Main hoon na - Ich bin immer für dich da von Seelendieb (Yugi x Yami) ================================================================================ Kapitel 17: Rotauge stirbt -------------------------- Rotauge stirbt Skeptisch blickte der Pharao Seto nach. Dieser flog auf Narbengesicht, flankiert von seinen anderen weißen Drachen und begleitet von Obelisk, weiter, um die Grenzen zu kontrollieren. Als die Gruppe außer Sicht war, sank der Zauberer der dunklen Magie seufzend in die Knie. Erschrocken fuhr Atemu rum und nahm den Magier in die Arme. „Du bist erschöpft?“ Der Magier nickte. „Obelisk hat Narbengesicht sehr schlimm zugerichtet gehabt.“ Atemu schaute sich um und sein Blick fiel auf die Höhle. „Wir bleiben die Nacht hier und du ruhst dich aus, ok?“ Der Magier lächelte leicht, als Atemu ihn schon schulterte und Richtung Höhle trug. Ihm blieb keine Wahl als zu gehorchen. Als der Pharao seinen Magier in der Höhle auf ein Lager aus Fellen bettete, schlief dieser bereits tief und fest. Die Höhle sah so aus, wie er sie vor über 5 Jahren verlassen hatte und so fand Atemu schnell, was er suchte. Er entfachte ein Feuer und deckte den Magier mit weichen Fellen zu. Langsam trat Atemu aus der Höhle und blickte über das Tal. Der Himmel war sternenklar und der Mond schien hell hinab. Er atmete tief die klare Luft ein. Schon lange hatte er sich nicht mehr so frei gefühlt. Ihm war eine riesige Last vom Herzen gefallen, als Obelisk ihm seine Hilfe angeboten hatte. „Woran denkst du, mein Pharao?“ ließ sich der große Drachenfluch neben Atemu nieder. „Ich bin erleichtert, dass es jetzt alles scheinbar so leicht voran geht. – Sag, Drachenfluch: War mein Weg, den ich eingeschlagen habe, so falsch? Ich meine, jetzt wo ich sehe, wie sich mir das Volk und die Monster anschließen, frage ich mich, ob ich denn richtig gehandelt habe, in dem ich mich den Beratern beugte und zum Schein auf alles einging und sogar bewusst Leid über mein Volk brachte...“ Der Drachenfluch atmete tief durch und schwieg. Er ließ sich die Worte des Pharaos durch den Kopf gehen. Wie sollte er darauf antworten? Der Drache war alt, so alt wie das Leben selber. Er hatte viel gesehen. Viel Leid, viel Krieg, viel Verrat. Er hatte auch gesehen, wer dem Dieb aus der Mär in einen Drachen verwandelt hatte und er hatte den Schmerz eines jeden verratenen Wesens gespürt... Er hatte in die Seele Yugis geblickt und er hatte das Herz des Pharaos gesehen. Also wie sollte er auf die Frage Atemus antworten? „Mein Pharao... Ich habe viele Pharaonen vor dir kommen und gehen sehen. Ich habe gesehen, wie sie Leid oder Freud über das Volk Ägyptens brachten. Atemu... du hattest sicherlich andere Möglichkeiten, als den Weg, den du eingeschlagen hattest. Allerdings wusstest du es nicht besser. Jetzt lernst du die anderen Möglichkeiten kennen. Nutze sie weise für die Zukunft! Du bist jetzt auf den richtigen Weg – und ich freu mich, dass dein Geist nun auch so klar ist wie dein Herz. Es macht Spaß, dir zu zuschauen und dir zu folgen!