Hundswut von Hotepneith (Der 27. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Prolog: -------- Sesshoumaru konnte sich nicht entsinnen je so durch einen Wald gelaufen zu sein. Nein, laufen oder auch nur gehen war der falsche Begriff für seinen jämmerlichen Zustand. Sein linker Arm hing vollkommen nutzlos an seiner Seite und verweigerte sich jedem Befehl, sein linkes Bein war kaum mehr belastbar, er hinkte mehr als er es je nach einer Verletzung getan hatte. Und das Ärgste war, er konnte fühlen, wie diese seltsame Lähmung ihn immer weiter erfasste. Als er auch nur den Mund öffnen wollte, verzerrte sich sein Gesicht, das spürte er, aber weder seine Lippen öffneten sich noch drang ein Laut aus seiner mittlerweile in ungekannter Panik zugeschnürten Kehle. Das würde als der schlimmste Tag seines Lebens in die Geschichte eingehen, dachte er. Dabei war alles wie immer gewesen. Wie jeden Morgen war er bei Sonnenaufgang auf seiner bevorzugten Meditationsstelle gestanden, hatte über das Meer geblickt und versucht seine dämonischen Kräfte zu bündeln, zu erfassen. Allerdings hatte es auf dem Rückweg zum väterlichen Schloss einen unerwarteten Zwischenfall gegeben, als ihn eine Horde Dämonen, Streuner, die keinen Herrn besaßen, attackiert hatte. Nun, mindestens zwei hatten diesen Angriff mit dem Leben bezahlt, da war er sicher. Und dann....? Ja, dann hatte ihn irgendetwas, das er zuvor nicht bemerkt hatte, von hinten angegriffen. Unter gewöhnlichen Umständen hätte er gesagt, ihn habe jemand niedergeschlagen, aber das war unmöglich. Dennoch hatte er sich auf dem Boden wiedergefunden, allein. Als er etwas empört über diese unverschämte Attacke so nahe am Schloss seines Vaters aufgestanden und weitergegangen war, hatte er nur kurz darauf die ersten dieser seltsamen Lähmungserscheinungen wahrgenommen. Und, das Schlimmste: er besaß offenkundig keinerlei Zugriff mehr auf seine Selbstheilungskräfte. Wie peinlich, demütigend, so nach Hause zu kommen... Seine rechte Hand arbeitete ebenfalls nicht mehr....es kroch immer weiter. Er vermutete langsam, dass sein Gehirn das Einzige war, was noch einwandfrei funktionierte, und bei diesem Gedanken überfiel ihn etwas, das er nicht kannte: Todesangst. Vater! Er musst zu ihm, das war alles, was er noch dachte. Der Inu no Taishou wusste sicher Rat, und da war auch Neigi....Sie würden ihm helfen, bestimmt. Vater würde ihm helfen können.... Er bemerkte, dass sein linkes Bein nun komplett den Dienst verweigerte und er um ein Haar gefallen wäre. Mühsam gelang es ihm sich an einem Baum abzustützen. Er hätte gern gerufen, aber selbst das war ihm verweigert. Vater! Kapitel 1: Nach Hause --------------------- Ein junger, schwarzhaariger Hundedämonenkrieger, noch recht neu im Heer des Fürsten, schritt durch den Wald. Er war ein wenig rundlich und seine großen Ohren hingen schlapp an seinem Kopf hinunter. Das zog eine Menge Spott seiner Kameraden auf ihn – nicht, dass ihm das viel ausgemacht hätte. Als jüngster von drei männlichen Welpen eines Wurfes, dazu noch mit zwei jüngeren Brüdern gesegnet, war man allerlei gewohnt. Überdies erfüllte er die Ansprüche seiner Lehrer, zur Beruhigung seines Vaters, der immerhin gleich fünf Söhne unterzubringen hatte. Darum hatte ihn der Ausbilder auf diese eigentlich sinnlose Patrouille so nahe am Schloss geschickt, wo er von anderen entfernt war, aber auch in Unerfahrenheit nichts anstellen konnte. Jetzt bemerkte Tadashi die seltsame Szene im Wald. Das war doch der Erbprinz? Was machte der da? Nun, das hatte ihn nichts anzugehen und Lord Sesshoumaru war auch nicht dafür bekannt über Störungen jeder Art großzügig hinweg zu sehen, aber... Tadashi beschloss sich vorsichtig zu nähern. Wenn der Prinz ihn wegschickte, war es eben so. Aber nie zuvor hatte er diesen mit geschlossenen Augen an einem Baum lehnen sehen, sein linkes Bein kaum belastend, die Hände herabhängend. Meditierte dieser? „Äh, Lord Sesshoumaru?“ erkundigte er sich vorsichtig aus fast acht Metern Distanz. Das würde ihm nicht das Leben retten, falls der Sohn des Herrn ihn töten wollte, aber doch hoffentlich signalisieren, dass er keine Störung darstellen wollte. Dieser öffnete die Augen, sichtlich mühsam. Tadashi nahm all seinen Mut zusammen. Wenn Seine Lordschaft verletzt war, obwohl man kein Blut erkennen konnte, musste er ins Schloss gebracht und der Herr benachrichtigt werden. Nicht auszudenken, was der Inu no Taishou mit ihm selbst anstellen würde, ließe er seinen Sohn hier im Wald einsam sterben: „Lord Sesshoumaru? Ich...darf ich Euch ins Schloss begleiten?“ Was für eine Frage, dachte der Dämonenprinz. Allein dafür hätte er diesen Narren mit Wonne ins Jenseits befördert. Leider war das definitiv nicht möglich. Im Moment zumindest, da beide Arme und das linke Bein nun vollständig gelähmt waren. Bedauerlicherweise konnte er nicht mehr sprechen...aber...ja, doch. Vater, dessen Schloss bot Hilfe, Zuflucht....und Gnade sonst wer diesem Narren von Hundedämon, wenn der auch nur ein Wort über diese peinliche Lage verlor. Tadashi überlegte nicht länger. Er hatte schließlich zwei jüngere Brüder, ungefähr im Alter des Erbprinzen, und konnte sich daher ausmalen, dass nur schiere Notwendigkeit den dazu zwang, so stehen zu bleiben, ja, nicht einmal ihn wegzuschicken. Ohne Zögern legte er den Arm um den gepanzerten Körper, nur bemüht den Schwertabfangdornen auszuweichen. Wie seltsam schmal und leicht Lord Sesshoumaru war – und das, wo es doch hieß, der sei nach seinem Vater der stärkste Dämon in ganz Japan. Was hier wohl passiert war? Gleich. Erst einmal war es wichtig seine Pflicht gegenüber seinem Herrn, Heerführer und Fürsten zu tun, und dessen einzigen Sohn in das sichere Schloss zu bringen. Es wurde in bitterer Weg für Sesshoumaru. Er spürte nur zu deutlich, wie sich der Dämon neben ihm anstrengen musste, fühlte auch die Kälte der Lähmung immer weiter in seinem rechten Bein ansteigen. Irgendwann müsste der ihn wohl komplett tragen...welche Schande, welche Erniedrigung.... Aber sein noch immer wacher Verstand bescheinigte ihm, dass ihm dieser Narr wohl soeben das Leben rettete. War das die Antwort auf seine stummen Rufe nach Vater? Tadashi starrte auf den Boden, mühte sich Schritt um Schritt. Das Gewicht, das ihm zuvor so leicht erschienen war, nahm immer mehr zu, und er konnte nur vermuten, dass der Erbprinz erschöpfter wurde, sich kaum freiwillig derart auf ihn stützte. Hoffentlich gelang es ihm Seine Lordschaft lebendig nach Hause zu bringen. Daher war er mehr als froh das Schloss vor sich zu sehen, die Kameraden am Tor. Noch aus der Entfernung schrie er: „Neigi zu Lord Sesshoumaru! Und benachrichtigt den Herrn!“ Na schön, gab der Dämonenprinz widerwillig zu, da dachte wer mit. Mittlerweile war es ihm unmöglich geworden die Augen offenzuhalten. Hoffentlich fand Neigi raus, was mit ihm geschehen war, Vater... Tadashi blickte vorsichtig zu seiner Last: „Ich...ich darf Euch in Eure Räume begleiten....“ Nun ja, momentan blieb Seiner Lordschaft kaum etwas anderes übrig, aber selbst der junge Krieger hatte schon von Zwischenfällen gehört, bei denen sich gezeigt hatte, was Sesshoumaru davon hielt beleidigt zu werden. Nur immer schön höflich bleiben und nicht vergessen, dass der Kerl ihn ohne Mühe in Stücke reißen konnte, wäre er nur wieder erholt. Neigi, der alte, etwas aus der Form geratene, Heiler, betreute soeben einen menschlichen Patienten, wohlweislich seine Schülerin dabei aus mehreren Gründen anwesend habend. Zum Einen war dies eine Lehrstunde für Sakura, zum Anderen entspannte es die Menschen einen Artgenossen im Raum zu sehen. Obwohl sie oft Tage, ja, Wochen anreisten und er ihre einzige Hoffnung war – er war nun einmal ein Dämon. So sah er stirnrunzelnd auf als ein Krieger hereinstürzte: „Was soll das?“ Er hatte Sprechstunde und da hatten auch die Dämonen zu warten. „Ihr sollt sofort zu Lord Sesshoumaru...er...er scheint verletzt.“ Seine Lordschaft? Verletzt? Noch dazu so schwer, dass er einen Heiler wollte? Unverzüglich? Neigi erhob sich mehr als besorgt: „Meine Tasche, Sakura. - Ich komme später wieder..“ wandte er sich noch an seinen menschlichen Patienten. „Jetzt ruhe dich hier etwas aus. Gewöhnlich müsstest du dich nach diesem Trank sowieso zur Ruhe legen und danach wird es dir besser gehen.“ Nur Minuten später standen der Heiler und seine Schülerin im Schlafzimmer des Prinzen, beide zu geübt um ihren Schrecken nicht verbergen zu können. Tadashi, der nicht gewagt hatte zu gehen, atmete sichtbar auf. Neigi betrachtete den regungslosen Körper auf der Matte: „Ist er bewusstlos?“ „Es scheint so, ehrwürdiger Neigi,“ sagte Tadashi. „Ich darf Euch alles berichten, was ich weiß?“ „Ja.“ Der Heiler kniete neben seinem Patienten nieder und tastete nach dessen Halsschlagader, während der junge Hundekrieger erzählte. „Dann wird der Herr gleich kommen,“ konstatierte Neigi abschließend: „Wie ist dein Name?“ „Tadashi.“ „Du hast umsichtig gehandelt, Tadashi. - Geh nun. Wenn der Fürst dich sprechen will, wird er nach dir schicken.“ Er löste die Schulterspange der Rüstung Sesshoumarus, die Klammern und nahm den Panzer ab, ohne die Anderen weiter zu beachten. Immerhin ein Lob, dachte der junge Krieger, als er sich erhob. Vielleicht musste er dann keine Todesangst haben, wenn ihn der Inu no Taishou rufen ließ. Fürsten hatten es vermutlich nicht sonderlich gerne wenn ihren Erben etwas zustieß, zumal ihrem Einzigen. Er verließ den Raum, nicht, ohne einen Blick auf die schwarzhaarige Heilerschülerin geworfen zu haben, die sich höflich hinter ihren Lehrer gekniet hatte, offensichtlich auf eine Anweisung wartend. Er hatte gehört sie sei Sesshoumarus Geliebte – aber anscheinend hinderte sie das nicht sachlich zu bleiben. Erstaunlich für einen Menschen, soweit er wusste. Kaum waren sie allein, wandte Neigi den Kopf: „Ich hebe Seine Lordschaft etwas empor, du ziehst ihm die Oberbekleidung aus. Man sieht kein Blut, aber er ist kaum ohne guten Grund in diesem Zustand.“ Sakura rückte näher. Nun ja, sie hatte oft genug schon Männer unbekleidet gesehen, auch ihn, aber es war doch etwas anderes einem Bewusstlosen die Kleidung abzustreifen. Dabei bemerkte sie etwas Seltsames: „Es...es ist keine Muskelbewegung da....Kann eine Ohnmacht so tief sein, verehrter Lehrer?“ „Ohne weiteres. Aber mich beunruhigt mehr Tadashis Bericht, dass Lord Sesshoumaru offenbar noch bei vollem Bewusstsein war, als er ihn traf, jedoch bereits Lähmungserscheinungen zeigte, die sich auf dem Weg hierher verstärkten. Ich fürchte, wir sehen hier eine fortschreitende Lähmung vor uns.“ Gift war doch unmöglich gegen Seine Eisigkeit, hatte sie geglaubt: „Wundstarrkrampf?“ Aber auch damit sollte er doch fertig werden, er war so stark... „Möglich, meine Schülerin. Aber ich sehe am gesamten Oberkörper keine Wunde....Sieh dir den Rücken an, ich halte ihn aufrecht....Auch den Nacken.“ Auch Hände und Gesicht zeigten keine Spuren von innerlich verabreichtem Gift... Sie strich vorsichtig das silberne Haar des Hundeprinzen beiseite. Wie oft hatte sie sich schon gewünscht das berühren zu dürfen - aber nun hatte ihre nüchterne Professionalität keinen Sinn für die einmalige Situation. „Keine Verletzung, keine Prellungen....“ Neigi legte seinen Patienten behutsam auf die Matte: „Dann suchen wir an den Beinen und dem Unterkörper.“ Unwillkürlich blickte er zur Tür. Wo bloß der Herr blieb? Es stand kaum zu erwarten, dass der Fürst auf eine solche Nachricht nicht unverzüglich reagieren würde. Bedauerlicherweise hatte der ausgesandte Hundedämon dem Inu no Taishou schlicht die Nachricht überbracht, dass sein Sohn in Tadashis Begleitung im Schloss eingetroffen sei – eine Meldung, wie sie bloß ein Krieger machen konnte, der nie weit aufsteigen würde: richtig aber gehirnlos. Der Herr des Hauses erwartete daher nur, dass Sesshoumaru ihn aufsuchen oder auch gleich sich zu einem seiner Lehrer aufmachen würde, und wunderte sich einzig ein wenig, dass seine Schlosswachen ihm so dringend davon Bericht erstatten wollten. Kapitel 2: Die ärztliche Diagnose --------------------------------- Sesshoumaru schwankte zwischen Wut und Panik, als er spürte, wie er vollständig ausgezogen wurde, vier Hände von Dämon und Menschenmädchen ihn hielten, hoben, drehten, als sei er nicht mehr als eine Puppe. Und genau das war er. Keinen Muskel konnte er bewegen, nicht reden, nicht einmal die Augen öffnen – nur hören. Hilfloser als ein Welpe. Vater! Wo blieb er nur? Er würde doch sicher eine Lösung wissen? „Legen wir ihn auf die Seite, Sakura, vorsichtig, das untere Bein gerade, ja, genau, dann das obere hier herüber. So liegt er stabil und ich kann ihn besser untersuchen.“ Immerhin waren es krallenbewehrte Finger, die seine Hüften, seine Lenden untersuchten... Auch noch Sakura, nein, das hätte er nicht ertragen. ertragen wollen, aber wohl müssen. Dann dämmerte dem Hundeprinzen noch etwas ganz Anderes, Ärgeres: sie hielten ihn für bewusstlos. Was, wenn Neigi irgendwann feststellte, dass er auch sein Herz nicht mehr hörte? Würde er dann begraben werden, so, in seinem Zustand? Vater! „Lord Sesshoumaru hat keine Verletzung?“ Sakura blieb sogar höflich, wenn sie dachte, er könne sie nicht hören. Nein, keine Verletzung....oder hatte ihn doch etwas erwischt? Es war ein kurzes Handgemenge gewesen, ehe er ...ja, ehe er einen Schmerz im Nacken verspürt hatte und wohl bewusstlos geworden war. Unsinn. Ein so starker Dämon wie er wurde nicht bewusstlos. Er hatte sich nur vor Überraschung auf die Knie begeben oder so.... „Nein,“ gab Neigi zu: „Und das beunruhigt mich sehr. - Ich verstehe auch nicht, wo der Herr bleibt....“ Nicht, dass irgendeine sonderbare Krankheit im Schloss grassierte und dessen Aufmerksamkeit beanspruchte. „Geh in sein Vorzimmer und bitte in meinem Namen um dringende Audienz. Womöglich hat der Krieger seine Nachricht nicht unverzüglich ausgerichtet.“ Dann allerdings bestand eine gute Möglichkeit, dass der Inu no Taishou die Strafe höchstpersönlich in die Klauen nehmen würde. „Ja.“ Sesshoumaru hörte, wie das Kleid der Heilerschülerin raschelte, als sie sich eilig erhob. Sie würde Vater gewiss herbringen, wenigstens eine beruhigende Sache. Dann jedoch wandte er seine Aufmerksamkeit Neigi zu, denn dieser hatte seinen Namen geseufzt. „Oh, Sesshoumaru.... Ich hoffe, ich irre mich.“ Was war denn los? Der Kerl sollte nicht so in Rätseln sprechen! Und wieso ohne Titel? Was erlaubte der sich...Weil der es sich erlauben konnte, erkannte er dann. Er selbst war hilflos, zumindest ohne den Heiler oder seinen Vater, seine Eltern....Und in Neigis Stimme hatte Sorge und echtes Mitgefühl gelegen. Dieser hatte mitgeholfen ihn auf die Welt zu bringen. Sakura eilte so rasch sie es vermochte in das Vorzimmer des Schlossherrn, wo sie wohlweislich um dringende Audienz im Namen ihres Lehrers und Seiner Lordschaft bat. Wie erwartet wurde sie prompt vorgezogen und befand sich nur zwei Minuten später auf Knien vor dem Herrn der Hunde, berührte protokollgerecht mit der Stirn den Boden und wartete. Niemand sprach einen Fürsten ungefragt an. „Was ist, Sakura?