I can see von Miss_Keks (Np: Sasusaku) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Fluchend rannte ich durch den Gang, stolperte über meine eigenen Füße, verlor beinahe das Gleichgewicht, richtete mich wieder auf und hastete weiter. In Dauerschleife wiederholte sich dieser Vorgang und ich verfluchte den Kaffeeentzug. Aber dafür war keine Zeit gewesen. An der nächsten Ecke stieß ich mit einem Mann zusammen, an dem ich mich, eine kurze Entschuldigung zurufend, vorbei drängelnde. Empört schrie er mir etwas hinterher, doch ich war bereits wieder damit beschäftigt, meine Atmung zu regulieren, damit ich nicht auf dem Krankenhausflur zusammenbrach. Obwohl das hier wohl nicht wirklich eine Gefahr oder ein Problem darstellen würde. Endlich war ich im richtigen Stockwerk und im nächsten Moment riss ich bereits die benötigte Türe auf. Der Adrenalinspiegel war noch immer gestiegen und das Blut rauschte in meinen Ohren. Selbst ihr Anblick brachte mir keine Erleichterung. Nach wie vor war mein Herz schwerer als ein Blauwal und mein gesamter Körper wirkte taub und leblos. Ihre Augen waren geschwollen und rot. Ohne Unterlass flossen Tränen aus den sonst so strahlenden und Stärke widerspiegelnden Seelenspiegeln. „Saku.“ Meine Stimme war lediglich ein Hauchen und sie streckte ihre Arme wie ein kleines Kind nach mir aus. Im nächsten Augenblick drückte ich sie fest an mich. Sie krallte sich an mich und ich spürte bereits nach kurzer Zeit, wie mein Shirt feucht wurde. Nur zu gerne würde ich etwas sagen, sie trösten, doch für diese Situation gab es keine Worte, die etwas bewirken könnten. Zumindest nicht meinerseits. Uns blieb nichts anderes übrig, als auf Sasuke zu warten. Bis dahin konnte ich ihr lediglich die Gewissheit geben, dass sie nicht allein war. „Das kann einfach nicht wahr sein! Naruto, das kann nicht passiert sein!“ Sakura riss an meiner Kleidung und schlug mit Fäusten gegen meine Brust. Ich ließ es geschehen, erwiderte nichts. Drückte sie lediglich weiterhin an mich und ließ meinen Tränen freien Lauf. Es war schrecklich und ich fragte mich, wie nach dem Geschehenen jemals irgendetwas wieder so sein sollte wie früher. Das rosahaarige Mädchen schüttelte immer wieder in Verzweiflung den Kopf und murmelte unverständliche Worte. Sie war traumatisiert und schien nicht einmal die Schmerzen zu bemerken, welche sie bei ihren Bewegungen haben musste. „Nein“, flüsterte sie schließlich immer wieder, bis die Türe plötzlich aufgestoßen wurde. „Saku!“ Sie hob den Kopf und die Tränen flossen nur noch stärker. Ich stand wortlos auf und machte Sasuke Platz, welcher sofort seine langjährige Freundin in den Arm nahm und mich ansah. In seinem Blick lag der Schmerz des Verlustes, den man nicht verstecken konnte. Seine sonst so kühle Miene war von Leiden und Unglauben gekennzeichnet. Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um das sich anbahnenden Schluchzen zu unterdrücken und die Augen meines besten Freundes füllten sich mit Tränen. Er vergrub sein Gesicht in Sakuras Haaren und ich sah ihn zum ersten Mal weinen. Mein Herz war gebrochen, meine Welt lag in Scherben und ich hätte in diesem Moment die gesamte Menschheit umbringen können. Ich wollte alles in Schutt und Asche legen, die Zeit zurückdrehen. Verdammt, wenn es sein musste, hätte ich mich von diesem Auto totfahren lassen, nur um ihr Glück zu beschützen. Ein Schrei stahl sich in meine Kehle und ich musste den Rest an Willenskraft, der mir in diesem Moment zur Verfügung stand, aufbringen, um ihn zu unterdrücken. Das konnte einfach nicht echt sein. Ich musste aufwachen, sonst würde ich diesen Alptraum kaum überleben können! Doch etwas sagte mir, dass es real war und dass es nicht rückgängig zu machen sei. Noch immer weinend wandte ich mich von meinen Freunden ab. Es zerriss mir die Seele, sie so zu sehen. Sie so leiden zu sehen. Mit verklärter Sicht ließ ich mich auf den Boden sinken und vergrub meinen Kopf in den Händen. Verdammt, ich hasste diese Welt! Nach einiger Zeit war ein Arzt und zwei Krankenschwestern gekommen, die Sakura zur erneuten Untersuchung in ein anderes Zimmer geführt hatten. Doch das sture Mädchen hatte sich geweigert, ohne Sasuke zu gehen, weswegen er sie begleiten durfte. Obwohl ich bezweifelte, dass er sie ohne sich noch einmal irgendwohin gehen lassen würde. Währenddessen saß ich nach wie vor in dem selben Raum. Nach wie vor auf dem Boden. Nach wie vor weinend. Nach wie vor die Welt verfluchend. In meinem Inneren begann das Feuer der Wut langsam abzunehmen und auch der Schmerz wurde durch eine willkommene Taubheit milde gestimmt. Letztendlich flossen lediglich weiterhin Tränen über mein Gesicht, die nicht versiegen konnten, während mein Kopf leer blieb. „E-entschludigen Sie“, ertönte plötzlich eine angenehme, weibliche Stimme, „K-kann ich Ihnen vielleicht i-irgendwie helfen?“ Ich fuhr hoch und erblickte eine Gestalt auf dem zweiten Bett in diesem Raum sitzen. War sie da schon die ganze Zeit über gewesen? Sie blickte in meine Richtung, doch sie sah mich nicht. Um ihre Augen lagen dicke, weiße Verbände, die beinahe das gesamte Gesicht einnahmen. Dennoch strahlte ihr hilfsbereites Lächeln etwas Warmes aus. Ich war gefangen von ihrem Auftreten. Das dunkelhaarige Mädchen vor mir war... wirkte... Nein, sie war ein Engel. Kapitel 1: Der erste Besuch --------------------------- „Mir?“ Erstaunt blinzelte ich einige Male. Ihre blassen Wangen färbten sich rosa, während sie den Kopf ein wenig schief legte. „S-sie klingen n-nicht sehr g-glücklich u-und wir s-sind scheinbar alleine hier, d-deswegen d-dachte ich...“ Das Mädchen brach schüchtern ab. „Ich glaube kaum, dass mir in meiner Situation irgendjemand helfen kann, echt jetzt. Aber danke fürs Angebot.“ „Nun, ich k-kann Ihren Schmerz nicht lindern, d-da haben Sie recht. Je-jedoch könnte ich versuchen, Ihre Wartezeit auf die Resultate o-oder auf Ihre Freundin zu verkürzen“, drängte sie sachte. Ein leichtes Lächeln nahm mein Gesicht in Beschlag. „Wenn du... äh... Sie drauf bestehen, echt jetzt!“ Schwerfällig erhob ich mich vom kalten Boden und setzte mich auf einen Stuhl, welcher zwischen beiden Betten stand. Das Gesicht des Mädchens strahlte eine ruhige Wärme aus und mir war es nur recht, dass sie mich nicht sehen konnte – so merkte sie zumindest nicht, dass ich sie beinahe ununterbrochen anstarrte. „Also, wieso sind Sie hier?“, fragte ich und stolperte dabei über die höfliche Anrede. Wie ungewohnt das doch war. Das Lächeln verschwand schlagartig und ein harter Ausdruck trat an seine Stelle. Ihre Haltung versteifte sich. „Verzeihen Sie, aber ich würde es vorziehen, nicht darüber zu reden.“ Fragend verzog ich das Gesicht. Was sie wohl für ein Geheimnis barg? Doch ich beschloss, nicht weiter nachzufragen. „Geht klar, echt jetzt!“, erwiderte ich und hob den Daumen in die Höhe. Als mir jedoch einfiel, dass sie es nicht sehen konnte, senkte ich ihn unangenehm berührt. Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. „Also, wie heißen Sie?“, wollte ich wissen, um die Stille zu brechen. „Hyuuga Hinata“, stellte sie sich vor und lächelte, „Sie sind?“ „Uzumaki Naruto.“ Vielleicht hätte ich über meinen nächsten Schritt nachdenken müssen, doch Denken war noch nie meine Stärke gewesen. Vorschnell griff ich nach ihrer Hand und drückte sie. „Nett Sie kennenzulernen!“ Das Mädchen errötete und neigte den Kopf so, als würde sie auf auf unsere Finger blicken. Grinsend brach ich den Körperkontakt und lehnte mich im Stuhl zurück. „Haben Sie was dagegen, wenn ich „du“ sage? Das ganze höfliche Getue ist nicht so meins“, schlug ich ihr hoffnungsvoll vor. Hinata schien einen Moment lang zu überlegen, bevor sie nickend die Spitzen ihrer Zeigefinger aneinanderstieß. Fasziniert beobachtete ich sie dabei. Es wirkte wie eine unbewusste Geste, die sie bereits über Jahre hindurch praktizierte. Auf meiner Hand brannte noch das warme Gefühl ihrer Haut. Sie war weich, aber dennoch rauer als man am Anfang annehmen würde. Wir saßen eine gedehnte Ewigkeit stumm nebeneinander, bevor sie das Wort ergriff. „Falls Ihre... uhm... ich meine, deine, Freundin lä-länger hier bleibt, d-dann s-sollte sie a-auf keinen Fall die P-pizza oder d-den Cappuccino probieren.“ Erstaunt musterte ich sie. „So schlecht?“ Sie nickte lediglich und verzog dabei auf eine solch ungewöhnliche Art das Gesicht, dass ich leise lachen musste. „Gut, werde ich ihr ausrichten! Danke, du hast ihr wohl grad das Leben gerettet, echt jetzt!“ Lächelnd saßen wir uns gegenüber. Gedankenverloren spielte ich mit meinen Schlüsseln, auf der Suche nach einem Gesprächsthema. Doch mein Kopf war leer. Es gelang mir nicht, wie sonst immer, eine lockere Unterhaltung anzufangen. „Wie fühlst du dich?“, fragte sie plötzlich und ihre sanfte Stimme klang vorsichtig, dennoch schien sie mich zu einer Antwort zu drängen. „War schon mal besser“, erwiderte ich langsam und ballte meine Hände im Schoss zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervortraten. Hinata antwortete nichts darauf. Doch das war auch nicht nötig, da die Worte wie von selbst aus meinem Mund strömten. „Es ist nicht fair. Verstehst du? Wieso hat das Schicksal ihr so einen Scherz gespielt?! Das hat Sakura einfach nicht verdient! Und Teme? Es wird ein Wunder sein, wenn er sich nicht noch mehr verschließt und sich letztendlich noch umbringt, weil er das alles in sich reinfrisst! Gut, das letztere ist absoluter Schwachsinn, echt jetzt, aber ich mach mir trotzdem Sorgen. Und ich weiß auch nicht, wie das ihre Beziehung prägen wird. Die Beiden sind stark, keine Frage, doch das... Scheiße! Wieso musste das passieren? Ich verstehe es einfach nicht? Sie haben das nicht verdient! Aber trotzdem ist es passiert! Wieso?“ Wütend schlug ich mir mit der Faust auf den Oberschenkel und erneut flammte das Verlangen in mir auf, alles zu zerstören. Tränen sammelten sich in meinen Augen, während ich mit mir selbst ringend auf meinen Schoss starrte. „Viele Menschen“, erhob sie ihre Stimme, die ohne Probleme wie ein scharfes Messer den Nebel in meinem Kopf zerschnitt, „werden dir sagen, d-dass im Leben oft S-sachen passieren, die wir nicht erklären k-können. Sie werden dir raten, e-es einfach sein zu lassen. E-es hinzunehmen, wie e-es ist.“ In meiner Brust zog sich etwas vor Enttäuschung zusammen. Auf was hatte ich gehofft? Doch das Mädchen sprach weiter, bevor ich auch nur ein Wort verlieren konnte. „Hör nicht auf sie. L-lass sie am besten gar nicht fertig reden. Es ist Sch-schwachsinn. Du wirst länger brauchen, die Sache e-einfach als „Passiert“ hinzunehmen, als für irgendetwas anderes. Zwar stimmt es, dass es dafür keine Therapie oder Heilmittel gibt, aber du kannst deinen eigenen Weg finden, d-damit abzuschließen. I-ich persönlich würde dir raten, a-als erstes d-deine ganze Wut a-auszulassen. G-geh und mach irgendetwas kaputt. Schreie, wenn es dir hilft. A-aber lasse es raus. U-und d-dann... Dann musst du zur Ruhe kommen und dir b-bewusst werden, w-was du als nächstes tun w-willst.“ Mit offenem Mund starrte ich sie an. Damit hätte ich nicht gerechnet. Wie kam ein solch zerbrechliches und unschuldig wirkendes Mädchen auf solche Ratschläge? Solch eine Rede hätte ich von mir erwartete oder von Saku, aber nicht von Hinata. Sie wiederum hatte den Kopf in meine Richtung gedreht und lächelte mir aufmunternd zu. Wie froh ich in diesem Moment über die Verbände über ihren Augen war, konnte ich nicht in Worte fassen. Schließlich musste ich ziemlich dumm aussehen. „Okay! Danke, ich werde es auf jeden Fall tun, echt jetzt! Danke!“ Sie schüttelte mir roten Wangen den Kopf. „Nichts zu danken“, winkte sie ab und strich sich eine ihrer langen, dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie wirkten so weich und fließend. Beinahe wie ein nachtschwarzer Himmel ohne Sterne. „Wie lang bist du noch hier?“, fragte ich mit dem Hintergedanken, sie morgen wiederzusehen. Der Ausdruck im Gesicht des Mädchens wurde traurig. „Weiß ich nicht genau. Aber die restliche Woche auf jeden Fall noch. Danach holen mich meine Eltern wahrscheinlich ab“, antwortete sie. „Deine Eltern? Nicht dein Freund?“, wollte ich erstaunt wissen. Sie wurde noch röter im Gesicht. Erneut stieß sie ihre Finger aneinander. Doch bevor sie antworten konnte, wurde die Türe geöffnet. Mein Blick flog zu dieser und ich erhob mich wie ferngesteuert, als Sakura und Sasuke das Zimmer betraten. Sie wirkten noch zerstörter als zuvor, wenn das überhaupt möglich war. Doch ich bildete mir ein, in den smaragdgrünen Augen, die auf mir lagen, Hoffnung lesen zu können. Innerhalb weniger Sekunden hatte ich das Zimmer durchquert und half meinem Freund, das Mädchen auf das Bett zu setzen. Die Rosahaarige krallte sich an meinen Ärmel und murmelte etwas Unverständliches. „Hä?“, hackte ich nicht wirklich intelligent klingend nach. „E-es i-i-ist am Leben“, hauchte sie. Meine Welt hielt an. Stand für einen Augenblick still, bevor sie in einen schwarzen Abgrund fiel, nur um im nächsten Moment in übernatürlicher Geschwindigkeit wieder nach oben zu sausen und sich in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. „Du weißt, was der Arzt gesagt hat, Kirschblüte“, meinte Sasuke mit bestimmter und doch vorsichtiger Stimme. Sakura nickte schnell und die Hoffnung in ihren Augen schwand für einige Sekunden. „A-aber die Möglichkeit besteht.“ Der Schwarzhaarige setzte sich zu ihr auf das Bett und nahm sie fest in den Arm. „Ja, Kleines, sie ist da.“ „Okay, Leute, ihr wisst, dass ich ein Trottel bin und so etwas nicht checke“, schaltete ich mich ins Gespräch ein, „Worum geht’s? Was haben die Docs gesagt?“ Sasuke strich dem Mädchen über das Haar, während sie ihr Gesicht in seiner Brust vergrub. „Man kann nicht feststellen, ob das Kind noch lebt“, erklärte er dann langsam und ich merkte, dass ihm jedes Wort schwer fiel. Für ihn waren es wohl wie brennende Kohlestücke im Mund. Meine Beine gaben nach. Schmerzhaft trafen meine Knien auf dem Boden auf. Alles drehte sich. Sollte ich mich freuen oder nicht? Das Mädchen war nun seit knappen drei Monaten schwanger. Da ihr Körper stark auf die Veränderung reagiert hatte, hatten wir es bereits sehr früh erfahren. Seitdem war sie launisch noch schlimmer gewesen als jemals zuvor. Doch wir alle hatten es mit viel Verständnis aufgefasst und haben unser bestes gegeben, auf sie aufzupassen. Jedoch es war nicht genug gewesen. An diesem Tag war sie auf dem Weg zum Arzt gewesen – ohne Begleitung. Sasuke hatte auf einem wichtigen Meeting sein müssen, während ich einen krank gewordenen Kollegen vertreten hatte. Sakura hatte darauf bestanden, es alleine zu tun, und um sie nicht zu verärgern, haben wir sie gehen lassen. Wenige Stunden später kam ein Anruf aus dem Krankenhaus. Leise fluchend fuhr ich mir übers Gesicht und schlug dann mit der Faust auf den Boden. „Dobe, krieg dich wieder ein“, hallte Sasukes Stimme durch das beinahe Stille Zimmer und ich blickte zu ihm auf. In seinem Blick lag eine undefinierbare Mischung aus Gefühlen. „Verdammt, Teme, ich bin verwirrt! Was erwartest du von mir? Willst du, dass ich wie ein Eisklotz hier dran stehe und warte, was als nächstes passiert?“, zischte ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs. „Nein, aber dass du dich wie ein Mann benimmst“, erwiderte er kühl und ich fragte mich, wie er solch eine Ruhe bewahren konnte. „Halt die Klappe“, brummte ich angeschlagen und erhob mich mühsam, bevor ich aus dem Raum stürmte. In meinem Kopf herrschte ein undurchdringbarer Nebel. Taubheit hatte sich in meinem Körper ausgebreitet. Jedoch war sie nicht gewillt, weder den Schmerz noch die Verwirrung zu dämpfen. Wie geschärfte Messer fuhren die Gefühle, die unzusammenhängenden Gedanken in mein Fleisch, rissen es auf und hinterließen blutende Wunden. Wütend schlug ich gegen eine Wand. Immer und immer wieder rammten meine zu Fäusten geballten Hände das harte Gebilde, bis meine Knöchel aufplatzten. Noch immer voller Wut verbot ich es mir zu bremsen. Doch meine Kraft sank und ich spürte, wie ich immer schwächer, immer langsamer wurde. Schließlich hörte ich auf und starrte mit gläsernem Blick auf den Boden, wobei mein Atem schnell und flach war. Ich schien eine Ewigkeit unbewegt da zu stehen und an nichts bestimmtes zu denken. Meine Hände schmerzten bei jeder Fingerbewegung. Dennoch bereute ich meine Tat nicht. Nun hatte ich mich ein wenig beruhigt, auch wenn ich noch immer wütend und verstört war. Während ich einmal tief durchatmete, beschloss ich, Sakura etwas Süßes zu besorgen. Schließlich war Zucker gut für die Nerven. Das Geschehene nach wie vor in meinem Kopf verarbeitend kaufte ich ihr einen Schokoriegel und eine Packung Gummibärchen. Hoffentlich würde sie das ein wenig beruhigen. Als ich das Zimmer betrat, musste ich überrascht feststellen, dass das Mädchen auf Hinatas Bett saß und mit einer bedrückten Miene mit der Schwarzhaarigen redete. Sasuke saß auf dem Stuhl neben ihr und hielt die Hand seiner Freundin. „Hey“, machte ich sie auf mich aufmerksam. Schlagartig lagen alle Blick auf mir. „Wieso hast du nicht gesagt, dass ich so eine nette Zimmernachbarin habe?“, zischte die Rosahaarige augenblicklich wütend und ich hob abwehrend die Hände. „Hat nicht wirklich nach dem richtigen Zeitpunkt ausgesehen, echt jetzt“, verteidigte ich mich ausweichend. Sie prustete die Wangen auf. „Immer deine Ausreden!