kobold. „Bitte bleib bei ihm und halte seine Hand. Mir zu liebe!“ bat die Fellkugel und Yugi starrte Kuriboh fast schon entsetzt an. Warum war der Kleine auf der Seite des Pharaos? „Er oder ich?“ fragte Yugi eiskalt. Kuriboh erstarrte und blickte erschrocken in Yugis Augen. Tränen rannen über sein Gesicht. Das konnte doch nicht Yugis Ernst sein?! Yugi fuhr erschrocken zurück, als er die Tränen des Koboldes und den verzweifelten Blick sah. Was sollte er tun? „Vergiss, was ich gesagt habe...“ murmelte er da entschuldigend und trat an Atemus Bett. „Ich weiß nicht mehr, was ich denken oder fühlen soll. Ich hasse ihn, habe Angst vor ihm und dennoch... will ich an seiner Seite sein...“ Als Anthony diese leisen Worte hörte, verließ er den Raum. Auch die Magier folgten. So waren Yugi, Atemu und Kuriboh alleine. Yugi starrte auf den Pharao. Wie konnte er ihm so fremd werden? Seufzend legte Yugi sich neben Atemu ins Bett, nahm ihn in die Arme und streichelte beruhigend über dessen Haare. Yugi schloss die Augen und irgendwie wünschte er sich wieder zurück in die Wüste, als er Faisal begleitet hatte. Langsam entspannte er sich und ließ sich fallen. Er war leer und matt. Atemu widerte ihn an und dennoch war es so beruhigend und erfüllend, ihn wieder neben sich zu spüren. „Nicht ich habe dein Herz gestohlen, sondern du meins... du elender Lügner...“ murmelte Yugi, bevor er einschlief.
 

„It disappears without even being able to let out a word

Was it freedom that we won?

Feeling the body temperature of my dreams and I pray

Everything gets wasted“


 

Und Yugi wachte an der Seite des Pharaos. Subaru, Anthony und Narbengesicht erzählten ihm alles. Yugi war schockiert, als er das alles hörte und realisierte. Atemu hatte immer wieder wählen müssen zischen dem Leben eines Einzelnen und dem Leben eines ganzen Volkes. Es war grausam! Dennoch konnte Yugi nicht den Schmerz vergessen, als Atemu seiner Bitte nicht nachgekommen war und Narbengesicht nicht hatte ziehen lassen. Yugi konnte nicht vergessen, als er hatte mit ansehen müssen, wie Seth zerfetzt wurden war. Noch immer spürte Yugi Narbengesichts Schmerz, als er dieser ergraut war vom Schmerz und Leid der Menschen. Und dann war da die Lüge... Atemu hatte ihn bis zum Schluss verschwiegen, wer er wirklich war.

Der kleine Dieb war hin und hergerissen. Er wusste nicht mehr was er tun sollte. Er wollte eigentlich nur noch weg und dennoch hielt es sein Herz bei Atemu. „Was soll ich nur tun?“ flüsterte der Kleine verzweifelt, als er unter Tränen Atemu hauchzart einen Kuss auf dessen Lippen hauchte. Er brauchte dringend Luft! „Bitte pass auf ihn auf...“ bat er daher Kuriboh und er verließ großen Schrittes das Gemach. Er rauschte an Subaru und Anthony vorbei und trat vor die Palasttore. Plötzlich war sein Rotauge neben ihm. „Er hat alle Monster freigegeben...“ murmelte Yugi. Der Drache nickte. „Ich brauche Luft!“ Und der Drache neigte sich tief hinab, damit der kleine Mensch auf den Rücken klettern konnte. Mit kraftvollen Schlägen erhob sich Rotauge in die Luft und verschwand blitzschnell am Horizont.

Langsam trat Anthony in Atemus Schlafgemach. Dieser schien ruhig zu schlafen. Sanft streichelte er Kuriboh und dann fühlte er die Stirn des Pharaos. Sie war kühl. Atemu schien das Fieber besiegt zu haben. Nun musste er nur noch aufwachen! Leise verließ er das Schlafgemach wieder. Plötzlich stand Subaru ihm im Weg. „Was ist los mit dir? Seit Yugi hier ist, bist du so komisch!“ Anthony blickte auf und musste leicht lächeln. „Euer kleiner Dieb wird wegen Hochverrats in seinem Land und von dem spanischen und englischen Königshaus wegen seines Könnens, die Drachen zu beherrschen, gesucht.“ Subaru runzelte die Stirn. „Hochverrat?“ Anthony nickte. „Er hat sich wohl als kleiner Junge zwischen Drachenjäger und die Drachen gestellt und letztere zur Flucht verholfen.“ Subaru starrte Anthony entgeistert an. Er wusste nicht, ob das Ernst war oder nur ein Witz. „Anthony... man kann ein Kind wegen sowas doch nicht des Hochverrates bezichtigen...“ Doch als er das traurige Lächeln des Spaniers sah, wusste Subaru, dass es tatsächlich so war. Na super... Da brauchte ja nur einer hier her zu kommen und auf die Idee zu kommen Yugi in Ketten zu legen, da wäre die Hinrichtung der Berater ja noch eine Belustigung für Kinder gewesen im Vergleich, was Atemu dann machen würde. Tief aufstöhnend griff der Offizier sich an seine Stirn und schloss ergeben die Augen. Anthony konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er wusste, wie Atemu reagiert hatte, wenn es um sein kleines Kätzchen ging, also konnte er sich ganz gut vorstellen, zu was der Pharao fähig war, wenn man Yugi zu nahe kam.
 

Yugi saß nun seit fast zwei Wochen an der Seite des Pharaos, als dieser langsam seine Augen öffnete und verwirrt blinzelte. Er fühlte sich geborgen, innerlich ruhig und stark. Allerdings hatte er ziemlich Hunger. Er starrte an die Decke seines Schlafgemaches. Hatte er das alles geträumt? Mühsam setzte er sich auf. Sein Blick glitt durch sein Gemach und blieb an Yugi hängen, der neben ihm im Bett lag und schlief. Atemus Augen verengten sich leicht. Er hatte tatsächlich alles nur geträumt. Sein kleiner Dieb war an seiner Seite und... warm lächelnd hatte Atemu sein Blick weiter gleiten lassen und blieb entsetzt am Eingang seines Gemaches hängen. Dort stand Anthony. Das Lächeln gefror und dem Pharao wurde mit einem Schlag bewusst, dass er nichts geträumt hatte. Aber warum war dann sein kleiner Dieb an seiner Seite? Fragend blickte er wieder zu Yugi und hauchzart streichelte er über die Haare des Kleinen.

„Schön, dass es dir wieder besser geht...“ raunte da eine sanfte leise Stimme. Sein Zauberer der dunklen Magie! Atemu blickte strahlend auf und griff mit einer Hand nach dem Zauberer. Dieser zögerte kurz verblüfft, bevor er sein Haupt neigte, damit Atemu ihn berühren konnte. Dieser griff mit seiner Hand in den Nacken des Zauberers und zog dessen Kopf zu sich herunter und berührte die Stirn mit seiner. „Ich danke dir für alles! Ich danke dir, dass du immer an meiner Seite geblieben bist.“ Die Stimme Atemus war weich, warm und sanft. Die ganze Person strahlte nun eine überlegene Ruhe und Stärke aus. Atemus Gesicht war offen und warm, sein Lächeln, war das ehrliche Lächeln eines kleinen Jungen gewesen.

Mit Hilfe des Magiers erhob sich Atemu aus dem Bett und deckte Yugi mit seiner Decke zu. Unsicheren Schrittes näherte er sich Anthony und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Er drehte sein Kopf leicht nach rechts und erkannte den Chaosmagier, der sich zurückhaltend an die Wand gelehnt hatte und alles schweigend beobachtete. Atemu schloss seine Augen und verneigte sich tief vor diesem Magier. Dieser zuckte leicht verblüfft zusammen. Beschwichtigend legte er eine Hand auf das Haupt des Pharaos. „Alles gut... Komm wieder zu Kräften, es wartet noch viel Arbeit auf dich!“ murmelte er leise, tief ergriffen von Atemus Verhalten. Dieser nickte und erhob sich wieder um freudestrahlend in Anthonys Arme zu landen. „Ich hab keine Kraft mehr...“ hauchte er matt und Anthony lachte warm auf. „Dann komm mal mit! Wir bekommen dich schon wieder hin!“ und immer noch grinsend stützte der Spanier seinen Kameraden in die Küche, um seinen Freund eine Mahlzeit vorzusetzen, von der er noch in zwei Wochen satt sein würde.

Atemu saß seit etwa einer Stunde am Tisch in der Küche und aß alles, was Anthony ihn vorsetzte, als plötzlich leise Schritte erklangen. Der Pharao blickte zum Eingang und erstarrte. Er schaute direkt in violette Augen. „Yugi...“ rief er zögerlich. Keine Antwort. Schweigend näherte sich der Kleine und setzte sich neben Atemu hin um selber herzhaft zuzugreifen. „Egoistisch wie eh und je...“ kommentierte der Kleine nur. Atemu zuckte schuldbewusst zusammen. „Yugi, ich...“ setzte er an, als Yugi ihn mit einem spitzbübischen Funken in den Augen unterbrach. „Du hättest mich wecken können! Ich habe auch Hunger!“ Atemu erstarrte, als er die Augen sah. Wann hatte sein kleiner Dieb ihn das letzte Mal so angesehen? Es schien eine Ewigkeit her zu sein. „Yugi, bitte Verzeih... Ich...“ Doch der Kleine unterbrach den Pharao mit einer abrupten Handbewegung. „Sag nichts... Ich weiß über alles Bescheid. Nur kann ich nicht so einfach alles vergessen. Geb mir Zeit. Ich werde morgen wieder abreisen. Ich brauche Zeit für mich, um alles zu verarbeiten. Ich weiß nicht, ob ich je wieder an deiner Seite sein kann...“ murmelte Yugi, doch dann blickte er entschlossen in die amethystfarbenen Augen des Pharaos. „Daher bitte ich dich... zeig mir ein Mal wie sehr du mich liebst!“ raunte Yugi.
 

„Deep into the red darkness

The life I hold high and proud of“


 

Die Nacht war Sternenklar und der Mond schien hell. Zwei Körper lagen im weiten Wüstensand ineinander verschlungen. Sie küssten sich sanft und dennoch leidenschaftlich. Vor Wollust stöhnten sie auf. „Bist du dir sicher, dass du das willst, Yugi?“ raunte Atemu leise, als er sich nur mit Mühe noch zurückhalten konnte. Yugi blickte mit verschleierten Augen zu Atemu auf. Tiefes Vertrauen lag in diesen, als er heißer vor Leidenschaft hauchte. „Bitte...“

Ein gellender Schrei durchbrach die nächtliche Stille, als Atemu sich in Yugis jungfräuliche Enge versenkte. „Alles gut... Es wird gleich angenehmer für dich...“ raunte der Pharao.

Und es dauerte nicht lange, da waren zwei Körper unter den wachsamen Augen eines Magiers und eines Drachen in einem innigen Liebesspiel vereint.

Seto, der Sohn des Wüstenwindes

Seto, der Sohn des Wüstenwindes
 

Blankes Entsetzen herrschte in der Dorfgemeinschaft, als die Kunde bei Ihnen eintraf, das Seth vom Pharao hingerichtet wurden war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie auf Seths Worte vertraut, das Atemu alles versuchen würde, sein Volk zu schützen und den Frieden zu bringen. Doch nun schien die Hinrichtung Seths zu beweisen, dass dieser sich geirrt hatte. Atemu war nicht besser als Ramses! Im Gegenteil sogar schlimmer! Er hatte Ägypten den Krieg gebracht!

Setos Augen waren eiskalt und starr auf das Feuer gerichtet. Von allen Dorfbewohnern traf es ihm am härtesten, dass Seth hingerichtet wurden war, denn dieser war sein Vater. Langsam schloss er seine Augen und atmete tief durch. DAS würde der Pharao büßen! Sein Dorf lag jetzt schon seit fast zwei Jahren im Krieg zwischen den Fronten. Immer wieder konnten sie das Einfallen der Feinde verhindern. Der letzte Angriff konnte nur mit Seths Hilfe abgewiesen werden, zu einem sehr hohen Preis. Die Wüstenwinde wurden ausgelöscht. Sie alle hatten ihr Leben gegeben, um dieses Dorf und den Landstrich zu schützen. Nur wurden die anwesenden Krieger langsam müde. Zu viele Väter und Söhne sind gefallen und schon wieder stand der Feind vor den Toren. Das Dorf war eingekesselt wurden. Sie hatten eine Bedenkzeit von drei Tagen bekommen, ob sie freiwillig kapitulieren würden. Die Zeit war fast abgelaufen und da erhielten sie alle die Nachricht, dass Seth hingerichtet wurden war – vor nun fast sechs Wochen. Mit Tränen in den Augen wandte Seto sich ab.

Er trat aus dem Gebäude des Dorfältesten, wo sie sich alle versammelt hatten, um die Kunde zu erfahren und nun zu beraten, was zu tun war. Seto stand in der Dorfmitte und blickte sich um. Nach dem letzten Angriff hatten sie wieder alles aufgebaut gehabt. Es erholte sich gerade alles wieder. Und schon wieder sollte alles vernichtet werden, in einem sinnlosen Kampf. War es da nicht besser, zu kapitulieren? Denn vom Pharao konnte man keine Hilfe erwarten... Seto schloss die Augen und lauschte dem Wind. Er konnte und durfte nicht aufgeben! Das hatte sein Vater auch nie gemacht – und immer in den Pharao vertraut! Tief atmete der junge Mann durch und öffnete entschlossen seine Augen. Er würde sein Leben geben, um dieses Dorf zu schützen und für die Ideale Seths kämpfen. Mit kraftvollen Schritten lief er zum Rand des Dorfes. Der Wind frischte auf. Seto konzentrierte sich und bat um die Kraft des Windes, um einen Bannkreis zu ziehen. Um ihn herum entstand eine Windhose. Seto blickte noch einmal auf und vor ihm stand das Heer des Feindes. Es würde alles dem Erdboden gleichmachen! Sämtliche Waffen waren auf den jungen Kämpfer gerichtet und Seto wusste, er würde es nicht schaffen.

Die Dorfältesten und die Krieger traten in dem Moment aus dem Gebäude, als Seto seine Kräfte beschwor. „Seto, halt ein!“ brüllte der Älteste entsetzt. Doch Seto sammelte immer mehr Energie. Er wollte es wissen. Er wollte das Dorf nicht kampflos aufgeben. Er sah in die spöttischen Augen des gegnerischen Heerführers, als dieser eine Handbewegung machte, und ein Pfeilregen auf Seto niederging. Setos Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er das Unheil kommen sah und konnte dennoch nichts machen. Tiefe Wut ergriff ihn, als plötzlich ein großer weißer Flügel ihm die Sicht versperrte.

Atemu flog auf Narbengesicht allen voran, als Anthony ihm von dem Dorf erzählt hatte, das Seth mit seinen Wüstenwinden verteidigt hatte. Er trug alle Abzeichen des Pharaos und sein goldener Schmuck strahlte in der Sonne. Vom weiten sah er das Dorf und die Belagerung. „Schneller!“ raunte er leise. Narbengesicht nickte und erhöhte noch einmal das Tempo. Da entdeckte Atemu eine Gestalt, die sich alleine und langsam dem Feind näherte. Atemu traute seinen Augen nicht. Seth? Dann bemerkte er, wie die Person Magie bündelte und um ihn eine Windhose entstand. Auch der Feind hatte das gesehen und machte sich zum Angriff bereit. Narbengesicht erhöhte noch einmal das Tempo. Als der Pfeilregen niederging, warf sich Narbengesicht mit seiner gesamten Körpergröße zwischen den jungen Mann und dem Angriff. Ein weißer Flügel streifte die Erde und wirbelte Staub auf. Atemu sprang von dem Drachen und stellte sich vor dem Jungen. Narbengesicht stöhnte gepeinigt auf. „Wurdest die getroffen?“ fragte da der Pharao besorgt, als der Drache sich hinter diesen aufbaute. Der Weiße blickte Seto tief in die Augen und atmete seinen Geruch ein. Er war verblüfft. Vor ihm stand ein Sohn des Wüstenwindes. „Mir geht es gut...“ murmelte er leise und blickte dann wieder zu dem Feind. „Magier!“ raunte da Atemu und der Zauberer der dunklen Magie stand neben ihn. „Wie lange wird Anthony brauchen?“ – „Zwei bis drei Stunden mindestens, denke ich...“ antwortete der Zauberer leise. Atemu nickte und wartete, bis sich der Staub legte.

Seto starrte verblüfft in die eisblauen Augen des weißen Drachens. Vor ihm stand tatsächlich einer der legendären weißen Drachen – und an Hand der Narbe im Gesicht erkannte er den Drachen seines Vaters, von dem dieser immer geredet hatte! Und dieser hatte ihn so eben das Leben gerettet. Dann blickte er zu den Magier und dem Krieger vor ihm und er erstarrte. Vor ihm stand der Pharao. Aber... was machte der hier?! Seto war verwirrt. Hatte der Pharao Seth nicht hinrichten lassen? Warum stand er dann jetzt hier?

Narbengesicht vernetzte sich mit der Gedankenwelt des Dorfes und ließ nun die folgenden Gespräche in den Köpfen der Menschen fließen, so dass jeder aus dem Dorf den Drachen und den Pharao hören konnten. „Er ist der Sohn von Seth.“ Sagte er soeben leise. Atemu zuckte zusammen, jedoch nicht seinen Blick von seinen Feinden wendend. „Was?!“ – „Sein Name ist Seto, er ist ein Sohn des Wüstenwindes und mit uns weißen Drachen verbunden.“ Nun blickte Atemu doch zu dem Weißen. „Das heißt?“ – „Seto hat ein reines Herz und darf über mich und meines Gleichen bestimmen. – Wohingegen Yugi über alle Drachen bestimmen darf.“ Atemus Augen verengten sich, als er sich aufstöhnend wieder zu dem Feind wandte. „Noch ein Drachenkrieger...“ – „Du magst uns immer noch nicht?“ Nun drehte sich Atemu komplett um, warf einen musternden Blick auf Seto und dann blickte er Narbengesicht direkt an. „Narbengesicht, ein Drache hat versucht mich zu töten! Ohne Grund. Jeder Krieger weiß, wie man einen Drachen gegenüber zu treten hat und wie man ihn begrüßt und zeigt, dass man keine feindlichen Absichten hat. Diesem Drachen war es egal! Er griff an, um mich und Anthony zu töten! Wenn mein Kätzchen nicht gewesen wäre, hätte er mich rücksichtslos zerfleischt! Wie soll ich da euch vertrauen?!“ Da neigte der Weiße sein Haupt auf die Augenhöhe Atemus und spöttisch blitzten seine eisblauen Augen. „Wie sollen die hier Anwesenden dir vertrauen? Ganz besonders Seto, wo du seinen Vater hast hinrichten lassen?“ Atemu starrte in die Augen und schwieg. Er hatte seine Beweggründe dafür und... – Mit einem Schlag hatte er verstanden. Atemu wusste nicht, warum der Drache ihn angegriffen hatte und so war es vermessen, alle Drachen über einen Kamm zu schieben. Er schloss seine Augen. „Verzeih...“ murmelte er und wandte sich wieder zum Feind. Der Staub hatte sich gelegt.

Alle aus dem Dorf hatten dieses Gespräch gehört und waren verwirrt, entsetzt, wütend und erleichtert zu gleich. Seto war blass geworden und er starrte den Pharao an. Also hatte dieser wirklich seinen Vater hinrichten lassen? Und dann wagte er sich doch tatsächlich hier her?! Noch ehe Setos Verstand begriff, was er machte, brachen sich seine Emotionen Bahn und er warf die gesammelte Energie auf Atemu. „Vorsicht!“ konnte Narbengesicht noch knurren, als die Magieattacke Atemu direkt in den Rücken traf. Dieser taumelte einen Schritt nach vorne und keuchte auf. Brennender Schmerz raste durch seinen Körper. „Halt mir den Rücken frei...“ murmelte er nur leise zu Narbengesicht, als er sich wieder gefangen hatte. Seto starrte entsetzt auf sein Werk. Er rechnete mit allem, nur nicht damit, dass es der Pharao einfach so hinnahm und sich nicht wehrte, geschweige denn reagierte.

Der feindliche Heerführer lachte laut auf, als er sah, dass Seto den Pharao von hinten angegriffen hatte. „Na sieh einer an, der Pharao persönlich begnügt sich hier her.“ Rief er auch laut spöttisch, mit dem Ziel, Atemu lächerlich zu machen. Atemus Augen zuckten kurz zusammen und sein Körper spannte sich. Es hieß nun: Zeit gewinnen! Seine Stimme war leise und leider nicht so kräftig, wie Atemu es sich wünschte. Der Schmerz von Setos Attacke drohte ihn die Besinnung zu rauben. „Soll ich dich heilen?“ fragte da der Magier leise in Gedanken. „Lass gut sein! Wir brauchen Zeit!“ erwiderte Atemu nur und trat einen Schritt vor. „Wie du siehst. Ich sage es dir nur einmal in Guten! Zieh dich zurück und verlasse mein Land!“ Tiefes Schweigen war die Antwort, dann ein dröhnendes Gelächter. „Und was, wenn ich angreife? Wie willst DU ganz alleine uns aufhalten, wo du ja auch Angriffe aus den eigenen Reihen zu befürchten hast?“ – „Lass das meine Sorge sein!“ knurrte Atemu. „Ziehst du dich zurück?“ – „Nein!“ Da fletschte Atemu belustigt die Zähne. „Dann geh unter!“ rief er lautstark und im gleichen Moment ließ er blitzschnell seine rechte Hand offen neben seinen Körper runterfallen. Das Zeichen für seinen Magier.

Der Zauberer der dunklen Magie nickte kurz und plötzlich erschien unter ihm und dem Pharao ein großer Bannkreis aus Schriftzeichen, durch dem sich ein Pentagramm zog. Ein rotgoldener Lichtstrahl schoss aus der Erde gen Himmel und der Magier und der Pharao vereinigten sich. Atemu griff nach dem Zepter und starrte durch die Augen seines Magiers zu seinem Feind. Dann stieß er das Zepter tief in die Erde vor sich und kreierte einen riesigen Bannkreis, der sich um das ganze Dorf legte und eine unsichtbare Kuppel schloss das Dorf schützend ein. Zur rechen Zeit, denn kaum hatte Atemu die letzten Worte ausgesprochen gehabt, gab der Heerführer einen schneidenden Befehl und das Dorf wurde angegriffen. Feuerpfeile, Feuergeschosse und Magieattacken regneten auf das Dorf nieder, was jedoch vom Bannkreis abgefangen wurde. Atemu brach sofort in die Knie, als die erste Angriffswelle über die unsichtbare Kuppel hereinbrach. Zu sehr hatte er die Kräfte unterschätzt, die sich auf seine Magie auswirkten und denen er widerstehen musste. Nur mühsam kam er wieder auf die Beine. In seinem Kopf hörte er immer wieder Beschwörungsformeln, die der Magier leise vor sich hin raunte. Sie wirkte beruhigend auf Atemu und er konnte sich besser konzentrieren.

„Nicht schlecht Pharao!“ rief da der Heerführer, als Atemu die erste Angriffswelle abwehren konnte. „Doch was machst du, wenn man dich wieder von deinem Magier trennt? – Bringt die Zauberer!“ lautete der herrische Befehl. Atemu erblasste. „Narbengesicht, hol Hilfe!“ bat der Pharao in Gedanken. „Atemu, du musst mir da ein Loch in der Barriere schaffen. Ich komm sonst nicht durch...“ erwiderte der weiße Drache bedenklich, während er die durchsichtige Hülle musterte. „Es wäre zu viel Energie... Das hältst du nicht aus!“ meinte der der Zauberer der dunklen Magie. Atemu erstarrte, als man die Magier brachte. Es waren alles Chaosmagier. Allerdings keiner wirkte so erhaben und mächtig wie seiner. Und sie trugen alle Halsbänder! Sklaven! „Gib auf! Vergiss uns! – Das schaffst du nicht!“ raunte da Seto in Gedanken entsetzt im Angesicht der Magier. „Schau mal... der Kleine lernt!“ spöttelte Narbengesicht amüsiert. Atemu hob eine Augenbraue. „Lass Seto in Ruhe...“ Da begann der Angriff.

Vor ihm standen fünfzehn Chaosmagier. Zehn bombardierten die Stelle direkt vor Atemu mit ihrer Magie den Bannkreis. Die Kraft der Druckwelle ließ den Pharao zurücktaumeln, bis er gegen den großen Körper des Drachen prallte. Die anderen fünf Magier sprachen unermüdlich Bannformeln, um Atemu und seinen Zauberer zu trennen. Und hinter den Magiern wartete ein gefangener Drachenfluch, der den Pharao sofort angreifen sollte, wenn dieser von seinem Magier getrennt wurden war. „Befrei sie, wenn du das überleben willst...“ murmelte der Weiße. „Wie soll er das machen?!“ fragte da Seto. Der Drache grinste breit. „Beobachte und lerne... – Vertrau ihm!“ Atemu hatte die Worte gehört. „Dein Vertrauen in mich möchte ich auch haben...“ murmelte er skeptisch vor sich hin. Ein warmes Glucksen in seinen Gedanken war die Antwort des Weißen. „Zauberer... Kannst du die Magie in den Halsbändern bannen?“ fragte da Atemu, der immer mehr Kraft einsetzen musste, um zu einen den Bannkreis aufrecht zu erhalten und zum anderen mit seinem Magier verschmolzen zu bleiben. „Nicht, wenn wir verschmolzen sind. Dafür müssen wir uns kurz trennen.“ Atemu überlegte kurz, dann nickte er. „Dann los!“ Der Zauberer begann sich zu konzentrieren und bündelte nun seine Magie, um diese sofort loszuschicken, wenn die zwei Körper sich wieder trennten. Atemu knickte leicht ein, als plötzlich die Kraft seines Magiers fehlte. Entsetzt keuchte er auf. Wild entschlossen blickte er zu den Magiern vor sich und stemmte sich mit seiner ganzen Kraft gegen den Angriff. „Atemu... Jetzt – Lass los!“ befahl der Magier und Atemu blinzelte kurz auf. Ein greller Lichtstrahl schoss in den Himmel und der Pharao und der Magier trennten sich wieder. Kaum jedoch spürte der Zauberer seine Eigenständigkeit, ließ er seiner Magie freien Lauf. Als Atemu und der Zauberer der dunklen Magie sich trennten, brach der Schutzwall zusammen und der Drachenfluch griff mit einer dunklen Magieattacke den Pharao an. Dieser schwarze Energiestrahl traf Atemu frontal und warf ihn brutal zurück, während Narbengesicht Seto in Sicherheit brachte. Das letzte, was Atemu erkennen konnte, bevor der Strahl ihn traf, war das die Halsbänder von den Monstern abflogen. Atemu schrie gellend auf vor Schmerzen, als der Energiestrahl ihn traf und ihm drohte zu zerfetzen. Das Herz krampfte sich zusammen und die Lungen weigerten sich, sich wieder zu öffnen. „Magier – JETZT!“ brüllte Atemu in Gedanken, als er brutal mit dem Rücken auf den Boden aufprallte und immer weiter schlitterte. „Es ist zu gefährlich! Du bist zu schwer verletzt!“ rief der Zauberer besorgt. „TU ES!“ befahl Atemu laut brüllend. Seine Stimme dröhnte nur vor Wut und Verzweiflung und der Magier konnte nicht anders als zu gehorchen. Erneut zog er einen Bannkreis und ein grellroter Lichtstrahl schoss von der Erde in den Himmel. Der Pharao und der Magier vereinigten sich erneut. „Lass mich übernehmen!“ bat der Magier, als er spürte wie schwach Atemu war. Dieser nickte leicht und so unterwarf sich die Seele des Pharaos völlig der Seele des Magiers bevor sie sich vereinigten.

Fest stemmte sich der Magier in den Boden, als er erneut den Schutzbann blitzschnell hochzog. Dann beschwor er die dunklen Schatten außerhalb des Bannkreises. Eine phosphorzierende Dunkelheit erschien und griff nach jedem menschlichen Leben, außerhalb des Bannes. Alles verging zu Asche und Staub, was menschlich war. Schrille Schreie aus Angst, Panik und Schmerz durchschnitten die Dunkelheit. Und zwischendrin immer wieder Brüllen und Knurren verschiedener Monster. Als der Magier keine menschliche Seele mehr spürte, machte er eine brutale Armbewegung zur Seite und die Dunkelheit und der Bannkreis verschwanden von einer Sekunde zur nächsten. Auch Atemu und der Magier trennten sich. Atemu lag am Boden. Er bekam keine Luft mehr, sein Körper schmerzte. „Bleib ruhig!“ befahl der Zauberer dumpf, als er den Pharao berührte. Wohltuende Wärme durchzog Atemus Körper, als er nach und nach wieder Luft bekam und die Schmerzen nachließen. Und plötzlich war der Spuk vorbei. Der Magier erhob sich und trat drei Schritte zurück. Er hatte etwas getan, was eigentlich strengstens verboten war und was vorher noch nie jemand gewagt hatte. Er hatte die Seele eines Menschen unterworfen! Wie würde Atemu darauf reagieren?

Sämtliche Dorfbewohner hatten ängstlich alles beobachtet gehabt. Verwirrt hatten sie die Gedanken und das Gespräch zwischen den Pharao, dem Drachen und dem Magier gelauscht. Empört aufgeschrien, als Seto den Pharao aus dem Hinterhalt angriff und entsetzt da gestanden, als der weiße Drache Seto vor den Angriff des Drachenfluchs in Sicherheit brachte. Tiefes Schweigen herrschte, als alles mit einem Schlag vorbei war. Aller Blicke waren auf dem Pharao gerichtet, der sich mühsam aufstemmte, aber immer wieder in die Knie brach. Da löste sich ein alter Greis aus der Menge und näherte sich Atemu. Seine alten Hände griffen stark nach den Oberarmen des Pharaos und stützte diesen, als er sich erneut hochstemmte. Taumelnd kam Atemu endlich auf die Beine. Verwirrt blickte er zu seinen Magier, alles um sich herum vergessend. „Sie sind tot?“ fragte er leise. Der Magier nickte. „Alle?“ – „Alles, was menschlich und in diesem Schatten war.“ Atemu schwieg. Er atmete tief durch. „Du hast gerade eine ganze Armee vernichtet?“ Der Magier nickte leicht. „Beantworte mir eine Frage!“ tiefe, unterschwellige Wut sprach aus der Stimme Atemus. „Können das alle Magier?“ – „Das können alle Wesen, die die dunkle Magie beherrschen und das Schattenreich rufen können.“ Schweigen. Atemu löste sich von dem Greis und trat auf den Magier zu. Seine Augen glühten vor Wut, Empörung, Hass. Da stand plötzlich Narbengesicht vor ihm. „Beruhige dich, Pharao! Bevor du etwas sagst oder tust, was du bereuen wirst.“ Atemu starrte in die eisblauen Augen. „Ich habe bereits etwas getan, was ich bitter bereue! Seth ist tot!“ brüllte Atemu den Drachen an. „WARUM musste ich still halten, immer wieder schlucken, Opfer bringen, Seth hinrichten lassen, wenn ihr Monster diese Macht habt, alles zu zerstören?! – Erkläre es mir, Drache!“ spie der Pharao fast schon die Worte in Narbengesichts Gesicht. „Lass mich erklären, mein Freund...“ erklang da von einer ganz anderen Seite eine sanfte Stimme.
 

Subaru und Anthony jagten auf ihren Pferden dem weißen Drachen hinterher, doch irgendwann war dieser zu schnell und nicht mehr zu sehen. Hinter Anthony und Subaru ritten die Leibgarde des Pharaos und ein Heer aus fast fünfhundert Leuten, was jetzt allerdings sehr weit auseinander gezogen war, da nur knapp hundert Mann das Tempo von Subaru und Anthony mithalten konnten.

Sie ritten schon stundenlang, als Subaru Rast machen wollte. Anthony wollte soeben dem zu stimmen, als er vor sich in weiter Ferne eine schwarze phosphorzierende Kugel erblickte, die in sich mehrere Wirbel hatte. Das Schattenreich. Einmal hatte er es zu sehen bekommen, als Atemu böse von Kameraden zusammengeschlagen wurden war und sein Magier ihn schützen wollte. Doch diese Kugel vor sich glühte violett und rot und hier und da schossen blutige Blitze in die Luft. Das hier war anders! „Subaru... Keine Rast! Ich glaube, da vorne dreht gerade jemand durch! Wir müssen uns beeilen, um größeres Unheil zu verhindern!“ Subaru hatte die Kugel auch entdeckt und nickte. Gemeinsam gaben sie ihren Pferden noch einmal brutal die Sporen und näherten sich im rasanten Tempo dem Schattenreich, als es plötzlich verschwand. Subaru stockte kurz, doch Anthony ritt unerbittlich weiter und riss schlussendlich sein Pferd schlitternd auf die Hinterhand, als er den Rand des Dorfes erreichte. Atemus vor Wut klingende Stimme war weithin zu hören. So eben hörte Anthony die letzten Worte: „WARUM musste ich still halten, immer wieder schlucken, Opfer bringen, Seth hinrichten lassen, wenn ihr Monster diese Macht habt, alles zu zerstören?! – Erkläre es mir, Drache!“ Anthony atmete tief durch. Das war eine gute Frage. Der Einsatz der Monster hätte alles viel leichter gemacht... „Lass mich erklären, mein Freund...“ rief er sanft, als er sein Pferd wieder anritt und sich Atemu näherte. Subaru und die anderen erreichten so eben das Dorf. Der Offizier gab einen Wink und sofort jagten die Soldaten davon, um die Gegend zu sichern.

Atemu drehte sich zu Anthony rum. „Sprich!“ forderte er herrisch. Anthony schluckte schwer, als er seinen Freund sah. Die Kleidung zerfetzt, blutverschmiert, der Körper bebend und dann der herrisch Befehl. In diesem Moment wusste er, dass er vor einem wahren Herrscher stand. Nie hätte er es sich träumen lassen, dass er sich mal so klein neben Atemu vorkommen würde. Vor dem Pharao parierte er sein Pferd durch und stieg ab. Leicht verneigte er sich. „Ich wusste, dass dein Magier diese Macht besitzt.“ Begann Anthony leise, dabei Atemu fest in die Augen blickend. „Man hätte alles viel einfacher haben können, und die Monster ihre Magie wirken lassen sollen, um deine Feinde zu vernichten. Das stimmt. Nur gibt es da das Problem, dass diese Magie nur freie Monster beherrschen. Die nicht versklavt sind, weil sie eine Macht entfalten, die von den ganzen Halsbändern unterdrückt wird. Wie du selber gesehen hast, ist diese Macht sehr gefährlich. Und die Magiebänder unterdrücken alles, was uns gefährlich werden könnte. Also hättest du die freien Monster davon überzeugen müssen, dir zu folgen und dir zu gehorchen, damit du diese Magie einsetzen kannst. Hinzu kommt, dass diese Magie nicht kontrollierbar ist und sehr viel Kraft beansprucht. Sobald einmal so etwas entfesselt wird, wird das Monster dann anschließend einen längeren Zeitraum nicht mehr seine Magie einsetzen können. Diese Magie unterscheidet nicht zwischen gut und böse. Du hättest viele von deinem Volk und noch mehr von deinen Freunden opfern müssen, um deine Feinde zu vernichten. Selbst wenn du dies geschafft hättest, wären von allen Seiten deine Feinde gleichzeitig in das Reich eingefallen und selbst die Monster, die diese Magie beherrschen hätten dann den Feind nicht mehr aufhalten können und ein Großteil deines Volkes wäre dem ganzen zu Opfer gefallen. – Es tut mir Leid um Seth.“ Anthony neigte entschuldigend sein Haupt. Atemu lauschte den Worten. Er zitterte am ganzen Körper. „Stimmt das, Drache?“ fragte er Narbengesicht emotionslos. Der Weiße berührte den Pharao sanft mit seinen Nüstern und atmete aus. Atemu schloss seine Augen und rang um Beherrschung.

Seto hatte alles mit angehört und war leichenblass geworden. Hieß das also, dass sein Vater zu Recht für die Ideale des Pharaos gestorben war. Dass dieser es sogar gewollt hatte? Plötzlich stand Atemu vor ihm und blickte in seine Augen. Seto wollte ihn hassen, wollte ihn vernichten und wohl hob er auch schon seine Fäuste, als sich plötzlich der Pharao vor ihm verneigte. Vor ihm in die Knie ging und um Verzeihung bat. Alle Anwesenden waren geschockt. Noch nie hatte sich ein Pharao vor einem Vertreter des einfachen Volkes verneigt. Es bewies, dass dem Pharao jeder einzelne Untertan wichtig war! Der Greis, der Atemu schon aufgeholfen hatte, trat nun an die Beiden ran und während er eine Hand auf die Schulter des Pharaos legte, blickte er fest in Setos Augen. „Wenn niemand weiß, wie du dich fühlst – der Pharao tut es. Auch er hat seinen Vater auf brutale Art und Weise verloren, als er noch ein kleines Kind war.“ Und zu dem Pharao gewandt. „Mein Pharao, es gebührt sich nicht für euch, sich vor uns zu verneigen. Bitte erhebt euch.“ Atemu blickte auf und schaute in Setos Augen. „Ich fragte ihn, warum er immer noch mir treu ergeben war, nach allem, was ich getan habe. Da antworte er mir, dass er in meine Augen gesehen hätte, dass ich ganz genau wüsste, wie es in meinem Land aussieht und es mir das Herz zerreißt, mit jedem Opfer, was ich bringe. Es ist keine Entschuldigung dafür, dass ich die Hinrichtung nicht verhindert habe, jedoch wusste ich, dass er mich verstand und mir die Zukunft seines Drachen und dieses Landes in meine Hände legte.“ Seto schwieg. Er glaubte dem Pharao. Dann blickte er zu Narbengesicht. Er hob die Hand und der Drache berührte die Hand mit seinen Nüstern, mit seiner Stirn. Seto nickte leicht und Atemu erhob sich. Der Pharao lächelte erleichtert auf und blickte dankbar zu dem Greis, als es ihm plötzlich schwindlig wurde, seine Beine den Dienst versagten und er fiel.

Seto blickte eher zufällig zu Atemu, als er ein klägliches Seufzen hörte. Er sah den Pharao fallen. Aus einem inneren Drang heraus, stand er plötzlich hinter Atemu und fing ihn auf. Noch nie hatte er erlebt, dass sich jemand vor ihm verneigt hatte und dieser Pharao hatte es getan – ohne zu zögern! Sein Vater hatte ihn mal gefragt, wem er dienen würde, da meinte Seto, dass er jemanden dienen würde, der selbst das geringste Leben achtete – und irgendwie wusste Seto, dass dieser jemand Atemu war. Ironisch lächelte er über sich, als ihm bewusst wurde, dass er soeben in die Fußstapfen seines Vaters getreten war.

Obelisk, der große Kriegsgott

Obelisk, der große Kriegsgott
 

Es dämmerte bereits und man hatte auf dem Dorfplatz ein großes Feuer angezündet. An diesem saß Atemu in eine alte Wolldecke gewickelt. Er fühlte sich noch immer schwach. Während Subaru sich ernsthafte Sorgen machte, war Anthony nur am Grinsen – Es war halt sehr kräfteraubend, gleich zweimal hintereinander sich mit einem Magier zu vereinigen. Seto selber fühlte sich sehr überfordert, dass der Pharao im Staub am Feuer saß. Die ganze Dorfgemeinschaft hatte sich in einem Kreis um das Feuer versammelt und lauschte gespannt.

„Möchtet ihr was essen, mein Pharao?“ fragte der Greis. Atemu blickte müde auf. „Bitte, nenn mich Atemu, Väterchen. – Subaru soll den gesamten Proviant an euch verteilen!“ meinte Atemu warm. Da trat plötzlich ein kleiner, etwa zehnjähriger Junge, eingehüllt in Lumpen aber mit offenem Blick, mutig vor den Pharao. „Ich kenne dich!“ rief er laut und herausfordernd. Atemu blickte auf und musste warm lächeln. „Ich kenne dich auch...“ antwortete er. „Du hast uns immer mit Lebensmitteln versorgt!“ meinte der Knabe mit stolzgeschwellter Brust. Atemu nickte. Subaru hatte sich gerade abwenden wollen, als er die Worte des Kleinen hörte und drehte sich wieder zu dem Pharao um. „Atemu, du hast was?!“ fragte er entsetzt. Atemu vergrub sein Gesicht in seine Hand. „Ich habe mich aus dem Palast geschlichen und diesem Dorf des Öfteren Lebensmittel gebracht. – Gerade als die Dürre nach einem Angriff so schlimm war...“ murmelte er halbverschluckt. „Und dein Magier wusste davon?“ – „Er hat es mir ermöglicht, dass ich ungesehen aus dem Palast gelangen und unerkannt die Lebensmittel verteilen konnte...“ Subaru starrte seinen Pharao an. Und überlegte ernsthaft, ob er hier einen erwachsenen Mann oder einen kleinen Jungen vor sich hatte! „Darüber reden wir noch...“ wandte sich Subaru ab. Anthony hatte alles gehört und trat an Atemu ran. „Gibt das Ärger?“ – „Er ist der Offizier meiner Leibgarde. Er ist für mein Leben verantwortlich... Ich darf eigentlich nichts machen, ohne ihm Bescheid zu geben... Bin ich froh, dass dieses Versteckspiel vorbei ist!“

Und Subaru teilte den gesamten Vorrat im Dorf auf, während Atemu alles beobachtete. „Anthony?“ begann er plötzlich. Anthony trat neben den Pharao. „Ich brauche Zeit für mich... Nimm Subaru und reitet schon mal vor zu den nächsten Dörfern. Säubert die Grenzen!“ Anthony blickte lange zu Atemu runter, der die ganze Zeit ins Feuer gestarrt hatte, während er sprach. Ihm gefiel Atemus Entscheidung nicht, doch musste er sie akzeptieren. Zu viel ist in den letzten Wochen passiert... Aber zum Glück hatte der Pharao ja Narbengesicht – von daher... „Pass auf dich auf!“ seufzte Anthony und ging zu Subaru. Atemu nickte. Es dauerte nicht lange, da machten sich Anthony und Subaru gemeinsam auf den Weg.

Das Dorf hatte wieder den gewohnten Tagesablauf angenommen. Es wurde Essen zu bereitet. Kinder tollten rum, Männer unterhielten sich und berieten über die weitere Vorgehensweise. Und in dem ganzen Gewusel, saß der Pharao im Staub am Feuer, eingehüllt in eine alte Baumwolldecke, und beobachtete alles. Jetzt in diesem Moment fühlte er sich nicht als Atemu, der Pharao, sondern als Faisal, der Weggefährte Yugis. Mit leisen Tränen in den Augen blickte er zu den Sternen. Wo Yugi jetzt war? Ob es ihm gut ging?

Seto beobachtete Atemu bereits die ganze Zeit und zuckte betroffen zusammen, als er die Tränen in Atemus Augen glitzern sah. Leise trat er nun an den Pharao ran. „Mein Pharao...“ begann er vorsichtig. Doch Atemu unterbrach ihn mit einer energischen Handbewegung. „Atemu. Nicht Pharao. Atemu! – Was gibt‘s?“ blickte Atemu Seto an. Dieser atmete tief durch. „Während der gesamten Zeit... kam immer in unregelmäßigen Abständen eine dunkle Gestalt, die Lebensmittel für mehrere Wochen da gelassen hatte. Und immer kamen die Lebensmittel, wenn wir es am dringendsten brauchten. – Danke, dafür. Du hast vielen von uns das Leben gerettet!“ Atemu seufzte. „Seto, ich weiß nicht, ob ich richtig gehandelt habe. Ich habe nur versucht, das Erbe meines Vaters zu erhalten, mein Volk, das Land zu retten. Dabei musste ich viele Opfer bringen. Das größte Opfer war Seth! – Ich habe versucht mit meinen Möglichkeiten, die ich hatte, etwas Leid unter meinem Volk zu lindern. Es freut mich, wenn es mir hier in diesem Dorf geglückt ist.“ Atemu hatte seine Augen wieder ins Feuer gerichtet. Seto schwieg. Er war ergriffen von diesen ruhigen, sanften und bedauernden Worten. Der Pharao litt! „Seto, Narbengesicht sagte, dass du über die weißen Drachen mit eisblauem Blick befehlen kannst. Nimm Narbengesicht, lerne ihn kennen, mache dich mit ihm vertraut und fliege die Grenzen ab.“ – „Und was ist mit dir?“ fragte Seto verwirrt. „Mach dir um mich keine Sorgen! – Geh! Narbengesicht ist der Drache deines Vaters. Er soll dich nun tragen!“ Seto starrte den Pharao verwirrt an. Was bezweckte dieser? Doch dann nickte er und trat zum Drachen. Keine fünf Minuten später flog Narbengesicht mit Seto davon.
 