“ In der Stimme des Inu no Taishou schwang etwas Eigenartiges mit. Diese ominöse Meldung zuvor...und an ihr hing der schwache Geruch seines Sohnes, wenngleich seltsam fremdartig. „Mein verehrter Lehrer bittet Euch, edler Herr, in das Zimmer Lord Sesshoumarus zu kommen.“ Hatte der Bote ihm das wirklich falsch oder gar nicht ausgerichtet? „Seine Lordschaft....befindet sich nicht sehr wohl.“ Das dürfte die Untertreibung des Jahrhunderts sein, dachte der Hundefürst plötzlich beunruhigt und erhob sich. Wenn Sesshoumaru Neigi zu sich gerufen hatte, musste es seinem Sohn mehr als schlecht gehen. Wer oder was aber hätte ihn so verletzen können? „Komm.“ Moment. WIE hatte sie das formuliert, und er wusste sowohl von Sesshoumaru als auch von Neigi, dass Sakura ihre Worte sehr bedacht setzte: Neigi bat ihn in das Zimmer seines Sohnes? Sollte das heißen, sein Junge war nicht mehr in der Lage dazu auch nur diesem Mädchen einen Befehl zu erteilen? Jetzt wirklich zutiefst besorgt eilte der Schlossherr in den Privattrakt, selbstverständlich ohne seine gewisse Würde zu missachten. Falls dieser dümmste all seiner Krieger es verabsäumt hatte ihn davon in Kenntnis zu setzen, dass Sesshoumaru nicht nur zurück sondern auch und vor allem verletzt war, würde der sein blaues Wunder erleben! Immerhin hatte der Narr einen Namen genannt....Er wandte den Kopf zu einem Hundedämonen, der am Privattrakt Wache hielt: „Ich will später Tadashi sehen. Vor meinem Arbeitszimmer.“ „Ja, Herr.“ Was auch immer der angestellt hatte – der Gebieter aller Hunde war nicht erfreut. Neigi verneigte sich etwas, als der Fürst den Raum betrat, ohne jedoch seine Hand vom linken Unterschenkel seines Patienten zu nehmen, diesen massierte, immer von unten nach oben. Der Inu no Taishou erstarrte, während Sakura hinter ihm eilig die Tür zuschob und lieber einfach niederkniete. Mit einem Dämonenfürsten, der womöglich wütend wurde, war nicht zu spaßen. Das tiefe Durchatmen des Vaters verriet seine Gefühle, ehe er nur fragte: „Sesshoumaru ist bewusstlos? - Bericht, Neigi.“ Der Heiler wiederholte das, was ihm Tadashi erzählt hatte, ehe er begann nun den rechten Unterschenkel zu massieren und fortfuhr: „Herr, ich fürchte, Lord Sesshoumaru zeigt alle Anzeichen einer fortschreitenden Lähmung. Irgendwann wird diese auch seine wichtigsten Lebensfunktionen erfassen.“ „Gegenmittel.“ „Dazu müsste man die Ursache definieren....und ich wüsste kein Gift, das diese Erscheinungen hervorrufen kann...nun ja, wenige.“ „Gift? Gegen Sesshoumaru? Er ist noch mehr als jeder Andere immun.“ Der Inu no Taishou klang trotz allem ungläubig und ließ sich endlich neben seinem Sohn nieder, nahm dessen Hand: „Welche gibt es und was kannst du dagegen tun?“ Vater...Sesshoumaru fühlte eine Welle der Beruhigung. Gleich würde doch etwas passieren, damit er aus dieser beschämenden Lage entkommen konnte. Und die Hand, die er auf seiner spürte, war so...entspannend, so vertraut..... „Ich müsste erst in meinen Büchern studieren, Herr. Denn, wie Ihr selbst sagt: es wäre nicht gerade einfach einen so starken Dämon, im Speziellen ihn, zu vergiften. Ich fürchte, es ist etwas...anderes..passiert.“ Und das war sicher nicht gut, dachte der besorgte Vater: „Rede. Du bist ein erfahrener Heiler.“ „Es gibt auch einige Krankheiten, die derartige Lähmungen des gesamten Körpers auslösen können, wenngleich wenige. Eine der bekanntesten und auch für alle Hundeartigen gefährlichsten ist Tollwut...“ „Unsinn, Neigi,“ kommentierte der Herr der Hunde scharf: „Das bekommen fast nur Tiere, so gut wie nie Dämonen. Überdies...sieh ihn dir an, er scheint zu schlafen, keine Aggressionen, kein Schaum vor dem Mund...“ Der alte Heiler zögerte nicht. Das war sein Gebiet und obwohl man einem Fürsten nicht widersprach tat er es: „Es gibt auch eine stille Form der Tollwut, Herr, bei der die Aggressionsphase übersprungen wird und sofort Lähmungen einsetzen. Sesshoumaru hat keine Bissverletzungen, die von einem tollwütigen Fuchsdämon oder etwas ähnlichem herrühren können, aber wir wissen, dass er gewöhnlich über starke Selbstheilungskräfte verfügt. Überdies würde es genügen, auch nur mit dem Schaum eines Tollwütigen in Berührung zu kommen, bei einem Kampf, zum Beispiel, um sich zu infizieren.“ Sesshoumaru spürte, wie ihm kalt wurde. Tollwut? Ja, da waren auch Füchse bei diesem Überfallkommando dabei gewesen. Hatte einer von ihnen Schaum vor dem Mund gehabt? Er hatte nicht darauf geachtet, weil sie ihm gleich gewesen waren. Aber Tollwut? Das klang gar nicht gut, ganz und gar nicht....Hoffentlich fiel Neigi jetzt gleich ein, wie man das behandeln konnte...zumindest bei Dämonen. Dieser fuhr fort: „Und ich denke, Herr, Ihr wisst ebenso wie ich, wie fatal der Ausgang einer Tollwuterkrankung immer ist. Ich wage es Euch den Vorschlag zu machen Eure Gemahlin unverzüglich herzubefehlen, damit sie....“ Er brach lieber ab, denn die Energie des Inu no Taishou hatte sich bedrohlich rasch erhöht. Die Luft um ihn schien zu wabern. „Wage es nicht das auszusprechen,“ knurrte der Herr der Hunde. Er drückte die schlaffe Hand seines Jungen: „Sesshoumaru ist ein Kämpfer, er gibt sicher nicht so leicht auf wie du.“ Er blickte auf den regungslosen Körper, die geschlossenen Augen, ehe er das tat, was er am Besten konnte, organisieren und Anweisungen erteilen: „Sakura, du bleibst hier bei Lord Sesshoumaru. Ich will von jeder Änderung in seinem Zustand informiert werden. Unverzüglich. Vor dem Privattrakt wird ein Eilbote warten. - Neigi, du suchst in deinen Büchern. - Und ich werde mit einigen Kriegern die Strecke zum Meer absuchen. Irgendetwas dort muss zwischen seinem Weggang heute Nacht und seiner Wiederkehr passiert sein.“ Erneut drückte er die Hand des Regungslosen: „Wir finden eine Lösung“, sagte er leise: „Halte nur durch.“ Er erhob sich und ging. Noch direkt vor dem Trakt befahl er: „Fünf Krieger zu mir in den Hof, auch dieser Tadashi. - Ein Bote zur Fürstin, ich schreibe noch einige Zeilen.“ Ja, die Mutter sollte kommen. Niemand konnte vorhersagen, wie rasch diese heimtückischen Lähmungen Lunge und Herz seines armen Jungen erreichen würden. Hoffentlich fand Neigi ein Gift, das ebenso wirkte, und zu dem er ein Gegengift besaß. Neigi atmete tief durch: „Du hast den Befehl gehört, Sakura,“ sagte er: „Du solltest dir nur kaltes Wasser und Tücher besorgen. Damit machst du Umschläge um die Beine und Arme, damit die Sinne angeregt werden und die Lähmungen langsamer voranschreiten. So gewinnen wir Zeit. - Hm, ich denke, er hat weder Essen noch Trinken zu sich genommen, so dass du ihn nicht wickeln musst....“ Nein, das nicht auch noch, dachte der Hundeprinz von Beklemmung ergriffen. Das wurde ja immer schlimmer. Und er konnte nichts tun um bei der Suche nach der Ursache mitzumachen, nicht einmal sagen, dass er diese Behandlung unwürdig empfand, nicht einmal.... Ja, nicht einmal Vater beichten, dass er Angst hatte, gern seine Hand wieder spüren wollte. Denn, das wusste auch er, Tollwut war gefährlich selbst für Dämonen, zumindest eine spezielle Abart davon. Überdies hatte er inzwischen auch noch erkannt, dass er noch immer keinerlei Zugriff auf seine sonst so beachtlichen Regenerationsfähigkeiten hatte. Hatte Neigi Recht, und leider galt der als bester Heiler Japans, so stand sein eigenes, qualvolles Ende schon direkt vor seiner Zimmertür. Kapitel 3: Diagnose: Mord ------------------------- Sesshoumaru hörte, dass auch Neigi ging und sich Sakura erhob. Er vernahm das leise Rascheln ihres Kimonos, wie schon sicher hunderte Male, und wusste, dass sie sich zuvorkommend verneigte. Ihr schwarzes Haar würde dabei nach vorn fallen. Sie blieb höflich, obwohl sie doch annehmen musste, dass er nichts mitbekam. „Ich beeile mich, Lord Sesshoumaru,“ versprach sie und ging. Der junge Hundedämon blieb hilflos und allein zurück, mit Gedanken, die mehr als schwarz waren. Wenn Neigi Recht hatte, würde er in den nächsten Stunden oder gar Tagen durch diese fortschreitende Lähmung irgendwann ersticken. Und das, ohne auch nur ein Wort sagen, einen Finger rühren zu können. Was für ein beschämender Tod. Im Kampf zu fallen wäre zwar auch unangenehm aber würde doch wenigstens seine Eltern stolz auf ihm machen. Aber so würdelos...Tollwut! Falls er das hier gegen jedes Erwarten überlebte, würde er nie wieder in einem Kampf jemandem erlauben ihm näher als eine Schwertlänge zu kommen, zumal, wenn es sich um ein Mitglied einer Hundefamilie handelte. Klauenangriffe wirkten auch aus Entfernung. Mutter würde auch kommen, dachte er dann. Womöglich fiel ihr etwas ein um ihm zu helfen. Seine Eltern waren doch beide so mächtig..... Vielleicht sollte er etwas mit Gewalt probieren? Er spannte seine Muskeln an, um die Lähmung, diese eiserne Umschlingung seines gesamten Körpers zu sprengen – aber ihm wurde bewusst, dass dieser Befehl nie in den Armen oder Beinen ankam. Er war wirklich absolut hilflos und allein in diesem Raum, allein in seinem eigenen, schmerzenden, Kopf gefangen. Und zu allem Überfluss begann seine Haut jetzt überall zu jucken... Tadashi hatte unterdessen all seinen Mut zusammennehmen müssen, um dem Herrn der Hunde auf dem Weg in den Wald unter vier Augen Bericht zu erstatten. Dieser hatte seine Kameraden bereits vorausgesandt, um nach Spuren zu suchen, während Tadashi ihm zeigen sollte, wo er den Prinzen gefunden hatte – und wie. Das stellte sich als nicht so einfach für den jungen Hundekrieger heraus. Neben einem Dämonenfürsten zu gehen, wenn auch einen Schritt zurück, der seine Energie deutlich offener zeigte als sonst, was seinen Zorn verriet... Er endete damit, dass er seine Kameraden zum Fürsten und um Neigi geschickt habe, dann wäre er am liebsten niedergekniet und hätte das Urteil abgewartet, aber der Inu no Taishou schritt weiter, offenbar sorgfältig nach der Fährte seine Sohnes witternd. Endlich sagte Herr der Hunde: „Du wirst dich bei Heerführer Kaito melden. Er soll überprüfen, ob du in das Sonderprogramm aufgenommen werden kannst.“ „Heerführer Kaito?“ wiederholte Tadashi so verblüfft, dass er gegen eine höfische Grundregel verstieß. Der Heerführer, nach dem Herrn natürlich, prüfte Krieger, die besonders auffielen, ob sie als Hauptleute in Frage kamen. Diese bekamen dann eine zusätzliche, gesonderte Ausbildung. Aber dafür musste man doch länger hier sein, Jahre gute Leistungen gebracht haben: „Ich...ich bitte um Verzeihung, wenn ich Euch daran erinnere, dass ich erst drei Monate hier bin...in Ausbildung.“ Vermutlich nahm der Herr an, er sei schon länger hier, der konnte sich kaum alle Personen merken. Der Hundefürst blieb stehen und wandte den Kopf: „Zweifelst du an meiner Entscheidung?“ Das zu bejahen wäre fatal gewesen. „Ich gehorche, Herr,“ beteuerte Tadashi eilig mit gesenktem Haupt: „Vielen Dank für die Ehre.“ Jetzt stand er vermutlich als der Trottel aus der Provinz da. „Komm. - Du hast in einer nie zuvor erlebten Lage Übersicht und Mut bewiesen.“ „Danke, Herr.“ Ein Befehl musste nicht erläutert werden, aber auch, wenn Tadashi nicht wusste, was er so Besonderes gemacht hatte, so war er doch geschmeichelt. Und freute sich durchaus in noch recht jugendlicher Weise, dass die Vorhersagen seiner Kameraden so falsch gewesen waren. als diese ihm berichtet hatten der Fürst wolle ihn sprechen. Jemand rief nach dem Inu no Taishou und dieser wurde so schnell, dass sein Begleiter kaum hinterherkam. Als Tadashi mit einigen Sekunden Verzögerung auf der Lichtung eintraf, betrachtete er die Szene. Drei Füchse und ein Wolf, bewaffnet, aber tot, Kampfspuren in einem fast vollständigen Areal um sie. Die anderen Hundekrieger schwiegen, sicher, dass der Herr die Witterung ebenso in der Nase hatte. Lord Sesshoumaru war hier gewesen und hatte wohl diese Vier getötet. Aber auch noch andere dieser jämmerlichen Streuner waren anwesend gewesen. Das Schlimmste allerdings, was die Gerüche brachten, war, dass einer der zerteilten Füchse eine alarmierende Witterung nach Krankheit mit sich trug. „Tollwut,“ dachte der Herr der Hunde besorgt. Das wäre ein mehr als eigenartiger Zufall, wenn sich eine törichte Gruppe solcher herrenloser Streuner nicht nur in den Westen wagte, sondern auch noch so nahe an sein Schloss. Sie wussten doch, was ihnen blühte. Und dann auch noch mit jemandem mit dieser Krankheit genau Sesshoumaru in die Quere zu kommen....Nein, das war eine Falle für seinen Sohn gewesen, ganz sicher. Irgendjemand hatte diese Bande beauftragt. „Verbrennt die Toten. Zwei kommen sofort mit mir, Tadashi, du auch.“ Die Ermordung des Erben bot für Feinde durchaus gewisse Vorteile: das Ziel war einfacher zu treffen als der Fürst selbst, dieser wurde womöglich unaufmerksam und das Spiel um die Macht wurde neu begonnen. Er würde Schloss und Heer in Alarmbereitschaft versetzen. Und diese Streuner würde er selbst suchen. Womöglich wusste einer von denen, wer sie angeheuert hatte. Bei dieser Jagd, so war er sicher, würde er Hilfe bekommen. Sesshoumaru hörte, wie jemand eilig den Gang zu seinem Zimmer herabkam. Nicht Sakura, deren Schritt kannte er nur zu gut. Ach, war das lästig, nicht sehen, nicht wittern zu können....Von dem, sich nicht bewegen zu können mal ganz zu schweigen. Jemand kam herein, und der regungslose Patient vernahm das schwere Atmen. Mann oder Frau? Offensichtlich ein Dämon. Und zwar jemand, der sich nicht verneigte. Die Tür wurde geschlossen und derjenige kam näher und näher. Sesshoumaru spürte, wie ihn ein kalter Schauder überlief. Der Atem ging so rasch, dass der Besucher aufgeregt sein musste. Mann oder Frau? Warum sagte derjenige nichts? Was wollte er hier – von ihm? Etwas klirrte leise – Waffen oder Schmuck - als sich die Person neben ihm niederließ, seine Hand nahm, dann seinen Kopf rüttelte, was die dumpfen Schmerzen nur steigerte. „Das ist eine nette Überraschung,“ flüsterte sie dann, offenbar bemüht undeutlich: „Der wichtige, ach so mächtige, Sesshoumaru bewusstlos...Ich werde dir etwas verraten: ich bin schuld an deinem Tod. Ich habe dich und deinen verdammten Hochmut besiegt. Wer ich bin? Darüber kannst du in der Hölle nachdenken. - Ja, ich habe dir im Wald auflauern lassen und ich möchte wetten, sie wissen inzwischen bereits, dass einer der Füchse Tollwut hatte. Wie...bedauerlich, dass der gute Neigi dich nun daraufhin behandelt, nicht wahr? Nur du und ich wissen, dass das nicht stimmt...ach, du kannst mir ja nicht antworten...Aber man sagt, Tote erinnern sich an das, was kurz zuvor passierte. Also, denk darüber nach, in alle Ewigkeit, wer dich besiegt hat.“ Sesshoumaru spürte, wie sein Herz in der jähen Erkenntnis schneller schlug. Das da war sein Mörder. Durch das Flüstern und die Aufregung wusste er nicht, ob Mann oder Frau, aber das war letztlich auch gleich. Er lag hier, vollkommen hilflos, und der Andere wollte ihn umbringen. Wo blieb nur Sakura? Sicher, gegen einen Dämon konnte sie nichts ausrichten, aber sie könnte doch schreien, Wachen holen...irgendetwas tun! Der Unbekannte erhob sich: „Ich wünschte mir nur, du arroganter Mistkerl wärst wach und würdest deine Demütigung miterleben...Nun, man darf nicht zu viel erwarten. - Frohes Sterben, Euer Lordschaft.