“ Atemu schwieg zu diesen Worten. Lange blickte er vor sich hin, um dann mit einem leisen „Danke“ sich in die Höhle zurückzuziehen und zu schlafen. Der Magier hatte zwei ganze Tage durchgeschlafen und Atemu hatte ihn schlafen lassen. Die Tage des Müßigganges taten den Pharao gut und er fing wieder an unbeschwert zu lachen. Sehr oft trug er den Schalk im Nacken und der Drachenfluch war derjenige, der darunter zu leiden hatte. Es amüsierte den Drachen Atemu wie einen kleinen Jungen zu erleben, aber innerlich seufzte er erleichtert auf, als der Magier endlich wieder wach wurde. Am dritten Tag endlich brachen sie wieder auf und begaben sich auf die Suche nach Anthony und Subaru, da Atemu wissen wollte, wie der aktuelle Stand war. Die ganze Zeit über hing ein warmes spitzbübisches Lächeln auf Atemus Lippen, was allerdings in dem Moment erstarb, als sich der Drachenfluch dem Lager näherte und der Pharao Anthony in einer hektischen Besprechung mit einigen Männern sah, aber jedoch nirgendswo Subaru zu erkennen war. Der Drache landete sanft und leise direkt vor den beratenden Männern. Anthony blickte missmutig auf und erkannte Atemu. „Du kommst äußerst ungelegen...“ begrüßte der Spanier den Pharao, der soeben von Rücken des Drachen gesprungen war. „Eine tolle Begrüßung!“ runzelte Atemu die Stirn. Betretenes Schweigen breitete sich aus. „Wo ist Subaru?“ In dem Moment, wie Atemu diese Frage ausgesprochen hatte, bereute er sie schon, als er das schmerzhafte Augenschließen Anthonys erblickte. „Was ist passiert...“ fragte er sanft. Anthony griff sich an den Kopf und versuchte damit wohl dunkle Gedanken zu verscheuchen. „Alles ist bis jetzt gut verlaufen. Wir haben so ziemlich alles gesäubert und die Feinde zurückgeschlagen. Die Grenzen sind sicher. Ich habe Posten zurück gelassen und auch viele Monster haben sich bereit erklärt die Grenzen zu sichern. Wir haben hier Rast gemacht. Subaru ist mit einem Trupp voran geritten, um die Gegend auszukundschaften. Der Trupp kam ohne ihn wieder. Sie sagten, er wäre plötzlich verschwunden. Subaru ist bis jetzt nicht wieder aufgetaucht. Ich wollte so eben einen neuen Trupp zusammenstellen, um ihn suchen zu gehen.“ Atemu blickte Anthony an und schaute sich dann um. Die Reihen hatten sich gelichtet. Hier waren noch etwa 50 Mann da. Die anderen waren an den einzelnen Punkten als Posten aufgestellt. „Anthony... lass sie ruhen. Du, ich und mein Magier werden aufbrechen und Subaru suchen!“ – „Allein?“ Atemu nickte und legte dabei beruhigend eine Hand auf Anthonys Schulter. „Allein und beim Sonnenaufgang. Leg dich hin und schlaf. Mein Magier wird einen Schutzbann errichten.“ Anthony nickte leicht ergeben, während sich Atemu warm lächelnd abwandte und durch die Reihen der Soldaten lief. Die Sonne stand noch nicht allzu hoch am Himmel, als zwei Reiter, begleitet von einem Drachen und einen Magier sich unaufhörlich dem Waldgebiet näherten. Eigentlich war es kein wirklicher Wald. Es war eher eine sehr nahrhafte Steppe mit viel Baumbestand und einigen größeren Hainen. Atemus Augen strahlten förmlich, als er den Baumbestand zu Gesicht bekam. Erinnerte es ihn doch an seine Jugend in Spanien. Und mit dem Schalk im Nacken forderte er Anthony zu einem Wettrennen auf. Dieser blickte total verblüfft den Pharao hinter her. Der war sich schon bewusst, dass sie auf der Suche nach Subaru waren?! fragte sich der Spanier kopfschüttelnd und willigte schließlich grinsend in das Wettrennen ein. Lachend wie kleine Kinder jagten sie auf den Pferden über die Steppe, durch die Bäume dahin. Immer schneller, immer halsbrecherischer. Sie übersprangen und durchquerten spritzend mehrere Wasserläufe, als sich vor ihnen eine große kreisrunde Ebene öffnete, die von einem großen Hain begrenzt wurde. Atemus Pferd schlug bettelnd mit dem Kopf. Es wollte laufen – frei wie der Wüstenwind! Anthony streckte schon die Hand aus, um Atemu an der Schulter zu berühren, da lachte dieser glockenhell auf, legte die Zügel auf den Hals seines Pferdes und das Tier zog blitzschnell das Tempo an – raste im halsbrecherischen Tempo über die Ebene wie der Wüstenwind. Atemu fühlte sich frei und spürte die Nähe Seths um sich herum. Aus einer Laune heraus breitete er seine Arme aus, um den Wind noch besser spüren zu können. Er schloss seine Augen und ließ sich treiben. Als Anthony beobachtete, was Atemu da machte, wurde er leichenblass. Wollte der Pharao sich umbringen?! „PHARAO!