„Warum schickst du alle fort?“ trat der Greis wieder an Atemu ran und bot ihm eine Schale mit Fleisch. Dieser blickte leicht auf und lächelte warm, als er die Schüssel Fleisch entgegen nahm. „Danke. – Ich brauche Zeit für mich. Ich habe das Gefühl, das mir alles über den Kopf wächst, seit Seths Tod. Als ich heute mit Narbengesicht ankam, dachte ich zuerst, Seto wäre Seth!“ Der Greis nickte und setzte sich neben Atemu, während dieser langsam aß. Der Greis blickte nachdenklich ins Feuer. „Ja... Seto ist das genaue Ebenbild Seths, als dieser jung war. Seto müsste in etwa dein Alter sein. Nimm ihn an deine Seite. Er ist ein weiser Berater!“ – „Väterchen, dass brauchst du mir nicht erst zu raten! Ich wollte von Anfang an Seto an meiner Seite haben.“ Schweigen. „Darf ich offen reden?“ Atemu blickte zu dem Greis, als dieser die Worte leise aussprach. „Sprich.“ – „Atemu, wie kommt es, dass du dich dem Magier komplett unterworfen hast?“ Atemu blickte den Greis fragend an. Dieser lächelte warm. „Magier... tritt dazu!“ bat er leise und schon erschien der Zauberer der dunklen Magie neben Atemu ans Feuer. Der Greis begann.

„Wenn sich zwei Wesen miteinander verschmelzen, vereinigt sich alles der beiden Personen. Der Atem, der Herzschlag... Einfach alles, selbst der Körper. Außer die Seele. Der gemeinsame Körper wird zum Gefäß für zwei Seelen. Es kann allerdings nur eine Seele in dem Gefäß existieren. Das heißt, dass nur einer von den beiden Wesen, die Gedanken, den Körper beherrschen kann. Damit dies möglich ist, muss sich eine Seele der anderen komplett unterwerfen und alle Selbstbestimmung aus der Hand geben...“ Atemu blickte den Greis fragend an. „Was meinst du damit?“ – „Was hast du gefühlt, als du dich das zweite Mal mit deinem Magier vereinigt hast?“ Atemu starrte in die Augen des Greises, dann blickte er wieder ins Feuer. Was hatte er gespürt? Wenn er das selber wüsste! „Ich weiß es nicht. Ich war wie schwerelos. Ein Zuschauer. Ich habe zu geschaut, was passiert und war doch nicht in der Lage es zu verhindern. Ich fühlte mich gelähmt. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Und doch spürte ich eine sehr starke, mächtige Präsenz, die mich zu beruhigen suchte...“ – „Du hattest Angst...“ erklärte da plötzlich der Magier. „Es ist uns Magiern verboten, die Seele eines Menschen zu unterwerfen. Aus dem einfachen Grund, weil eurer Drang nach Freiheit und der Selbstbestimmung so ausgeprägt ist, dass eure Seele Schaden nehmen kann oder ihr so durchdreht, dass ihr alles um euch zerstört, aus Angst eure Freiheit zu verlieren. – Ich sah jedoch, wie wichtig es dir war, dich wieder mit mir zu vereinigen, um die Menschen hier zu beschützen. Darum bat ich dich, mir das zu überlassen, weil du schon nur das Verschmelzen nicht überlebt hättest. Das Gefühl, was du hattest, war Angst, fast schon Panik, als du zuschauen musstest und nichts tun konntest. Ich habe die ganze Zeit versucht, deine Seele und deinen Geist zu beruhigen.“ Der Greis lauschte den Worten des Magiers und beobachtete dabei den Pharao. „Jeder Schaden des Gefäßes wird als Schmerz des Geistes umgewandelt, der den Körper beherrscht. So konnte der Magier frei agieren, obwohl, du so schwer verletzt warst. In dem Moment, wo der Magier deine Seele unterwarf und die Kontrolle des Körpers übernahm, waren Schmerzen und Verletzungen nicht mehr existent...“ ergänzte der Greis. Atemu erhob sich abrupt und atmete tief durch. „Danke...“ murmelte er leise. Der Greis nickte. „So eine Erfahrung lässt niemanden kalt. Deshalb möchtest du deine Ruhe haben?“ Atemu nickte. Der Greis erhob sich. „Ich werde jetzt schlafen gehen. Bleibe nicht mehr allzu lange hier draußen, Atemu. Du musst dich ausruhen!“ Damit verabschiedete sich der Greis und betrat seine Hütte, um schlafen zu gehen, mit dem Wissen, dass der Pharao nicht folgen und am nächsten Morgen auch nicht mehr anwesend sein würde.
 

Langsam ging die Sonne auf und tauchte die weite, unendliche Wüste in ein flammendes Meer. Die warmen Strahlen vertrieben langsam die Eiseskälte der Nacht und der einsame Wanderer atmete tief durch. Unschlüssig betrachtete er den Himmel und dann das Dünenmeer direkt vor ihm. Die Fläche kam ihm merkwürdig vertraut vor, auch wenn es höchstwahrscheinlich Einbildung war... Aber... Seufzend ließ sich der Wanderer dort nieder, wo er gerade stand. Er war jetzt seit etwa einer Woche unterwegs. Alles zu Fuß und in der Regel wanderte er in der Nacht. Wo er genau hin wollte, wusste er nicht. Er wollte einfach nur für sich sein.

Der Wanderer war Atemu. Begleitet von seinem Magier, der ihn durch seine Magie mit Wasser und Nahrung versorgte, war er, kurz nach dem der Greis gegangen ist, aufgebrochen. Während der Zeit des Wanderns hing er seinen Gedanken nach. Wie oft ließ er die letzten Jahre an sich vorbeiziehen und wie oft verweilten seine Gedanken zu lange bei seinem kleinen Dieb. Ob er Yugi je wiedersehen würde? Ob Yugi überhaupt noch an seiner Seite sein wollte? „Sag... das vor uns ist das Dünenmeer, was ich mit Yugi durchritten bin, oder?“ fragte Atemu leise, als er vor sich blickte. Der Magier schaute in die Weite und ließ seine Magie wirken. Und tatsächlich spürte er noch nach all den Jahren eine ganz schwache Spur von Yugi und Atemu. „Ja... direkt vor uns, auf der anderen Seite des Dünenmeeres spüre ich noch Reste des Lagers, wo wir Narbengesicht haben weinen hören.“ Atemu grinste leicht und ließ sich auf den Rücken fallen. Also war er auf der Suche nach Yugi? Oder eher auf der Suche nach seinem Selbst, da er einfach zu lange nicht er selbst sein konnte... durfte und sich verbiegen musste, um anderen zu gefallen. „Wie gerne würde ich an deiner Seite sein und die Verantwortung einfach abgeben...“ murmelte Atemu leise, als er einschlief. Der Magier musterte seinen Freund lange und intensiv. Leichte Traurigkeit huschte über das Gesicht des Magiers. Atemu litt unter der Bürde des Pharaos!

„Geschafft...“ brach Atemu kraftlos zusammen. Zwei Tage hatte er gebraucht, um durch das Dünenmeer zu gelangen und nun war er einfach nur fertig. Die Hitze hatte ihn mehr als nur zermürbt. Schwer rang er nach Luft und sein Herz drohte zu zerbersten. Langsam ging die Sonne unter und der Pharao wusste, dass er eigentlich sich erheben müsste um ein Feuer zu entfachen und... Atemu war zu kaputt. Kaum hatte sein Atem sich beruhigt, fiel er auch in einem tiefen Schlaf. Der Zauberer der dunklen Magie schüttelte nur belustigt den Kopf darüber und entfachte ein Feuer, damit Atemu die Nacht nicht erfror. Der Pharao hatte die letzten beide Tage sehr viel nachgedacht, ganz besonders, was das Verhältnis zu seinem Dieb betraf. Anscheinend war er zu einem Entschluss gelangt, denn die letzten zwei Stunden, hatte Atemu eine enorme Kraft ausgestrahlt. Leise trat der Zauberer ein Stück in die Wüste und ließ den Wüstenwind um seinen Körper spielen. Hier hatten sie vor über fünf Jahren den weißen Drachen weinen gehört. Was war alles passiert seit dem? Nie hätte sich der Zauberer träumen lassen, dass er in Atemu mal einen Freund sehen würde, doch spätestens seit dem der Pharao sich mit seiner Seele dem Zauberer unterworfen hatte, wusste dieser, dass der Pharao sein Freund war. Und er schwor sich hier unter dem Wüstenhimmel, dass er immer für seinen Freund da sein würde und alles tun würde, damit Atemu mit seinen kleinen Dieb wieder vereint sein würde!
 

Atemu und sein Zauberer standen bei Sonnenaufgang am Rand des Schotts. Sie überlegten. „Das letzte Mal, war der Pfad ziemlich abgesunken...“ murmelte Atemu. Der Zauberer nickte nur. „Yugi hatte gemeint, das die Oberfläche schwer beschädigt sein müsste... und der Pfad war verbunden und... Alles brach zusammen, als Yugi und der Rotauge in den Schott versanken...“ Der Magier nickte erneut. Atemu biss sich auf die Lippen. „Und nun? – Wie sollen wir heil rüberkommen geschweige denn den richtigen Weg finden?“ Der Zauberer grinste leicht, als er nur mit seinen Schultern zuckte. Atemu registrierte das Grinsen. „Ja, ich weiß... ich bin hier draußen hilflos der Naturgewalt ausgeliefert! Yugi hat mir da einiges voraus!“ – „Schön, dass du das selber erkennst...“ spöttelte da freundschaftlich der Magier. Belustigt schüttelte Atemu seinen Kopf und er schaute wieder nachdenklich über die Salzseefläche. Plötzlich berührte ihn etwas sanft an seiner rechten Handfläche. Atemu stutzte. Er kannte diese Aura... Langsam drehte er sich rum und stand einem riesigen Drachenfluch gegenüber, der soeben seinen Kopf wieder hob und den Pharao warm musterte. „Endlich habe ich dich gefunden, mein Pharao! – Steig auf meinen Rücken. Seto baucht deine Hilfe.“ Die Stimme des Drachen war tief und dröhnte nur so in Atemus Gedanken. „Seto?“ fragte er ungläubig und schwang sich schon auf den Rücken des Drachen. „Er hat sich auf einen Kampf um Macht eingelassen, den er nicht gewinnen kann!“ raunte der Drache leise, während er sich in die Luft erhob. „Ein Kampf um Macht?“ – „Seto möchte ein bestimmtes Monster beherrschen. Es hat sich bereit erklärt, sich dem Befehl Setos zu beugen, wenn dieser ihn in einen Kampf besiegt.“ – „Und wo ist das Problem?“ Der Drache lächelte sanft. „Seto hat einen Gegner, den er nicht besiegen kann! Er hat einen Kriegsgott zum Gegner...“ Atemu schwieg zu diesen Worten. Seine Gedanken rasten. Einen Kriegsgott? Unter den Monstern gab es kein einziges, was einem Kriegsgott gleich kam. Es sei denn... Atemu hielt den Atem an und er wurde blass. Doch nicht etwa... „Beeil dich Drachenfluch!“ befahl Atemu gepresst und der Drache setzte sich in Bewegung.

In wilder Jagd durchpflügte der Drache den Himmel und näherte sich dabei unaufhaltsam dem Tal, wo die Wüstenwinde damals ihr Versteck hatten. Atemu verkrampfte sich leicht. Er fühlte sich nicht ganz wohl dabei. War er innerlich noch nicht bereit, diesen Ort zu betreten mit den ganzen Erinnerungen. „Müssen wir hier her?“ fragte er daher den Drachen. Dieser antwortete nicht, sondern glitt über den letzten Gipfel des Tales und verharrte. Atemu starrte auf das Bild vor ihm und keuchte entsetzt auf. Auch dem Drachenfluch war es nicht geheuer, so wie ein nervöses Zittern durch seinen Körper raste. Beruhigend versuchte Atemu eine Hand auf den Hals des Drachen zu legen, allerdings zitterte der Pharao selber vor tiefer Angst.

Vor Ihnen ragte ein riesiges Monster in den Himmel. Blitze zuckten um die riesige Gestalt. Dieses Monster sah wie ein in eine Rüstung gekleideter Barbar aus. Breite Schultern, breites Kreuz, überdimensional riesige Hände, schmale Taille. Aus dem Rücken ragten zwei kurze, aber kräftige scharfkantige Flügel hervor. Seine Schultern waren mit Hörnern verziert und aus der Stirn ragten ebenfalls zwei kräftige Hörner hervor. Zwischen den Hörnern lag ein türkisfarbener Opal, der je nach Stimmung und Lichteinfall seine Farbe änderte. Auf dem Kopf thronte noch ein Horn, was fast schon einer Papstkrone gleich kam. Blutrote und unendlich tiefe Augen blitzten aus dem flachen stämmigen Gesicht. Das Maul wirkte wie der Mund eines Totenschädels mit spitzen Reißzähnen. Das ganze Monster war himmelblau und wirkte wie aus Titan. Man konnte nicht erkennen, ob es eine Rüstung trug, oder ob es der eigene Körper war, so verwachsen schien alles zu sein. Das Monster war so riesig, dass Atemu mit seinem Drachenfluch gerade etwas größer waren, als ein Auge des Monsters. Dieses Monster war Obelisk, der große Kriegsgott! Obelisk war einer von den drei großen Göttermonstern, die nur dem Pharao und dem ägyptischen Volk dienten. Diese Göttermonster waren der Beweis für jeden Zweifler. Wenn diese Wesen einer Person gehorchten, dann war diese der wahre Pharao und Herrscher über Ägypten.

„Obelisk...“ hauchte Atemu fassungslos und dennoch ehrfürchtig. Er hatte zwar alles gelernt, was er wissen musste, um als Pharao zu bestehen, doch hätte er sich nie träumen lassen eins von diesen Monstern je zu Gesicht zu bekommen!

Obelisks Ohren zuckten leicht, als er seinen Namen hörte und sein Blick glitt zu dem Sprecher. Leicht amüsiert stellte er fest, dass der Pharao da auf einen Drachenfluch vor ihm schwebte. Würde der Pharao den Mut haben, einzugreifen und den kleinen Menschen mit seinen weißen Drachen retten?

Atemu sah, wie die blutroten Augen sich auf ihn richteten. Er sah ein belustigtes Funkeln in diesen tiefen Augen und ihm wurde mit einem Schlag bewusst, dass das Monster spielte!

In diesem Moment dröhnte ein vielfaches Brüllen zum Pharao rüber. Dieser riss seine Augen von Obelisk und blickte in die Richtung, von wo das trompetende Brüllen her kam. Da stand er! Stolz erhobenen Hauptes verlangte er absoluten Gehorsam seiner weißen Drachen. Setos Kleidung war zerfetzt und er blutete aus vielen kleinen Wunden. Breitbeinig stand er schützend vor dem am Boden liegenden Narbengesicht. Dieser Drache war schwerverletzt. Seine Flügel waren mehrfach gebrochen und zerfetzt. Atemu wurde leichenblass, als er den stolzen weißen Drachen so jämmerlich, vor Angst zitternd, hilflos auf den Boden lag. Seto gab so eben einen lauten herrischen Befehl. Seine Stimme war voller Wut – niemand verletzte seinen weißen Drachen! Zwischen ihm und Obelisk formatierten sich drei schneeweiße Drachen. „Was hat er vor?“ murmelte Atemu eher abwesend, weil ihn der Anblick der Drachen so faszinierte. Weder Drachenfluch noch der Magier antworteten, denn in diesem Moment vereinigten sich die drei weißen Drachen in einem grellen Lichtblitz zu einem riesigen dreiköpfigen weißen Drachen! „Der Drache von Yugi!“ entfuhr es Atemu. Der Magier nickte mit Unbehagen. „Seine Schwanzspitze...“ murmelte er leise, als er mit seinem Stab auf den Drachen zeigte. Atemu folgte dem Wink. Die Schwanzspitze wurde schwarz! „Reine Seele... ja?“ knurrte Atemu leise, als sich der Drachenfluch auch schon in den Sturzflug begab. „Er ist geblendet vor Wut, Trauer und Verzweiflung, weil Narbengesicht so schwer verletzt ist!“ meinte der Magier, während er seine Kräfte sammelte. „Wir werden den Kampf unterbrechen!“ meinte Atemu bestimmt. Sein ganzer Körper spannte sich an. „Dir ist schon bewusst, mein Freund, dass wir gegen Obelisk keine Chance haben...“ Atemu nickte. „Ich weiß, wir müssen nur so lange den Kampf unterbrechen, bis Seto wieder klar ist...“ Der Magier schüttelte leicht seinen Kopf und mit einer entschlossenen Bewegung ließ er seine Magie wirken. Der Drachenfluch wurde in einem rotgoldenen Licht getaucht, als der Pharao und der Zauberer der dunklen Magie sich vereinigten.

In dem Moment befahl Seto den Angriff und drei Mäuler öffneten sich, um Energie von der Umwelt zu absorbieren und die Lichtblitzattacke vorzubereiten. Auch Obelisk holte mit seiner riesigen Faust zum alles vernichtenden Schlag aus. Diesmal hielt er sich nicht zurück, denn der dreiköpfige Drache war gefährlich! Der Drache schoss mit einem dröhnenden Brüllen seine Attacke ab. Drei Lichtblitze vereinigten sich zu einem in sich wirbelnden Lichtstrahl. –

„Jetzt!“ – „Ich kann nur einen Angriff abwehren!“ – „LOS!“ –

Im selben Moment schlug Obelisk mit seiner rechten Faust zu. Ein greller blauer Magieball umspielte die Faust. Mit dieser Faust würde er den Lichtstrahl begegnen und abfangen.

Doch kurz bevor die beiden Attacken sich berührten, erschien plötzlich zwischen den beiden Angriffen ein riesiger Bannkreis, der eine breite Spiegelwand in den Himmel wachsen ließ. Der Angriff des Drachen traf auf die Fläche und wurde sofort abgelenkt und wieder auf den Drachen zurück geworfen. Die große, übermächtige Faust des Kriegsgottes stoppte nur wenige Millimeter vor dem Spiegel. Atemu atmete innerlich auf. „Zwinge den Drachen sich zu trennen!“ raunte Atemu. „Du bist dann schutzlos Obelisk ausgeliefert...“ gab der Magier zu bedenken. Atemu nickte und schon trennte sich der Magier wieder vom Pharao und warf eine Magieattacke auf den dreiköpfigen Drachen, der mit einem grellen Lichtblitz sich wieder in drei weiße Drachen aufteilte. Währenddessen starrte Atemu mit offenem und entschlossenem Blick zu Obelisk. Dieser griente spöttisch, als er seine Faust wieder zurück zog. Der Pharao vor ihm belustigte ihn. Er stand da, als ob er jeden in der Luft zerreißen würde, wenn man den anderen Menschen und den Drachen zu nahe kommen würde und dennoch zitterte er am ganzen Körper.

Seto starrte verblüfft, dann fassungslos und letztendlich entsetzt auf die Szenerie vor ihm. Atemu hatte sich nicht nur zwischen ihn und dem Monster gestellt, nein, er verhinderte eine Fortsetzung des Kampfes und ließ seine Drachen sich wieder trennen! Seto war erbost und wutschnaubend stürmte er auch schon auf den Pharao zu. Kaum, dass er bei Atemu war, griff er an dessen Schulter und riss ihn herum. „Was fällt dir ein?!“ brüllte Seto außer sich vor Wut. Atemu blickte mit festem Blick in Setos Augen, jedoch blieb er ruhig. „Die Frage gebe ich zurück...“ und damit deutete der Pharao zu Narbengesicht. Seto zuckte erschrocken zusammen. „Ich verlange eine Erklärung! Warum bekämpft ihr euch?“ forderte Atemu nun mit herrischer Stimme. Obelisk zuckte leicht zusammen über so viel Stärke und Ruhe in der Stimme. „Das geht dich nichts an!“ fauchte Seto. Atemu blickte tief in Setos Augen. „Es geht mich sehr wohl was an! Zu einem, weil du dich mit einem Göttermonster anlegst, was eigentlich nur dem Pharao gehorcht und zum anderem, weil du zu meinem Gefolge gehörst, wir noch sehr viel zu tun haben, um Ruhe in das Land zu bringen und du dich jetzt hier aber sinnloser Weise abschlachten lässt. Und der Hauptgrund ist Narbengesicht! Was ist passiert, dass Narbengesicht so schwer verletzt am Boden liegt?!“ – „Obelisk hat ihn so zugerichtet!“ – „Und warum?“ Da bückte sich der große Gott zu den Beiden hinunter. „Lass mich erklären, Pharao.“ Atemu zuckte leicht zusammen über diese kräftige und dröhnende Stimme. Kurz blickte er zu Obelisk und nickte. Da trat auch schon sein Magier an Narbengesicht ran und begann ihn zu heilen. „Nimm all die magische Kraft. Ich brauch jetzt nichts mehr.“ Der Magier nickte und Atemu wandte sich nun voll zu Obelisk und blickte hoch in das Gesicht des Riesen. „Ich höre!“ Ein leises spöttisches Grinsen huschte über die Gesichtszüge des Monsters. „Sein Name ist Seto. Er befiehlt über die weißen Drachen. Ich kämpfe gerne an der Seite der Menschen, die über die weißen Drachen gebieten. Denn diese Menschen sind ehrlich und ihnen liegt das Wohl des einfachen Volkes am Herzen. Dieser junge Mann hier ist allerdings sehr ungeduldig und kennt wohl die Höflichkeitsformeln nicht. Anstatt sich vor mir zu verneigen, verlangt er, dass ich mich vor ihm verneige. So bot ich ihm an; wenn er mich in einem Kampf besiegt, werde ich mein Knie vor ihm beugen und ihm überall hin folgen.“ Atemu wandte sich augenblicklich zu Narbengesicht. Da hatte Seto wohl den Drachen in den Kampf geschickt. „Bitte beende...“ wandte sich Atemu wieder an Obelisk, wurde jedoch abrupt von einem Lichtstrahl unterbrochen, der an ihn vorbeischoss und Obelisk brutal von der Seite traf. Der blaue Riese taumelte und brüllte brutal auf. Seine Augen glühten rot auf und sein Opal zwischen den Hörnern auf den Kopf begann grell aufzuleuchten. Mehr im Affekt holte er aus und schlug mit der Faust zu und warf damit den dreiköpfigen weißen Drachen mitsamt Seto zu Boden. Seto war nämlich leicht abseits gegangen, als Atemu sich mit Obelisk unterhielt und hatte seinen drei Drachen befohlen, zu fusionieren und den Riesen anzugreifen. Atemu starrte fassungslos zu dem Geschehen. „SETO!“ rief er laut, als dieser brutal zu Boden geschleudert wurde. Er war verletzt; konnte sich nur mühsam regen. Da stieg Obelisk in die Luft und holte wieder mit seinen Fäusten aus. Als beide Fäuste glühten, ließ der Riese sich in die Tiefe stürzen – beide Fäuste ausgestreckt und direkt auf Seto zu. „Nein...“ hauchte Atemu, als er auch schon zu Seto rannte. Doch Seto konnte sich nicht wirklich bewegen. Da blickte Atemu auf und starrte Obelisk entgegen, der immer noch an Tempo zu legte. Atemu stand auf, stellte sich schützend vor Seto und breitete seine Arme aus, um noch mehr Fläche zu bieten, die Seto schützte. „Obelisk, es reicht! – Stopp!!“ brüllte der Pharao verzweifelt. Atemu sah das Glühen in den Augen. Er sah die Unendlichkeit und er wusste, Obelisk würde töten. Würde kein Pardon kennen. Alles in ihm schrie, zu fliehen, seine Arme schützend vor sein Gesicht zu nehmen oder zu mindestens die Augen zu schließen... – doch Atemu blieb standhaft und zuckte mit keiner Wimper. Nun war der Riese so nah, dass er zuschlagen konnte und der Pharao erwartete die Wucht des Aufpralls. Doch mit einem kräftigen Flügelschlag stoppte der Riese nur Millimeter erneut vor dem Pharao. Staub wirbelte auf. „Tritt zur Seite, Pharao!“ forderte Obelisk. „Nein! Ich trete erst zu Seite, wenn du diesen Kampf für beendet erklärst! Seto ist Kampfunfähig. Du hast gewonnen!“ Atemus Stimme war fest und bestimmt, obwohl sein Kreislauf drohte zusammen zu brechen und sein Körper wie Espenlaub zitterte. „Er hat mich feige aus dem Hinterhalt angegriffen.“ – „Er ist bestraft genug. Der Kampf ist vorbei!“ Obelisk ließ sich langsam wieder auf seine Beine nieder. Nachdenklich musterte er den Pharao. Wie weit würde dieser für Seto gehen? „Knie nieder, Pharao. Knie nieder vor mir und bitte um Verzeihung für Seto!“ Atemu erstarrte, als er die Worte vernahm. Er blickte zu Seto. Er durfte nicht noch mehr Leben opfern! Also trat er einen Schritt näher zu Obelisk. Der Pharao schloss demütig seine Augen, sank vor Obelisk in die Knie und warf seinen ganzen Körper in den Dreck, als er laut sagte: „Obelisk, ich, Atemu, Pharao von Ägypten, bitte demütigst um Verzeihung , für Setos Verhalten. Ich bitte dich ergebenst darum, diesen Kampf als beendet zu betrachten.“ Der blaue Riese blickte lange auf den Körper. Er war erstaunt. Diese Opferbereitschaft hatte er auch an Seto gesehen. Seto wollte über Obelisk gebieten, damit er dem Pharao helfen konnte. „Atemu... bitte... nein...“ hörte Obelisk eine leise Stimme verzweifelt. Sein Blick glitt zu Seto, der sich mühsam aufgerappelt hatte und nun fassungslos und beschämt zum Pharao blickte. „Erhebe dich Pharao!“ meinte da der Riese. Atemu erhob sich langsam und blickte auf. „Höre mich an, Pharao. Wenn du meine Hilfe brauchst, rufe mich. Ich werde dir immer zu Verfügung stehen. Doch werde ich dir nur meine Kraft leihen, wenn es darum geht, das Volk Ägyptens zu schützen. Ansonsten werde ich an der Seite Setos bleiben. Er gefällt mir, und ich werde ihm gerne dienen!“

Rotauge stirbt

Rotauge stirbt
 

Skeptisch blickte der Pharao Seto nach. Dieser flog auf Narbengesicht, flankiert von seinen anderen weißen Drachen und begleitet von Obelisk, weiter, um die Grenzen zu kontrollieren. Als die Gruppe außer Sicht war, sank der Zauberer der dunklen Magie seufzend in die Knie. Erschrocken fuhr Atemu rum und nahm den Magier in die Arme. „Du bist erschöpft?“ Der Magier nickte. „Obelisk hat Narbengesicht sehr schlimm zugerichtet gehabt.“ Atemu schaute sich um und sein Blick fiel auf die Höhle. „Wir bleiben die Nacht hier und du ruhst dich aus, ok?“ Der Magier lächelte leicht, als Atemu ihn schon schulterte und Richtung Höhle trug. Ihm blieb keine Wahl als zu gehorchen. Als der Pharao seinen Magier in der Höhle auf ein Lager aus Fellen bettete, schlief dieser bereits tief und fest. Die Höhle sah so aus, wie er sie vor über 5 Jahren verlassen hatte und so fand Atemu schnell, was er suchte. Er entfachte ein Feuer und deckte den Magier mit weichen Fellen zu.

Langsam trat Atemu aus der Höhle und blickte über das Tal. Der Himmel war sternenklar und der Mond schien hell hinab. Er atmete tief die klare Luft ein. Schon lange hatte er sich nicht mehr so frei gefühlt. Ihm war eine riesige Last vom Herzen gefallen, als Obelisk ihm seine Hilfe angeboten hatte. „Woran denkst du, mein Pharao?“ ließ sich der große Drachenfluch neben Atemu nieder. „Ich bin erleichtert, dass es jetzt alles scheinbar so leicht voran geht. – Sag, Drachenfluch: War mein Weg, den ich eingeschlagen habe, so falsch? Ich meine, jetzt wo ich sehe, wie sich mir das Volk und die Monster anschließen, frage ich mich, ob ich denn richtig gehandelt habe, in dem ich mich den Beratern beugte und zum Schein auf alles einging und sogar bewusst Leid über mein Volk brachte...“ Der Drachenfluch atmete tief durch und schwieg. Er ließ sich die Worte des Pharaos durch den Kopf gehen. Wie sollte er darauf antworten? Der Drache war alt, so alt wie das Leben selber. Er hatte viel gesehen. Viel Leid, viel Krieg, viel Verrat. Er hatte auch gesehen, wer dem Dieb aus der Mär in einen Drachen verwandelt hatte und er hatte den Schmerz eines jeden verratenen Wesens gespürt... Er hatte in die Seele Yugis geblickt und er hatte das Herz des Pharaos gesehen. Also wie sollte er auf die Frage Atemus antworten? „Mein Pharao... Ich habe viele Pharaonen vor dir kommen und gehen sehen. Ich habe gesehen, wie sie Leid oder Freud über das Volk Ägyptens brachten. Atemu... du hattest sicherlich andere Möglichkeiten, als den Weg, den du eingeschlagen hattest. Allerdings wusstest du es nicht besser. Jetzt lernst du die anderen Möglichkeiten kennen. Nutze sie weise für die Zukunft! Du bist jetzt auf den richtigen Weg – und ich freu mich, dass dein Geist nun auch so klar ist wie dein Herz. Es macht Spaß, dir zu zuschauen und dir zu folgen!“ Atemu schwieg zu diesen Worten. Lange blickte er vor sich hin, um dann mit einem leisen „Danke“ sich in die Höhle zurückzuziehen und zu schlafen.
 

Der Magier hatte zwei ganze Tage durchgeschlafen und Atemu hatte ihn schlafen lassen. Die Tage des Müßigganges taten den Pharao gut und er fing wieder an unbeschwert zu lachen. Sehr oft trug er den Schalk im Nacken und der Drachenfluch war derjenige, der darunter zu leiden hatte. Es amüsierte den Drachen Atemu wie einen kleinen Jungen zu erleben, aber innerlich seufzte er erleichtert auf, als der Magier endlich wieder wach wurde.

Am dritten Tag endlich brachen sie wieder auf und begaben sich auf die Suche nach Anthony und Subaru, da Atemu wissen wollte, wie der aktuelle Stand war. Die ganze Zeit über hing ein warmes spitzbübisches Lächeln auf Atemus Lippen, was allerdings in dem Moment erstarb, als sich der Drachenfluch dem Lager näherte und der Pharao Anthony in einer hektischen Besprechung mit einigen Männern sah, aber jedoch nirgendswo Subaru zu erkennen war.

Der Drache landete sanft und leise direkt vor den beratenden Männern. Anthony blickte missmutig auf und erkannte Atemu. „Du kommst äußerst ungelegen...“ begrüßte der Spanier den Pharao, der soeben von Rücken des Drachen gesprungen war. „Eine tolle Begrüßung!“ runzelte Atemu die Stirn. Betretenes Schweigen breitete sich aus. „Wo ist Subaru?“ In dem Moment, wie Atemu diese Frage ausgesprochen hatte, bereute er sie schon, als er das schmerzhafte Augenschließen Anthonys erblickte. „Was ist passiert...“ fragte er sanft. Anthony griff sich an den Kopf und versuchte damit wohl dunkle Gedanken zu verscheuchen. „Alles ist bis jetzt gut verlaufen. Wir haben so ziemlich alles gesäubert und die Feinde zurückgeschlagen. Die Grenzen sind sicher. Ich habe Posten zurück gelassen und auch viele Monster haben sich bereit erklärt die Grenzen zu sichern. Wir haben hier Rast gemacht. Subaru ist mit einem Trupp voran geritten, um die Gegend auszukundschaften. Der Trupp kam ohne ihn wieder. Sie sagten, er wäre plötzlich verschwunden. Subaru ist bis jetzt nicht wieder aufgetaucht. Ich wollte so eben einen neuen Trupp zusammenstellen, um ihn suchen zu gehen.“ Atemu blickte Anthony an und schaute sich dann um. Die Reihen hatten sich gelichtet. Hier waren noch etwa 50 Mann da. Die anderen waren an den einzelnen Punkten als Posten aufgestellt. „Anthony... lass sie ruhen. Du, ich und mein Magier werden aufbrechen und Subaru suchen!“ – „Allein?“ Atemu nickte und legte dabei beruhigend eine Hand auf Anthonys Schulter. „Allein und beim Sonnenaufgang. Leg dich hin und schlaf. Mein Magier wird einen Schutzbann errichten.“ Anthony nickte leicht ergeben, während sich Atemu warm lächelnd abwandte und durch die Reihen der Soldaten lief.
 

Die Sonne stand noch nicht allzu hoch am Himmel, als zwei Reiter, begleitet von einem Drachen und einen Magier sich unaufhörlich dem Waldgebiet näherten. Eigentlich war es kein wirklicher Wald. Es war eher eine sehr nahrhafte Steppe mit viel Baumbestand und einigen größeren Hainen. Atemus Augen strahlten förmlich, als er den Baumbestand zu Gesicht bekam. Erinnerte es ihn doch an seine Jugend in Spanien. Und mit dem Schalk im Nacken forderte er Anthony zu einem Wettrennen auf. Dieser blickte total verblüfft den Pharao hinter her. Der war sich schon bewusst, dass sie auf der Suche nach Subaru waren?! fragte sich der Spanier kopfschüttelnd und willigte schließlich grinsend in das Wettrennen ein.

Lachend wie kleine Kinder jagten sie auf den Pferden über die Steppe, durch die Bäume dahin. Immer schneller, immer halsbrecherischer. Sie übersprangen und durchquerten spritzend mehrere Wasserläufe, als sich vor ihnen eine große kreisrunde Ebene öffnete, die von einem großen Hain begrenzt wurde. Atemus Pferd schlug bettelnd mit dem Kopf. Es wollte laufen – frei wie der Wüstenwind! Anthony streckte schon die Hand aus, um Atemu an der Schulter zu berühren, da lachte dieser glockenhell auf, legte die Zügel auf den Hals seines Pferdes und das Tier zog blitzschnell das Tempo an – raste im halsbrecherischen Tempo über die Ebene wie der Wüstenwind. Atemu fühlte sich frei und spürte die Nähe Seths um sich herum. Aus einer Laune heraus breitete er seine Arme aus, um den Wind noch besser spüren zu können. Er schloss seine Augen und ließ sich treiben. Als Anthony beobachtete, was Atemu da machte, wurde er leichenblass. Wollte der Pharao sich umbringen?! „PHARAO!“ brüllte er da mit voller Lautstärke. Sofort riss Atemu seine Augen auf und erstarrte. Vor ihm stand eine schier unüberwindbare Wand aus Bäumen. Fast schon panisch parierte er sein Pferd durch, was im letzten Moment wiehernd sich aufbäumend zum Halten kam. „Idiot!“ fauchte Anthony ihn an, als er neben Atemu zum Halten kam. „Du kannst dich gerne umbringen, wenn dein Volk in Sicherheit ist!“ Atemu zuckte zusammen. Er wollte sich ja nicht umbringen... er wollte nur fliegen ohne Flügel... „Verzeih...“ seufzte er auf. Anthony schüttelte nur den Kopf, sich ein Grinsen verkneifend. „Du bist unverbesserlich!“

Mit einem unguten Gefühl ritten die Beiden nun unter den Bäumen lang. Atemus Augen waren überall und versuchten die Schatten zu durchdringen. Seine Ohren registrierten jedes noch so kleine Geräusch und sein Verstand arbeitete fieberhaft, um jedes Geräusch zu zuordnen. Mit einem Mal war kein Vogelzwitschern mehr zu hören. Verblüfft hielt Atemu sein Pferd an und schaute sich um. Anthony hielt neben den Pharao. „Du hast es gemerkt?“ Atemu nickte. Anthony holte tief Atem und begann zu erzählen, während sie wieder losritten. „Hier irgendwo liegt ein Dorf, dessen Bewohner dich – nett ausgedrückt – abgrundtief hassen.“ Atemu blickte verwirrt und erstaunt zu dem Spanier. „Warum?“ Anthony lächelte traurig. „Nachdem, was mir berichtet wurde, war das Dorf sehr wohlhabend. Es war reich an Lebensmittel und Kriegern. Es lebte mit Monstern, ganz besonders mit Drachen in friedlicher Koexistenz zusammen. Die Monster waren eigentlich mehr schon Familienmitglieder. Da hattest du den Befehl erlassen, alle Monster in Ketten zu legen. Du bist mit deinem Heer selber ausgeritten, um persönlich dabei zu sein, wenn deine Befehle umgesetzt werden. So kamt ihr auch an dieses Dorf. Während deine Soldaten im Dorf alle Monster gefangen nahmen und dabei nicht sehr zimperlich mit den Dorfbewohnern umgegangen sind, da diese ihre Monster zum Teil bis aufs Blut verteidigten, warst du auf den Feldern. Dort musst du einem Jungen einen schwarzen Feuerdrachen weggenommen haben. Dieser Drache war die Lebensgrundlage der Familie des Jungen. Der Großvater hat den Verlust des Drachens nie verkraftet und ist dann elendig gestorben – aus Kummer und Sorge um den Drachen. Dieser Greis war der angesehenste und beliebteste Bürger des Dorfes und er gehörte mit zu denjenigen, die bis zum bitteren Ende an der Seite deines Vaters waren. Man hatte ihn damals geblendet, als Strafe für seine Treue zu deinem Vater.“

Atemu blickte nachdenklich zu Boden. Ja, er hatte eine Begegnung mit einem Jüngling gehabt. Diese Augen hatten sich tief in seine Seele gefressen, als er den Drachen in Ketten legte und mitnahm. Atemu konnte sich sehr gut daran erinnern und er hatte lange mit sich kämpfen müssen, um nicht nachzugeben.

„Deine Berater knechteten nun das Dorf und beraubten es regelmäßig jeder Lebensmittel – jeglicher Lebensgrundlage und so starben viele Alte und Kinder an Hunger. Und jedes Mal, wenn die Soldaten kamen, nannten sie deinen Namen...“ ergänzte Anthony noch. Atemu blickte nun schockiert zu dem Spanier. „Davon wusste ich nichts!“ Ein gequältes Stöhnen ließ die Beiden aufblicken und abrupt hielten sie ihre Pferde an. Etwa zehn Meter vor ihnen hing an einem Baum gefesselt ein Mensch. Er war übel zugerichtet und blutete überall aus Wunden. Hinter dem Baum war im Hintergrund ein Dorf zu erkennen. Der Mensch öffnete langsam seine Augen und starrte die Reiter erst verständnislos und dann panisch an. „Atemu... VERSCHWINDE!“ brüllte er fast schon mit ersterbender Kraft. Entsetzt schwang sich der Pharao aus dem Sattel und war auch schon im Nu bei dem Verletzten. „Subaru... was ist passiert? Halt durch!“

„Atemu... das ist eine Falle... Verschwinde...“ stöhnte der Offizier leise, während der Pharao mit Tränen in den Augen und zitternden Händen versuchte, die Fesseln zu durchtrennen. „Ich lass dich nicht hängen!“ murmelte Atemu entschlossen, als er endlich die Fesseln durchtrennt hatte. Behutsam legte er den Schwerverletzten auf den Boden und bettete den Kopf unter seinen eilig zusammengeknüllten Umhang. „Magier...“ blickte Atemu bittend auf. Dieser nickte leicht und machte sich daran, den Offizier zu heilen. Subaru schloss die Augen, während die angenehme Wärme durch seinen Körper floss. „Atemu... sie wollen dich töten. Sie haben mich hier hingehangen, damit du alles um dich herum vergisst, wenn du mich siehst. Bis vor kurzem hatten sie Wache gehalten, um dich ja nicht zu verpassen. Bitte verschwinde...“ versuchte Subaru leise auf den Pharao einzureden. Doch dieser schüttelte nur abwehrend den Kopf. „Was zur...“ Diese entsetzten, fast schon fassungslosen Worte ließen Atemu abrupt aufblicken und er starrte in die Augen eines jungen Mannes, der wie angewurzelt neben dem Baum stand und scheinbar nicht wusste, was er tun sollte. Nur Sekunden später traten eine Gruppe aus fast zwanzig Mann neben den Sprecher und blickten verblüfft auf den am Boden, neben Subaru knienden Pharao.

Nachdem die erste Schrecksekunde vorbei war, sah Atemu den Hass und die Wut in den Augen der Menschen. Unschlüssig, wie er reagieren sollte blickte er auf Subaru. Minimal blitzte es um den Körper des Offiziers rotgolden auf und ein erleichtertes Lächeln huschte über die Lippen des Pharao. Der Zauberer der dunklen Magie hatte einen Schutzbann um Subaru gelegt. Langsam erhob er sich also und trat mit hoch erhobenem Haupt an die Männer. „Ich bin Atemu, Pharao und Herrscher über Ägypten.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da zuckten nun deutlich einige Hände zu den Waffen. Atemu entledigte sich seiner Waffen und hob seine offenen Handflächen. Er hatte keine Absicht zu kämpfen. „Lügner!“ zischte es da und der junge Mann, der als erstes da war, drang mit gezücktem Dolch auf Atemu ein. Der Pharao hatte mit sowas gerechnet, doch war er von der Geschwindigkeit etwas überfahren und so konnte er nicht richtig ausweichen und der Dolch drang bis zum Heft in die linke Schulter ein. Scharf keuchte Atemu auf und schon zog der Angreifer seinen Dolch zurück, was den Pharao nun vor Schmerz aufschreien ließ. Er sackte in die Knie. Der Angreifer holte zum neuen Stoß aus, da stand Anthony zwischen den Beiden, ergriff das Handgelenk, entwand dem Angreifer den Dolch und mit einem brutalen Fausthieb in den Magen katapultierte er den Mann in die Reihen der Anderen. „Es ist verständlich, wenn du so eine Wut auf den Pharao hast... nach allem was passiert ist. Dennoch solltest du nie deinen Stolz und deine Ehre wegwerfen und einen Unbewaffneten angreifen!“ knurrte der Spanier. Der junge Mann rappelte sich knurrend wieder auf und wollte gerade auf Anthony los, als die leisen Worte des Pharaos ihn innehalten ließen. „Lass gut sein, Anthony. Es ist der Jüngling, dem ich den Drachen weggenommen habe. Ich habe seine Augen nie vergessen. – Er hat ein gutes Recht, mich töten zu wollen.“ Anthony atmete tief durch. „Das ist noch lange kein Grund, dass er einen Unbewaffneten angreift!“ fauchte der Spanier. „Ich habe sie entwaffnet und dann wurden sie in meinem Namen angegriffen...“ Wieder war die Stimme sanft und ruhig, ja fast schon melancholisch. Anthony knirschte mit den Zähnen. Wollte Atemu sich hier von dem Mob lynchen lassen?! Mit einem Knurren wandte er sich also zu Atemu und wollte ihn gerade eine Moralpredigt halten, als dieser aufblickte. Anthony atmete tief ein, als er den kalten, vor Emotionen brodelnden und herablassenden Blick sah. Vor ihm kniete der Pharao, der sich nun erhob und mit festem Schritt an Anthony vorbei und zu dem jungen Mann trat. Und tatsächlich. Jeder Dorfbewohner wich augenblicklich mehrere Schritte zurück bei Atemus Anblick.