“ Der Besuch verschwand. Sesshoumaru wagte kaum aufzuatmen. Jemand wollte ihn tot sehen und hatte es fast geschafft. Aber wie? Dann war es keine Tollwut? Hatte der Angriff durch die Füchse und deren Freunde genau das suggerieren sollen? Das sollte ihn erleichtern, aber … Sein Mörder oder seine Mörderin lief dort draußen frei herum. Und wenigstens das wollte er noch vor seinem lächerlichen Ende schaffen: dafür sorgen, dass der oder die das ebenfalls nicht überlebte. Nur, wie? Und warum wollte ihn überhaupt jemand tot sehen? Vater müsste doch da eher das Ziel sein, wie bei dieser bizarren Verschwörung vor einiger Zeit. Er musste sachlich nachdenken, dann kam er schon auf den Mörder. Nur, wie sollte er sich dann verständlich machen? Ruhig, mahnte er sich. Vielleicht fiel Neigi endlich etwas Brauchbares ein, vielleicht kam Mutter und kannte die Lösung, bemerkte womöglich, dass es eben nicht Tollwut war....Es konnte viel geschehen. Erst einmal sollte er trotz der Kopfschmerzen möglichst mit kühler Logik daran gehen, nachdenken, was genau bei diesem ominösen Kampf im Wald geschehen war, ehe er bewusstlos wurde, nun, ehe er für einen Moment seine Umgebung vergaß. Einen kleinen Moment, natürlich nur. WIE war der Mord an ihm geschehen, eher, eingeleitet worden? Etwas war plötzlich hinter ihm gewesen, das wusste er noch. Etwas oder eher anscheinend jemand. Und dann? Sein Nacken...War da nicht auch etwas wie Magie gewesen? Aber Neigi hatte keine Verletzung entdeckt... Wo blieb Sakura? Vater, Mutter.... Er brauchte jemanden bei sich, ehe der ominöse Unbekannte zurückkehrte und doch noch direkt Vollzug seines Planes wollte. Und er musste einen Weg finden nicht nur die Tat selbst aufzuklären sondern auch das noch jemandem mitzuteilen. Das Ganze in seinem jämmerlichen Zustand. Unmöglich. Nein, nichts war unmöglich, was noch in der Zukunft lag. Vater hatte doch Recht: er durfte nicht aufgeben. Er sollte ruhig überlegen und die Fakten sammeln. WIE war die Tat geschehen? Und WIE war es jemandem gelungen hier und jetzt bis zu ihm vorzudringen? Es sollten doch Wachen vor dem Privattrakt stehen? Wenn doch nur dieser Juckreiz aufhören würde.... Kapitel 4: Pflege ----------------- Sesshoumaru gab sich alle Mühe rational nachzudenken, aber das war schwer. Zum einen lag das an seinen dumpfen Kopfschmerzen, die er noch nie empfunden hatte, zum anderen an seiner verzweifelten Lage. Er konnte sich nicht bewegen, war gefangen im eigenen Körper – und dort draußen rannte jemand herum, der ihn mit gewisser sadistischer Freude rätseln ließ, wie er ihn und vor allem, wer ihn umgebracht hatte. Denn besiegt, nein da irrte der Unbekannte. Er war nicht besiegt. Vielleicht umgebracht, aber nicht besiegt. Er würde sich rächen. Dieser Mistkerl würde ebenfalls nicht überleben. Schritte draußen ließen ihn dennoch innerlich zusammenzucken. Kam sein Mörder – oder Mörderin, denn nicht einmal das hatte er herausfinden können – zurück? Das war nicht Sakura, eher...ja, ein Menschenmann. Und Sakura, wie er als nächstes doch ein wenig beruhigter erkannte. Dann jedoch fiel ihm ein, wie ungemein demütigend das war hier vollkommen unbekleidet und hilflos zu liegen – kein Mensch würde ihn nach diesem Anblick doch je wieder achten, geschweige denn fürchten... Die Schritte verharrten vor der Tür. Sakura, ahnungslos ob der Tatsache, dass ihr so stiller Patient wenigstens alles um sich hören konnte, nahm dennoch an, dass er es nicht schätzen würde, bekäme ihn jemand außerhalb der Heilerzunft oder seinen Eltern so zu Gesicht. Um ehrlich zu sein war ihr sogar schon der Gedanke gekommen, dass er selbst ihr das übel nehmen könnte, aber sie hoffte doch durch den Befehl seines Vaters gedeckt zu sein. So wandte sie den Kopf zu dem menschlichen Diener, der ihr den Wassereimer bis hierher getragen hatte: „Danke, setze ihn dort vor der Tür ab.“ Der Mann gehorchte, durchaus erleichtert nicht in die Privaträume des gefürchteten Erbprinzen gehen zu müssen. Sicher, da Neigi und Sakura bei ihm gewesen waren, war der vermutlich krank, aber man wusste ja, wie sich schon kranke Menschenmänner benahmen....Womöglich war der jetzt noch gefährlicher. „Brauchst du noch etwas, Sakura?“ „Nein, danke.“ Sie hatte beide Arme voll mit Tüchern und einer kleinen Flasche, die ihr ihr Lehrer noch rasch besorgt hatte. „Ich komme schon zurecht.“ Der Diener ging, drehte sich aber noch einmal um. Da er sah, wie sie vor der Tür niederkniete, vermutete er nicht, dass Seine Lordschaft nicht aktionsfähig war. Sie schob die Pforte auf, ehe sie mit beiden Händen wieder ihre Last aufnahm und sich erhob. „Ich bitte eintreten zu dürfen, Lord Sesshoumaru,“ sagte sie, weniger, weil sie annahm er könne sie hören, als vielmehr, weil ihr Lehrer sie eingeschärft hatte, dass man bewusstlose Patienten immer ansprechen sollte, um sie unbewusst zu beruhigen und nicht zu erschrecken. „Ich habe das Wasser und die Tücher für Euch mitgebracht...“ Sie erhob sich und kam heran, legte sie neben ihm nieder, ehe sie deutlich mühsamer den schweren Wassereimer hereinholte und abstellte, die Tür hinter sich schloss. „Ich werde Euch nun kühlen,“ erklärte sie, bereits ein Tuch in den Eimer werfend: „Zunächst Eure Beine... - Nicht erschrecken, es dürfte sich für Euch kalt anfühlen....“ Sie kniete neben dem Eimer und seinen Beinen nieder, unbekümmert ob der Tatsache, dass sie schon einmal gedacht hatte, so unbekleidet sei er einfach perfekt, uneingedenk ihrer Verliebtheit. Er war ein Patient und sie die Heilerin. Professionelle Nüchternheit, die ihr schon immer gelegen hatte, war durch Neigis Ausbildung noch verdeutlicht worden – und durch eine gewisse Schulung seitens Seiner Lordschaft höchstselbst, der Emotionen so gar nicht schätzte. Erschrecken, dachte er ingrimmig. Und das musste er sich von einem Mädchen sagen lassen! Einem Menschenmädchen! Wahrlich, der Wunsch seines ominösen Mörders schien in Erfüllung zu gehen, er vor seinem Tod noch jede erdenkliche Demütigung erfahren müssen. Ja, bei dem Kampf, nun, das war es kaum zu nennen gewesen, eher Beseitigung von Lebensmüden, hatte er etwas hinter sich gespürt. Eine Person, ja. Magie? Womöglich. War es etwa ein magischer Angriff gewesen und hatte Neigi darum keine Spur einer Verletzung gefunden? Aber es gab eigentlich nichts, was ihm derart zusetzen konnte. Und der Unbekannte schien ja sicher zu sein, dass er selbst sterben würde. Was also hatte der oder die getan? Allein schon ihm auflauern zu lassen war eine bodenlose Dreistigkeit. Aber dann auch noch von hinten eine Attacke führen...Und warum nur? Nein, suche nicht das Warum. Suche das Wie. Es musste jemand sein, der diese Streuner anheuern konnte, jemand aber auch, der an der Wache vorbei in den Privattrakt gelangen konnte – oder zumindest hier einbrechen. Wen würde ein Hundedämonenkrieger zu seinem oder auch Vaters Schlafzimmer laufen lassen? Das musste der Schlüssel zu dem Wer sein. Und wie hatte der ihn umbringen wollen oder auch können? Es war dort im Wald geschehen, die Lähmungen hatten nur kurz danach eingesetzt, als sich der Rest des Streunerrudels hastig zurückgezogen hatte. Er hatte drei oder vier von ihnen getötet, ja. Und dann...? Sein Genick....da war eine vage Erinnerung. Nur, was? Neigi hatte keine Verletzung gefunden...Oder hatte er keine finden können, weil es bereits verheilt war? War die Wunde an sich gegenwärtig verschwunden und er litt nur unter den Nachwirkungen – allerdings waren diese tödlich? Sakura wrang das Tuch aus, ehe sie leise sagte: „Es wird Euer Lordschaft kühlen...Das rechte Bein...“ Sie legte den Stoff auf den Unterschenkel und wickelte ihn herum. Dabei musste sie das Bein anheben. Wieder fiel ihr auf wie vollkommen schlaff der sonst so kraftvolle Körper wirkte. Tollwut war schon eine schreckliche Sache. Und ein grausamer Tod. Wieso nur konnte es auch einen so starken Dämon treffen? Oder lag eine andere Krankheit vor? Hatte der Inu no Taishou Recht? „Das linke Bein...“ erklärte sie dennoch: „Und jetzt werde ich herumrutschen und Euer Lordschaft die Füße wärmen.“ Auch das noch, dachte der unwillige Patient. Das war wirklich kalt und die Tatsache, dass sich Sakura nun zu seinen Füßen setzte, diese anscheinend zwischen ihre Oberschenkel nahm um sie warm zu halten....Nein, das war....ah! Sie fuhr fort: „Die unterschiedlichen Temperaturreize sollen Euren Körper anregen, die Lähmungen verlangsamen.“ Das klang nicht schlecht, gab er doch zu, zumal er spürte, dass sein Blut deutlich in die Beine floss. Vielleicht war das nur ein Zeitgewinn, aber immerhin das. Und sie behandelte ihn sachlich, höflich, als ob er wach sei. Sie war wirklich ehrlich. Nun, sie hätte ihn nie anlügen können, hatte es aber auch, seit sie sich kannten, noch nie nur versucht. Ehrlichkeit zu finden war schwer, das hatte Vater auch immer gesagt. Vater! Wo blieb der nur? Fanden sie nichts im Wald? Aber die Toten müssten doch da herumliegen. Gleich. Er musste nachdenken. Wen würde die Wache in den Privattrakt lassen, für harmlos halten? Einen anderen Hundedämon, der vorgab einen Auftrag zu haben? Möglich. Einen Kameraden, einen anderen Krieger? Eine Hundedämonin, die angab zu ihm bestellt worden zu sein? Obwohl eigentlich einige Leute gesehen haben sollten, dass er, Sesshoumaru, zumindest verletzt war? Möglich. Je nachdem, was Vater öffentlich gemacht hatte – und das war wohl eher weniger. Aber kaum jemand anderen. Das grenzte die Suche schon einmal ein. Ein Hundedämon, ja. Aber warum sollte ein Gefolgsmann seines Vaters ihn umbringen wollen? Oder auch eine Frau? Nicht den Grund suchen, ermahnte er sich wieder. Nur das Wie. Für eine Frau aus dem Schloss wäre es schwierig sich ein Rudel Streuner zu suchen und sie zu bezahlen. Für einen Krieger allerdings ebenso, so gut zahlte Vater nun auch wieder nicht. Es müsste ein höherrangiger Hundedämon sein, jemand, der sich womöglich Chancen ausrechnete selbst das Erbe antreten zu können? Jemand also von außerhalb des Schlosses, der sich hier gut auskannte. Und, der ihn selbst nicht leiden konnte. Nun, da mochte es einige geben, die neidisch auf ihn und seine Stärke waren. Er wäre um ein Haar zusammengezuckt, als sich die Tür ohne Vorwarnung öffnete, dann spürte er, wie sich Sakura eilig nach vorn neigte, so weit, dass er ihre Haare an seinen Knien fühlte. Und es konnte nur eine Person geben, die da kam, denn Vater war es nicht. Mutter. Hoffentlich fiel ihr etwas ein. Hoffentlich wusste sie etwas mehr über diese Sache. Sicher, sie war nicht unbedingt das, was man aufopfernd nennen konnte, aber soweit sollte sie sich doch um ihren Sohn kümmern. Er hörte, dass die Tür geschlossen wurde, langsam, als ob seine Mutter sich für einen Augenblick sammeln musste. Da vernahm er ihre Stimme: „Bericht.“ Sakura richtete sich etwas auf, hielt wohlweislich aber den Blick auf ihren Patienten gerichtet: „Wünscht Ihr es ausführlich, Herrin? Oder seid Ihr bereits informiert?“ Oh je. Die Fürstin war schon immer ein wenig schwierig zu behandeln, aber mit ihrem Eintritt schien die Temperatur im Raum schlagartig gefallen zu sein. Dämonische Macht zeigen. Auch eine Form der mütterlichen Sorge. „Ausführlich.“ „Darf ich dabei weiter arbeiten?“ Die Heilerschülerin war sich bewusst, dass die Fürstin das kaum verneinen würde, aber sie wollte lieber fragen, als sich einer, wenn auch leichten, Bestrafung auszusetzen. Aus dem Schweigen erkannte sie eine Zustimmung. Die Übung bei Seiner Lordschaft trug Früchte. Während sie berichtete, nahm sie die Wadenwickel wieder ab, und legte neue um die Arme des Hundeprinzen, nicht, ohne ihm das zuvor - mitten im Bericht - anzukündigen. Sie hoffte, diese gewisse Unhöflichkeit sei durch die Genehmigung weiterarbeiten zu sollen gedeckt. Sesshoumaru kannte die Geschichte nur zu gut. Die Kälte an seinen Armen gefiel ihm nicht, aber er spürte, wie erneut sein Körper auf diesen Reiz reagierte. Nun, Neigi verstand wohl wirklich etwas von seinem Handwerk, das sollte er sich merken. Er hörte, wie seine Mutter sich wortlos neben ihm niederließ. Warum nur konnte er nicht reden? Sie konnte sicher wittern, wer hier im Raum gewesen war, würde der Spur folgen können, seinen Mörder fassen... Es war so schrecklich! Mama! Er erinnerte sich gut an einen Zwischenfall in seiner Welpenzeit. Sehr klein war er noch gewesen und Mutter hatte ihn im Wald nur kurz allein gelassen, um eine seltsame Spur zu überprüfen. Da war ein anderer Dämon aufgetaucht, der ihn fressen wollte. Er hatte im Schreck nur kurz aufgejault – und Mutter war gekommen. Der törichte Angreifer hatte wohl nicht einmal mehr bemerkt, dass er starb. Sie würde ihm doch sicher auch hier helfen.... Ach, wenn sie nur wüsste, dass er wach war, alles mitbekam... Sakura kniete zwischenzeitlich neben seinem Oberkörper: „Der edle Fürst sucht im Wald nach Spuren des Zwischenfalls,“ erklärte sie abschließend. „Euer Lordschaft, ich werde Euch nun einige Tropfen einflössen, die Eure Kopfschmerzen lindern dürften, von denen mein Lehrer annimmt, dass Ihr sie habt.“ „Halt!“ befahl die Fürstin. Sakura erstarrte gehorsam, sah jedoch fragend ein wenig zur Seite. „Tollwut sagtest du. Soweit ich informiert bin, hat ein Patient eine Abneigung gegen Wasser.“ „So ist es, Herrin. Darum soll ich Lord Sesshoumaru auch nur wenige Tropfen einflössen. Diese dürften seine Kehle hinunterrinnen.“ „Welches Mittel?“ „Ein Extrakt der Tollkirsche.“ Oh je. Ob die Fürstin wusste, dass die Dosis das Gift machte? Es half gegen Kopfschmerzen aber auch und vor allem gegen Lähmungen und ihr verehrter Lehrer hoffte damit den Fortschritt zumindest zu verlangsamen. „Wie viele Tropfen?“ „Zwanzig für einen Dämon, Herrin.“ „Und für einen Menschen?“ „Fünf.“ „Dann nimm du fünf.“ Wie bitte? Sakura benötigte ihre gesamte Selbstbeherrschung um die Hundedame nicht anzustarren. Aber das war eine klare Anweisung. So öffnete sie das Fläschchen mit etwas zitternder Hand, wagte dann jedoch aus Sorge die Folgen könnten ärger sein als das, was die Fürstin bei Weigerung mit ihr machen würde: „Ich werde gehorchen, Herrin, bitte jedoch darum, dass Ihr dem Fürsten mitteilt, aus welchem Grund ich nicht weiter arbeiten konnte.“ Das Ding wagte es ihr zu drohen? Nun, natürlich würde der Inu no Taishou es nicht schätzen, wenn eine Heilerin die er selbst zu seinem Sohn befohlen hatte, einschlief oder ähnliches und sie bestrafen. Aber war das etwa ihr Problem? Ihres war die eigenartige Witterung hier im Raum, fast an ihrem Sohn. Unbekannt und suspekt. Diese Tropfen? „Nimm sie.