“ brüllte er da mit voller Lautstärke. Sofort riss Atemu seine Augen auf und erstarrte. Vor ihm stand eine schier unüberwindbare Wand aus Bäumen. Fast schon panisch parierte er sein Pferd durch, was im letzten Moment wiehernd sich aufbäumend zum Halten kam. „Idiot!“ fauchte Anthony ihn an, als er neben Atemu zum Halten kam. „Du kannst dich gerne umbringen, wenn dein Volk in Sicherheit ist!“ Atemu zuckte zusammen. Er wollte sich ja nicht umbringen... er wollte nur fliegen ohne Flügel... „Verzeih...“ seufzte er auf. Anthony schüttelte nur den Kopf, sich ein Grinsen verkneifend. „Du bist unverbesserlich!“ Mit einem unguten Gefühl ritten die Beiden nun unter den Bäumen lang. Atemus Augen waren überall und versuchten die Schatten zu durchdringen. Seine Ohren registrierten jedes noch so kleine Geräusch und sein Verstand arbeitete fieberhaft, um jedes Geräusch zu zuordnen. Mit einem Mal war kein Vogelzwitschern mehr zu hören. Verblüfft hielt Atemu sein Pferd an und schaute sich um. Anthony hielt neben den Pharao. „Du hast es gemerkt?“ Atemu nickte. Anthony holte tief Atem und begann zu erzählen, während sie wieder losritten. „Hier irgendwo liegt ein Dorf, dessen Bewohner dich – nett ausgedrückt – abgrundtief hassen.“ Atemu blickte verwirrt und erstaunt zu dem Spanier. „Warum?“ Anthony lächelte traurig. „Nachdem, was mir berichtet wurde, war das Dorf sehr wohlhabend. Es war reich an Lebensmittel und Kriegern. Es lebte mit Monstern, ganz besonders mit Drachen in friedlicher Koexistenz zusammen. Die Monster waren eigentlich mehr schon Familienmitglieder. Da hattest du den Befehl erlassen, alle Monster in Ketten zu legen. Du bist mit deinem Heer selber ausgeritten, um persönlich dabei zu sein, wenn deine Befehle umgesetzt werden. So kamt ihr auch an dieses Dorf. Während deine Soldaten im Dorf alle Monster gefangen nahmen und dabei nicht sehr zimperlich mit den Dorfbewohnern umgegangen sind, da diese ihre Monster zum Teil bis aufs Blut verteidigten, warst du auf den Feldern. Dort musst du einem Jungen einen schwarzen Feuerdrachen weggenommen haben. Dieser Drache war die Lebensgrundlage der Familie des Jungen. Der Großvater hat den Verlust des Drachens nie verkraftet und ist dann elendig gestorben – aus Kummer und Sorge um den Drachen. Dieser Greis war der angesehenste und beliebteste Bürger des Dorfes und er gehörte mit zu denjenigen, die bis zum bitteren Ende an der Seite deines Vaters waren. Man hatte ihn damals geblendet, als Strafe für seine Treue zu deinem Vater.“ Atemu blickte nachdenklich zu Boden. Ja, er hatte eine Begegnung mit einem Jüngling gehabt. Diese Augen hatten sich tief in seine Seele gefressen, als er den Drachen in Ketten legte und mitnahm. Atemu konnte sich sehr gut daran erinnern und er hatte lange mit sich kämpfen müssen, um nicht nachzugeben. „Deine Berater knechteten nun das Dorf und beraubten es regelmäßig jeder Lebensmittel – jeglicher Lebensgrundlage und so starben viele Alte und Kinder an Hunger. Und jedes Mal, wenn die Soldaten kamen, nannten sie deinen Namen...