“ Ein wenig genervt verdrehte ich die Augen und trat zu ihnen heran. Zum wiederholten Male stellte ich fest, wie anstrengend Sakura sein konnte. Kommentarlos warf ich ihr die Süßigkeiten in den Schoß und setzte mich auf die andere Seite des Bettes. Mein Blick hing ausdruckslos in der Luft. Noch immer wollte das Geschehene sich nicht in meinem Kopf festsetzten. Leise seufzend atmete ich aus, während ich mich streckte. Möglicherweise war alles nicht ganz so schlimm. „Musst du morgen wieder vertreten?“, wollte Sasuke plötzlich wissen. Nachdenklich sah ich ihn an, bevor ich verneinte. Er nickte scheinbar zufrieden. „Kannst du dann morgens kommen?“ Augenblicklich verstand ich. „Logo, Teme, kein Ding. Kannst ruhig zu deinem hässlichen Meeting, echt jetzt!“, versicherte ich ihm. „Familientreffen“, korrigierte er. „Ist doch das Selbe bei euch.“ Er verdrehte die Augen, wobei ich noch immer ein wenig angeschlagen grinste. Die Zeit verflog unbemerkt an uns vorbei, während wir miteinander über belanglose Themen redeten und Hinata näher kennenlernten. Doch das Mädchen erzählte kaum etwas aus ihrer Vergangenheit oder über ihre Familie. Auch erwähnte sie den Grund ihres Aufenthaltes nicht. Obwohl es mich ein wenig wunderte, bohrte ich nicht weiter und auch meine Freunde hielten sich zurück. Doch die Besucherzeit war endlich, weswegen Sasuke und ich bald auf eine weniger freundliche Art aus dem Krankenhaus gebeten wurden. Während der Schwarzhaarige sich von seiner Freundin verabschiedete, stand ich ein wenig unsicher an Hinatas Bett und blickte sie an. Sie lächelte mich vorsichtig an. „Also, dann, ich muss los“, begann ich langsam, „Aber wir sehen uns morgen, echt jetzt. Das verspreche ich dir!“ Auch wenn es nutzlos war, hielt ich meinen rechten Daumen in die Höhe und grinste. „Du m-musst dir n-nicht die Mühe machen“, erwiderte sie schüchtern. „Ach, was! Bin ja sowieso da und umso mehr, desto besser, echt jetzt!“, versicherte ich ihr. „D-danke“, murmelte sie und senkte verlegen den Kopf. Schmunzelnd ergriff ich ihre Hand, um sie zu schütteln. „Mach´s gut“, verabschiedete ich mich. „Dobe“, begann Sasuke, kaum dass wir das Krankenhaus verlassen hatten. Fragend warf ich ihm einen Seitenblick zu. Er starrte scheinbar gedankenverloren auf den Gehweg und ein harter Zug lag um seinen Mund. Es war kalt geworden, weswegen ich mein Kinn, welches immer fror, möglichst tief im Schal vergrub. Seufzend atmete ich einen Stoß heißer Luft aus, der den Wind in einer kleinen, kalten Wolke empfing. „Hör zu, wenn du irgendetwas brauchst, dann sag es. Ich hab nämlich keine Ahnung, wie ich mit dieser Situation umgehen soll“, drängte ich ihn, endlich den angefangenen Satz zu beenden. „Es ist viel, worum ich dich bitten werde und ich kann kaum verlangen, dass du es wirklich machst.“ Für einen kurzen Moment blieb ich verblüfft stehen, um ihn anzublicken. Sasuke hatte noch nie so offen um Hilfe gebeten und auch war er nie so rücksichtsvoll gewesen. „Scheiße, Mann, das ganze muss dein Hirn geschmolzen haben, echt jetzt“, brummte ich, während ich ihm wieder über den Parkplatz folgte. „Hn“, erwiderte er lediglich genervt. Ich grinste schief. Wenigstens hatte er sich in diesem nicht geändert. „Na los, hau schon raus. Was willst du?“ Er atmete tief ein. „Hör genau zu. Ich werde dich nur einmal darum bitten, hast du mich verstanden?“ Mir war bewusst, dass es sich um etwas ernstes handeln musste, doch ich war bereit dazu. Für meine Freunde würde ich ölverschmiert durchs Feuer gehen und überleben. „Als erstes, wenn du auch nur ein Wort über dieses Gespräch vor Sakura verlierst, werde ich dich persönlich umbringen. Hoffentlich ist das klar.“ „Na dann viel Spaß, einen neuen, besten Freund zu suchen. Das wirst du nämlich nicht schaffen.“ Er atmete tief ein, bevor er fortfuhr: „Ich will diesen Typen finden und ihn dafür büßen lassen.“ Wir waren bei seinem Wagen angekommen und er starrte nun ausdruckslos auf die Scheiben. Meine Augen lagen auf ihm. Nach all dem, was passiert war, wunderte mich sein Beschluss nicht im Geringsten. Doch in meinem Kopf wanderte ein stetiges Chaos umher, welches sich in diesem Moment scheinbar in der Blüte seiner Macht befand. „Sicher, dass Sakura damit auch nur für eine Sekunde einverstanden wäre?“ Sasuke zuckte mit den Achseln. Ich seufzte und fasste dann einen Entschluss. „Solange du ihn nicht umbringen willst, bin ich dabei, echt jetzt. Melde dich, wenn du irgendetwas rausgefunden hast und ich ruf mal ein paar Freunde an. Mal sehen, was sich ergibt.“ Bekräftigend hob ich den Daumen. Er nickte. „Mach bloß nichts Dummes“, meinte er, bevor er sich in den Wagen setzte. „Du auch“, flüsterte ich unhörbar, bevor ich mich in Gedanken versunken auf den Weg nach Hause machte. Während ich mich Stunden später schlaflos von einer Seite auf die andere in meinem Bett wälzte, bildete sich in meinem Magen ein immer größerer Kloß, der mich scheinbar in einen nie endenden Abgrund zog. Es war aussichtslos. Mein Verstand konnte das Geschehene nicht verarbeiten und der Schmerz in jedem einzelnen Gewebe meines Körpers wollte sich nicht lindern lassen. Seufzend drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Wieso verging die Zeit so langsam? Weswegen konnte es nicht bereits soweit sein, dass ich die Mädchen besuchen konnte? In diesem Moment kamen mir Hinatas Worte wieder in den Sinn. „Lass erst die Wut raus und schau dann weiter.“ Schlagartig sprang ich auf und sah mich im Zimmer um. Nun wusste ich, was zu tun war. Mich interessierte die Uhrzeit nicht. Auch ließ ich die möglichen Beschwerden meiner Nachbarn bei der Polizei außer Acht und griff nach einem alten Kissen, welches mir meine Mutter zu einem längst vergessenen Anlass gestrickt hatte. Sie würde es sicherlich nicht vermissen und ich hatte es schon immer hässlich gefunden. Wütend schritt ich damit ins Wohnzimmer, direkt auf ein Regal, gefüllt mit unterschiedlichen Auszeichnungen und Pokalen aus meiner Vergangenheit, zu. Mit einem hasserfüllten Schrei schlug ich zu. In Ekstase geraten zerschmetterte ich sie alle. Einige warf ich gegen die Wand, andere nahm ich mit meinen bloßen Händen auseinander. - Ohne Rücksicht auf Erinnerungen oder Bedeutung. In diesem Moment nahm ich nichts wahr, dachte an nichts, spürte nichts. Nur der rasende Zorn über die Sinnlosigkeit dieses Geschehens trieb mich an. Knurrend zerriss ich die letzte Urkunde, bevor ich mich erschöpft auf die Knie sinken ließ, um mir für einen kurzen Augenblick einen Überblick über das herrschende Chaos in meinem Wohnzimmer zu verschaffen. Man könnte denken, ein Hurrikan hätte in dem Raum getobt und bei dem Gedanken, das alles aufräumen zu müssen, wurde mir übel. Doch es hatte sich gelohnt. Auch wenn ich noch immer niedergeschlagen war, hatte sie die Wut aufgelöst, wobei sie einen Teil des Schmerzes mitgenommen haben zu schien. Mit einem erschöpften Lächeln blickte ich auf die Wohnzimmeruhr und stellte fest, dass ich mich bald auf den Weg machen müsste, um pünktlich zum Anfang der Besucherzeit im Krankenhaus zu sein. Erleichtert, dass ich nun eine Beschäftigung finden würde, erhob ich mich. Einige Zeit später betrat ich das Krankenhaus. In der Nacht waren die Temperaturen drastisch gesunken und nun schneite des ununterbrochen wie auch die letzte gesamte Woche über. Der Wind war schneiden kalt. Die Straßen rutschig und jeder Beschluss, sich außerhalb seiner Wohnung zu begeben, ein gefährliches Wagnis. Gähnend strich ich mir den Schnee von den Schultern, während ich die Eingangshalle durchquerte. Meine frierenden Füße schritten bereits automatisch in Richtung des benötigten Zimmers und ich war froh, nun endlich ein wenig Wärme zu finden. Da mein Auto in der Werkstatt war, musste ich mich mit den öffentlichen Verkehrsmittel durch die Stadt quälen. Hoffentlich waren sie bereits wach, denn ansonsten müsste ich sie wecken, worüber Sakura sicherlich alles andere als erfreut wäre. Doch das war in diesem Moment nicht das Wichtigste. Als ich ihren Raum betrat, stellte ich erstaunt fest, dass die Rosahaarige bereits aufrecht in ihrem Bett saß und den Tropfständer zurechtrückte. Überrascht blickte sie auf, als ich die Türe hinter mir schloss. Unter ihren Augen hatten sich dunkle Ringe gebildete. Scheinbar hatte sie auch nicht schlafen können. „Hey, Zuckerwatte!“, begrüßte ich sie. Bei dem Spitznamen verzog sie für einen kurzen Moment wütend das Gesicht, bevor sie schmunzelnd lächelte. „Hallo, ich hätte nicht gedacht, dass du so früh auftauchst.“ „Für meine Freunde tue ich doch alles und ich hab Teme ja versprochen, dass ich morgens antanz, echt jetzt“, erwiderte ich und sah mich im Zimmer um. Es traf mich wie ein Schlag, als ich Hinatas Bett leer und ordentlich gemacht vorfand. Alle medizinischen Geräte, welche gestern noch den Platz um das weiße Schlaflager ausgefüllt hatten, waren verschwunden und auch von ihren persönlichen Sachen war nichts zu sehen. Was war passiert? Sie hatte doch gesagt, dass sie bis zum Ende der Woche noch sicherlich hier bleiben würde. Ich musste einige Male blinzeln, bevor mein Gehirn erneut die gesamte Lage erfasste. „Wo ist Hinata?“, unterbrach ich Sakura mitten im Satz. Das Mädchen hob erstaunt die Augenbrauen, bevor ein trauriger Ausdruck auf ihr Gesicht trat. Unentschlossen strich sie sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Sie wurde heute in ein anderes Zimmer umstationiert. Frag mich bitte nicht, wieso.“ Der bittere Nachgeschmack einer schweren Enttäuschung breitete sich in meinem Mund aus. „Geht klar, echt jetzt“, murmelte ich und setzte mich auf den Stuhl. Sakuras Blick lag auf mir. „Du kannst sie ja suchen gehen“, schlug sie vor. Ich nickte entschlossen. „Werde ich auch machen, aber erst wenn Teme da ist. Schließlich kann ich unseren sturen Esel nicht allein lassen.“ Sie japste eingeschnappt nach Luft, während ich breit grinste. Im nächsten Moment spürte ich ihre harte Hand schmerzend auf meiner Wange. Kapitel 2: Das Wiedersehen -------------------------- „Hey!“, schrie ich empört und blickte sie mit vorgezogener Unterlippe an, während ich mir das schmerzende Gesicht hielt. „Tja, du musst halt aufpassen, was du sagst“, brummte sie und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Mann, wieso bist du auch immer so gewalttätig, echt jetzt“, flüsterte ich leise, in der Hoffnung, dass sie es nicht hören möge. Von wegen. Ihr tödlich wütender Blick ließ mich mitsamt dem Stuhl, auf welchem ich saß, erschrocken zurückweichen. „Du kannst so ein Baka sein!“ Dieses Mal biss ich mir auf die Zunge, um nichts Unüberlegtes zu äußern und ihre Aggression noch zusätzlich zu erhöhen. „Was hast du so gemacht?“, wechselte ich das Thema. Sie nahm augenverdrehend das stumme Friedensangebot an. „Nichts. In einem Krankenhaus kann man ja auch nicht viel mehr machen. Zum Glück hatte ich Hinata. Sonst wäre ich hier vor Langeweile gestorben und Sasuke hätte mich umgebracht, wenn ich ihn mitten in der Nacht angerufen hätte“, erklärte sie mit einem Lächeln. Doch mich konnte sie nicht täuschen. Trauer und Schmerz waren die einzigen Emotionen, die sich hinter ihrer fröhlichen Fassade verbargen. „Du hast also überhaupt nicht geschlafen“, stellte ich fest. Das Mädchen biss sich auf die Lippe, bevor sie schuldbewusst den Kopf schüttelte. „Wieso hast du nicht um Beruhigungsmittel oder wie auch immer die Teile heißen gebeten?“ „Weil ich Angst hab“, presste sie heraus. Mit gerunzelter Stirn erhob ich mich und setzte mich zu ihr auf das Bett. „Wovor?“ „Was wenn jedes zusätzliche Medikament dem... dem Baby schaden kö-könnte?“ Überrannt fuhr ich mir mit einer Hand übers Gesicht und zog mich kurz an den Haaren. „Saku, du weißt, dass ich keine Ahnung von diesen ganzen medizinischen Dingern habe, aber ich bin mir sicher, dass die Ärzte dir schon sagen werden, wenn das Risiko bestehen sollte. Aber wenn du nicht auf die selbst aufpasst, dann kannst du ja auch nicht auf das Kind aufpassen. Außerdem wird das Kleine doch ganz traurig, wenn es seiner Mama nicht gut geht. Nicht wahr, Knirps?“ Bei den letzten Worten legte ich meine Hand vorsichtig auf ihren Bauch. Ich ertastete eine kleine Wölbung. Der Gedanke, dass mein zukünftiges Patenkind tot darin sein sollte, kam mir plötzlich unglaublich absurd vor. Sakura lächelte mit Tränen in den Augen. „Du hast recht, Naruto! Danke!“ Mit einem breiten Grinsen sah ich sie an und hob einen Daumen. „Kein Ding, echt jetzt! Lass uns die Krankenschwester rufen. Vielleicht gibt sie dir Betäubungsmittel und dann kannst du schlafen“, schlug ich enthusiastisch vor. „Du weißt schon, dass das anders heißt, oder?“, fragte sie mich skeptisch, während ich zur Türe lief. „Natürlich... nicht. Aber du hast schon verstanden, was ich mein“, erwiderte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf, wobei sie leise lachte. Einige Zeit später wanderten meine Augen über das schlafende Mädchen. Sie wirkte so ruhig. - Ganz so, als hätte sie all ihre Sorgen vergessen. Schwer seufzte ich. Wie lange würde es noch dauern, bis sie bemerken würde, dass mich die Schuldgefühle innerlich auffraßen? Wieso hatte ich mich auch für die Vertretung gemeldet? Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Leise erhob ich mich und begann im Zimmer auf und ab zu laufen. Tausende von Selbstanschuldigungen kreisten in meinem Kopf, während sich alles zu drehen begann. „Verdammt“, zischte ich leise, bevor ich mich wieder auf den Stuhl sinken ließ. Mein Kopf akzeptierte die Tatsache, dass es keine Antworten auf die Fragen gab. Keine Entschuldigungen für das Geschehene. Keine Möglichkeiten mich frei oder schuldig zu sprechen. Für wie lange war noch ungewiss. Seufzend blickte ich Sakura ins Gesicht und erinnerte mich an das helle Funkeln ihrer Augen, als sie über ihr kommendes Baby gesprochen hatte. Selbst Sasuke hatte die Nachricht verändert. Er zeigte seine Fürsorge für seine Frau seit dem offener, genau wie seine Liebe. Etwas in meiner Brust zog sich zusammen. Der Gedanke an ihr Familienglück brachte wie jedes Mal einen bitteren Nachgeschmack mit sich. Ich hasste mich für diese Gefühle, doch ich konnte sie nicht unterdrücken, wie hart ich es auch versuchte. Ein Seufzen entwich meinen Lippen, während die Erinnerungen an meine unerwiderte Liebe mich wie ein rasender Mini-van trafen. - Schmerzhaft, unerwartet und vernichtend. Es war ein ewiger Kampf zwischen unglaublicher Freude und nicht nachvollziehbarer Bitterkeit über ihre glückliche Beziehung in meinem Inneren. Doch ich wollte der Letzte sein, der ihnen im Weg stand. Erneut seufzte ich, während ich mit einem Kopfschütteln die Gedanken abschüttelte. Es war nun wirklich eine unpassende Zeit und Situation die Dinge ins rechte Licht rücken zu wollen. Nach einigen Stunden öffnete sich leise die Türe und ein gehetzt dreinblickender Sasuke betrat den Raum. „Hey, Teme“, grüßte ich. Er nickte lediglich stumm. Sein Blick lag auf der noch immer schlafenden Sakura. „Sie haben ihr ne kleine Dosis von Beruhigungsmitteln gegeben, weil sie die ganze Nacht nicht schlafen konnte, aber dringend Schlaf braucht... Oder so. Naja, die pennt immer noch, echt jetzt“, erklärte ich ihm. „Tatsächlich? Ist ja nicht so, dass ich es selbst sehe“, brummte er und setzte sich zu ihr auf das Bett. „Das Treffen ist voll in die Hose gegangen, was?“ Er seufzte genervt. „Ist ja gut, echt jetzt. Werde nicht weiter fragen. Hast du eigentlich was rausgefunden? Also wegen dem Typen?“ „Halt die Klappe!“, zischte er plötzlich und ich zuckte zusammen. „Wow. Was ist jetzt schon wieder falsch?“ „Wir besprechen das später!“ Augenverdrehend erhob ich mich. „Na gut. Also, ich geh dann mal, echt jetzt. Bin später wahrscheinlich wieder da.“ Ich griff nach meiner Jacke. „Wohin willst du?“, fragte der junge Mann ein wenig überrascht. „Nach Hinata suchen. Die wurde heute verlegt“, erklärte ich und war bereits im Begriff die Türe zu öffnen, als er mich seine Stimme zurückhielt. „Wozu? Ihr kennt euch doch kaum.“ Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Ich hab es ihr versprochen und ich halte mein Wort, echt jetzt!“ Mit diesen Worten schlüpfte ich aus dem Zimmer und machte mich auf den Weg zur Information. Die junge Schwester blickte mich freundlich an, als ich sie ansprach. „Wie kann ich Ihnen helfen?“ „Hey, ähm... Ich wollte fragen, wohin Hinata Hyuuga aus Zimmer 294 verlegt wurde.“ Sie tippte schnell einige Tasten auf ihrem Computer, bevor sie nachdenklich murmelte: „Wie unerwartet. Das arme Mädchen.“ Panisch lehnte ich mich weiter über den Tresen, um so vielleicht einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. Vergeblich. „Was meinen Sie? Stimmt etwas nicht?“ Erneut stolperte ich über die höfliche Anrede und verfluchte die distanzierten Angewohnheiten der Welt. „Tut mir leid, aber ich habe kein Recht, diese Informationen weiterzugeben.“ Sie sah mich streng an und ich seufzte resigniert, bevor ich mich wieder aufrecht hinstellte. „Ist gut. Wo ist sie denn jetzt?“ „Wer sind Sie für Miss Hyuuga?“, fragte sie und ich stutze. „Wer darf nochmal in Sondersituationen zu ihr?“ Die junge Schwester zog skeptisch die Augenbrauen zusammen, während ich nervös von einem Bein auf das andere sprang. „Eltern, Großeltern und Geschwister“, erklärte sie dann mit einem vorsichtigen Unterton in der Stimme. „Ich bin ihr Bruder“, log ich und hoffte, dass sie es nicht merken würde. Ungläubig schoss eine ihrer Augenbraue in die Höhe und sie verzog den Mund, ganz so wie Sakura auch immer reagierte, wenn mein Betrug offensichtlich war. Resigniert seufzend fuhr ich mir über das Gesicht. „Okay, hör zu. Ich bin ihr Freund“, sprach ich, während ich ihr fest in die Augen blickte, „Können wir dieses mal bitte eine Ausnahme machen? Sie denkt, dass ich sie mit meiner Ex betrüge und das ist vielleicht meine letzte Chance, um ihr zu beweisen, dass es nicht so ist. Bitte, ich habe es ihr versprochen.