“ Sakura hob ihre Linke um mit Rechts die Tropfen dort hineinlaufen zu lassen und abzuzählen. Es war Gift, wenn auch ein Heilmittel – aber sie war nicht krank. Das würde leichte Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Und ganz sicher konnte sie nicht weiter arbeiten. Der Herr würde das kaum mit Nachsicht hinnehmen, gleich, in welcher Zwickmühle sie gerade saß. Gehorchte sie nicht würde die Fürstin sie bestrafen – gehorchte sie, dann der Fürst. Oh du liebe Güte! Diese Hundeherrschaften! Aber, es half nichts. So hob sie die Hand um die Tropfen abzulecken. „Genug,“ befahl die Fürstin: „Gib es meinem Sohn.“ Also wohl kein Gift. Aber irgendein seltsamer verdächtiger Geruch lag hier in der Luft... Kapitel 5: Erste Schritte ------------------------- Sakura war erleichtert um die Einnahme der doch recht giftigen Tropfen herumgekommen zu sein, stellte aber rasch fest, dass sie vor einem neuen Problem stand. Lord Sesshoumaru hatte den Mund geschlossen – wie sollte sie ihm die Tropfen verabreichen und zwar so, dass sie seine Kehle hinabrannen? Freilich gab es da einen gewissen Kniff, aber bei einem Dämonenprinzen, noch dazu unter den Augen dessen Mutter? Schön diplomatisch bleiben, ermahnte sie sich: „Herrin, wärt Ihr so gnädig meiner Wenigkeit zu helfen?“ Da die Dame eine Hand hob und über ihren Sohn hielt: „Vielen Dank. Ich werde Seiner Lordschaft nun den Mund öffnen und die Tropfen hineinzählen. Sobald er sie im Mund hat,....wäre es sehr freundlich von Euch ihn rasch aufzusetzen, so dass die Tropfen hinunterlaufen.“ Nicht wirklich, dachte Sesshoumaru entsetzt. Auch, wenn Tollkirsche ihm helfen sollte, aber.... Er hatte jedoch nichts zu sagen, stellte er fest, als seine Mutter plötzlich an seinem Kopf saß und Sakura behutsam zwei Finger zwischen seine Lippen schob, den Mund öffnete, seine Kiefer aufdrückte. Er spürte die Tropfen auf seiner Zunge, fühlte, dass sein Hals anzuschwellen schien, er schier zu ersticken drohte. „Zwanzig,“ sagte Sakura leise und im nächsten Moment wusste er sich von seiner Mutter an den Schultern gefasst und aufrecht gesetzt. Sein Kopf fiel hilflos an ihre Schulter zurück und die Tropfen rannen seine Kehle hinab. Allerdings verursachte die Haltung einen stechenden Schmerz in seinem Kopf und etwas wie ein Stöhnen entkam ihm. „Oh,“ machte die Heilerschülerin. Das war die erste Reaktion des sonst so teilnahmslosen Patienten. War das nun gut oder schlecht? „Bitte, legt Seine Lordschaft wieder nieder, Herrin.“ Die Hundedame tat das Gewünschte und betrachtete ihren regungslosen Sohn, als sie etwas bemerkte, das sie den Kopf wenden ließ. Sakura erriet unschwer, was das war, als sie die erneut tiefer sinkende Temperatur spüren konnte und sich eilig verneigte. Der Inu no Taishou betrat das Zimmer und schloss die Tür: „Gut, dass Ihr bereits gekommen seid, meine Teure.“ Nun, er hatte sich denken können, dass eine derartige Nachricht sie zu unverzüglichem Aufbruch veranlasste: „Im Wald lagen vier tote Dämonen. Ein Fuchs leider mit unverkennbarer Witterung der Tollwut. - Es war eine Falle für Sesshoumaru, vermute ich. Seit sehr vielen Jahren wagte sich kein Streunerrudel in den Westen. Ich werde sie jagen und fragen, wer sie beauftragt hat. Kann ich dabei auf Eure Anwesenheit zählen?“ Eine rein rhetorische Frage, dachte Sakura, da sich die Dame auch sofort zustimmend verneigte und erhob. Beide Eltern waren besorgt und suchten wohl nach einer Möglichkeit sich abzureagieren – überdies war es schließlich auch sinnvoll den Mörder, nein, den Attentäter zu finden. Sie musste daran glauben, dass Lord Sesshoumaru stark genug war mit allem fertig zu werden. Allerdings....ob es wirklich so gut war, wenn beide Eltern weg waren? Was, wenn doch in der Zwischenzeit etwas mit deren Sohn geschah? Dann wäre allein sie schuld – und was in diesem Fall ein dämonisches Fürstenpaar mit ihr anstellen würde...Sie konnte vermutlich von Glück sagen, wenn sie nur gevierteilt würde. Aber sie hatte keine Wahl. So neigte sie sich etwas vor. „Sakura?“ fragte der Herr der Hunde, eigentlich bereits im Gehen. „Ihr wolltet unverzüglich informiert werden, falls sich der Zustand Seiner Lordschaft ändert, Herr....“ erinnerte sie pflichtbewusst – dabei jedoch die unhöfliche Frage unterdrückend, was sie denn jetzt machen sollte. „Der Eilbote wartet.“ Und der sollte in der Lage sein gleich zwei Dämonen ihrer Macht zu finden. Immerhin etwas, dachte das Menschenmädchen nur. Sesshoumaru fühlte sich unwohl. Seine Eltern gingen? Ja, das war wohl sinnvoll – und diese törichten Streuner würden lernen was es hieß sich mit ihnen anzulegen. Überdies würden sie sicher herausbekommen wer der Auftraggeber war, schließlich gab es Grenzen, was ein Dämon verschweigen konnte. Aber.....es gab da etwas in ihm das nach Beiden schrie, sie anflehen wollte ihn nicht allein zu lassen. Nun ja, mit Sakura. Aber was konnte sie schon tun, wenn dieser Mistkerl erneut auftauchte? Nein, er musste nüchtern bleiben. Sie würden herausfinden, wer der Auftraggeber war. Und zumindest das war schon etwas. Er durfte nicht aufgeben. Aber sein Kopf...Es schmerzte anders als zuvor. Was war nur geschehen? Mutter hatte ihn aufgesetzt, sein Kopf war zurückgefallen....War der eigentliche Angriff wirklich auf sein Genick gerichtet gewesen und eine nunmehr unsichtbare Verletzung war der Auslöser? Durch was allerdings? Wie konnte man das beseitigen? Genauer, wie konnte Neigi es schaffen, dass seine eigenen Selbstheilungskräfte wieder funktionierten? Allein das würde ja schon reichen. Vielleicht sollte er einmal in Gedanken alle seine Fälle durchgehen. Irgendetwas musste doch daraus zu lernen sein. Sakura nahm mit einem leisen Seufzen die Umschläge erneut ab, während sie erklärte: „Ich werde eine Pause machen, Lord Sesshoumaru, damit Ihr nicht unterkühlt. Ich weiß nicht, wie Eure Körpertemperatur im Allgemeinen aussieht, aber Ihr habt anscheinend kein Fieber, wie es bei Tollwut ja üblich ist. Vielleicht seid Ihr stark genug auch das zu überleben.“ Nein, er hatte keine Tollwut, das bestätigte ihm diese Aussage. Dieses Attentat war so heimtückisch, da Vater, Mutter, ja, auch Neigi davon ausgingen, dass er einen tollwütigen Fuchsdämon getötet und sich dabei infiziert hatte. Niemand würde je erfahren, dass das nur ein Trick gewesen war um alle auf die falsche Fährte zu locken. Vermutlich wussten das selbst die Streuner nicht und ehe seine Eltern mit dem Namen des Attentäters zurückkamen, wäre er womöglich bereits... Nein, er durfte nicht aufgeben. Ganz sachlich bleiben., ermahnte er sich. Keine Tollwut. Tatsächlich war etwas anderes geschehen. Eine Attacke auf sein Genick. Ja, aber wie? Und warum war keine Verletzung zu finden? Hm. Mit einem Messerstich in den Nacken, genauer, in das Loch, in dem die Wirbelsäule in den Schädel geht, war diese falsche Lady vom Festland getötet worden – von einer Frau, die jagen konnte und diese Technik kannte. Hundedämonen jagten in ihrer menschlichen Form eigentlich nicht, aber das wäre schon einmal eine Idee. Nur – einen Messereinstich hätten weder Neigi noch Sakura übersehen. Beide waren aufmerksam. Und das konnte auch kaum schon unsichtbar verheilt sein, da er seit geraumer Zeit ja über keine Selbstheilung mehr verfügte. Also etwas anderes. Für diese Stelle sprach allerdings auch, dass er selbst abgelenkt werden musste, jemand also Ruhe zum Zielen benötigte. Kein Messer, oder wenn, ein sehr schmales. Wie war der Samurai bei den Yamashidas umgekommen? Ein überaus schmales Messer, das diese Menschen für Attentate verwendeten. Sehr fein und schmal und scharf. Konnte der alte Heiler das übersehen? Aber Sakura würde doch solch einen Einstich dennoch erkennen.... Allerdings würde eine Verletzung am Hinterhaupt auch erklären, warum es zuvor derart geschmerzt hatte, als sein Kopf nach hinten gefallen war. Ja, das musste die Stelle sein. Nur, wie sollte er Sakura sagen, dass sie da noch einmal, nach einer verheilten Stichwunde, Ausschau halten sollte? Falls allerdings seine Theorie stimmte – wieso lebte er noch? Das war nun einmal eine ziemlich tödliche Stelle. Immerhin hatte durch das Kühlen dieser Juckreiz nachgelassen. Schön, noch einmal nachdenken. Der Attentäter war in der Lage ein Rudel Streuner aufzusuchen und diese zu überzeugen in den Westen zu reisen und sich ihm, Sesshoumaru, in den Weg zu stellen. Vermutlich wurden sie gut bezahlt. Überdies musste der Unbekannte ihnen versichert haben, dass es sich nur um einen Scheinangriff handeln sollte, sie sich dann zurückziehen konnten, das erklärte warum sie mitgemacht hatten, Bezahlung hin oder her. Der Hundeprinz kannte schließlich seinen eigenen, mörderischen, Ruf. Nächster Punkt: der Unbekannte war nicht nur irgendwo dort draußen, außerhalb der westlichen Länder, unterwegs, sondern lebte oder war Gast hier im Schloss. Und zwar in einem Maß von Vertrautheit, dass es ihm – oder ihr - ermöglichte an der Wache vorbei in den Privattrakt seines verehrten Vaters und ihm zu gelangen. Drittens: der Unbekannte konnte mit einer Stichwaffe umgehen und präzise zielen. Viertens: das Motiv lag darin, dass der potentielle Mörder ihn selbst nicht leiden konnte und als arrogant empfand – was auf deutliche Unterlegenheit des Unbekannten hindeutete, oder zusätzlich auch auf die Tatsache, dass sie sich einmal persönlich kennengelernt hatten. Hm. Nein, sein erster Gedanke an Prinzessin Tokushima war töricht. Sie wusste, was ihr blühte, wenn sie den Erbprinzen ermordete, überdies war sie die Hofdame seiner Mutter, die sie nur mit deren Erlaubnis verlassen durfte. Außerdem: was hätte sie dann im Privattrakt der Männer verloren? Nein. Sie nicht. Aber irgendeine andere weibliche Person? Nun ja, er hatte gewisse Avancen beständig zurückgewiesen – das war für einen vernünftig denkenden Dämon doch kein Grund gleich zum Messer zu greifen... Ah! Er erhielt einen ziemlichen Kälteschock, ohne dass Sakura ihn vorgewarnt hatte, an seiner empfindlichsten Körperstelle. Die Heilerschülerin hatte die benutzten Tücher wieder in den Eimer mit brunnenkaltem Wasser geworfen und einfach abgewartet. Die Körpertemperatur Seiner Lordschaft war immer höher als bei Menschen, das wusste sie von diversen Begegnungen. Ob sie bereits wieder kühlen sollte? Vielleicht nicht als Wadenwickel, sondern nur in gewisser Entfernung um den Körper legen, so dass die Verdunstung Kühle brachte? Immerhin hatte er zuvor gestöhnt, das war der erste Hinweis darauf, dass sich noch Leben in dem Regungslosen befand. Ja, vielleicht ein Tuch fest zusammenrollen und neben seinen Bauch, seinen Oberkörper legen, auf beiden Seiten, ohne ihn jedoch zu berühren, danach wieder Wadenwickel. So nahm sie eines der weißen Tücher und rollte es fest zusammen. Kalt war es schon, zumal, wenn man die dämonische Körpertemperatur betrachtete, dachte sie noch, dann richtete sie sich auf, um die nasse, kühle Rolle drüben auf die andere Seite ihres Patienten zu legen. Noch während sie sich reckte, verlor sie das Gleichgewicht und wäre um ein Haar auf Seine Lordschaft gestürzt. Sicher, dass der das kaum schätzen, und, wenn er je wieder aktionsfähig wäre, überaus schmerzhaft beantworten würde, warf sie sich nach hinten, um sich irgendwie abzufangen. Dabei ließ sie die Rolle los. Sie wollte schon aufatmen, dass sie es vermocht hatte, ihn nicht zu berühren, als sie mitbekam, WOHIN das nasse Tuch gefallen war. Oh oh. Sie wurde glühend rot. Soweit sie wusste, waren Männer da im Allgemeinen sehr empfindlich – und sie sollte es da schleunigst wegnehmen. Verlegen und seltsam panisch zu gleich streckte sie ihre Hand aus, während sie irgendwie hervorbrachte: „Vergebt mein Versehen, Lord Sesshoumaru, meine Ungeschicklichkeit....“ Das Tuch in der Hand riskierte sie einen instinktiven Blick zu seinem Gesicht. Ihr Herzschlag setzte aus, als sie starren, goldfarbenen Augen begegnete. Kapitel 6: Ein schwieriges Gespräch ----------------------------------- Sakura meinte einen Herzanfall zu bekommen – aber so gnädig war wohl ihr Schicksal nicht. Sie war dem Erbprinzen zu nahe, oh, viel zu nahe, getreten, vor allem durch Ungeschicklichkeit, und das einzig Verwunderliche war, dass sie noch nicht in allen vier Ecken des Raumes gleichzeitig lag. Das konnte jedoch jeden Moment erfolgen. Der Blick Seiner Lordschaft war starr auf sie gerichtet und ehe sie den ihren abwandte, den Kopf eilig in Todesangst neigte, registrierte sie noch irgendeine Veränderung in seinen Augen. Sesshoumaru hatte tatsächlich einen Augenblick benötigt um sich von dem im wahrsten Sinne des Wortes kalten Schrecken zu erholen. Er konnte seinen Mordgedanken jedoch keinen Ausdruck verleihen, sein Körper war nach wie vor gelähmt. Allerdings hatte der Schock bewirkt, dass er nun etwas sehen konnte, die Augen öffnen konnte. Das war ein eindeutiger Forstschritt in seiner vertrackten Lage, auch, wenn er sich sicher nicht wünschte, dass ihm öfter dergleichen widerfuhr. Reden vermochte er immer noch nicht, selbst der klägliche Versuch war ihm verwehrt. Aber als er probeweise die Lider schloss konnte er sie erneut öffnen. Allerdings war es ihm auch unmöglich nach rechts oder links zu blicken, nur starr geradeaus – aber er konnte immerhin blinzeln. Hatte er je geglaubt, dass er mit so etwas schon fast zufrieden war? Es war ein Schritt in die richtige Richtung... Sakura war, soweit er erkannte, mehr als verlegen und in Angst. Nun gut. Gewöhnlich wäre sie auch bereits tot. Aber jetzt – womöglich war sie klug genug um mitzubekommen was los war. Und, dass er keineswegs an Tollwut litt, sondern einem Attentat zum Opfer gefallen war, ja, sein Mörder hier im Schloss herumlief? Nur, wie könnte er ihr klar machen, dass er ihr etwas mitteilen wollte? Sie war loyal zu ihm, vollkommen loyal, das hatte er in den letzten Stunden mitbekommen, in denen sie stets Rücksicht auf seinen Stolz genommen hatte, aber...wie klug war sie ohne seine Anleitung in Wahrheit? Sie war ja nur ein Menschenmädchen. Sakura wagte nicht aufzuatmen, als sie irgendwie erneut hervorbrachte: „Ich...ich bitte für meine Ungeschicklichkeit um Vergebung, Lord Sesshoumaru...“ Dann bemerkte sie allerdings, dass er sich nicht bewegte. Hatte sie sich doch nur im Schreck seinen Blick eingebildet? Vorsichtig sah sie ihm ins Gesicht – was mehr als ungehörig war, eigentlich die nächste Strafe nach sich ziehen sollte. Aber er starrte sie noch immer an, bewegte sonst aber keinen Muskel Das kannte sie so nicht....nun gut, sie hatte bereits mit Kriegern zu tun gehabt, auch mit Bauern, die durch Waffen oder Unglücksfälle ganz oder teilweise gelähmt waren....Moment. Es gab einen Weg das herauszufinden. Der war freilich riskant, aber was konnte schon mehr passieren als dass sie ihr sowieso bereits verwirktes Leben wirklich verlor? So blickte sie ihm in die Augen: „Ihr seid wach, Lord Sesshoumaru? Versteht Ihr mich?“ Er schloss die Lider für einen Moment. Sakura atmete erleichtert durch, zu froh, dass er bei Bewusstsein war, um an weitere Konsequenzen für sich und ihren Fehler zu denken. „Oh, das ist schön. - Wenn Ihr einmal Eure Augen schließt, ist das ein Ja? Und zwei Mal ein Nein....geht das?