“ ergänzte Anthony noch. Atemu blickte nun schockiert zu dem Spanier. „Davon wusste ich nichts!“ Ein gequältes Stöhnen ließ die Beiden aufblicken und abrupt hielten sie ihre Pferde an. Etwa zehn Meter vor ihnen hing an einem Baum gefesselt ein Mensch. Er war übel zugerichtet und blutete überall aus Wunden. Hinter dem Baum war im Hintergrund ein Dorf zu erkennen. Der Mensch öffnete langsam seine Augen und starrte die Reiter erst verständnislos und dann panisch an. „Atemu... VERSCHWINDE!“ brüllte er fast schon mit ersterbender Kraft. Entsetzt schwang sich der Pharao aus dem Sattel und war auch schon im Nu bei dem Verletzten. „Subaru... was ist passiert? Halt durch!“ „Atemu... das ist eine Falle... Verschwinde...“ stöhnte der Offizier leise, während der Pharao mit Tränen in den Augen und zitternden Händen versuchte, die Fesseln zu durchtrennen. „Ich lass dich nicht hängen!“ murmelte Atemu entschlossen, als er endlich die Fesseln durchtrennt hatte. Behutsam legte er den Schwerverletzten auf den Boden und bettete den Kopf unter seinen eilig zusammengeknüllten Umhang. „Magier...“ blickte Atemu bittend auf. Dieser nickte leicht und machte sich daran, den Offizier zu heilen. Subaru schloss die Augen, während die angenehme Wärme durch seinen Körper floss. „Atemu... sie wollen dich töten. Sie haben mich hier hingehangen, damit du alles um dich herum vergisst, wenn du mich siehst. Bis vor kurzem hatten sie Wache gehalten, um dich ja nicht zu verpassen. Bitte verschwinde...“ versuchte Subaru leise auf den Pharao einzureden. Doch dieser schüttelte nur abwehrend den Kopf. „Was zur...“ Diese entsetzten, fast schon fassungslosen Worte ließen Atemu abrupt aufblicken und er starrte in die Augen eines jungen Mannes, der wie angewurzelt neben dem Baum stand und scheinbar nicht wusste, was er tun sollte. Nur Sekunden später traten eine Gruppe aus fast zwanzig Mann neben den Sprecher und blickten verblüfft auf den am Boden, neben Subaru knienden Pharao. Nachdem die erste Schrecksekunde vorbei war, sah Atemu den Hass und die Wut in den Augen der Menschen. Unschlüssig, wie er reagieren sollte blickte er auf Subaru. Minimal blitzte es um den Körper des Offiziers rotgolden auf und ein erleichtertes Lächeln huschte über die Lippen des Pharao. Der Zauberer der dunklen Magie hatte einen Schutzbann um Subaru gelegt. Langsam erhob er sich also und trat mit hoch erhobenem Haupt an die Männer. „Ich bin Atemu, Pharao und Herrscher über Ägypten.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da zuckten nun deutlich einige Hände zu den Waffen. Atemu entledigte sich seiner Waffen und hob seine offenen Handflächen. Er hatte keine Absicht zu kämpfen. „Lügner!“ zischte es da und der junge Mann, der als erstes da war, drang mit gezücktem Dolch auf Atemu ein. Der Pharao hatte mit sowas gerechnet, doch war er von der Geschwindigkeit etwas überfahren und so konnte er nicht richtig ausweichen und der Dolch drang bis zum Heft in die linke Schulter ein. Scharf keuchte Atemu auf und schon zog der Angreifer seinen Dolch zurück, was den Pharao nun vor Schmerz aufschreien ließ. Er sackte in die Knie. Der Angreifer holte zum neuen Stoß aus, da stand Anthony zwischen den Beiden, ergriff das Handgelenk, entwand dem Angreifer den Dolch und mit einem brutalen Fausthieb in den Magen katapultierte er den Mann in die Reihen der Anderen. „Es ist verständlich, wenn du so eine Wut auf den Pharao hast... nach allem was passiert ist. Dennoch solltest du nie deinen Stolz und deine Ehre wegwerfen und einen Unbewaffneten angreifen!