“ Die Gesichtszüge der Schwester wurden weich. „Wehe du versaust es, Kleiner“, meinte sie und wandte sich ihrem Computer zu, „Station eins, Zimmer 532.“ „Danke, echt jetzt! Dafür hast du was gut bei mir!“, rief ich freudig und hätte sie am liebsten in die Luft geworfen. Doch dafür war keine Zeit. Im nächsten Moment rannte ich bereits durch die Flure. Irgendwo tief in meinem Inneren zogen die Schuldgefühle über die kalte Lüge an meinem Unterbewusstsein. Jedoch konnte ich sie geschickt mit dem Grund überdecken und hatte sie auch schon vergessen, als ich vor dem benötigtem Zimmer stand. Würde sie sich noch an mich erinnern oder hatte sie mich bereits wieder aus ihrem Gedächtnis verdrängt? „Hinata!“, rief ich, während ich die Türe hinter mir schloss. Mein Blick flog umher. Dieser Raum war anders als all die anderen, mir bekannten Krankenhauszimmer. Die Fenster waren größer und die Wände waren in einem angenehmen Gelb gehalten, wobei die Möbel außerordentlich häuslich und gemütlich wirkte. Oder zumindest sollte sie diesen Eindruck erwecken. Auf dem niedrigen Glastisch inmitten des Raumes stapelten sich die verschiedensten Zeitschriften und Teller mit Süßspeisen. Statt den üblichen, groben Stühlen standen hier mit Polster überzogene Gebilde. Selbst Sitzsäcke und einen Sessel hatte man hinein gestellt. Ebenso lehnten einige große Regale an den Wänden, die von Büchern und Dekorationssachen überzuquellen schienen. In dem Raum gab es nur ein großes Bett, auf dem das Mädchen saß. Ihr Kopf war in meine Richtung gedreht, doch sie sah mich nicht. Ihre Augen waren nach wie vor mit weißen Verbänden bedeckt. „Hey, ich bin´s Naruto“, grüßte ich sie ein weiteres Mal und trat vorsichtig näher an sie heran. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Das h-habe ich schon er-erkannt“, erwiderte sie. Ein breites Grinsen nahm meine Lippen in Beschlag. „Cool, echt jetzt!“, lachte ich und hob aus Gewohnheit einen Daumen in die Höhe. „Wie geht’s dir so?“, wollte ich wissen, während ich mich auf einen Stuhl setzte, der nahe des Bettes stand. „G-gut, aber w-was machst du hier?“, entgegnete sie mit einer Gegenfrage. Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. Wenn ich jetzt darüber nachdachte, war es vielleicht nicht die beste Idee einfach so nach ihrem neuen Zimmer zu suchen. Dachte sie nun möglicherweise, ich wäre ein Stalker? „Ich hab es dir schließlich versprochen“, antwortete ich dann vorsichtig, „und ich halte mein Wort, egal was, echt jetzt!“ Sie lächelte und ihre Wangen färbten sich rosa. „D-danke.“ „Kein Ding!“ Für eine kurze Zeit legte sich ein unangenehmes Schweigen um uns. Das Mädchen stupste erneut ihre beiden Zeigefinger aneinander, worüber ich schmunzeln musste. Auf eine Art und Weise, die ich nicht verstand, war das süß. „Sakura lässt dich grüßen. Sie vermisst dich und meint, dass es total langweilig ohne dich ist“, brach ich schließlich die Stille. Überrascht legte sie den Kopf schief. „Wirklich? Wie geht es ihr? Die Nacht hat sie nicht wirklich geschlafen gehabt. E-es tut mir l-leid. I-ich hab selbst n-nicht erwartet, dass ich heute ver-verlegt werde.“ „Ja, dafür schläft sie jetzt wie ein Murmeltier, nachdem sie ihr eine kleine Dosis von Beruhigungsmitteln gegeben haben“, antwortete ich, froh darüber, dass wir ein Gesprächsthema gefunden hatten. „Das ist schön zu hören.“ Ein erleichtertes Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Hinata schien sich sehr um sie zu sorgen, obwohl sie Sakura erst seit gestern kannte. „Wie kommt es eigentlich, dass du verlegt wurdest?“, fragte ich und ihre Miene trübte sich. Das Mädchen wandte den Kopf von mir ab. Ich fürchtete, etwas Falsches gesagt zu haben. Hatte ich sei etwa verletzt? Aber womit? In diesem Moment betete ich zu allen Göttern, die ich kannte, sie möge nicht so launisch wie die Rosahaarige sein. Ansonsten würde ich das kaum aushalten. „Meine Eltern meinen, dass ich hier besser aufgehoben sei“, erklärte sie schließlich in einem unterdrückten Tonfall. „Ach so. Sag mal, bist du nicht volljährig?“, wollte ich wissen. Sie seufzte resigniert. „Doch, ich bin 22. Aber in dieser Situation haben meine Eltern das Sorgerecht“, antwortete sie ein wenig verhalten. „Wieso das denn?“ Eine Zeit lang herrschte Stille zwischen uns. Das Mädchen schien mich lediglich durch den Verband hindurch anzusehen. Dieser Gedanken bescherte mir eine Gänsehaut. Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. „Okay, ähm, du musst nicht antworten, wenn du nicht willst“, widerrief ich schließlich meine Frage, um mich aus dieser unangenehmen Situation zu lösen. Ein kleines Lächeln trat auf ihre Lippen. „Danke, Naruto.“ „Kein Ding, echt jetzt“, antwortete ich langsam. Dieses Mädchen hatte meiner Meinung nach zu viele Geheimnisse, die sie mit aller Kraft zu wahren versuchte. „Was machst du so wenn du nicht gerade im Krankenhausbett liegst?“, versuchte ich, erneut ein Gespräch zu beginnen. „I-ich gebe Privatunterricht, womit ich meine Wohnung bezahle u-und darin w-wohne ich“, antwortete sie und ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Wozu sollte man sonst ein Zuhause haben?“, lachte ich leise und stupste ihr spielerisch in die Seite. Das Mädchen zuckte erschrocken zur Seite. „Nun, vielleicht w-weißt du das ja nicht“, erwiderte sie kichernd. Gespielt eingeschnappt zog ich scharf die Luft ein. „Das hast du gerade nicht gesagt!“ Sie lachte und ich hielt für einen Moment inne, als eines der Geräte einen merkwürdigen, hohen Ton von sich gab. Beinahe panisch blickte ich auf den weißen Kasten zu meiner Rechten. „Was war das?“ „Das ist normal. Es gibt a-alle zwei Stunden so e-ein Geräusch von sich“, erklärte Hinata mit ruhiger Stimme und auch von mir fiel die Anspannung wieder ab. „Das Teil ist gruslig, echt jetzt!“ Sie kicherte hinter vorgehaltener Hand. „Okay, aber was machst du sonst so? Außer Unterricht geben und in deiner Wohnung wohnen“, fasste ich den Faden unserer Unterhaltung wieder auf, wobei ich den letzten Teil des Satzes besonders betonte. Das Mädchen schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Ich spiele Klavier, g-gehe mit meinem Hund spazieren und treffe mich o-oft mit Freunden“, antwortete sie munter. Die Freude in ihrer Stimme ließ mich ebenfalls eine Art Glück spüren. „Was ist mit dir? Womit beschäftigst du dich, wenn du nicht gerade im Krankenhaus rumrennst?“ „Naja, ich arbeite als zweiter Chefkoch in einem Restaurant und spare darauf, einmal ein eigenes zu eröffnen. Außerdem gehe ich boxen, fische manchmal mit meinem Patenonkel, wobei das eher sein Hobby ist und ich immer unfreiwillig mitgeschleppt werde, und ich gehe windsurfen. Ja, das war wohl das wichtigste“, erzählte ich. Sie lächelte mit einem leichten rosa Ton auf den Wangen. „Na, hat es dir die Sprache verschlagen, weil ich so ein aufregendes Leben habe?“, neckte ich sie und das Mädchen senkte den Kopf. „Vielleicht ein wenig“, entgegnete sie ehrlich. Nun war ich an der Reihe, sie verlegen anzugrinsen. „Du kannst ja irgendwann mal mitmachen bei irgendwas... Weißt du, wenn es dir besser geht“, stotterte ich unsicher und verschränkte dabei die Hände hinter dem Kopf, da ich nicht wusste, was ich mit ihnen anfangen sollte. Sonst lief ich noch Gefahr, auf die schwachsinnige Idee zu kommen, sie bekräftigend an der Hand zu nehmen. Sie wäre sicherlich noch verstörter gewesen. Oder nicht? Schnell schüttelte ich diese Gedanken weg. Um ihr nicht ins Gesicht sehen zu müssen, ließ ich meine Augen durch das Zimmer wandern. „Naruto“, ihre Stimme zitterte, „i-ich...“ Plötzlich wurde die Türe aufgestoßen und zwei Ärzte, gefolgt von einigen Schwestern, betraten den Raum. „So, Miss Hyuuga, wie fühlen Sie sich heute?“, fragte einer, während er auf seine Akte blickte. „Vier“, flüsterte sie beinahe tonlos und ich runzelte verständnislos die Stirn. „Nun, das ist doch schon mal was! Gestern war es noch eine fünf, wenn ich mich richtig erinnere.“ Endlich blickte er auf. Um seine Lippen tanzte ein seichtes Lächeln. Für einen kurzen Moment blinzelte ich irritiert über die Narbe, welche sich horizontal über seine Nase zog, bevor ich mich wieder auf das Gespräch zwischen den Beiden konzentrierte. „Wir werden jetzt die Verbände abmachen, um zu sehen, ob sich bereits etwas verändert hat oder nicht. Geht das für Sie in Ordnung, Miss Hyuuga?“ Gespannt blickte ich Hinata an. „J-ja, aber k-könnten Sie einen kurzen A-augenblick lang warten?“ „Natürlich.“ „Naruto?“ Das Mädchen wandte sich mir zu und ich spürte, wie mich alle anstarrten. Ob mit Wohlwollen oder Missachten konnte ich nicht beurteilen. „Was gibt’s?“, versuchte ich möglichst munter zu fragen. „D-danke, dass du heute gekommen bist, a-aber ich bin mir sicher, dass S-sakura deine Unterstützung im Moment wirklich braucht.“ Sie lächelte entschuldigend. Fragend runzelte ich die Stirn. „Glaube ich kaum, echt jetzt. Schließlich ist Sasuke bei ihr und ich möchte wirklich der Letzte sein, der sie bei ihren Liebesdingen stört“, erwiderte ich. Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe. „Ist er wirklich so dumm oder tut er nur so?“, hörte ich eine Schwester hinter vorgehaltener Hand flüstern. In mir brodelte die Wut. Was bildete sie sich eigentlich ein? Doch ich konnte mich im letzten Moment noch beherrschen, ihr bösartige Worte ins Gesicht zu spucken. Schließlich seufzte ich resigniert, als der Sinn von Hinatas Worten sich endlich in meinem Kopf festsetzte. „Ist das deine höfliche Art, mich rauszuschmeißen?“, wollte ich amüsiert wissen. Das Mädchen wurde rot und stupste ihre Zeigefinger aneinander. „Uhm...Also...“ „Mann, Hina, sag doch einfach, dass ich verschwinden soll. Ist schon okay, echt jetzt.“ Lachend erhob ich mich und griff nach meiner Jacke, die ich vor einiger Zeit über die Stuhllehne gelegt hatte. „Passen Sie auf sie auf, Doc. Bye, alle miteinander. Vielleicht sieht man sich noch, echt jetzt!“ Mit diesen Worten verließ ich den Raum, wobei ich Hinata, die winkend eine Hand gehoben hatte, noch eine letzten Blick zuwarf. Vor der Türe atmete ich erst einmal tief durch, bevor ich mich wieder auf den Weg zu Sakuras Zimmer machte. Hatte sie tatsächlich etwas zu verbergen oder hatte ich nur Paranoia? Kopfschüttelnd beschloss ich, dass es mich zu nichts bringen würde, wenn ich mich weiterhin mit diesen Gedanken quälte. Also verwarf ich sie wieder. Plötzlich klingelte mein Handy, woraufhin ich erschrocken zusammenzuckte. „Itachi? Mann, du hast mich zu Tode erschreckt, echt jetzt!“, grüßte ich Sasukes älteren Bruder, mit welchem ich erstaunlicherweise unglaublich gut auskam. „Naruto Uzumaki!“, antwortete dieser schroff und ich fragte mich unweigerlich, was ich nun falsch gemacht hatte, „Es ist verständlich, dass du bei Sakura sein willst, aber ich hoffe sehr, dass du heute doch dein Wort halten kannst.“ Er klang gedrückt, ganz so, als würde er eine Menge Wut unterdrücken. „Uhm... Ich geb mein Bestes, wenn du mir sagen könntest, was ich denn versprochen habe“, antwortete ich langsam. Itachi seufzte resigniert. „Du hast zugestimmt, heute bei dem Geschäftstreffen der Koch zu sein.“ Schlagartig fiel mir alles wieder ein. „Natürlich! Keine Angst, ich hab das nicht vergessen“, versicherte ich ihm, während ich erneut durch das Krankenhaus rannte. „Ich bin schon auf dem Weg!“ „Nein, du hast es natürlich nicht vergessen“, brummte er, bevor er auflegte. „Diese Uchihas sind aber auch alle gleich“, murmelte ich säuerlich, als ich Sakuras Zimmer betrat. „Was?“, fragte Sasuke wie aus dem Nichts und ich verdrehte die Augen. „Kann ich nicht einmal im Leben Glück haben?“ Meine zwei besten Freunde sahen mich fragend und verständnislos an. „Teme, du bleibst doch hier, oder?“, wechselte ich das Thema, ohne ihnen ein Wort der Erklärung zu geben. „Ja.“ „Cool, ich muss nämlich deinen Bruder bekochen“, meinte ich und drückte Sakura einen Kuss auf die Stirn. „Also, pass auf dich und auf mein zukünftiges Patenkind auf! Schließlich muss ich es noch in meinem eigenen Restaurant herumführen, echt jetzt!“ Im nächsten Augenblick stürmte ich auch schon aus dem Krankenhaus. Wie hatte ich das nur vergessen können? Einige Zeit später rannte ich durch den Hintereingang in das Restaurant, in welchem ich arbeitete und an manchen Tagen, wenn besonders viel Arbeit anfiel, sogar beinahe lebte. Schwer atmend hetzte ich an einigen Kellnerinnen vorbei in die Küche. „Keine Panik, ich bin da!“, rief ich, um alle zu begrüßen. Ein kurzer Applaus ging durch die anwesende Menge, wobei Choji mit seinem Kochlöffel gegen eine Pfanne donnerte. „Du schaffst es immer wieder, meinen Auftritt noch besser zu machen, als er eh schon ist, Kumpel“, meinte ich zu ihm, während ich mir meine Arbeitskleidung überwarf. „Immer zu Ihren Diensten, werter Herr“, antwortete er lachend. „Schön, dass du es noch geschafft hast, Naruto“, sprach mich plötzlich Itachi von hinten an und ich schrie erschrocken auf, wobei ich mich ruckartig umwandte. „Spinnst du eigentlich?“ Er grinste lediglich zufrieden. „Falls du auf die Idee kommen solltest, mich zu fragen, was meine Kollegen und ich essen möchten, so überlasse ich die Speisekarte vollkommen dir.“ „Na wenigstens etwas, echt jetzt!“ Nachdem wir die benötigten Einzelheiten geklärt hatten, begann ich, mein heutiges Meisterwerk zu kreieren, wobei ich jegliche Hilfe verweigerte. „Wie geht es Sakura?“, fragte Choji nach einiger Zeit, die wir stumm nebeneinander gearbeitet hatten. „Schwer zu sagen, echt jetzt. Es gibt nichts Neues bis jetzt. Sie langweilt sich nur schrecklich und hat alle paar Minuten eine Nervenzusammenbruch, echt jetzt“, erklärte ich ihm mit einem Kloß im Hals. Ein wenig gewalttätig schnitt ich das Fleisch auf. „Dann wird sie sich hoffentlich freuen, wenn ich sie heute besuchen kommen.“ „Du gehst?“ „Ja, mache früher Schluss, damit ich bei ihr vorbeischauen kann. Schließlich kann ich sie als ein guter Freund nicht allein dabei lassen.“ „Mach das, echt jetzt. Sie wird sich freuen. Ino sollte auch heute Nacht aus Dubei zurückkommen“, entgegnete ich. „Zwei Frauen mit einer großen Klappe, einer scheinbar unausgeschöpften Menge an Temperament und unkontrollierbaren Stimmungsschwankungen... Wie werden wir das nur aushalten?“, fragte er in einem weinerlichen Tonfall. Ich lachte laut auf. „Gar nicht, echt jetzt“, antwortete ich. „Aber wie geht es dir?“, wollte er plötzlich wissen und ich hielt in meiner Bewegung inne. „Gut“, erwiderte ich dann, wobei ich das Gemüse energisch in die Pfanne warf. „Sieht man“, murmelte er nachdenklich. „Übertreib mal nicht, Großer. Alles ist gut, echt jetzt. Ich hab mich soweit im Griff, wirklich.“ „Nun gut. Wenn du was brauchst, dann meld dich, okay?“ Einverstanden nickte ich und hob bekräftigend den Daumen. „Also, ich mach dann mal Schluss. Man sieht sich und enttäusch Itachi nicht. Der war heute kurz vor einem Nervenzusammenbruch, als er erfahren hat, dass du nicht da bist!“, verabschiedete er sich und verließ die Küche. Den Rest des abends konzentrierte ich mich auf die Zubereitung des Essens und verlor mich darin. Tatsächlich, in der Küche fühlte ich mich manchmal wohler, als in meinem Bett. Ich war bereits dabei, meine Sachen zu packen und mich auf den Weg nach Hause zu machen, als plötzlich eine junge Kellnerin eintrat. „Herr Uzumaki?“, rief sie schüchtern nach mir. „Wow, ich bin nicht dein Boss. Kannst mich ruhig Naruto nennen“, klärte ich die formalen Sachen, während ich aus der Vorratskammer trat. Sie erschrak kurz, bevor sich ihre Wangen rosa färbten. Musste wohl wärmer hier drin sein, als ich gedacht hatte. „Was gibt’s denn?“ „Itachi Uchiha lässt Sie rufen“, murmelte sie beinahe unverständlich und ich seufzte angestrengt. „Wehe ihm hat jetzt etwas nicht gepasst“, brummte ich müde, während ich das beinahe leere Restaurant durchquerte, bis ich vor einem Tisch für vier Personen stehen blieb. An diesem saßen Itachi und zwei weitere Männer, die ich nicht kannte. Die vierte Person muss wohl bereits gegangen sein. Der Schwarzhaarige lächelte mir zu, was ich breit erwiderte. „Nun das ist er – der Held unseres gemeinsamen abends“, begann er, woraufhin ich ein wenig skeptisch die Augenbrauen zusammenzog. Er erhob sich und seine Gegenüber folgten dem Beispiel. „Darf ich vorstellen, Naruto Uzumaki, ein sehr begabter, junger Koch“, fuhr Itachi fort. „Hab ich irgendwas angestellt?“, fragte ich nach, da der plötzlich Lob überraschend kam und ich war es nicht gewohnt, außerhalb der Küche solche Komplimente zu bekommen. „Oh ja! Sie haben dieses vortreffliche Essen angestellt! Das ist wirklich eine Meisterleistung!“, antwortete einer der Geschäftspartner. Er war stämmig gebaut und hatte möglicherweise einige Pfunde zu viel, was mich jedoch nicht wirklich interessierte. „Nun, das Essen war wirklich genießbar, jedoch würde ich es nicht allzu sehr loben, da man es immer noch perfektionieren kann“, schaltete sich nun auch der zweite der Männer ein. Überrascht blickte ich ihn an. Sein Gesicht wurde beinahe gänzlich von einer Sonnenbrille und dem hochgestelltem Kragen seines Anzuges verdeckt. Doch es war mir ein Rätsel, wo man ein Hemd kaufen konnte, bei dem der Stoff bis zur Nase reichte. Bevor ich etwas erwidern konnte, ergriff Itachi das Wort. „Es freut mich, dass Sie wie immer bereit sind, Kritik zu äußern, Herr Aburame. Es ist leider nur schon sehr spät, weswegen wir uns trennen sollten. Mir war es eine Freude, sie einladen zu dürfen.“ „Auf Wiedersehen“, erwiderte er lediglich kühl und verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken. Aus zusammengekniffenen Augen heraus folgte ich ihm bis zum Ausgang, wo er auf der Straße von einem plötzlich aufgetauchtem Riesenfrosch aufgefressen wurde. Unkontrolliert begann ich, über diese Vorstellung zu lachen. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen und seufzte schwer. Heute war ein anstrengender Tag gewesen. Ich konnte von Glück reden, dass Itachi sich bereit erklärt hatte, mich nach Hause zu fahren. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es nun an der Zeit war, mit meiner Suche nach dem Schuldigen für dieses Drama anzufangen. Gähnend griff ich nach meinem Handy und wählte eine Nummer. „Hallo“, meldete sich jemand an der anderen Leitung. „Hey, Gaara. Ich bin´s Naruto“, grüßte ich ihn. „Das habe ich erkannt. Willst du etwas oder wieso rufst du so spät noch an?“, entgegnete er kühl wie immer. Augenverdrehend streckte ich mich. „Ja, hör mal, du hast doch sicherlich von Sakura gehört, oder?“ „Natürlich. Das tut mir wirklich leid. Mein Bruder und ich werden sie morgen besuchen kommen.“ „Cool, echt jetzt! Sie wird sich freuen! Aber eigentlich rufe ich nicht an, um dir das zu erzählen. Also du weißt ja auch sicherlich, dass der Typ einfach abgehauen ist. Nun, kannst du mir vielleicht die Kameraaufnahmen von dem Tag und der Straße besorgen?“ „Naruto, ich kann dir nicht einfach solche Daten geben.“ „Aber du hast doch die nötigen Kontakte und auch die Macht dazu, echt jetzt!“ „Nur weil ich der Leiter der Polizeistation bin, heißt das nicht, dass ich alles darf!“ „Gaara! Bitte! Es ist wichtig. Sasuke und ich werden ihn auch nicht umbringen, echt jetzt!“ „Das wäre ja noch besser!“, zischte er und ich verstand, dass ich etwas Falsches gesagt habe. „Aber...“ „Hör zu, es sind wichtige Daten und ich weiß nicht, ob ich sie bekommen kann, aber ich werde mein Bestes geben“, unterbrach er mich. „Danke, Mann! Du bist der Größte, echt jetzt!“ „Brauchst jetzt nicht so zu schreien“, erwiderte er und ich hörte ein Grinsen in seiner Stimme, „Also, vielleicht sehen wir uns morgen“, meinte er. „Ja, wahrscheinlich. Bye“, verabschiedete ich mich und legte auf. Müde kroch ich unter die Bettdecke. Kapitel 3: Ein kleiner Erfolg ----------------------------- Gähnend öffnete ich langsam ein Auge. Mein Körper war schwer und steif. Das Zimmer um mich herum wurde von einem schmerzhaft grellen Licht erfüllt, weshalb ich mich mürrisch auf den Bauch rollte, um weiterzuschlafen. Nach wie vor spürte ich den Schlafdefizit der letzten Tage. Mit einem zufriedenem Seufzen ließ ich meine Arme unter das Kopfkissen gleiten und schloss erneut die Augen. Ein leichter Dämmerschlaf hatte mich bereits eingeholt, als mir plötzlich bewusst wurde, dass ich Sakura besuchen musste. Noch im selben Augenblick schoss ich aus dem Bett und rannte, über alle möglichen und nicht möglichen Gegenstände stolpernd, ins Bad, um mich fertig zu machen. Wie hatte ich es nur vergessen können? Noch immer nicht gänzlich wach schleppte ich mich durch die weißen Gänge des Gebäudes, wobei ich mich stark auf meine Beinen, während dem Laufen, konzentrieren musste, ansonsten würde ich, meinen derzeitigen Zustand beachtend, bald einfach auf dem Boden schlafen und obwohl es bereits später Nachmittag war, fiel es mir nicht leicht, wach zu bleiben. Als ich endlich die Türe zu Sakuras Zimmer öffnete, zwang ich mir dennoch ein Lächeln auf. Das Mädchen drehte sich nicht einmal nach mir um, da ihr gegenüber Ino saß, die gerade munter über ihren Dubaiaufenthalt erzählte. „Ja, und da war dieser tolle Typ, der Model hätte werden können, aber stattdessen lediglich hinter dem Tresen dieses traumhaften Hotels stand! Kannst du dir das vorstellen?“ Sie wirkte wahrhaft entsetzt darüber. Fragend zog ich die Augenbrauen zusammen. „Vielleicht war das sein Traumberuf oder sein Weg dazu“, mischte ich mich ins Gespräch ein und die beide jungen Frauen drehten sich überrascht nach mir um. „Naruto!“, rief Sakura begeistert, „Ich dachte, du kommst heute nicht!“ Gähnend setzte ich mich auf ihr Bett. „Sorry, ich hab verschlafen, echt jetzt!“ „Du schaffst es immer wieder, Baka“, brummte die Blondine, welche auf einem Stuhl saß. „Hm“, erwiderte ich bereits mit geschlossenen Augen. Doch unter ihrem lauten Kichern und den sinnlosen Diskussionen über unnötige Themen konnte ich kaum einschlafen, obwohl das im Moment alles war, was ich wollte. Schwerfällig setzte ich mich auf. „Saku, darf ich zu Hina gehen? Vielleicht kann ich dort ein bisschen pennen.“ Sie blinzelte kurz überrascht, bevor sie hinterlistig grinste. „Nun, ich hoffe doch, dass du alleine pennst.“ Verständnislos schossen meine Augenbrauen nach oben. Ino lachte laut auf. „Wer ist denn Hina, dass Stirni so etwas erwähnen muss?“ „Worüber redet ihr?“, wollte ich verständnislos wissen. Sie kicherten mädchenhaft. „Vergiss es einfach, Baka. Geh sie besuchen und richte ihr schöne Grüße von mir aus!“, erwiderte Sakura, wobei sie mir mit der Faust leicht gegen die Schulter schlug. Noch immer verwirrt erhob ich mich schwerfällig vom Bett. „Ihr seid manchmal echt doof.“ „Sagt der Richtige“, rief mir Ino hinterher, während ich aus dem Raum trat. „Also, wer ist sie?“, waren die letzten Worte, die ich vernahm. Mädchen waren manchmal allzu merkwürdig. Langsam schleppte ich mich durch die Gänge, wobei ich schmunzelnd feststellte, dass ich heute zum ersten Mal nicht durch das Krankenhaus rannte. Wahrscheinlich waren mir die Ärzte und Schwestern dankbar dafür. Ja, so musste es sein. Als ich endlich an ihrem Zimmer ankam, legte ich meine Hand auf die Türklinke und verharrte für einige Sekunden so. Ich atmete mehrmals tief durch, versuchte mich zu sammeln. Weswegen tat ich das? Was war nur los mit mir? Weshalb konnte ich nicht einfach hineinlaufen? Mit einem tiefen Atemzug drückte ich die Türklinke hinunter, jedoch trat ich nicht ein. Worin lag das Problem? Hinata würde Gesellschaft sicherlich nicht schaden. Sie war mir sympathisch. Wieso zögerte ich dann? Langsam atmete ich ich durch den Mund aus. Sei kein Weichei, Naruto! Endlich gelang es mir, mich zusammenzureißen und die unbegründeten Zweifel in einen gut verschlossenen Kasten zu sperren. Mit einem schwachen Lächeln betrat ich den Raum, das mulmige Gefühl im Magen dabei unterdrückend. Für einen kurzen Moment stutzte ich über die Dunkelheit, welche mich empfing. Die Vorhänge an den großen Fenstern waren zugezogen. Die Lichter gelöscht. Stirnrunzelnd schloss ich geräuschlos die Türe hinter mir. Hatte ich irgendwas verpasst? Die restlichen Zweifel in mir verwandelten sich in Sorge. Gerade als ich Hinatas Namen rufen wollte, drang ein zurückgehaltenes Schluchzen an meine Ohren. Panik stieg in mir auf und alle Müdigkeit war auf einen Schlag wie weggewischt. Meine Hände begannen zu zittern. War etwas passiert? Ohne es zu wollen, betete ich zu allen Göttern, die mir in diesem Moment einfielen. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit. Verständnislos haftete mein Blick auf einer zusammengekauerten Person, welche auf dem großen Bett saß. Sie hatte die Arme um die Knie geschlungen und wippte nun ununterbrochen vor und zurück, in dem Versuch, sich selbst zu beruhigen. Ein unterdrücktes Schluchzen zerriss die Stille. Endlich realisierte ich die Lage. Vorsichtig näherte ich mich ihr. Meine Beine bestanden aus Blei, während in meinem Magen alles verrückt spielte. Nun stand ich direkt neben dem Bett. „Hina?“, meine Stimme zitterte ungewollt. Der Kopf meines Gegenübers fuhr auf und wir sahen uns an. Zum ersten Mal erblickte ich ihr freies Gesicht – ohne Verbände, ohne eine schützende Lage. Auch wenn es dunkel war, verschlug es mir den Atem. Sie war wunderschön. Für einen Moment konnte ich sie nur anstarren, bis sie schließlich ruckartig das Gesicht von mir abwandte. Die Realität holte mich schmerzhaft wieder ein. „Was ist passiert? Wieso weinst du?“ Ich zitterte vor Wut. Meine Stimme war ein wenig zu laut, zu schroff. Doch wer auch immer der Grund für ihre Traurigkeit war, er würde es sehr bald bereuen. Zornig ballte ich die Hände zu Fäusten. Sie antwortete nicht, was mich panisch und noch wütender werden ließ. Als ihre Stimme jedoch, schwach und brechend, durch den dunklen Raum hallte, wünschte ich mir, sie hätte nichts gesagt. „N-naruto, w-was machst d-du hier? D-du solltest n-nicht hier sei-sein.“ Verständnislos schluckte ich angespannt. „Ich wollte dich nur besuchen, um sicher zu gehen, dass es dir gut geht.“Die worte klangen wie eine Beleidigung. Sie begann, ihre Hände zu kneten. „K-kannst du b-bitte wieder g-gehen?“ Ein Messerstich direkt ins Herz. Für einen kurzen Moment krümmte ich mich leicht unter dem ziehendem Schmerz in meiner Brust. Doch für mich wäre es einfacher, zum Mond zu fliegen als sie im Stich zu lassen. Auch wenn das hieß, dass ich ihre Bitte ausschlagen musste. „Nein“, antwortete ich mit fester Stimme, bevor ich mich aufrichtete, „So schnell wirst du mich nicht los.“ Verwundert hob sie den Kopf und blickte mich an. Erneut stupste sie ihre Zeigefinger aneinander. „Naruto...“ „Fang gar nicht erst an. Ich werde nicht gehen. Es wäre besser, wenn du mir einfach erzählst, was los ist, anstatt deine Zeit mit unsinnigen Versuchen, mich zu vertreiben, zu verschwenden“, unterbrach ich sie. Das Mädchen seufzte schwer und wischte sich mit einer klammen Geste die Tränen von den Augen, während ich mich auf ihr Bett sinken ließ. „E-es ist nichts W-wichtiges. Bloß das Übliche. Meine Lage, die gesamte Situation. Das alles...“ Auch wenn sie anfangs unsicher und eingeschüchtert geklungen hatte, wurde ihre Stimme mit jedem Wort fester. Hinata wurde zornig. „Was meinst du?“, fragte ich vorsichtig. Sie fuhr sich durchs Haar. Es wirkte beinahe schon verzweifelt. „Weiß ich selbst nicht so genau“, flüsterte das Mädchen und vergrub resigniert ihren Kopf in den Händen. Seufzend stieß ich in einem langen Atemzug die Luft aus. Da fiel mir etwas ein. „Du hast mal zu mir gesagt, dass es hilft, seine Wut auszulassen“, begann ich mit einem Lächeln, „Ich glaube, es ist der perfekte Augenblick, um deinem eigenen Ratschlag zu folgen. Was hältst du davon?“ Für einen Moment rührte sie sich nicht und ich begann zu glauben, dass ich etwas Falsches gesagt hatte. Doch dann ballte sie ihre Hände zu Fäusten, bevor sie entschlossen den Kopf hob, um zu nicken. „Super, echt jetzt! Also, was machen wir kaputt?“, fragte ich enthusiastisch, während ich mich bereits auf der Suche nach den passenden Objekten umsah. „V-vielleicht ein p-paar Zeitschriften?“, schlug sie vor und ich sprang vom Bett auf. „Warte, ich hol sie dir!“ Auf meinem Weg zu dem kleinen Tisch stolperte ich jedoch, sodass ich letztendlich auf dem Möbelstück aufkam. Ein klirrender Ton hallte durch den Raum, als ich alles mit mir zu Boden riss. „Naruto? Bist du okay?!“, rief das Mädchen überrascht, wobei sich ihre Stimme überschlug. Lachend lag ich am Boden. „Natürlich, echt jetzt!“ „Was war das?“ Für einen kurzen Moment hielt ich inne, doch dann wurde mir erneut bewusst, wie dunkel es im Raum war. Möglicherweise hatte sie deswegen nichts gesehen. „Nichts, ich bin nur auf den Tisch geflogen“, erzählte ich noch immer lachend, während ich mich aufrichtete und alle Zeitschriften, die ich auffinden konnte, aufsammelte. Mit meiner Beute begab ich mich zu Hinata. „Hast du dir wehgetan?“, fragte sie besorgt. „Nop. Alles noch dran, echt jetzt!“, beruhigte ich sie lachend. „Sicher?“, hackte sie nach. Lächelnd legte ich ihr einige Magazine in den Schoß. „Klar doch. Lass uns die Teile in kleine Dinger schnippeln“, schlug ich erfreut vor. Das Mädchen schmunzelte belustigt. „Was ist?“, wollte ich daraufhin wissen. „N-nichts“, stotterte sie nervös und senkte den Blick, wobei sie eine Zeitschrift in die Hand nahm, „D-du scheinst dich nur m-mehr zu freuen a-als ich.“ „Ja, das macht aber auch Spaß, echt jetzt!“, lachte ich. Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf, bevor sie die erste Seite abriss. Für einen kurzen Moment war ich wie gebannt von dem Bild, dass sich mir bot. Hinata war tatsächlich hübsch. Lächelnd senkte ich die Augen und begann meine Zeitschrift auseinander zu legen. Eine lange Zeit lang sprach niemand ein Wort. Jeder war in seinen Gedanken, in seiner Wut, in seiner Verzweiflung versunken. Doch dies genügte. Wie schienen uns in in diesem einen Moment ohne Worte zu verstehen. Jedoch hatten sich alle die Zeitschriften irgendwann in unglaublich kleine Schnipsel verwandelt, die man weder zählen noch erneut zu einem vollständigen Bild zusammensetzten konnte. Eine Zeit lang saßen wir uns stumm gegenüber. Das Mädchen atmete schwer, so als wolle sie all die verbleibende Wut aushauchen, während ich ausdruckslos auf den Berg aus Papier starrte. Was nun? „Naruto?“ „Hm?“ „Danke.“ „Kein Problem, echt jetzt.“ Erneut herrschte Stille und meine Augen wurden schwer. Die Müdigkeit schlich sich erneut in meinen Kopf ein. Gähnend streckte ich mich. „Hinata?“ „Hm?“ „Willst du immer noch weinen?“ „N-nein.“ „Kann ich dann schlafen?“ „W-wie?“ „Hier.“ Es kam keinen Antwort und ich hätte mich geschlagen, wenn meine Glieder nicht so schwer wären. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? „O-okay“, flüsterte sie jedoch schließlich. Überrascht hob ich meine Augenbrauen, doch meine Augen waren bereits geschlossen. „Danke“, hauchte ich im Halbschlaf. „Kein Problem.“ Als ich eine warme, kleine Hand auf meinem Gesicht spürte, blinzelte ich überrascht. Es war noch immer dunkel um mich herum, doch ich erkannte Hinata nicht weit von mir. Gähnend fuhr ich mir durchs Haar und setzte mich auf. Sie sah mich einfach nur an – stumm, ohne ein Wort zu sagen. Unter ihrem Blick fühlte ich mich plötzlich unglaublich unwohl. „Was ist denn los?“, fragte ich noch immer müde, um das Thema von mir abzulenken. „N-nichts“, flüsterte sie leise und wandte sich ab. Fragend runzelte ich kurz die Stirn, bevor ich mit den Achseln zuckte. Gähnend streckte ich mich. „Wie lang hab ich geschlafen?“ „W-weiß ich nicht“, murmelte sie. Ihr Kopf war noch immer abgewandt von mir und ein ungutes Gefühl beschlich mich. „Was ist´n los? Du bist so merkwürdig, echt jetzt“, meinte ich schließlich. Das Mädchen schien für einen kurzen Moment zu erstarren, bevor sie die Schultern hängen ließ. „N-nichts. A-aber... H-hast du vor, j-jeden Tag zu kommen?“ Nachdenklich fuhr ich mir durchs Haar. „Eigentlich hatte ich das vor, aber wenn ich jetzt so überleg, kommt das vielleicht ein wenig merkwürdig rüber, oder?“ Endlich wandte sie sich mir wieder zu. „W-wieso?“ „Weil ich dich ja erst seit drei Tagen kenn und dann stalk ich dich hier... Ist gruselig, echt jetzt“, antwortete ich schmunzelnd. Sakura hätte mich schon vor langer Zeit für solch ein Verhalten geschlagen. „J-ja, vielleicht...“ Sie zögerte, bevor sie fortfuhr, „A-aber d-du könntest, w-wenn du w-willst...“ Plötzlich klingelte mein Handy und ich zuckte erschrocken zusammen. „Warte bitte kurz, echt jetzt.“ „Ein wenig genervt nahm ich ab. „Jo?“ „Hallo, Naruto“, grüßte mich Gaara. „Oh, hey, was gibt’s? „Wegen den Aufzeichnungen.“ „Hast du sie?“ „Ja, aber holen musst du sie dir schon selbst“, meinte er und mir viel ein Stein vom Herzen. Wenigstens darin waren wir einen kleinen Schritt weiter. „Okay, geht klar, echt jetzt! Wo bist du?“ „Auf dem Parkplatz. Wir wollen langsam los.“ „Gib mir drei Minuten!“, rief ich und legte schnell auf. „Du, sorry, Hina, aber ich muss dringend los! Bitte, wein nicht mehr, okay? Frölichkeit steht dir viel mehr, echt jetzt!“ Mit diesen Worten rannte ich aus dem Zimmer. Ich würde Gaara ein blaues Auge schlagen, wenn er wegfuhr, ohne auf mich zu warten! Hastig eilte ich durch den Gang und wäre beinahe jemandem zusammengestoßen, wäre derjenige nicht im letzten Moment ausgewichen. „Sorry!“, rief ich ihm kurz über die Schulter zu. Für den Bruchteil einer Sekunde bildete ich mir ein, ihn zu kennen, weswegen ich mich noch einmal umblickte. Ich konnte gerade noch sehen, wie der Mann, dessen Kragen bis zur Nase hochgezogen war, Hinatas Zimmer betrat. Doch mir fiel kein Gesicht zu ihm ein, weswegen ich beschloss, dass ich mich getäuscht hatte. Außer Atem erreichte ich endlich den Parkplatz. Es war bereits dunkel geworden. Nasser Schnee fiel auf meine Schultern, rieselte in meinen Kragen hinein und bedeckte die gesamte Landschaft. Leise über das Wetter fluchend hielt ich nach Gaara Ausschau. Endlich erblickte ich ihn und Kankuro. Nachdem ich sie mit einigen Schwierigkeiten erreicht hatte, grüßten wir uns mit einem Handschlag. „Wie geht’s?“, wollte ich wissen, woraufhin ich lediglich ein synchrones Nicken als Antwort bekam. „Cool, echt jetzt. Also, wo sind sie?“ Der Rothaarige musterte mich eindringlich. Dabei benutzte er den Blick, welchen er sich nach vielen Jahren Arbeit bei der Polizei angeeignet hatte. - Berechnend, kritisch, einschüchternd. Augenverdrehend verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Ach, komm, lass den Scheiß. Du weißt, dass ich ihm nichts tun werde, außer vielleicht versehentlich ein paar Knochen brechen, wenn er sich nicht freiwillig stellt. Wir wollen ihn nur der Polizei ausliefern., mehr nicht, echt jetzt!“ Gaara seufzte. „Naruto, ich weiß, dass du ohne Hintergedanken an die Sache gehst. Doch was ist mit Sasuke?“, fragte er mit kritisch hochgezogenen Augenbrauen. „Er wird nichts tun!“ „Wie kannst du dir da so sicher sein? Was wenn er sich nicht halten kann und selbst Richter spielen will?“ Die Ruhe in seiner Stimme trieb mich in den Wahnsinn. „Nein, das wird er nicht! Ich vertraue ihm!