“ Er bestätigte. Sie war wirklich glücklich, dass er nicht bewusstlos war. Menschenmädchen konnten treu sein. „Habt Ihr Schmerzen? Nein? - Aber Ihr könnt Euch nicht bewegen. - Ich hoffe jedenfalls, da Ihr nun wach seid, dass Ihr so mächtig seid auch der Tollwut zu widerstehen.“ Sakura bemerkte irritiert, dass er mehrfach blinzelte: „Kein Ja, kein Nein...Etwas anderes, Lord Sesshoumaru? Aber was....Ich irre mich? Aber...vergebt. Ihr könnt nur mit ja oder nein antworten. Ihr meint, Ihr habt keine Tollwut?“ Sie verstand es! Mit gewisser Erleichterung bestätigte er. „Äh....vergebt, aber der edle Fürst fand vier tote Dämonen im Wald, die wohl Ihr getötet habt, einer davon war tollwütig.“ Er blinzelte erneut öfter. Anscheinend wusste sie dann, dass da was anderes kam, das man weder mit Nein noch mit Ja beantworten konnte. Doch, für einen Menschen war sie intelligent Das wünschte sich Sakura, als sie weiter riet: „Ich hoffe, ich verstehe richtig, Lord Sesshoumaru... Ihr konntet bei dem Kampf auch keine Erkrankung wahrnehmen?“ Er bestätigte wieder. Wie sollte er ihr nur klar machen, dass es ein Mordanschlag gewesen war? Jetzt guckte sie ihn nicht mal mehr an. Wie sollte er sich verständlich machen? Sakura dachte hastig nach, versuchte die Indizien zu sammeln, ehe sie es erneut wagte in die so emotionslosen Dämonenaugen zu blicken – etwas, das man bei jedem dieser Art vermeiden sollte, wollte man nicht sterben, bei diesem hier aber besonders: „Es war ein Rudel Streuner, das stimmt doch? - Ja. - Aber dieses Rudel wäre Euer Lordschaft nie gefährlich geworden. Also passierte noch etwas anderes?“ Mit gewisser Erleichterung bestätigte er. Sie atmete tief durch: „Es....es war ein Scheinangriff? Ja? Aber der tollwütige Dämon? Gleich. Ich muss das meinem verehrten Lehrer und auch Euren mächtigen Eltern mitteilen lassen.“ Sakura wollte sich bereits erheben, als sie bemerkte, dass ihr Patient fast hektisch blinzelte. Da war etwas anderes, Wichtigeres passiert, so gut kannte sie ihn. Für seine Verhältnisse wirkte er emotional. So ließ sie sich wieder nieder: „Ihr wollt nicht, dass ich Eure Eltern informieren lasse? Aber warum? Verzeiht...eine dumme Frage. Auch meinen Lehrer nicht? Er ist der beste Heiler....und wenn er weiß, dass es sich nicht um Tollwut handeln, kann er weiter suchen....“ Er starrte sie an. Frag weiter, du törichtes Ding. Immerhin hatte sie mitbekommen, dass er noch etwas dazu sagen wollte – und ganz sicher nicht damit einverstanden war, dass im ganzen Schloss bekannt wurde, dass er wach war. Wie sein Mörder darauf reagieren würde konnte er sich unschwer vorstellen. Da bot auch die Heilerschülerin nicht den mindesten Schutz. Und seine Eltern waren weit. Sakura atmete erneut tief durch. Da war etwas geschehen. Seine Lordschaft konnte nicht reden, war gelähmt, aber er konnte sich verständlich machen., ja, war bei klarem Bewusstsein. Bevor sie etwas unternahm, sollte sie mit ihm reden, alles erfahren – das würde sie zwar kaum vor dem Zorn seiner Eltern schützen, falls er doch...falls ihm etwas zustieß, aber wenn er sich erholte und sie hätte gegen seine Anweisung gehandelt... Schön. Sie saß mal wieder in der Zwickmühle. „Lasst mich bitte einen Augenblick nachdenken, Lord Sesshoumaru,“ bat sie: „Das ist....eine ungewohnte Lage für mich....für Euch natürlich auch...“ Als ob ihm etwas anderes übrig blieb. Nun ja, sie wollte wohl höflich sein, gab er zu, und unterdrückte mühsam seinen aufsteigenden Zorn. Sie blickte wieder in seine Augen: „Ich fasse zusammen, bitte, bejaht oder verneint. Ihr wart heute morgen wie immer bei Eurer Meditation? - Ja. - Auf dem Rückweg kamen Euch die Fremden in die Quere, ja, griffen Euch an. Ihr wehrtet Euch und tötete dabei...vier der Dämonen? - Nein? Äh...nur drei? - Ja. - Dann geschah etwas anderes? - Ja. - Bis dahin habt Ihr keine Witterung oder einen anderen Eindruck von Tollwut erhalten? - Ja. - Lord Sesshoumaru, ich MUSS das meinem verehrten Lehrer sagen. Wenn es keine Tollwut ist, dann gibt es womöglich eine Möglichkeit Euer Lordschaft zu helfen...ich meine, Euch zu helfen Euch zu heilen. - Nein? - Oder wollt Ihr nur nicht, dass es jemand anderer erfährt?“ durchfuhr es sie plötzlich. Wände in einem Schloss hatten oft genug Ohren. Sie dachte mit. Erleichtert bejahte er. „Diese Streuner griffen Euch nur zum Schein an – und jemand anderer richtig? - Von hinten? Ja? - Natürlich. Jemand, der es notwendig hat einen Scheinangriff zu planen, wollte sich nicht mit Eurer Lordschaft anlegen...oh, verzeiht. Meine eigene Meinung ist unbedeutend.“ Nun ja, aber immerhin eine realistische Einschätzung seiner eigenen Fähigkeiten. Weiter, frag weiter! „Ihr wurdet angegriffen...und verletzt?“ Sie konnte nur raten, aber da er mehrfach blinzelte: „Ihr könnt Euch nicht genau erinnern? - Oh. - Ihr habt folglich den eigentlichen Attentäter nicht erkannt? - Nein. Mann oder Frau, auch nicht? - Aber, Lord Sesshoumaru, warum glaubt Ihr dann, dass es der Attentäter erfahren könnte, dass Ihr wach seid, wenn Ihr nicht wisst, wer...“ Sie starrte ihn an. Immerhin fiel ihr auf, wenn sie daneben lag. Irgendetwas hatte sie wohl doch gelernt in den vergangenen zwei Jahren. Unwillkürlich blickte Sakura zur Tür, ehe sie sich erneut ihrem Patienten zuwandte und leiser meinte: „Ihr...ich habe Euer Lordschaft kurz allein gelassen als ich Wasser holte. War der Attentäter etwa hier?“ Er bestätigte, zugegeben etwas erleichtert, dass sie begriff. „Und darum...hier kann niemand zuhören, die Wache draußen vor dem Trakt auch nicht. Darum wünscht Ihr zu warten, bis mein Lehrer hierher kommt? Damit ich ihm hier Bericht erstatte? Und...Ihr hier nicht allein bleibt....“ Er zögerte zu bejahen. Dieser letzte Satz war eine Unterstellung! Aber es stimmte irgendwo. Ja, bedeutete er. „Der edle Fürst und seine Gemahlin werden den Namen des Auftraggebers sicher erfahren. Dann können sie ihn hier im Schloss auch festsetzen lassen.“ Ein wenig verwundert sah sie ihn verneinen, ehe sie begriff: „Ihr glaubt, dass der Attentäter vorsichtig genug war den Streunern seinen Namen nicht zu verraten? Nun ja, das wäre vernünftig, aus seiner Sicht.“ Ein Anschlag auf einen Erbprinzen bedeutete stets ein extrem großes Risiko sollte man gefasst werden. Und da war auch die offenbar falsche Spur mit der Tollwut...ja, da war jemand vorsichtig, wollte Lord Sesshoumarus Tod selbst überleben. „Aber Ihr wollt ihn auch selbst überführen?“ Ja, so konnte man das nennen. „Äh...für die Behandlung wäre es wichtig zu erfahren wo Euer Lordschaft verletzt wurde. Von hinterrücks, ja? Also kaum unterhalb der Hüfte. - Oberhalb der Brust?“ Sie wandte den Kopf, da die Tür geöffnet wurde und ihr Lehrer eintrat. Sesshoumaru war erleichtert, dass der alte Heiler nicht soviel Zeit mit dem Bücherstudium verbracht hatte, wie er schon befürchtet hatte, immerhin war Neigi mehr als sorgfältig. Jetzt konnte ihm Sakura berichten und dann...ja, dann würde Neigi etwas einfallen und er selbst sich den Verrückten schnappen, der ihn in diese unsägliche Lage gebracht hatte. Er war wieder optimistisch gestimmt. Kapitel 7: Sakura ----------------- Sakura wartete kaum bis ihr Lehrer Platz genommen hatte, ehe sie hastig berichtete: „Lord Sesshoumaru ist wach!“ Neigis forschender Blick glitt über den vollkommen regungslosen Patienten, ehe er dessen geöffnete Augen sah, die starr geradeaus blickten: „Das täuscht, mein Kind. Ich fürchte, es ist nur ein Reflex gewesen, dass er die Augen öffnete.“ Dieser Narr, dachte der Erbprinz erzürnt. Der beste Heiler Japans, ja? Das hatte ein Menschenmädchen besser hinbekommen. „Nein, vergebt, wenn ich Euch widerspreche, verehrter Lehrer. Seine Lordschaft ist vollständig gelähmt, aber er konnte meine Fragen mit Ja und Nein beantworten, durch Blinzeln. Ich...darf ich Euch das Gespräch berichten?“ Der alte Heiler sah erneut direkt in die Augen seines Patienten, der sie betont deutlich langsam schloss und wieder öffnete. „Oh, ja, ich verstehe, Lord Sesshoumaru. - Ja, Bericht, meine Schülerin, denn wenn er jetzt klar bei Bewusstsein ist, kann es praktisch keine stille Form der Tollwut sein.“ „Soweit ich Seine Lordschaft richtig verstanden habe, wurde er auf dem Rückweg von seinen täglichen Meditationsübungen von dem Rudel Streuner überfallen. Er tötete drei von ihnen, ohne dass er den Geruch nach Tollwut in die Nase bekam...äh, wittern konnte. Der vierte, den der edle Fürst auffand, scheint anderweitig umgekommen zu sein. Da Seine Lordschaft durch diese Dämonen abgelenkt wurde, gelang es jemand anderem ihn von hinten zu attackieren. Soweit ich bislang herausbekommen konnte oberhalb der Brust. Danach scheinen Lord Sesshoumaru für einen Moment seine Sinne verlassen zu haben. Als er zum Schloss zurückwollte, hatte dann wohl die Lähmung bereits teilweise eingesetzt.“ Hoffentlich war das höflich genug umschrieben, dass er vermutlich bewusstlos geworden war. „Bedauerlicherweise kann Seine Lordschaft nicht sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war, die ihn von hinten angriff. Nur eines ist noch wichtig, verehrter Lehrer: als auch ich kurz draußen war um Wasser zu holen, kam der Attentäter hierher.“ „Aber er...Ihr habt ihn nicht erkannt, Lord Sesshoumaru?“ Neigi versuchte etwas in dem Blick zu lesen: „Aber warum hat er...oder sie...dann das Werk nicht vollendet?“ Er seufzte: „Sakura, wie bist du an diese Informationen gekommen? Nur mit Ja und Nein Fragen, nicht wahr?“ Der alte Heiler rutschte an das Kopfende, so dass sich Sakura wieder neben die Schulter des Patienten knien konnte, dessen Blick suchte: „Sagte der Unbekannte etwas zu Euch? - Ja. - Auch, warum er jetzt nicht zum Messer oder so griff? - Ja.“ „Ah, ich fürchte, ich verstehe,“ meinte Neigi: „Du holst kaltes Wasser, ich suche nach Büchern, der Mörder...ich meine, natürlich, der Angreifer, geht davon aus, dass alle auf die Täuschung mit der Tollwut hereingefallen sind. So würde nie ein Mörder gesucht werden. Anders sähe es aus, wenn Seine Lordschaft durch einen Messerstich stirbt. Ich bin übrigens froh, dass es keine Tollwut ist, Lord Sesshoumaru. Dann suchen wir jetzt die wahre Ursache. Wo ist die Verletzung?“ „Oberhalb der Brust, Lord Sesshoumaru?“ nahm Sakura die Befragung wieder auf: „Im Nacken? - Ja, verehrter Lehrer, wohl im Nacken.“ Neigi dachte einen Augenblick nach: „Ein heftiger Schlag in das Genick kann sehr wohl Lähmungen verursachen. Allerdings müsste ein Angreifer schon über viel Glück verfügen, um einen so starken Dämon so zu treffen. Zumal bei den bekannten Selbstheilungsmöglichkeiten Seiner Lordschaft.“ „Darf ich dazu noch etwas erwähnen? Als ich zuvor die Tropfen Seiner Lordschaft einflößte, war die edle Fürstin so freundlich mir behilflich zu sein, in dem sie Lord Sesshoumaru aufsetzte, so dass sein Kopf rückwärts fiel. Dabei stöhnte er auf.“ „Du hast eine sehr genaue Beobachtungsgabe und ein ausgezeichnetes Gedächnis, mein Kind.“ Neigi dachte nach: „Dann müssen wir äußerst behutsam vorgehen, um Seiner Lordschaft nicht unnütz Schmerzen oder weitere Schädigungen zuzufügen. Setze dich an die Wand, die Beine ausgestreckt, gleich hier oberhalb des Prinzen.“ Er erhob sich: „Lord Sesshoumaru, das Folgende mag Euch nicht sonderlich zusagen, aber seid versichert, dass es nur zu Eurem Besten ist.“ Das klang nicht ausgesprochen verheißungsvoll, dachte der widerwillige Patient. Vermutlich sollte er diese Beiden dafür umbringen, sobald er wieder aktionsfähig war. Das wiederum würde allerdings bedeuten, dass er geheilt war – und seine Eltern würden voraussichtlich Loblieder auf Neigi singen und dessen Tod mehr als übel vermerken. Der alte Heiler wartete, dann erklärte er Schülerin und Patient zugleich: „Wenn es sich um eine Verletzung im Nacken handelt, die schmerzhaft wird, wenn der Kopf zurückfällt, sollten wir eben genau das verhindern, andererseits aber auch gründlicher als zuvor suchen. Womöglich ist durch Eure Selbstheilungskräfte, Lord Sesshoumaru, die Wunde bereits kaum mehr sichtbar. Ich werde Euch daher auf den Bauch drehen und so über Sakuras Beine als Bock lagern, dass Euer Kopf nach vorne fällt.“ Nein, dachten beide Angesprochenen unisono, der Eine wütend, die Andere panisch, wenn auch beide aus unterschiedlichen Gründen unfähig zu protestieren. Sakura betrachtete das Ganze hier langsam als Tod auf Raten. Das würde er ihr alles NIE verzeihen. Zumal, hier, so auf ihre Oberschenkel gezerrt zu werden, dass sein Kopf vornüber hing, die Stirn den Boden berührte. Sicher, ihr Lehrer hatte selbstverständlich Recht, dass man so besser untersuchen konnte, ja, dem Hundeprinzen wohl auch weniger Schmerzen zugefügt wurden, aber sie konnte sich kaum vorstellen, dass er einen derart nahen Kontakt zu einem weiblichen Wesen, noch dazu einem aus der untersten Schublade, einer menschlichen Dienerin, wünschte. Sie gehorchte, spürte, wie der weiche Schleier des silbrig glänzenden Haares durch ihre Finger quoll, ehe sie einen Zopf daraus wand und seitwärts hielt. „Keine Verletzung zu entdecken, aber wenn es auch nur eine Quetschung war....die haben Eure Selbstheilungskräfte gewiss beseitigt.“ Der erfahrene Heiler dachte erneut nach: „Außer, irgendetwas hemmt diese. Doch ein Gift, das Euch unbemerkt injiziert wurde? - Sakura, lege auch den Kopfbeginn frei....“ Sesshoumaru empfand in seiner hilflosen Lage einen Moment etwas wie Angst, ehe er begriff, dass sie nur sein Haar so halten sollte, dass auch der Haaransatz zu sehen war. Er spürte die behutsamen Finger Neigis in seinem Genick, an seinem Hinterkopf, ehe dieser durchatmete: „Ein perfekter Mord..“ Was? Sollte das heißen ihm war nicht mehr zu helfen? Was konnte dieser alte Zausel denn überhaupt? Wieso hielten alle so große Stücke auf diesen Narren? Er spürte, wie auch Sakura tief Atem holte. Sollte das bedeuten, keine Tollwut aber dennoch sein Todesurteil? Oder zumindest, dass er in dieser beschämenden Art weiter existieren sollte? Er war doch kein Irgendwer. Er war einer der stärksten Dämonen, der klügsten, der.... Neigi erhob sich: „Ich suche alles zusammen. Sakura, erläutere es Lord Sesshoumaru.“ Immer sie...Aber sie holte erneut tief Atem: „Euer Lordschaft beliebt sich vielleicht an den Mord an der Füchsin aus China zu erinnern, der den Kitsune no Kyuu so belästigte.“ Dass es sich dabei um einen Mann gehandelt hatte, durfte sie selbst vor ihrem Lehrer nicht erwähnen, um nicht den Herrn aller Füchse zu kompromittieren. Nein, das beliebte Seiner Lordschaft gar nicht. Stichwort: Lord Lian! Aber sie würde weiter reden, ganz sicher... „Äh...die junge Dame wurde mit einem Messer so von hinten angegriffen, dass ihr die Klinge zwischen die Wirbelsäule und den Schädel drang. Ihr nanntet das Abnicken. - .In Eurem Fall hat der Angreifer kein Messer verwendet. Es scheint sich eher um eine Nadel zu handeln, womöglich auch ein sehr feines Messer, ähnlich dem, das Attentäter benutzen, aber wohl eher eine Haarnadel oder etwas ähnliches. Diese Nadel ist allerdings abgebrochen, vermutlich bereits bei dem Angriff, so dass sie kaum mehr zu sehen ist, zumal sie sich unter Eurem Haaransatz befindet. Wäre es dem Täter gelungen die Nadel vollständig wieder herauszuziehen, wäre durch die starken Selbstheilungskräfte Eurer Lordschaft keinerlei Beweis an Euch zurückgeblieben.