„Ich weiß, was ich getan habe. Ich weiß, dass es viel Leid gebracht hat, doch habe ich dies nur getan mit der Überzeugung noch größeres Leid zu verhindern. Ich bin gerne bereit mich von euch richten zu lassen, doch verlange ich Wiedergutmachung an Subaru! Er stand immer auf der Seite des Volkes und hat sich mir mehr als nur einmal widersetzt gehabt.“ Atemus Stimme war fest und schallte weithin. „Wenn dem so ist... dann lass dich von einem Gott richten!“ fauchte der junge Mann, der Atemu angegriffen hatte. Der Pharao neigte einverstanden sein Haupt. „Du Narr...“ murrte da auch schon Subaru und gab damit Kund, dass der Magier ihn erfolgreich geheilt hat – und überhaupt nicht damit einverstanden war, dass der Pharao sich von einem „Gott“ richten lassen sollte. Ein amüsiertes Lächeln huschte über Atemus Lippen, dann folgte er den Dorfbewohnern auf die Ebene zwischen dem Dorf und dem Baum. Ungefähr in der Mitte hielten sie an und nahmen einen gehörigen Abstand zu dem Pharao. Dieser verengte misstrauisch seine Augen.

Anthony spürte es als erstes. Ein Rauschen, ein Schleichen. „Atemu...“ raunte er warnend. Dieser nickte. Er hatte es jetzt auch bemerkt. Es schien ihn eingekreist zu haben, dennoch war nichts zu sehen. Plötzlich vibrierte leicht der Boden unter Atemus Füßen und dieser blickte verblüfft zur Erde. In dem Moment gab es ein lautes Knirschen und Bersten und vom Himmel, begleitet von einem höllischen Getöse, sank ein riesiges rotes Wesen zur Erde. Der Körper war so lang, dass er mehrere Male den Pharao in einem Kreis mit einem Durchmesser von etwa zwanzig Meter einkreiste. Zwei riesige Flügel prangten auf den Rücken des Wesens und ein riesiger, monumentaler Kopf mit zwei übereinander liegenden Mäulern thronte auf dem kleinen Rumpf. Ein türkisfarbener Opal prangte auf der Stirn und die Augen des Drachen, waren Azurblau – wie der Himmel. Vor Atemu stand Osiris, der Himmelsdrache. Und wieder ein Drache! Atemu war entsetzt.

„Sei gegrüßt, o Pharao!“ begrüßte der Drache mit seiner tiefen Stimme bedrohlich. Atemu blickte entsetzt zu den Drachen auf. Osiris war riesig und seine Augen wirkten leer und emotionslos. Unwillkürlich wich der Pharao vor dem Drachen soweit zurück, bis er mit dem Rücken gegen den schlangenförmigen Körper stieß. Atemu war eingekesselt und gefangen. Er war dem Drachen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Panik machte sich langsam in ihm breit.

Jeder starrte mit gemischten Gefühlen zu den Drachen auf. Subaru und Anthony gefiel es gar nicht, dass Atemu abgeschirmt war. Also trat der Spanier an den riesigen Drachen ran. „Osiris! Gewähre mir Zugang zu Atemu!“ befahl er barsch. Nur ganz leicht zitterte seine Stimme, da er nicht wusste, ob er sich nicht doch zu weit aus dem Fenster lehnte. „Du bist lebensmüde...“ murmelte Subaru, als er neben den Spanier trat. Der rote Drache wandte seinen Blick zu den beiden Menschen, die mit erhobenen Häuptern vor ihm standen. Langsam senkte er ein Stück den Kopf in Richtung der beiden Männer, die sofort erblassten, was den Drachen wiederum belustigte. Menschen waren doch faszinierende Wesen: selbst wenn sie fast starben vor Angst, versuchten sie Herr der Lage zu sein! Anthony entging das belustigte Aufblitzen in den azurblauen Augen nicht. „Du Biest...“ murmelte er leicht amüsiert, als er seine rechte Handfläche hob und seinen Kopf und seinen Blick leicht erhaben senkte. Der Drache hatte sehr wohl die Worte gehört und er musste schmunzeln. Dieser Mensch war interessant und wusste auch, was sich gehörte... So einen höflichen Gruß konnte Osiris nicht ignorieren. Also neigte der Drachen majestätisch sein Haupt bis seine Stirn die Handfläche des Menschen berührte und sein warmer Atem Anthony umspielte. „Sei gegrüßt, Osiris. Ich bin dein ergebener Diener...“ murmelte Anthony ergriffen. Die Haut war warm und weich. Die Macht, welcher dieser Drache ausstrahlte war atemberaubend und dennoch spürte der Spanier, dass ihm keine Gefahr drohte; dass der riesige Drache das Wesen eines kleinen Kätzchen besaß – sehr sanftmütig, verspielt und ohne Angst und Vorurteile. Langsam hob der Drache wieder seinen Kopf und stutzte leicht überrascht, als er sah, dass nun auch Subaru seine rechte Hand hob und Kopf und Blick neigte. Auch diesem erwiderte Osiris den Gruß. Nun lockerte der Drache seinen „Griff“ und ließ die beiden Menschen so zu dem vor Angst zitternden Pharao. Der Schlangenkörper lag nun locker über die gesamte Ebene verteilt.

Anthony trat vor Atemu. „Alles gut, Kleiner?“ fragte er besorgt. „Ich hasse Drachen...“ murmelte dieser nur. Angstschweiß stand auf seiner Stirn und er konnte sich nicht bewegen vor Angst. Subaru war hinter dem Spanier geblieben und musterte seinen Pharao. Noch nie hatte er einen Menschen gesehen, der so panische Angst hatte. Er wusste gerade nicht, ob er Atemu überhaupt noch als Pharao respektieren sollte. Wer sich so vor einem Monster fürchtete, war doch nicht in der Lage, ein Land konsequent zu führen! „Hast du Osiris schon begrüßt?“ fragte da Anthony leicht amüsiert auf die Worte Atemus. Die Augen des Pharaos weiteten sich noch ein Stück mehr und das Gesicht war nun schneeweiß. „Er ist ein Drache! Wie soll ich ihn...“ Entnervt brachte der Spanier seinen Freund zum Schweigen. „Du weißt, wie ein ehrenvoller Krieger einen Drachen zu begrüßen hat! Also tu es jetzt endlich und mach dich nicht lächerlich! Du willst Pharao sein und bist noch nicht mal in der Lage, die einfachsten Höflichkeitsformeln zu erfüllen!“ fauchte Anthony. Atemu schluckte schwer und blickte beschämt zu Boden. Aber die Angst, dass es diesem Drachen egal war und ihn einfach töten würde, saß zu tief. Klar, Yugi hatte immer und immer wieder gesagt gehabt, dass kein Drache jemandes Feind ist, wenn man ehrlich und offen zu ihnen ist. Ihnen vertraut und... Yugi! Atemus Kopf riss hoch und er blickte nun direkt in die Augen des roten Drachens. Wie oft hatte Yugi die Drachen gegrüßt... Dachen, die ihn offensichtlich feindlich gesinnt waren! „Yugi... ich hoffe du hast Recht!“ murmelte der Pharao unbewusst so laut, dass es jeder hören konnte und dann trat er an Osiris ran. Dieser lehnte sich mit seinen Kopf leicht abwartend zurück und beobachtete den Pharao. Schon längst hatte er seine Gedanken mit denen von Atemu vernetzt. Er spürte das Chaos und die Angst und auch das tiefe Vertrauen zu dem kleinen Menschen mit dem Namen Yugi. Er sah die Selbstzweifel, die Trauer und das Bereuen der Taten. Er sah wie sehr der Pharao mit seinem Volk litt, wie wichtig ihm jedes ihm anvertraute Wesen ist. Allerdings erkannte der Drachen auch, dass Atemu eigentlich noch ein Kind war, was Führung benötigte. Atemu war überfordert mit der Bürde des Pharaos, obwohl er sich langsam rein fand und nach und nach sich entfaltete.

Da atmete Atemu langsam tief ein und aus und hob seine rechte Handfläche, während er seine Augen schloss und sein Haupt respektvoll neigte. Er zitterte am ganzen Körper, während er nun wartete, was passieren würde. Unendlich langsam senkte Osiris sein Haupt und beobachtete dabei scharf den Pharao bis seine Stirn die Handfläche Atemus berührte. Der Drache schloss seine Augen und genoss die Wärme der Hand, das Gefühl der sanften Berührung und er zog den Geruch des Menschen ein. Atemu schlug verblüfft seine Augen auf und blickte zum Drachen, als diese Wärme, die Kraft des Drachen durch seinen Körper schoss. Es war angenehm und beruhigend. Da öffnete der Drache ebenfalls wieder seine Augen und Beide verloren sich in den Welten des anderen, während sie sich tief in die Augen blickten. Langsam löste sich der Drache wieder und erhob sein Haupt. „Pharao, du hast mit deinen Entscheidungen viel Leid über dein Volk gebracht. Du hast dich dem Urteil dieses Dorfes unterworfen, als Buße. Dieses Dorf hat mich gebeten, über dich zu richten. Unterwirfst du dich auch meinem Urteil?“ Die Worte Osiris waren weit vernehmlich und bar jeder Emotionen. „Ich habe viele Fehler gemacht. Und dazu stehe ich!“ antworte Atemu leise aber mit fester Stimme. „Pharao... ich habe gesehen, dass du nie die böswillige Absicht hattest, dein Volk zu schaden, daher verlange ich von dir als Buße, das du den hier Anwesenden verdeutlichst, wie hoch dir das Leben steht, in dem du dich vor mir verneigst und um Gnade bittest. Zeige Demut!“ Tiefes Schweigen herrschte als Antwort. Atemu runzelte verwirrt die Stirn. Warum sollte er sich vor Osiris in den Staub werfen? Wäre es nicht besser, wenn er sich vor den eigentlich Geschädigten verneigen würde? Er blickte sich um, sah die skeptischen Blicke auf sich ruhen und wusste, dass man ihm nur eine zweite Chance gab, wenn er sich wirklich vor dem Drachen verneigte. Also schloss er ergeben seine Augen, neigte sein Haupt und setzte an, um in die Knie zu fallen, als - „Pharao!“ Atemu hielt inne. Sein Kopf ruckte hoch und seine Augen waren weit aufgerissen. Er kannte diese Stimme! „Atemu!“ Atemu blickte in den Himmel und sah einen schwarzen Körper auf sich zu rasen. Es war ein schwarzer Drachen. Mit letzter Kraft schlug dieser noch einige Male mit dem Flügeln, um sich abzubremsen. Doch die Flügel versagten den Dienst. Brutal schlug der Drache auf der Erde auf, rutschte an Atemu vorbei, überschlug sich mehrere Male und blieb zwischen den Dorfbewohnern liegen. Entsetzt starrten sie auf den blutüberströmten, schwerverletzten Drachen. „Atemu, ignoriere den Drachen und verneige dich vor Osiris!“ befahlen Subaru und Anthony wie aus einem Mund. Doch Atemu hörte nicht. Er starrte den Drachen ungläubig an. Sah, wie der große Körper mühsam bebte. Schwer bekam der Drache Luft. Ein tiefes schmerzgepeinigtes Stöhnen entrang sich der Kehle. „Nein...“ hauchte der Pharao fassungslos. Und da öffneten sich langsam die blutroten Augen. „Verzeih...“ hauchte der Drache. „Rotauge!“ schrie nun der Pharao auf und vergaß alles um sich herum. Es war ihm egal, was er tun sollte. Es war ihm egal, was man von ihm verlangte. Es war ihm egal, ob er Pharao war. Vor ihm lag schwerverletzt ein Wesen, was für ihn wie ein Freund geworden war. Er stürmte zu den Drachen und nahm den Kopf fest in seine Arme, während seine Hände zitternd versuchten beruhigend über den Hals des Drachen zu streicheln. „Rotauge... was ist passiert?“ Rotauge genoss die Wärme des Pharaos. Er spürte das Herz und er wusste, dass die Anteilnahme ehrlich war. Der Pharao machte sich große Sorgen um ihn, weinte um ihn. „Atemu...“ hauchte er leise dankbar. „Was ist passiert, Rotauge? Sprich, bitte!“ flehte der Pharao schon fast. Doch Rotauge schloss für einen Moment seine Augen, sog die Wärme, die vom Pharao ausging tief in sich auf und sammelte Kraft. „Magier! – Heile ihn!“ befahl da plötzlich Atemu herrisch und er blickte fast schon panisch zu dem Zauberer der dunklen Magie. Dieser trat langsam näher und legte seine Hand auf das Herz des Drachens. Tränen liefen über das scharfgeschnittene Gesicht des Magiers. Atemu beobachtete seinen Magier genau und ihm wurde schlecht, als er die Tränen sah. „Bitte...“ Der Magier schüttelte den Kopf. „Ich kann ihm nicht mehr helfen. Er ist zu schwer verletzt... Verzeih.“ Leise waren die Worte des Magiers. „Der Chaosmagier...“ setzte Atemu an, doch der Zauberer der dunklen Magie schüttelte nur den Kopf. „Rotauge müsste schon längst tot sein... Sein Herz schlägt nicht mehr... Es ist bereits erkaltet.“ Atemu wurde blass und er blickte zu den Drachen, dessen Kopf er in seinen Armen hielt. Er sah die Tränen des Drachen in den roten Augen glitzern. „Bitte verzeih mir... Ich konnte ihn nicht beschützen...“ raunte da der Rotauge. Da wurde Atemu bewusst, dass Yugi nicht dabei war. Doch er spürte, dass Yugi noch lebte und somit schob er den Gedanken an seinen Dieb erstmal bei Seite. „Dich trifft keine Schuld...“ murmelte Atemu, während er sich tief über den Kopf und den Hals des Drachens beugte. Er wollte ihn Wärme und Trost geben. „Bitte rette ihn...“ hauchte der Drache sterbensmatt. „Keine Sorge, ich werde ihn retten. Ihr werdet wieder gemeinsam über die Wolken fliegen!“ versprach der Pharao. Rotauge lächelte warm und nachsichtig. „Atemu, du weißt, dass es nicht passieren wird. Mein Ende ist da... Ich danke dir, dass du mich nicht alleine lässt...“

Atemus Arme schlangen sich noch fester um den Kopf des Drachen. Tränen liefen über sein Gesicht. Es durfte nicht sein! Warum Rotauge? Da berührte ihn sanft die Stirn des roten Drachens zwischen den Schultern. „So ist der Lauf der Dinge, mein Pharao. Freunde kommen und gehen. Wenn die Zeit abgelaufen ist, dann ist es Zeit sich zu verabschieden...“

Fest umschlungen hielt Atemu Rotauge fest, während dieser nach und nach mit dem Atmen aufhörte und für immer einschlief. Die Wärme des Pharaos und dessen Versprechen haben ihn die Reise ins Jenseits um so vieles erleichtert. Er war schlussendlich ohne Schmerzen eingeschlafen...

Gefangen

Gefangen
 

Langsam öffnete Yugi die Augen. Es waren nun fünf Wochen her, als er und Atemu sich geliebt hatten und er am nächsten Tag den Pharao verlassen hatte. Nun streifte er mit Rotauge durch das Land, um mit seinen Gedanken und Gefühlen allein zu sein. Alles in ihm sehnte sich nach den Älteren, doch da waren auch sein Verstand und die Wunden, als Atemu ihn immer wieder vor den Kopf gestoßen hatte – zuletzt, als er Seth hatte hinrichten lassen. Langsam erhob sich der Kleine, trat aus seinem Unterschlupf und betrachtete die aufgehende Sonne. Tief seufzte er. „Warum machst du es dir so schwer?“ fragte Rotauge leise. Er genoss die warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut, während er locker seine Flügel ausbreitete. Yugi lächelte traurig. „Weil ich es vielleicht nicht anders kann? Ich habe Angst, dass er mich wegstößt und...“ – „Glaubst du wirklich, dass er jetzt noch so handeln würde? Du siehst doch selber, was für ein Wandel in Ägypten vorgeht. Es scheint die Wahrheit zu sein, was dieser Spanier erzählt hat. Seit dem er hier ist, entfaltet sich Atemu immer mehr zu den Herrscher, der er sein möchte.“ – „Du vertraust ihm? – Obwohl er dich hätte töten lassen und...“ – „Halt ein, Yugi! Es ist Vergangenheit! Es hat sich mittlerweile sehr viel verändert. Es ist viel passiert! Auch er leidet unter den Tod Seths. Und er würde sein Leben geben, um es wieder rückgängig zu machen!“ – „Du verteidigst ihn...“ – „Und du liebst ihn! Sonst würdest du nicht solche Angst davor haben, ihn zu vertrauen...“ murmelte Rotauge leise. Yugi fuhr herum und starrte Rotauge an. Er wollte aufbegehren und verneinen, als er die geschlossenen Augen und das wissende Lächeln auf den Lippen des Drachens sah. Drachen konnten in die Seelen und Herzen schauen. Sie spürten Leid und Freud jedes Wesens, egal ob Pflanze, Stein, Mensch oder Tier... Yugi blickte ergeben wieder zur Sonne. Ja, wenn er ehrlich zu sich selbst war... er liebte Atemu. Aber er hatte Angst, ihn zu vertrauen, weil er wusste, wenn Atemu ihn verraten würde, würde er es nicht überleben...

Er schloss seine Augen und atmete tief durch. Er spürte den Wind in seinen Haaren, an seiner Kleidung zerren. Tränen glitzerten in seinen Augen, als ihn plötzlich eine tiefe Sehnsucht ergriff. „Rotauge... Ich möchte wissen, wie es meiner Mama geht...“ Rotauge öffnete langsam seine Augen, als er diese leisen Worte hörte. Er musterte den kleinen Dieb ernst. „Dir ist bewusst, dass es für dich lebensgefährlich ist. Man wird dich hinrichten, wenn du in Gefangenschaft gerätst.“ Yugi nickte. „Ich weiß. Aber ich möchte wissen, ob meine Mama noch lebt und sie mit zu Atemu nehmen. – Bitte hilf mir...“ Der schwarze Drache erhob sich daraufhin bedächtig und streckte seine Glieder genüsslich. Dann neigte er seinen Hals bis auf den Boden neben Yugi. „Steig auf, kleiner Dieb. Ich begleite dich!“ Yugi strahlte über das ganze Gesicht und schwang sich voller kindlicher Freude auf den Rücken des Drachen, der dann majestätisch abhob.
 

Gemächlich und dennoch kraftvoll schlug der schwarze Drache stetig seine Flügel, während sie über das Land flogen. Immer wieder machten sie Rast und sie trafen auf fröhliche und erleichterte Leute, die ihnen gerne Obdach und Vorräte gaben. Immer wieder hörten sie, wie die Menschen dankbar darüber waren, dass der Pharao endlich zu Sinnen gekommen war und in die Fußstapfen seines Vaters trat. Yugi lächelte warm, als er sah, wie das Land und das Volk wieder aufblühten. Seine Augen strahlten, als er die ganzen Monster frei sah – in friedlicher Koexistenz mit den Menschen.

Sie flogen schon wieder seit Morgengrauen, als Yugi plötzlich stutzte. „Rotauge... was ist das da vor uns?“ und der Kleine zeigte nach vorn. Rotauge grinste. „Obelisk...“ Yugis Augen weiteten sich vor kindlicher Freude. „Schneller!“ rief er aufgeregt und Rotauge zog das Tempo an. Rasend schnell näherten sie sich den riesigen blauen Monster, was über vier weiße Drachen flog. Und plötzlich flog der Rotauge neben den Kopf des Kriegsgottes. Yugi starrte voller Verblüffung und Ehrfurcht zu dem Monster. Obelisk war so riesig... Er und Rotauge waren gerade mal so groß, wie ein Auge des Kriegsgottes! „Rotauge... ich will ihn berühren!“ jubelte Yugi. Rotauges Augen blitzten auf und er näherte sich dem Gott. Obelisk hatte die Stimme des kleinen Menschen vernommen und er richtete seinen Blick auf den Drachen, der sich mit den Menschen ihn näherte. Der Kleine hatte keine Angst und streckte in kindlicher Aufregung vertrauensvoll seine Hand nach dem Kriegsgott aus. Obelisk war fasziniert und musste schmunzeln. Noch nie hatte er einen Erwachsenen gesehen, der keine Angst vor ihn hatte. Der Rotauge näherte sich so nah dem Kriegsgott, dass Yugi ihn an dessen Wange berühren konnte. „Sei gegrüßt, kleiner Mensch...“ brummte Obelisk sanft, als er die winzige Hand spürte. „Sei gegrüßt, großer Obelisk!“ jubelte Yugi begeistert. „Sei gegrüßt, kleiner Dieb...“ erklang es da in Yugis Gedanken. Yugi zuckte zusammen. Er kannte diese Stimme und verblüfft blickte er unter sich. „Narbengesicht!“ rief er voller Freude auf und Rotauge ließ sich im Sturzflug fallen, um abrupt zwischen den weißen Drachen und neben Narbengesicht zu stoppen. „Wie geht es dir?“ fragte Narbengesicht, als er seinen Kopf auf den Hals des Rotaugen legte um sich von Yugi kraulen zu lassen. „Mir geht es gut. Ich freu mich so, dass Atemu es endlich schafft, sein Volk glücklich zu machen. Nur Lobeshymnen habe ich bis jetzt gehört!“ Narbengesicht grinste breit. Dann warf er seinen Kopf leicht nach hinten, um so auf seinen Reiter zu deuten. „Darf ich vorstellen? Seto, der Sohn Seths. Er hat sich Atemu angeschlossen.“ Yugi blickte zu Seto und direkt in seine eiskalten blauen Augen. Seto verzog keine Miene und musterte Yugi scharf. Dies verunsicherte den Kleinen sichtlich, da musste der Große lächeln. „Du bist also der berühmte kleine Dieb? – Vater hat mir fiel von dir erzählt. Er meinte, du wärst zu gut für diese Welt!“ Yugi entspannte sich, als er merkte, dass Seto keinerlei Feindseligkeit gegen ihn hegte. Warm lächelte er Seto nun an. „Seth war ein weiser Lehrer, bei dem ich immer Zuflucht gefunden habe...“ Seto nickte warm. „Ich würde mich freuen, dich im Palast begrüßen zu dürfen, wenn Ruhe im Land eingekehrt ist!“ Yugi neigte dankbar sein Haupt. Er vertraute Seto. „Ich nehme die Einladung gerne an!“ Da meldete sich der Weiße wieder zu Wort. „Und wo geht‘s jetzt hin, kleiner Dieb?“ Yugi lachte leise auf. „Rotauge und ich fliegen zu mir nach Hause um zu schauen, wie es Mama geht! Danach komme ich zu Atemu...“ Narbengesichts Augen blitzten wissend auf. „Sei vorsichtig, Yugi! Du weißt, dass du überall gejagt wirst!“ Yugi lachte verschmitzt auf. „Narbengesicht... Ich bin ein Dieb, schon vergessen? Und ich habe Rotauge! Mir wird schon nichts passieren!“ – „Sei trotzdem vorsichtig!“ bat der weiße Drache innig, als ob er wüsste, das Unheil droht. Yugi lächelte warm und neigte sich zu Narbengesicht rüber, um ihn einen warmen Kuss auf die Stirn zu geben. „Pass du mir auf Seto auf und beschütze Atemu!“ Der Drache nickte. Dann drehte Rotauge ab und verschwand mit einem lachenden Yugi auf den Rücken. Narbengesicht blickte den Beiden lange nachdenklich und besorgt nach. Er hatte so ein ungutes Gefühl... Seto spürte die Unruhe seines Drachen und er blickte noch einmal Yugi und Rotauge hinterher. Er zuckte zusammen. Er sah einen dunklen Schatten über den Beiden schweben. „Du hast es gesehen?“ fragte da der Weiße. Seto nickte verwirrt. „Dies ist eine Gabe aller Drachen, die im Licht geboren sind. Wenn ein dunkler Schatten über jemanden oder etwas schwebt, dann wird etwas Schlimmes mit diesem Wesen passieren. Wir können es sehen...“ Seto wurde nachdenklich. „Wie schlimm?“ Der Weiße seufzte. „Keine Ahnung... Von einem abgebrochenen Fingernagel bis hin zum Tod ist alles möglich...“ Seto erblasste über den ernsten und bedrückten Tonfall Narbengesichts. „Flieg ihnen nach und hab ein Auge auf die Beiden!“ befahl er dann entschlossen und zeigte auf einen seiner drei schneeweißen Drachen. Ein sanftes Augenschließen des Drachen und dieser drehte ab. Seto verfolgte noch lange mit seinem Blick den weißen Drachen. Mehr konnten sie nicht tun – leider!
 

Kurz hinter der Grenze Ägyptens Richtung Europa lag ein riesiges Tal, eingekesselt zwischen hohen, scharfkantigen Felsen und Bergen. In der Mitte dieses Tales lag ein schwerverletzter Sonneneruptionsdrache. Er sah aus wie eine ganz aus glühendem Magma bestehende Schlange. Nur sein Kopf erinnerte an einen Drachen, der von einer Löwenmähne ganz aus Flammen geschmückt war. Seine Hitze war so groß, dass alles um ihn herum verbrannte. Doch dieser Drache war so schwerverletzt, dass er drohte auszukühlen. Seine Flammenmähne war fast erloschen und züngelte nur ab und an mal auf. Seine Augen waren geschlossen. Er lag da. Mitten in der prallen Sonne, die ihn wärmte. Er wusste, die nächste Nacht würde er nicht überleben. Er hatte keine Kraft mehr, sich zu wärmen. Dafür hatten die Menschen gesorgt, die ihn hier als Köder für den Drachenfürsten hingelegt hatten. Überall in den Felsen waren sie versteckt. Menschen... Soldaten mit Magiern, Dämonen und anderen Monstern. Sie warteten darauf, dass der Drachenfürst kommen würde. Sie wollten ihn in Ketten legen. Bitte komm nicht! flehte der Drache innerlich. Plötzlich spürte er die Wärme, die sich ihm näherte. Der Drachenfürst kam! Tränen der Wut, der Verzweiflung und der Trauer, über das, was nun gleich passieren würde, rannen zischend über sein Gesicht.

Der schwarze Drache ließ sich von der Mittagshitze treiben, als sie über einen Talkessel flogen. Zeitgleich mit Yugi stutzte er. „Rotauge... da liegt ein schwerverletzter Drache...“ Rotauge nickte und begann zu kreisen, dabei stetig an Höhe verlierend, damit sie einen besseren Blick auf den Drachen hatten. „Er ist kurz vorm Sterben... Seine Mähne ist fast erloschen.“ Rotauges Worte erschraken Yugi. „Lass uns runter gehen! Vielleicht können wir ihm helfen.“ Rotauge wiegte misstrauisch mit dem Kopf. „Yugi... mir gefällt das nicht. Ein Feuerdrache hier in den Bergen und dann auch noch verletzt...“ Yugi schwieg und beobachtete den Drachen. „Weißer... taste die Umgebung ab!“ befahl Yugi den weißen Drachen, der mittlerweile leicht hinter Rotauge flog. Dieser nickte kurz und vernetzte sich mit der Umgebung. Er konnte nichts spüren. Das einzige Lebewesen, was er wahrnahm, war der Drache. „Es scheint alles in Ordnung zu sein.“ Yugi nickt und blickte nun wieder zu seinem Rotauge. Er legte seine Hand bittend auf den Hals des Drachen. „Bitte...“ Der Schwarze nickte endlich und begann den Sinkflug, dabei wachsam alles im Auge behaltend.

Und dennoch sah er den Angriff nicht kommen! Der Angriff war so gut getarnt wie die anwesenden Feinde! Nur wenige Millimeter vor dem Drachen wurde der Angriff sichtbar. Ein heftiger Magiestrahl, der von mehreren Magiern gebündelt wurden war, traf Rotauge brutal in die Brust und zerfetzte das Herz. Laut brüllte der Drache vor Schmerzen auf. Er bekam plötzlich keine Luft mehr, seine Flügel verweigerten ihm den Dienst und er stürzte ab. Rasend schnell näherte er sich der Erde. Seine Augen starrten wie hypnotisiert auf die sich näher kommende Erde. Irgendwo hörte er die panischen Rufe Yugis, der besorgt und hysterisch immer wieder wissen wollte, was los ist. Doch Rotauge konnte nicht antworten. Ihm fehlte die Luft. Sein Körper war bereits in einem fast todesähnlichen Zustand! Yugi! Mit aller letzter Kraft bäumte sich der schwarze Drache auf, so dass er Yugi von seinem Rücken warf, dann drehte er sich um, griff nach dem Menschen, zog ihn fest an seinen Körper und hüllte schützend seine Flügel um Yugi, während er immer schneller zu Boden stürzte. Der schwere Körper prallte mit einem lauten Bersten auf den Felsboden. Knochen brachen, Sehnen rissen, Muskeln zerquetschten. Doch davon spürte der schwarze Drache nichts mehr. Er war bereits tot. Yugi lag in seiner festen Umarmung. Er war unverletzt, allerdings durch den heftigen Aufprall bewusstlos. Als der Drache tot am Boden lag, kamen die Soldaten und näherten sich unter dem Schutz der Magier hektisch den Drachen und dem Jungen.

Als der Magiestrahl Rotauge getroffen hatte, stoppte der weiße Drache kurz. Zu seinem Glück, denn die anderen Magieattacken, die auf ihn gezielt waren, gingen ins Leere. „Yugi!“ rief er entsetzt, als er sah, wie der schwarze Drache getroffen abstürzte. Sofort flog der Weiße hinterher, um Yugi aufzufangen, doch da standen ihn plötzlich Drachen gegenüber, die Halsketten trugen und von Magiern geritten wurden. Die eisblauen Augen verengten sich gefährlich. „Geht mir aus dem Weg!“ brüllte er trompetend und schoss einen Lichtblitz auf den ersten Drachen. Dieser brach getroffen zusammen und stürzte ab. Sofort setzte sich der Weiße wieder in Bewegung, als er plötzlich zur Seite geworfen wurde. Ein Feuerball hatte ihn getroffen und ließ ihn taumeln. Er schüttelte benommen seinen Kopf, um wieder klar zu werden – doch nun wurde er unter Dauerbeschuss genommen. Die Absicht der Monster war klar: Sie wollten verhindern, dass er sich Yugi näherte. Der weiße Drache vergaß alle Rücksicht. Mit jedem Monster, was er tödlich traf, wurde er dunkler. Immer mehr geriet er in Rage, als Rotauge Tod auf den Boden lag und sich die Menschen Yugi näherten. Er vergaß nun völlig seine Deckung. Er vernichtete alles, was ihm Weg kam, doch erlitt er unzählige Treffer von den Monstern die neben ihn und hinterm waren. „YUGI!“ brüllte der Drache verzweifelt, als er sah, wie die Menschen den kleinen Dieb in Ketten legten und mit sich nahmen. Der Drache legte all seine Wut und Verzweiflung in den einen Angriff und schoss ihn auf die Menschen. Zu spät registrierte er, dass er durch die Magie der Magier getäuscht wurden war. Yugi war bereits weg. Dutzende Menschen und Monster riss er in den Tod. Der Drache wurde schwarz. Blutige Tränen liefen über sein Gesicht, während er sich mit seinen mächtigen Flügeln wieder auffing und versuchte an Höhe zu gewinnen. Wo war der kleine Dieb? Suchend blickte sich der Drache um, während er immer mehr Treffer einsteckte. Endlich erblickte er Yugi und wollte sofort hinfliegen, als etwas neben sich spürte. Der weiße Drache richtete seine eisblauen Augen nach rechts und erstarrte. Ein gelbschwarzer Paladin auf einen grünen Drachen senkte sein Schwert und die scharfe Klinge glitt durch das Fleisch des Weißen wie durch weiche Butter und trennte den rechten Flügel vom Rumpf des Drachens. Abgrundtiefer Hass lag in den eisblauen Augen, als der Weiße abstürzte. Eine gespenstische Stille herrschte und mit einem lauten explosionsartigen Knall schlug der geschundene Körper des weißen Drachen mit den eisblauen Augen auf den harten Felsenboden auf.

„Maha Vailo, kontrolliere, ob die Drachen tot sind. Wenn nicht, töte sie!“ durchbrach eine herrische Stimme die gespenstische Ruhe. Der angesprochene Magier nickte und näherte sich langsam den Drachen. Schweigend blieb er vor den weißen Drachen stehen. Dieser öffnete seine eisblauen Augen. Der Magier kniete sich neben den Drachen hin und berührte ihn beruhigend an dem Hals. „Schrecklich...“ murmelte er leise, als er sah, wie tiefschwarz der Weiße war. Ein Blick hinter sich belehrte den Magier, dass sämtliche Menschen und Monster abgezogen waren. Also konnte er frei agieren. Er und die anderen Maha Vailos hatten den verzweifelten Aufschrei des weißen Drachens vernommen und sie waren sich einig, dass sie den kleinen Menschen helfen wollten; mussten! „Warum...“ knurrte der Weiße. „Wir besitzen Magie, die sie nicht kontrollieren können und so sind wir in der Lage selbstständig zu denken. Wir haben unseren eigenen Willen, obwohl unser Körper als Marionette den Menschen dienen muss, dank diesen Ketten und Halsbändern!“ Der Weiße lauschte der Erklärung und dachte nach. Es ergab Sinn, nach dem, was er von Narbengesicht gehört hatte. „Was wirst du jetzt tun?“ fragte er matt. Maha Vailo starrte auf die blutigen Tränen, die immer noch über das nun tiefschwarze Gesicht liefen. „Gebt mir euer Leben, damit ich den Schwarzen Leben einhauchen kann und er somit zu denjenigen fliegen kann, der den Kleinen retten kann!“ bat der Magier den Weißen und den Feuerdrachen. Schweigen. Verunsichert blickte der Magier zwischen den beiden Drachen hin und her. Er wusste, die Beiden berieten sich, dennoch fühlte er sich hilf- und machtlos, dass er nicht mitbekam, was geredet wurde. Maha Vailo wurde sich seiner Schwäche und die Überlegenheit dieser Drachen bewusst. „Nimm unser Leben...“ hauchte da plötzlich der Sonneneruptionsdrache. Maha Vailo blickte überrascht auf und starrte in die warmen Augen des Feuerdrachens. Ergriffen atmete er ein und nickte.

Also trat er zuerst zu den Feuerdrachen und kniete sich vor den Kopf. Er legte eine Hand sanft auf die Stirn und ließ den Drachen einschlafen. Als dieser schlief, legte der Magier nun seine Hände über die Nüstern des Drachens und zog die gesamte Lebensenergie aus dem Körper und absorbierte sie. Der Sonneneruptionsdrache war erkaltet und nur noch grau wie erkaltetes Magma. Maha Vailo biss sich auf die Lippen und kämpfte mit den Tränen. Dann trat er zu den schwarzen Weißen. „Bist du soweit?“ fragte er zögerlich. Als Antwort schloss der Weiße seine Augen. Auch hier legte der Magier zuerst seine Hand auf die Stirn des Drachens, um ihn einschlafen zu lassen. Dann legte er ebenfalls seine Hände auf die Nüstern des Weißen und zog die gesamte Lebensenergie aus dem Körper. Geschockt registrierte der Magier, wie stark dieser Drache war. Die Lebensenergie, die Maha Vailo nun absorbiert hatte, war mehr als genug, um Rotauge wieder ins Leben zu rufen! „Danke!“ flüsterte der Magier ergriffen.

Nun trat Maha Vailo zu den schwarzen Drachen und legte seine Hand auf dessen Brust. Langsam und behutsam flößte er nun die Lebensenergie der beiden anderen Drachen dem Schwarzen ein. „Hör mir gut zu, Rotauge! – Du bist tot! Ich gebe dir jedoch das Leben zurück, damit du zu denjenigen fliegen kannst, der Yugi retten kann. Dein Herz wird nicht mehr schlagen. Deine Knochen sind nur notdürftig geheilt. Nur die wichtigsten Sehnen und Muskeln sind wieder heil, die du benötigst, um zu fliegen! Deine Flügel sind nicht mehr in der Lage auf Dauer dein Gewicht zu tragen... Also versuche so viel wie möglich auf den Winden zu gleiten und so wenig wie möglich mit den Flügeln zu schlagen!“ murmelte der Magier leise. Ein tiefer Atemzug ließ den Körper des schwarzen Drachen erbeben und blutrote Augen öffneten sich. Sie blickten tief in die Seele des Magiers. „Ich gebe dir das Leben des Sonneneruptionsdrachen und des weißen Drachen mit den eisblauen Augen. Wenn deine Flügel ermüden, werden sie dich tragen. Du wirst so lange am Leben bleiben, bist du bei denjenigen angekommen bist, der Yugi retten kann. In dessen Armen wirst du sanft und ohne Schmerzen einschlafen! – Nun geh!“ Bei den letzten beiden Worten gab er den Drachen noch etwas Magie von sich. Rotauge erhob sich mühsam und betrachtete seine Flügel, die er prüfend langsam auf und ab schlug. Dann blickte er zu Maha Vailo und in dessen Augen. Der Magier wich einige Schritte zurück. Er hatte schon sehr oft Angst gehabt. Ja, regelrechte Panik – die Menschen waren richtige Meister darin, einen mit Angst zu brechen! Doch als er in die blutroten Augen des Drachens blickte, erkannte er etwas, was noch älter, als das Leben selbst war... tiefe Dunkelheit, Allwissenheit und die unendliche Macht, alles zu vernichten und wieder auferstehen zu lassen. Die roten Augen blickten tief in seine Seele. Sie wussten alles! Maha Vailo fühlte sich so klein und erbärmlich! „Wo ist der Südwind...“ erklang die tiefe Stimme des Drachen in den Gedanken des Magiers. Maha Vailo war ergriffen von der Stimme und er blickte hoch in die Luft. „Und Gott nahm eine Handvoll Südwind...“ murmelte der Magier leise, als er mit seiner Magie den Wüstenwind auffing und ihn unter die gebreiteten Flügel des Drachens lenkte. Mit einer schwungvollen Geste hob der Magier den Drachen in die Lüfte und der Südwind ergriff dessen Flügel und führte ihn Richtung dessen, der ALLES geben würde, um Yugi zu retten!

Der Fürst der Drachen

Der Fürst der Drachen
 

Yugi fühlte sich wie gerädert. Langsam öffnete er seine Augen. Alles um ihn herum war dunkel und stickig. Sein Kopf schmerzte, sein Körper verweigerte ihm den Dienst, seine Hände waren gefesselt, ihm war schlecht... Yugi runzelte seine Stirn. Seine Hände waren gefesselt? Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit und er sah sich in Ketten gelegt. Er hörte merkwürdige Geräusche und langsam erkannte er das Glucksen von Wasser. Yugi war in Ketten gelegt und lag im Schiffskerker. Na super! Stöhnend schloss er wieder seine Augen. Wo war er da nur hingeraten. „Pruiii...“ hörte er da ein beruhigendes Gurren. Kuriboh...? Wieder öffnete der kleine Dieb die Augen und sah in die Goldenen seines Koboldes. „Wo bin ich hier?“ fragte er. „Auf einer spanischen Galeere.“ Antworte da ein anderes Monster an Kuribohs Stelle. Yugi blickte zu dem Monster auf. Es war ein Maha Vailo und trug ein Halsband. „Das spanische Königshaus hat eine hohe Belohnung auf dich ausgesetzt, weil du die Drachen beherrschst. Du wirst nun zum Fürsten Astaroth gebracht, der dich deiner annehmen wird...“ murmelte der Magier. Kuriboh umarmte Yugi sanft und machte dann auf den Absatz kehrt. „Kuriboh... wo willst du hin?“ fragte der Kleine fast schon panisch. „Ich lasse Kuriboh aufs Festland bringen, damit er Faisal Bescheid geben kann, wo du hin gebracht wirst. Der kleine Kobold wollte solange warten, bis du wieder wach bist.“ Wieder war es Maha Vailo, der antwortete. Yugi konnte keinen klaren Gedanken fassen. Faisal? Warum Faisal? Was konnte dieser ausrichten? Er brauchte die Hilfe des Pharaos! „Geh, Kuriboh... Hol Atemu...“ hauchte der Dieb noch leise und versank wieder in tiefer Bewusstlosigkeit. Kuriboh schloss sanft seine Augen und mit Hilfe des Magiers machte er sich auf den Weg zum Pharao.
 

Unsicher trat Yugi auf die Schiffsplanke, als er von der Galeere geführt wurde. Seine Hände waren auf den Rücken gekettet. Ketten an den Füßen verhinderten, dass er große Schritte machen konnte und an dem Eisenring, den er um den Hals trug, war eine Kette, die ein Wächter fest in den Fäusten hielt. Die Sonne blendete ihn und dennoch genoss er die warmen Strahlen auf seiner Haut. Er wusste nicht, wie lange er eingekerkert war. Allerdings war es zu lange, so wie er nach den Sonnenstrahlen und der frischen Luft lechzte. Langsam verließen sie das Schiff und näherten sich einer geschlossenen Kutsche. Die wenigen Schritte vom Schiff zur Kutsche hatten Yugi so ermüdet, dass er einfach nur froh war, als er in dem Gefährt saß. Er hatte seine Umgebung geprüft und er wusste, dass mehrere Magier ihn mit Bannsprüchen belegten, so dass er kaum Kraft und Energie besaß. Ironisch musste er lächeln. Ich brauche nur ein paar Sekunden... dachte er sich und hörte in sich hinein. Er war noch immer mit dem roten Magier verbunden, also konnte er diesen jederzeit rufen. „Ihr Narren...“ murmelte er leise und schloss seine Augen.

Wie lange die Kutsche fuhr, wusste Yugi nicht. Er öffnete nur leicht verblüfft seine Augen, als das Gefährt plötzlich still stand und er Stimmen hörte. Der Verschlag wurde geöffnet und der Kleine musste aus der Kutsche treten. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne blendeten ihn leicht. Langsam gewöhnten seine Augen sich an das Licht und er stand in der Mitte einer riesigen Anlage. Verblüfft blieb Yugi der Mund offen stehen, als er das Bild in sich aufnahm. Der Platz, auf dem er stand war von Mauern eingesäumt. Allerdings waren die Mauern soweit von Yugi entfernt, dass sie in der Ferne sehr winzig wirkten. Direkt vor ihm war ein riesiges Herrenhaus mit angrenzenden Stallungen. Rechts neben ihn waren eingezäunte Kampfplätze, Übungsplätze und wieder Gebäude. Links neben ihn erhob sich ein riesiges Kolosseum. Zu Füßen dieses Gebäude waren Wiesen, Plätze und kleinere Gebäude. Und überall wimmelte es nur von Soldaten und Monstern. Wobei Letztere interessierte und neugierige Blicke auf Yugi warfen. Es war ein Stimmengewirr sondergleichen, was plötzlich abbrach und ein tiefes Schweigen legte sich über den Platz. Yugi blickte auf und direkt zu einer männlichen Person, die wohl die Ursache dieses Schweigens war und sich langsam den kleinen Dieb näherte. Er kam vom Herrenhaus. Die Person war hochgebaut, trug lange schwarze Haare und einen kurzen Vollbart. Eine Kriegsverletzung hatte sein rechtes Auge aufgeschlitzt. Er trug eine dunkle leichte Rüstung. Ein Schwert hing um seine Hüfte. Der Umhang, der hinter ihn her flatterte war schwarz mit goldenen Stickereien. Sein Blick war kalt und unheilverkündend. Ja, die Augen leuchteten regelrecht vor boshafter Begeisterung! Yugis Augen verengten sich leicht. Er wurde noch größer und sein ganzer Körper spannte sich an. Als die Person vor ihm stehen blieb, huschte ein verächtliches Grinsen über die Lippen. „Na, wen haben wir denn da... Du bist also dieser legendäre Drachenfürst, dem sogar die weißen Drachen mit den eisblauen Augen gehorchen... Ziemlich winzig und ziemlich schwach auf der Brust!“ – „Lass das mal meine Sorge sein! Ich kämpfe nicht, ich überlebe nur!“ knurrte Yugi zur Antwort. Er mochte den Kerl nicht! Der war gefährlich und heimtückisch! „Gute Worte...“ grinste der Kerl. „Ich bin Fürst Astaroth und für deine Ausbildung zuständig – wenn du die Nacht überlebt hast.“ Yugi versteifte sich. „Ausbildung?“ – „Du wirst lernen mir und dem Königshaus zu gehorchen! Du wirst für uns die Drachen in den Krieg schicken.“ Yugi schnaubte verächtlich und spie aus. „Niemals!“ fauchte er empört. Astaroth starrte auf die Stelle, wo Yugi hin gespien hatte. Einen anderen hätte er nun getötet. Doch der Kleine gefiel ihm und er freute sich schon darauf, diese Seele zu zerbrechen und hörig zu machen. „Glaub mir, Kleiner! Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du mir aus der Hand fressen!“ lachte er laut auf. Dann gab er einen Wink und marschierte Richtung Kolosseum. Yugi wurde durch die Ketten gezwungen, dem Kerl zu folgen.