“ Mir war wohl bewusst, dass mein bester Freund sehr wohl zu etwas Schlimmen fähig war, jedoch bezweifelte ich, dass er die Kontrolle verlieren würde. Seine Augen bohrten sich buchstäblich in meine. Dennoch war ich von Sasuke überzeugt. Entschlossen ballte ich die Hände zu Fäusten. „Doch was wirst du tun, wenn er den Schuldigen plötzlich umbringen will? Was, wenn du auf einmal vor der Entscheidung stehst, deinen Kindheitsfreund bis zum Ende zu unterstützen, wobei du vielleicht einen Menschen töten musst, oder den Verantwortlichen für all das gegen den Willen deines Freundes einem gerechten Urteil nach Gesetzt auszuliefern? Wie wirst du handeln? Dein Vertrauen allein wird ihn sicherlich nicht davon abhalten.“ Mein Atem ging schwer und flach. „Sasuke wird nicht zu diesen Mitteln greifen“, stieß ich zwischen zusammengepressten Zähnen heraus. „Worte reichen mir nicht, Naruto“, entgegnete er ruhig, „Ich brauche eine Garantie.“ Wie ich sein rationales Denken hasste. „Okay! Verdammt noch mal, ich bin deine Garantie, echt jetzt! Egal, was passiert, ich werde versuchen, Sasuke bei jedem Schritt zu begleiten und aufpassen, dass er nichts dergleichen anstellt! Du hast mein Wort, echt jetzt!“, rief ich energisch. Gaara lächelte mit einem Winkel seines Mundes. Dieser Ausdruck war mir bewusst – wann immer er von etwas beeindruckt, aber nicht überzeugt war, sah er mich genau so an. Plötzlich warf er mir etwas zu. Überrumpelt konnte ich es im letzten Moment noch fangen. Es handelte sich um eine DVD. „Ich brauch dein Versprechen nicht. Mir ist bewusst, dass du letztendlich das tun wirst, was du für richtig hältst. Zum Glück kenne ich dich gut genug, um zu wissen, dass du nie einen Menschen töten würdest. Pass mir einfach nur auf Sasuke auf“, erklärte er seine Handlung und wandte sich zum Wagen. Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. „Danke, Gaara, echt jetzt!“ Mit einem kurzen Winken stieg er ein. Kankuro, der bereits im Auto saß, startete den Motor, nickte mir zum Abschied zu und fuhr davon. Eine Moment lang folgte ich ihnen mit den Augen, bevor ich meinen Blick auf die DVD in meiner Hand senkte. Wenigstens das hatte heute funktioniert. Noch immer grinsend machte ich mich auf den Weg zu Sakura. Sasuke würde sicherlich dort sein. Energisch riss ich die Türe auf. Überrascht hob die Rosahaarige ihren Kopf. Sie musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen, bevor sie amüsiert lächelte. „Na, auch wieder wach?“, fragte sie mit einem neckenden Unterton. Nickend blickte ich mich im Zimmer um, während ich eintrat. „Jo, aber sag mal, wo ist Teme?“, wollte ich wissen. Sie und ich waren alleine im Raum. „Weiß ich nicht. Eigentlich dachte ich, du könntest mir das sagen“, erwiderte sie mit gerunzelter Stirn. „Wie jetzt? Er war heute nicht hier?“, fragte ich erstaunt. Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein, er hat nur morgens kurz geschrieben. Mehr hab ich nicht von ihm gehört.“ Verständnislos fuhr ich mir durchs Haar. „Weißt du, w-wo er sein könnte?“, fragte Sakura ein wenig schüchtern, ganz so als wäre es ihr peinlich, dass sie nicht wusste, wo ihr Freund sich aufhielt. „Nop, echt jetzt. Vielleicht ist er auf einem überraschten Meeting oder so. Du weißt doch, wie das bei ihm ist.“ Sie wandte den Kopf ab. „Ja, natürlich. Es sind schließlich immer irgendwelche Meetings“, brummte das Mädchen, wobei sie das letzte Wort abwertend betonte. „Hey, was war das? Ist unsere Zuckerwatte etwa eifersüchtig? Oder zweifelt sie an der Treue ihres Herzallerliebsten?“, neckte ich sie, wobei ich versuchte, die Situation als einen Witz hinzustellen. „Eigentlich... In letzter Zeit...“, sie stockte und ich verzog gequält das Gesicht. Auch das noch. „Es ist lächerlich, nicht wahr? Ich hab doch keinen Grund, irgendetwas zu vermuten, oder? E-er ist treu, richtig?“ Wieso zweifelten heute alle an ihm? „Natürlich ist er das! Teme ist...“ Die Türe wurde plötzlich geöffnet und der Hauptgrund unserer Diskussion betrat den Raum. Überrascht blinzelte ich ihn an. Er wirkte nicht wie er selbst. Tiefe Ringe hatten sich unter seine Augen gegraben. Das blasse Gesicht hatte einen gelblich Farbton angenommen und seine Haare, die er für gewöhnlich mit äußerster Fürsorge pflegte, hingen ihm strähnig in die Stirn. „Hey!“, grüßte ich ihn, wobei ich versuchte mir nichts von dem Gespräch anmerken zu lassen. Er nickte lediglich kurz, bevor er mit großen Schritten zu Sakura eilte. Ohne ein Wort drückte er ihr einen langen Kuss auf die Lippen. Angewidert verzog ich das Gesicht. „Sorry, ein Idiot von Architekt hätte beinahe ein dreimonatiges Projekt zerstört und ich musste das wieder ausbaden“, erklärte er seine Abwesenheit, wobei er ihr meiner Meinung nach immer noch zu nahe war. Nach all den Jahren hatte ich mich an ihre immer plötzlich eintreffenden, öffentlichen Darstellungen der Beziehung nicht gewöhnt. Sakura grinste ihn breit und mit strahlender Erleichterung in den Augen an. „Nicht schlimm“, flüsterte sie. Augenverdrehend beobachtete ich sie. „Teme“, lenkte ich die Aufmerksamkeit auf mich, „Du kommst heute mit zu mir, echt jetzt!“ Der Schwarzhaarige wandte sich mir fragend zu. „Wovon redest du?“ Ahnungslos starrte ich ihn an. Ich hätte gedacht, er würde es verstehen und hatte mir keine Ausrede überlegt. „Äh...“ „Ein sehr wichtiger Grund, muss ich schon sagen“, brummte Sakura genervt. Doch Sasuke schien die Lage endlich zu begreifen, wofür ich in diesem Moment unserer jahrelanger Freundschaft wirklich dankbar war. „Hn, okay.“ Stunden später legte ich die DVD ein und wir beide starrten angespannt auf den Bildschirm. Endlich flackerte der Fernseher auf. Man konnte die Kreuzung, auf welcher der Unfall passiert war, deutlich erkennen, was die Sache sicherlich ein wenig erleichtern würde. Nachdem wir endlich die uns benötigte Stelle gefunden hatten, schienen meine Augen jedes Detail aufzusaugen. Plötzlich konnte ich mich auf mehr als nur auf einen Punkt konzentrieren. Von dem Ablauf des Unfalls zu wissen war etwas ganz anderes, als ihn tatsächlich mitzuverfolgen. Als ich sah, wie Sakura von dem schwarzen BMW ergriffen wurde, biss ich mir auf die Unterlippe, um nicht vor Wut und Verzweiflung aufzuschreien. Sie wurde einige Meter über den Gehweg geschleudert, bevor sie auf dem Boden aufkam, wo sie bewegungslos liegen blieb. Der Wagen fuhr einfach davon, ohne auch nur für eine Sekunde zu bremsen. Das restliche Geschehen sickerte nicht in mein Bewusstsein durch. Es wurde von meinem Gehirn isoliert und als unwichtig erachtet. Schweigend saßen wir in meinem Wohnzimmer. Keiner verlor auch nur ein Wort. Es wirkte so, als würden wir nicht einmal atmen. Mein verklärter Blick war auf die zerstörten Pokale, welche ich noch immer nicht aufgeräumt hatte, gerichtet. Was hatte ich gerade gesehen? Plötzlich schrie Sasuke auf. Kapitel 4: Essen ---------------- Meine Augen fixierten ihn, während in mir ein Sturm aus Sorge und Verzweiflung tobte. Dem Schwarzhaarigen schien es nicht anders zu gehen. In rasender Wut schlug er mit seiner Faust gegen die Wand.- Immer und immer wieder. Verständnisvoll beobachtete ich das Geschehen und erinnerte mich, wie ich selbst vor wenigen Tagen das Selbe getan hatte, um meiner Frustration Ausdruck zu verleihen. „Verdammt, ich finde dich und du wirst es bereuen!“, zischte er plötzlich bedrohlich. Seine Stimme überschlug sich. Sein Körper zitterte. Sein Blick war gefüllt mit Hass. Nie zuvor hatte ich Sasuke die Fassung verlieren sehen, obwohl wir nun schon über 20 Jahren befreundet waren. Eine Kältewelle rannte durch meinen Körper, während Gaaras Worte in meinem Kopf widerhallten. „Was machen wir jetzt?“, fragte ich langsam. Meine Zunge schien zu Eis erfroren zu sein. All meine Handlungen und Gedanken waren zusammenhanglos, ungeordnet, so als wären Gehirn und Körper losgelöst von einander. „Alles daran setzen, dieses Auto zu finden und danach den Besitzer“, fasste er seinen Plan kurz zusammen und atmete einmal tief durch. „Wie genau willst du das machen?“ Es herrschte eine Zeit lang Stille zwischen uns. Der junge Mann stand noch immer mit dem Gesicht zur Wand, starrte ausdruckslos auf die weiße Farbe. Er ballte die Hände zu Fäusten. „Wozu hat man schon Kontakte bei der Polizei?“, flüsterte er schließlich mit zusammengepressten Zähnen. Seufzend wandte ich den Blick aus dem Fenster. Es schneite ununterbrochen, bereits seit Stunden. „Gaara wird es nicht für uns machen, echt jetzt“, erwiderte ich und streckte mich. „Wieso?“ Für einen Moment zögerte ich. Würde er möglicherweise gänzlich die Beherrschung verlieren? „Er... macht sich Sorgen um den Idioten, der dafür verantwortlich ist“, erklärte ich ihm schließlich zögernd, wobei meine Augen erneut auf ihn gerichtet waren. Seine rechte Hand zuckte für einen kurzen Moment, ganz so, als wolle er erneut zuschlagen. „Das ist lächerlich!“, rief er und fuhr herum. In seinen Seelenspiegeln glänzte rasende Wut, die mich auffahren ließ. „Selbst wenn ich ihn umbringen würde, hätte dieser Bastard es nur verdient!“ „Aber du hast nicht das Recht dazu, echt jetzt!“, rief ich energisch. „Das hast nicht du zu entscheiden! Das hat niemand zu entscheiden! Das ist allein meine Entscheidung!“ Er trat einen Schritt auf mich zu. Meine Muskeln spannten sich an. In solch einem Zustand war er gefährlich und unberechenbar. „Wir wissen beide, dass das nicht so ist, echt jetzt! Du hast nicht das Recht über das Leben eines anderen Menschen zu bestimmen!“, erwiderte ich schroff. Es war sinnlos, ihn beruhigen zu wollen. Doch ich konnte versuchen, ihm die Augen zu öffnen. „Halt die Klappe! Du hast doch keine Ahnung, durch was Sakura gerade gehen muss! Dieses Schwein kann sich als glücklich schätzen, wenn er einen schmerzlosen und schnellen Tod haben wird!“ Seine Stimme war ruhiger geworden, bedrohlicher. - Die Ruhe vor dem Sturm. Er konnte mich nicht täuschen, dafür kannte ich ihn bereits zu lange. In seinen Augen glänzte ein beunruhigender Ausdruck – Eine Mischung aus Wut, Verzweiflung und etwas, das ich nicht deuten konnte. „Glaub mir, ich bin nach dir derjenige, der wohl noch am besten weiß, wie es ihr geht. Denkst du, es ist einfach für mich, sie so leiden zu sehen? Aber du kannst das nicht verantworten! Sie würde dich dann selbstständig umbringen! Und das Kind. Hast du schon mal daran gedacht? Meinst du nicht, dass es es verdient hat, mit einem Vater aufzuwachsen? Nichts! - keine verdammte Tat, gibt dir das Recht, einen anderen Menschen umzubringen!“, mit jedem Wort war ich lauter geworden, bis ich zum Schluss geschrien hatte. Mein Körper zitterte vor Wut. Wie konnte er diese Möglichkeit auch nur in Betracht ziehen? Seine Miene verhärtete sich. Sasuke setzte seine kalte Maske wieder auf. Er straffte die Schultern und trat auf mich zu. Kurz vor mir blieb er stehen. Wir starrten uns in die Augen. „Das“, er machte eine kurze Pause, „wird die Zeit zeigen.“ Der Schock biss sich wie ein tollwütiger Hund in meine Glieder. Mit stolz erhoben Kopf schritt er an mir vorbei. Wie erstarrt stand ich am selben Platz, versuchte seine Worte zu verarbeiten. Ruckartig fuhr ich herum. „Du benimmst dich wie ein dummes Kind, echt jetzt!“, rief ich ihm wütend hinterher. Sasuke setzte seinen Weg durch den Flur unbeirrt fort. Er wirkte wie eine leblose Figur, deren einziger Schutz der Stolz war. Im nächsten Moment fiel die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss. Fassungslos starrte ich ins Nichts. Das konnte nicht sein. Mein Atem stockte, als mich die Erkenntnis traf. Mordlust – das hatte ich in seinen Augen nicht deuten können. Meine Knie gaben zitternd nach. In meinem Kopf herrschte allumfassende Leere, die lediglich einer Frage den Zutritt in meine Gedankenwelt erlaubte – Wie weit würde er tatsächlich gehen? Das konnte nicht wahr sein. Es war sicherlich alles nur ein Alptraum. Hatte ich mich wirklich so sehr in meinem besten Freund irren können, dass ich die Gefahr nicht erkannt hatte, während scheinbar alle anderen sie gesehen hatten? Leise fluchend rieb ich mir das Gesicht. Einerseits glaubte ich nach wie vor an ihn und weigerte mich, meine Überzeugung aufzugeben, doch andererseits nagte das eben Geschehene an meinem Standpunkt. Musste ich vielleicht tatsächlich vorsichtiger sein? War ich möglicherweise zu naiv? Die Leere in meinem Kopf rang mit all den plötzlich auftretenden Fragen, die mich scheinbar überfluten und Misstrauen in mir wecken wollten. Doch wie real war die Gefahr, dass Sasuke den Wert eines Menschenlebens vergessen würde – jetzt, wenn sein ungeborenes Kind sterben könnte, bevor es die Möglichkeit gehabt hat, seinen ersten, eigenständigen Atemzug zu nehmen? Meine Kehle war wie zugeschnürt, während ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich schreien oder etwas zerbrechen wollte. Diese Wut, diese Verzweiflung, diese Hilfslosigkeit – es wurde mir zu viel. Ich wusste nicht, was ich tun konnte oder sollte. Plötzlich knurrte mein Magen laut, in dem Versuch, endlich auf sich aufmerksam zu machen. Erschrocken blinzelte ich einige Male, bevor ich realisierte, was soeben passiert war und ich leise auflachte. Mein Körper hatte mich wohl die Antwort gegeben. Jetzt war es wichtig, nichts zu überstürzen. Voreilige Taten würden niemanden etwas nützen. Erst würde ich mich um die kleinen Sorgen kümmern und der Rest würde sich mit der Zeit von allein zeigen. Optimistisch grinsend erhob ich mich, um mir etwas zu essen zu machen. Sonst würde mein Magen mir dies sicherlich übel nehmen. „Hey!“ Grinsend betrat ich das Krankenhauszimmer. Es war Samstagmorgen und ich verfluchte die Umstände, dass ich am Wochenende so früh wach sein musste. Sakura grinste mich an. „Hallo!“, begrüßte sie mich. Ihr Gesicht wirkte blasser als die Tage zuvor und sie hatte sie tief in ihre Kissen vergraben, während auf ihrem Schoß ein Laptop ruhte, mit Hilfe dessen sie wohl soeben Filme angesehen hatte. Das spärlicher Frühstück lag noch unberührt auf einem Tisch nahe ihres Bettes. „Wie geht’s so?“, wollte ich wissen und streifte meine Jacke von den Schultern. Der Unfall war nun schon eine Woche her. Dennoch gab es nach wie vor keine Neuigkeiten – weder positive noch negative. Keine der durchgeführten Untersuchungen hatte zeigen können, ob das Kind lebte, was nicht sehr erleichternd auf das Umfeld wirkte. „Ja, den Umständen entsprechend“, erwiderte sie schulterzuckend. Verständnisvoll nickte ich. Zumindest war sie ehrlich. „Aber schau mal, was ich für dich dabei hab, echt jetzt.“ Grinsend hielt ich ihr eine mit mehren Dosen gefüllte Plastiktüte entgegen. Ihre Augen leuchteten auf. „Ohne dich würde ich wirklich verhungern, Baka!“, rief sie erfreut und nahm freudig das Essen entgegen. „Ich weiß, echt jetzt! Wie immer bin ich dein Retter in Not!“ Sie verdrehte die Augen in meine Richtung. „Wie immer musst du übertreiben!“ Lachend ließ ich mich auf einen Stuhl fallen. „Ich bleib mir selbst nun mal treu.“ Nachdem Ino eine Krisensitzung bei ihr im Wohnzimmer einberufen hatte, hatte der gesamte Freundes- und Familienkreis beschlossen, dass immer jemand im Krankenhaus sein sollte, damit die Rosahaarige nie allein war. Gleichzeitig taten wir alle unser Bestes, um die Situation für uns alle möglichst zu erleichtern und jeder, der die Möglichkeit hatte, benutzte all seine Kontakte, um die erfahrensten Ärzte in diesen Fall einzuschalten. Doch auch wenn jeder den Verantwortlichen finden wollte, verfolgten nur Sasuke und ich einen konkreten Plan. Das war auch mittlerweile jedem bekannt – jedem außer Sakura. Ihr gegenüber verloren wir kein Wort darüber. Nun, da gab es auch nicht wirklich viel zu erzählen, da der Schwarzhaarige und ich im Moment in einer Sackgasse standen. „Zum Glück haben Ino und ich dich damals dazu gedrängt, Koch zu werden!“, unterbrach sie plötzlich meinen Gedankengang. Lächelnd beobachtete ich sie beim Essen, während ich sachte nickte. Wenn sie nur wüsste, dass es mich seit Tagen quälte, dass ich nicht mehr für sie tun konnte. „Ist dein herzallerliebster Freund eigentlich mal wieder aufgetaucht?“, wollte ich wissen und musste zusehen, wie ihre fröhliche Miene fiel. Plötzlich wirkte sie so, als wäre sie kurz vorm Weinen. Langsam schüttelte sie den Kopf und stocherte lustlos in dem Reis herum. In mir flammte ein Funken Wut auf. „Vielleicht ist er gerade einfach nur beschäftigt. Wahrscheinlich will er alle in der Firma umbringen, weil sie ihn nicht gehen lassen, echt jetzt!“, versuchte ich dennoch Luc zu verteidigen. Das Mädchen hielt in ihrer Bewegung inne. Ihre Venen am Handgelenk spannten sich an. „Das sagst du mir nun schon den dritten Tag“, flüsterte sie heiser. Nervös biss ich mir auf die Lippe und begann meine Hände zu kneten. „Echt? Nun, kann ich doch nichts dafür, dass es die Wahrheit ist“, versuchte ich mich herauszureden. Wieso geriet ich wegen ihm eigentlich immer in solch unangenehme Situation mit seiner Freundin? Sie seufzte. „Natürlich. Die Wahrheit.“ Für eine Weile herrschte Stille zwischen uns und ich wappnete mich innerlich gegen den bald kommenden Sturm. Keine Sekunde zu früh. Wütend knallte sie die Stäbchen in die Box und fuhr zu mir herum. In ihren Augen loderte ein zornerfülltes Feuer. Angespannt setzte ich mich aufrecht hin, bereit jeden Moment fliegenden Gegenständen auszuweichen. „Wieso kann er nicht einmal kein arrogantes Arschloch sein? Es ist mir klar, dass er beschäftigt ist und dass ich mich wie ein kleines Kind aufführe, aber kann er nicht wenigstens mal für eine Stunde vorbeischauen? Verlange ich so viel? Was macht er bitte, dass er noch nicht einmal mehr Zeit hat, für fünf Minuten anzurufen?“ Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und ich war ein wenig ängstlich mitsamt dem Stuhl zurückgewichen. Sakura konnte unangekündigt zu einer wahrhaften Furie mutieren. In solchen Momenten sollte man ihr nicht zu nahe treten. Doch plötzlich ließ sie die wütende Maske fallen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Wieso lässt er mich jetzt allein?