“ Sie sah kurz zu dem Heiler: „Ich glaube mein verehrter Lehrer wird versuchen den Rest dieser Nadel aus Eurem Kopf zu entfernen.“ Nein, lieber nichts von den Folgen erzählen, die ein Missgriff haben würde. Der alte Heilerdämon stellte wieder einmal fest, dass da jemand mit Seiner Eisigkeit umgehen konnte. Er selbst hätte das kaum besser formulieren können. Sachlicher Bericht, Höflichkeit und keine überflüssigen Reden. Die zwei Bewegungsfähigen im Raum fuhren jedoch zusammen, als de Tür förmlich aufgerissen wurde und das Füstenehepaar eintrat, erstarrte und die Lage musterte. „Was ist hier los?“ erkundigte sich der Inu no Taishou mit gewissem Grollen. Neigi, der ihn seit langen Jahrhunderten kannte, drehte sich um, Pinzette und Skalpell in der Klaue: „Wünscht Ihr ausführlichen Bericht oder nur die beiden wichtigsten Nachrichten? Eine gut, eine schlecht?“ „Beide.“ „Seine Lordschaft hat keine Tollwut.“ „Ja, das gaben diese Streuner auch zu. Aber sie konnten ihren Auftraggeber nicht nennen, der ihnen diesen Plan vorgab einen Kranken zu beschaffen und zu töten um eine falsche Spur zu legen. Es handelte sich jedoch um eine Dämonin.“ „Ich bezweifle nicht, dass sie nicht mehr lügen konnten.“ Der Heiler witterte Blut an den Klauen der hohen Herrschaften. „Und die schlechte Nachricht?“ Die Dame klang kühl, aber sie war alarmiert – die Haltung ihres Sohnes, die Behutsamkeit des Heilers.... „Seine Lordschaft wurde durch ein Attentat verletzt. Ein Stück einer Nadel befindet sich noch in seinem Kopf und löst vermutlich diese Lähmung aus. Ich werde versuchen es zu entfernen. - Ich darf Euch daher bitten diesen Raum zu verlassen.“ Wenn sie ihm über die Schulter sahen....Nun, schon ein Zittern würde genügen, wenn er die Nadel herauszog, und andere Teile des Gehirns wären weiter verletzt. Als Heiler hatte man keiner Fürstin und erst recht nicht seinem Gebieter etwas zu befehlen, aber der Herr der Hunde nickte nur: „Wir werden in meinem Arbeitszimmer warten. - Eine Nadel, kein Hinweis auf den Angreifer?“ „Ich hoffe, dass Seine Lordschaft uns darüber Auskunft geben kann, wenn die Lähmung nachlässt....“ Neigi verriet den besorgten Eltern durch nichts für wie riskant er diese Operation einschätzte. Es würde genügen, wenn er ihnen das Misslingen darlegen musste. Immerhin bestanden gute Chancen, dass sie ihn im ersten Zorn umbringen würden – und es nicht länger dauern würde. „Ich muss allerdings noch berichten, dass es Seiner Lordschaft gelang Sakura verständlich zu machen, dass der Angreifer hier bei ihm war, als wir alle kurz abwesend waren.“ Sakura schloss unwillkürlich die Augen, als das Fürstenpaar sie ansah. Nein, sie musterten sie nicht, weil sie sich mit ihrem Sohn verständlich machen konnte, sondern weil sie ihn, wenn auch nur kurz, allein gelassen hatte. Hoffentlich würde die Tatsache, dass er soeben auf ihrem Schoss lag, einen gewissen Schutz darstellen. „Bericht, Sakura.“ Ihr blieb nichts anderes übrig und mit einem zornigen Dämonenfürsten diskutierte nur ein Masochist mit Selbstmordplänen: „Als ich Wasser holte gelang es offenbar einer Person an dem Wächter draußen vorbei und in den Privattrakt, hierher, zu gelangen. Bedauerlicherweise konnte Seine Lordschaft nicht identifizieren ob Mann oder Frau, aber es dürfte sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um einen Dämon handeln. Diese Person gab Lord Sesshoumaru wohl sehr deutlich zu verstehen, dass sie für das Attentat verantwortlich sei.“ Die ungewohnt fürsorglichen Eltern sahen sich kurz an, während ihre Energien selbst für Sakura spürbar anstiegen. Kapitel 8: Der zweite Schritt ----------------------------- Der Inu no Taishou nickte ein wenig ingrimmig. Wer auch immer an der Wache vorbeigekommen war würde der Posten wissen. Und dann mochte sonst wer seinem Krieger und dem Attentäter gnädig sein. Er jedenfalls sicher nicht. Und da gab es noch einen.....Wer hatte es verabsäumt ihn über die kritische Lage seines Sohnes zu informieren? Allerdings musste man die Sache vorsichtig anpacken. Der Täter durfte nicht wissen, dass Sesshoumaru zumindest teilweise in der Lage war sich zu verständigen. Die Fürstin dachte nach, ehe sie langsam sagte: „Die Heilerin war Wasserholen, ehe ich hier eintraf.“ Sakura nickte eilig. Immerhin - zwar nicht ihr Name, aber nicht nur „der Mensch“. Aber worauf wollte die Herrin hinaus? Doch ihre Mitschuld feststellen? „Wasser und die Belladonnatropfen.“ „Ja, Herrin.“ Die Hundedame blickte seitwärts: „Darf ich eine Bemerkung dazu machen, mein Gebieter?“ Der Inu no Taishou hoffte auf etwas Brauchbares, etwas, wo er endlich etwas unternehmen konnte, zumindest außer Sakura umzubringen, die ja sicher auf Neigis Anweisung hin seinen Sohn so hilflos allein gelassen hatte oder seine eigenen Krieger zu bestrafen: „Nun?“ „Als ich kam lag hier ein Hauch eines seltsamen Geruchs in diesem Raum. Ich nahm erst an es wäre durch die Krankheit mein..unseres Sohnes. Dann jedoch vermutete ich es handelte sich um diese Arznei. Die Witterung alarmierte mich ein wenig, meine Bedenken wurden jedoch beseitigt. Aber ich bin mir nun sicher, eine Person, die kurz zuvor hier war, hatte sich dezent parfümiert, um sich gegen unsere Nasen abzusichern.“ „Eine Frau?“ erkundigte sich der Herr der Hunde sofort, der sich nur zu gut entsann, dass auch die Streuner beteuert hatten eine Dämonin sei bei ihnen gewesen. „Möglich. Aber nicht zwangsläufig.“ „Eine Frau.“ Sakuras Einwurf ließ gleich drei Dämonen auf sie blicken und ihr wurde sehr warm. Hatte sie in den letzten Jahren nicht lernen müssen, dass Voreiligkeit und Vorlaut schmerzhaft sein konnten, auch, wenn man Recht hatte? Fast Halt suchend griff sie in das Haar des Erbprinzen: „Hier, die Nadel ...es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Haarnadel, und, mit Verlaub, edler Herr, Männer können damit gewöhnlich nicht so zielgerichtet und sicher umgehen.“ „Ich werde zwei meiner Krieger befragen,“ entschied der Fürst: „Ihr, meine Teure, geht in den Frauentrakt. Eure ausgezeichnete Nase wird Euch den Geruch wieder zeigen, sofern sich die Schuldige nicht inzwischen gebadet hat. Allerdings sollte ein Vorwand genannt werden um die Täterin nicht aufzuschrecken.“ Ein kaltes Lächeln der Dame: „Eine neue Zofe? Ihr ward allerdings so freundlich mich überaus reichlich mit Personal zu versorgen.“ „Es muss nur kurz glaubwürdig sein. Kommt. Neigi will Sesshoumaru heilen.“ Vor dem Privattrakt der Hausherren trennte sich das Ehepaar. Während die Dame mit scheinbarer Ruhe sich einem anderen Flügel zuwandte, blieb der Hundefürst stehen und betrachtete den Wachposten, der sich instinktiv kleiner machte und wünschte seinen, in Menschenform nicht vorhandenen, Schwanz einziehen zu können. „Wie lange hast du hier Dienst?“ „Seit vier Stunden, edler Herr.“ „Wer hat in dieser Zeit den Trakt betreten? Außer mir, meiner Gemahlin, Neigi und dessen Schülerin.“ Man konnte auch Zeit sparen. „Niemand, edler Herr,“ antwortete der Posten kleinlaut. Der Inu no Taishou war wütend, das war für jeden Dämon deutlich zu erkennen. „Dann zeihst du also Lord Sesshoumaru einer Lüge?“ kam es eiskalt. „Äh, nein, natürlich nicht.....“ Das wurde immer lebensgefährlicher. „Aber, Herr, ich war doch eigentlich immer hier bis auf...“ „Bis auf?“ Ganz ruhig bleiben und diesen Idioten ausreden lassen. Nur ihn jetzt nicht umbringen! „Ihr...Ihr schicktet mich doch einen Eilboten zu holen, der dann hier mit mir warten sollte.“ „Wo ist dieser Eilbote jetzt?“ „Das weiß ich nicht, ich habe danach ja meinen Posten nicht mehr verlassen. Neigi schickte ihn weg als er herkam. Zuvor....vor einer halben Stunde, oder so, Herr.“ Dann hatte der Bote ihn verfehlt und würde erst zurückkommen, wenn ihm das klar wurde. Und dieser Attentäter oder eher Attentäterin hatte schlichtweg die Chance gesehen in den Privattrakt zu gelangen, weil der Wächter gerade seinen Platz verlassen hatte. Das Parfüm trug sie dann wohl immer, was die Suche erleichtern sollte. Aus der Aussage des Kriegers ließ sich für ihn allerdings nur der Schluss ziehen, dass er diesen Unglückswurm nicht bestrafen konnte. Es war sein eigener Fehler gewesen hier nicht zwei Posten herzubeordern. Bei einem Feldzug pflegte er ja auch auf Doppelwachen zu setzen. Nur jetzt, im Frieden, im eigenen Schloss, hatte er sich zu sicher gefühlt. Das würde nicht mehr vorkommen. „Bleib hier, bis du durch zwei andere ersetzt wirst.“ „Ja, danke, gnädiger Herr,“ beteuerte der Wachposten aufrichtig. Immerhin hatte der Fürst seine Energie wieder etwas in sich zurückgezogen. Es war ja schön, wenn man einem mächtigen Gebieter dienen durfte – aber weitaus weniger, wenn dessen Energie im Zorn gegen einen selbst gerichtet wurde. Was da nur passiert war? Der Inu no Taishou ging hinunter in den Hof. Er benötigte drei Fragen, dann warf sich der Wächter, der ihm die fatale Meldung gebracht hatte, Sesshoumaru sei mit Tadashi ins Schloss zurückgekehrt, aber eben nur dieses, vor ihm in den Staub. „Legt ihn in Ketten. Wenn ich später gut gelaunt bin werde ich mich selbst mit ihm beschäftigen. Falls nicht werde ich das meinem Sohn überlassen.“ Und wenn es Neigi nicht schaffen sollte....nein, soweit wollte er gar nicht denken....aber wenn, dann würde dieser Narr eine Premiere erleben. Er würde die erste Person werden, die von seiner Gemahlin und ihm gleichzeitig hingerichtet würde, noch vor dem Mörder, der Mörderin. Sesshoumaru war einerseits froh, dass seine Eltern etwas unternahmen, andererseits ein wenig...wie sollte man es ausdrücken, neugierig, wie ruhig Neigis Hand bleiben würde. Immerhin war der alte Heiler kein Narr und konnte sich ausmalen was passierte wenn er ihn umbrachte. Nein, dachte er dann. Denk nicht daran, dass eine abgebrochene Nadel in deinem Gehirn steckt, denke an deinen Attentäter, eher, die Attentäterin. Die Streuner hatten ausgesagt, aber auch Mutter und Sakura hatten gemeint, es handele sich um eine Frau. Gut. Dann sollte er zu seinen Gedanken von vorher zurückkehren und noch einmal alles durchgehen, aber unter weiblichem Gesichtspunkt. Sakura hielt seine Haare beiseite, legte ihre andere Hand zwischen seine Schulterblätter, als ob sie ihn fixieren müsste. Neigi ließ sich neben ihm nieder, legte etwas wie eine kalte Schneide an... Nein, denke nicht daran was sie machen, denke an deinen Mörder! Eine Frau, auf die folgende Bedingungen zutrafen: Sie war im Schloss, kannte sich hier einigermaßen aus, fiel jedenfalls nicht auf. Eine Frau aber auch, die in der Lage war, durch Geld und Macht die Streuner anzulocken und zu bezahlen. Eine Frau, die klug genug war diesen heimtückischen Plan mit der Tollwut auszuhecken, um selbst heil aus der Sache herauszukommen. Allein aufgrund der Tatsache mit den Streunern fielen praktisch alle Hofdamen sowohl seiner Mutter als auch hier aus dem Schloss weg, die hatten schließlich zwar nicht viel aber doch Arbeitszeiten. Überdies hatten die Meisten nicht gerade viel Gold zur Verfügung. Das hatten nur Dämonen, Hundedämonen, von hohem Rang, aus Fürstenfamilien, und selbst da verwalteten es die Ehemänner. Soweit so gut. Er suchte also eine unverheiratete junge Dame aus einem Fürstenhaus, die sich aus irgendeinem Grund von ihm beleidigt gefühlt hatte, und gleich zu derart törichten Mitteln griff. Instinktiv hätte er gern Prinzessin Tokushima gewählt, aber selbst diese reizbare junge Dame besaß so etwas wie ein Gehirn und wusste, dass er ihr erst das Leben gerettet hatte. Gehirn? Was trieb Neigi da hinten eigentlich? Noch schmerzte nichts. Nein, denke nicht daran. Weiter. Seine potentielle Mörderin hielt ihn für arrogant. Nun ja, vermutlich war er ihr überlegen. Hm. Da hatte es mal eine impertinente junge Hundedämonin aus gutem Hause gegeben, die ihn mehr als nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, wie sehr sie sich doch für ihn interessiere. Auf seine Ablehnung hatte sie etwas von „arroganter Hundebengel“ erwidert – was ihr zugegeben den Rest der Nacht bei Neigi beschert hatte. Aber, wie hatte die bloß geheißen? Er konnte sich doch nicht alle Namen von irgendwelchen Hündinnen merken, die meinten der Erbprinz der westlichen Länder sei so etwas ähnliches wie ein großer Knochen mit viel Fleisch daran oder eine dieser Zuckerstangen, die Menschen so liebten. Wahrlich, kein Wunder dass seine Eltern noch immer offiziell verheiratet waren – das schützte beide vor aufdringlichen Freiern und heiratslustigen Frauen. Das wäre der einzige irgendwie vernünftige Grund darüber mal mit Tokushima zu reden... Ah! Das tat weh! Ihm entrang sich ein Stöhnen, dann hörte er Neigi sagen: „Gut. Lass ihn los, Sakura. - Euer Lordschaft, es ist mir gelungen den Rest der Haarnadel zu ziehen. Ich bin überzeugt, dass Eure Selbstheilungskräfte jetzt wirken können. Wir werden Euch behutsam umdrehen und liegen lassen.“ Als Erläuterung für Patient und Schülerin ergänzte er: „Wie festzustellen war stimmt es, dass das Gehirn an sich keinerlei Schmerzempfinden zeigt. Zum Glück drang die Nadel nicht sonderlich tief ein, wenn gleich auch tief genug um etwas zu beschädigen, das hier im Hinterkopf liegt. Aber das wird jetzt, nachdem der Störenfried entfernt ist, gewiss heilen. Vorsicht, Lord Sesshoumaru, ich ziehe Euch auf. Sakura, stütze den Kopf Seiner Lordschaft.“ Der Hundeprinz, dem nichts anderes übrig blieb als sich von einem Dämon und einem Menschen aufziehen und umdrehen zu lassen, duldete es mit gewisser Resignation, aber doch der Hoffnung, dass bald ein Ende seines so erbärmlichen Zustandes erreicht wäre. Er musste nur noch seine eigenen Heilkräfte nutzen. Er versuchte Sakura in die Augen zu sehen. Sie bemerkte es und rutschte unverzüglich neben ihn, musterte ihn aufmerksam. „Wollt Ihr etwas mitteilen, Lord Sesshoumaru?“ Warum, glaubte sie, sah er sie sonst an? Weil sie so schön war oder er ein Menschenfreund? Was....Ruhig bleiben. So blinzelte er einmal. „Bezüglich Eurer Gesundheit? Nein? Des Attentäters, der Attentäterin.“ Ja, du dummes Ding, jetzt frag schon weiter. „Es ist Euch eingefallen, wer es sein könnte?“ Sie war seine Deduktionen gewohnt, ein Monolog, der sachlich und logisch alles begründete. Jetzt selbst fragen zu sollen fiel ihr schwer. „Eine Hundedämonin? - Ja.- Ich bin sicher der edlen Fürstin, Eurer Frau Mutter, wird es gelingen sie zu finden. - Nein? Ihr glaubt, sie hat sich gewaschen? Ja.“ Sie sah ein wenig hilfesuchend zu Neigi. Der nickte: „Ja, der Plan war sehr gut und sie wird sich keinen Fehler erlauben wollen. Ihr kennt ihren Namen, Lord Sesshoumaru?“ Nein, aber bestimmt du, du seniler Kerl, hätte der Hundeprinz gern gesagt. „Seine Lordschaft versucht Euch anzusehen, mein verehrter Lehrer,“ bemerkte Sakura: „Kann es sein, dass Ihr sie kennt?