“ knurrte der Spanier. Der junge Mann rappelte sich knurrend wieder auf und wollte gerade auf Anthony los, als die leisen Worte des Pharaos ihn innehalten ließen. „Lass gut sein, Anthony. Es ist der Jüngling, dem ich den Drachen weggenommen habe. Ich habe seine Augen nie vergessen. – Er hat ein gutes Recht, mich töten zu wollen.“ Anthony atmete tief durch. „Das ist noch lange kein Grund, dass er einen Unbewaffneten angreift!“ fauchte der Spanier. „Ich habe sie entwaffnet und dann wurden sie in meinem Namen angegriffen...“ Wieder war die Stimme sanft und ruhig, ja fast schon melancholisch. Anthony knirschte mit den Zähnen. Wollte Atemu sich hier von dem Mob lynchen lassen?! Mit einem Knurren wandte er sich also zu Atemu und wollte ihn gerade eine Moralpredigt halten, als dieser aufblickte. Anthony atmete tief ein, als er den kalten, vor Emotionen brodelnden und herablassenden Blick sah. Vor ihm kniete der Pharao, der sich nun erhob und mit festem Schritt an Anthony vorbei und zu dem jungen Mann trat. Und tatsächlich. Jeder Dorfbewohner wich augenblicklich mehrere Schritte zurück bei Atemus Anblick. „Ich weiß, was ich getan habe. Ich weiß, dass es viel Leid gebracht hat, doch habe ich dies nur getan mit der Überzeugung noch größeres Leid zu verhindern. Ich bin gerne bereit mich von euch richten zu lassen, doch verlange ich Wiedergutmachung an Subaru! Er stand immer auf der Seite des Volkes und hat sich mir mehr als nur einmal widersetzt gehabt.“ Atemus Stimme war fest und schallte weithin. „Wenn dem so ist... dann lass dich von einem Gott richten!“ fauchte der junge Mann, der Atemu angegriffen hatte. Der Pharao neigte einverstanden sein Haupt. „Du Narr...“ murrte da auch schon Subaru und gab damit Kund, dass der Magier ihn erfolgreich geheilt hat – und überhaupt nicht damit einverstanden war, dass der Pharao sich von einem „Gott“ richten lassen sollte. Ein amüsiertes Lächeln huschte über Atemus Lippen, dann folgte er den Dorfbewohnern auf die Ebene zwischen dem Dorf und dem Baum. Ungefähr in der Mitte hielten sie an und nahmen einen gehörigen Abstand zu dem Pharao. Dieser verengte misstrauisch seine Augen. Anthony spürte es als erstes. Ein Rauschen, ein Schleichen. „Atemu...“ raunte er warnend. Dieser nickte. Er hatte es jetzt auch bemerkt. Es schien ihn eingekreist zu haben, dennoch war nichts zu sehen. Plötzlich vibrierte leicht der Boden unter Atemus Füßen und dieser blickte verblüfft zur Erde. In dem Moment gab es ein lautes Knirschen und Bersten und vom Himmel, begleitet von einem höllischen Getöse, sank ein riesiges rotes Wesen zur Erde. Der Körper war so lang, dass er mehrere Male den Pharao in einem Kreis mit einem Durchmesser von etwa zwanzig Meter einkreiste. Zwei riesige Flügel prangten auf den Rücken des Wesens und ein riesiger, monumentaler Kopf mit zwei übereinander liegenden Mäulern thronte auf dem kleinen Rumpf. Ein türkisfarbener Opal prangte auf der Stirn und die Augen des Drachen, waren Azurblau – wie der Himmel. Vor Atemu stand Osiris, der Himmelsdrache. Und wieder ein Drache! Atemu war entsetzt. „Sei gegrüßt, o Pharao!“ begrüßte der Drache mit seiner tiefen Stimme bedrohlich. Atemu blickte entsetzt zu den Drachen auf. Osiris war riesig und seine Augen wirkten leer und emotionslos. Unwillkürlich wich der Pharao vor dem Drachen soweit zurück, bis er mit dem Rücken gegen den schlangenförmigen Körper stieß. Atemu war eingekesselt und gefangen. Er war dem Drachen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Panik machte sich langsam in ihm breit. Jeder starrte mit gemischten Gefühlen zu den Drachen auf. Subaru und Anthony gefiel es gar nicht, dass Atemu abgeschirmt war. Also trat der Spanier an den riesigen Drachen ran. „Osiris! Gewähre mir Zugang zu Atemu!