“, flüsterte sie mit brüchiger Stimme, „Ausgerechnet jetzt.“ Im selben Augenblick erhob ich mich, um sie in den Arm zu nehmen. Fürsorglich strich ich ihr über den Rücken, während ich sie fest an mich drückte. Ihr Geruch stieg mir in die Nase. „Saku, es ist Teme. Er würde dich jetzt nicht alleine lassen, echt jetzt. Schneller würde er sich ein Kleid anziehen lassen, um damit einen Walzer zu tanzen. Das weißt du doch. Es kommt sicherlich nur die ganze Zeit etwas dazwischen. Weißt du, er antwortet auch schon seit Tagen weder auf meine Anrufe noch auf irgendwelche Nachrichten. Vielleicht hat er sein Handy einfach nur abgeschaltet, weil er so viel zu tun hat, echt jetzt.“ Zu gerne würde ich selbst daran glauben. Auch wenn ich sie nicht angelogen hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass Sauske, der immer erreichbar sein wollte und war, seine Gewohnheit plötzlich ändern würde. Sie schluchzte. „Das ist absurd“, murmelte sie schwach. Ich schluckte schwer. "Saku, er liebt dich.“ Schmerzhaft – Diese Worte waren unglaublich schmerzhaft. „Er wird dich nicht allein darin lassen. Und wenn er es tut, dann werde ich ihm seinen arroganten Hintern aufreißen, echt jetzt“, versprach ich ihr, in der Hoffnung, sie so ein wenig zu beruhigen. Das Mädchen klammerte sich an den Stoff meines Pullovers. „D-du hast r-recht.“ Eine Weile saßen wir stumm da. Ich hielt sie nach wie vor an meine Brust gezogen, während sie die Arme um mich geschlungen hatte. Hätte sie sich damals für mich entschieden, würde sie jetzt nicht wegen unerfüllten Erwartungen leiden müssen. Traurig schloss ich die Augen, um den Moment zu genießen. Wieso spielte das Schicksal immer so ungerecht? „Sakura?“, erklang plötzlich eine mir bekannte, weiche Stimme. Wir fuhren beide überrascht herum. Hinata stand unsicher in der Türschwelle. Ihre Hand ruhte nach wie vor auf der Türklinke, ganz so als wäre sie bereit, jeden Moment wieder zu gehen. „Oh mein Gott! Du hier?! Was machst du denn hier? Komm rein!“, rief die Rosahaarige freudig und drückte mich von sich weg. Beleidigt zog ich eine Schnute. „Hey!“, machte ich meiner Unzufriedenheit Raum. „Sei still, Baka!“ Lachend erhob ich mich vom Bett. „Ja, Zuckerwatte, das sieht dir mal wieder ähnlich, echt jetzt!“ Wie hätte ich ihr lange böse sein können? „Naruto-kun? N-nett dich wi-wieder zu treffen“, begrüßte die Schwarzhaarige mich. Grinsend sah ich sie an. „Ist mir immer wieder eine Ehre, echt jetzt!“ „Wow, seit wann sprichst du so gehoben?“, zog mich Sakura amüsiert auf. „Musst du immer so böse sein?!“, brummte ich als Antwort. Hinata ließ sich kichernd auf einem Stuhl nieder. Ihr Gesicht wurde von einer dunklen Sonnenbrille verdeckt und auf den Wangen lag der mir nun schon vertraute Rotton. „Also, wie kommt es, dass du hier bist?“, wollte die Rosahaarige neugierig wissen. „I.ich war bei ei-einer Nachuntersuchung und da d-dachte i-ich mir, dass i-ich mal vorbeikommen kann“, erklärte sie mit einem kleinen Lächeln. Die Mädchen verfielen in ein Gespräch, dem ich nur halbherzig folgte. Meine Aufmerksamkeit lag auf Hinata. Etwas an ihrem Auftreten bescherte mir eine Gänsehaut. Es war, als würde etwas fehlen. In meinem Kopf wiederholte ich all die Treffen und Gespräche mit ihr. Doch noch nie hatte ich etwas eigenartiges bemerkt. Sie schien keine sichtbaren Beschwerden zu haben. Hatte ich nun auf Grund von Sakuras Lage bereist Halluzinationen? Stimmte wohl möglich etwas nicht mit mir? Bildete ich mir nun überall und bei jedem etwas ein? War es das? Wurde ich paranoid? Plötzlich traf mich die Erkenntnis. Es war mein eigener Kopf, meine Vergangenheit und meine Nerven, die mir einen Streich spielten. Scheinbar schien ich Hinata unbewusst mit Sakura zu vergleichen, was dazu führte, dass ich alle Unterschiede als fehlende, ungesunde Anzeichen deutete. Ich musste damit aufhören. Endlich eine Erklärung gefunden, lehnte ich mich lächelnd auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Hände im Nacken. Meine Aufmerksamkeit legte sich nun wieder auf das Gespräch zwischen den Beiden. „Na, so eine Schönheit wie du muss sicherlich einen Freund haben, nicht wahr?“, fragte Saku im selben Moment. Ich grinste breit in mich hinein. Nun würde ich eine weitere Antwort auf eine meiner unzähligen Fragen bekommen. Das schwarzhaarige Mädchen biss ich auf die Unterlippe und begann, ihre Zeigefinger aneinander zu stoßen. „Also, naja, nicht direkt“, murmelte sie ausweichend. Verständnislos zog ich die Augenbrauen zusammen. „Süße, ich lass Menschen normal sehr viel Privatsphäre aber meine Freundinnen sind in dem Bereich alles andere als sicher! Ich will sowas immer wissen und einer meiner guten Kumpels ist ein Polizist, glaub mir, ich weiß, wie man Verhöre führt!“, meinte Sakura mit einem belustigten und gleichermaßen drohendem Tonfall. Hinata schien sich überrascht zu versteifen. Sie flüsterte etwas leise und unverständlich, bevor ihre Lippen sich zu einem süßen Lächeln kräuselten. „D-das musst du erst b-beweisen“, erwiderte sie spitz und ich lachte laut auf, als ich Sakus ungläubiges Gesicht sah. „Da hast du nix mehr zu sagen, was, Zuckerwatte?“, presste ich schwerfällig hervor. Sie funkelte mich böse an, nachdem sie sich endlich gefangen hatte und blickte dann provozierend zu der Schwarzhaarigen. „Forderst du mich wirklich heraus?“ „Vielleicht“, erwiderte die Angesprochene schmunzelnd. „Hina!“, meinte das Mädchen mit drohend erhobenem Zeigefinger. Diese kicherte lediglich. „N-nein, i-ich hab kei-keinen Freund, aber das heißt nicht, dass i-ich frei bin. Es... Es ist kompliziert“, berichtete sie schließlich. Fragend zog ich die Augenbrauen zusammen. Auch die Rosahaarige schien verwirrt. „Warte, des hab ich jetzt nicht gecheckt, echt jetzt“, warf ich ein. „Nicht so wichtig“, winkte sie ab. „Na gut, dieses Mal kommst du mir noch davon, aber auch nur weil der Idiot von Naruto neben mir sitzt“, meinte Sakura, woraufhin ich beleidigt das Gesicht verzog. „Hey! Ich will das aber auch wissen! Außerdem, hörst du irgendwann auf, mich zu beleidigen? Echt jetzt!“ Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf. „In deinen Träumen vielleicht.“ „Als ob ich von dir träumen würde!“, erwiderte ich lügend. Die Wahrheit war nämlich, dass ich nach wie vor manchmal von ihr träumte. Ich seufzte innerlich. Würde mich diese Jugendliebe denn mein Leben lang verfolgen? Erneut versank ich in meinen Gedanken. Langsam wurde ich wahnsinnig. So viel nachgedacht wie vergangene Woche hatte ich den gesamten letzten Monat nicht. Es war ungewohnt für mich. Ich war ein Mensch, der handelte und nicht grübelte. Zwar hatte ich mir wegen meiner gedankenlosen Art nicht wenige Schwierigkeiten eingehandelt, doch ich betrog mich selbst nur ungern, weswegen ich nicht bereit war, diese Eigenschaft zu ändern. „NARUTO! Zum zwanzigsten Mal! Hörst du mir jetzt endlich mal zu, oder muss ich erst aufstehen?!“, schrie plötzlich Sakura und ich zuckte erschrocken zusammen, bevor ich mechanisch mitsamt dem Stuhl, auf welchem ich saß, zurückwich. Irritiert blickte ich das Mädchen an, welche die Lippen empört ein wenig vor geschoben hatte. Ihre Hände waren in einer drohenden Geste in die Hüften gestemmt. „Sorry! Ich hab nachgedacht. Tut mir leid“, entschuldigte ich mich einige Male, um sie zu besänftigen. Das Mädchen hob die Augenbrauen. „Das hab ich auch bemerkt, Schwachkopf! Bist du jetzt wenigstens ansprechbar?“, erwiderte sie spitz, woraufhin ich schnell nickte. „Gut. Ich muss jetzt nämlich zu einer Untersuchung, die scheinbar länger dauern wird. Wärst du ausnahmsweise ein Gentleman und würdest Hinata Gesellschaft leisten? Von mir aus, könnt ihr auch irgendwohin gehen, da ich eh nicht weiß, wann ich zurück bin“, erklärte sie mir, wobei sie mir verschwörerisch zuzwinkerte. Verwirrt über ihre letzte Geste blinzelte ich einige Male und geriet ins Stottern. „Ja... Klar, kein Ding... Ich kümmer mich um sie...“ Saku lächelte breit. „Braver Junge!“ Sie ließ sich von einer jungen Pflegerin, welche ich bis gerade eben nicht bemerkt hatte, aus dem Bett helfen, bevor sie, auf den Tropfständer gestützt aus dem Raum humpelte. Noch immer ein wenig irritiert starrte ich auf die Türe. War ich tatsächlich so vertieft in meine eigenen Gedanken gewesen, dass ich weder bemerkt hatte, wie meine beste Freundin scheinbar mehrmals mit mir gesprochen hatte, noch wahrgenommen hatte, dass eine weitere Person das Zimmer betreten hatte. Verflucht, diese Grübelei musste schnell aufhören, sonst verlor ich noch vollständig den Faden zur Realität und würde wie einer dieser großen Denker werden, die letztendlich wahnsinnig wurden und sich selbst das Leben nahmen, weil sie die Einfältigkeit des Alltags nicht mehr aushielten. Da! Schon wieder drohte ich, mich in meinen Gedanken zu verlieren. Schnell atmete ich tief durch, bevor ich mich an Hinata wandte. „Okay, worauf hast du Lust?“ Das Mädchen strich sich eine Strähne ihres tiefschwarzen Haares aus dem Gesicht. „D-du musst d-das nicht tun. I-ich bin ke-kein kleines Kind u-und brauch ke-keinen Aufpasser.“ In ihrer Stimme schwankte ein mir unerklärliche und unterdrückte Wut mit. Fragend runzelte ich die Stirn. „Hab ich nie behauptet. Um ehrlich zu sein, brauche ich selbst Ablenkung und da du mir sympathisch erscheinst und Saku mich drum gebeten hat, hab ich mir gedacht, wir könnten mal was außerhalb des Krankenhauses machen, aber wenn du lieber hier bleiben willst, ist das auch völlig okay, echt jetzt. Du kannst natürlich das Angebot auch ganz ausschlagen und einfach gehen! Das ist deine Entscheidung“, zählte ich alle mir einfallenden Möglichkeiten auf. Hinata errötete und stieß erneut ihre Zeigefinger aneinander. „N-nein, ich würde es schön finden, wenn wir etwas gemeinsam unternehmen würden“, erwiderte sie dann lächelnd. Grinsend erhob ich mich. „Na dann, lass uns mal was witziges machen, echt jetzt!“, rief ich enthusiastisch und hielt ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Das Mädchen ignorierte sie jedoch gänzlich. Mich nicht einmal für eine Sekunde ansehend, griff sie nach ihrer Handtasche, bevor sie sich auf den Weg zur Türe machte. Ein wenig überrascht und perplex musste ich einige Male blinzeln, um wieder zu mir zu kommen. Solch eine kalte Absage hatte ich in meinem gesamten Leben noch nicht erhalten. Mit einem leichten Lächeln folgte ich ihr. Sie steckte wohl voller Überraschungen. „Also, was willst du machen?“, fragte ich, während wir durch das Krankenhaus liefen. Sie zuckte mit den Achseln. „Essen?“, schlug ich hoffnungsvoll vor. Hinata schritt lächelnd durch die große Eingangstüre. „Wo?“ Innerlich ließ ich einen Freudenschrei ertönen. Ich war am Verhungern. „Was isst du gerne? Asiatisch, Italienisch, Mexikanisch?“ „Wahrscheinlich...“ Sie wurde durch das Klingeln meines Handys und meinem darauffolgenden Fluch unterbrochen. „Sorry, gib mir einen Moment. Da muss ich ran.“ Verständnisvoll nickte das Mädchen und ich nahm ab. „Naruto!“, rief mein Chef verzweifelt. Seufzend ließ ich das Gerät einige Minuten später wieder in meine Hosentasche gleiten. „Es tut mir so furchtbar leid!“, entschuldigte ich mich gleich darauf. Hinata runzelte fragend die Stirn. „Im Restaurant ist irgend ein wichtiger Geschäftsmann und ich soll da unbedingt kochen und jetzt muss ich da hin und das versaut jetzt alles und es tut mir echt leid und...“ „Naruto-kun!“, fuhr sie sanft dazwischen, „Es ist schon okay. Arbeit geht vor, das verstehe ich. Lass uns einfach wann anders essen gehen.“ Freudestrahlend spielte ich mit einem Gedanken. „Wieso kommst du nicht einfach mit?“ Kapitel 5: Kompliziert ---------------------- Ihre Augenbrauen schossen verwundert in die Höhe. „Wie?“ Schmunzelnd trat ich auf sie zu. „Du kommst einfach mit in die Küche und beschäftigst dich dort ein bisschen, während ich koche und dann essen wir an einem Tisch im Restaurant. Was hältst du davon?“ Das Mädchen verzog nachdenklich das Gesicht. „Komm schon. Du kannst dir nicht die Gelegenheit entgehen lassen, den besten Koch in der Geschichte der Köche zu erleben“, warf ich ein, bevor sie das Angebot ablehnen konnte. Freundschaftlich legte ich ihr einen Arm um die Schultern. „Es wi...“ Hinata unterbrach mich grob, indem sie sich ruckartig aus meinem Griff befreite und Abstand zwischen uns aufbaute, indem sie einige Schritte von mir weg machte. Überrascht blinzelte ich sie an. Ihr Gesicht hatte sich in eine harte Maske verwandelt, während sie die Arme schützend um ihren Körper geschlungen hatte. Für einen kurzen Moment wusste ich nicht, was ich tun oder sagen sollte. Noch nie hatte ein Mädchen so abwesend auf meine Berührungen reagiert. Tief durchatmend ordnete ich meine Gedanken. „Okay, zwei eiskalte Absagen an einem Tag sind selbst für so einen charmanten Kerl wie mich zu viel, dessen musst du dir bewusst sein, echt jetzt. Lass uns einen Pakt schließen: Ich versuch nicht mehr, dich anzufassen und du kommst dafür mit. Was hältst du davon?“, schlug ich mit einem Grinsen vor, während ich Hinata aufmerksam beobachtete. „Willst du das wirklich?“, fragte sie unsicher nach und senkte ihre Arme. Nervös begann sie, ihre Finger aneinander zu stupsen. Überzeugt hob ich einen Daumen. „Ja, das bin ich, sonst hätte ich es nicht vorgeschlagen, echt jetzt!“ „Unter einer Bedingung“, setzte sie leise an, „Darf ich meine Sonnenbrille anbehalten?“ Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Wieso um alles in der Welt? Ausnahmsweise hielt ich meinen Mund geschlossen. Vielleicht hatte sie Narben von der Operation, die noch nicht ganz verheilt waren oder möglicherweise andere Spuren, die sich nicht zeigen wollte. „Nun gut, wenn es sein muss, echt jetzt“, willigte ich schließlich ein, obwohl ich mich an keinerlei Anzeichen, die sie hätte verstecken wollen, erinnern konnte. Das letzte Mal, als ich ihr freigelegtes Gesicht gesehen habe, war ihre Haut rein und schön gewirkt. Doch in der Dunkelheit hätte ich leicht etwas übersehen können. Nachdenklich betrachtete ich das Mädchen. Es ließ mir einfach keine Ruhe. „Naruto?“ Ihre Stimme, die lauter als üblich war, riss mich aus meinen Gedanken. „Hä?“ „Wollen w-wir nicht langsam l-los?" „War ich schon wieder weggebeamt?“, fragte ich genervt von mir selbst. Sie nickte mit einem mitleidigen Lächeln. „Sorry, echt jetzt!“ Diese Grübelei musste wirklich aufhören! Hinata schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Nicht schlimm. B-bist du mit d-dem A-auto da?“ Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. „Naja, ich wäre, hätte ich einen Führerschein“, murmelte ich, in der Hoffnung, sie hätte lediglich ein 'Nein' verstanden. „Weswegen hast d-du keinen? Na-natürlich nur wenn i-ich fragen darf“, hackte sie jedoch zu meiner Enttäuschung nach. Verdammt. Meine Wangen leuchteten in einem dunklen Rotton auf. „Lach mich bitte nicht aus, okay?“ Sie nickte zustimmend. „Ich bin vor ein paar Wochen in der Nacht viel zu schnell gefahren und wurde erwischt. Naja, der Polizist hatte keine Gnade und jetzt bin ich meinen Führerschein noch für nen Monat weg, echt jetzt“, erzählte ich peinlich berührt. Das Mädchen kicherte hinter vorgehaltener Hand. „Hey! Du hast gesagt, du würdest nicht lachen!“, rief ich empört aus. „Lass uns ein Taxi nehmen“, erwiderte sie lediglich schmunzelnd. „Wir können auch Bahn fahren“, warf ich ein. Sie schüttelte bestimmt den Kopf. „N-nein, i-ich zahle a-auch.“ Hinata war überraschend unnachgiebig, weswegen ich mich letztendlich ihrem Willen fügen musste. „Naruto! Da bist du endlich! Himmel, bist du etwa auf einem Faultier her geritten oder was?“, rief mir mein Chef entgegen, kaum dass ich aus dem Auto ausgestiegen war. Augenverdrehend trat ich auf ihn zu. Der Mann musste unglaublich verzweifelt sein, wenn er persönlich erschienen war, um auf mich zu warten. „Was ist denn so dringend, echt jetzt?“, erwiderte ich lediglich und streckte mich. „Hier ist das Menü. Keine Fragen, einfach machen, verstanden?“ Er reichte mir hastig eine Karte und wandte sich bereits wieder zum Gehen, doch ich hielt ihn davon ab. „Unter einer Bedingung, Chef.“ Verwundert blickte er mich an. „Ich würde danach gerne mit einer Freundin hier etwas essen. Das würde sicherlich keine Probleme bereiten, nicht wahr?“ Warnend musterte ich meinen Vorgesetzten, dessen Augen schnell zu Hinata huschten, bevor sie sich zu Schlitzen formten. „Mach was du willst, solange du deine Arbeit gut machst“, entgegnete er schließlich schnell, bevor er beinahe rennend das Gebäude betrat. Lächelnd wandte ich mich zu dem Mädchen um. „Dann mal los, echt jetzt! Vorsicht die Stufen“, warnte ich sie, während wir meinem Chef in das Restaurant folgten. Schlagartig wurde sie langsamer und ihre Schritte unsicherer. „Alles okay? Brauchst du Hilfe?“, wollte ich besorgt wissen. „Nein“, stieß sie angestrengt heraus. Als wir vor der Türe angekommen waren, studierte ich sie eingehend. Hinata schluckte schwer. „Tut mir leid. I-ich seh bloß n-nach der Operation noch ei-ein wenig verschwommen“, gestand sie langsam und senkte den Kopf. „Na, wenn das so ist, echt jetzt! Hättest halt vorher was sagen müssen, dann hätte ich mehr auf dich aufgepasst!“, erwiderte ich erleichtert und zwinkerte ihr zu. Die Lippen des Mädchens kräuselten sich zu einen seichten, beinahe unscheinbaren Lächeln, welches jedoch die Macht hatte, die Größe ihrer Erleichterung auszudrücken. „Uhm, ich weiß, was ich davor gesagt habe, aber vielleicht willst du meinen Arm nehmen, nur so zur Sicherheit“, schlug ich vorsichtshalber vor. Doch Hinata schüttelte entschlossen den Kopf. „Nein, es geht schon.