“ „Ich kenne keine Hundedämonin, die sich Ärger mit Seiner Eisig...Lordschaft eingehandelt hatte. Nun ja, ich meine, richtigen.“ Kapitel 9: Die Dame im Spiel ---------------------------- Die Fürstin ging in den Damentrakt und übersah mit der ihr eigenen Ignoranz die prüfenden Blicke absichtlich. Eine neue Hofdame zu suchen klang nach einem guten Vorwand, aber, obwohl ihr klar war, dass sie manchmal für etwas seltsam gehalten wurde, war es wohl kein perfekter Vorwand. Immerhin glaubten doch wohl alle – und Gerüchte waren eben nicht zu unterschätzen – dass ihr einziger Sohn an Tollwut litt. Kaum nachvollziehbar, wenn seine Mutter sich in diesem Moment um eine neue Hofdame kümmern würde. Aber, wie, wenn sie eine...nun, Heldin suchte? Künftige Fürstenmutter war ein mehr als verlockender Köder und so ließ sie alle Damen im großen Zentralraum zusammenrufen, jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass keine Kinder zugelassen wären. Als alle Frauen vor ihr knieten, ließ sie kurz den Blick über die Rücken schweifen, suchte dabei intensiv nach einer Witterung: „Ich denke euch ist allen bewusst, dass mein Sohn, der Erbe des Fürsten, erkrankt ist. Es ist jedoch der Wunsch unseres mächtigen Herrn, meines Gemahls, dass die Blutlinie erhalten bleibt. So wäre es wünschenswert, um nicht zu sagen, notwendig, dass Lord Sesshoumaru seinerseits einen Erben zeugt. Ich suche daher eine unverheiratete junge Dame, die sich in der Lage sieht, einen Todkranken nicht nur zu begleiten sondern zu verführen. Alle verheirateten und verlobten Damen verlassen daher unverzüglich den Raum. Diese Versammlung diente nur zum Schutze der....Interessentinnen.“ Nein, keine verheiratete Frau hätte die Streuner engagieren können, schließlich verwaltete der Ehemann das Geld, aber auch zuvor nur hoffen können, das Interesse ihres Einzigen zu wecken. Das schränkte naturgemäß den Kreis weiter ein: „Natürlich können auch alle geschiedenen und verwitweten Frauen gehen. Mein Sohn isst von keinem benutzen Teller.“ Die derart titulierten Damen waren froh mit allen anderen den Raum verlassen zu können. Vierzehn blieben übrig, die anscheinend den Köder geschluckt hatten. Oder auch nur nicht wagten ohne ihre Erlaubnis den Raum zu verlassen. Sehr gut. Mit einem maliziösen Lächeln ergänzte sie: „Ich sollte allerdings wohl darauf hinweisen, dass es sich bei der Krankheit des Erbprinzen um Tollwut handelt. Wer gehen will, darf auch jetzt noch gehen. Alle anderen werde ich unserem Herrn und Fürsten vorstellen.“ Ihrer Einschätzung nach sollte nur die Attentäterin im Raum bleiben, da ja alle anderen davon ausgehen mussten, dass es sich wirklich um diese hochansteckende und tödliche Krankheit handelte. Ihr Blick fiel auf den Rest der Damen und sie fand ihn erstaunlich hoch. Zwei. Damit hatte sie allerdings nun nicht gerechnet. Sie müsste beide zum Fürsten bringen – und dem zuvor ihren etwas von seinem Plan abweichenden Einfall erzählen. Nur, was jetzt? „Eure Namen?“ „Sayo,“ erwiderte die Ältere der Beiden, „Miyoko,“ flüsterte die Jüngere. „Gibt es einen besonderen Grund, warum du, Sayo, dies tun willst?“ Die junge Hundedame starrte zu Boden, bemüht, die Fürstengemahlin nicht anzublicken: „Meine Familie ist dieser schon sehr lange und durchaus eng verbunden....Es...Ich betrachte es als meine Pflicht, dieser Tradition zu folgen.“ „Und du, Miyoko?“ Die deutlich noch Jugendliche sah etwas auf, meinte dann jedoch leise: „Ich würde ihm jeden Wunsch erfüllen. Ich liebe ihn doch, Herrin.“ Aha. Hatte dieses Mädchen etwa die Streuner, die Nadel...? Moment. Etwas irritiert meinte die Fürstin: „Du hast dann wohl nicht verstanden wie erkrankt Lord Sesshoumaru ist. Es handelt sich um einen Wunsch meines Gemahls.“ Miyoko schien im Boden versinken zu wollen: „Aber...ich liebe doch ihn...“ gestand sie. Schön, der Inu no Taishou war bei Damen recht beliebt, das wusste sie nur zu gut, aber in aller Regel beschränkte er sich, Getrennt-leben hin oder her, auf ältere erfahrene Hundedamen, die nicht erwarteten mehr als auch nur eine Nacht bei ihm verbringen zu dürfen, falls er es überhaupt für notwendig empfand. Was war denn da los? „Hat er dir etwa Avancen gemacht?“ Sie war sehr jung und konnte Kinder bekommen. Sicher, es war sein Recht, aber.... Miyoko schüttelte den Kopf. Nein. Sie vermutete sogar er wusste nicht einmal dass sie existierte. Und überdies...das war seine Gemahlin. Verhöre führen und Fälle aufklären war wohl doch schwerer als gedacht. Sie sollte jetzt wirklich einmal mit dem Herrn der Hunde reden, ehe irgendetwas noch vollkommen schief lief und er gar den Eindruck gewann sie mische sich in seine Privatangelegenheiten. Schließlich war er durchaus in der Lage ihre Privilegien innerhalb von Minuten komplett zu widerrufen – von mehr als unangenehmen Weiterungen ganz zu schweigen: „Ihr beide dürft gehen und euch vorbereiten. Falls unser Herr mit euch sprechen will, wird er euch rufen lassen. Geht.“ Und da Arbeitszimmer nun einmal Ohren hatten, sollte sie sich besser in Sesshoumarus Zimmer begeben, das im Privattrakt, zur Zeit abgeschirmt von zwei Wachen, und ein Stück weiter hinten lag. Auf dem Weg dorthin schickte sie den ersten vorbeikommenden Diener zum Hausherrn, um ihn zu bitten, in das Zimmer ihre Sohnes zu kommen. Als sie selbst eintrat war sie ein wenig überrascht dort wieder nur den Menschen bei Sesshoumaru zu finden, aber Sakura versicherte ihr auf ihren fragenden Blick eilig mit einer Verbeugung, dass ihr Lehrer gewiss jeden Moment zurück sei. Der Inu no Taishou erschien auch nur kurz darauf mit dem alten Heiler, mehr als besorgt, da er eine Verschlechterung des Zustandes seines Sohnes nach der Operation befürchtete. Zu seiner - und Neigis - Erleichterung berichtete Sakura auf seinen fragenden Blick unverzüglich, dass Seine Lordschaft mittlerweile ein wenig die Finger und den Kopf bewegen könne. So sah er zu seiner Gemahlin. „Warum sollte ich kommen?“ Sie berichtete sachlich: „Mir erschien die Auswahl einer Hofdame nicht Grund genug alle Damen zu sehen. So rief ich sie zusammen um zu erklären, dass ich nach einer....Braut für unseren Sohn suche.“ Mutter! Der Hundeprinz stöhnte ein Gedanken auf. Wie sollte er das denn je wieder loswerden? War es denn nicht schon schlimm genug, wie sie ihm hinterher liefen? „Keine der Damen wies den entsprechenden Geruch auf. In der Annahme, dass keine bereits gebundene Damen oder auch keine, die bereits einem Mann gehört hätte, auch nur hoffen konnte, Sesshoumarus Aufmerksamkeit zu erregen und daher ihn kaum derart angreifen würde, schickte ich diese aus dem Raum, nachdem ich verkündet hatte, dass es notwendig sei, und Euer Wunsch, mein Herr....“ Sie hatte ihm vorgegriffen und das galt als unhöflich, folglich wurde sie vorsichtiger: „Dass er vor seinem Ableben noch die Blutlinie fortbestehen lasse. Dabei erwähnte ich...zufällig...dass er an Tollwut leide. Ich vermutete, alle jungen Damen bis auf die Attentäterin würden fluchtartig den Raum verlassen. Zu meiner gewissen Überraschung blieben zwei. Sayo und Miyoko.“ Sesshoumaru gelang es seinen Eltern einigermaßen das Gesicht zuzuwenden. Das dufte doch nicht wahr sein! Mutter und ihr Sinn für Heiraten! Was wohl Vater davon hielt? „Ihr habt sie gefragt, warum sie sich in Lebensgefahr begeben wollen?“ erkundigte sich der Schlossherr nur. „Ja. Sayo aus angeblicher alter Verbundenheit mit der Familie und Miyoko....nun, sie behauptete, sie würde alles tun, was immer Ihr wünscht, da sie in Euch verliebt sei.“ „Miyoko?“ „Eine sehr junge, hübsche Hundedämonin.“ Die Fürstin wartete einen Augenblick: „Ich schickte beide jedenfalls in ihre Zimmer und sagte Ihr würdet sie rufen lassen. Ich muss zugeben, ich halte Miyoko nicht für die Attentäterin. Sie ist sehr jung und offenkundig naiv. Ich halte Sayo für verdächtig.“ Der Hundefürst nickte ein wenig: „Davon bin ich schon einige Zeit überzeugt, meine Teure.“ Ach war das herrlich, wenn Mutter mal einen leichten Dämpfer erhielt, dachte Sesshoumaru fast zufrieden, der ihr diese Aktion mit der vermeintlichen Braut lange nicht verzeihen würde. Der halbe Haushalt wäre ja hinter ihm her, wenn sich herausstellte, dass er keine Tollwut hatte... Der Inu no Taishou fuhr allerdings ehrlich fort: „Neigi berichtete mir, dass Sayo vor einiger Zeit einen heftigen Disput mit Sesshoumaru hatte, der bei ihm endete.“ Der Hundeprinz dachte an die etwas ein- oder auch zweiseitige Diskussion, die der Heiler, Sakura und er zuvor geführt hatten: Neigi dachte noch einmal nach und schüttelte dann energisch seinen Kopf: „Ich habe gewiss schon Diener behandelt, nach Strafen Seiner Lordschaft, aber keine vornehme Dame.“ „Vergebt mein Lehrer, aber da gab es diese Hundedame, die ich dann behandeln sollte, der Rücken war verletzt....“ Nein, mehr sollte sie lieber nicht sagen, immerhin hatte diese....wie hieß sie nur....Seine Eisigkeit als arroganten Bengel bezeichnet und sie selbst für dessen Geliebte gehalten. Kaum davon auszugehen, dass der das witzig finden würde. Aber – wäre das ein Mordmotiv? Nein, kein Warum, nur was Wie, predigte Sesshoumaru doch immer...aber wie? „Sayo.“ Der alte Heiler blickte zum Erbprinzen: „Sayo?“ Möglich, dachte der ingrimmig, wenn auch nicht auszuschließen. Zu viele machten ihm Avancen und schon aus diesem Grund verachtete er sie. Vater musste das noch schlimmer ergehen, oder eines Tages ihm, wenn er sein Erbe antreten sollte. Grässliche Vorstellung. Da wäre – und darüber sollte er wirklich einmal in Ruhe nachdenken – Tokushima eine Entspannung. Sie wäre garantiert in der Lage ihm all diese aufdringlichen Hündinnen vom Leib zu halten. Nun ja, ihre eigenen Launen waren auch nicht zu verachten, von ihrer spitzen Zuge ganz zu schweigen, aber Vater bewies ja, dass man die Ehefrau auch ein gutes Stück von sich entfernt platzieren konnte und nur zwecks Nachkommenschaft ab und an besuchen musste. Zumindest in einiger, ferner, Zukunft, wäre das eine Möglichkeit. Wichtig war erst aber einmal gesund zu werden und diese impertinente Person zu fassen, die ihm das angetan hatte, ja, ihn umbringen wollte. Sayo? Hm. Sie hatte ihn beleidigt, zumal, nachdem er ihre mehr als deutlichen Hinweise auf ihre Schönheit und sonstigen Talente abgewiesen hatte. Genauer, sie hatte behauptet, er sei ein arroganter Bengel. Daraufhin hatte er ihr seine Krallen über den Rücken gezogen und sie war prompt zu Neigi gelaufen – und er hatte Befehl bekommen bei Vater zu erscheinen. Immerhin hatte ihm dieser, nach Schilderung des Vorfalles, bestätigt, dass er angemessen reagiert habe. Diese Sayo hatte überlebt. Aber außer ihr fiel ihm wirklich niemand ein, das ihn je als arrogant betitelt hatte, schon gar, wenn er zugehört hatte. Und das war er ja wohl wirklich auch nicht. Selbstbewusst, ja, und den Anderen überlegen, aber doch nicht kalt und arrogant. Da könnte man Sakura fragen, die das doch am Besten wissen musste. Aber zunächst war doch etwas anders wichtig. Guck mich an, Mensch, dachte er intensiv. Offenbar intensiv genug, denn Sakura zuckte förmlich zusammen und blickte ihm in die Augen: „Euer Lordschaft? - Sayo? Stimmt dieser Name?“ Wenn sie hier war. Aber, wie sollte er das sagen? Noch immer hielt ihn die vollständige Lähmung im Griff. Er blinzelte jedoch einmal. Neigi hatte es gesehen und wartete Sakuras Nicken gar nicht ab: „Ich werde den Herrn davon diskret in Kenntnis setzen, Lord Sesshoumaru. Sakura, du bleibst für den Fall der Fälle hier. Wenn Sayo oder sonst wer hier hereinkommt, zögere nicht und schreie nach der Wache, zumindest, bis Seine Lordschaft wieder erholt ist. Ich müsste mich irren, wenn der Fürst nicht die Zahl der Krieger vor dem Trakt erhöht hat. Und die Herrin ist ja wohl auch auf der Suche.“ „Nun,“ meinte die besagte Dame inzwischen, da sie den schweigenden Rückblick ihres Sohnes kaum vermutete: „Dann haben wir ein Motiv... Ich würde vorschlagen sie verhaften zu lassen.“ Der Inu no Taishou erwiderte langsam: „Mir reichen die Beweise nicht für eine Verurteilung Sayos. Hinweise sind nun einmal kein Beweis.“ Das konnte Sesshoumaru verstehen, Vater hielt es ja immer so, aber ein Beweis? Er konnte keine Aussage gegen sie machen, selbst wenn er reden hätte können, da er keine Person identifizieren konnte. Die Streuner waren tot und ihre Aussagen hatten auch keinen Namen gebracht... Moment. Natürlich. Warum dachte denn keiner daran? Musste er selbst in diesem erbärmlichen Zustand denn alles allein machen? Kein handfester Beweis, aber doch eine Möglichkeit den Täter zu überführen. Er bemühte sich den Kopf weiter zu drehen. Hoffentlich bemerkte Sakura wohin er sah und würde ihn weiter dazu befragen. Kapitel 10: Planung ------------------- Der Inu no Taishou dachte kurz nach, ehe er sagte: „Fangen wir einmal an, welche Fähigkeiten eine Attentäterin – oder auch ein Attentäter – besitzen musste, um einen derartigen Angriff, ja, eine Falle für Sesshoumaru zu errichten. Erstens: sie – ich gehe einmal davon aus, dass Ihr, meine Teure und auch Sakura, durchaus recht habt mit der höheren Wahrscheinlichkeit einer weiblichen Angreiferin – muss in der Lage sein ein Streunerrudel zu erreichen, die ja ebenfalls von ihrem Auftraggeber als Frau sprachen. Es könnte sich durchaus nicht nur um eine Botin gehandelt haben. Streuner jedoch treiben sich in aller Regel nicht in den westlichen Ländern herum. Zweitens: sie muss genug Geld mitgebracht haben und einen guten Plan, um die Streuner überzeugen zu können. Drittens: sie muss sich im Schloss auskennen und zumindest teilweise hier leben. Viertens: sie hält Sesshoumaru für arrogant und hatte wohl ein persönliches Zusammentreffen mit ihm. Fünftens: sie weiß, dass Sesshoumaru durchaus nicht an Tollwut leidet sondern durch eine Haarnadel verletzt wurde, was ja in ihrem Plan enthalten war um selbst nie in Verdacht zu geraten. Soweit gibst du mir recht, mein Sohn?“ Das führte dazu, dass alle zu diesem sahen und Sakura erkannte, dass er nicht zu seinem Vater blickte – ungewöhnlich bei seinem Respekt vor diesem. So meinte sie, ohne zu bedenken, dass sie gerade einen Dämonenfürsten unterbrach: „Ich bitte um Verzeihung, aber ich denke, Seine Lordschaft möchte etwas mitteilen....“ Sie hatte es immerhin mitbekommen, dachte dieser, fixierte aber weiterhin die erkannte Möglichkeit diesen Fall doch ordnungsgemäß zu lösen. „Und was?“ erkundigte sich der Inu no Taishou, korrigierte sich aber sofort: „Frage ihn.“ „Ja, Herr. - Euer Lordschaft sieht immer in eine Richtung. Ist dort etwas, was bei der Suche nach Beweisen weiterhelfen kann? - Ja.“ Sie wusste nicht, dass der Erbprinz in diesem Moment ebenso froh war wie sie, dass sie das Richtige erraten hatte. Sie folgte seinem Blick: „Der Heilerkoffer? - Nein.- Äh...das Skalpell? Nein....“ Sie erkannte an seinen Augen dass er ungeduldig wurde: „Ich bitte um Vergebung, Lord Sesshoumaru, ich muss in menschlich angeborener Unwissenheit raten...