Je mehr sich der Trupp, begleitet von neugierigen Blicken, dem Tor näherte, desto unruhiger wurde Yugi. Er hatte kein gutes Gefühl. Alles in ihm wehrte sich, auch nur einen Schritt weiter zu marschieren. Sein Magen verkrampfte sich, seine Nackenhaare stellten sich auf und plötzlich verweigerten die Füße ihren Dienst. Yugi blieb abrupt stehen. Sein Atem war schnell und flach, kalter Angstschweiß stand ihm auf der Stirn, die Augen waren panisch aufgerissen. Er spürte eine mächtige, bedrohliche Präsenz hinter den Toren. Er spürte Wut, Hass und reine blutrünstige Mordgier! Yugi wurde die restlichen Meter bis zum Tor geschoben. Astaroth hatte den Kleinen die ganze Zeit beobachtet und er war verblüfft über das Verhalten des angeblichen Drachenfürsten. Na, da war er mal gespannt, ob der Kleine sich schlagen würde... „Wir werden dir die Ketten abnehmen. Du wirst die Nacht im Kolosseum verbringen. Du kannst dich frei bewegen. Bin mal gespannt, ob wir uns morgen wiedersehen...“ kicherte Astaroth boshaft, als man Yugi die Ketten abnahm. Auf einen Zuruf wurden die großen Tore geöffnet und Yugi wurde blitzschnell durch die entstandene Öffnung geschupst. Ein brutales, kreischendes Brüllen empfing den kleinen Dieb, als hinter ihm schon wieder die Tore geschlossen wurden. Yugi ahnte mehr, als dass er sah, dass er angegriffen wurde und blitzschnell rief er seinen roten Magier, der sofort hinter ihm erschien und in einer einzigen Bewegung beschwor Yugi unter sich einen Bannkreis, den der Magier blitzschnell hochzog und mit all seiner Kraft stärkte. Kaum war der Bannkreis über Yugi geschlossen, schlug auch schon der Angriff ein. Es war eine Mischung aus Wasser, Wind, Feuer und Erde. Der Krach den die explodierende Attacke am Bannkreis verursachte war Ohrenbetäubend. Yugi hielt sich entsetzt die Ohren zu, die Erde unter ihm bebte so stark, dass er in die Knie fiel und panisch schrie er auf, als plötzlich sämtlicher Sauerstoff innerhalb des Bannkreises weg war. Yugi bekam keine Luft mehr und er musste den Bannkreis auflösen. Kaum wehte der Wind wieder an ihn ran, schnappte er gierig nach Luft. Er hatte scheinbar einen Fehler bei der Beschwörung gemacht. Noch einmal beschwor er nun den Bannkreis. Doch diesmal erfolgte kein Angriff. Yugi blickte vor sich hin. Dort war ein Drache... Langsam hob der Kleine den Blick gen Himmel, um in das Gesicht des Drachens zu schauen. Yugi erstarrte.

Vor ihm verharrte ein riesiges Wesen. Der Körper war schlangenartig und lang. Er schien aus Nebel und Wolken zu bestehen – eine geisterhafte Erscheinung. Der Drache hatte keine Flügel und glitt wie eine Schlange schlängelnd durch den Himmel. Der Kopf war spitz und scharfkantig, gesäumt von einer prächtigen Mähne. Zwei lange Barthaare, die an Fühler erinnerten, hingen links und rechts von seiner Schnauze herab und zwei lange, aber zierliche Hörner krönten den Schädel. Seine Beine waren kurz, stämmig und mit kräftigen messerscharfen Klauen besetzt. Die Augen waren silbergrau. Genau wie der ganze Körper des Drachen: Eine Mischung aus weiß und silbergrau – wie die Wolken. Obwohl der Körper des Drachen fest war, hatte er keine scharfen Konturen. Es schien als ob er auf Wolken reiten und vom Nebel getragen würde. Yugi hatte noch nie einen so schönen Drachen gesehen! „Der Götterdrache Ragnarok...“ murmelte der rote Magier leicht verblüfft. Wie konnte so ein Wesen in die Gefangenschaft der Menschen geraten?

„Was willst du, kleiner Mensch?!“ knurrte der Drachen gefährlich und stellte seine Mähne auf. Schon fletschte er die Zähne und holte zum erneuten Angriff aus. „Überleben...“ murmelte Yugi wie abwesend. Er war nach wie vor gefangen von dem Anblick dieses Drachen. Spöttisch blitzten die Augen des Drachens auf, als schon der nächste Angriff auf den Bannkreis abgegeben wurde. Kaum war die Explosion verraucht, litt Yugi wieder unter Atemnot und musste den Bannkreis öffnen. „Was ist das?“ fragte der Kleine verwirrt, als er gierig nach Luft schnappte. „Es heißt, die Götter haben ihm die Macht gegeben, die Welt im Wasser zu ertränken. Er ist der Bote des Weltunterganges und er lebt eigentlich hoch über den Wolken über den Meeren...“ erklärte der rote Magier leise. „Jeder Angriff hinterlässt den Zustand, wie wenn du unter Wasser wärst. Da du Lungen besitzt kannst du nicht atmen, obwohl du nicht unter Wasser bist.“ – „Na super...“ murmelte Yugi. Er verkniff es sich jetzt, noch einmal einen Bannkreis zu ziehen. Auch hatte er keine Lust, zu den Drachen aufzublicken. Langsam entfernte er sich von dem Tor und schaute sich im Kolosseum um. Er fand keine Versteckmöglichkeit. Also musste er sich mit den Drachen Wohl oder Übel arrangieren... Yugi wollte so eben wieder sich Ragnarok zu wenden, als er etwas Riesiges hinter den Götterdrachen erkannte.

Dort lag am Boden, schwer atmend, mit an den Körper gefesselten Flügeln, ein weißer Drache mit eisblauen Augen! Yugi erblasste. Dieser Drache war dreimal so groß wie Narbengesicht! „Er ist sehr alt...“ erklärte der Magier leise. Yugi hob schon den Fuß, um sich den Drachen zu nähern, als Ragnarok plötzlich vor ihm stand, warnend fauchte und durch eine blitzschnelle Bewegung seines Schwanzes Yugi von den Beinen riss und ihn gegen die Steinmauer des Gebäudes katapultierte. Yugi schrie gepeinigt auf und sank sofort in die Knie. Er bekam kaum Luft, alles vor seinen Augen verschwamm. Er hatte noch nie so große Drachen gesehen, wurde aber auch noch nie mit dieser Brutalität konfrontiert. Bis gerade eben dachte Yugi, dass Drachen nie absichtlich ihre volle Stärke einsetzen würden, wenn sie nicht in Lebensgefahr schweben. Selbst da hielten sie sich zurück – dachte Yugi bis jetzt. Tränen glitzerten in seinen Augen, als der Schmerz so groß wurde, dass er bewusstlos zusammenbrach. Der rote Magier zog einen Schutzbann um den Kleinen und verharrte abwartend. Auch er war verwirrt. Was er hier bei diesen Drachen spürte, hatte er schon Jahrhunderte nicht mehr gespürt. Er war sich nun nicht mehr sicher, ob sie die Nacht überleben würden...

Der weiße Drache litt und er stöhnte immer wieder gepeinigt auf vor Schmerzen. Ragnarok hielt Wache und ließ keinen Feind an den Weißen ran. Schon seit Wochen attackierte er jeden Menschen und jedes Monster, was sich dem weißen Drachen näherte. Ragnarok beobachtete den kleinen Menschen zu seinen Füßen. Der Bannkreis, den der Magier gezogen hatte, war lächerlich! Das wussten Beide. Dennoch verharrte der Drache abwartend, da der Kleine keine Feindseligkeit gezeigt hatte. Langsam schlug Yugi seine Augen wieder auf. Mühsam rappelte er sich auf und blickte sich verwirrt um. „Geht es dir wieder besser?“ fragte der Magier leise. Yugi erhob sich schwankend und nickte. Er blickte zu Ragnarok. „Er hat nicht angegriffen?“ Der rote Magier schüttelte nur leise den Kopf. Yugi löste den Bannkreis auf und setzte sich in Bewegung. Er wollte zu den Weißen. Plötzlich versperrte Ragnarok ihm erneut den Weg. „Noch einen Schritt näher und ich töte dich!“ knurrte der Drachen bedrohlich. Yugi schnaubte verächtlich. „Versuch es...“ und er trat noch einen Schritt näher heran. Da öffnete der Drache sein großes Maul. „JETZT!“ befahl Yugi und der rote Magier zielte mit seinen Stab auf den Drachen. Ein dunkelvioletter Lichtball schoss auf Ragnarok zu und fing dessen Attacke direkt in seinem Maul ab. Die Wucht der Explosion der zwei Attacken ließ den Drachen weg- und gegen die Wände des Kolosseums schleudern. Yugi zog sofort einen Bannkreis um den Drachen, den der Magier nutzte um den Drachen zu bannen. Ragnarok konnte sich nicht mehr bewegen. Er war wie gelähmt. Wütend schrie er auf. Sein Brüllen ging durch Mark und Bein. Yugi zitterte am ganzen Körper und er vergewisserte sich mehr als nur einmal, ob Ragnarok wirklich gebannt war. Dessen Augen glühten wie flüssiges Silber vor unkontrollierter Wut.

Mit gemischten Gefühlen näherte sich Yugi nun den weißen Drachen. Er war wirklich riesig! Narbengesicht konnte er noch mit seinen Armen am Hals oder Kopf um schlingen. Dieser hier war so groß, dass der Kopf selber genauso hoch war wie Yugi groß. Der Drache atmete schwer. Laut waren seine Atemzüge zu hören. Die Augen waren geschlossen. Automatisch suchte Yugi den Kontakt mit den Drachen, doch er spürte nichts. Keine Gefühle, keine Gedanken... Nichts. Vorsichtig berührte der Kleine den Körper des Drachen. Keine Reaktion. Er löste das Magiehalsband vom Hals des Drachen, doch noch immer konnte er nichts spüren oder fühlen. Unsicher glitten Yugis Hände Richtung den großen Flügeln. Plötzlich stießen diese gegen eine magische Barriere. Yugi hatte seine Hände in Magie eingehüllt, um sich vor den magischen Fesseln zu schützen. Dennoch zuckte der Kleine erschrocken zurück. Die Magie war stark und böse! „Ich kann die Fesseln nicht lösen...“ murmelte Yugi entsetzt. Der Magier blickte leicht erschrocken zu dem Menschen. „Wenn ich sie löse, wird Ragnarok dich angreifen...“ murmelte der Magier in Yugis Gedanken. Dieser nickte und antwortete. „Ich weiß. – Nur diese Fesseln nehmen auch seine Lebensenergie. Wenn sie ihn nicht abgenommen werden, dann stirbt er... Ich weiß nicht, wie stark er noch ist. Ich kann ihn nicht spüren und nicht fühlen!“ Der Magier blickte betroffen zwischen den Weißen und Yugi hin und her. Sollten sie es hier mit Drachen aus den Zeiten der Mär zu tun haben? „Ich wähle sein Leben...“ murmelte Yugi laut und ergeben schloss der Magier seine Augen. Er legte das Schicksal des Jungen in die Klauen der Drachen! Dann blickte der Magier mit festem Blick zu Ragnarok. „Sein Angriff wird schneller sein, als du deinen Bannkreis hochziehen kannst!“ Die Worte hallten laut von den Wänden des Kolosseums wider. Yugi nickte und formte mit seiner Magie eine scharfe Klinge. Hatte er das ungute Gefühl, dass Magie allein nichts nützen würde. Seine linke Hand ließ er auf den Hals des Drachens liegen und er wartete, mit dem Rücken zum Magier und Ragnarok.

In dem Moment, wo der Magier den Bann löste, spürte Yugi den scharfen Wind und die glühende Wärme, mit der der Angriff auf ihn zu raste. Yugis Herz blieb stehen und er hielt den Atem an. Wann würde endlich die Magie des Magiers wirken? Würde der Angriff Ragnaroks ihn eher treffen und vernichten? Plötzlich glühte es neben ihn und Yugi keuchte auf. Verzauberte normale Fesseln! Blitzschnell warf er seine Magieklinge in Richtung der Fesseln und im Nu zerfielen diese zu Staub.

In dem Moment prallte der Angriff des Drachens gegen Yugis Rücken. Doch es war kein Schmerz da, auch keine Wucht. Yugi starrte verblüfft neben sich. Er stand in einem Nebelstrahl, der durch ihn und um ihn herum floß. Gnade... Er hatte Gnade walten lassen... Das hieß, Ragnarok gab ihm eine Chance! Blitzschnell wirbelte Yugi herum und sah auch schon, wie der große Drache sich ihn mit glühenden Augen im Nebel rasend schnell näherte! Der kleine Dieb wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als fast schon flehend seine rechte Handfläche hochzuhalten und Blick sowie Haupt demütig zu neigen. Der Aufprall der Drachenstirn mit Yugis Handfläche war heftig, brutal und doch so sanft wie eine Feder! Der Nebel verwirbelte sich um die Beiden. Sofort schlug der Mensch wieder seine Augen auf, als er die Haut des Drachens spürte und blickte in die Augen des Wesens. Zögerlich löste er alle Grenzen und ließ den Götterdrachen sanft in seine Gedanken- und Gefühlswelt dringen.

Mensch und Drache schauten sich tief in die Augen. Alles um sie herum verschwand in einem Nichts; in Dunkelheit! Nur der Nebel umwaberte sie Beide. Laut und langsam gingen die tiefen Atemzüge des Drachen. Schnell und heftig schlug das Herz des Menschen. Angst, Verwirrung, Unsicherheit und Sehnsucht roch der Drache. Kraft, Stärke, Wärme und Sanftmut spürte der Mensch. Der Wunsch zu leben und die Bitte um Gnade sah der Drache. Wie im Trance löste der Mensch die Berührung. Yugi sank vor dem Drachen in die Knie. Es war unverzeihlich, was die Menschen diesen Wesen angetan hatten. „Es tut mir so Leid...“ wisperte der Kleine. Ragnarok schnaubte tief durch. Seit man ihn aus seinem Versteck gejagt und ihn in die Gefangenschaft getrieben hatte, war er noch keinem menschlichen Wesen begegnet, der ihn respektierte und ihm Achtung entgegenbrachte. Kein Mensch hatte ihn den respektvollen Gruß entgegengebracht, wie es seit alters her Brauch war. Verunsichert blickte der Götterdrache zu dem Weißen, der seine Augen geöffnet hatte und Yugi musterte. „Mein Leben gehört dir...“ raunte der Weiße nach einer sehr langen Zeit. Yugi erschrak sichtlich beim Erklingen dieser tiefen, dunklen Stimme und er blickte ruckartig zu den weißen Drachen. Als Ragnarok dies hörte, schloss er seine Augen und legte sein Haupt vor Yugi in den Dreck. „Auch mein Leben gehört dir, mein Herr!“

Langsam kam Yugi wieder auf die Beine. „Bitte... lieg nicht so im Staub...“ bat er den Götterdrachen und berührte ihn sanft. Dieser erhob sich leicht, so dass der Kopf auf Augenhöhe des Menschen war. „Ich danke euch!“ sprach Yugi nun tränenerstickt und ergriffen, als er seine Stirn an den Hals des weißen Drachen legte. „Bitte heile ihn...“ murmelte er leise und sein roter Magier, der alles ehrfürchtig beobachtet hatte, nickte. Es dauerte nicht lange, da breitete der Weiße seine mächtigen Flügel aus. „Ich danke dir ergebenst, Yugi.“ Yugi zuckte zusammen. „Woher kennst du meinen Namen?“ Der Weiße schmunzelte leicht. Ich habe ihn in deinem Herzen, in deinen Gedanken und in deiner Seele gesehen.“ Yugi war sprachlos und erschüttert. Er fühlte sich so klein und unbedeutend neben diesen großen Drachen.
 

All dies hatte Astaroth beobachtet. Er konnte nicht hören, ob und was gesprochen wurde, doch sah er eindeutig, dass diese Drachen sich vor dem Kleinen verneigten. „Also ist er tatsächlich der Drachenfürst aus den alten Sagen... Interessant!“ murmelte er vor sich hin, als er sich schließlich abwandte.

Gebrochen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Die Bürde des Pharaos

Die Bürde des Pharaos
 

Noch immer lag Atemu über den bereits erkalteten Drachen und hielt dessen Kopf fest in seinen Armen umschlungen. Mittlerweilen weinte er nicht mehr laut. Seine Tränen liefen nur noch leise. Langsam näherte sich Anthony den Pharao und legte eine Hand auf seine Schulter. „Atemu... erhebe dich! Es muss weitergehen. Wir müssen zuerst an dein Volk denken...“ Atemu zuckte unter diesen Worten zusammen. Langsam löste er sich von dem Drachen und mühsam erhob er sich. Sein ganzer Körper zitterte, als er sich zu Anthony umdrehte. Seine Augen waren ungläubig geweitet. „Willst du mir jetzt etwa sagen, dass es egal ist, dass Rotauge tot und Yugi verschleppt wurden ist?“ fauchte er lauernd. Anthony schluckte. Er wusste, Atemu musste jetzt ganz schnell wieder zur Besinnung kommen, sonst wäre nicht nur Yugi verloren, sondern ganz Ägypten. Also zwang er sich hart und kalt zu bleiben. „Genau das. Du bist der Pharao, der Herrscher dieses Landes und du hast deine Pflichten hier zu erfüllen, bevor du dich um einen kleinen Dieb kümmerst, der noch nicht mal in deinem Land geboren wurde!“ Anthonys Worte waren beißend und eiskalt. Atemu erblasste über diese Worte. „Das ist nicht dein Ernst...“ hauchte er fassungslos. „Du bist der Pharao und trägst die Verantwortung!“ antwortete der Spanier nur. „Ich bin es Leid ständig diese Verantwortung zu tragen! Ich bin kein Pharao! Ich bin es nicht wert, diesen Titel zu tragen! Ich bin ein einfacher Mensch! Es ist mir egal, was ich tun muss oder soll! Ich werde nicht zulassen, dass Yugi was passiert! Zu viel musste ich opfern, aber nicht noch einmal Yugi! Ich trete als Pharao zurück – Ich will diese Last nicht mehr tragen!“ brüllte Atemu voller Wut und Verzweiflung wie von Sinnen, während er all seine Abzeichen von seinem Körper riss und sie erbost vor Anthonys Füßen hinwarf. Ungläubig starrte der Spanier auf den Schmuck und die Abzeichen zu seinen Füßen. „Du stellst also das Leben eines Einzelnen über das Leben eines ganzen Volkes?“ fragte er lauernd. „Ja!“ spie Atemu fast schon und im selben Moment erhielt er eine schallende Ohrfeige von Anthony. Die Ohrfeige war so heftig, dass Atemu ein paar Schritte zurück taumelte. Als er sich wieder gefangen hatte, starrte er zu dem Spanier. „Du wagst es, die Hand gegen mich zu erheben?!“ fauchte er, erhob seine rechte Faust und wollte auf Anthony eindringen. Doch kurz vor diesem warfen sich die anwesenden Dorfbewohner zwischen die Beiden und hielten den Pharao fest. „Pharao, beruhige dich! Lass ab von ihm!“ rief man Atemu zu, während die kräftigen Hände den sich wehrenden Körper nach und nach auf Abstand brachten. Geschickt zwang man den Pharao auf die Knie und hielt ihn so auf den Knien gedrückt. Atemu wehrte sich, doch hatte er gegen so viele keine Chance. Irgendwann beruhigte er sich langsam, während er immer noch in Anthonys Augen starrte. Tränen liefen immer noch über sein Gesicht. „Atemu... Es tut mir so unendlich Leid... Doch wir können jetzt leider nichts weiter tun! Es sind einfach zu viele, die Yugi haben wollen. Zu einem die Häscher seines eigenen Landes, dann diverse Königshäuser... Wir müssen erst einmal herausfinden, wer Yugi verschleppt hat. Eher können wir nichts machen. – Und so lange musst du deinen Pflichten als Pharao nachkommen. Du kannst doch nicht einfach so das Erbe deines Vaters wegwerfen!“ versuchte Anthony jetzt noch einmal sein Glück und sprach eindringlich auf Atemu ein. Dieser sackte in sich zusammen. Man ließ ihn los. „Wie kann ich ein Volk schützen, wenn ich noch nicht einmal meinen kleinen Dieb schützen kann?“ fragte er kläglich. Atemu hatte sich auf seine Hände gestützt und starrte zu Boden. Er schämte sich. Er schämte sich wegen seines Ausbruchs, dass er seine Selbstbeherrschung verloren hatte und was er hier den Menschen angetan hatte. Plötzlich kniete sich jemand vor ihm hin und griff nach seinen Schultern. Langsam blickte Atemu auf. Verwirrt blickte er in die Augen, des jungen Mannes, der ihn hatte töten wollen. „Bitte steh auf, mein Pharao! – Es ist deiner nicht würdig im Dreck zu knien!“ meinte er leise und noch immer tief ergriffen über die Reaktion des Pharaos, als der schwarze Drache im Sterben lag. Verwirrt ließ sich der Pharao wieder auf die Beine ziehen. Beschämt schloss er seine Augen. Plötzlich spürte er Osiris hinter sich, als dieser leise sprach. „Es ist keine Schande, mein Pharao, Gefühle zu zeigen. Schäme dich ihrer nicht! Den größten Respekt erweist man einen Herrscher, der Gefühle zeigt und damit beweist, dass ihm jeder Untertan am Herzen liegt. – Dir ist verziehen, was du diesem Dorf angetan hast. Ich bitte dich, verbringe diese Nacht bei diesen Menschen und rede mit ihnen!“ Langsam drehte sich Atemu zu den roten Himmelsdrachen. „Osiris...“ hauchte er leise. Lange kämpfte er mit sich selbst. Er wusste, dass er sich vor jedem Göttermonster verneigen musste, damit sie halfen, Ägypten zu schützen. Also ging Atemu noch einmal in die Knie und legte seine Stirn in den Dreck als er leise bat. „Osiris... Ich bitte dich ergebenst, steh an meiner Seite und hilf mir, meiner Aufgabe gerecht zu werden. Alleine schaffe ich es nicht, Wohlstand über mein Volk zu bringen und es zu beschützen!“ Osiris blickte lange auf den vor ihn im Staub liegenden Pharao. „Erlaube mir eine Frage, o Pharao... Wenn du dich entscheiden müsstest zwischen deinen kleinen Dieb und deinem Volk. Für wem würdest du dich entscheiden?“ fragte der rote Drache leise und alle Anwesenden hielten gespannt den Atem an. „Erlaube mir, auf diese Frage nicht zu antworten...“ raunte Atemu erstickt. Der rote Drache lächelte leicht. „Du würdest dich für dein Volk entscheiden... auch wenn es dir dein Herz aus dem Leib reißen würde!“ stellte der Drache fest. Er war erstaunt über dieses Menschenkind, was sich so gegen die Bürde des Pharaos wehrte und dennoch das Wohl seines Volkes über sein eigenes stellte. Wann hatte er das letzte Mal einen Pharao gedient gehabt, dem das Wohl seines Volkes so wichtig war. Osiris konnte sich nicht mehr genau erinnern... zu lange war es her! Also legte Osiris nun auch seinen Kopf in den Dreck neben Atemu und schnurrte laut. „Oh Pharao... Ich werde immer treu an deiner Seite stehen und dich und dein Volk und die, die dir so lieb und teuer sind, mit meinem Leben beschützen!“ Atemu erhob sich langsam und blickte in die azurblauen Augen. „Danke...“ murmelte er gerührt.
 

Die Sonne ging unter, als sich das ganze Dorf um den toten Drachen versammelte. Ob Klein oder Groß, ob Jung oder Alt, jeder legte eine Blume bei dem Drachen nieder. Der Umhang des Pharaos bedeckte den Hals des Drachens. Durch das leichte Windspiel wirkte es, als ob Rotauge nur schlafen und jeden Moment wieder aufwachen würde. Atemu blickte ergriffen zu dem Drachen im Blütenmeer. Anthony, Subaru und die Spanier standen bei ihm. Osiris in seinem Rücken. Nach und nach gesellten sich immer mehr Drachen dazu, die einen weiten Ring um die Menschen schlossen. Plötzlich trat ein grüner Drache mit schwerfälligen Schritten an den Pharao ran. Atemu zuckte leicht zusammen und wandte sich zu den Drachen, als er mit Entsetzen sah, dass dieser geblendet war. Der ganze Körper war mit tiefen, hässlichen Narben verziert. „Es tut mir Leid... Ich wusste davon nichts.“ Hauchte der Pharao leise, als er sanft seine Hand an den Hals des Drachens legte. „Es ist vorbei. Was passiert ist, ist passiert. Lass uns nun nach vorne blicken!“ antwortete der Drache mit kraftvoller Stimme. Atemu blickte wieder zu Rotauge. Er biss die Zähne zusammen, als er sich langsam den Körper näherte. Wie abwesend ließ er seine Hand über den Hals streichen. „Anthony... Deine Leute sollen herausfinden, wer Yugi verschleppt hat!“ befahl da Atemu fest, als er in die letzten Strahlen der Sonne blickte und weiter den Hals des Drachen streichelte. Anthony verneigte sich kurz und machte auf den Absatz kehrt, gefolgt von seinen Soldaten. „Subaru... Finde Seto! Ich brauche seine Hilfe, was meine Aufgaben als Pharao betrifft und Narbengesicht, was Yugi betrifft!“ Subaru verneigte sich ebenfalls und verschwand. „Ich schwöre dir, Rotauge, ich werde Yugi wieder zurückholen! Ich schwöre dir, dass all das Leid nicht umsonst gewesen ist. Nie wieder wird das Volk Ägyptens leiden müssen! Und Yugi wird wieder hier sein und auf deinem Wind fliegen!“ sprach der Pharao mit erhobener Stimme feierlich, als der letzte Sonnenstrahl verschwand. Alle Drachen brüllten in einem Chor, als Bestätigung der Worte Atemus und zum Abschied des Drachen. Als das Brüllen verklungen war, ließ Osiris einen Feuerregen über Rotauge nieder und dieser verbrannte langsam. Atemu beobachtete schweigend und mit Tränen in den Augen, wie der tote Körper verbrannte. Ganz am Schluss war es dem Pharao so, als ob er die Seele des Rotaugen in den Himmel fahren sah!
 

Seit etwa einer Woche saß der Pharao wieder auf seinem Thron im Palast. Leben herrschte wieder in dem riesigen Gebäude. Er hatte Männer zu seinen Beratern gemacht, die aus den Dörfern kamen; vom einfachen Volk. Die Kunde, dass Osiris und Obelisk sich in die Dienste des Pharaos gestellt haben, raste durch das Land wie ein Buschfeuer und bewirkte, dass selbst der Letzte, der noch irgendeinen Groll gegen Atemu hegte, diesen verzieh. Denn die Göttermonster, die das Sinnbild des einfachen Volkes waren, würden NIE einem Pharao dienen, der sein Volk nicht liebte. Und tatsächlich war Atemu der erste Pharao seit zig Generationen, dem die Göttermonster dienten. So kam es, dass immer wieder und unaufhörlich Leute aus dem ganzen Land zum Palast wanderten, um eine Audienz beim Pharao zu bekommen. Man wollte Atemu sehen, ihm Treue schwören und natürlich ein Blick auf die Göttermonster werfen. Da die Monster wieder frei waren, war es kein Problem für das einfache Volk so lange Reisen anzutreten. Man hatte ja Drachen, die einen durch die Luft trugen.

Atemu war manchmal etwas sprachlos über die Schnelligkeit, mit der sich alles zum Guten wendete. Immer und immer wieder kamen junge und auch alte Männer, die in den Reihen des Pharaos kämpfen wollten, um für ihn die Grenzen und das Land selber zu schützen. Atemu überließ dies Fakir, der junge Mann, der ihn vor Subarus Augen hatte umbringen wollen. Der Pharao hatte viel zu tun, er musste alles koordinieren, den einfachen Volk Mut zu sprechen und sehr oft ließ er Lebensmittel aus seinen großen Vorratsspeichern verteilen. Er versuchte alles, um sein Volk so viel wie möglich zu unterstützen. Er war froh, dass die Monster seinen Untertanen unterstützten, wo sie nur konnten.

So eben stand Atemu auf seinem Balkon und blickte nachdenklich in die dunkle Wüstennacht. Wie es seinem kleinen Dieb wohl ging? Ob Yugi an ihn dachte? Leicht frustriert seufzte der Pharao auf. Es machte ihn schier verrückt, dass er nichts tun konnte, außer zu warten. Anthony hatte sich noch immer nicht gemeldet! Auch Seto war noch nicht da! Es war zum Haare raufen! Atemus Blick wanderte langsam gen Sternenhimmel. „Papa...“ murmelte er leise. „Was soll ich nur tun? Ich will ihn nicht verlieren...“ Für einen langen Augenblick schloss der Pharao einfach nur seine Augen und atmete die frische Wüstenluft ein.

„Sei gegrüßt, o Pharao!“ erklang da direkt vor ihm eine tiefe, dröhnende Stimme sanft. Atemu schlug erschrocken seine Augen auf und starrte in ein tiefrotes Auge, was belustigt funkelte. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht und mit einem panischen Aufschrei wich der Pharao blitzschnell zurück und landete mit dem Rücken gegen die Außenwand. Ganz langsam realisierte sein überforderter Verstand, dass dieses riesige rote Auge zu Obelisk gehörte. „Obelisk!“ fauchte er daher schwach. Der blaue Riese gluckste vergnügt vor sich hin. „Hab ich dich erschreckt, mein Pharao?“ war die unschuldige Frage. Atemus Augen verengten sich und kraftlos sank er in die Knie. Er hatte keine Kraft mehr. Seine Nerven waren überreizt. „Atemu, alles in Ordnung?“ fragte da der blaue Riese besorgt. In dem Moment wurde die Tür zu Atemus Gemach brutal aufgerissen. „Pharao!“ brüllte da eine besorgte feste Stimme herrisch. Und mit wenigen Schritten war die Person da auch schon auf den Balkon und blieb wie angewurzelt stehen, als sie Atemu sah. „Was ist passiert?“ verlangte die Person zu wissen. Atemu zuckte leicht beim Klang der Stimme zusammen. „Seto... endlich!“ murmelte er leise und blicke dann erleichtert zu Seto auf. Ein leises amüsiertes Lächeln umspielte die Lippen des Pharaos, als er antwortete. „Seto, wenn du mich beseitigen möchtest, dann tu es bitte mit deinen eigenen Händen und hetz mir nicht dein riesiges blaue Monster auf den Hals!“ Seto erstarrte und schwieg. Er blickte mit seinen blauen, eiskalten Augen in Atemus Gesicht. Dann glitten seine Augen zu Obelisk, der nur leicht mit den Schultern zuckte. Langsam verstand Seto; machte Obelisk es bei ihm regelmäßig! Sich einfach anschleichen und plötzlich vor einem auftauchen! „Ich werde es mir für die Zukunft merken!“ erwiderte er daher trocken und mit dem Hauch eines süffisanten Lächelns auf den Lippen. Langsam erhob sich Atemu mit Hilfe Setos. Dieser stützte den Pharao und brachte ihn ins Bett. „Schlaf, mein Pharao. Ich werde mich um alles kümmern!“ – „Danke, Seto...“
 

Am nächsten Morgen wachte Atemu so ausgeruht, wie schon lange nicht mehr, auf. Mit einem warmen Lächeln ging er in die Bäder, um sich zu reinigen. Er gönnte sich sogar den Luxus von Milch in seinem Bad. Er hatte von Yugi geträumt. Es war ein schöner Traum gewesen. Yugi ritt einen Ragnarok und er selber Osiris. Sie flogen durch den Wind, begleitet von Rotauge. Als er mit dem Bad fertig war, kleidete sich Atemu in leichte Leinengewänder und betrat dem Thronsaal. Sein Lächeln erstarb und abrupt blieb er stehen. In der Mitte des Thronsaals war ein großer runder Tisch aufgebaut, auf dem viele Karten und Dokumente lagen und um den Tisch standen Subaru, Seto und einige ihm unbekannte Würdenträger. Aller Blicke richteten sich auf den Pharao. Seto war der Erste, der sich regte. Er ging Atemu einige Schritte entgegen. „Ich hoffe, du hattest eine geruhsame Nacht, Atemu.“ – „Danke. Wer sind diese Leute? Warum wurde ich nicht geweckt?“ Seto neigte leicht entschuldigend sein Haupt. „Ich wollte dich schlafen lassen, damit du wieder fit bist. Diese Würdenträger sind Gesandte aus den anliegenden Reichen Ägyptens. Wir waren gerade dabei einen endgültigen Friedensvertrag und eine Allianz zu erarbeiten.“ Atemus Augen verengten sich leicht, als er mit einem leichten Kopfnicken an seine Besucher an den Tisch trat und sich die Dokumente anschaute. Lange herrschte Stille und Seto war sich nicht ganz sicher, ob er zu weit gegangen war. Hatte er doch mit einen Aufgabenbereich begonnen, dem eigentlich nur dem Pharao zu stand. „Was sagst du dazu, Subaru? – Du kannst offen und ehrlich sprechen!“ ergriff Atemu endlich das Wort. Seine Stimme war resolut jedoch distanziert. Niemand wusste, woran er soeben am Pharao war. Subaru griff nun zu den Dokumenten und betrachte diese sowie die Karten auf dem Tisch. „Ganz ehrlich, Atemu? Seto hat hervorragende Arbeit geleistet. Besser hätte ich es auch nicht machen können! – Alle Parteien verzichten auf Entschädigungen, da nicht mehr herauszufiltern ist, wer Schuld hat und wer wann was getan hat. Die Grenzen sind gesichert. Grenzposten aus beiden Parteien sichern die Grenzen und schützen die grenznahen Dörfern, die ziemlich abseits in der Wildnis liegen. Gegenseitige Hilfe, bei Angriffen von Feinden und bei Naturkatastrophen. Keine Steuern und Zoll für die Händler an den Grenzen. – Einfach perfekt!“ waren Subarus Worte. Atemu nickte leicht. Ganz seine Meinung. „So soll es sein! – Kläre bitte noch die Feinheiten und dann will ich alles unterzeichnen!“ wandte er sich an Seto. Dieser stand total verblüfft vor seinem Pharao, als er dieses Lob hörte und Atemu ihn dankend eine Hand auf die Schulter legte.

Es war später Nachmittag. Atemu hatte soeben sämtliche Verträge unterzeichnet und die Vertreter mit den Einladungen an die jeweiligen Herrschern nach Hause geschickt, dass er zu einem großen Friedensessen einladen würde. Nun wollte er den Thronsaal verlassen, als plötzlich Anthony vor ihm stand, etwas in ein Fell eingewickelt und an seine Brust haltend. „Was hast du herausgefunden?“ fragte Atemu gespannt. Anthony schüttelte leicht mit dem Kopf. „Nichts...“ Jedoch hielt er zögernd das Fellbündel Atemu entgegen. Misstrauisch nahm dieser das Bündel an und schaute hinein. Seine Augen weiteten sich ungläubig, als er in goldene müde Augen schaute. „Kuriboh...“ hauchte er freudig. „Pruiiiii...“ gurrte der kleine Kobold matt und erleichtert. Dann fielen jedoch seine Äugelein zu. Er schlief tief und fest. Atemu betrachtete den Kobold genauer. Der Kleine war abgemagert, sein Fell war strohig und matt. „Was ist passiert?“ fragte er leise, als er den kleinen Kobold ganz fest an seine Brust drückte. „Du bist jetzt in Sicherheit...“ murmelte der Pharao. „Atemu... Ein Edelmetalldrache hat Kuriboh hierhergebracht. Ich wollte so eben die Palastmauern passieren, als ich auf den Drachen stieß. Dieser sieht auch ganz heruntergekommen und total abgemagert aus. Auch er ist mehr als nur müde. Osiris meinte, dass die Beiden wohl seit langer Zeit ohne Nahrung und Schlaf unterwegs waren...“ erklärte Anthony leise. Atemu nickte. „Ein Bote... wahrscheinlich von Yugi. Also müssen wir uns noch etwas in Geduld üben!“ Anthony nickte bestätigend.

Atemu hatte den kleinen Kobold gewaschen und in sein weiches Bett gelegt. Außerdem hatte er Wasser und Nahrung neben den Kleinen zurecht gestellt. In der Zeit war die Sonne untergegangen und die Nacht brach herein. Nun wollte Atemu den Drachen besuchen. Er ließ es sich nicht nehmen, selber Nahrung und Wasser zu bringen. Als der Pharao den Palastgarten betrat, stutzte er kurz. Osiris und Narbengesicht hatten den Edelmetalldrachen in ihre Mitte genommen. Langsam näherte er sich nun den Dreien. Leise stellte er die Nahrung und das Wasser direkt neben den Drachen ab. „Wie geht es ihm?“ fragte er leise die Beiden anderen. „Besser...“ raunte Narbengesicht. Da öffnete plötzlich der graue Drache seine Augen und musterte den Pharao. „Du bist also der, auf dem alle ihre Hoffnungen legen. Der unseren Fürsten retten soll?“ Atemu zuckte leicht zusammen, als er angesprochen wurde. Die Stimme war so metallen. „Was ist passiert?“ fragte er nur. Der Drache schloss wieder seine Augen. „Der kleine Fürst wurde von Menschen gefangen genommen. Ein Magier hatte uns Drachen einen Boten geschickt – auf Anraten Kuribohs. Er würde einen von uns brauchen, der Kuriboh sicher zu den geleitet, der den kleinen Fürsten retten kann. Ich war direkt in der Nähe des Magiers und so nahm ich Kuriboh auf meinen Rücken und wir machten uns auf den Weg. Keine Zeit für Essen, keine Zeit fürs Schlafen... Die Zeit rennt davon...“ erklärte er leise. „Ich danke dir!“ raunte Atemu Tränenerstickt und legte seine Stirn an die Stirn des Drachens. Dieser schlug erstaunt seine Augen wieder auf. „Du bist so warm... und voller Liebe... wie der kleine Fürst! – Leider konnte ich nicht mehr tun.“ Atemu streichelte sanft den Hals. „Alles gut. Du hast genug getan! – Schlaf nun. Ruh dich aus...“

Als der Drache erneut eingeschlafen war, ging Atemu wieder in seine Gemächer, um sich neben Kuriboh ins Bett zu legen und zu schlafen.

Am nächsten Morgen erwachte der Pharao mit der aufgehenden Sonne. Ein Blick zum kleinen Kobold belehrte ihn, dass dieser immer noch wie tot schlief. Also erhob sich der Pharao, um den Drachen wieder Nahrung und Wasser zu bringen. Auch dieser war noch am Schlafen, allerdings hatte er während der Nacht bereits gefressen und gesoffen. Vorsichtig schlich sich der Pharao wieder in seine Gemächer. Er wollte so eben seinen Balkon betreten, als ein leises „Pruiii“ ihn inne halten ließ. Er blickte auf sein Bett. Dort blickten zwei goldene Augen unter der Decke hervor. „Wie geht es dir?“ fragte Atemu leise. „Müde...“ kam es kläglich zurück. Der Pharao zuckte zusammen. „Du kannst dich also doch alleine mit den Gedanken verbinden?!“ Kuriboh zuckte leicht betroffen zusammen. „So wie es aussieht?“ kam es schelmisch lächelnd zurück. Atemu verdrehte die Augen und setzte sich neben den kleinen Kobold aufs Bett. „Bitte sprich!“ bat er den Kleinen nun fast flehend. Kuriboh kroch unter der Decke hervor und krabbelte auf Atemus Schoß. Dieser legte seine Arme, wie Halt suchend, um die braune Fellkugel. „Sie haben Yugi. Ein Magier hat Rotauge wieder Leben eingehaucht, damit er dir erzählen kann, dass sie Yugi haben. Ich wollte nicht von ihm weg, bis er mich noch einmal gesehen hat, damit er weiß, dass ich Hilfe hole. Ich soll dir ausrichten, dass Yugi zu einem Fürst Astaroth gebracht werden soll, der sich seiner annimmt. Sie wollen, dass Yugi mit den Drachen in den Krieg zieht...“ Kuriboh verstummte, als er die Tränen bemerkte, die in sein Fell tropften. Atemu hatte sein Gesicht in das Fell vergraben, während der Kobold erzählte. Lange hielt der Pharao den Kobold so fest. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass er sich im Nichts verlieren würde, wenn er Kuriboh wieder loslassen würde. „Atemu... was ist los?“ drangen besorgte Worte plötzlich an Atemus Ohren. Mühsam blickte er auf und sah vor sich Seto, Anthony und Subaru. „Wer ist Fürst Astaroth?“ fragte Atemu leise. Anthony erbleichte. „Bitte sag nicht, dass Yugi...“ – „Wer ist das? Yugi soll zu ihm gebracht werden.“ Fassungslos legte Anthony eine Hand auf seinen Mund, um so ein Keuchen zu unterdrücken. Er taumelte leicht, so schlecht war ihm. „Yugi wurde also vom spanischen Königshaus entführt...“ brachte er mühsam hervor. „Und weiter?“ – „Atemu... Yugi soll eingebrochen werden. Fürst Astaroth ist ein Monstertrainer und Kriegsherr sondergleichen. Er macht alles und jeden gefügig – und geht dabei über Leichen! Ich war einmal dabei, wie er einen Gaia gebrochen und gefügig gemacht hat. Glaub mir, du willst nicht wissen, was da alles passiert ist! Wir müssen sofort los und den Kleinen daraus holen! Nicht nur, dass Yugi gebrochen ist und keine Seele mehr besitzt – nur noch eine wandelnde Puppe ist, sondern , weil das spanische Königshaus dann Macht über die Drachen besitzt... und ich will mir nicht ausmalen, was alles passieren wird, wenn sie kriegerische Absichten haben!“ Atemu war immer blasser geworden, je mehr er der Ausführung Anthonys lauschte. Subaru wandte sich entsetzt ab. Er selber als Offizier wusste, was man mit Gewalt und Folter ausrichten konnte. Und alleine der Gedanke, was man den Kleinen antun würde, um seinen Geist zu zerbrechen, ließ ihn einfach nur übel werden! Das durfte nicht geschehen. Auch Seto war blass geworden, bei der Vorstellung, dass dieser kleine Schelm, wie er ihn getroffen hatte, als willenlose Marionette... Nein, er durfte nicht darüber nachdenken!

Seto war der Erste, der sich wieder fasste und kühl das Wort ergriff. „So sollten wir uns beeilen und keine Zeit verlieren! Allerdings solltest du, Atemu, deine Pflichten nicht vergessen! Du musst das Friedensessen unbedingt abhalten, sonst ist Ägypten während deiner Abwesenheit nicht sicher! Ich werde gerne, mit Obelisks Hilfe, das Reich für dich führen, während du Yugi rettest!“ Atemu blickte ruckartig zu Seto und in dessen Augen. Die blauen Augen waren kalt und emotionslos. Und dennoch erkannte der Pharao in ihnen kein Lug und Trug. Schließlich nickte er. „Ich vertraue dir mein Volk an. Obelisk an deiner Seite sowie Narbengesicht und der Drachenfluch!“ Seto nickte ergeben. „Dann lass uns alles vorbereiten!“ ergriff da Subaru das Wort. „Wir müssen ein Schiff mit Proviant, Kriegern und den mitzunehmenden Monstern vorbereiten. Außerdem sollten wir uns schon einmal diplomatisch mit den Herrschern auseinandersetzen, durch dessen Länder wir müssen!“ Atemu nickte. „Subaru, das überlasse ich dir! Wann können wir starten?“ Und noch ehe Subaru antworten konnte, mischte sich Anthony ein. „Nicht so schnell, Atemu. Ich würde dir empfehlen, dir auch die Hilfe des geflügelten Sonnendrachen des Ra zu sichern! – Ich gehe nur von den Sagen und Legenden deines Landes aus. Und da du schon Osiris und Obelisk an deiner Seite hast, wäre es da nicht vom Vorteil, dir auch die Hilfe Ras zu sichern?“ Atemu blickte zu Boden und schwieg. Dann atmete er tief durch. Da er seinen Verpflichtungen als Pharao an erster Stelle nachkommen musste, konnte er eh nicht sofort aufbrechen. Also nickte er nur knapp. „Gut... Wenn alles klappt, können wir in zwei Wochen aufbrechen!“ meinte da Subaru. Ergeben nickte Atemu und vergrub sein Gesicht wieder in Kuribohs Fell. Er fühlte sich so macht- und hilflos...
 