“ befahl er barsch. Nur ganz leicht zitterte seine Stimme, da er nicht wusste, ob er sich nicht doch zu weit aus dem Fenster lehnte. „Du bist lebensmüde...“ murmelte Subaru, als er neben den Spanier trat. Der rote Drache wandte seinen Blick zu den beiden Menschen, die mit erhobenen Häuptern vor ihm standen. Langsam senkte er ein Stück den Kopf in Richtung der beiden Männer, die sofort erblassten, was den Drachen wiederum belustigte. Menschen waren doch faszinierende Wesen: selbst wenn sie fast starben vor Angst, versuchten sie Herr der Lage zu sein! Anthony entging das belustigte Aufblitzen in den azurblauen Augen nicht. „Du Biest...“ murmelte er leicht amüsiert, als er seine rechte Handfläche hob und seinen Kopf und seinen Blick leicht erhaben senkte. Der Drache hatte sehr wohl die Worte gehört und er musste schmunzeln. Dieser Mensch war interessant und wusste auch, was sich gehörte... So einen höflichen Gruß konnte Osiris nicht ignorieren. Also neigte der Drachen majestätisch sein Haupt bis seine Stirn die Handfläche des Menschen berührte und sein warmer Atem Anthony umspielte. „Sei gegrüßt, Osiris. Ich bin dein ergebener Diener...“ murmelte Anthony ergriffen. Die Haut war warm und weich. Die Macht, welcher dieser Drache ausstrahlte war atemberaubend und dennoch spürte der Spanier, dass ihm keine Gefahr drohte; dass der riesige Drache das Wesen eines kleinen Kätzchen besaß – sehr sanftmütig, verspielt und ohne Angst und Vorurteile. Langsam hob der Drache wieder seinen Kopf und stutzte leicht überrascht, als er sah, dass nun auch Subaru seine rechte Hand hob und Kopf und Blick neigte. Auch diesem erwiderte Osiris den Gruß. Nun lockerte der Drache seinen „Griff“ und ließ die beiden Menschen so zu dem vor Angst zitternden Pharao. Der Schlangenkörper lag nun locker über die gesamte Ebene verteilt. Anthony trat vor Atemu. „Alles gut, Kleiner?“ fragte er besorgt. „Ich hasse Drachen...“ murmelte dieser nur. Angstschweiß stand auf seiner Stirn und er konnte sich nicht bewegen vor Angst. Subaru war hinter dem Spanier geblieben und musterte seinen Pharao. Noch nie hatte er einen Menschen gesehen, der so panische Angst hatte. Er wusste gerade nicht, ob er Atemu überhaupt noch als Pharao respektieren sollte. Wer sich so vor einem Monster fürchtete, war doch nicht in der Lage, ein Land konsequent zu führen! „Hast du Osiris schon begrüßt?“ fragte da Anthony leicht amüsiert auf die Worte Atemus. Die Augen des Pharaos weiteten sich noch ein Stück mehr und das Gesicht war nun schneeweiß. „Er ist ein Drache! Wie soll ich ihn...“ Entnervt brachte der Spanier seinen Freund zum Schweigen. „Du weißt, wie ein ehrenvoller Krieger einen Drachen zu begrüßen hat! Also tu es jetzt endlich und mach dich nicht lächerlich! Du willst Pharao sein und bist noch nicht mal in der Lage, die einfachsten Höflichkeitsformeln zu erfüllen!“ fauchte Anthony. Atemu schluckte schwer und blickte beschämt zu Boden. Aber die Angst, dass es diesem Drachen egal war und ihn einfach töten würde, saß zu tief. Klar, Yugi hatte immer und immer wieder gesagt gehabt, dass kein Drache jemandes Feind ist, wenn man ehrlich und offen zu ihnen ist. Ihnen vertraut und... Yugi! Atemus Kopf riss hoch und er blickte nun direkt in die Augen des roten Drachens. Wie oft hatte Yugi die Drachen gegrüßt... Dachen, die ihn offensichtlich feindlich gesinnt waren! „Yugi... ich hoffe du hast Recht!