“ Trotz der Überzeugung in ihrer Stimme, ließ ich sie nun nicht aus den Augen, um sie jeden Moment auffangen zu können. „Womit willst du dich eigentlich beschäftigen, während ich arbeite?“, wollte ich wissen, während ich sie in die Küche leitete. Doch sie kam nicht dazu, mir eine Antwort zu geben, da ich von dem Personal in Beschlag genommen wurde, sobald wir mein Reich betraten. Plötzlich bat mich jeder um etwas oder wollte wissen, wie die Dinge standen und wie ich über ihre neuen Rezeptideen dachte. Ich wurde von dem Strudel mitgerissen und verlor Aline aus den Augen. Mein Verstand schaffte es nicht einmal, Schuldgefühle aufzubauen, weil er zu viele Informationen auf einmal verarbeiten musste. Als ich mich endlich von der Masse befreien konnte, suchte ich panisch nach dem Mädchen. Doch sie schien gut für sich selbst sorgen zu können, wie ich feststellte, als meine Augen sie endlich fanden. Die Schwarzhaarige stand ein wenig abseits mit einem jungen Koch, welcher seit wenigen Wochen bei uns arbeitete, und roch an einigen Gewürzen, die er ihr hinhielt. Zufrieden wandte ich mich an meine Arbeit. „Hast du dir schon ausgesucht, was du essen willst?“, fragte ich Hinata, welche kurz erschrocken zusammenzuckte. „Oh, sorry, dachte, du hast mich gesehen, echt jetzt.“ Sie schenkte mir ein sanftes Lächeln. „Alles in Ordnung. Nein, ich weiß nicht, was ich will. Hier ist so viel, dass ich mich nicht entscheiden kann. Was würdest du denn empfehlen?“ Das Mädchen saß an einem der gemütlicheren Tische im Restaurant, welcher im zweiten Stock des Gebäudes lag. Ich saß ihr gegenüber und versuchte, meine Enttäuschung so gut wie möglich zu verbergen. Nachdem Joe die Schwarzhaarige kennengelernt hatte, hatte er mich praktisch gesehen mit seinem stämmigen Körper dazu gedrängt, für uns kochen zu dürfen. Er hatte mir keine Möglichkeit gegeben, meinen Willen durchzusetzen, was nur sehr selten vorkam. „Naruto?“ „Hä? Tut mir leid, ich war mal wieder am Nachdenken“, brummte ich bitter. Ihre Lippen kräuselten sich zu einem sanften Lächeln. „Sei nicht enttäuscht. Du kannst immer noch ein anderes Mal für mich kochen“, sprach sie das Problem geradeaus an. Verblüfft starrte ich sie mit offenem Mund an. Woher? Im selben Moment trat ein Kellner zu uns heran. „Haben Sie sich bereits entschieden?“ „Ja.“ Ich bestellte für uns beide, worüber das Mädchen ehrlich erleichtert wirkte. Während dem Essen unterhielten wir uns über belanglose Dinge und jedes Mal, wenn Hinata auflachte, woraufhin sie sich sofort damenhaft die Hand vor den Mund hielt, konnte ich ein breites Grinsen nicht unterdrücken. Sie wirkte so unbekümmert, wann immer sie amüsiert auf meine Erzählungen einging oder selbst über unterhaltsame Erlebnisse aus ihrem Leben berichtete. Keiner von uns sprach Sakura und alles, was irgendwie damit in Verbindung stand, an. Es schien, als würden wir wie auf der Lauer liegende Raubkatzen um das Thema herumschleichen, niemand von uns tatsächliches Interesse an der Beute zeigend. Wie ich feststellen musste, entpuppte es sich als sehr befreiend, mit jemandem zu reden, dem nicht im Gesicht geschrieben war, dass er unter der Situation litt oder dich bemitleidete. Außerdem war Hinata eine angenehme Gesprächspartnerin, die mein fehlendes Wissen in einigen Bereichen nicht kritisierte und alles mit viel Geduld erklärte. Eine der Fähigkeiten, die sie wohl aus ihrem Beruf als Lehrerin mitgenommen hatte. Ich musste beim Anblick ihres unzufriedenes Gesichtes lachen, als ich meinen Willen durchsetzte und die Rechnung bezahlte. „Jetzt stell dich nicht so an, echt jetzt. Für eine Dame gehört es sich nicht, nach dem Essen zu zahlen. Das müsstest du doch wissen“, zog ich sie auf, während wir aus dem Restaurant spazierten. Sie kicherte leise. „Nimm den Mund nicht zu voll, mein Lieber. Sonst zahle i-ich nie wieder etwas und beute i-immer nur d-deinen Geldbeutel aus“, warnte sie mich mit erhobenem Zeigefinger. Ich winkte lachend ab. „Das wäre nur halb so wild, echt jetzt.“ Eine Weile standen wir uns stumm gegenüber. Hinata hatte tatsächlich für keine Sekunde die Sonnenbrille abgenommen. Es interessierte mich brennend, was sie zu verstecken suchte. Da ich ein direkter Mensch war, dessen Schwäche schon immer sein Mund gewesen war, beschloss ich, sie darauf anzusprechen. Schließlich würde sie mich umbringen. „Fährst du noch mal zu Sakura oder hast du noch etwas anderes vor?“, wollte sie plötzlich wissen und kam mir somit zuvor. Nachdenklich kratzte ich mich am Hinterkopf. „Weiß ich noch nicht. Eigentlich kann ich das Krankenhaus nicht mehr sehen, aber...“ Ich ließ den Satz unvollendet zwischen uns hängen. „Kann ich verstehen. Es ist ein schrecklicher Ort“, stimmte sie mir leise zu. „Warte, ich schreib ihr mal und frage, was es so Neues gibt.“ Als ich einen Blick auf die Uhr meines Handys warf, fiel mir auf, dass die Besucherzeit bereits vorbei war. „Was ist mit dir? Womit beschäftigst du dich heute noch?“ Hinata schien zu überlegen, bevor sie mit den Schultern zuckte. „Mein Vater wollte morgen vorbeikommen, weswegen ich wahrscheinlich nach Hause fahren sollte, um noch ein wenig aufzuräumen“, murmelte sie schließlich. „Deine Ausreden sind einfach schrecklich, hat dir das schon mal jemand gesagt?“, erwiderte ich grinsend. Ihre Wangen leuchteten feuerrot auf und sie senkte betreten den Kopf. „Warte, ich ruf dir ein Taxi, echt jetzt“, lachte ich amüsiert. „Danke, Naruto.“ Eine Gänsehaut rauschte durch meinen Körper, die ich auf die plötzlich Kälte schob. Während ich telefonierte, ließ ich das Mädchen nicht für einen Moment aus den Augen. Sie wippte vorsichtig auf ihren Fersen hin und her. Ihre Haltung war entspannt, doch zwischen ihren Augenbrauen lag einen tiefe Stirnfalte, die sie unruhig wirken ließ. Etwas schien sie zu beschäftigen – etwas Wichtiges. Das war mir bereits während dem Essen aufgefallen. „Der Fahrer hat gesagt, es dauert etwa zehn Minuten“, richtete ich ihr aus, wobei ich sie weiterhin aufmerksam beobachtete. Ihre Unruhe schien sich auf mich zu übertragen und bald schon begann ich, mit meinem Schal zu spielen. „Vielen Dank für den Abend. Ich habe es sehr genossen“, erhob sie plötzlich die Stimme. Grinsend winkte ich ab. „War ja nicht meine Idee. Da musst du dich schon bei Saku bedanken.“ Sie lächelte. „Darf ich dich etwas fragen?“ „Natürlich, echt jetzt.“ „A-aber es ist eine persönliche Frage“, gestand sie. Ich runzelte die Stirn. „Solange du nicht nach meiner Unterwäschengröße fragst ist alles okay, echt jetzt“, entgegnete ich und beobachtete schmunzelnd wie sie rot anlief. „D-das meinte i-ich nicht.“ Sie stieß ihre Fingerkuppen einander. „Na los, ich fress dich schon nicht, echt jetzt“, drängte ich sie lachend. „Warum hast d-du keine Freundin?“, fragte sie schließlich leise, beinahe unhörbar. Seufzend rieb ich mich am Hinterkopf. „Okay, da ist mir die Unterwäschenfrage doch lieber“, brummte ich. Hinata trat einen Schritt zurück. „T-tut mir leid. I-ich...“ „Das war doch nur ein Witz, echt jetzt! Nein, um ehrlich zu sein, hab ich einfach noch niemanden gefunden, der mich aushalten kann, weißt du. Vielleicht ist das dumm und altmodisch, aber ich möchte mit jemandem zusammen sein, den ich wirklich liebe, echt jetzt. Nie würde ich eine Beziehung eingehen, nur um sagen zu können, dass ich eine Freundin habe. Das finde ich lächerlich. Tja, aber ich habe noch niemanden gefunden, der zu mir passt“, erklärte ich schließlich und streckte mich. Den Teil mit meiner unerfüllten Jugendliebe und meinem Versagen, darüber hinwegzukommen, ließ ich aus. Hinata blickte mich nachdenklich an. „Und was für ein Mädchen würde denn zu dir passen?“ Nun bedachte ich sie mit einem grübelnden Blick. „Das weiß ich selbst noch nicht genau. Sicher ist nur, dass ich mit ihr die Welt sehen will. Dass ich mit ihr die Schönheit dieser Welt erkunden will und mit ihrer Hilfe in allem etwas Atemberaubendes entdecken möchte, echt jetzt. Oh, da ist das Taxi.“ Der Wagen hielt vor uns und ich öffnete die Türe. Doch die Schwarzhaarige bewegte sich nicht von der Stelle. „Du solltest einsteigen, schließlich musst du noch aufräumen, echt jetzt“, neckte ich sie mit einem Lächeln. Langsam, beinahe schon widerstrebend schritt sie schließlich zum Auto. Sie umfasste die Türe mit einer Hand, während ich einen Schritt zurücktrat. Etwas lag zwischen uns. - Eine angespannte Elektrizität, die mir nicht erlaubte, Abschied zu nehmen, und ihr nicht gestattete, in das Taxi zu steigen. Angespannt stand ich unbeweglich an einem Punkt, während der Schnee erneut begann, auf meine Schultern und in meinen Kragen zu schneien, und wartetet, denn was blieb mir anderes übrig als den Sekunden beim vorbeirauschen zuzusehen? „Naruto“, hauchte Hinata plötzlich beinahe atemlos. Als wäre dies der erlösende Zauber gewesen, sprang ich vor, um im selben Augenblick wie mein Name ihre Lippen verlassen hatte, bei ihr zu sein. Dennoch erinnerte ich mich an mein Versprechen und berührte sie nicht. „Bin da“, flüsterte ich lediglich ebenso leise, ganz so als hätte ich Angst, eine mir unbekannte Ruhe zu stören, wenn ich die Stimme hob. Das Mädchen zitterte, ob vor Kälte oder einem mir verborgenem Grund, blieb ein Geheimnis für mich. „Bitte“, ihre Stimme brach. Sie hielt für einen Moment inne, bevor sie sich langsam zu mir umwandte. Ihre Augen waren nach wie vor von der großen Sonnenbrille verdeckt. Jedoch musste ich sie nicht sehen, um festzustellen, wie die Verzweiflung durch ihren Körper rauschte. „Bitte“, wiederholte sie da noch einmal leise, „nimm mich in den Arm.“ Wie versteinert stand ich vor ihr. - Nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Wieso bat sie mich darum? In meinem Gedächtnis tanzten die Bilder ihres Unbehagens, als ich sie berührte. Sie waren so lebendig, dass ich beinahe glaubte, diesen Moment noch einmal zu erleben. Es wäre absurd. Wahrscheinlich war mir der Alkohol zu Kopf gestiegen. Vielleicht bildete ich mir all dies ein. Doch die Situation war so real – zu real, um ein einfaches Gespenst meiner Phantasie zu sein. - Der Schnee, dessen Kälte auf meiner Haut brannte, die Lichter der Stadt, die nie zu schlafen schienen, die schwarzen Haare des Mädchens, die vom Wind zerzaust einen wilden Tanz aufzuführen versuchten und ihr Körper, der immer stärker zu zittern schien. Verdammt. „Schlag mich aber bitte nicht, echt jetzt“, hauchte ich atemlos, als ich meine Arme schließlich sachte um sie legte. Hinata erwiderte die Geste, drückte sich an mich, legte ihre Wange an meine Brust und erstarrte für eine kleine Ewigkeit. Was passierte hier? Ich wollte etwas sagen, die Stille brechen, doch in meinem Kopf herrschte Leere, die nichts durchdringen konnte. Wieso versagte mein Verstand immer in diesen Situationen? Plötzlich löste das Mädchen sich von mir. „Danke“, hauchte sie und ihre Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, „Leb wohl.“ Sie wandte sich um. „Hinata“, entfuhr mir ihr Name, der sich auf meiner Zunge auflöste wie Schnee auf einer warmen Oberfläche. „K-können wir uns vielleicht irgendwann noch einmal treffen?“ Ich war unsicher, verlegen und wusste nicht, was so unerwartet in mich gefahren war. „Nein“, erwiderte sie leise, ohne sich dabei umzudrehen. In meiner Brust gefror etwas und sackte in einer schwindelerregenden Geschwindigkeit in meinen Magen, wo es unangenehm schwer liegen blieb. „Naruto, vielen Dank für alles. Du hast so unglaublich viel für mich getan, obwohl wir uns kaum kennen und ich kann dir nicht beschreiben, wie dankbar ich bin. Glaub mir, nur zu gerne würde ich das Ende unserer Bekanntschaft wenigstens noch für einen kurzen Moment verzögern, doch das ist nicht mehr möglich. Ich habe eine Entscheidung getroffen und mit dieser ist eine Freundschaft zwischen uns beiden nicht zu vereinbaren. Dies ist unser letztes Treffen und unser letzter Abschied. Vielen Dank für die Schönheit, die du mich hast sehen lassen. Leb wohl.“ Ohne ein weiteres Wort stieg sie ein und der Wagen fuhr davon. Sie hatte mir nicht die Möglichkeit gegeben, auch nur eine Silbe über die Lippen zu bringen. „Verdammt!“ Wütend setzte ich mich im Bett auf. Die Erinnerungen plagten mich nun bereits den vierten Tag. Es raubte mir den letzten Nerv, brachte mich um den Schlaf und gab mir selbst beim Arbeiten keine Ruhe. Die Sorge lief wie ein unruhiger Tiger in meinem Inneren umher. Etwas in Hinatas ihrer Stimme hatte sie geweckt und nur das Mädchen vermochte es, sie wieder zu beruhigen. Doch von ihr gab es seit diesem einen Abend keine Neuigkeiten. Sie schien wie ausgelöscht. Erneut ergriff die Wut über meine Verwirrung und Enttäuschung über mich Besitz. Rasend vor der Emotionssuppe, die in meinem Inneren herrschte, schlug ich gegen mein Bett. Wahnsinnig! Sie musste wahnsinnig geworden sein! Anders war ihre Entscheidung nicht zu erklären. Erneut spielte mein Gehirn, wie um mich zu bestrafen, die Szene ab. Jeder Buchstabe sickerte in mein Blut und begann, sich daran zu nähren. Jedes Mal aufs Neue wurde mir bewusst, wie dramatisch, kompliziert und altmodisch sie den Abschied gestaltet hatte. Ganz so, als wären wir in einem Schwarzweißfilm gewesen – ob er gut oder schlecht war, konnte ich nicht beurteilen, da ich verdammt noch mal unfreiwillig zu einem Schauspieler gemacht worden war. Fluchend begann ich, im Zimmer auf und ab zu laufen. Es lag mehr dahinter - Musste mehr dahinter liegen. Doch keine meiner Theorien ergab Sinn. Selbst Saku, das wohl komplizierteste Wesen, das ich kannte, hatte mir den plötzlichen Abbruch des Kontaktes nicht erklären können. Es schien alles aussichtslos zu sein. Wieso tat man so etwas? Lag es an mir? Hatte ich etwas falsch getan? Hatte ich sie verletzt? Hatte ich sie unbeabsichtigt bedrängt? „Arg! Ihr könnt mich alle mal!“, rief ich und griff mir ins Haar. Wenn das so weiter gehen würde, würde ich früher oder später den Verstand verlieren und wahnsinnig werden. Nun, vielleicht würde ich Hinata dann verstehen. Schließlich sollten sich Menschen mit der selben psychischen Krankheit gut verständigen können. Bitter lachte ich leise über diesen verzweifelten Gedanken. „Wie tief bist du nur gesunken, Naruto?“, hauchte ich leise, als ich mich im Spiegel betrachtete, „Läufst um zwei Uhr nachts durch die Gegend und wirst langsam zu einem Psycho. Und wieso? Wegen einem Mädchen, das du gerade mal zwei Wochen kanntest. Es gibt wichtigere Dinge zu erledigen.“ Erneut verließ ein bitteres Lachen meinen Mund. „Jetzt führst du schon Selbstgespräche!“ Seufzend setzte ich mich vor meinem Bett auf den Boden und begann, eines meiner alten Shirts zu zerschneiden. Es war, wie ich vor vier Tagen feststellen musste, eine effektive Möglichkeit meine Gedanken von Hinata abzulenken und auf etwas anderes zu konzentrieren. In diesem Augenblick wollte ich über die Information, welche ich an diesem Morgen von Sasuke erhalten hatte, nachdenken. Er hatte herausgefunden, dass es sich bei dem gesuchten Auto um einen Dienstwagen der 'Flosug'-Firma handelte. Der Betrieb war für seine Robotertechniken bekannt. Doch mein Kindheitsfreund wollte mir nicht erklären, wie er dies herausgefunden hatte. Meine Gedanken waren ein Chaos, der sich verselbstständigt hatte. Nichts konnte mich in dieser Nacht ablenken. Immer wieder schoss mein Gehirn mich mit neuen Fragen und Theorien ab, bis plötzlich mein Handy klingelte. Überrascht und zur gleichen Zeit dankbar für den Zufall nahm ich ab, obwohl mir nicht klar war, wer so spät noch anrufen würde. „Naruto?“ Mein Herz blieb stehen. Die Welt änderte ruckartig die Richtung. Der Himmel löste sich auf und meine Lunge versagte den Dienst. Mit zugeschnürter Kehle versuchte ich nach Luft zu schnappen, während meine freie Hand sich wie ferngesteuert auf meine Brust legte. Mit allen mir bekannten Schimpfwörtern verfluchte ich das Schicksal für sein grausames Spiel und gleichermaßen lobte ich das Schicksal für seine liebevolle Gnade mit allen mir bekannten Liebkosungen. „Hinata.“ Ihr Name zerschmolz auf meiner Zunge wie kalter Schnee auf einer warmen Oberfläche. Es war eine Erlösung ihre Stimme zu hören und gleichermaßen eine Qual. Was würde nun kommen? Würde sie endlich Klarheit bringen oder es nur noch mehr verwirren. Für einen kurzen Moment fragte ich mich, woher sie meine Nummer hatte, doch bereits im nächsten Augenblick war alles vergessen. „Rette mich.