Es war ein Tag vor dem Friedensessen. Im großen Thronsaal waren Seto, Anthony, Subaru und Atemu versammelt. Außerdem waren Narbengesicht, der Drachenfluch, Kuriboh, der Zauberer der dunklen Magie und der Chaosmagier von Atemu anwesend. Diese Monster ließen es sich nicht nehmen, bei der Abschlussbesprechung dabei zu sein. So eben wurde abgeklärt, wie das weitere Vorgehen nach dem Friedensessen war. „Atemu, nach dem morgigen Tag hast du drei Tage Zeit, dir die Hilfe Ras zu sichern. Danach müssen wir in See stechen, mit oder ohne seine Hilfe! Verstanden?“ meinte da Seto. Atemu nickte Zähne knirschend. Ihm kam das alles so unwirklich vor! „Laut den Legenden taucht Ra auf, wenn das ägyptische Volk in größter Gefahr ist. In Friedenszeiten ist es dem Pharao jedoch möglich den Drachen in den Tempeln, die dem Sonnengott Ra gewidmet sind, zu rufen. Allerdings liegt es im Ermessen des Göttermonsters, ob er den Pharao erhört. Sei dir also dessen immer bewusst, dass er vielleicht nicht auftauchen wird! Wir haben den größten Tempel uns rausgesucht, wo du hingehen wirst. Du musst in zwei Tagen schon vor Sonnenaufgang auf dem Platz des Tempels sein! – Verstanden?“ erläuterte Seto weiter. Atemu seufzte und nickte. Zufällig ließ er seinen Blick über Narbengesicht gleiten. Dieser kniff schmerzgepeinigt seine Augen zusammen und erstarrte, als ob sein ganzer Körper ein einziger Schmerz war. Stirnrunzelnd blickte Atemu zu dem Drachenfluch. Auch dieser lag mit zusammengekniffenen Augen vor Schmerzen gekrümmt auf dem Boden. „Narbengesicht... Drachenfluch... Ist alles in Ordnung?“ fragte Atemu verwirrt und besorgt. Diese Frage ließen die Anderen ebenfalls zu den Drachen blicken. Atemu wollte sich so eben zu seinem Magier wenden, als er die stillen Tränen sah, die über dessen Gesicht unaufhörlich liefen. „Magier... warum weinst du?“ fragte Atemu verwirrt und blickte Hilfesuchend zu dem Chaosmagier. Auch diesem liefen die Tränen unaufhörlich über das Gesicht. „Was...?“ Doch der Magier schloss gepeinigt seine Augen, nicht fähig ein Wort von sich zu geben. Besorgt beobachteten die Menschen die Monster. Was sie irritierte, keines der Monster wollte sagen, was los war. Als die Drachen sich langsam wieder entspannten, nahmen die Menschen das Gespräch wieder auf, dabei jedoch immer wieder besorgte Blicke zu den Magiern werfend, die unaufhörlich still weinten. „Du wirst also mit Narbengesicht zu dem Tempel fliegen?“ fragte Subaru leise. Atemu nickte. „Wie wirst du dann reisen, wenn wir unterwegs sind, wenn Narbengesicht und der Drachenfluch hier bei Seto bleiben sollen?“ – „Osiris hat mir angeboten, dass ich auf seinem Rücken reiten darf.“ – „Also begleitet der Große uns auch?“ – „Ja. Er wollte an meiner Seite bleiben.“ – „Wird dein Chaosmagier auch mitkommen?“ – „Ja.“ – „Gut!“ nickte Subaru. Er machte sich nun keine Sorgen mehr um die Sicherheit des Pharaos. „Wir haben auch die Unterstützung und Durchreiseerlaubnis sämtlicher Herrscher bekommen, die wir brauchen!“ meinte da Anthony. „Ich habe mich außerdem mit dem russischen Königshaus in Verbindung gesetzt. Ich erwarte täglich Informationen, was da in Europa so alles vor sich geht.“ – „Warum das russische Königshaus?“ fragte Atemu verblüfft. „Weil sie über alles Bescheid wissen. Sie beobachten und bleiben passiv – es sei denn, man greift sie an!“ Atemu nickte verstehend und lächelte erleichtert, als nun scheinbar alles geklärt war. So gut, wie sie vorbereitet waren, konnte nichts schief gehen. Außerdem wollte der Pharao beim Sonnentempel eine Handvoll kleiner magischen Boten zu Yugi schicken, damit dieser Bescheid wusste, dass er auf dem Weg war!

Leicht entspannte sich Atemu, als sein Lächeln plötzlich erstarb, sein Gesicht schneeweiß wurde und ein rasender Schmerz durch sein Körper jagte. Ein brutaler Stich traf sein Herz und Atemu griff verzweifelt mit seinen Händen an die linke Brust. Er bekam keine Luft mehr. Fassungslos sank er in die Knie. Alles um ihn herum wurde schwarz und er hatte nur ein Bild vor Augen: Ein tiefschwarzer dreiköpfiger weißer Drache mit pechschwarzen Augen, der Blut weinte. Entsetzt keuchte Atemu auf. Der Dreiköpfige war Yugis... „NEIN... YUGI!“ brüllte Atemu entsetzt und voller Schmerz auf, als ihm bewusst wurde, das sein kleiner Dieb so eben zerbrochen war. Im gleichen Moment dröhnte und wackelte der Palast. Sämtliche Drachen brüllten empört und gepeinigt auf. Sie spürten den glühenden und verzweifelten Schmerz des Kleinen! Als das Dröhnen nachließ, fing Narbengesicht an zu weinen. Atemu lag auf den Knien, seine Stirn berührte den Boden. Er konnte sich nicht rühren. Tränen liefen über sein Gesicht. „Yugi... Yugi... Bitte... Yugi...“ schluchzte er immer und immer wieder.

Invaded

Invaded
 

„One night, one scream, one echo

Silence louder than before“
 

Die Sonne stand hoch am Himmel, als der Pharao die Herrscher der angrenzenden Reiche ehrenvoll empfing. Die Gastgeschenke wurden überreicht und sofort prunkvoll am Rande des Thronsaals auf Tischen künstlerisch aufgebaut. Der ganze Palast erstrahlte in seiner ganzen Pracht. Atemu war in den edelsten Stoffen gekleidet und trug seinen prunkvollsten Schmuck. Sein Lächeln war warm und seine Augen offen. Er begrüßte jeden mit einer höflichen Verbeugung. So zollte er Respekt dem Alter. Er führte seine Gäste durch seinen Palast und endlich kamen sie in den großen Speisesaal, wo auch das Rahmenprogramm stattfand.

Bis tief in die Nacht dauerte der Empfang, doch Atemu nahm nicht wirklich etwas um sich herum wahr. Er war leer und funktionierte nur. Er wollte zu Yugi!
 

„One tear of blood on the floor

Cold wind through my broken door“
 

Langsam öffneten sich die violetten Augen. Sie waren leer und ohne jegliche Emotion. Leicht bewegte er seine Arme und hörte ein leises Klirren von Ketten. Richtig... Er war in einem Verließ. Sein dreiköpfiger Drache war neben an auch in Ketten gelegt. Müde schloss er die Augen. Er würde gleich wieder töten müssen. Und wenn er nicht gehorchte, würde ein Drache getötet werden.

Licht fiel in sein Gesicht, als sich ein Tor öffnete. Die Ketten wurden entfernt und Yugi taumelte in die Arena. Kaum stand er da, wurde er auch schon von Monstern und Menschen angegriffen. Mit seinem ganzen Hass und der Verzweiflung, die er in sich trug, ließ er seine Magie wirken und der dreiköpfige Drache griff an, um alles zu vernichten!
 

„Oooh, you're beautiful

Don't you go

I need you so“
 

Tränen glitzerten in den eisblauen Augen, als der weiße Drache spürte, wie es dem kleinen Jungen erging. War denn niemand da, der ihn helfen... ihn retten konnte?! Tief grollte sein Brüllen durch das Land. Warum? Warum waren die Menschen so grausam?

Die Götter spürten den Schmerz der Drachen, der zum Himmel stieg. Sie sahen die vielen Tränen der Magier, die ins Meer flossen. Und so weinten die Götter...
 

„Dead all the pain that we shared

Dead all the glory we had

It's over, it's over

But I'll always be“
 

Atemu stand auf seinem Balkon und starrte in die Ferne, den kleinen Kobold fest in seinen Armen. Er war nicht fähig, auch nur ein Auge zu schließen. Er wünschte, er wäre schon auf dem Weg zu seinem kleinen Dieb. „Bitte halt durch! Vergiss nicht, was dir lieb und teuer ist...“ murmelte der Pharao leise.

Plötzlich trat Seto an ihn ran und legte eine Hand auf dessen Schulter. „Lass uns aufbrechen. Die Dämmerung bricht heran...“ Atemu nickte. Ob Ra ihn erhören würde?
 

„Lost in today and the past

Lost in the future we had

It's over, it's over

But I'll always be

Invaded by you

Invaded by you“
 

Er wusste nicht, wie er diesen Kampf überstanden hatte, aber er hatte alles vernichtet und zerstört. Er fühlte sich so leer. Atemu, wo bleibst du? schrie der Kleine immer wieder innerlich. Alles in ihm schmerzte, drohte zu zerreißen. Kaum dass er noch frei atmen konnte.

Dann wurde der Kleine in das Schlafgemach von Astaroth gebracht. „Mach dich sauber!“ befahl dieser, als er den blutüberströmten Körper des Kleinen erblickte. Blind gehorchend ging Yugi also ins Bad und reinigte seinen Körper. Er starrte auf seine Hände und sah noch immer das Blut der ganzen Lebewesen, die er so sinnlos töten musste...

Langsam trat er wieder ins Zimmer von Astaroth. Dieser stand nackt vor ihm. Yugis Augen weiteten sich leicht ungläubig. Nein... bitte nicht... „Dreh dich um, Beine breit und Hände an die Wand. Entspann dich. Du wirst es lieben. Versprochen!“ raunte der Fürst mit tiefer Stimme. Yugi schluckte und tat zitternd, wie ihm geheißen. Wusste er doch, dass ein Drachen getötet wird, wenn er nicht gehorchte. Astaroth stellte sich hinter Yugi, legte seine Arme um Yugis Körper. „Ab sofort bin ich dein Herr und Gebieter. Ich werde dir jetzt die Nacht zeigen, was ich mag. – Dein Pharao hat dich eingeritten... aber ich mache dich hörig! Wenn du alles tust, was ich dir sage, wirst du es lieben und mir aus der Hand fressen!“ spürte Yugi die gemurmelten Worte an seinem Ohr. Und Astaroth begann. Yugi schrie gepeinigt auf. Wollte er doch nur Atemus Haut auf seiner spüren. Er fühlte sich so dreckig...
 

„No life, no sound

Just you and I

The end feels like the first time“
 

Atemu stand alleine auf dem Platz des Tempels. Die Sonne ging langsam auf. Wie sollte er Ra rufen? Konnte er doch keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Immer wieder schwirrte Yugi in seinem Kopf. Er spürte regelrecht, dass es dem Kleinen immer schlechter ging. Der Pharao hielt es für sinnlos, Ra jetzt zu rufen. Er musste sich erst ein wenig beruhigen! Also ging Atemu in den Tempel, entrichtete eine Opfergabe und betete lange.

Um die Mittagszeit trat der Pharao wieder auf den Platz. Er spreizte seine Arme, die Handflächen gen Himmel. Um ihn herum erschien ein goldroter Lichtkreis, der in den Himmel schoss und mit einem Mal flogen ein Dutzend kleine, spatzengroße Feuervögel um ihn herum, die einen langen Feuerschweif hinter sich herzogen. „Bringt Yugi meinen Mut und Trost! Ich liebe ihn und werde ihn retten! Er soll durchhalten!“ sprach Atemu sanft und mit einer schwungvollen Bewegung entließ er seine Vögel, die sich sofort auf den Weg machten, Yugi zu finden und die Nachricht zu überbringen.

Dann wandte sich der Pharao zur Sonne. „Oh Ra, du geflügelter Sonnendrache des Ra! Ich bitte dich, erscheine vor mir! Ich, Atemu, Pharao über Ägypten, bitte dich ergebenst darum!“
 

„Oooh, you're beautiful

Don't you go

I need you so“
 

Azurblaue Augen öffneten sich und blickten in den Himmel. „Er hat seine Boten abgeschickt...“ murmelte Osiris. Eisblaue Augen folgten den Blick des Anderen. „Er leidet mit ihm. Ich hätte nie gedacht, dass zwei Menschen so miteinander verbunden sein können... Hoffentlich erreicht wenigstens ein Vogel sein Ziel!“ – „Ra hat die Vögel noch einmal mit Kraft gesegnet. Es wird alles gut werden.“ – „Die Mär wird neu geschrieben...“ – „Der Herr der Drachen ist derjenige, für dem der Drachenfürst alles tun würde...“ – „Atemu?“ - „Die Mär wird neu geschrieben...“
 


 

„Dead all the pain that we shared

Dead all the glory we had

It's over, it's over

But I'll always be“
 

Goldrote Augen blickten den Menschen zu seinen Füßen sehr ernst an. Langsam sank der geflügelte Sonnendrache des Ra aus der Sonne zur Erde. Das Verhalten des Pharaos hatte ihn beeindruckt und so hatte er die Boten noch einmal gesegnet und mit Kraft ausgerüstet. Atemu hatte sich sehr verändert in den letzten Wochen und Monaten. Der Mensch gefiel ihm!

„Verneige dich tief, Pharao! Keinem Menschen ist es erlaubt, mich in meiner wahren Gestalt zu sehen!“ knurrte der Drache leise.

Atemu starrte in die gleißende Sonne. Ihm war so, als ob er Schatten sah und da ertönte plötzlich die Stimme des Drachen. Erleichtert sank Atemu in die Knie. Yugi, ich komme! dachte er, als er seine Stirn in den Dreck legte.

Plötzlich krachten die Beine des Drachens links und rechts neben den Pharao in den Boden. Der Drache stand über den Menschen. Er drehte seinen Kopf so, dass er neben dem Gesicht des Pharaos verharrte. „Du gefällst mir, Mensch! Ich werde an deiner Seite sein, um denjenigen zu retten, der dir dein Herz gestohlen hat! Jedoch wache ich in erster Linie über dein Volk. Also rufe mich nur im äußersten Notfall!“ raunte der Drache.
 

„Lost in today and the past

Lost in the future we had

It's over, it's over

But I'll always be

Invaded by you

Invaded by you“
 

Die Sonne ging unter. Yugi sah dies durch das Loch in seinem Verließ. Er sehnte sich nach Freiheit, frischer Luft und Atemu. Er wusste, gleich würde er wieder sein Herz verraten. Er musste Astaroth zu Diensten sein. Gepeinigt schloss er seine Augen und leise Tränen glitzerten in ihnen. Er wusste nicht, wie lange er sich diesen letzten Funken Hoffnung bewahren konnte.

Plötzlich wurde es vor ihm hell und Yugi öffnete seine Augen. Vor ihm schwebte ein kleiner Feuervogel. Als Yugi die Stimme Atemus hörte und die Worte tief in sich aufnahm, wurde ihm leichter ums Herz. Er wusste nun, dass Atemu ihn retten würde. Dass er alles versuchen würde... Yugi schwor sich, nicht aufzugeben! Für Atemu!

Die Kerkertür wurde geöffnet und Yugi musste nun wieder zu Astaroth.
 

„Home, come home

Home, come home

Home“
 

Die Segel wurden gehisst. Der kräftige Wind griff sofort und die Galeere nahm Fahrt auf. Es dauerte nur wenige Stunden, als das Schiff den Nil verließ und ins Mittelmeer einlenkte. An Bord waren Anthony, Subaru, Atemu und an die 300 Soldaten sowie Monster.

Als die Galeere nur so über das Wasser flog, ging der Pharao zum Bug und lehnte sich an die Reling. Als er seinen Blick ins Wasser gleiten ließ, sah er einen Schwarm Delfine, der die Galeere zum Wettschwimmen aufzufordern schien. Dann ging sein Blick in die Ferne. Endlich waren sie unterwegs!
 

„Dead all the dreams that we shared

Dead all the words that we said

It's over, it's over

But I'll always be“
 

„Yugi, halte durch. Ich bin auf den Weg! Alles wird gut...“ murmelte der Pharao in den Seewind, als die Gischt nur so um den Bug schäumte.
 

„Yugi, er kommt! Atemu ist auf den Weg! Bitte verlier dich nicht...“ murmelte der dreiköpfige Drache leise. Und Yugi liefen vor Freude leise Tränen, als sich Astaroth wieder an ihm verging.
 

„Lost in today and the past

Lost in the future we had

It's over, it's over

But I'll always be

Invaded by you, by you

Invaded by you

Invaded by you“
 

Zar Alexander lädt ein...

Zar Alexander lädt ein...
 

Die Sonne ging unter, als sich die Galeere langsam den breiten Strom hinauf kämpfte, mit dem Ziel der letzten Hafenstadt auf diesem Gewässer. Dann hieß es über Land weiter. Atemu stand an der Reling vom Bug und starrte innerlich bebend vor Wut in die Ferne. Er konnte es noch immer nicht glauben! Sie waren fast an der spanischen Küste gewesen, als Anthony den Kurs ändern ließ. Er hatte eine Nachricht vom russischen Zaren erhalten, dass sie bitte zuerst bei diesem eintreffen sollten, bevor sie in Spanien anlegen würden. Er hätte dringende Gespräche mit ihnen zu führen. Was zur Hölle war wichtiger als Yugi?! Seit zwei Tagen quälte ihn eine innere Leere. Irgendwas war mit Yugi geschehen und statt seinem Dieb zu helfen, war er auf dieses Schiff gebunden und fuhr wieder von Yugi weg! Selbst Osiris wollte ihn nicht nach Spanien fliegen. Es hätte alles einen Sinn, hatte der rote Drache gemeint. Verzweifelt schrie Atemu seinen Frust in die Dämmerung. Das durfte doch alles nicht wahr sein!
 

Subaru und Anthony beobachteten den Pharao vom Achterdeck aus. „Willst du es ihm nicht sagen?“ fragte der Offizier den Spanier. Dieser blickte nachdenklich zu seinem Freund am Bug und schüttelte leicht den Kopf. „Nein. Ich glaube, es wäre besser, wenn er es von Alexander selber erfährt.“ – „Alexander?“ Nun musste Anthony leise lächeln. „Ja, Alexander. Er war an derselben Offiziersschule, wie Atemu und ich. Nur halt unter einem anderen Namen. Damals nannte er sich Romanoff.“ – „Seit wann weißt du, wer er wirklich ist?“ – „Seit der Nachricht, die er uns hat zu kommen lassen...“ Subaru stutzte und blickte den Spanier nun voll und verblüfft an. „Du wusstest bis vor paar Tagen nicht, wer Romanoff wirklich ist?!“ – „Ja... Er war ein Russe, aber niemand von uns hätte vermutet, dass der Zarensohn persönlich bei uns sich ausbilden lässt. Es war nicht unüblich, dass reiche russische Familien ihre Söhne zu uns schickten, damit sie eine ordentliche, weltoffene, höfische Ausbildung genossen. Die Söhne hatten bessere Chancen, am Hof des Zaren zu dienen. – Wenn ich bedenke, wie wir mit Alexander umgegangen sind... Wir haben ihm nichts, absolut gar nichts geschenkt und ihn immer wieder ins Messer laufen lassen. Er war unser aller Sündenbock...“ erzählte Anthony leise, während er in den Erinnerungen schwelgte. „Nur Atemu hat sich aus allem rausgehalten. Im Gegenteil, er hat sogar sehr oft versucht, Alexander zu helfen. Wie oft haben wir uns Beide gestritten und Duelle ausgefochten, weil er sich auf die Seite des Russen gestellt hatte! – Einmal... da hatten wir eine Exkursion auf eine alte Festung. Alexander hatte keine Verpflegung dabei. Wie es sich später herausstellte, wurde sie ihm gestohlen. Das hat viele von uns empört. Denn egal, wie sehr wir den Russen auch gerne ärgerten und stichelten, so war aber Verrat, Lug, Diebstahl und Heimtücke absolut verpönt! Wie dem auch sei, Atemu hatte seine Verpflegung mit dem Zaren geteilt... eine harmlose, kindliche Geste und dennoch, ging sie uns allen ziemlich nah. Wir wussten, dass Atemu zwar bei einer spanischen Adelsfamilie lebte, aber nicht wirklich was zu verschenken hatte. Ein jeder von uns gab Alexander was von unserer Verpflegung ab. Danach änderte sich das Verhältnis zwischen uns gewaltig. Er gehörte plötzlich dazu... Wenn ich bedenke, dass er reicher war, als wir alle zusammen... Er hatte nur etwas Geld springen lassen müssen...“ Anthony schüttelte leicht amüsiert seinen Kopf, als er an diese Zeit zurück dachte. Subaru blickte lange schweigend zu seinem Pharao. „Er weiß das auch noch nicht?“ Anthony grinste. „Soll er selber herausfinden. – Mir graut es jetzt schon davor, wenn er erfährt, was mit Yugi los ist...“
 

„Zum letzten Mal: NEIN!“ herrschte Atemu so eben Subaru an. Dieser atmete tief durch und mahnte sich zu Geduld. Immer wieder rief er sich ins Gedächtnis, dass der Pharao nicht mehr klar denken konnte vor Sorge um den kleinen Dieb... Doch irgendwann musste selbst der ruhigste Priester aus der Haut fahren, angesichts dieser Sturheit! „Atemu! Ich bin für deine Sicherheit zu ständig und das Land hier ist gefährlich. Es herrscht Krieg! Du fährst jetzt in der Kutsche! Keine Widerworte mehr, bei Ra!“ wurde der Ton jetzt auch bei dem Offizier schärfer. Anthony, der die Beiden beobachtete, atmete ebenfalls tief durch und mahnte sich auch zur Geduld. Vor zwei Stunden hatten sie in Kiew angelegt. Nun sollte die Reise über Land weitergehen und dafür war eigentlich eine Kutsche mit den edelsten Rössern des Zaren vorgesehen... und stand bereit. Doch Atemu weigerte sich einzusteigen. Er wollte nicht mehr eingepfercht sein, sondern den weiten Himmel um sich spüren, hatte er lautstark kundgetan. Subaru und der Pharao diskutierten nun eben seit zwei Stunden. Der Spanier hielt sich diesmal ganz bewusst da raus, da die Diskussion mittlerweile in eine Grundsatzdiskussion ausgeartet war, bei der es ums reine Prinzip ging – wessen Wille stärker und somit am längeren Hebel saß!

Bei der Zarenkutsche hatten drei Diener gewartet, die in der Zwischenzeit das ganze Gepäck Atemus, Subarus und Anthonys verstaut hatten. Einer dieser Diener trat nun neben den Spanier und beobachtete ebenfalls die Diskussion der Beiden. „Dieser Narr... seit er die Verantwortung an Seto abgegeben hat, ist er blind und will mit dem Kopf durch die Wand!“ murmelte Anthony leise und mehr zu sich selbst. Da huschte ein warmes Lächeln über die edlen Gesichtszüge des Dieners. „War er das nicht schon immer?“ fragte er leicht amüsiert. „Das schon. Aber jetzt hängt etwas mehr dran, als... damals...“ antwortete der Spanier automatisch und kam dann doch ins Stocken, während er seine Stirn misstrauisch runzelte und zum ersten Mal, seit sie hier angekommen waren, sich die Diener; und ganz speziell den einen, der neben ihm stand, genau betrachtete. Sein Blick wurde belustigt und doch fest erwidert. Ein leises Zischen entfuhr Anthonys Lippen. „DU! Warum trägst du die Uniform eines Untergebenen und verrichtest die niedere Arbeit?!“ Sein Gegenüber lachte nun warm auf. „Alexander...“ reichte er Anthony die Hand. Dieser packte zu und zog den Zaren in eine innige Umarmung. „Unverbesserlich...“ murmelte der Spanier und freute sich doch riesig, seinen Freund Romanoff – Zar Alexander – wieder zu sehen. „Die Zeiten sind sehr gefährlich geworden. Man weiß mittlerweile nicht, wer Freund und wer Feind ist. Außerdem wollte ich mir einen ersten Eindruck von euch verschaffen – ganz besonders von Atemu. Ich wollte wissen in wie weit ihr euch verändert habt...“ erklärte der Zar leise, während er wieder zu den Streithähnen blickte. „Wie ein Kind...“ schüttelte er nun den Kopf. Anthony musste grinsen. „Du kennst die Geschichte um seine Thronbesteigung?“ Alexander nickte. „Er hat sehr viel geopfert, um sein Erbe anzutreten und hat sich wider Erwarten zu einem sehr guten Herrscher gemausert. Auch wenn er sehr überfordert von der Bürde ist. Er hat nun gute Berater und treue Freunde, die ihm den Rücken stärken. Außerdem hat er die drei ägyptischen Göttermonster auf seiner Seite, die nicht jedem Herrscher dienen!“ erklärte Anthony weiter. Alexander nickte. Er wusste nun Bescheid. „Ihr habt ihm noch nichts erzählt?“ fragte er leise nach. „Diese Ehre gebührt ganz dir...“ grinste Anthony frech.

Zar Alexander nickte nur und trat an die Streithähne heran. „Atemu, wenn du mit einem Drachen fliegst, wirst du als Feind angegriffen!“ Subaru blickte kurz auf und wollte den vermeintlichen Diener zu Recht weisen, dass er es wagte den Pharao direkt anzusprechen, doch ein Wink Anthonys ließ ihn sich ruhig verhalten. Atemu blickte auch eher verblüfft zu der Person, welche diese Worte gesprochen hatte. Fast abfällig wollte er sich wieder zu Subaru wenden, als er stutzte. Irgendwas in den Augen dieses Untergebenen kam ihm bekannt vor. Nun drehte er sich dem Diener voll zu und musterte ausführlich dessen Gesicht. Wo hatte er diese Person schon einmal gesehen? Atemus Augen verengten sich nachdenklich. Wo nur...? „Warum Feinde?“ fragte er nach einer Weile misstrauisch. Da spielte ein amüsiertes Lächeln um die Lippen des Dieners und plötzlich erkannte Atemu ihn! „Romanoff! Du! Hier?“ Und fast schon jauchzend umarmte Atemu den Zaren überschwänglich vor Freude. „Romanoff war mein Deckname auf der Schule, Atemu. Ich bin Zar Alexander. Herrscher über Russland...“ murmelte Alexander sanft, als er die stürmische Umarmung erwiderte. Verblüfft löste sich der Pharao und blickte in die Augen des Zaren. „Du hast uns zu dir gerufen?“ – „Genau! Ich habe von Anthony erfahren, was ihr bezweckt und was der Grund eurer Reise ist, und bevor ihr blind in euer Verderben stürzt, wollte ich euch erst zu mir an meinem Hof haben, damit ich dich über alles aufklären kann, was zu Zeit in Europa los ist.“ Der Zar beobachtete den Pharao sehr scharf, als er ihm dies erzählte. Endlich wurde Atemu hellhörig und mit Verblüffung erkannte Alexander, wie aus dem leichtfertigen, sturen, streitsüchtigen Jungen ein Herrscher durch und durch wurde. Die Gestalt straffte sich, die Gesichtszüge wurden hart und die Augen wurden messerscharf und durchdringend. „Sprich! Warum Feinde?“ forderte Atemu bestimmt.

Alexander nickte und begann: „Das spanische Königshaus will die Vorherrschaft über Europa haben. Um sich die anderen Königshäuser zu unterwerfen, waren sie auf der Suche nach dem einen, der laut Legende Fürst über die Drachen ist und jeden einzelnen Drachen befehligen kann. Vor nun über zwei Monaten haben sie diesen legendären Fürsten gefunden und in Ketten gelegt. Vor etwa sechs Wochen haben sie den Fürsten eingebrochen und dazu gezwungen für das spanische Königshaus die Drachen in den Krieg zu schicken. Nach und nach wurde das portugiesische, das französische und das deutsche Königshaus unterworfen. Jeder, der sich der Drachenarmee in den Weg stellt, wird gnadenlos vernichtet! Das englische Königshaus bat mich um Hilfe und da kam die Anfrage um Informationen von Anthony bei mir an. Krieg, Mord, Totschlag, Angst und Schrecken herrscht in fast ganz Europa. Die Menschen flüchten gleichermaßen wie die Monster. Wer sich nicht unterwirft, wird versklavt oder getötet. Die Menschen haben Angst und jeder Drache, den sie sehen, ist ein Sinnbild des Feindes und wird angegriffen. An meinem Hof haben sich viele Vertreter unterschiedlicher Länder und Königshäuser versammelt. Wir wollen eine Allianz bilden und den Krieg beenden. Es ist genug Blut geflossen!“ Atemu fletschte leise die Zähne. „Wer führt die Drachen an?“ – „Ein junger Mann, der auf einem tiefschwarzen dreiköpfigen weißen Drachen mit eisblauen Augen reitet. – Laut meinen Informationen, die Person, die du liebt und die du retten willst. – Nun kommst du ins Spiel. Ich bitte dich, kämpfe an unserer Seite, um unser aller Untertanen zu schützen und zu verhindern, dass Yugi noch mehr Schaden anrichtet! Du bist der Einzige, der ihn noch zu Räson bringen und diesen schlimmen Krieg beenden kann!“ Atemu starrte Alexander an. „LÜGE!“ fauchte er unwirsch. „Yugi würde sich nie so aufgeben! Er hasst es, wenn die Monster nicht frei sind! Er würde nie dabei mithelfen...“ Alexander holte schon Luft, um zu antworten, als plötzlich ein riesiger roter schlangenförmiger Drache vor ihnen auftauchte und seinen breiten Schädel neben dem Pharao auf den Boden legte. „Bist du dir da sicher?“ schnurrte der Drache da fast sanft. Atemu zuckte zusammen und starrte unsicher in die azurblauen Augen. „O Pharao... wir alle haben seinen Schmerz gespürt. Die Magier haben seine Tränen geweint und du hast den weißen Drachen tiefschwarz gesehen! Ich frage dich noch einmal: Bist du dir da sicher?“

Alexander starrte fasziniert zu den riesigen roten Drachen. „Smej...“ raunte er ehrfurchtsvoll und trat langsam zu dem riesigen Schädel. Als die letzten Worte des Drachen verklungen waren, blickten die azurblauen Augen sanft zu dem Zaren. „Sei gegrüßt...“ raunte der Rote. Alexander lächelte sanft, als er seine winzige Hand auf die breite Stirn des Drachens legte. „Sei gegrüßt, o Smej! Bitte bringe kein Unheil über dieses Land.“ – „Ich werde euch helfen...“ antwortete Osiris und blickte dann wieder zu Atemu. Dieser kämpfte immer noch mit sich und war in Gedanken versunken. „Atemu... an meinem Hof hat ein weißer Drache mit eisblauen Augen Schutz gesucht. Er war schwerverletzt und ist aus den Reihen geflohen. Er kann dir alles berichten!“ wandte sich der Zar wieder an den Pharao. Atemu blickte auf. „Wehe, wenn nicht...“ knurrte er nur. Und mit einem Satz schwang sich der Pharao auf den Hals des großen Drachens. „Bring mich zu den Weißen!“ befahl er herrisch und Osiris bäumte sich auf. Alexander folgte den Drachen noch lange mit seinem Blick. „Er hat es relativ ruhig aufgenommen, oder?“ trat Anthony an ihn ran. „Sei froh, dass du nicht dabei bist, wenn der Weiße erzählen wird...“ murmelte der Zar bedrückt.
 

Die Nacht war tief schwarz. Nur der Mond schien und beleuchtete den Teil des Gartens, in dem der weiße Drache lag. Er atmete schwer. Seine Verletzungen bereiteten ihn noch immer Schmerzen, doch schlimmer waren die seelischen Schmerzen! Plötzlich hob der Weiße seinen Kopf und zog scharf die Luft durch seine Nüstern. Etwas Mächtiges kam direkt auf ihn zu. Etwas Mächtiges und – ein Mensch? Der Drache runzelte die Stirn. Sofort vernetzte er seine Gedanken mit dem Wesen, was sich ihm näherte.

Atemu wusste nicht wie lange sie schon flogen. Es war ein anderes Fliegen mit dem großen Osiris, als mit Narbengesicht oder dem Drachenfluch, dennoch waren sie lange in der Luft. Osiris hatte den ganzen Flug nur geschwiegen. „Du bist böse auf mich?“ fragte daher endlich der Pharao unbehaglich. Ein Lächeln glitt über die Züge des Drachen. „Nein...“ brummte er nachsichtig, als er plötzlich stutzte. „Was ist los?“ fragte Atemu, dem das Durchzucken des Schlangenkörpers nicht entgangen war. „Wir sind gleich da...“ antwortete der Drache nur unbestimmt.

Nach einer Weile erblickte Atemu vor sich einen riesigen Palast. Überall Zinnen und Türme. Der Pharao war erschlagen von dem ganzen Prunk. Osiris umflog den Palast und landete etwas abseits in einer großen Gartenanlage. Atemu sprang vom Drachen und blickte sich suchend um. Seine Augen fielen da auf einen riesigen weißen Körper. Ein weißer Schädel wandte sich dem Menschen zu und enorme Flügel spreizten sich. Atemu blieb wie angewurzelt stehen. Vor ihm lag ein weißer Drache mit eisblauen Augen. Nur dieser Drache war mindestens dreimal so groß wie Narbengesicht! Auch die Augen waren blauer und kälter! Und der Körper schneeweiß! „Er ist nicht ganz so alt wie der Drachenfluch, aber er lebt auch schon seit Urzeiten.“ erklärte Osiris, der den Weißen fest im Blick hatte. Auf die Worte hin neigte der Weiße bestätigend sein Haupt. Dann erhob sich der Koloss und trat zum Pharao. Dieser war wie erstarrt vor Panik und nicht in der Lage auch nur zu zwinkern. Dies amüsierte den weißen Drachen sichtlich. Er blieb vor Atemu stehen und senkte sein Haupt auf die Höhe des Menschen. „Du zitterst am ganzen Körper vor Angst vor mir und sollst derjenige sein, der den kleinen Fürsten retten kann?“ erklang spöttisch die Stimme des Weißen in den Gedanken des Pharaos. „Lass das meine Sorge sein...“ fauchte dieser und realisierte jetzt erst, was der Drache gesagt hat. „Fürst? Du kennst Yugi? Wie geht es ihm? Was ist passiert?“ verlangte Atemu wie ausgewechselt zu wissen, dabei unbewusst noch näher auf den Drachen zu gehend. Dieser musterte den Mensch vor sich abschätzend. Die Angst war verflogen. Nur Vertrauen und die unendlich Sorge um den kleinen Fürsten schienen den Menschen jetzt zu beherrschen. Bis jetzt hatte nur Yugi ihn berühren dürfen, doch spürte er in diesem Menschen vor sich dieselbe Liebe und Gefühlswelt wie bei dem kleinen Fürst. Also legte der Weiße seinen Kopf auf den Boden und schloss abwartend seine Augen. Atemu zögerte. Wollte er es wirklich wissen und sehen, was mit Yugi passiert war? Langsam trat der Pharao an den Weißen ran und legte seine kleine Hand auf die Nüstern des Drachen. Dieser atmete tief ein und schlug seine nun tiefblauen Augen auf.
 

„In dem Moment, als Yugi das Halsband angelegt wurde, begann die Magie zu wirken. [..] Plötzlich raste ein glühender Schmerz durch seinen Körper und er hörte auf einmal ein wütendes, bebendes Brüllen. Neben ihn erschien nicht der Magier, sondern der dreiköpfige Drache! Und er schrie vor Wut und Pein auf. [...] Ganz langsam lenkte sich die Magie auf den dreiköpfigen Drachen und Yugi gab auf. Er hatte keine Kraft mehr. Mit einem ersterbenden Hauchen zerbrach Yugi und sein weißer dreiköpfiger Drache begann sich zu verdunkeln. „Töte... wenn du ihn retten willst!“ hauchte da Astaroth gehässig und die Magier griffen Ragnarok erneut an. „Nein...“ hauchte Yugi kläglich. Innerlich schrie er kreischend und gepeinigt auf. Alle Drachen zuckten vor Schmerzen zusammen, als dieser Schrei zu ihnen durchdrang. Den Magiern liefen stille Tränen unaufhaltsam. Yugi fiel in die Dunkelheit und fiel. [...] Yugi lag auf den Knien vor dem Götterdrachen, der entsetzt auf das Bild vor ihm starrte. Der große Dreiköpfige schwebte über Yugi und schützte mit seinem ganzen Körper den Götterdrachen. Er tötete jeden Angreifer ohne Gnade. Monster wie Mensch. Vor den silbernen Augen ergoss sich so unendlich viel Blut in den Staub der Arena. Während die Soldaten Blut geleckt hatten und nun mit allen Mitteln den Dreiköpfigen zu Fall bringen wollten, schrien die Monster schwer gepeinigt auf, als sie gezwungen wurden, anzugreifen und dabei elendig zu Grunde gingen. Immer mehr und mehr... so viel Blut, so viel Leid... so viel Schmerz... so viel Tod, so viel Qual... „Yugi...“ raunte der Götterdrache verzweifelt und suchte irgendwo in Yugis Inneren nach einem Lebensfunke seiner Seele, während der Dreiköpfige mittlerweile tiefschwarz war. Er saugte jedes Leid, jede Emotion, jede Träne der zu Grunde gehenden Monster auf.

Plötzlich stand ein Maha Vailo vor ihnen. Er holte zu einem Angriff aus.[...] Der dreiköpfige weiße Drache mit eisblauen Augen empfing den Angriff und mit einem fürchterlichen Aufbrüllen vernichtete er Maha Vailo. „Nein!“ schrie Yugi auf, als der Angriff des Magiers kam und fassungslos starrte er auf den Gegenangriff seines Drachens. [...] Ein langer, schriller Schrei raste durch die nun einsetzende Dämmerung. Yugi griff sich verzweifelt an die Ohren. Der Schrei sollte enden. Er konnte nicht mehr! Es tat so weh... Es sollte aufhören... Hilfe...[...] Mit einem Mal, waren Yugis Augen leer. Ein Zucken raste durch den Körper des dreiköpfigen Drachen. Seine eisblauen Augen waren nun tief schwarz. Blutige Tränen liefen über das Gesicht des Drachen. Yugi war gebrochen.“
 

Als der Weiße mit dem Erzählen zu Ende war, weinte Atemu bitterlich. Er hatte alles gesehen, was die Drachen gesehen haben. Es war so schrecklich, wie Yugi plötzlich aufgegeben hatte. Der Pharao zitterte am ganzen Körper vor Entsetzen über das, was er gesehen hatte. Und dennoch wusste er, dass dies noch nicht alles war, was der Weiße ihm zu berichten hatte. Mühsam erhob sich Atemu und legte noch einmal seine Hand auf die weißen Nüstern. „Es ist genug...“ raunte Osiris besorgt. „Erzähl!“ verlangte der Pharao und der Weiße schloss seine Augen.
 

„Yugi blickte nachdenklich auf. Er wusste nicht, wie lange er dieses Leid noch ertragen konnte. Sein dreiköpfiger Drache nahm ihm schon so viel Schmerz ab, aber dennoch litt der Kleine, wenn er das Leid sah, was er mit seinen Drachen über die Menschen und Monster brachte. Wer sich nicht unterwarf wurde getötet. Und wer sich unterwarf, wurde auch getötet. Einen klaren Gedanken konnte er schon lange nicht mehr fassen. Sein Kopf war wie leer. Das Einzige, was ihn noch irgendwie aufrecht hielt, war die Tatsache, dass sein Atemu wirklich auf den Weg war, um ihn zu retten! Ragnarok hatte sich heimlich davon geschlichen bei einen dieser Kriegszüge, um den Pharao zu finden. Durch die Verbindung mit dem Drachen und der Hilfe des großen Weißen konnte Yugi durch die Augen des Götterdrachen blicken! Fassungslos hatte er auf Atemu geblickt, der ungeduldig über das Deck des Schiffes wanderte, wie ein gefangener Tiger. Yugi hatte auch Kuriboh gesehen und Subaru und so viele andere... Und dann sah er diesen riesigen roten Drachen, dessen azurblaue Augen Ragnarok entdeckt und scharf gemustert hatte. Yugi hatte geweint vor Freude und als der Götterdrache wieder da war, war der Kleine dem Drachen voller Dankbarkeit um den Hals gefallen.

Der weiße Drache war an Yugi ran getreten. „Irgendwas stimmt nicht. Astaroth hat seine Chaosmagier versammelt und sich Ragnarok bringen lassen...“ – „Was?“ sofort sprang der Kleine auf und machte sich auf den Weg – gefolgt von dem Weißen und seinem Dreiköpfigen. Kaum war er bei den Fürsten angekommen, blieb der Kleine entsetzt wie angewurzelt stehen. Ragnarok lag am Boden, mit schweren Magieketten gefesselt und sein Maul zugebunden! Um ihn herum standen im Kreis Chaosmagier, ihre Zepter auf den Drachen gerichtet. Astaroth stand vor dem Kopf des Drachen, einen Dolch in der Hand. Er wollte dem Drachen die Augen rausschneiden! „Wage es!“ brüllte da Yugi herrisch, dabei schon zu dem Drachen eilend. Astaroth fuhr herum und musterte den Jüngeren spöttisch. „Der Drache war ohne Erlaubnis unterwegs und wird dafür bestraft!“ – „Dieser Drache war in meinem Auftrag auf Kundschaft!“ fauchte Yugi. Das diabolische Grinsen des Fürsten verriet Yugi, dass es ihm egal war und er einfach nur einen Drachen töten wollte! „Rühr ihn nicht an...“ warnte Yugi gefährlich leise. „Versuche ihn zu schützen!“ und mit einem Wink wurde Yugi brutal von mehreren Soldaten gepackt und in die Knie gedrückt, während die Chaosmagier den gefesselten Drachen angriffen. Es war kein Angriff mit voller Kraft. Nein, der Drache sollte qualvoll verbrennen! Dies ging alles so schnell, dass weder der Weiße noch der Dreiköpfige reagieren konnte, und als sie eingreifen wollte, erklang der schrille, durch Mark und Bein gehende, alles lähmende Schmerzensschrei des Götterdrachen Ragnarok. „Brenne, Drache! Brenne!“ lachte Astaroth laut. Yugi starte auf den sich vor Schmerzen und Todesangst windenden Drachen. Doch die Ketten hielten ihn brutal im Feuer fest. Das Feuer war schwarz und unerbittlich! Ein Schrei tiefster Verzweiflung entrang sich Yugis Brust. Der Weiße schüttelte seine Lähmung ab, spreizte seine Flügel und schoss auf Yugi. Er warf die Soldaten zur Seite, packte den Kleinen mit seinem Maul und flog hoch in den Himmel. Ein wütendes Aufbrüllen des Dreiköpfigen ließ den weißen Drachen nur noch höher fliegen. Und plötzlich wurde er von den Chaosmagiern unter Beschuss genommen. Immer wieder und wieder trafen ihn die Magieattacken. Und da wurde er gepackt und brutal zur Erde geschleudert. Tief stöhnte der weiße Drache auf, als er auf den Boden aufschlug. Der dreiköpfige Drache über ihn. Ein Prankenhieb übers Gesicht ließ den Weißen sein Maul öffnen und Yugi auf die Erde gleiten. Voller Wut brüllte der Dreiköpfige den Weißen an und warf ihn in die Luft. Der Drache konnte sich nicht rühren. Sein ganzer Körper schmerzte. Und da traf ihn der brutale Lichtblitz des Dreiköpfigen. Vor Schmerz aufbrüllend, brach der Weiße zusammen.