“ murmelte der Pharao unbewusst so laut, dass es jeder hören konnte und dann trat er an Osiris ran. Dieser lehnte sich mit seinen Kopf leicht abwartend zurück und beobachtete den Pharao. Schon längst hatte er seine Gedanken mit denen von Atemu vernetzt. Er spürte das Chaos und die Angst und auch das tiefe Vertrauen zu dem kleinen Menschen mit dem Namen Yugi. Er sah die Selbstzweifel, die Trauer und das Bereuen der Taten. Er sah wie sehr der Pharao mit seinem Volk litt, wie wichtig ihm jedes ihm anvertraute Wesen ist. Allerdings erkannte der Drachen auch, dass Atemu eigentlich noch ein Kind war, was Führung benötigte. Atemu war überfordert mit der Bürde des Pharaos, obwohl er sich langsam rein fand und nach und nach sich entfaltete. Da atmete Atemu langsam tief ein und aus und hob seine rechte Handfläche, während er seine Augen schloss und sein Haupt respektvoll neigte. Er zitterte am ganzen Körper, während er nun wartete, was passieren würde. Unendlich langsam senkte Osiris sein Haupt und beobachtete dabei scharf den Pharao bis seine Stirn die Handfläche Atemus berührte. Der Drache schloss seine Augen und genoss die Wärme der Hand, das Gefühl der sanften Berührung und er zog den Geruch des Menschen ein. Atemu schlug verblüfft seine Augen auf und blickte zum Drachen, als diese Wärme, die Kraft des Drachen durch seinen Körper schoss. Es war angenehm und beruhigend. Da öffnete der Drache ebenfalls wieder seine Augen und Beide verloren sich in den Welten des anderen, während sie sich tief in die Augen blickten. Langsam löste sich der Drache wieder und erhob sein Haupt. „Pharao, du hast mit deinen Entscheidungen viel Leid über dein Volk gebracht. Du hast dich dem Urteil dieses Dorfes unterworfen, als Buße. Dieses Dorf hat mich gebeten, über dich zu richten. Unterwirfst du dich auch meinem Urteil?“ Die Worte Osiris waren weit vernehmlich und bar jeder Emotionen. „Ich habe viele Fehler gemacht. Und dazu stehe ich!“ antworte Atemu leise aber mit fester Stimme. „Pharao... ich habe gesehen, dass du nie die böswillige Absicht hattest, dein Volk zu schaden, daher verlange ich von dir als Buße, das du den hier Anwesenden verdeutlichst, wie hoch dir das Leben steht, in dem du dich vor mir verneigst und um Gnade bittest. Zeige Demut!“ Tiefes Schweigen herrschte als Antwort. Atemu runzelte verwirrt die Stirn. Warum sollte er sich vor Osiris in den Staub werfen? Wäre es nicht besser, wenn er sich vor den eigentlich Geschädigten verneigen würde? Er blickte sich um, sah die skeptischen Blicke auf sich ruhen und wusste, dass man ihm nur eine zweite Chance gab, wenn er sich wirklich vor dem Drachen verneigte. Also schloss er ergeben seine Augen, neigte sein Haupt und setzte an, um in die Knie zu fallen, als - „Pharao!“ Atemu hielt inne. Sein Kopf ruckte hoch und seine Augen waren weit aufgerissen. Er kannte diese Stimme! „Atemu!“ Atemu blickte in den Himmel und sah einen schwarzen Körper auf sich zu rasen. Es war ein schwarzer Drachen. Mit letzter Kraft schlug dieser noch einige Male mit dem Flügeln, um sich abzubremsen. Doch die Flügel versagten den Dienst. Brutal schlug der Drache auf der Erde auf, rutschte an Atemu vorbei, überschlug sich mehrere Male und blieb zwischen den Dorfbewohnern liegen. Entsetzt starrten sie auf den blutüberströmten, schwerverletzten Drachen. „Atemu, ignoriere den Drachen und verneige dich vor Osiris!