“ Kapitel 6: Too much ------------------- „Pass doch auf, du Verrückter!", schrie mir eine Frau hinterher. Ein junger Mann sprang vor Schreck zur Seite, als ich an ihm vorbeirauschte. Empörte Rufe, genervtes Schimpfen, tadelnde Drohungen - All die Reaktionen der Menschen drangen kaum bis zu meinen Ohren. Mein überhitzter Kopf blendete sie aus, konzentrierte alle seine Mittel auf meine Beine, welche mich mit aberwitziger Geschwindigkeit durch die Straßen der Stadt trugen, und auf das Wiederholen eines Wortes, dass ununterbrochen an meinen Lippen hing. „Bitte", hauchte ich erneut, als ich in eine dunkle Gasse rannte. Alles um mich herum wirkte wie verschwommen. Ich nahm meine Umgebung kaum wahr, schenkte nichts und niemandem Beachtung. Obwohl meine Beine schwer wie Blei waren, meine Lunge in Flammen stand und ich kaum noch atmen konnte, zwang ich mich, immer schneller zu werden, immer mehr Weg zu überwinden - bloß nicht anhalten, bloß nicht zu spät kommen. Alles in mir schien die Angst bis zum letzten Tropfen ausgetrunken zu haben, vollständig in sich aufgenommen zu haben. Jede Zelle zitterte vor unbändiger Verzweiflung und betäubendem Schrecken. Doch mein Kopf bewahrte für diesen einen Augenblick die Klarheit und ließ all die Zweifel, die lähmenden Fragen und zerreißenden Vorstellungen nicht zu. Alles, was in mir schwebte, war ein Wort. - „Bitte." Ich hatte Mühe, meinen zitternden Finger auf die Klingel zu drücken und als mir das endlich gelungen ist, konnte ich nicht mehr loslassen. Meine Beine drohten nachzugeben, während meine Sicht wegen Sauerstoffmangel eingeschränkt war. In den Ohren rauschte das Blut, die Lunge schnappte gierig nach Luft und das Herz versuchte, verzweifelt lebenspendende Flüssigkeit durch den Körper zu pumpen. Hätte mich jemand in diesem Zustand gesehen, wären im selben Augenblick Sanitäter auf dem Weg hierher gewesen. Aber ich durfte mich jetzt nicht ausruhen. Ich musste sie retten. Es war keine Frage von Können oder Wollen. Hierbei handelte es sich um einen einfaches Müssen. Meine Venen verkrampften sich und jeder Herzschlag zerriss mir beinahe die Brust. Doch als die Türe endlich geöffnet wurde, rauschte der Adrenalin erneut durch mich. Wie besessen hetzte ich die Stufen hinauf zu ihrer Wohnung. „Bitte." „I-ich kann nicht mehr. Länger halte ich diese Hölle nicht mehr aus. Naruto, es bringt mich um. Wieso passiert das nur? Hilf mir. Bitte." Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Wohnungstüre bereits hinter mir zugeschlagen. Wie auch jetzt. Im selben Moment gaben meine Beine nach und ich krabbelte auf dem Boden zu dem schwarzhaarigen Mädchen, das zusammengekauert in einer Ecke des Flures saß. „Hinata", hauchte ich atemlos. Sie sah mich mit weinenden, leeren Augen an, bevor sie laut schluchzte. „Naruto, es tut mir so leid", presste sie mit Mühe heraus. Ohne ein Wort zu sagen, legte ich meine Arme um sie. Alles drehte sich. Mein Körper zitterte und ich hatte das Gefühl, jede Sekunde das Bewusstsein verlieren zu können. „Ich bin so dumm. Wieso habe ich das getan? Es tut mir so unglaublich leid. Du solltest nicht hier sein. Niemand sollte hier sein. Ich hätte dich nicht anrufen sollen. Gott, es tut mir so ..." „Halt einfach die Klappe, echt jetzt", zischte ich mühevoll. Das Sprechen fiel mir schwer, ebenso wie das Atmen. Das Mädchen verkrampfte sich und krallte ihre Hände in den Stoff meines T-shirts. Ihr Weinen wurde immer stärker. Obwohl sie immer wieder versuchte, etwas zu sagen, verstand ich kein Wort. Lediglich unzusammenhängende Laute erreichten mein Ohr. „Hinata", hauchte ich nach wenigen Minuten, nachdem meine Atmung endlich ein wenig langsamer geworden war. Auch meine Sicht hatte sich geklärt und erst jetzt hätte ich das Mädchen, welches sich an mich klammerte, wirklich sehen können, doch sie versteckte ihr Gesicht an meiner Brust. „Hast du dir etwas getan? Brauchst du einen Arzt?" Nun bemerkte ich auch die Panik, den Schrecken und die alles erfüllende Sorge in meinem Inneren. Sie schluchzte lediglich zur Antwort. „Hina, verdammt noch mal!", zischte ich, einem Nervenzusammenbruch nahe. Sachte schüttelte sie den Kopf. „I-ich wollte, a-aber dann hast du gesagt, d-dass du bald d-da sein würdest u-und ich konnte e-es nicht mehr." Die Worte verließen nur langsam ihren Mund - schwerfällig, schleppend und voller Scham. Erleichtert atmete ich tief durch und zog sie fester an mich. „Himmel sei Dank", murmelte ich leise. „Naruto, es tut mir..." „Halt die Klappe, echt jetzt", unterbrach ich sie schroff, „Erzählt mir lieber, wieso du auf diesen dämlichen Gedanken gekommen bist, echt jetzt. Alter, Hinata, ich dachte ich mach mir in die Hosen vor Angst, echt jetzt! Verdammt, ich bin so froh, dass du lebst, echt jetzt." Sie schluchzte herzzerreißend. Erneut hörte ich ihren letzten Satz in meinem Inneren widerhallen. „Ich will einfach nur sterben." Sie antwortete nicht. Eine lange Zeit saßen wir lediglich stumm auf dem Boden des Flures. Irgendwann hatte ich angefangen, ihr beruhigend über den Rücken zu streichen und ihr immer wieder leise zu versichern, dass sie nicht allein sei. In meinem Kopf herrschte Chaos, da ich nie damit gerechnet hätte, erneut mit dieser Situation konfrontiert zu werden. Ich wusste nicht damit umzugehen. Lediglich das Gefühl von Erleichterung beflügelte mich und plötzlich wollte ich tanzen, singen, vor Freude schreien - Meine Euphorie verlangte nach Freiheit. „Naruto", hauchte sie beinahe unhörbar. Hinata übte einen leichten Druck auf meine Brust aus und ich gab sie frei. Sie blickte betreten zu Boden, während sie ihr Fingerkuppen aneinander stieß. Das nachtschwarze Haar fiel ihr ins Gesicht, verwehrte mir den Blick. „Also", ich zog das Wort in die Länge, da ich nicht wusste, wie ich nun handeln sollte. „Wieso?", fragte ich schließlich resigniert. Mir erschien das komplett irrational. Sie hatte nie ein Anzeichen davon gegeben, dass sie emotional instabil oder suizidgefährdet war. Das Mädchen verkrampfte sich schlagartig und mir wurde bewusst, dass ich meine Gedanken soeben laut ausgesprochen hatte. „Lass mich b-bitte aussprechen, okay?", hob sie dann leise an. „Ich verspreche nichts", erwiderte ich ehrlich, „Wenn du auch nur einmal versuchst, dich zu entschuldigen, werde ich die Klappe nicht halten können, echt jetzt." Sie biss sich auf die Unterlippe, bevor sie schließlich langsam nickte. „Warum darf ich es nicht?" „Schlechte Erfahrungen." „Aber du hast dich auch schon entschuldigt", warf sie ein. Es war absurd und dennoch musste ich schmunzeln. „Für die Umstände, in denen wir uns befinden, stellst du ziemlich merkwürdige Fragen, findest du nicht?" Ihre Wangen färbten sich rot. „Du hast nicht geantwortet", erwiderte sie lediglich, ohne für eine Sekunde aufzublicken. Seufzend lehnte ich mich mit dem Rücken an die Wand und schloss die Augen. „Vor drei Jahren", ich stockte für einen Moment. Wie lange hatte ich nicht mehr darüber geredet. Erst jetzt merkte ich, dass es nicht leichter wurde. „Ein guter Freund von mir hat sich damals umbringen wollen. Im Gegensatz zu dir hat er es durchgezogen, echt jetzt. Er hat sich von dem Dach meines damaligen Wohnhauses geworfen", meine Stimme brach und ich musste innehalten, um tief Luft zu holen. „Du musst nicht darüber reden", flüsterte Hinata leise, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich will, dass du es weißt, echt jetzt. Wäre es okay für dich, wenn ich weiter erzähle?" „Ja." „Nun, er hat damals bei mir an der Haustüre geklingelt und mich gebeten, mit ihm hoch zu gehen. Verdammt, ich hasse mich immer noch für diese Scheiße. Glaub mir, ich habe alles versucht. Alles, um ihn aufzuhalten. Doch die Polizei und der Krankenwagen kamen zu spät, meine Worte haben nichts bewirkt und auffangen konnte ich ihn auch nicht mehr, echt jetzt. Das letzte, was er damals gesagt hatte, war „Es tut mir leid". Dann ist er gesprungen. Deswegen kann ich deine Entschuldigungen nicht hören, echt jetzt. Es macht mich fertig." Meine Hände zitterten, während ich plötzlich kaum Luft bekam. Die Erinnerungen überrollten mich wie eine Lawine. Es schien, als wäre es erst vor ein paar Stunden passiert. „Du hast dein Bestes gegeben", flüsterte Hinata. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen die Wand. „Aber es war nicht genug gewesen, echt jetzt." „D-das ist nicht deine Schuld. Wir können nicht mehr machen a-als unser Bestes geben. O-ob es für den anderen genug ist, können wir nicht beeinflussen. D-deswegen solltest du nie danach urteilen. Gib alles und überlass d-den Rest den anderen. Denn dann kannst du sagen, dass du nicht mehr tun konntest, weil es ganz simpel die Wahrheit ist." Mit offenem Mund sah ich das Mädchen an. Sie hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt. „Okay, lernst du die Teile auswendig oder bist du in Wahrheit ein Zombie, der seit vielen Hundert Jahren über die Erde wandert und das Gehirn intelligenter Menschen frisst?" Es herrschte Schweigen und ich fragte mich, was ich soeben gesagt hatte. Dummheit, so etwas nennt man Dummheit, hätte Sakura in diesem Moment gesagt. „Das war ein geschmackloser Witz. Wiederhole ihn bitte nie wieder, Naruto", brach Hinata schließlich die Stille. Schmunzelnd betrachtete ich sie. „Geht klar, echt jetzt." Ihre Lippen kräuselten sich zu einem seichten Lächeln. „Nein, ich habe nicht jahrelang Gehirne gefressen, sondern einfach nur so einiges an Lebenserfahrung hinter mir", gab sie schließlich zurück, was mich wieder an all meine unbeantworteten Fragen erinnerte. „Dann kannst du mir ja gleich mal davon erzählen", meinte ich. Das Mädchen schluckte schwer. „Naruto, ich bitte dich, wenn du gehst, entschuldige dich nicht und spreche auch kein Mitleid aus, okay?" Fragend runzelte ich die Stirn. „Wieso sollte ich? Das würde doch keinerlei Sinn ergeben, jetzt zu gehen, echt jetzt. Ich kann dich nicht allein lassen. Außerdem musst du zu einem Psychologen. Selbst wenn es nur Gedanken daran waren, brauchst du professionelle..." „Bitte", unterbrach sie mich mit müder Stimme, „Versprich mir, dass du nicht sagen wirst, du hättest Mitleid oder dass es dir leid tue." Mit einem mulmigen Gefühl im Magen sagt ich schließlich nach kurzem Überlegen zu. „Aber nur, wenn du morgen zum Arzt gehst", setzte ich mein Ultimatum. Sie nickte. „Keine Sorge, ich besuche bereits einen Psychologen", erwiderte sie. „Also war da nicht dein erster Versuch?" „Doch." „Hä?" Sie lächelte leicht. „Lass mich erklären. Es ist nur ein wenig kompliziert." Hinata holte tief Luft, fuhr jedoch nicht fort. Ungeduldig knetete ich meine Hände. „Ich habe mich nicht von dir verabschiedet, weil ich dich nicht mehr sehen wollte oder es keine Möglichkeit für uns gab, uns weiterhin zu treffen. In Wahrheit wollte ich einfach weder dir noch Belle zur Last werden. Menschen, die mich besser kennenlernen, haben durch mich immer zusätzliche Probleme. Aber ihr steckt sowieso schon in einer wirklich unangenehmen Lage, weswegen ich es euch nicht zumuten konnte. Das ist eigentlich auch der Grund, wieso ich euch nie etwas von meiner Behinderung erzählt habe." Ihre Stimme zitterte gefährlich. Meine Kehle war wie ausgetrocknet. Was meinte sie damit? „Du kannst aber schlecht ein wandelndes Problem sein, echt jetzt. Und von was für einer Behinderung sprichst du?" Verwirrt fuhr ich mir durchs Haar. Wieso sprachen Mädchen immer in Rätseln? Erneut holte Hinata tief Luft. Langsam hob sie den Kopf und sah mich an. Ihre Augen waren vom Weinen geschwollen. Ihre Unterlippe zitterte. Ihre Haut war blass. Sie wirkte erschöpft. Doch etwas an ihrem Blick brachte all meine Gedanken durcheinander. Plötzlich erhob Hinata die Stimme: „Ich bin seit meiner Geburt blind." Fassungslos klappte mir der Mund auf. Wie konnte das sein? In meinen Gedanken ging ich all unsere Begegnungen durch. Es war offensichtlich. Mir hätte es auffallen können, hätte ich mich ein wenig länger mit ihr befasst. Die Art, wie sie sich fortbewegte - unsicher, vorsichtig, langsam. Nie hatte sie mich angesehen. Ihre Augen waren immer bedeckt gewesen. Verdammt, ich hätte es bemerken müssen, dann hätte ich sie sicherlich verstehen können. Wütend schnaubte ich, bevor ich mit der Faust auf den Boden schlug. „Nar..." „Himmel, bin ich dumm! Wieso hab ich nicht drauf geachtet? Weißt du, wie idiotisch ich mir im Augenblick vorkomme? Aber ich darf mich nicht mal entschuldigen, dass ich viel zu blind war, um das zu bemerken! Verdammt!" Zu spät wurde mir bewusst, was ich gesagt hatte. Hinata stieß ihre Fingerkuppen aneinander. „Siehst du? Ich bin dumm, echt jetzt." Erschöpft von mir selbst schloss ich die Augen und senkte den Kopf. Schweigen legte sich über uns, umhüllte uns und ich kratzte mich unangenehm berührt am Nacken. „Wieso bist du noch hier?", brach sie schließlich die Stille. Überrascht blickte ich sie an. „Sollte ich das nicht?" Mit einem verwirrten Ausdruck im Gesicht schüttelte sie den Kopf. „Nein, i-ich hätte gedacht, du würdest sofort gehen, wenn du es weißt. Es gibt nicht viele Menschen, die gerne freiwillig etwas mit Behinderten zu tun haben", erklärte sie leise. Erneut klappte mir der Mund auf und dieses Mal benötigte ich weit aus mehr Zeit, ihn wieder zu schließen. „Spinnst du? Ich kann jetzt doch nicht gehen, echt jetzt. Du hast vor ner halben Stunde versucht, dich umzubringen! Da kann ich doch nicht abhauen! Außerdem ist das ein scheiß Grund, Abstand von dir zu halten, nur weil du blind bist! Das ist doch lächerlich, echt jetzt!" Ihr Gesicht strahlte Ungläubigkeit aus. Verwirrt blinzelte ich einige Male. „Warte, du hast wirklich gedacht, ich würde einfach gehen, nachdem du mir das erzählt hast?" Sie nickte langsam und ich riss die Augen auf. „Himmel, Hina, was für Menschen bist du in deinem Leben begegnet? Das müssen allesamt Idioten gewesen sein, echt jetzt!" Unerwartet stahl sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht. Mein Mund klappte erneut auf. - Verdammt, wenn das so weiter gehen würde, würde er noch so bleiben. Doch ich konnte nicht anders reagieren, denn das Mädchen erinnerte mich in diesem Moment wieder an den Engel, den ich bei unserer ersten Begegnung in ihr gesehen hatte. „Danke, Naruto, danke!" „Hey, nichts zu danken, echt jetzt." Ich streckte meine Daumen nach oben und stöhnte im nächsten Moment genervt aus. „Verdammt! Gib mir einfach nur ein bisschen Zeit, um mich daran zu gewöhnen, okay? Ich werde es schon noch hinbekommen, echt jetzt!", versicherte ich ihr. Hinata kicherte leise. „Das glaub ich auch." Ein breites Grinsen nahm mein Gesicht in Beschlag und eine Zeit lang starrte ich sie einfach schweigend an. In meinem Kopf hatte sich die Neuigkeit noch nicht gänzlich festgesetzt, weswegen mir der Gedanke, sie würde mich nicht sehen können, fremd vorkam. Doch ich wusste, dass ich lernen würde, damit umzugehen. Blindheit war kein Grund, einen Menschen anders zu behandeln oder gar zu vernachlässigen. Auch wenn ihr Körper nicht vollständig funktionierte, verdiente ihr Charakter und ihre Persönlichkeit es dennoch akzeptiert und respektiert zu werden. „Dein Kopf ist ein wirklich interessanter Ort", flüsterte das Mädchen plötzlich und mir wurde bewusst, dass ich meine Gedanken soeben laut ausgesprochen hatte. Beschämt rieb ich mir übers Gesicht. Würde ich es irgendwann schaffen, mich nicht zu blamieren? „Ja, und mein Mund ein verdammt undichter Ort, echt jetzt", erwiderte ich mit einem kleinen Lächeln. „Gerade im Moment finde ich das nicht schlimm", sie erhob sich, „Möchtest du etwas trinken? Tee, Kaffee oder etwas anderes?" „Tee wäre nicht schlecht, wenn es für dich okay ist." Mit einem Lächeln bedeutete sie ihr zu folgen. Hinata stellte eine weiße Tasse mit dampfender Flüssigkeit darin vor mir ab und nahm dann gegenüber von mir auf einem Stuhl Platz. „Das Ding ist faszinierend, echt jetzt", murmelte ich mitgerissen, während ich den sprechenden Becher genauer betrachtete. Das Mädchen lachte kurz auf. „Für mich ist er Alltag, aber wenn du willst, zweige ich dir, wie er funktioniert", schlug sie vor. Freudig sah ich auf. „Das wäre der Hammer!" Doch während sie sich über den schwarzen Küchentisch hinweg zu mir hinüber beugte und mir die Funktionen der Tasse erklärte, konnte ich meinen Blick nicht von ihrem Gesicht abwenden. Nun, da sie keine Sonnenbrille und keine Verbände trug, konnte ich sie ohne Schwierigkeiten betrachten. Ihre großen Augen glänzten in einem hellen fliederfarbenen Ton , welcher beinahe weiß wirkte. Sie wirkte auf eine schüchterne Art und Weise kindlich und doch erkannte man die junge Frau in ihr. Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Wie viel Leid sie wohl in ihrem Leben erfahren hatte? Gab es tatsächlich solche Menschen, die sie nur wegen ihrer Blindheit wie eine Minderheit behandelten? Ungläubig schüttelte ich den Kopf. „Das Ding ist unglaublich, echt jetzt!", meinte ich, als ich merkte, dass sie mit ihrer Erklärung geendet hatte. Es wunderte mich, dass ich ihr tatsächlich zuhören hatte können. „Es ist so einfach, dich zu begeistern", stellte sie mit einem kleinen Lächeln fest und ich kratzte mich beschämt am Hinterkopf, wobei mir das Blut in die Wangen schoss. „Stimmt überhaupt nicht!" Sie kicherte kopfschüttelnd. Da kam mir wieder etwas in den Sinn. „Du hast mir immer noch nicht erklärt, wie du auf diese Idee gekommen bist", meinte ich vorsichtig, "Es wäre, glaub ich besser, wenn ich es wüsste, echt jetzt" Das Mädchen schürzte nachdenklich die Lippen, bevor sie tief Luft holte und die weiße Tasse fest umklammerte. "Ich dachte, es wäre verständlich gewesen", flüsterte sie heiser. Verständnislos runzelte ich die Stirn. "Nicht wirklich, echt jetzt. Weißt du, Blindheit ist kein Grund sich umzubringen. Da muss mehr dahinter stecken!" Verzweifelt ballte ich die Hände auf meinen Oberschenkeln zu Fäusten. Ich musste verstehen, was sie bewegte. Wieso sie auf diese Idee gekommen war, dir ihr beinahe das Leben und mir die Selbstbeherrschung gekostet hatte. Ansonsten würde ich ihr nie helfen können. Hinata hielt den Kopf gesenkt. Ihre Schultern waren angespannt. Sie schien angestrengt nachzudenken. Als sie zu sprechen begann, zitterte ihre Stimme unkontrolliert, sodass sie mehrere Pausen einlegen musste. "Du wirst es nicht erstehen. Niemand hatte es je gekonnt. Es ist außerhalb des Vorstellbaren für jemanden, der schon immer sehen konnte. Ich habe die Versuche, es erklären zu wollen, vor langer Zeit aufgegeben." Wütend biss ich die Zähne zusammen. Auf gar keinen Fall durfte ich jetzt die Beherrschung verlieren. Langsam atmete ich tief durch die Nase ein. "Dann probier es noch einmal, echt jetzt." Aline presste die Lippen aufeinander. "Nein", entgegnete sie leise. In diesem Moment riss mein Geduldsfaden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)