„Nie wieder bringst du den Kleinen in Gefahr!“ fauchte der Dreiköpfige, als er wieder über den leicht benebelten und schwer verletzten weißen Drachen stand. Dann glitt sein Blick über Astaroth, der sich amüsiert abwandte, zu den Götterdrachen Ragnarok, der qualvoll sein Leben ausgehaucht hatte, bis er schließlich bei Yugi stoppte. Der Kleine war leer. Keine Gedanken, keine Gefühle. Nichts. Yugi war dunkel und tot. Der letzte Funken war durch die Aktion Astaroths erloschen. Yugi war nur noch eine leere Hülle, eine willenlose Puppe, die blind gehorchte und funktionierte. Wieder rannen blutige Tränen leise über das Gesicht des dreiköpfigen Drachen. „Verschwinde... Flieg zu Atemu. Ich werde dir heute Nacht die Flucht ermöglichen...“ raunte der Drache leise und wandte sich vom Weißen ab und rollte sich um Yugi, der am ganzen Körper zitternd auf den Knien lag und nur leer vor sich hinstarrte.“
 

Atemu wich entsetzt zurück. Kopfschüttelnd suchte er Abstand zwischen sich und den Drachen zu bekommen. Verstört und am ganzen Körper zitternd blickte er sich um, in der Hoffnung, dass das alles nur ein Traum war. „Ich habe Yugi verloren...“ raunte er. Langsam sank er in die Knie und ließ ein letztes Mal seinen Tränen freien Lauf!

„Ich hol ihn mir zurück...“ stieß er plötzlich nach einer Weile hervor und erhob sich. „Und ich werde jeden vernichten, der sich mir in den Weg stellt!“ schwor er mit eiskalter Stimme. Dann trat er an den weißen Drachen, der den Pharao die ganze Zeit mit seinen blauen Augen beobachtet hatte. „Bleib an meiner Seite!“ forderte Atemu mit fester Stimme. Eisblaue Augen trafen auf amethystfarbene Augen. Ja... wenn nicht Atemu in der Lage war, Yugi zu retten, dann war es keiner! Mit leicht gefletschten Zähnen antwortete der riesige weiße Drache ohne Demut, sondern mit Kampfeslust und Freude: „Mit Vergnügen! Ich bleib an deiner Seite – auf ewig!“ Und der Pharao verneigte sich dankbar vor dem weißen Drachen mit den eisblauen Augen.

Der Schweigsame

Der Schweigsame
 

Wie lange sie schon in dem Saal an dem riesigen runden Tisch saßen und über den Krieg, die Verluste und das weitere Vorgehen berieten, wusste Atemu nicht. Er hatte zu allem geschwiegen und nur zu gehört. Sie waren die Vertreter aus insgesamt vierzehn Nationen, die dem spanischen Königshaus Einhalt gebieten wollten, Zar Alexander, Subaru, Anthony und er, der Pharao. Doch hatte er, bis auf seine goldenen Armreife, alle Zeichen abgelegt und trug nur eine einfache Lederbekleidung. Sein Körper war gespannt und strahlte größtmögliche Macht aus. Er forderte nicht nur Respekt, er setzte es voraus, dass man ihn mit dem größtmöglichen Respekt bedachte. Seine amethystfarbenen Augen waren scharf, kalt, berechnend und dennoch voller Schmerz über so viel Leid und Trauer. Atemu war ein gefährliches Pulverfass, seit dem der Weiße ihn das von Yugi berichtet hatte.

So eben herrschte eine kurze Pause, als jeder seinen Gedanken nachhing, da erhob sich plötzlich Atemu. „Ich will an die Front!“ Seine Stimme duldete keinen Widerstand. Schweigen. Alexander schloss seine Augen. Der Zar hatte die schier unmögliche Aufgabe, alle hier am Tisch sitzenden zu einen, so dass man einen gemeinsamen Weg verfolgen würde. Da waren Alleingänge nicht wünschenswert. Und was Atemu da verlangte, widersprach jeglicher Vernunft! „Was willst du an der Front?“ fragte er daher leise. „Alexander... wir reden hier und reden, was passiert ist und was wir tun könnten, ohne das kaum einer von uns an der Front war und sich ein Bild vor Ort gemacht hat! – Ich will mit ungetrübtem Blick alles sehen, bevor ich irgendetwas tue!“ antworte der Pharao bestimmt. Der Zar setzte zur Antwort an, als sich plötzlich Subaru erhob. „Atemu... wie ist unser Verhältnis?“ wollte er plötzlich wissen. Atemu blickte zu seinem Offizier. „Der Titel des Pharaos existiert hier nicht. Seto trägt den Titel...“ antwortete er misstrauisch und leicht irritiert. „Sehr gut!“ grinste Subaru. „Also stehen wir auf gleicher Ebene! Bitte erlaube mir folgende Worte: Bist du von allen guten Geistern verlassen?! Was willst du an der Front? Willst du dich an dem Leid ergötzen? Hast du noch nie Blut und Tote gesehen? – Du willst mit ungetrübtem Blick die Wahrheit sehen? Das ich nicht lache! Du willst an die Front, um deinen kleinen Dieb zu sehen!“ Subarus Stimme war energisch und vorwurfsvoll gewesen. Seine Augen blitzten Atemu herausfordernd an. Anthony erhob sich ebenfalls leise und trat zwei Schritte vom Tisch. Er wusste nicht wie Atemu jetzt reagieren würde. Alexander blickte gespannt zwischen dem Pharao und dessen Offizier hin und her. Atemu mahlte mit den Zähnen und rang sich mühsam um Beherrschung. Subaru hatte Recht, dennoch wollte er das nicht hören! Dennoch durfte Subaru nicht in so einem Ton mit ihm reden, als ob er noch ein kleines Kind war! Seine Hände waren krampfhaft zu Fäusten geschlossen.Plötzlich erklang eine leise, sanfte, aber emotionslose Stimme vom Eingang des Saals. „Wie gedenkst du an die Front zu reisen, mein Pharao?“ Ein Araber trat näher. Er war komplett in weiß gekleidet und trug einen weißen Turban. Seine Augen waren tiefblau und leer.

„Shadee...“ wich Atemu etwas zurück. „Antworte, o Pharao!“ war die Stimme nun fordernd. Sein leerer Blick streifte die Anwesenden und ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich wollte zu Pferd reiten...“ kam es fast schon kläglich über die Lippen des Pharaos. „Zu Pferd? Warum nicht mit einem deiner Drachen?“ fragte der Araber gebieterisch nach.

Die Atmosphäre in dem Saal hatte sich verändert. Sie war beklemmend, ließ die Nackenhaare sich aufstellen und ein jeder spürte eine tiefe kalte Angst nach seinem Herzen greifen. Die Schatten schienen sich zu Wesen zu verwandeln und schrien nach Opfern. Zwischen Shadee und Atemu baute sich eine knisternde, alles umfassende Spannung auf. Es wirkte, als ob gerade die Beiden in einer anderen Welt waren, und die hier Anwesenden nur Zuschauer.

„Ich möchte nicht erkannt werden...“ drängte es dem Pharao über die Lippen. Er wusste nicht, warum, aber ihm war so, als ob Shadee ihn tief in die Seele blicken konnte. Er konnte nicht anders, als die Wahrheit zu sagen. „Wer sollte dich erkennen?“ – „Ich will zu Pferd an die Front, weil ich mich mit eigenen Augen überzeugen möchte, wofür Yugi verantwortlich gemacht wird. Ich möchte ihn mit eigenen Augen sehen, ohne von ihm erkannt zu werden!“ – „Selbst wenn du auf Rotauge und mit Kuriboh auf dem Arm vor ihm auftauchen würdest, er würde dich nicht erkennen. Er ist tot. Für immer verloren. Er ist nur noch eine willenlose Puppe!“ – „Ich gebe ihn nicht auf. Ich hole ihn wieder zurück und ich werde jeden vernichten, der sich mir in den Weg stellt – auch dich!“ – „Du willst es nicht wahr haben...“ – „Er hat es nicht verdient, dass man ihn aufgibt. Nicht, nach allem was passiert ist und auch nicht, nach dem sich so viele geopfert haben, damit er gerettet werden kann!“ – „Ich sehe, ich kann dir nicht rein reden. Nur... was wirst du machen, wenn du zwischen ihn und den hier lebenden Menschen entscheiden müsstest?“ – „Darauf werde ich nicht antworten!“ – „Er ist der Fürst der Drachen. Er befehligt ALLE auf der Welt existierenden Drachen. Was willst du dagegen halten?“ – „Ich habe die Hilfe der Göttermonster und die Magier gehorchen meinem Befehlen...“ – „Du wirst kämpfen... GEGEN deinen Dieb, um ihn zu retten.“ – „Das ist mir bewusst. Und ich werde nicht zulassen, dass noch mehr Menschen und Monster verletzt oder gar getötet werden!“ Shadee neigte anerkennend sein Haupt. Plötzlich blickte er vor sich hin, als ob er über etwas nachdenken würde. Dann glitt sein Blick über die Anwesenden und blieb sehr ernst beim Pharao hängen. Mit leiser Stimme begann er: „Der Drache nahm den Sterbenden in seine Krallen und breitete schützend seine weißen Flügel über ihn aus. „Scharid...“ murmelte der Pharao schwach. „Wo warst du die ganze Zeit?“ – „Immer an deiner Seite...“ murmelte der Drache und er lauschte den sterbenden Atem. „Bitte verzeih, dass ich dich vergessen habe.“ – „Es ist vergeben...“ – „Ich hab Angst. Bitte bleib an meiner Seite...“ – „Ich bleib an deiner Seite – auf ewig!“ Und gemeinsam schlossen sie ihre Augen und hauchten ihren Atem aus.

Doch dem Drachen lastete es so schwer auf der Seele, dass er seinen Geliebten nicht retten konnte, dass seine Seele keine Ruhe fand. Sein Geliebter ist in das Reich des Toten gewechselt, während die Seele des Drachen ruhelos den Magier suchte. Jeden Abend, wenn die Sonne unterging, weinte der weiße Drache sein Klagelied und rief nach seinem Magier. Die Götter hatten Mitleid mit diesem Wesen und vereinten die Seele des Magiers mit der Seele des weißen Drachen in einem neuen Körper. Er sollte so lange leben, bis er bereit ist, ins Totenreich einzukehren.

Atemus Augen verengten sich leicht. „Warum erzählst du mir das?“ Shadee lächelte nachsichtig. „Der Drache fühlte sich in der Gestalt seines Geliebten wohl und so lebte er von nun an als roter Magier weiter. Seine wahre Gestalt, als dreiköpfiger weißer Drache mit den eisblauen Augen, nahm er nur an, wenn er jemanden oder etwas beschützen wollte, was ihm sehr am Herzen liegt...“ – „Und was willst du mir damit sa-...“ Atemu hielt plötzlich inne, als ihn Yugis Dreiköpfiger in Sinn kam. „Sein Drache ist der Drache aus der Mär?!“ – „Ich habe den Dieb die Gestalt des Drachens gegeben. Und der schweigsame Magier, der alte, der Weise... hatte Mitleid mit den Beiden und vereinigte den Drachen und den Magier. – Du kannst nur über die Magier befehligen, wenn der Schweigsame an deiner Seite steht wie der Dreiköpfige an der Seite des kleinen Diebes! – Nun geh und schreibe die Mär neu, o Pharao!“ Und mit den letzten Worten löste sich Shadee einfach so in Luft auf und hinterließ verwirrtes und ehrfürchtiges Schweigen.
 

Die Dämmerung brach an, als Atemu nach einem fünftägigen Ritt sich der Grenze des polnischen Königreiches näherte. Sie alle waren von Moskau nach Minsk gezogen, wo sie in der Residenz eines Fürstens untergekommen waren. Während die anderen sich wieder an den Beratungstisch setzten, war Atemu einfach aufgebrochen.

Atemu war zum Schluss viel durch Wälder geritten. Misstrauisch beobachtet und gemieden von dem einfachen Volk, was sich vor dem Fremden fürchtete. Leicht runzelte er die Stirn, als ihm Brandgeruch, Tod und... der Geruch von Drachen in seine Nase stieg. „Die werden doch nicht etwa schon bis hier her vorgedrungen sein?“ murmelte er leise, als er mit seinem Pferd aus dem Wald trat und sich vor ihm eine weite Ebene öffnete. Direkt vor ihm in der Ebene lag eine größere Dorfansammlung, gar eine Stadt. Sie war mit Palisaden und Mauern geschützt. Vor den Schutzwall standen viele Menschen, bewaffnet mit Gabeln, Sicheln, Knüppeln und nur wenige mit Schwertern oder Bögen. In den Reihen dieser Menschen standen vereinzelt Monster – Dämonen oder Magier. Keinen einzigen Drachen, was Atemu irritierte. Standen die Drachen nicht immer auf der Seite des einfachen, schwachen Volkes? Frauen und Jünglinge standen auf den Palisaden. Alle waren sie bereit, ihre Heimat bis aufs Letzte zu verteidigen.

Sie standen einem riesigen Heer gegenüber, in dessen ersten Reihen Drachen standen. So viele Drachen unterschiedlicher Arten, wie Atemu sie noch nie gesehen hatte. Neben einem Drachen saß auf einem Schlachtross ein dunkler Krieger und sprach zu dem Volk. Ohne Nachzudenken ritt Atemu sein Pferd an und jagte im gestreckten Galopp auf diesen Krieger zu. Er würde hier ein Exempel statuieren und den Vormarsch des Heeres aufhalten. Und wenn es sein Leben kosten würde!

„Mein letztes Wort: Ergebt euch ohne Gegenwehr und liefert mir die Stadt aus oder ich werde euch alle vernichten und den Drachen zum Fraße vorwerfen!“ erhob so eben der dunkle Krieger seine Stimme. Direkt ihm gegenüber stand ein älterer Greis, flankiert von einer Handvoll jüngeren Burschen. „Mit Verlaub: Nein! Wir werden unser Eigentum nicht kampflos aufgeben!“ Der Krieger zog eine Augenbraue spöttisch nach oben. „Ihr habt tatsächlich immer noch die Hoffnung, dass euch eure Herrschaften retten werden? Das ich nicht lache. Ihr seid ihnen egal! Gebt auf!“ Der Greis verzog seine Lippen angewidert und spie vor dem dunklen Krieger aus. Dieser wollte vor Wut den Greis niederreiten, als - „Es reicht!“ donnerte da Atemus Stimme. Der dunkle Krieger zuckte erschrocken zusammen und sein Blick glitt verblüfft zu dem Reiter, der sich seinen Weg durch die Bauern bahnte und dann schlitternd zwischen dem Greis und ihm stehen blieb. Der dunkle Krieger musterte den Pharao. Da dieser nur einfache Lederkleidung trug und keinerlei Abzeichen, bis auf zwei goldene Armreifen, allerdings wie ein Kaiser vor ihm auf dem Ross saß, wusste er nicht, was er von dem Reiter halten sollte. „Misch dich nicht ein! Es ist nicht deine Angelegenheit...“ befahl der dunkle Krieger barsch. Ein herablassendes Lächeln umspielte Atemus Lippen. Der Pharao blickte sich schnell um und vergewisserte sich, dass es noch nicht zu Kampfhandlungen gekommen war und, dass es dem Greis an nichts fehlte. Dann blickte er wieder zu dem dunklen Krieger. „Ich bin Atemu, Sohn des Aknamkanons, Pharao und Herrscher über gesamt Ägypten! Zar Alexander III hat mich um Hilfe gebeten, das Volk zu beschützen und euch Einhalt zu gebieten! Es ist genug Blut geflossen, der Krieg muss beendet werden!“ Der dunkle Krieger stutzte kurz, doch dann verzog er spöttisch seine Lippen. „Also gut, Atemu, Sohn des Aknamkanons. Ich bin Fürst Astaroth, Bezwinger des Drachenfürsten und im Namen der spanischen Krone werde ich alles unterwerfen!“ Atemus Augen blitzten kurz vor Wut auf. Astaroth...! „Gemach, Pharao...“ befahl da plötzlich die barsche Stimme des Chaosmagiers in Atemus Kopf, während er und der Zauberer der dunklen Magie wie aus dem Nichts hinter dem Pharao auftauchten und sich links und rechts neben diesen positionierten – angriffsbereit.

Ein staunendes und erleichtertes Raunen ging durch die Reihen und verrieten, dass die Bauern dem Pharao den Rücken stärken würden. Astaroth wich einen Schritt zurück. Der Kerl beherrschte zwei so mächtige Magier?! „Tritt zur Seite, Atemu! Und dem Volk hier wird nichts geschehen.“ Versprach er leise. „Tritt zurück, Fürst! Denn ich garantiere für nichts!“ antwortete Atemu gebieterisch. „Wie du willst...“ fauchte da der dunkle Krieger und riss sein Pferd herum. Mit einer energischen Handbewegung gab er den Befehl zum Angriff und verschwand hinter den Drachen. Die Drachen selber zögerten anzugreifen. Vor ihnen stand ein einzelner Mensch, der sich den Respekt einforderte und genauso wir ihr kleiner Fürst war. Sollten sie angreifen? Atemu registrierte das Zögern und sprang vom Pferd. Mit festen Schritten ging er auf den Drachen zu, der direkt vor ihm stand. Es war ein dunkler Feuerdrache. Atemu hob die rechte flache Hand, neigte leicht seinen Kopf und sprach mit fester Stimme „Bleib an meiner Seite!“. Ein Raunen ging nun durch die Reihen der Drachen. Ein jeder Drache war gezwungen, diesen Wunsch nachzukommen, doch der Drachenfürst war der Herr über alle Wesen. Durften sie dann einem einfachen Menschen gehorchen? Plötzlich kam ein heftiger Wind auf, der den Befehl „Töte ihn!“ zu den Drachen trug. Auch Atemu hörte diesen Befehl und er wurde blass. Der Drache vor dem Pharao blinzelte kurz und warf einen gefährlichen Feuerball auf diesen – und die Drachen griffen an, um die Stadt auszurotten. Im gleichen Moment befahl Atemu durch einen Wink seinen beiden Magiern die Stadt zu schützen. Zwei Zepter wurden zeitgleich neben Atemu in den Boden gerammt und rechts und links neben diesem erschien eine riesige Spiegelwand, die einmal um das ganze Dorf verlief. Vor Atemu selber erschien eine Wand aus Fellkugeln, die den Angriff des Feuerdrachen abfing.

Tiefes Schweigen folgte den nun missglückten Angriff. Ratlosigkeit herrschte in den Linien des Feindes. Was war zu tun? Viele Drachen waren verletzt wurden, durch die zurückgeworfenen Attacken. Auch Atemu musterte gespannt die gegnerische Linie und überlegte fieberhaft, was zu tun war. „Wir werden dem nicht ewig standhalten können...“ murmelte da der Zauberer der dunklen Magie. „Ich weiß... Angreifen?“ fragte Atemu. „Wenn Yugi dabei ist, wird der Angriff nichts bringen, da er die Drachen schützt!“ Atemu nickte verstehend. Tief atmete er ein. „Väterchen, bitte geht alle hinter die Mauern. Es wird hier gleich sehr heftig werden...“ bat er den Greis, dabei seinen Blick nicht von den Drachen lassend. Der Greis blickte immer wieder verwirrt zwischen den Pharao und den Feinden hin und her. Er hatte Probleme zu verstehen, was gerade hier passierte. Es war tatsächlich jemand gekommen, um sie zu retten! Aber wie wollte er das mit nur zwei Magiern schaffen?! Zögerlich nickte er und gab seinen Männern den Befehl, sich zurückzuziehen.

„Jetzt wird es eklig...“ murmelte der Chaosmagier, als sich plötzlich eine Gasse bei den Drachen öffnete und ein riesiger tiefschwarzer dreiköpfiger weißer Drache sich näherte. „Sei gegrüßt, Pharao!“ spie der Drachen schon fast verächtlich. Atemu konnte sich nicht rühren, als er in die endlos schwarzen Augen blickte. Das war Yugis Drache? Fassungslos suchte er nach seinem Dieb. Da holten ihn die Worte des Drachens wieder zurück in die Wirklichkeit. „Tritt zurück, Weißer! – Wo ist er?“ wollte der Pharao wissen. Der Drache fletschte die Zähne. „Das geht dich nichts an. Wir haben den Befehl hier alles zu vernichten. Also tritt zur Seite und lass uns gewähren, wenn dir dein Leben lieb ist!“ Atemu spie aus. „Ihr Drachen seid dem Volk verbunden! Ihr habt für das Volk zu kämpfen und es nicht zu vernichten!“ Der Drache lachte hämisch auf. Woher nahm dieser Mensch sich das Recht, solche Worte zu sagen?! Hatte er nicht Yugi erst soweit in den Abgrund stürzen lassen? Da fiel dem Drachen ein kleiner Junge auf, der sich klammheimlich aus den schützenden Mauern geschlichen hatte und nun versuchte, näher zu kommen, um alles zu sehen und zu hören. „Du magst Recht haben, Pharao... Doch diese Zeiten sind vorbei! – Versuche doch erstmal den Knaben da zu schützen, bevor du große Töne spucken kannst!“ fauchte da der Drache und warf einen riesigen Lichtblitz auf das Kind, was wie angewurzelt stehen blieb. Panisch schrie die Mutter des Kindes auf und Atemus Blick folgte den Angriff. Noch ehe er auch nur was denken oder gar sagen konnte, baute sich eine Wand aus Fellkugeln vor dem Jungen auf und fing den Angriff auf. Der Dreiköpfige lachte hart und siegesgewiss auf, als er nun sah, dass der Pharao ungeschützt war. Blitzschnell stieß er vor und griff Atemu an. Sein Maul war weit geöffnet und er wollte schon zu schnappen, als er einen brutalen Stoß von der Seite bekam und aus der Bahn geworfen wurde. Der Dreiköpfige kam schlitternd zu liegen. „Rühr ihn nicht an...“ grollte es da warnend in allen Köpfen. Ein riesiger, schneeweißer Drache mit eisblauen Augen stand vor dem Pharao und blitzte den Dreiköpfigen an.

Der Dreiköpfige erhob sich wieder und starrte den Weißen wutentbrannt an. „Dann versuche ihn zu schützen!“ brüllte er dröhnend und griff den Weißen an. Noch ehe Atemu etwas tun konnte, hatten sich die beiden Drachen in einander verbissen. Dies war wie ein Zeichen für das feindliche Heer und die Monster griffen an. Hastig blickte Atemu zu seinen Magiern. Sie fingen die volle Wucht der Angriffe auf der gesamten Länge auf. Doch würde dies nicht lange halten. Die Angriffe waren zu heftig. Dann blickte er zu dem kleinen Knaben. Dieser musste hier aus der Schusslinie raus! Also rannte er zu dem Kind, schnappte es sich und rannte damit zum Stadttor. Dort erwartete man ihn bereits, wo man den Knaben im Empfang nahm und den Pharao verwirrt ängstlich musterte. „Warum kämpft ein Drache für uns?“ wurde Atemu immer wieder gefragt. „Die Drachen beschützen normalerweise das einfache Volk...“ murmelte dieser hastig und blickte zu dem weißen Drachen. Er war unterlegen. Der Dreiköpfige würde ihn töten! Das durfte nicht sein... Doch wie sollte er den Weißen helfen? Er war zu weit weg und auch noch waffenlos! Da kam ihm der Gedanke an Shadee... Wenn Shadee hier war, dann musste sein Drachenfluch ebenfalls hier sein. „Drachenfluch!“ brüllte der Pharao laut. Eine Zeitlang geschah nichts, da tauchte ganz langsam und erhaben ein riesiger Drache auf. Es schien, als ob die Erde sich öffnete und der Drache direkt von der Mutter Erde geboren wurde. Und dies direkt einen Schritt vor dem Pharao. Dieser wich leichenblas und bis aufs Mark erschrocken mehrere Schritte zurück. Denn dieser Drachenfluch war umgeben von Tod und Gewalt. Er strahlte Kälte, Hass und Wut aus. Und da war noch etwas, was sich der Pharao nicht erklären konnte. Schatten... überall vage Schatten. Leises, warmes Lachen erklang in den Köpfen der Menschen. „O Pharao... du willst gegen die mächtigsten Wesen kämpfen und hast immer noch panische Angst vor uns?“ Leiser sanfter Spott klang aus den Worten. Atemu atmete heftig. „Verzeih...“ flüsterte er nur, am ganzen Körper zitternd. „Steig auf, Pharao! Wir müssen deinen Freund helfen!“ ließ sich der skelettierte Drachen neben den Pharao auf den Boden nieder, so dass dieser mühelos aufsteigen konnte.

Und wie im Trance schwang sich Atemu auf den Rücken des Drachenfluchs. Dieser erhob sich sofort und stieß einen markerschütternden, ohrenbetäubenden Schrei aus. Während er mit dem Pharao auf die beiden kämpfenden Drachen zu raste, spie er einen Magiestrahl aus Schatten, Blitze und Verwesung in die Reihen der Feinde. Atemu hörte die schmerzgepeinigten und panischen Schreie der Opfer. Er biss sich auf die Zähne. „Schneller!“ verlangte er, als er sah, wie der Weiße nun auf dem Boden lag, der Dreiköpfige über ihn und Energie für seinen Lichtblitz sammelte. Der Drachenfluch schoss wie ein Blitz dahin. In dem Moment, wie der Dreiköpfige seine Lichtblitze abfeuerte stand der Drachenfluch frontal zwischen den Drachen und empfing mit breit geöffneten Flügeln den Angriff. Im selben Moment hatte der Weiße in wilder Verzweiflung all seine Kraft gesammelt und sie ebenfalls in einem Lichtblitz gebündelt. Zwei Attacken rasten nun auf den Drachenfluch zu. „Spring ab!“ befahl der Drache. Atemu blickte kurz zurück und erschrak, doch reagierte er sofort und stieß sich vom Drachen weg. Und schon prallten die Attacken auf den Drachenkörper und entluden sich in einer ungeheuerliche Explosion. Atemu wurde von der Druckwelle gepackt und weit davon geschleudert.

Der Weiße sah mit vor Entsetzen geweiteten Augen, dass sein Angriff auf den Pharao zu raste. Dieser konnte sich zwar durch einen Absprung retten, doch riss ihn die Druckwelle weg. Sofort spannte sich der große Körper des Drachens und er jagte dem Pharao hinterher. Im Rücken hörte er das wütende Fauchen des Dreiköpfigen. Der Drachenfluch hatte während der Explosion noch einen Angriff auf diesen gestartet und ihn empfindlich verletzt. Schon hatten seine scharfen blauen Augen den am Boden liegenden Pharao ausfindig gemacht. Atemu rührte sich leicht und versuchte mühsam wieder auf die Beine zu kommen, doch verweigerte sein Körper den Dienst. Sanft landete der Riese neben dem kleinen Menschen. „Atemu... hast du dir was getan?“ fragte der Drache besorgt. „Alles tut weh... Was ist mit dem Drachenfluch?“ wollte der Pharao schwach wissen. Doch noch ehe der Weiße antworten konnte, begann die Erde zu beben. Ein tiefes Grollen und Donnern erfüllte stetig die Luft und Blitze zuckten über den mittlerweile dunklen Nachthimmel. „Osiris...“ hauchte Atemu ehrfürchtig und der Weiße blickte abwartend in den Himmel. Menschen riefen laut und panisch und schauten verängstigt in den Himmel. Selbst die Feinde stellten verwirrt ihre Angriffe ein. Nur der Dreiköpfige war blind vor Wut und wollte den Weißen mit samt dem Pharao angreifen. Er breitete seine Flügel aus und wollte sich auf die Beiden stürzen, als sich plötzlich ein riesiger langer Schlangenkörper aus dem Himmel zur Erde niederließ und direkt zwischen den Feinden und der Stadt auf der Erde landete. Azurblaue Augen funkelten wütend den Dreiköpfigen an. „Weiche zurück, du Unwürdiger!“ brüllte der rote Himmelsdrache. „Geh mir aus dem Weg, Schlange!“ keifte der Dreiköpfige wie von Sinnen. Da zuckte es in den Augen des Roten und das zweite, kleinere Maul, was über dem ersten, großen Maul lag öffnete sich gefährlich, während es gleißend hell aus diesem Maul nur so blitzte.

„Es ist genug!“ erklang eine leise, weiche Stimme und ein zartblauer zierlicher Stab wurde auf die Erde aufgesetzt, welche diese machtvoll erbeben ließ. Sanfte, türkisfarbene Augen blickten streng zu dem dreiköpfigen weißen Drachen, während eine schnelle Handbewegung mit einer weiß behandschuhten Hand die Attacke des roten Drachen im Keim erstickte. „Zieh dich zurück, Scharid!“ befahl die Stimme nun etwas energischer. Osiris wandte seinen Kopf und blickte zu dem Sprecher, der vor dem Weißen und Atemu stand. Die azurblauen Augen musterten prüfend und eiskalt die Gestalt. Der Sprecher war ein Jüngling gar, doch trug er lange, schneeweiße Haare, die je nach Lichteinfall silbergrau funkelten. Der Jüngling trug einen weißen breitkrempigen Hut mit einer blauen Schnalle, die einen ozeanblauen Edelstein einfasste. Außerdem trug der Jüngling ein silbernes Priestergewand mit ozeanblauen Mustern. Die ganze Gestalt wirkte grazil und zerbrechlich und dennoch strahlte sie enorme Macht und Stärke aus. Der Himmelsdrache verzog süffisant seine Lefzen. Die türkisfarbenen Augen waren so unendlich alt und weise. Sie hatten Galaxien und Götter sterben sehen! „Der Schweigsame...“ brummte Osiris. Der schweigsame Magier ignorierte den Himmelsdrachen und trat nun mit festen Schritten auf den Dreiköpfigen zu. „Ich wiederhole es nur einmal! Zieh dich mit deinem Heer zurück, Scharid!“ Und der Magier hob drohend seinen Stab, als er vor dem Drachen stehen blieb. Der Dreiköpfige wich automatisch respektvoll mehrere Schritte zurück. Was machte der Schweigsame hier?! Er wusste, er hatte keine Chance, wenn der Schweigsame jetzt hier eingreifen würde. Also befahl der dreiköpfige Drache zähneknirschend den Rückzug. Die pechschwarzen Augen des Drachen waren wieder eisblau.

Langsam lösten sich die Reihen des Feindes auf und es war Mitternacht, als auch der Letzte der feindlichen Armee verschwunden war. Da endlich wandte sich der Magier zu dem Pharao, der noch immer auf dem Boden kniete, gestützt vom Weißen. Unglaube und Verwirrung stand in dessen Augen geschrieben. Dann ließ der Magier sein Blick über die Stadtmauern gleiten. Jubelnde Frauen und Kinder waren zu sehen. Die Stadttore wurden aufgerissen und die Menschen strömten raus, um sich zu bedanken, doch als Osiris seinen riesigen Schädel hob, um sich die Menschen anzuschauen, blieben alle abrupt stehen. Sie hatten Angst, dass der Drache angreift. Mühsam zwang sich Atemu auf die Beine. „Keine Angst! Osiris hat das Wesen eines verspielten Kätzchens...“ versuchte er die Menschen zu beruhigen. Dies ließen sich besonders die Kinder nicht zweimal sagen und steuerten neugierig auf den roten Riesen zu. Nun blickte der Magier wieder zu dem Pharao. „Erlaube mir die Frage, warum du so närrisch warst und dich ohne deine Gefährten hier in den Kampf gestürzt hast?“ Die Stimme war nun eiskalt und messerscharf. Atemu zuckte zusammen und musterte den Magier noch intensiver. Dieser Magier war kleiner als er selbst und wirkte wie ein Kind und dennoch... „Ich hab nicht nachgedacht. Ich wollte nicht, dass noch mehr Menschen getötet werden.“ Der Schweigsame wandte sich Kopfschüttelnd ab. „Noch ein Kind und will Pharao sein!“ murmelte er laut. Natürlich hörte dies Atemu und er zog seine Stirn kraus. „Kind? Du bist selber noch ein Kind! Also...“ Atemu wurde durch ein unterdrücktes Lachen unterbrochen, dabei entging ihm wie sich der Magier wieder blitzschnell zu dem Pharao drehte und ihn mit Augen der Unendlichkeit scharf musterte. Schnell hatte Atemu denjenigen gefunden, der verzweifelt versuchte sein Lachen zu unterdrücken. Es war der Zauberer der dunklen Magie. Selbst der Chaosmagier hatte ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen. „Was ist so lustig?“ fragte der Pharao misstrauisch. „Der Schweigsame ist unendlich alt und war noch nie größer. Unterschätze ihn nicht! Er ist der gefährlichste und mächtigste Magier, den es gibt.“ Meinte der Zauberer. Atemu blickte wieder zu dem Schweigsamen und erstarrte, als er in dessen Augen blickte. „Pharao...“ grollte die Stimme des Magiers wie ferner Donner bedrohlich. „Multipliziere Jahrtausende mit Äonen! Dies Potenziere mit der Unendlichkeit! – Und du hast annähernd eine vage Ahnung... WER ich bin...“ Atemu erbleichte. „Sei nicht so voreilig mit deinem Urteil! – Nun lass uns zu deinen Gefährten gehen. Wir haben viel zu besprechen!“

Licht und Schatten

Licht und Schatten
 

Wie ein Lauffeuer raste die Kunde übers Land, dass dem Heer Fürst Astaroths Einhalt geboten worden war. Jubel, Hoffnung und Enthusiasmus frohlockte aus jedem noch so kleinem Lebewesen. Sowohl Subaru als auch die Vertreter der einzelnen Länder hatten getobt vor Wut, als sie entdeckt hatten, dass Atemu einfach verschwunden war. Doch als auch bei ihnen die Kunde ankam, wurde schnell beschlossen, dass sie sich auf den Weg machten, um an den Grenzen den Feind nach und nach zurückzudrängen und Stück für Stück die eroberten und besetzten Ländereien und Städte zurück zu gewinnen. Um das Drachenheer brauchte man sich ab sofort keine allzu großen Sorgen zu machen, denn es war gewiss, das Atemu den Drachen nach setzen und diese nicht zur Ruhe kommen lassen würde. So kam es, dass Atemu eine leere Residenz vorfand, als er am späten Nachmittag wieder bei seinen Gefährten eintraf.

In dem kleinen Speisesaal saßen drei Edelleute am gedeckten Tisch, während ein graziler Magier mit dem Rücken an die Wand gelehnt stand und wie abwesend aus dem Fenster zu seiner rechten schaute. Seine Arme hatte der Magier vor der Brust verschränkt. Er hatte soeben seinen Bericht, wie er Atemu vorgefunden hatte, beendet. Zar Alexander griff zu seinem Weinbecher und nahm nachdenklich einen Schluck. Anthony starrte auf seinen Teller und stocherte mit der Gabel im Essen. Der Appetit war ihm vergangen! „Also war Yugi nicht bei den Truppen...“ murmelte da Subaru nachdenklich. „Was merkwürdig ist, da er doch der Drachenfürst ist und eigentlich bis jetzt immer an der Spitze mit geritten war...“ nickte Alexander. „Und was ist nun zu tun? Atemu wird alles dran setzen, seinen kleinen Dieb zu finden!“ stellte Anthony fest. Der Zar drehte seinen Weinbecher in der Hand. „Es ist die Frage, wie wollen wir an Yugi ran kommen? Die Drachen werden nur ihm gehorchen und niemanden an ihren Fürsten ran lassen. – Man kann die Drachen nur mit Magiern in Schach halten...“ und da blickte Alexander zu dem Magier. „Wärst du bereit, an Atemus Seite zu stehen?“ Der Schweigsame blickte den Zar mit hochgezogener Augenbraue direkt an. „Du beliebst zu Scherzen?“ Da musste Anthony lächeln. „Nein, die Frage ist unser Ernst. Shadee meinte, um die Drachen zu besiegen und Yugi zu Räson zu bringen, musst du an Atemus Seite stehen wie der Dreiköpfige an Yugis.“ Der Schweigsame blickte zwischen dem Russen, dem Spanier und dem Ägypter hin und her. Er sah die Hoffnung in den Augen der drei Männer. Er atmete tief durch. „Shadee hat das gesagt... Interessant. Da muss der Pharao ihn ja wirklich am Herzen liegen...“ leise schüttelte der Magier den Kopf. Er stieß sich von der Wand ab und trat an den Tisch. Dort fing er an mit seinen zierlichen, langfingrigen Händen aus Magie Drachen und Menschen zu formen und mit ihnen zu spielen, in dem er sie sich bewegen ließ. So suchte der Schweigsame seinen inneren Aufruhr zu beruhigen. „Das Problem ist, dass Scharid außer Kontrolle geraten ist. Der dreiköpfige weiße Drache mit den eisblauen Augen ist ein Wesen des Lichts. Die Lichtwesen sind bestrebt, rein zu bleiben. Daher suchen sie sich nur Gefährten, die eine reine Seele und ein ehrliches Herz haben. Allerdings ist Niemand vor den Dingen des Lebens gefeit, auch die Lichtwesen nicht. Sie werden immer und immer wieder mit der Dunkelheit in Form von Lug, Trug, Hass, Wut, Schmerz und Verrat konfrontiert. In der Regel stellt es kein Problem dar. Nur wenn zu viel dieser Gefühle auf einmal auf die Wesen einströmen, dann verändern sie sich. Sie werden dunkel. Wenn sie sich verdunkeln, verlieren sie nach und nach ihren klaren Verstand und ihre Vernunft. – Ich weiß nicht, was man mit diesen Yugi gemacht hat und was genau Scharid gesehen hat, aber er ist in Raserei und nicht mehr klar bei Verstand. Seine Seele, die eisblauen Augen, war tief schwarz, als ich ihn gesehen habe. Sie waren dann wieder kurzzeitig eisblau, aber es ist die Frage, für wie lange.

Auch ich bin ein Wesen des Lichts und ich weiß, dass ich nicht unendlich geduldig bin. Ich möchte mich nicht in der Dunkelheit verlieren. Deshalb werde ich auch nicht an der Seite des Pharaos stehen. Denn wenn ich dies täte, würde ich auch mit seiner Seele verbunden sein. Ich würde sein Leid und seinen Schmerz spüren und teilen. Und wer sagt mir, dass er sich in jeglicher Situation beherrschen kann und die Dunkelheit in seiner Seele nicht zulassen wird?“ Bedrücktes Schweigen war die Antwort.

Da trat Atemu in den Saal und alle blickten auf. Er grüßte kurz mit einem Nicken die Runde und trat zielstrebig auf den Schweigsamen zu. Kurz vor dem Magier blieb er stehen und blickte auf diesen hinab. „Ich danke dir für deine Hilfe und dass du durch dein Einschreiten Blutvergießen verhindert hast. Danke!“ Der Magier blickte leicht irritiert zum Pharao auf. Dieser meinte seinen Dank wirklich ernst! „Das Blutvergießen habe ich aufgeschoben, nicht verhindert...“ meinte er ruhig. Ein trauriges Lächeln Atemus war die Antwort. „Ich weiß.“ Dann drehte sich der Pharao zum reichlich gedeckten Tisch, ignorierte seine drei Gefährten geflissentlich und griff nach einem Becher Wein. Fieberhaft suchte er nach den richtigen Worten. Tief atmete er schließlich ein und drehte sich wieder dem Magier zu. „Ich habe eine Bitte...“ begann er leise; fast schüchtern. Die Augen des Magiers verengten sich leicht. Er ahnte, was nun kommen würde. „Was ist dein Begehr?“ fragte der Schweigsame wider besseres Wissen. Atemu nahm einen Schluck Wein und blickte anschließend fest in die Augen des Magiers. „Der Drachenfürst ist Yugi, mein kleiner Dieb. Ich liebe ihn und ich möchte ihn aus den Fängen dieses Astaroths befreien. Ich will ihn nach Hause – zu mir bringen! Um gegen die Armee der Drachen anzukommen – und zwar, wenn möglich, mit so wenig wie möglich mit Blutvergießen -, benötige ich die Hilfe der Magier. Nur habe ich nicht die Zeit, jeden einzelnen Magier um Hilfe zu bitten. Denn da würde Yugi endgültig sterben. Shadee meinte, dass mit dir an meiner Seite, mir die Magier folgen würden. Daher bitte ich dich ergebenst, hilf mir!“ Atemu hatte, während er sprach, sein Haupt gesenkt und auch seine Augen demütig niedergeschlagen. Dem Magier war es nicht geheuer. Noch nie hatte er so viel Ergriffenheit einem menschlichen Wesen gegenüber empfunden... zu mindestens nicht mehr seit der Liebe Scharids zu seinem Pharao. Alles in ihm schrie danach, Atemu zu helfen. Doch sein Verstand, die Erfahrungen der unzähligen Jahrtausende rieten ihn, nicht zu helfen. Er hatte den Dreiköpfigen gesehen. Ein Wesen des Lichts, was tief schwarz und voller Hass und Mordgier war. „Bitte verzeih, Pharao! Aber ich möchte nicht so enden wie Scharid. Du bist nicht in der Lage, dich zu beherrschen. Deine Gefühle zu kontrollieren – ganz besonders deinen Hass und deine Wut! Ich werde dir nicht helfen!“ erklang die harte und endgültige Stimme des schweigsamen Magiers. Atemu fühlte sich wie vor dem Kopf geschlagen. Vor seinem inneren Auge geriet die Rettung Yugis so eben aus der Reichweite...
 

Seit der Absage des schweigsamen Magiers waren an die sechs Wochen vergangen. Atemu hatte das Thema „Yugi“ seit dem nie wieder in den Mund genommen. Er versprach, an der Seite des Zaren und den anderen Fürstenhäuser gegen das spanische Königshaus in den Kampf zu ziehen. So teilten sich die vier Freunde (Subaru war mittlerweile mehr ein Freund als ein Untergebener für Atemu geworden) auf und jeder gesellte sich zu einem Heer, um mit Rat und Tat zu helfen. Atemu jedoch war durch seine Magier und Osiris prädestiniert dazu, sich auf die Fersen des Drachenheeres zu setzen. Nur die 300 Soldaten, die er aus Ägypten mitgenommen hatte, duldete er an seiner Seite, da diese auch Magier und Drachen beherrschten und bereits Erfahrung in solchen Kämpfen hatten.

So kam es, dass man durch eine Art Viel-Fronten-Krieg, das feindliche Heer Stück für Stück zurückdrängte – bis an die westliche deutsch-französische Grenze. Dort stoppte die Rückwärtsbewegung abrupt. Das Drachenheer hatte sich gesammelt. Aus Spanien wurden sämtliche Drachen an die Front gerufen und, als man die Drachen angreifen wollte, prallten sämtliche Angriffe an einer unsichtbaren Barriere ab. In dieser Konfrontation steckten die Truppen des Zaren und seine Verbündeten das erste Mal sehr schwere Verluste ein. Die Fronten waren verhärtet und der Zar rief zu einem Kriegsrat in der späten Nacht.

Bedrücktes Schweigen herrschte in dem großen Kriegszelt. Viele der Kriegsherren sind im Kampf gefallen. Um den großen runden Tisch, auf dem eine Anzahl an Landkarten lag, standen nur noch eine Handvoll an Kriegsherren, unter ihnen auch der Zar, Anthony und Subaru. Über allen Karten lag eine Große, auf der die momentane Situation der Heere eingezeichnet war. Alexander starrte gerade auf die Heeresgrenzen. „Yugi ist nun zu dem Heer gestoßen. Ein jeder von euch hat es erlebt, dass wir den Drachen nichts antun konnten, während diese unter uns wüteten...“ begann Subaru leise. Er trug seinen rechten Arm in einer Armschlinge verbunden. Wilhelm, der deutsche König, klopfte mit einem Knöchel auf die Stelle an der Karte, wo sein Heer bis auf 200 Soldaten dezimiert wurden war. „Haben wir eine Möglichkeit, diese Drachen zu besiegen?“ fragte er nachdenklich. „Atemu... Er beherrscht mächtige Wesen, welche die Drachen ohne Probleme vernichten können. Außerdem kann er sich mit seinem Magier vereinigen und somit die Bannkreise des Drachenfürsten zerstören!“ antwortete Anthony. „Ist nur die Frage, ob er bereit ist, an der Front direkt gegen Yugi anzutreten. Es wird ein Gemetzel werden!“ meinte Alexander. Tiefes Schweigen folgte und alle starrten wie gebannt auf die Karte. In diesen Moment betrat Atemu das Zelt. Er war müde und fühlte sich zerschlagen. Auch er hatte es zu spüren bekommen, dass plötzlich Yugi zu dem Drachenheer gestoßen war und diese nun gegen alle Angriffe geschützt waren. Er hatte sich mit seinem Zauberer der dunklen Magie vereinigt gehabt und war weit über seine Grenzen gegangen, um sein Heer sicher den Rückzug zu ermöglichen.