“ befahlen Subaru und Anthony wie aus einem Mund. Doch Atemu hörte nicht. Er starrte den Drachen ungläubig an. Sah, wie der große Körper mühsam bebte. Schwer bekam der Drache Luft. Ein tiefes schmerzgepeinigtes Stöhnen entrang sich der Kehle. „Nein...“ hauchte der Pharao fassungslos. Und da öffneten sich langsam die blutroten Augen. „Verzeih...“ hauchte der Drache. „Rotauge!“ schrie nun der Pharao auf und vergaß alles um sich herum. Es war ihm egal, was er tun sollte. Es war ihm egal, was man von ihm verlangte. Es war ihm egal, ob er Pharao war. Vor ihm lag schwerverletzt ein Wesen, was für ihn wie ein Freund geworden war. Er stürmte zu den Drachen und nahm den Kopf fest in seine Arme, während seine Hände zitternd versuchten beruhigend über den Hals des Drachen zu streicheln. „Rotauge... was ist passiert?“ Rotauge genoss die Wärme des Pharaos. Er spürte das Herz und er wusste, dass die Anteilnahme ehrlich war. Der Pharao machte sich große Sorgen um ihn, weinte um ihn. „Atemu...“ hauchte er leise dankbar. „Was ist passiert, Rotauge? Sprich, bitte!“ flehte der Pharao schon fast. Doch Rotauge schloss für einen Moment seine Augen, sog die Wärme, die vom Pharao ausging tief in sich auf und sammelte Kraft. „Magier! – Heile ihn!“ befahl da plötzlich Atemu herrisch und er blickte fast schon panisch zu dem Zauberer der dunklen Magie. Dieser trat langsam näher und legte seine Hand auf das Herz des Drachens. Tränen liefen über das scharfgeschnittene Gesicht des Magiers. Atemu beobachtete seinen Magier genau und ihm wurde schlecht, als er die Tränen sah. „Bitte...“ Der Magier schüttelte den Kopf. „Ich kann ihm nicht mehr helfen. Er ist zu schwer verletzt... Verzeih.“ Leise waren die Worte des Magiers. „Der Chaosmagier...“ setzte Atemu an, doch der Zauberer der dunklen Magie schüttelte nur den Kopf. „Rotauge müsste schon längst tot sein... Sein Herz schlägt nicht mehr... Es ist bereits erkaltet.“ Atemu wurde blass und er blickte zu den Drachen, dessen Kopf er in seinen Armen hielt. Er sah die Tränen des Drachen in den roten Augen glitzern. „Bitte verzeih mir... Ich konnte ihn nicht beschützen...“ raunte da der Rotauge. Da wurde Atemu bewusst, dass Yugi nicht dabei war. Doch er spürte, dass Yugi noch lebte und somit schob er den Gedanken an seinen Dieb erstmal bei Seite. „Dich trifft keine Schuld...“ murmelte Atemu, während er sich tief über den Kopf und den Hals des Drachens beugte. Er wollte ihn Wärme und Trost geben. „Bitte rette ihn...“ hauchte der Drache sterbensmatt. „Keine Sorge, ich werde ihn retten. Ihr werdet wieder gemeinsam über die Wolken fliegen!“ versprach der Pharao. Rotauge lächelte warm und nachsichtig. „Atemu, du weißt, dass es nicht passieren wird. Mein Ende ist da... Ich danke dir, dass du mich nicht alleine lässt...“ Atemus Arme schlangen sich noch fester um den Kopf des Drachen. Tränen liefen über sein Gesicht. Es durfte nicht sein! Warum Rotauge? Da berührte ihn sanft die Stirn des roten Drachens zwischen den Schultern. „So ist der Lauf der Dinge, mein Pharao. Freunde kommen und gehen. Wenn die Zeit abgelaufen ist, dann ist es Zeit sich zu verabschieden...“ Fest umschlungen hielt Atemu Rotauge fest, während dieser nach und nach mit dem Atmen aufhörte und für immer einschlief. Die Wärme des Pharaos und dessen Versprechen haben ihn die Reise ins Jenseits um so vieles erleichtert. Er war schlussendlich ohne Schmerzen eingeschlafen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)