„Yugi...“ setzte Subaru an, doch schnitt ihm der Pharao mit einer müden aber bestimmten Handbewegung die Worte ab. „Wie viele Verluste?“ wollte er leise wissen. Schweigen. Atemu blickte jeden Einzelnen an und seufzte einmal tief. „Ja... ich habe es gemerkt, dass Yugi nun bei den Drachen ist. Soll ich nun Luftsprünge machen? Bitte verzeiht, aber ich habe in den letzten Wochen zu viel Leid gesehen, als dass ich mich nun darüber freuen kann, wo ich weiß, dass mein kleiner Dieb dafür verantwortlich ist. – Also wie viele Verluste?“ Atemus Stimme war müde und unendlich traurig. Seine Augen brannten vor unterdrückter Wut. Alexander schluckte schwer, als er den Pharao sah. „Die hier Anwesenden sind die einzigen, die diese Konfrontation überlebt haben. Einige Heere sind vollständig ausgelöscht oder so schwerverletzt, dass sie kampfuntauglich sind. Wilhelm zum Beispiel hat nur noch 200 Mann.“ Atemu nickte und blickte auf die Karte. Seine Augen starrten lange auf die eingezeichneten Heere. „Subaru?“ fragte er wie abwesend. „Ich komme noch auf 500 Mann. Ich habe außerdem an die 150 Mann von Ferdinands Truppen retten können. Ferdinand ist gefallen.“ Atemu nickte. „Anthony?“ – „Willst du das wirklich wissen?“ Atemu blickte fragend auf. „Von meinen Leuten ist kein einziger übrig. Alle sind sie gefallen. Ich habe insgesamt an die 350 Soldaten bei der Flucht aufgesammelt, die aus dem polnischen, ungarischen, dänischen und italienischen Heer stammen.“ Atemus Augen wurden immer finsterer. Dann fiel sein Blick auf Henry, König von England. „Und?“ – „Von meinem Heer sind noch etwas über 500 Mann übrig. Ich erwarte aber minütlich eine Verstärkung von an die 1000 Mann.“ Der Pharao knirschte mit den Zähnen und starrte wieder auf die Karte. „Luis?“ Der Franzose biss sich kurz auf die Lippen, bevor er antwortete. „350 Mann...“ – „Alexander?“ – „Ich komme auf 800 Mann.“ Atemu atmete tief durch, als er für einen Moment die Augen schloss. „Ich konnte meine 300 Mann schützen... Also kommen wir auf etwas über 4000... – Lachhaft! Drachenfutter ist das...“ lachte Atemu bitter auf, als er seine Augen wieder öffnete. Plötzlich stutzte er, als er eine helle Gestalt sah, die sich dem Tisch näherte. „Was hast du hier zu suchen?“ zischte der Pharao feindselig. Anthony blickte rüber zum Schweigsamen. „Atemu bitte... Er hat uns bei der Versorgung der Verletzten geholfen...“ versuchte der Spanier zu beschwichtigen. „Lass gut sein...“ erklang die sanfte Stimme des Magiers. „Du nimmst es mir noch immer übel, dass ich dir meine Hilfe verweigert habe?“ wandte sich der schweigsame Magier an den Pharao. Atemus Augen verengten sich leicht und er hatte alle Mühe, nicht vor dem Magier auszuspeien. „Geh mir einfach nur aus den Augen... sonst könnte es passieren, dass einer meiner Angriffe dich trifft.“ Entsetztes Schweigen lag nun über der Gruppe. Alle Männer blickten ängstlich zu dem Magier, dessen Augen eiskalt und knallhart wurden. „Du drohst mir, Pharao?“ Atemu hob süffisant eine Augenbraue. „Sollte ich Angst haben?“ – „Es steht mir nicht zu, über dich zu urteilen, Pharao! Doch würde es mich interessieren, wie du dich entscheidest?“ Da tauchte der Chaosmagier aus dem Nichts auf und meldete sich leicht amüsiert zu Wort. „Atemu, du bist nicht mehr bei Sinnen, dass du den Schweigsamen drohst...“ Atemu blickte zu dem Chaosmagier und verdrehte leicht genervt seine Augen. „Du wirst sehen, wie ich mich entscheide, Schweigsamer. – Ich bitte dich nur, weiterhin ein Auge auf meine Freunde zu haben.“ Mit diesen Worten trat der Pharao aus dem Zelt, gefolgt von den Kriegsherren und dem hellen Magier.

Atemu trat auf den Platz, der mittig im Zeltlager war und auf dem das große Kriegszelt stand. „Du musst schlafen...“ murmelte der Zauberer der dunklen Magie leise, als er an den Pharao trat. „Ich weiß...“ murmelte Atemu unendlich erschöpft. „Kannst du ihm einen Boten schicken?“ Der Magier blickte in das Gesicht des Pharaos. Tränen rannen still und unaufhaltsam. „Welche Worte soll der Bote überbringen?“ Atemu atmete tief durch. „Mit feuchten Augen suche ich, was vor langer Zeit mein zu Hause war. Mein Gott, sag mir, warum bestrafst du mich...“ Der Magier nickte leicht mit zusammengekniffenen Lippen, als er einen kleinen Feuervogel mit dieser Nachricht in den weiten Nachthimmel entließ.

Dann blickte Atemu einfach nur in die Weite. „Osiris?“ rief er leise. Ein langer roter Schlangenkörper näherte sich leise dem Pharao. Ein mächtiger Schädel legte sich neben Atemu auf den Boden. „Was möchtest du?“ fragte die schnurrende Stimme. „Ich brauche eure Hilfe!“ Die azurblauen Augen blitzten auf und der Drache erhob sich. „Dir ist bewusst, was du entfesselst?“ die Stimme des Drachen war auf einmal wie verändert. Sie war hart, lauernd und emotionslos. „So lange wie ihr nur die Feinde angreift, ist es mir egal... Nur Yugi gehört mir!“ – „Es lässt sich vielleicht nicht verhindern, dass er dazwischen gerät...“ – „Das ist mir bewusst... Doch bitte ich euch, nur wenn es nicht zu ändern ist, ihn zu attackieren!“ Da schmunzelte der Rote. „Es würde dich zerreißen, wenn ein anderer als du ihn verletzen oder gar töten würde...“ – „Das Volk geht vor!“ war die Antwort. „So rufe die anderen Beiden!“ und der rote Drache bäumte sich auf, brüllte angriffslustig und erhob sich mit Blitz und Donner in den Nachthimmel!

„Obelisk, du großer Kriegsgott und du, geflügelter Sonnendrache des Ra... Ich, Atemu, Sohn Aknamkanons, Pharao über gesamt Ägypten, verbeuge mich in tiefer Demut und rufe euch um Hilfe!“ rief Atemu laut in den Nachthimmel und ging in die Knie, um seine Stirn in den Dreck zu betten. Eine gespenstische Stille folgte und ein jeder hielt gebannt den Atem an. Selbst der Schweigsame machte sich automatisch noch größer. Noch nie hatte er es erlebt, was Atemu da verlangte. Die ägyptischen Göttermonster sollten für ein fremdes Volk in die Schlacht ziehen. Die Nacht schien dunkler zu werden. Doch nichts regte sich. Noch nicht mal ein Windhauch. Da flog leise der große weiße Drache, der von Anfang an der Begleiter des Pharaos war, seit er bei Alexander angekommen war, zu Atemu und landete sanft hinter diesem, um seinen Rücken zu stärken. Der Kopf lauschend und die Flügel leicht gespannt, stand er wartend da. Kein Mucks war zu hören, keine Grille zirpte. Und da... plötzlich ertönte ein tiefes Grollen, einem fernem Donnern gleich. Die Erde schien zu Beben, Blitze zuckten durch die Nacht. Die Schatten wurden dunkler, ein stürmischer Wind kam auf und plötzlich verschwand all dies mit einem Schlag. Ein goldener Drache, der stark an einem Greif erinnerte, sank langsam vom Himmel auf den Boden. Vor Atemu blieb er stehen. Seine goldroten Augen blickten sich interessiert um, bis er den Rücken des vor ihm im Staub knienden Menschen lange musterte. „Sei gegrüßt, o Pharao. Erhebe dich! Einem König steht es nicht, im Dreck zu liegen!“ ertönte die tiefe melodische Stimme des Drachen. Atemu erhob sich langsam und blickte unendlich müde zu dem Drachen auf. Da dröhnte es hinter ihm und mit einem fast schon brutalen Rumps landete krachend Obelisk auf der Erde. „Ich soll dir die besten Grüße von Seto übermitteln!“ brummte die metallene Stimme des blauen Riesen. Dankbar seufzte Atemu auf. „Ihr kämpft für mich? Kämpft an meiner Seite?“ fragte der Pharao leicht ängstlich. Ein spöttisches Lächeln umspielte die Lippen der Göttermonster. „Dein Wille ist unser Befehl!“ erklang das kräftige Schnurren des roten Himmeldrachen, als er über den Dreien schwebte. „Habt tausend Dank!“ seufzte der Pharao erleichtert auf und sank unter Tränen wieder in die Knie. Er wusste, mit den Göttermonstern an seiner Seite, würde es ein Gemetzel werden!

Jaoon Kahan (Wohin soll ich nun gehen?)

Jaoon Kahan (Wohin soll ich nun gehen?)
 

„Mit feuchten Augen suche ich,

was vor langer Zeit mein zu Hause war.

Mein Gott, sag mir, warum bestrafst du mich?“
 

Violette Augen öffneten sich langsam, als der Botenvogel diese Worte überbrachte. Tränen bildeten sich in den leeren Augen. Warum waren ihm diese Worte so vertraut? Warum schien es, als ob sie eine Botschaft, eine Nachricht beinhalteten? Warum wurde sein Herz so warm? Warum rebellierte sein Verstand? Leicht schüttelte er seinen Kopf. Ein Name brannte sich in seine Gedanken ein! „Faisal!“ Langsam erhob er sich und die Ketten, die er trug, rasselten. Sein Blick ging aus dem Käfig, in dem er eingesperrt war, und gen Himmel. Der Himmel weinte. „Hol mich hier raus...“ flehte er wieder verzweifelt seinen Drachen an, der vor dem Käfig lag. Und wieder schüttelte dieser leise den Kopf, wie so oft. Er war machtlos und konnte den Kleinen nicht befreien. Dann ging Yugis Blick wieder zu dem Botenvogel und er musste leicht lächeln... Tief in seinem Herzen machte sich Hoffnung breit und er wusste nicht warum und auf was! „Faisal...“ raunte er leise den Namen wie einen utopischen Traum.
 

„Hab alle Beziehungen zerbrochen,

alle Erinnerungen hinter mir gelassen.

Nur die Trauer bleibt mir noch.

Wohin soll ich nun gehen?“
 

Die Sonne ging auf und Atemu trat frisch gestärkt aus seinem Zelt. Tau benetzte das Gras, Vögel zwitscherten und der Himmel war klar. Keine Wolke trübte das Firmament. Der Pharao atmete tief durch. Mit schnellen, kräftigen Schritten verließ er das Lager und wanderte ein Stück in die Ebene – gefolgt von drei Magiern. Atemu sank in die Knie und begann zu beten. Er betete für die Gefallenen, für das Heil seiner Soldaten, für eine erfolgreiche Schlacht und dass er endlich seinen kleinen Dieb gegenüber stehen würde. Er betete für Kraft, dieser Begegnung stand zu halten. Er betete für die Weisheit, im richtigen Moment das Richtige zu tun.

Atemu lag lange auf den Knien, als sich der Zar näherte. „Atemu... Lass uns sammeln. – Ich will es hinter mich bringen!“ Atemu erhob sich und blickte zu Alexander. Er nickte verständnisvoll und gemeinsam gingen sie wieder ins Lager. Als sie an den drei Magiern vorbei wollten, trat der Zauberer der dunklen Magie ihnen in den Weg. „Atemu... Der Vogel ist mit einer Antwort zurück.“ Atemu stutzte. Dann ließ der Magier seinen Vogel vor Atemu auftauchen. „Faisal...“ flehte die Stimme. Der Pharao wich entsetzt einen Schritt zurück. „Yugi...“ atmete er schwer. „Wir müssen ihn retten!“ Der Magier neigte sein Haupt. „Es wird sehr gefährlich werden. Du musst bereit sein, alles zu setzen!“ Atemu nickte. „Du meinst das Spiel der Seelen?“ Der Magier nickte. „Wenn wir uns vereinigen, musst du dich mir sofort unterwerfen, wenn ich es verlange! Wir spielen ein gefährliches Spiel, um deinen Dieb zu retten!“ – „Ich werde alles einsetzen!“ Ein Lächeln huschte über die Lippen des Magiers als Antwort. Dann gingen der Pharao und der Zar weiter ins Lager, wo sie von den übrigen Kriegsherren empfangen wurden. Atemu wollte so eben auf sein Pferd steigen, als plötzlich der riesige weiße Drache mit den eisblauen Augen zwischen den Kriegsherren landete. „Erlaube mir, dich in die Schlacht zu tragen.“ bat er leise. Atemu hielt in seiner Bewegung inne und starrte verblüfft in die blauen Augen. „Es wäre mir eine Ehre...“ murmelte er überrumpelt. Der Drache grinste breit und legte sich lang, damit der Pharao aufsitzen konnte. Amüsiert blitzten die Augen des schweigsamen Magiers auf, als er das Schauspiel gesehen hatte. „Pharao, ich werde deinem Wunsch nicht entsprechen und an deiner Seite stehen. Dennoch werde ich deiner Bitte nachkommen und deinen Freunden bei stehen. Bitte nehme meinen Segen an!“ erklang die melodische Stimme sanft und warm. Atemus Kopf ruckte zu dem Magier rum, der leicht hinter ihm stand. Und noch ehe er was erwidern konnte, hatte der Magier seine beiden zierlichen Hände mit den grazilen Fingern gegen den Pharao und den Drachen erhoben. Die Hände schienen nach etwas zu greifen und dann es an den Pharao und den Drachen zu stecken. Fasziniert beobachteten alle Anwesenden die rhythmischen Bewegungen der Hände, während der Körper des Magiers wie verträumt sich hin und her wiegte. Nach und nach formte sich eine leichte, aus Titanium bestehende, goldene Rüstung um den weißen Drachen. Seine Brust war geschützt, seine empfindlichen Klauen wurden verstärkt und ein Panzer schützte seinen Schädel. Auch die Flügel trugen einen leichten, aber stabilen Schutz über den Flughäuten. Der Pharao trug ein schneeweißes Gewand, mit einem goldenen Umhang. Eine leichte, goldene Rüstung schützte seine Brust, seine Schienbeine, seine Unterarme und seine Schultern. Er trug sämtliche Abzeichen des Pharaos. Mensch und Drache blitzten nur so in der Sonne durch das ganze Gold. Nur Atemus Hände trugen schwarze Lederhandschuhe.

„Danke...“ murmelte der Pharao fassungslos. Dann gab er das Signal und der Weiße erhob sich in den Himmel. Atemu flog zu dem Heer, was sich auf der Ebene sammelte und kreiste über den Truppen, bis alle anwesend waren. Ein Zeichen des Zaren und Atemu flog mit seinen weißen Drachen los, gefolgt von dem Fußvolk und flankiert von seinen drei Göttermonstern.
 

„Hab alle Beziehungen zerbrochen,

alle Erinnerungen hinter mir gelassen.

Nur die Trauer bleibt mir noch.

Wohin soll ich nun gehen?“
 

Die Sonne ging auf, als das Schloss im Käfig knackte. Yugi blickte auf. Ein Soldat öffnete die Käfigtür und befreite den Kleinen von den schweren Ketten. Yugi trat aus dem Käfig und ging langsamen Schrittes zur Lagermitte, wo es was zu essen gab. Astaroth blickte von seinem Essen auf, als er den Kleinen sah. Dieser war irgendwie anders, als sonst. Gefährlicher, kälter, entschlossener. Ein diabolisches Grinsen umspielte seine Lippen. Yugi würde mit seinen Drachen alles vernichten! Der Sieg war heute gewiss. Während Yugi aß, wurde er angekleidet. Er trug eine tiefschwarze Lederkleidung, mit einem silbernen Umhang. Er trug nur einen leichten Brustpanzer und seine Unterarme waren geschützt. Mehr durfte er nicht tragen, weil dies seinen Wirkungskreis einschränken würde, wenn er seine Bannkreise um die Drachen ziehen würde.

Als Yugi angekleidet war und gegessen hatte, ging er zu den Drachen. Er spürte die Wut und den Hass. Seit er diese Wesen zwang in einen Krieg zu ziehen und zu kämpfen, war seine Lebensversicherung die Tatsache, dass er der Drachenfürst war und sein dreiköpfiger Drachen. Jeder Mensch, der es wagte, in die Nähe dieser Wesen zu kommen wurde getötet, zerfleischt, zerfetzt. Vor jedem Drachen blieb er stehen und legte seine Hand auf deren Stirn. Er bat in Gedanken um Verzeihung und beschwor sie ohne Gnade zu sein. Yugi hinterließ Staunen bei den Drachen, denn noch nie hatte er um Verzeihung gebeten. Noch nie schwang etwas Sanftes und so kindlich Naives in der Berührung mit. Und noch nie hatten sie den Namen „Faisal“ in Yugis Gedanken vernommen. Sie alle spürten, der bevorstehende Kampf würde entscheidend sein.

Zum Schluss trat der kleine Dieb zu seinen dreiköpfigen Drachen. „Ich hoffe, dass dies der letzte Kampf sein wird...“ murmelte Yugi, als er seinem Drachen den Brustpanzer, ganz aus Silber, anlegte. „Solche Worte aus deinem Mund?“ fragte der Dreiköpfige leicht verwirrt, als er seine drei Köpfe neigte, damit Yugi ihnen die Kopfrüstung anlegen konnte. Ein warmes Lächeln umspielte Yugis Lippen. „Ich habe die Nacht eine Nachricht erhalten, dass heute etwas Schwerwiegendes passieren wird.“ – „Von wem?“- „Es war ein kleiner Feuervogel. Ich glaube er war von Faisal...“ Der Drache blickte abrupt zu Yugi und spürte die Wärme und zaghafte Hoffnung in dessen Herzen. Langsam wurden die schwarzen Augen des Drachen wieder eisblau. Ungläubig funkelten die Augen. „Lass uns aufbrechen!“ raunte Yugi und schwang sich auf den Rücken des Drachen.

Auf den Befehl Astaroths brach Yugi auf, gefolgt von seinem Drachenheer. Astaroths Fußvolk folgte dicht.
 

„Oh Herr...“
 

Die Sonne stand hoch im Zenit, als Atemu leicht stutzte. Ihm war so, als ob vor ihm etwas geflimmert hätte. Leicht runzelte er die Stirn und ließ seinen Weißen kreisen. Schnell blickte er sich um. Er kreiste über einem Felsenplateau, was bis zum Horizont flach und eben war. Keine Versteckmöglichkeiten waren zu sehen. Wenn der Zusammenprall hier erfolgen würde, würde es ein brutaler Kampf Mann gegen Mann werden. Nervös kaute sich der Pharao auf die Lippen. Dieses Flimmern war am Boden normal, wenn die Luft erhitzt war, aber in der Luft? „Was ist los?“ erklang da die Stimme Subarus in Atemus Kopf. Dieser zuckte leicht zusammen und blickte vorwurfsvoll zu seinem Weißen. Hatte er wohl die Gedanken untereinander vernetzt. Dieser zuckte nur unschuldig mit seinen Schultern. Subaru war mit dem Heer noch einige Meilen entfernt, dennoch war ihm aufgefallen, dass Atemu kreiste. Der Pharao blickte wieder vor sich und wieder war ihm so, als ob da was flimmerte. „Ich glaub, wir haben die Feinde direkt vor uns...“ murmelte Atemu wie abwesend und er wurde leicht blass. „ Macht euch zum Kampf bereit!“ Dies war das Zeichen, dass die Magier einen beweglichen Bannkreis um das Heer zogen, der zu mindestens einer Angriffswelle der Drachen stand halten würde.

„Osiris...“ flüsterte Atemu leise, als der Rote auch schon sein zweites kleineres Maul öffnete und einen grellen Lichtstrahl direkt in die Ferne schoss. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen und Atemu wollte schon selber an sich zweifeln, als der Lichtstrahl auf eine Barriere traf. Der Strahl verteilte sich in alle Himmelsrichtung an der Barriere entlang und diese flimmerte, geriet in Bewegung wie Wasser und an einer Stelle, brach sie sogar fast zusammen und Atemu konnte das Drachenheer erkennen. „Bei Ra...“ entfuhr es dem Pharao entsetzt. Da war die Barriere auch schon wieder stabil, doch spürte er, dass sich das gegnerische Heer nun im rasenden Tempo näherte.

„Schützt das Heer! – Die Magier sollen einen Bannkreis gegen die Schatten errichten. Ich werde das Schattenreich rufen!“ rief Atemu energisch. „Du weißt, was du tust?“ fragte der Weiße. „Nein, ich weiß es nicht. Ich muss irgendwie seine Magie zerstören – und zwar so schnell wie möglich...“ Die Göttermonster zogen sich zurück und verteilten sich schützend an der Front des Heeres, während der Weiße scheinbar einsam und verlassen in der Luft schwebte. Auf seinem Rücken stand stolz erhobenen Hauptes der Pharao. Hinter ihm stand wie ein Schemen der Zauberer der dunklen Magie. „Du weißt, auf was du dich einlässt?“ raunte dieser furchteinflößend. „Ich vertraue dir.“ – „Dann unterwerfe dich mir!“ und mit diesen Worten zog der Magier einen Bannkreis. Ein glühend roter Kreis erschien unter dem weißen Drachen auf der Erde. In dem Kreis waren viele verschiedene Inschriften und ein Pentagramm durchzog den Kreis. Ein rotgoldener Lichtstrahl schoss plötzlich in den Himmel und der Magier und der Pharao verschmolzen miteinander. Zwei Gedanken wurden zu einem. Zwei Herzschläge wurden zu einem. Zwei Körper zu einem. Eine Seele unterwarf sich der anderen vollkommen und die Seelen verschmolzen miteinander.

Kaum hatte der Magier die komplette Kontrolle über Atemu gewonnen, beschwor er die tiefsten und dunkelsten Schatten. Die Urängste eines jedes Wesen griff nach den Herzen. Kälte, Trauer, Hass, Wut und blinde Panik verdunkelten die Sonne, bis nur noch eine phosphorzierende Dunkelheit herrschte, die an den Rändern der Barrieren Funken und kleine Blitze versprühte. Die Barrieren wurden durchsichtig und so konnten sich die feindlichen Heere nun in die Augen blicken.
 

„In meiner Welt war ich glücklich.

Warum nehmt ihr sie mir weg?“
 

Die Sonne stand hoch im Zenit, als Yugi stutzte. Er sah vor sich einen riesigen weißen Drachen mit eisblauen Augen, der fast genauso groß war, wie sein Dreiköpfiger. Auf diesem Drachen stand eine einzelne Person majestätisch da und blickte direkt in seine Richtung. Die Sonne spiegelte sich in der blanken goldenen Rüstung und ließ das Auge schmerzen. Leicht hinter dem Weißen schwebten drei riesige Monster, die Yugi noch nie gesehen hatte... bis auf den blauen Riesen! „Obelisk?“ entfuhr es dem Kleinen ungläubig und er selber erschrak, warum dieser Name ihm in den Sinn gekommen war. Während er so die Wesen vor sich musterte, drosselte er fast automatisch das Tempo. Etwas an diesem Bild kam ihn so merkwürdig vertraut vor und schien sich wie Balsam auf seine Seele zu legen. Der dreiköpfige Drache bemerkte die Veränderung in Yugis Seele und sein Blick glitt zu Atemu. Die eisblauen Augen wurden wärmer und Leben kehrte in ihnen zurück.

Da griff der riesige rote Drache neben dem Weißen an. Verblüfft, ja fast schon überheblich, blickte Yugi dem Angriff entgegen und keuchte scharf auf, als die Wucht des Lichtstrahls auf die Barriere krachte. Der Dreiköpfige taumelte leicht und Yugi musste all seine Kraft aufbringen, um die Barriere zu halten, gar zu regenerieren, denn direkt vor ihm, löste diese sich bereits auf! Noch nie war er einem Monster begegnet, was solche Kraft besaß! Yugi war schockiert und atmete erleichtert auf, als er die Barriere wieder stabilisieren konnte. „Voran!“ befahl da Yugi auch schon. Die Drachen setzten sich mit erhöhter Geschwindigkeit in Bewegung.

Misstrauisch beobachtete der Kleine, wie sich die drei riesigen Monster zurückzogen und entlang an der Front seines Gegners positionierten. Irgendwas ging auch auf den Rücken des weißen Drachen vor. Yugi verengte seine Augen, um sie dann entsetzt zu weiten, als ein riesiger Kreis unter dem weißen Drachen aufglühte und ein goldroter Lichtstrahl in den Himmel schoss. „STOPP!“ brüllte er den Befehl und die Drachen verharrten augenblicklich. Vor seinen Augen sah er, wie ein Magier und ein Mensch sich verschmolzen – und es erinnerte ihn vage an eine Situation vor einer gefühlten Ewigkeit...

„Vorsicht, Schatten!“ raunte da plötzlich der Dreiköpfige und Yugi schob alle Gedanken bei Seite. Er musste nun wach und bei klarem Verstand sein, wenn er seine Drachen nicht unnötig in den Tod schicken wollte! Schatten... Eigentlich waren sie keine Bedrohung für die Monster. Doch gab es Magier, welche die dunkelste und tiefste Schattenmagie beherrschten und die mit Abstand aggressivsten und gefährlichsten Schatten beschwören konnten. Wenn es die Monster nicht sofort tötete, so wurden sie nach und nach innerlich von den Schatten zerfressen. Und mit blankem Entsetzen stellte Yugi fest, dass genau dies hier der Fall war. Noch nie hatte er so eine tiefe Dunkelheit gesehen, die sogar magische Barrieren angriff, ja, regelrecht zerfraß! Mit einem Schlag standen sich die beiden Heere Aug in Aug gegenüber. Die Barrieren und Bannkreise waren durchsichtig geworden. Der Drachenfürst atmete schwer. „Greift an!“ befahl er laut und zu seinem Dreiköpfigen gewandt, rief er fast verzweifelt „Vernichte den Magier! Sonst sind die Drachen verloren!“ Der Drache nickte kurz und öffnete seine drei Mäuler zum Angriff, während sich Yugi nun in Trance versetzte, um die Schutzbarriere um die Drachen aufrecht zu erhalten.
 

„In meiner Welt war ich glücklich.

Warum nehmt ihr mir sie weg?“
 

„Er greift an...“ murmelte der Weiße leise. Der Magier spürte die Nervosität Atemus in sich. „Vertrau mir! Ich muss jetzt die absolute Kontrolle übernehmen, sonst können die Schatten außer Kontrolle geraten...“ Innerlich nickte Atemu verstehend. „Bitte beeile dich! Ich will nicht mit ansehen müssen wie Menschen und Monstern von den Schatten vernichtet werden!“ Der Magier nickte vor sich hin und legte eine Hand in den Nacken des Drachens. „Egal, was passiert, Du MUSST an Yugi ran!“

Und da griff das Drachenheer an. Mit lautem Brüllen und Getöse rasten die Drachen Atemus Heer zu. Der Schutzbann weitete sich aus. Als die ersten Drachen Feindkontakt hatten, ließen die Magier ihre Spiegelwand aus der Erde schießen und die Angriffe prallten brutal ab. Magieattacken wurden zurückgeworfen, die jedoch an der Schutzbarriere Yugis verpufften. Wenn Drachen mit ihren Körper versucht hatten anzugreifen, da prallten die zwei Schutzzauber aufeinander und die Drachen wurden zurückgeworfen. Mitten im Drachenheer standen die drei riesigen Göttermonster und griffen die Feinde an. Da der Schutzzauber Yugis durch die Göttermonster durchbrochen war, war jeder Drache nun in eine Art Schutzblase gehüllt. Die Attacken der Monster konnten ihnen zwar nichts antun, doch durch die Wucht des Aufpralles, wurden die Drachen zum Teil zurück und in die eigenen Reihen geschleudert. Für einen Moment entstand Chaos in den Reihen der Drachen.

Als die Drachen losrasten und der Dreiköpfige seine Mäuler öffnete, spannte sich der Körper des Weißen und mit kräftigen Flügelschlägen raste er zu Yugi. Als feindliche Drachen sich ihn in den Weg stellen wollten, holte er zu m Angriff aus, doch eine kurze hauchzarte Berührung vom Magier ließ ihn inne halten. Der Magier hüllte den Drachen in rotgoldenes Licht ein, und so pflügte der Weiße wie ein Boot durch das Wasser, durch die Drachen. Sie prallten alle zur Seite weg, auch der helle Lichtstrahl, den der Dreiköpfige abgeschossen hatte, zerstob an dem rotgoldenen Schutzschild. Verblüfft wich der dreiköpfige Drache zurück. Und im gleichen Moment war der Weiße ran und sein großes Maul verbiss sich in den Hals des mittleren Drachenkopfes, während er sich mit seinen Krallen am Körper des Dreiköpfigen festhielt. Die Zähne des Weißen bissen jedoch nicht direkt auf das Fleisch, denn der Schutzbann Yugis hielt den direkten Kontakt zurück, doch hatte der Weiße so viel Macht durch den Schutzschild des Magiers, dass er sich an den Drachen festhalten konnte. Wo die Schutzzauber aufeinandertrafen funkte, knisterte und blitzte es.

Der Magier hielt sich mit einer Hand am Weißen fest, während er die andere Hand hob und gegen Yugi ausstreckte. Eiskalte, über Leichen gehende Augen starrten in tödlich leere, die leicht anfingen zu flackern. Dem Dreiköpfigen wurde klar, was der Magier beabsichtigte und in wilder Panik bissen seine zwei Köpfe, die noch frei waren, links und rechts neben den Schädel des Weißen in die Flügel und versuchten diese dem Drachen aus dem Leib zu reißen. Mit blankem Entsetzen musste Atemu hilflos mit ansehen, wie der Magier all seine Magie bündelte und sie gegen Yugi abfeuerte. Yugi fing die Attacke ab und hielt mit all seiner Macht dagegen. Unaufhörlich murmelte der Magier Beschwörungsformeln und Bannsprüche. Yugi spürte, wie er immer mehr an Kraft verlor und ihm wurde auf einmal bewusst, dass er unterliegen würde. Panik erfasste ihn und ließ ihn für einen Moment unkonzentriert sein und dies nutzte der Magier eiskalt aus. Mit einem erneuten Energiestoß, durchbrach er Yugis Magie. Die Wucht des Aufpralls ließ diesen vom Rücken seines Drachens fallen.

In dem Moment, wie Yugis Magie durchbrochen war, fielen sämtliche Bannkreise und Schutzbarrieren zusammen. Die Zähne des Weißen drangen nun in das Fleisch des Dreiköpfigen. Schmerzgepeinigt schrie dieser auf und setzte alles daran, den Schutzschild des Magiers zu durchbrechen, um den Weißen zu zerfetzen. Der Magier selber sprang vom Weißen ab, um den Fall Yugis mit seiner Magie abzufangen und diesen auch sofort vor den Schatten zu schützen. Yugi kam auf dem Rücken zu liegen und der Magier blickte eiskalt in das Gesicht des Kleinen. „Bitte, lass uns wechseln...“ flehte da Atemu den Magier innerlich an. „Das würde den Bannzauber des Weißen vernichten.“ Gab der Magier zu bedenken. „Es ist ok.“ Kam der Gedankenblitz von dem Drachen. Und der Zauberer der dunklen Magie wechselte mit dem Pharao, in dem er nun seine Seele komplett der Seele des Pharaos unterwarf.
 

„Nun bleibt mir nur noch mein Leben.

Soll ich das auch aufgeben?“
 

Der kleine Dieb atmete tief durch, als er auf den Rücken lag. Beschämt hatte er seine Augen geschlossen, als er plötzlich die Worte des weißen Drachen vernahm. Es ist ok? Was soll ok sein? Fragte er sich gerade, als es plötzlich zu einem weithin schallenden, durch Mark und Bein gehenden Schmerzensschrei kam. Yugi riss seine Augen auf und starrte direkt über sich zu den beiden Drachen. Sie hatten sich in einander verbissen. Durch kräftige Flügelschläge versuchten sie sich gegenseitig zu Fall zu bringen. Schon lange hatte er keine Drachen mehr miteinander kämpfen sehen und er war schockiert über diese reine Brutalität dieser doch so sanften Riesen. Mit einem Satz sprang Yugi auf. „Aufhören!“ befahl er lautstark. Doch die Drachen reagierten nicht. Der eine, weil er nicht gehorchte und der andere, weil er verzweifelt sein Leben versuchte zu verteidigen. „Der Weiße wird nicht auf dich hören. Er hat mir Treue geschworen.“ Murmelte da Atemu leise. Yugi blickte zu dem Magier. Er kannte diese Stimme. „Wer bist du?“ fragte er. „Ich bin Atemu!“ antwortete der Pharao. Am liebsten hätte er sich wieder von seinem Magier getrennt, doch dann würde der Bannzauber fallen, der sein Heer vor den Schatten schützte. Gebannt blickte Atemu wieder in die Luft, wo die beiden Drachen versuchten, sich gegenseitig zu zerfetzen. „Er soll aufhören! Er soll meinen Drachen in Ruhe lassen!“ verlangte da Yugi herrisch. Atemu wandte seinen Blick von dem Schauspiel ab und Yugi zu. „Pfeifst du dein Drachenheer zurück?“ Yugi fletschte die Zähne. „Nein!“ – zu sehr hatte Yugi Angst davor, was Astaroth mit ihm machen würde, wenn er den Rückzug befehlen würde. Atemu nickte. „Dann sieh zu, was passiert!“

Die Kiefer des weißen Drachen übten, wie Schraubstöcke, immer mehr Druck auf den Hals des mittleren Kopfes aus. Der Drache verdrehte bei diesem Kopf schon seine Augen und Blut lief in dünnen Rinnsalen aus dem Maul. Die beiden anderen Köpfe versuchten verzweifelt die Flügel des Weißen auszureißen, damit dieser den mittleren Kopf los ließ. Doch der Weiße hatte alle seine Klauen durch den Brustpanzer in den Körper des Dreiköpfigen gebohrt, um sich besser festzuhalten. Blut floss in Strömen. Eingeweide wurden zerwühlt und zerfetzt. Doch keiner der Drachen dachte daran, von dem anderen abzulassen. Die Lebenskraft rann nur so aus den beiden mächtigen Körpern. Tiefes Stöhnen drang nur noch aus den Kehlen.

Yugi konnte nicht mehr mit zuschauen. Es sollte aufhören! Wenn alles vernichtet werden würde, nicht jedoch sein Dreiköpfiger! Er sammelte seine Kräfte und griff Atemu mit einer Magieattacke an. Der Zauberer der dunklen Magie spürte dies und ohne Vorwarnung übernahm er wieder die Kontrolle des Geistes und des Körpers. „Verzeih, Atemu...“ murmelte er leise. Er fing den Angriff Yugis ab und richtete diesen gegen den dreiköpfigen Drachen. Der Drache ließ von dem Weißen ab, bei dem Versuch sich in Sicherheit zu bringen. Als die zwei Mäuler von dem Weißen ließen, atmete dieser erleichtert auf und öffnete dabei unbewusst sein Maul soweit, dass der Dreiköpfige sich endgültig befreien konnte. Doch der Weiße setzte nicht nach, sondern fiel zur Erde. Seine Flügel versagten ihm den Dienst. Der Magier fing ihn auf. Mühsam landete der Dreiköpfige hinter Yugi und atmete schwer.
 

„Hab alle Beziehungen zerbrochen,

alle Erinnerungen hinter mir gelassen.

Nur die Trauer bleibt mir noch.

Wohin soll ich nun gehen?“
 

Schnell hatte sich das Chaos in den Reihen der Drachen gelegt und die Monster formierten sich zu einem neuen Angriff. Als sie wieder geschlossen angriffen, brach der Schutzbann von dem Drachenfürsten zusammen. Die Attacken der Göttermonster trafen mit voller Wucht ihre Ziele und vernichteten alles, was in deren Reichweite kam. Lange Gassen wurden in das Heer geschlagen. Die Schatten schlugen wie Wellen über die Drachen und verschlangen die Kleinsten und Schwächsten. Die Größten und Stärksten konnten sich aus den Schatten befreien und prallten erst einmal orientierungslos gegen den Schutzwall der Magier, der unter der Kraft der Angriffswelle zusammenbrach. Tote Drachen stürzten zwischen die Soldaten. Sofort sah jeder, dass die Drachen nun verwundbar waren und es wurde zum Gegenangriff gerufen. Die Soldaten setzten sich unter Alexander in Bewegung. Die Heere zogen sich in die Breite und verteilten sich immer mehr während der Kampfhandlungen, so dass es den Magiern immer schwieriger wurde, den Schutzzauber gegen die Schatten aufrecht zu erhalten. Die Drachen rissen in ihrer blinden Wut große Gassen in den Reihen der Soldaten, um dann selber von den Attacken der Göttermonster vernichtet zu werden.

Das Heer drängte die Drachen immer mehr zurück, da blieb die Bewegung plötzlich stehen. Astaroths Heer war eingetroffen und strebte unter dem Schutz der Drachen an die Front. „Vernichtet sie!“ brüllte der dunkle Fürst außer sich vor Wut und die Chaosmagier in seinen Rücken hoben ihre Zepter und schossen eine gemeinsame Attacke gegen Alexanders Heer. Die Magieattacken schlugen brutal in den Reihen an und forderten viele Opfer. Ein einziger gellender Schrei aus zig Kehlen raste durch die Luft. Der Schutzbann brach zusammen und die Schatten forderten ihre Opfer. Sie schlugen in hohen Wellen wie aus dem Nichts über alle menschliche Wesen zusammen. Zwei Magier versuchten vergeblich wieder einen neuen Schutzbann zu errichten. „Pharao...“ flog der verzweifelte Hilferuf des Schweigsamen durch die Reihen.

Atemu und Yugi starrten sich lange in die Augen; hatte der Magier wieder mit dem Pharao die Seele getauscht gehabt. Die Kampfgeräusche waren wie ausgeblendet. Nur der schwere Atem der beiden verletzten Drachen war zu hören. „Bist du nun glücklich?“ fragte Yugi bissig. „Hast du mich erkannt?“ fragte Atemu zurück. Yugis Augen verengten sich. Alles in ihm wollte sich erinnern. Doch wenn er sich erinnerte, dann würde er zwangsläufig wieder mit Schmerzen, Verrat und Trauer konfrontiert werden. Und er hatte genug Schmerzen erlitten! Frustriert schüttelte er den Kopf. „Spielt das eine Rolle?“ wollte der kleine Dieb wissen. Noch ehe Atemu antworten konnte, ließ ein gellender Schrei aus zig Kehlen sie beide zusammenzucken. „Astaroth ist nun auch am Schauplatz...“ grollte der Pharao und wandte sich in die Richtung seines Heeres. „Halte dich fern von ihm, wenn du ihn nicht töten kannst!“ entfuhr es Yugi flehend. Atemu hielt inne und blickte zu Yugi. Er sah Panik in den violetten Augen. „Er ist das Böse selber...“ Atemus Augen verengten sich ob dieser Worte. „Dann werde ich dich von dem Bösen befreien!“ fletschte er leise die Zähne. Yugi trat verwirrt einen Schritt zurück. Da erreichte dem Pharao der verzweifelte Hilferuf des Schweigsamen. Atemu fuhr herum. Überall Schatten um ihn herum. Alles war in tiefe Dunkelheit versunken und er hörte die schrecklichen Schreie der Menschen und Monster. „Nein...“ hauchte Atemu fassungslos. Mit einer schwungvollen Bewegung zog er einen Kreis unter sich, durch den sich ein Pentagramm zog. Ein rotgoldener Lichtstrahl ging in den Himmel und mit einer Stoßbewegung seiner Hände nach vorne erweiterte er den Bannkreis. Nach und nach drängte er somit die Schatten zurück und förderte viele verletzte, erschöpfte und verängstigte Menschen und Monster zu Tage. Als auch das letzte noch lebende Wesen im Schutze des Bannkreises war, verharrte dieser in seiner Ausdehnung. Ein tiefes, erleichtertes Ausatmen war zu hören.

Astaroth blickte auf und sah den mächtigen Magier in Mitten des Bannkreises rotgolden leuchten. Seine Augen weiteten sich vor Machtgier. Diesen Magier wollte er unbedingt für seine Sammlung haben! Unter Schmerzen richtete er sich auf. Die Schatten hatten ihn übel zugerichtet gehabt und irgendeiner der feindlichen Soldaten hatte ihn auch ein Schwert in die Schulter gerammt! Doch als er schwankend stand, sah er sich dem Magier gegenüber und blickte in dessen Augen. Leicht runzelte er die Stirn. Diese Augen hatte er doch schon einmal gesehen... „Magier!“ befahl er seine Chaosmagier an seine Seite. Sofort stellten sich auch an die fünf Magier bei ihm ein und plötzlich dämmerte es ihm, wen er da vor sich hatte. Genau wie vom Drachenfürsten, hatte er von dem Herrn der Zauberer nur aus Legenden gehört. Der Herr aller Zauberer – ein Mensch, der sich mit einem Magier verschmolzen konnte. Und wenn er diesem Wesen ein magisches Halsband umlegte, konnte der Mensch ihm nicht mehr gefährlich werden! Laut lachte Astaroth auf. „Du gehörst mir, Atemu, Sohn des Aknamkanons!“ und mit einer wirren Handbewegung befahl der dunkle Fürst seinen Magier, Atemu zu versklaven! Die Magier hoben nur widerwillig ihre Zepter und griffen den rotgoldenen Magier mit ihren Magieattacken an.

Atemu zitterte vor unterdrückter Wut, als ihm gegenüber Astaroth stand. Doch konnte - durfte er nichts machen, hielt er doch den Schutzzauber gegen die Schatten aufrecht. Er knirschte mit den Zähnen. „Das ist also dieser Astaroth... Ich staune, dass die Schatten ihn noch nicht zerfetzt haben...“ murmelte der Zauberer der dunklen Magie leise in Atemus Gedanken. Plötzlich stutzte der Pharao, als er sah, dass Astaroth Chaosmagier um sich sammelte. „Er weiß, dass es sein Tod ist, wenn er mich angreift?“ frage Atemu ungläubig. „Hm... Er will dich in Ketten sehen, wie deinen kleinen Dieb.“ Antwortete der Magier süffisant. „Eher geht die Welt unter!“ fauchte der Pharao. Und dann griffen die Magier an. Atemu stand frontal da und blickte mit offenem Blick den Magieattacken entgegen. „Entweder du wehrst den Angriff ab und wirfst alle anderen den Schatten zum Fraße vor oder du empfängst den Angriff und hältst den Schutzzauber aufrecht...“ meinte der Magier kühl kalkulierend. „Ich werde so oder so zu Boden gehen...“ murmelte Atemu. Und noch ehe der Magier antworten konnte, schlugen die Magieattacken brutal in den Körper des Pharaos. Doch hatte der Zauberer der dunklen Magie wieder die Kontrolle übernommen, den Schutzbann gegen die Schatten aufgehoben und all seine Macht darauf konzentriert, die Attacke abzuwehren. Sie war jedoch so stark, dass der Körper dennoch brutal zu Boden gerissen wurde. Kaum war der Bannkreis erloschen, schlugen die Schatten wieder zu.

Die Göttermonster hatten mit angehaltenem Atem alles beobachtet. Sie waren entsetzt über die Niedertracht des Fürsten Astaroths. Als der Bannkreis erlosch blickte Osiris zu Ra. „Willst du es geschehen lassen?“ fragte er leise. Der goldene Greif schüttelte unwillig seinen Kopf. „Leiht mir eure Kraft!“ befahl er herrisch und schon ging er in helle Flammen auf. Obelisk stellte sich hinter Ra und umarmte den Feuerball. Osiris näherte sich und umschlang nun diese Beiden mit seinen riesigen Schlangenkörper. Mit einem grellen Licht umfingen die goldenen Flammen die Körper von Osiris und Obelisk. So vereinigten sich die drei Göttermonster und mit einem schrillen Kreischen schoss ein riesiger Phönix in die Luft. Weit breitete er seine Flügel aus und ließ sich verglühend über die Schatten fallen. Als der flammende Körper die Schatten berührte gingen diese in ein dunkles, violettes Feuer auf, was alles verzehrte. Und noch ehe die Schatten auch nur weiteren Schaden hätten anrichten können, waren diese auch vernichtet. Die Sonne sendete wieder ihre warmen Strahlen zur Erde. Als der letzte Schatten vernichtet war, wurde der Körper des Phönixes zur Asche und der Wind trug diese in alle Himmelsrichtungen davon.

Der Zauberer der dunklen Magie hatte sich wieder von Atemu getrennt und schaute dem Wind nach. „Ihr solltet mit dem Blutvergießen aufhören. Pharao, tritt in einem Zweikampf gegen den Dieb an. Du für uns, der Dieb für Astaroth. Du unterliegende Seite ergibt sich ohne Widerstand...“ schlug der Magier bestimmt vor. Seine Stimme war so durchdringend, dass jeder die Worte vernehmen konnte.
 

„Hab alle Beziehungen zerbrochen,

alle Erinnerungen hinter mir gelassen.

Nur die Trauer bleibt mir noch.

Wohin soll ich nun gehen?“
 

Die Mär vom Dieb und dem Pharao

Die Mär vom Dieb und dem Pharao
 

„...Endlich ließ sich der Pharao herab und forderte den weißen Drachen heraus. Sie trafen sich auf der Fläche, wo sie sich viele Jahre vorher so innig geliebt hatten. Der Drache stellte die Bedingung, dass dem Volk kein Schaden zugefügt werde. Der Pharao nickte herablassend. Er wollte den Drachen in Ketten legen und ihn zu seinen Füßen kriechen lassen! „Du weißt nicht, wer ich bin?“ fragte der Drache, als er den Pharao angriff. Es wurde ein heftiger und sehr langer Kampf. Mal drohte der eine zu unterliegen, mal der Andere. Und irgendwann holte der weiße Drache zum letzten alles vernichtenden Schlag aus. Die grünen Augen des Pharaos sahen die Tränen in den eisblauen Augen glitzern, als der Lichtblitz ihn brutal traf. „Scharid...“ hauchte er fassungslos. Der Pharao war gefallen. Er hatte verloren. Der Drache nahm den Sterbenden in seine Krallen und breitete schützend seine weißen Flügel über ihn aus. „Scharid...“ murmelte der Pharao schwach. „Wo warst du die ganze Zeit?“ – „Immer an deiner Seite...“ murmelte der Drache und er lauschte den sterbenden Atem. „Bitte verzeih, dass ich dich vergessen habe.“ – „Es ist vergeben...“ – „Ich hab Angst. Bitte bleib an meiner Seite...“ – „Ich bleib an deiner Seite – auf ewig!“ Und gemeinsam schlossen sie ihre Augen und hauchten ihren Atem aus...““
 

Der Zauberer der dunklen Magie trat leise zu dem Pharao. Dieser hatte sich zurück gezogen und lag abseits, während er in den Himmel starrte. Astaroth war tatsächlich auf den Vorschlag des Magiers eingegangen. Yugi sollte für Astaroth und Atemu für den Zaren in einem Duell gegeneinander kämpfen. Bei Sonnenuntergang würde das Duell beginnen.

„Die Magier werden einen großen Bannkreis ziehen, so dass ihr beide keine Rücksicht nehmen braucht.“ Atemu blickte zu seinem Magier. „Yugi wird keine Rücksicht nehmen... Aber gut zu wissen. Danke!“ Der Magier blickte auch in den Himmel. „Wir müssen Yugi von diesem magischen Halsband befreien...“ Atemu nickte und schloss seine Augen. Eine Träne suchte sich still ihren Weg übers Gesicht. „Wie wird die Mär wohl ausgehen?“ fragte er sich leise. Der Magier blickte verblüfft zu dem Pharao. „Mach dir darum keine Sorgen...“ murmelte der Zauberer. Atemu blickte wieder zu diesem auf. „Warum?“ Da huschte ein Lächeln um die Lippen des Zauberers der dunklen Magie. „Die Mär ist nur eine Verherrlichung von Seiten der Menschen und der Monster. Die wahre Geschichte von dieser Mär ist, dass die Verwandlung Scharids nur eine Art Willkür der Götter war. Tatsächlich war der Dieb nur ein Spielzeug des Pharaos. Der Pharao war begeistert, dass der Dieb sich nicht hat beeindrucken lassen von dem Titel, der Macht und dem Reichtum. Und weil der Pharao doch immer alles bekommen hatte, was er wollte, spielte er den Dieb Liebe vor. Als er das Herz des Diebes erobert hatte, ließ der Pharao diesen fallen und warf ihn in den Kerker mit den Worten, wenn dieser bereit wäre, immer zu Diensten des Pharaos zu sein, könne der Dieb sich frei bewegen und das Leben im Palast in vollen Zügen genießen. Als die Götter Scharid verwandelt hatten, machte dieser sich auf den Weg, den Pharao zu Rechenschaft zu fordern. Es kam zum Kampf zwischen den Beiden, der viel Blut kostete. Der Pharao stellte den Drachen eine Falle, in dem er Magier Bannsprüche und Flüche beschwören ließ, welche dem Drachen nach und nach die Lebenskraft raubten; während er selber gegen den Drachen kämpfte. In blinder Wut und tiefster Enttäuschung tötete der Drachen den Pharao und zeitgleich hauchten sie ihren Atem aus. Durch die Willkür der Götter wurde der Pharao nun dazu verdammt, so lange auf der Erde zu wandern, bis der weiße Drache entschieden hat, dass der Pharao genug Buße getan und seine Lektion begriffen hat...“ Atemu starrte den Magier entsetzt an ob dieser Version der Mär.
 

Die Sonne ging langsam unter und tauchte das schon ohnehin blutgetränkte Land in ein tiefes Rot. Wehmütig erhob sich Atemu und trat zu seinen Leuten. Er legte alles ab, was ihn stören konnte – selbst seine Abzeichen als Pharao. Er war sich nicht sicher, ob er den heutigen Tag überleben würde. Sein Blick ging zu seinem Chaosmagier. Durch ein Nicken signalisierte er, dass die Bannkreise gezogen waren. Dann blickte Atemu zum gegnerischen Lager. Er sah den tiefschwarzen Drachen. Auch Yugi schien sich bereit zu machen. „Wir werden das Duell aus der Höhle beenden...“ murmelte der Pharao entschlossen. „Dann wird es keine Gnade geben. Einer von euch muss sterben!“ trat der Zauberer der dunklen Magie an Atemu ran. Dieser verzog seine Lippen zu einem traurigen Lächeln. „So sei es. Keine Rücksicht! Es geht hier um unendlich viele Leben Unschuldiger!“ Der Zauberer nickte leicht. „Lass uns auf den Weg machen...“ Atemu nickte und marschierte auf den freien Platz zwischen den gegnerischen Heeren. Der Zauberer folgte ehrfürchtig einen Schritt hinter dem Pharao. Ihm selber war auch nicht sehr wohl zu Mute. Er würde hier gegen ein Wesen kämpfen, was so viel älter als er selbst war. Seit er mit Atemu wieder zurück nach Ägypten gegangen ist, hatte er viel gelernt. Und seit dem er sich das erste Mal mit dem Pharao vereinigt hatte, hatte er eine Tür in eine magische Welt geöffnet, die seines Gleichen suchte. Er besaß nun das magische Wissen von Äonen! Sein Blick ruhte auf den Rücken Atemus. Dieser war gewachsen. Lange hatte er sich gegen die Rolle des Pharaos gesträubt und nun war er zu einem Herrscher gereift, der seines Gleichen suchte. Er war nun eine Persönlichkeit, vor der jeder sein Haupt neigte und vor der jeder sein Schwert niederlegte. Jeder folgte ihm und er konnte alles verlangen. Der Zauberer beschloss, alles und jeden zu vernichten, der Atemu gefährlich werden sollte. So ein Herrscher MUSSTE leben!
 

„Er kommt...“ raunte der Dreiköpfige leise. Yugi blickte auf. Er zitterte leicht. Astaroth hatte ihm eine Höllennacht versprochen, wenn er nicht gewinnen sollte. Yugi durfte keine Gnade walten lassen! Er musste Rücksichtslos sein! Und dennoch sträubte sich etwas in ihm, gegen Atemu in den Kampf zu ziehen. Nur konnte er sich nicht erklären, warum... „Er wird die Schatten rufen.“ Yugi starrte auf den Magier. Der Drache nickte. „Was uns egal sein kann.“ – „Lass uns los gehen. Wir müssen gewinnen, sonst wird er wieder alle Drachen in Ketten legen!“ knurrte Yugi. Der Drache stutzte und blickte zu dem Kleinen. Dieser schien sich nicht bewusst gewesen zu sein, was er da eben verlauten lassen hat! Yugi setzte sich in Bewegung und ging Atemu entgegen, gefolgt von seinem Drachen.
 

In der Mitte trafen sich der Dieb und der Pharao. „Hallo Yugi...“ begann Atemu sanft. Der Kleine schnaubte nur. „Tritt zurück. Du hast mit deinem kleinen Magier keine Chance gegen mich!“ Atemu zuckte leicht zusammen über so viel Hohn und Selbstüberschätzung. „Dann lass uns mal sehen, wer hier keine Chance hat. Ich lasse kein weiteres Blutvergießen mehr an Unschuldigen zu!“ damit wandte sich Atemu von Yugi ab und ging etwa fünf Schritte, bevor er sich seinem Dieb wieder zu wandte. „Lass uns den Kampf beginnen...“ murmelte er nur. Yugi schnaubte verächtlich und nickte. „Dir werde ich es zeigen!“ Und schon hatte er einen Bannkreis um sich gezogen; sein Dreiköpfiger stand mit gespreizten Flügeln hinter ihm. Der Zauberer der dunklen Magie hob nur spöttisch eine Augenbraue und stellte sich vor Atemu. Er stieß sein Zepter auf den Boden auf und eine heftige magische Schockwelle raste davon und vernichtete den Bannkreis Yugis. Dieser wurde blass. Wurde ihm doch bewusst, dass zu mindestens der Magier kein Blut kennen würde! Der Dreiköpfige spürte die Verunsicherung des Kleinen und er griff mit seinen drei Köpfen an. Die drei Lichtblitze vereinigten sich zu einem enormen Lichtstrahl, der direkt auf den Magier zielte. Atemu zuckte mit keiner Wimper, als die Attacke auf den Spiegelvorhang traf, den der Magier aus der Erde hat schießen lassen. Er registrierte, dass der Zauberer leicht wankte. Die Heftigkeit des Angriffes war überraschend gewesen. „Weiter...“ murmelte er aufmunternd. Der Zauberer nickte. Atemu hatte sich mit dem Zauberer geeinigt, dass sie alles dran setzen werden, Yugi von dem magischen Halsband zu befreien. Um dies zu erreichen, mussten sie sowohl Yugi, als auch den Dreiköpfigen in ein hitziges Gefecht verwickeln, damit der Magier Yugi direkt und ohne größere Gegenwehr angreifen und dieses Halsband vernichten konnte. Deshalb hatten die Beiden besprochen, erst einmal nur passiv zu bleiben und zu verteidigen. Angreifen wollten sie erst dann, wenn Atemu sich mit dem Magier vereinen wollte.

Yugi stutzte kurz über den wirkungslosen Lichtstrahl seines Drachen. Er fühlte sich verhöhnt und mit aufkeimender Wut befahl er erneut den Angriff und unterstützte den Lichtstrahl seines Drachen mit einer eigenen Magieattacke. Der Zauberer der dunklen Magie wehrte auch diesen Angriff in stoischer Ruhe ab. Fassungslos starrte der kleine Dieb auf den einfach verpufften Angriff. Das konnte doch nicht sein! Atemu stand hinter dem Magier mit vor der Brust verschränkten Armen da und rührte sich nicht, während der Magier einfach nur blockte! Das war doch der reine Hohn! Wie ein Blitz durchzuckte es ihm, als plötzlich eine Erinnerung in einer Höhle auftauchte, wo Atemu ihn einfach wie einem nicht ernst zunehmenden Gegner behandelt hatte. Ja, gar wie ein Kind! Etwas in Yugi setzte aus und er vergaß alles um sich herum. Er würde Atemu diesen Hohn und diese Verachtung austreiben! Mit einem lauten Schrei, der all seine Wut ausdrückte, breitete Yugi seine Arme aus, die Handflächen offen gegen den Himmel zeigend. Er sammelte Energie von jedem Lebewesen, jeder Pflanze, jedem Stein. Eine schwarz-violette Aura sammelte sich um den Kleinen und flackerte wild wie ein teuflisches Feuer.

Atemu sah dies und zuckte zusammen. „Magier...“ murmelte er leise, während er seine Arme langsam sinken ließ. Der Zauberer der dunklen Magie nickte nur und beschwor auch schon die tiefsten Schatten, die er je beschworen hatte. Blitzschnell verwandelte sich die Umgebung in eine phosphorzierende Dunkelheit, die mehr schwarzviolett leuchtete. Wilde Wirbel prallten und zerbarsten immer wieder an den Bannkreisen. Diese Schatten waberten wie Nebel unförmig. Nichts war zu erkennen. Nichts hatte eine feste Gestalt. Alles schien zu zerfließen und dennoch lauerte tief in den Schatten eine feste, gefährliche Bestie, die hungrig auf alles Leben war! „Wenn er angreift, werde ich nicht standhalten können...“ murmelte der Magier. Atemu nickte und biss die Zähne zusammen. Leicht beängstigt beobachtete er, dass Yugi nun auch aus den Schatten Energie sammelte. Er wusste, selbst, wenn er sich mit seinem Magier vereinigen würde, würde er diesem Angriff nicht stand halten können. Um diesen Angriff abzuwehren, benötigte es einer enormen magischen Explosion... Wie zum Beispiel die Druckwelle, die entstand, wenn er und der Magier sich vereinigten... Ein riskantes Spiel... Und da formte Yugi mit seinen Händen einen enormen Magieball, der in sich wirbelte, wie Hurrikane über den Erdball. Auch der dreiköpfige Drache absorbierte sämtliche Energie aus seiner Umgebung, um sie in drei Lichtbällen zu sammeln. Atemu schluckte schwer. Er ließ nun seine Hände offen neben seinen Beinen hängen. Sein ganzer Körper spannte sich an – und da griff der Drachen an. Die drei Lichtbälle vereinigten sich zu einem Lichtstrahl. Nun schoss auch Yugi mit aller Kraft seinen Magieball ab. Dieser ummantelte den Lichtstrahl und ließ diesen dunkelviolett aufleuchten. Der Magier spannte sich an. Er wusste, was Atemu vor hatte. Ein gewagtes Spiel! Sacht zog er schon den Bannkreis unter sich und ließ das Pentagramm sich durch den Magiekreis ziehen. Die Schriftzeichen in dem Kreis glühten wie Glut leise und abwartend. Atemus Atem beschleunigte sich, als er den Energiestrahl auf sich zu rasen sah. Immer näher kam der Angriff. Sein Herz raste, dröhnte in seinen Ohren wider. Sein Atem war so laut wie das Schnaufen eine Lokomotive. Sein Körper zitterte und alles in ihm schrie, dass er fliehen sollte. Leicht verengte er seine Augen. Er spürte die magische Energie, die Hitze der Attacke – da endlich spannte er seinen Körper mit einem Ruck an und warf seinen Kopf in dem Nacken. Im gleichen Moment leuchteten die Schriftzeichen grell auf und ein rotgoldener Lichtstrahl schoss in den Himmel. In dem Moment, wie der Lichtstrahl in den Himmel schoss, ließ der Magier den Schutzwall fallen, es kam zu einer magischen Verwirbelung mit den Schatten. Der Pharao und der Zauberer vereinigten sich und Atemu unterwarf sich dem Magier. Als die Verschmelzung von statten war, ließ der Magier sein Zepter gegen den Boden prallen und es kam zu einer magischen Explosion, die durch die Verwirbelung der Schatten vervielfacht wurde. Zeitgleich prallte der Angriff Yugis auf diese Explosion und verpuffte im Nichts. „Nein!“ schrie Yugi empört auf. Das durfte doch nicht wahr sein! Und in blinder Rage schoss er immer wieder Magiebälle auf den Magier ab.

„Atemu... wir müssen tauschen... Sonst kann ich mich nicht auf sein magisches Halsband konzentrieren...“ murmelte der Magier innerlich, während er die ganzen Attacken abblockte. Atemu nickte. „Du könntest dein Leben verlieren... – Bring uns so nah wie möglich an Yugi ran!“ Atemu nickte erneut und schon wechselten sie ihre Seelen und der Magier zog sich zurück. Er konzentrierte sich darauf, zu einem Energie zu sammeln, die er sofort auf Yugi feuern konnte, sobald sie sich teilen würden und zum anderen genügend Energie für Atemu zu sammeln, damit dieser nicht ganz hilflos da stand, wenn die beiden Körper sich wieder teilten. Als Atemu die Kontrolle über den Körper hatte, machte er eine brutale Bewegung mit der Hand zur Seite und wischte sämtliche Angriffe wie weg. Das ließ Yugi innehalten und er wich etwas zurück. Sofort griff der Drache an, doch Atemu lachte laut auf, als nun auch er sich der Energie der Schatten bemächtigte und einen brutalen Angriff vorbereitete. Mit aller Macht schleuderte er einen tiefschwarzen Energieball auf den dreiköpfigen Drachen. Dieser wurde frontal getroffen und weit zurückgeschleudert. Benommen blieb der Drache liegen. Yugi schrie entsetzt auf, doch schon griff Atemu wieder an und richtete sein Zepter auf Yugi. Wilde Wut und reine Mordgier blitzten in den Augen des kleinen Diebes auf. Wie ein Schutzschild hielt Atemu das Zepter schräg vor seinen Körper und drang auf Yugi ein. Dieser versuchte Atemu mit Magieattacken lahmzulegen, doch sie prallten einfach an dem Magier ab. Und schon war Atemu bei dem Kleinen ran. Sein Zepter legte sich blitzschnell an die Kehle des Diebes und mit Schwung drängte der Pharao diesen zurück, bis er brutal mit dem Rücken gegen eine harte Wand prallte. „Jetzt!“ befahl der Zauberer und Atemu wich sofort einen Schritt von Yugi zurück. Dieser blickte verwirrt auf. Doch schon trennte sich der Magier und Atemu. In diesem Moment kam der Dreiköpfige wieder zu sich. Er sah, wie der Magier angriff und schoss einen enormen Lichtstrahl auf den Magier und den Pharao. „Vorsicht!“ fauchte der Zauberer, als er den Lichtstrahl des Drachen sah – zeitgleich, wie seine Magieattacke das magische Halsband traf und vernichtete.

Atemu sackte zusammen. Er hatte zwar Energie vom Magier bekommen, doch die Schatten drohten ihn zu verschlingen. Nur mühsam kam er wieder hoch und hielt mit äußerster Willenskraft die Schatten von sich fern. Da hörte er den Ruf seines Magiers und blickte auf. Er starrte in den Lichtstrahl, der direkt auf ihn zugerast kam. Seine Pupillen weiteten sich vor Entsetzen, denn in diesem Angriff lag all die Verzweiflung und Furcht um Yugi. Bevor der Lichtstrahl auf Atemu prallte, sah dieser, wie der Dreiköpfige plötzlich schneeweiß und dann wieder zu einem roten Magier wurde. Yugi war von dem magischen Halsband befreit. Atemu war so erleichtert, dass seine Konzentration kurzzeitig nachließ. Mit einem erstickten Aufschrei brach alles zusammen und die Schatten schlugen über seinen Kopf in einem wilden Wirbel zusammen. In dem Moment schlug der Lichtstrahl ein, doch verpuffte er dumpf im Nichts. „Atemu!“ brüllte der Zauberer der dunklen Magie entsetzt.

Als das magische Halsband vernichtet war, brach Yugi in die Knie. Er fühlte sich frei, konnte wieder klar denken und vor allem spürte er sein Herz wieder warm schlagen. Erleichtert schnappte er nach Luft, als in diesem Moment auch über ihm die dunklen Schatten in einem wilden Wirbel zusammenschlugen.
 

Panisch schlug Atemu seine Augen auf. Alles um ihn herum war so still und unendlich tief dunkel. Er sah nichts, außer tiefster Finsternis. Langsam drehte sich der Pharao um die eigene Achse. Da hörte er plötzlich Schritte. Erwartungsvoll blickte er in die Richtung und da tauchte plötzlich wie aus dem Nichts Yugi auf, der wie angewurzelt stehen blieb, als er Atemu erkannte. Alles um sie herum war schwarz. Nur sie Beide sahen so aus, wie am helllichten Tag und konnten sich so durch das phosphorzierende Leuchten erkennen. „Yugi...“ begann Atemu erfreut und wollte auf seinen kleinen Dieb los gehen. Doch dieser machte eine abwehrende Handbewegung. „Bleib wo du bist!“ fauchte er. Atemu wich verblüfft zurück. „Was ist los?“ – „Du hast dir sehr viel Zeit gelassen! Du hast lange gebraucht! Warum bist du erst jetzt gekommen? Bin ich dir so unwichtig?“ klagte Yugi an. „Yugi... Ich habe mich so schnell wie möglich auf den Weg gemacht, als ich erfahren habe, dass du in Gefangenschaft geraten bist.“ – „Lüge!“ brüllte Yugi. „Du hast dir so unendlich viel Zeit gelassen! Wärst du sofort los, als Rotauge dich aufgesucht hatte, dann wäre ich jetzt nicht...“ Yugis Stimme erstickte. Atemu schwieg und musterte seinen kleinen Dieb lange und eindringlich. „Ja, ich bin nicht sofort los. Ich musste zuerst noch mein Volk retten und sicher gehen, dass es geschützt ist, während meiner Abwesenheit. Außerdem habe ich mich dazu überreden lassen, so lange zu warten, bis ich erfahren habe, von wem du gefangen genommen wurdest. Dann jedoch bin ich auf direkten Weg zu dir!“ – „Und wieder Lüge! Ragnarok hat dich auf dem Schiff gesehen. Aber das Schiff entfernte sich von der spanischen Küste!“ Yugi zitterte am ganzen Körper. Angst, Wut, Hass, Kälte... alles schlug über ihn zusammen und drohte ihn zu zerreißen. „Alexander, ein alter Freund von mir, bat mich zu sich, bevor ich auf dich treffe. Da er nicht wollte, dass ich in mein Verderben laufe, sondern dich retten kann. – Bitte verzeih, dass es so lange gedauert hat. Nur habe ich auch Verantwortung meinem Volk und mir anvertrautem Leben gegenüber. Ich kann und darf leider nicht einfach so losstürzen und...“ Yugi lachte schrill und empört auf. „Wer bist du und was hast du mit Atemu gemacht? – Atemu würde nie so reden und handeln wie du! NIE! Denn sonst würde Seth noch leben! Sonst würde ich nicht hier sein, sondern an deiner Seite im Palast und Rotauge würde noch leben!“ Atemu wurde blass. Yugi hatte Recht. Dennoch hatte er gerade in den letzten Wochen und Monaten so unendlich viel gelernt, auch gerade von seinen Untertanen. Er wusste, er hatte viele Fehler gemacht. „Yugi, bitte. Bitte verzeih mir meine Unwissenheit und meinen falschen Stolz. Ich würde alles hergeben, damit ich die Vergangenheit ändern könnte... Auch ich vermisse Seth...“ Atemu hatte sich Yugi langsam genähert und nahm ihn nun in seine Arme. Dieser versteifte sich sofort, stieß Atemu von sich und gab ihm eine deftige Ohrfeige. „Rühr mich nicht an!“ brüllte er und setzte schluchzend nach: „Ich bin unrein...“ Atemu stutzte. „Yugi? Was ist passiert? Ich will dir nichts Böses... Ich will dir nur helfen, dich mit nach Hause holen...“ Doch Yugi hörte nicht mehr. Er schüttelte wie wild den Kopf. Immer und immer wieder. „Ich hasse dich! Du bist dran Schuld! Du bist an allem Schuld! Wärest du nicht gewesen, würde Seth noch leben – würde Rotauge noch leben! Wärst du sofort gekommen, dann hätte Astaroth sich nicht an mir vergangen! Immer und immer wieder! Stirb, Pharao!“ brüllte, ja, kreischte Yugi fast schon hysterisch, als er in einer wiegenden Körperbewegung Energie um sich herum sammelte und in blinder Rage mit dunkler Magie den Pharao angriff. Atemu war wie erstarrt. Er rührte sich nicht. Er sah den Angriff. Er wusste auch, dass er keine Chance hatte, da er keine Magie beherrschte. Aber er konnte sich nicht rühren. Zu lähmend war die Erkenntnis, dass Astaroth Yugi vergewaltigt hatte...

In dem Moment schoss ein rotgoldener Lichtstrahl durch die Dunkelheit und direkt auf Atemu zu, und noch ehe dieser reagieren konnte, war er auch schon mit dem Zauberer der dunklen Magie vereint. Der Zauberer übernahm sofort die Kontrolle und wehrte Yugis Angriff mit einer Gegenattacke ab. Die Schockwelle warf Yugi zurück. Doch der Zauberer setzte nach und holte wieder zum Angriff aus. Yugi starrte entsetzt in die glühenden Augen des Magiers. Fassungslos sah er darin seinen Tod! Plötzlich prallte der Zauberer zurück. Da war eine magische Barriere! Und als er hinter Yugi blickte, erkannte er den roten Magier mit den silbergrauen Haaren. „Niemand krümmt Yugi ein Haar...“ knurrte dieser. Der Zauberer lachte hämisch auf. „Sagte der, der den Kleinen noch nicht mal vor einem einfachen Menschen wie Astaroth schützen konnte!“ Der rote Magier holte tief Luft und noch ehe sich der Zauberer versah, waren Yugi und der Magier miteinander verschmolzen. Der Zauberer der dunklen Magie wich entsetzt einen Schritt zurück. Er spürte die Präsenz Yugis nicht mehr. Der Kleine hatte sich zurück gezogen und ließ nur noch den Magier walten. „Yugi...“ hauchte Atemu fassungslos in den Gedanken des Zauberers. Der Pharao hatte sich wieder gefangen. „Yugi... Er soll sich von Yugi trennen! Zauberer, er soll Yugi hergeben! Yugi braucht Hilfe!“ schrie Atemu panisch und wie besessen. „Beruhige dich...“ versuchte der Zauberer den Pharao in sich zu beruhigen, doch die Gefühle brachen sich Bahn. Nun griff auch der rote Magier an. Der Zauberer der dunklen Magie blockte die Angriffe ab und versuchte zeitgleich Atemu zu beruhigen, doch plötzlich verlor er sich in den wilden Gefühlen es Pharaos. Wut, Hass, Angst, Liebe und tiefe Sehnsucht brachen über den Zauberer der dunklen Magie rein. Er konnte nicht mehr dagegen halten und gab auf. Eiskalt und in wilder Rage fing er die Angriffe des Magiers ab und konterte brutaler. Mit einer grellen Explosion zweier Attacken, waren die Schatten verschwunden. Um jeden Magier war wie eine magische Hülle, welche die Beiden schweben ließ. In wilder Raserei prallten sie immer wieder aufeinander. Die Bewegungen der Magier wirkte wie ein eleganter, graziler, emotionaler Tanz und doch hatten die rhythmischen Bewegungen nur den Zweck Energie zu sammeln und Angriffe zu beschwören und Attacken abzufeuern – zu töten; ein tödlicher Tanz!
 

Wie gebannt starrten die Anwesenden auf den Kampf zwischen den beiden Magiern. Der schweigsame Magier folgte mit kaltem Blick dem Geschehen. Er stand zwischen Anthony und Subaru. Plötzlich trat eine in Weiß gekleidete Gestalt zwischen ihn und Anthony. Die Gestalt trug einen Turban. „Willst du nicht eingreifen?“ fragte die Person leise mit sanfter Stimme. Der Schweigsame hielt es nicht für nötig, seinen Blick von dem Kampf abzuwenden. Nur seine Augen verengten sich leicht. „Nein. Das ist eine Sache zwischen den Beiden...“ - „Falls es dir entgangen sein sollte, die Magier haben die Kontrolle übernommen. Die Menschen sind nur noch Zuschauer...“ – „Shadee, was willst du? Ich spüre die Gefühle des Pharaos. Ich wusste schon, warum ich mich nicht mit ihm einlasse. Er ist unkontrolliert, voller Wut und Hass. Noch nicht mal sein Magier bekommt seine Gefühle in Griff.“ – „Und was ist mit dem roten Magier? Willst du dem ganzen nicht ein Ende setzen?“ – „Einer muss sterben. So will es die Mär!“ – „Du weißt genauso gut wie ich, dass die Mär in der Realität anders aussieht. Der Zauberer der dunklen Magie weiß es und Atemu auch. Oder warum glaubst du, hat der Magier sich auf dieses gefährliche Spiel eingelassen, um Yugi zu retten?“ Der Schweigsame blickte nun langsam zu Shadee. „Warum sollte ich eingreifen? Ich sehe keinen Grund dazu – Shadee!“ – „Scharid... er hat genug gelitten. Du kannst ihm nicht ewig grollen. Er hat eingesehen, dass er Fehler gemacht hat. Er hat verstanden, dass er falsch zu dir war und er bereut es zu tiefst – sonst hätte er nicht Yugi unter seine Fittiche genommen! Er hat sich im Laufe der Jahre geändert; er hat begriffen, was du für ihn empfunden hast... und noch immer empfindest!“ – „Woher willst du das wissen?!“ – „Warum glaubst du, hat er sich mit Yugi vereinigt? Um ihn zu schützen. Um ihn mit allem zu schützen, was er hat!“ Der Schweigsame schnaubte verächtlich. „Wenn er sich angeblich so geändert, wie du es sagst, Sharid. Warum wurde er dann tiefschwarz! Selbst seine Augen waren Pechschwarz! Er hat sich wieder von niederen Gefühlen leiten lassen!“ Shadee lächelte sanft. „Scharid... Nach allem, was ist und war... Er ist immer noch ein Mensch. Er ist immer noch ein junger heißblütiger Mann. Und für Menschen sind solche Empfindungen normal. – Das müsstest du doch am besten wissen, wo auch du doch noch immer ein Mensch bist... tief in deinem Herzen!“

Der Schweigsame blickte wieder abrupt zu dem Kampf. Eigentlich hatte Shadee Recht. Eigentlich konnte er nicht ewig auf seinem Pharao böse sein. Sie beide waren jung gewesen und jeder in seiner eigenen Welt groß geworden. Sein Pharao hatte durch Yugi die tiefen Abgründe gesehen... dieselben, die er auch erlitten hatte, in der Gefangenschaft damals... Nervös registrierte der Schweigsame, dass der Kämpf immer heftiger wurde. Die Angriffe wurden immer brutaler und der Zauberer der dunklen Magie begann zu wanken...

Langsam hatte sich Atemu wieder beruhigt, als er sah, wie heftig die Attacken des anderen waren. Er begriff, dass der rote Magier Yugi nur beschützen wollte, so wie sein Zauberer ihn beschützen wollte. Irgendwie waren diese beiden Wesen in einer Spirale aus Gewalt geraten. Mit Entsetzen stellte Atemu fest, dass sein Magier schwer verletzt und am Ende seiner Kräfte war. „Lass uns tauschen...“ bat Atemu. Doch der Magier ignorierte den Pharao, wusste er doch, dass Atemu nicht genügend Kraft aufbringen konnte, um diesen Angriffen stand zu halten. Fieberhaft dachte der Zauberer nach. „Bitte...“ bat da wieder Atemu in seinen Gedanken. Und schon holte der rote Magier zu einem alles vernichtenden Angriff aus. Der Zauberer schluckte. Das war es wohl... „Bitte verzeih mir, mein Pharao...“ murmelte da plötzlich der Zauberer unendlich sanft und warm. Atemu horchte auf. „Was...?“ konnte er noch rausbringen, da trennten sich die Beiden plötzlich und der Zauberer der dunklen Magie stieß mit einem sanften Energieschock Atemu weit von sich und aus der Gefahrenzone des Angriffes. Der rote Magier hatte seine Attacke abgeschossen, als er sah, wie sich die Beiden vor ihn trennten und der Pharao weggestoßen wurde. Der rote Magier wurde blass, als ihm bewusst wurde, dass der Zauberer da sein Leben opferte, um Atemu zu retten. „Nein...“ hauchte der Rote fassungslos, nicht mehr in der Lage, seinen Angriff abzuwenden.

In dem Moment, als die Attacke auf den Zauberer der dunklen Magie traf, schoss ein greller weißer Blitz von der Stelle, wo der schweigsame Magier gestanden hatte, zum Zauberer und verschlang diesen sowie den roten Magier mit einem schrillen Schrei in einer grellen Lichtkugel. Nur vage erkannte man die Umrisse eines weißen Drachen mit eisblauen Augen.

„Ihr werdet wieder gemeinsam über den Wolken fliegen!“

„Ihr werdet wieder gemeinsam über den Wolken fliegen!“
 

Der junge Mann legte sanft einem Strauß weiße Rosen auf das Grab. Dieses Bild wirkte so fantastisch. Denn es war ein wie ein Araber gekleideter Mann, der mitten in der Wüste bei einem christlichen Grab ein Strauß weiße Rosen niederlegte, wo es hier in der Wüste generell sehr schwer war, Blumen, geschweige denn Rosen zu bekommen.

Mit einer Träne in den Augen verharrte der junge Mann etwas und betete für das Seelenheil des Verstorbenen.

Nach einer Weile trat ein etwa fünf Jahre älterer Mann hinzu. Er trug die Kleidung des Hofes. Auch er legte einen Strauß Blumen aufs Grab. Es waren weiße Lilien. Der Magier an seiner Seite ließ sanfte Kirschblütenblätter schneien. Der Junge musste sanft lächeln.

„Siehst du, Mama, es schneit sogar extra für dich! Alle deine Wünsche sind erfüllt. Auch ich bin glücklich und es herrscht Frieden. Keine Sorge. Ich habe einen großen Beschützer an meiner Seite!“ strahlte der junge Mann. Seine Mutter war nun seit drei Jahren tot. Er hatte sie zu sich geholt, nach all den Jahren der Trennung und dann hatten sie noch zehn wunderschöne Jahre miteinander verbracht... wobei seine Mama sich immer nach Schnee gesehnt hatte. Diesen hatte sie wirklich vermisst. Es war eine Idee der Magier gewesen, Kirschblüten schneien zu lassen. Immer zum Geburtstag. Dies hielt man sogar über den Tod hinaus bei.

Nach einer Weile machten sich die beiden Männer wieder auf den Weg. Der Ältere griff den Jüngeren an die Hand und führte ihn mit sich. Dieser war ganz aufgeregt. Wusste er doch, was nun folgen würde. Mit schnellen Schritten erreichten die Männer die Drachen. Einer der Drachen war ein weißer Drache mit eisblauen Augen und mit einer großen breiten hässlichen Narbe über der linken Gesichtshälfte. Der andere Drache war ein tiefschwarzer Drache mit blutroten Augen. Beide warteten sie schon auf die Männer. Wie Kinder lachend sprangen sie auf die Rücken der Drachen. Der Jüngere auf den Schwarzen und der Ältere auf den Weißen. Kaum saßen sie auf den Rücken, breiteten die Drachen ihre Flügel aus und ein kräftiger Südwind erfasste diese und hob die Drachen weit in die Lüfte empor.

Mit kraftvollen Flügelschlägen erhöhten die Drachen das Tempo und rasten über die Wüste – getragen nur vom Wüstenwind und dem Versprechen, was ein Mensch einem Drachen gegeben hatte: „Ihr werdet wieder gemeinsam über den Wolken fliegen!“

Dieser Mensch hatte sein Wort gehalten – zu einem hohen Preis. Der Mensch hatte einen Pakt mit den Göttern geschlossen. Sollten sich drei Drachen bereit erklären, freiwillig ihr Leben zu opfern, dann durfte der schwarze Drache einmal im Jahr für einen ganzen Tag wieder zu den Lebenden zurückkehren. Die drei Göttermonster erklärten sich bereit sich zu opfern, in dem sie miteinander verschmolzen und als Phönix ihr Leben aushauchten. Da ein Phönix immer wieder neugeboren wird, so sterben auch die Göttermonster nicht. Nur benötigten diese dann bis zu drei Monate, um ihre alte Kraft wieder zurück zu erlangen.

Fasziniert beobachtete der Ältere den Jüngeren, wie dieser strahlte und lachte und mit seinem schwarzen Rotauge hoch über die Wolken flog. „Ich liebe dich, Yugi...“ murmelte der Ältere lächelnd und folgte mit Narbengesicht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (102)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10]
/ 10

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Polarstern
2023-12-20T13:41:28+00:00 20.12.2023 14:41
Hallo Seelendieb,

diese FF ist aus dem Jahr 2015 – und somit schon fast 9 Jahre alt. Nichtsdestotrotz habe ich jetzt erst meinen Weg hierher gefunden. nach längerer Abwesenheit aus dem YGO Fandom und dem ganzen Anime/Manga Bereich, bin ich nun wieder zurück.

Ich habe die letzten Tage fleißig und mit viel Freude an deiner Story gelesen. Ich muss sagen, dass du einen sehr schönen Schreibstil hast. Und du bist sehr kreativ. Man merkt, dass alles liebevoll und strategisch durchdacht ist von vorne bis hinten. Ich habe bisher noch keine FF gelesen, in der die „Monster“ aus YGO so intensiv vorkommen und eine so große Rolle spielen. (Ohne, dass es ums Kartenspiel und ums Duellieren geht). Interessante Idee, Yugi den (weißen) Drachen zuzuordnen, der ja eigentlich das Signature Monster von Seto ist.

Leider teilweise auch ziemlich schwere Kost und brutale Dinge, die geschehen. Die Liebesgeschichte steht ja eher im „Hintergrund“.

Zuerst hatte ich den Verdacht, dass der „rote Magier“ der Dieb/Drache aus der Mär ist. Da irgendwo stand, er wäre uralt und sein Geliebter wäre in seinen Armen gestorben? Aber am Schluss hat Shadee den Schweigsamen Magier als „Scharid“ also den Dieb/Drachen bezeichnet. Und der rote Magier war also der Pharao aus der Mär? ?_?

Schön auch, welche Entwicklung Atemu durchgemacht hat und dass er hier mal nicht von Anfang an der perfekte, „unfehlbare“ Held war, sondern auch Fehler macht und lernen muss.

Ein paar mehr Absätze hätten den Lesefluss erleichtert. Manchmal gab es auf einer ganzen DIN A 4 Seite (habe in der pdf Version gelesen) keinen Absatz. Das war sehr schwer zu lesen und die Zeile zu halten. Und öfter gab es grammatikalische Unsauberheiten, da passte „seiner/seine/seinem/seinen“ „ihn/ihm“ etc. nicht. Da ich selbst schreibe, vermute ich, der Satz lautete ursprünglich mal anders und wurde später umgestellt, das Personalpronomen aber blieb häufiger unverändert. ^^

Ich bin wahrscheinlich viel zu spät und ich sehe, dass du inzwischen viele eigene Universen/Originale oder im Harry Potter Fandom schreibst.
Vielleicht erreicht dich mein Kommentar ja trotzdem :)

Vielen Dank für diese schöne, lange Story und viele Grüße
Polarstern

Antwort von:  Seelendieb
20.12.2023 14:59
HOi Polarstern,

vielen lieben Dank für dein Feedback.
Es freut mich ungemein, dass meine Story auch nach fast 9 Jahren noch gefällt.

Was den Lesefluss und die grammatikalischen WehWehchen angeht, habe ich damals schon einige Kritik erhalten. Und ja, du hast recht. Es sind viele kleine Dinge. Aber hey, ich habe die Geschichte vor 9 Jahren geschrieben. Mittlerweile habe ich mich weiterentwickelt und es wäre ja langweilig, wenn man perfekt wäre ;)

Aktuell arbeite ich daran, diese Story so umzuarbeiten, dass sie als "Original" in Buchform veröffentlich wird. Der Titel wäre dann "Die Mär vom Drachen und den Magier."

Alles in Allem hoffe ich, dir ab und zu noch mehr Storys präsentieren zu können, die dir gefallen, da ich seit nun mehr 6 Wochen einen anderen Job und somit wieder zeit zum schreiben habe.

LG Seele
Von:  Lamello
2022-01-05T22:40:19+00:00 05.01.2022 23:40
Puhh ... hab die Story gerade beendet.
So ... also 100 Kommis ... Dann gebe mal das 101ste. Auch wenn die FF schon alt ist. Mich hat die Geschichte wirklich mitgenommen. Ich hab sie an zwei Tagen durchgesüchtet. Hat mir echt gut gefallen. Ich mag aber auch Drachengeschichten. Mir haben die Charaktere alle gut gefallen. An der ein oder anderen Stelle hätte ich gern ein bisschen mehr Romantik gehabt ... Aber man kann ja nicht alles haben. Dafür sind die Kämpfe toll geschrieben. Und die Quälerei hat mich echt Nerven gekostet. Die Steigerungen nachher zu den Göttern und der finale Kampf sind toll geschrieben. Den Epilog hätte ich gern länger gehabt, nen bisschen mehr Happy End. Aber, so what. Ne wirklich empfehlenswerte Story! Danke dafür!!
Von:  Usaria
2016-12-01T22:43:34+00:00 01.12.2016 23:43
Der letzte Satz von Oberlisk ist genial, ich bleibe bei Seto, weil er mir gefällt, Ich wusste gar nicht das er schwul ist! Man lehrnt halt nie aus. Ein schwuler Kriegsgott hat was für sich :) ;)
Von:  Usaria
2016-12-01T22:05:47+00:00 01.12.2016 23:05
Toll geschrieben dieses Kapitel. Auch die Kampfszene, so spannend.
Von:  Usaria
2016-11-28T22:55:34+00:00 28.11.2016 23:55
Rauf und Runter! Bei deinen Geschichten gehts immer zu wie in einer 8-Bahn! Schönes Kapitel, auch wenn die Liebesszene etwas ausfürhlicher sein hätte können! Nur wieso habe ich so ein Wehmütiges Gefühl? Ach ja, weil ich vor gelesen habe. Und weiß was noch kommt!
Von:  Usaria
2016-11-28T22:08:00+00:00 28.11.2016 23:08
Huu! So viel musste Atemu opfern um sein Volk zu schützen. Er alleine und nur eine kleine Truppe die seine Feinde außerhalb Ägyptens aus merzten. Er tut mir irgend wie leid. So etwas sollte keiner durch machen müssen.
Von:  Usaria
2016-11-24T22:45:55+00:00 24.11.2016 23:45
Da ist wohl Yami in dem kleinen Yugi erwacht. Na ich bin mal gespannt wies weiter geht

Von:  Usaria
2016-11-24T22:04:24+00:00 24.11.2016 23:04
Seelendieb du machst mich fertig! Bei der Hinrichtung musste ich jetzt den Atem anhalten. Oh Gott! Wieso?!
Von:  Usaria
2016-11-21T23:00:22+00:00 22.11.2016 00:00
Wie soll Atemu, sein Volk regieren, wenn er nicht einmal die Sagen und Märchen des Landes kennt. Denn in jedem Märchen steckt ein Fünckchen Wahrheit. Wie soll er wirklich wissen, was für sein Volk gut ist, wenn er nicht´s von ihm weiß. Um ihn zu schützen ließ ihn sein Vater außer Landes bringen. Zu einer Familie die nicht mit den Traditionen von dem zukünftigen Volk wusste. Ja sie holten einen Gelerhrten doch dieser vermittelte dem Jungen nur das Wissen, nicht das Herz.
Und das er dem Magier nicht zu hört, kann ich nach voll ziehen, wenn dieser in Menschen Jahren mal gerade so alt ist wie der junge Pharao selbst.

Von:  Usaria
2016-11-21T22:10:13+00:00 21.11.2016 23:10
Tolles Kapitel, die Ruhe nach dem Sturm!

Ich finde das so schön, dass du in diesem Märchen, Yugi nicht so schwach hin stellst sondern ihm, Handwerkszeug gibt um.... aktiv handeln zu können. Denn wenn man weiß, das man sich verteidigen (ich weiß das ist jetzt ein doffer Ausdruck, doch mir fällt kein anderes Wort ein.) Dann wird man mutiger, und auch selbstsicherer und dadurch kommt dann die Veränderung!
Ich bin gespannt wie´s weiter geht!


Zurück