“ Lobenswerte Selbsterkenntnis, dachte die Fürstin. Da weiß wirklich jemand, wie man bei ihm überleben kann, meinten der Herr der Hunde und sein Heiler gleichzeitig. Sakura fuhr fort: „Die Pinze...nein, die Nadel. Ich meine, das abgebrochene Ende der Haarnadel? - Ja.“ Sie wagte einen Seitenblick zum Schlossherrn. Dieser stutzte, sagte dann, da sein Sohn nun zu ihm sah: „Ich stelle mit Freude fest, dass dein Verstand klar wie eh und je ist, Sesshoumaru. Ja, eine Möglichkeit einen wirklichen Beweis zu finden, du hast vollkommen Recht.“ Der Angesprochene war fast begeistert – zum einen, dass er doch verstanden worden war, zum zweiten über das Lob und zum dritten, dass Vater sofort begriff, was er meinte. Der Hundefürst fuhr fort: „Wie ich bereits erwähnte, gibt es fünf Bedingungen, die ein Täter erfüllen sollte. Sayo stammt aus einer sehr vornehmen und reichen Familie, deren Besitzungen am Rand der westlichen Länder liegen. Sie lebt immer wieder hier um sich einen Ehepartner zu suchen. Und sie hatte ein schlecht verlaufendes persönliches Zusammentreffen. Überdies will sie sich opfern. Das spricht alles gegen sie, ohne Zweifel, aber wenn ich daran denke, welche Indizien schon alle auf Leute hingewiesen haben, deren Unschuld Sesshoumaru später bewies und den wahren Mörder überführte....Nun, diese Indizien gegen Sayo lassen sich alle wegerklären, zumal ihre Familie wirklich seit sehr langer Zeit sehr eng mit unserer verbunden ist. Ein Beweis oder ein Geständnis machen sich besser, das sage ich als Richter.“ Sakura bemerkte, dass Seine Lordschaft blinzelte, aber sonst den Blick nicht von seinem Vater ließ: „Ja,“ dolmetschte sie automatisch – und wurde prompt ignoriert. Die Fürstin schloss kurz die Augen: „Ein Geständnis ist leicht zu erlangen.“ Der Inu no Taishou sah zu ihr: „Folter nimmt einem Geständnis erheblich den Wert. Sie ist nur nützlich, wenn man eine direkte Auskunft will. Ich dachte eher an eine Falle.“ „Vergebt, mein Gebieter.“ Nur nicht zu weit gehen. Der Schlossherr blickte wieder zu seinem Sohn: „Geht sie in die Falle haben wir eher einen Beweis. Tut sie dies nicht, müssen wir warten bis du in der Lage bist eine weitere Aussage zu machen. Wobei ich hoffe, dass es sich nur um einen oder zwei Tage handelt.“ Die Heilerschülerin bemerkte den rascheren Lidschlag des Patienten: „Äh, vergebt, edler Herr. Lord Sesshoumaru möchte sich erneut äußern. Darf ich genauer nachfragen?“ „Dazu bist du da,“ erklärte der Hundefürst kalt. Nur nicht sie umbringen, sie tat, was sie konnte. Aber ein Blutbad erschien ihm langsam deutlich besser als diese hilflose Herumwarterei. Immerhin konnte er jetzt schon mal planen. „Geht es um die Falle, Euer Lordschaft? - Nein. Um Eure mögliche weitere Aussage? - Ja.- Um die Zeitdauer? - Nein. Vergebt, ich muss es erraten....Ihr könnt nach wie vor keine Aussage über Euren Angreifer treffen? - Ja.“ „Nun, dass muss die Falle genügen,“ erklärte der Inu no Taishou besänftigt, durchaus angetan, dass die seltsame Zusammenarbeit dieser Beiden auch unter solchen extremen Bedingungen funktionierte. Sakura kannte seinen Sohn vermutlich besser als jeder andere Mensch der Vergangenheit und Zukunft, nun, vielleicht als ihre eigene Wiedergeburt. Er wandte sich jedoch an seine Gemahlin: „Ich bleibe bei Eurer Idee, meine Teure, schon, um Euch zu decken.“ Das war ein deutlicher Tadel, dass sie ihm vorgegriffen hatte, und die Fürstin verneigte sich etwas, nicht, ohne einen raschen Blick auf den Menschen im Raum zu werfen. Eine Rüge vor diesem Mädchen war noch einmal unangenehmer als allein mit ihrem Gemahl. Immerhin besaß die Heilerin genug Anstand fast im Boden zu versinken, ohne freilich Sesshoumaru aus den Augen zu lassen. Wenigstens war sie pflichtbewusst und schweigsam, mehr, als man sonst von dieser unterklassigen Art behaupten konnte. Ach, was war das schön, dass sein verehrter Vater ein klein wenig seine Revanche übernahm, dachte der Sohn des Hauses. Zum zweiten Mal in wenigen Minuten hatte Mutter eine Niederlage einstecken müssen, und das auch noch von der einzigen Person, die sich das wirklich leisten konnte. Aber er sollte lieber Vater und dessen Idee zuhören, die der gerade ausführte. Zwei Minuten später war Sakura jedenfalls nun klar woher Seine Eisigkeit seine logischen und strategischen Fähigkeiten hatte – und auch von wem seine Kühle. Ihr Lehrer verneigte sich derweil nur: „Wohin sollen Sakura und ich anschließend gehen?“ „Gleich. Nur bleibt zusammen, falls sich eine Notwendigkeit ergeben sollte.“ Nach dem erhaltenen Tadel war die Fürstengemahlin behutsam: „Ich werde natürlich hier bei unserem Sohn bleiben, mein Gebieter. Nur eine Frage hätte ich noch: nur Sayo? Was ist mit Miyoko?“ „Nutzlos.“ Damit ging der Schlossherr. Die Hundedame hätte nie ihre Erleichterung zugegeben: „Nun, Neigi?“ „Wir gehen unverzüglich, Herrin. Allerdings denke ich, dass Lord Sesshoumaru mit fortschreitender Ruhephase doch auch eine Decke benötigt. - Sakura, hole die aus dem Zimmer gleich gegenüber.“ Erst als das Menschenmädchen die angegebene Tür öffnete, stellte sie fest, dass ihr Lehrer offenbar nicht mitgedacht hatte – es handelte sich um das Schlafzimmer des Inu no Taishou. Es sah gemütlicher aus als das seines Sohnes, sogar eine Decke lag auf der Matte, die sie eilig nahm. Undenkbar, wenn sie hier gesehen wurde! Andererseits, was war an ihrem Ruf im Schloss noch wirklich zu ruinieren? Beim Hinausgehen entdeckte sie ein Go-Spiel. Darum also wusste Meister Neigi, wie es hier aussah. Er ging, falls der Herr und er Zeit fanden, abends gern auf ein Go-Spiel mit dem Fürsten. Nur Minuten später kniete Sayo vor dem Hundefürsten und berührte protokollgerecht mit der Stirn den Boden. „Richte dich etwas auf,“ befahl er: „Du hast dich bereit erklärt, dich...um meinen Sohn zu kümmern.“ „Ja, Herr.“ „Du weißt, dass das riskant für dich wird.“ „Ja, Herr.“ „Deine Familie dient der meinen seit langen Jahrhunderten und ich kann mir nicht vorstellen, dass nur das der Grund ist. Gibt es einen besonderen in deinen Augen?“ Wenn sie log würde er es erkennen. Sie zögerte ein wenig, ehe sie leise sagte. „Es...mir wurde erzählt, dass meine Großmutter, ehe sie meinen Großvater heiratete, auf Befehl des damaligen Fürsten, dessen....spezielles Interesse besaß. Und ich möchte...mich ihrer als würdig erweisen, selbst.... Sie selbst erzählte immer gern von diesem Schloss, ja, deutete mir gegenüber sogar an...“ Sie brach lieber ab. Sie deutete ihrer Enkelin gegenüber sogar an, dass ihr Sohn womöglich der Bastard des Fürsten sei – das wäre ein guter Grund, den bei der nächsten Gelegenheit umzubringen. Fürsten und Halbbrüder ging in aller Regel nicht gut. Für solch einen, wenn auch unwahrscheinlichen, jedoch zu verhindernden, Fall hatte er selbst ja sogar schon mit dem alten Toutousai Kontakt aufgenommen....Aber, das gehört nicht hierher. Etwas anderes war wichtiger. Wenn Sayos Großmutter die Geliebte des Fürsten gewesen war, kannte sie mit Sicherheit den Geheimgang, durch den Boten und eben auch solche Damen ungesehen den Privattrakt verlassen konnten. Er war nur von innen zu öffnen. Hatte diese geschwätzige Dämonin etwa auch ihrer Enkelin davon erzählt? Den kannte nicht einmal seine Gemahlin. Aber es war unvorsichtig von Sayo das ihm gegenüber zuzugeben, auch das mit ihrem Vater. War sie gedankenlos oder töricht? Und damit unschuldig? Oder verstellte sie sich nur perfekt? Kapitel 11: Familie ------------------- Der Inu no Taishou betrachtete Sayos Rücken. Ja, es gab Indizien, die sie schuldig erscheinen ließen, aber er sollte auch bedenken, was wäre, wenn sie unschuldig war. Allein die Fälle, an denen sein Sohn in den letzten beiden Jahren gearbeitet hatte, waren da eine Lektion gewesen. So sollte er behutsam vorgehen, auch, wenn die Tatsache, dass ihre Großmutter zu den absoluten Interna des Hauses Zugang gehabt hatte und offenbar geplaudert hatte, erneut ein Beweis gegen Sayo war. „Angenommen, dass – und nur in diesem Fall – du von meinem Sohn schwanger werden würdest, ehe er ...ehe er zu nichts anderem mehr in der Lage ist, würdest du als meine Schwiegertochter offiziell anerkannt werden.“ Ihr tiefer Atemzug entging ihm nicht, aber natürlich, da hatte seine Gemahlin durchaus Recht, welche Frau würde schon dem höchstmöglichen Amt abgeneigt sein. Nein, nicht lügen – aber dennoch die Falle bestücken: „Aus diese Grund werde ich dir etwas erzählen, dass bislang nur in der engsten Familie bekannt ist. Du hast gewiss gehört, dass Seine Lordschaft an Tollwut erkrankt ist.“ Sie nickte nur. „So wird es dich gewiss freuen – und dir deine Opferbereitschaft in ein anderes Licht setzen – wenn ich dir sage, dass dies nicht stimmt.“ Er bemerkte, dass sie ihn anstarrte, ehe sie eilig wieder die Etikette wahrte, und fuhr ruhig fort: „In der Tat hat es ein überaus selbstmörderisch veranlagter Jemand gewagt ein Attentat auf meinen Sohn zu verüben, dessen Nachwirkungen ihn noch immer zwingen sein Zimmer zu hüten. Man hofft natürlich immer, dass er überlebt, aber....“ Sie atmete tief durch, die Hände auf dem Boden, ohne jedoch mehr aufzusehen. „So gesehen dürfte es dir eindeutig leichter fallen deinem Angebot nachzukommen.“ „Ja, danke, Herr....“ Sayo hörte selbst, dass ihre Stimme zitterte: „Aber...warum dann der Vorwand....?“ „Der Täter befindet sich hier noch im Schloss und er soll keine Ahnung haben, dass man ihm auf der Spur ist. Aber er hat einen sehr törichten Fehler begangen. Es gelang Neigi und seiner Schülerin einen Beweis an Lord Sesshoumaru zu finden. Freilich vermochte es mein Heiler nicht diesen zuzuordnen, obwohl er schon ein sehr alter und erfahrener Dämon ist, aber sein eigener Lehrer ist natürlich deutlich älter und erfahrener. Es scheint Prüfungen zu geben, anhand derer man feststellen kann, wer was in der Hand gehabt oder gar am Körper getragen hat. - Keine Sorge, Sayo. Dein Angebot wird nicht vergessen. Und, wie ich erwähnte, wenn du schwanger bist, ehe Sesshoumaru stirbt, wirst du offiziell anerkannt.“ „Dann...dann wisst Ihr bestimmt schon in wenigen Tagen, wer so...töricht war Seine Lordschaft zu attackieren?“ „Ich hoffe bereits morgen.“ Sayo bemühte sich die Bodenbretter zu fixieren, nachdem sie zuvor schon solch einen Fauxpas begangen hatte. „Ja, dann wohl ein...sehr törichter Fehler...Neigi ist ein sehr fähiger Heiler...“ „In der Tat. Aber selbst seine Künste werden den Schuldigen nicht retten können.“ In der Stimme des Fürsten lag jähe Kälte: „Ich bin überzeugt, dass noch niemand so grausam starb wie dieser Attentäter.“ Sanfter fügte er hinzu: „Ich werde Lord Sesshoumaru von deinem Angebot in Kenntnis setzen. Danach...nun, es wird wohl Morgen werden, ehe du gerufen wirst. Mach dich also hübsch...hübscher als jetzt.“ „Ja, Herr.“ Zum ersten Mal war sie froh nicht mehr sagen zu müssen. Diese Lage war...neu, machte sie fast panisch, aber sie hoffte, dass der Herr der Hunde das nicht so mitbekam. „Danke....“ „Dann darfst du gehen, aber halte dich ab der Morgendämmerung zur Verfügung.“ „Ja, Herr.“ Der Hundefürst sah ihr ein wenig nachdenklich nach, ehe er sich erhob und nur kurz die Anweisung gab alle weiteren Audienzen abzusetzen. Danach begab er sich in den Privattrakt, zufrieden, dass nun gleich vier Krieger dort standen. Zwei als Wachen, zwei als Boten. So sah er zu den beiden Letzteren: „Der Plan läuft. Informiert den Hauptmann und ebenso unsere...Gäste.“ Die zwei Hundekrieger waren verschwunden noch ehe der Herr durch die hastig vor ihm beiseite gerissene Tür trat. Was auch immer im Schloss ablief – irgendetwas war mit dem Sohn des Hauses geschehen und der Inu no Taishou war mehr als erbost. Niemand wollte sich einen Fehler leisten, zumal noch immer einer ihrer Kameraden im Kerker saß. Andererseits war Tadashi sehr zufrieden mit der Möglichkeit einer Beförderung und hatte den Herrn über alles gelobt. Wenn es ging wollte jeder befördert werden und nicht in Ketten enden. Die Hundedame verneigte sich als der Fürst eintrat, aber er hatte nur Augen für seinen Jungen, da es diesem zum ersten Mal gelang den Kopf etwas zur Tür zu wenden. Und Sesshoumaru ein wenig die Hand hob. Es wurde besser. Neigi hatte es geschafft, da war er nun sicher. Erleichtert ließ er sich nieder und berichtete seiner Familie: „Ich habe die Falle gestellt. Sollte Sayo nur baden und in ihrem Zimmer bleiben, gut, umso besser für sie. Geht sie allerdings in Neigis Räume und beginnt diese zu durchsuchen wird es schlecht für sie enden.“ „Vergebt meine Neugier, mein Gebieter,“ meinte die Fürstin vorsichtig: „Aber Sayo ist eine Hundedämonin. Sollte sie Eure Krieger nicht wittern?“ „Sie würde eine Falle bemerken, ja, falls ich so töricht wäre Hundekrieger dort sich verstecken zu lassen.“ Irrte er sich oder huschte etwas wie ein Lächeln um Sesshoumarus Mund? Wusste der, welche Vollstrecker er im Sinn hatte? Auf jeden Fall ging es seinem Sohn besser. Mit seinen Selbstheilungsfähigkeiten mochte der schon in wenigen Tagen wieder ganz der Alte sein. Das würde er selbst Neigi nie zurückzahlen können.... „Ich wollte Euch selbstverständlich nicht kritisieren. Ihr seid der Fürst und ein erfahrener Heerführer.“ Zum dritten Mal an einem Tag zurechtgewiesen zu werden war ihr auch schon lange nicht mehr widerfahren. Aber vermutlich zeigte das nur wie beunruhigt nicht nur sie war. Sie sollte zusehen, dass sie die Gunst des Herrn aller Hunde deutlich wieder erlangte, sobald ihr Einziger auf dem Weg der Besserung war. Diese Miyoko... „Ich bin Euch natürlich keine Rechenschaft schuldig, aber Euer Hinweis war durchdacht. - Ich ließ zwei Baumgeister kommen, Hirten der Bäume, wie sie Bokuseno nennt. Holz fällt in einer hölzernen Hütte nicht auf. Und sie beherrschen eine sehr gute Tarnung.“ Und eine recht eigene Form der Magie. Dagegen konnte kaum ein gewöhnlicher Dämon etwas ausrichten. Immerhin hatte er ihren Hinweis als nützlich eingestuft, dachte die Fürstin, als sie bemerkte, dass sich ihr Sohn bewegte und eilig zu diesem blickte. Ach, was war das schön, wenn Mutter mal....Moment. Baumgeister? Sesshoumaru entsann sich des alten Bokusenos und dessen endloser Vorträge über magische Lebewesen, ja. Und wahrlich, für eine Magnolie war der viel zu redselig. Aber der konnte sich doch nicht bewegen? Dann jedoch erinnerte er sich: Hirten der Bäume waren Baumgeister, deren es nur wenige mehr gab. Sie wirkten ein wenig wie Bäume, waren aber in der Lage zu gehen. Sehr seltene Wesen und er war neugierig....interessiert, wie es der Herr der westlichen Länder vermochte zwei davon so rasch zu sich zu holen, noch dazu, damit sie eine Falle stellten. Er stellte plötzlich fest, dass es ihm gelungen war seinen Kopf vollständig beiseite zu drehen, den Fürsten direkt anzusehen, dessen Blick zu begegnen. Das war natürlich unhöflich, aber...aber: „Vater....“ Er konnte es aussprechen, dachte er mit unendlicher Erleichterung, die seine beiden Eltern einmütig teilten – auch, wenn es die Fürstin passender gefunden hätte als erstes erwähnt zu werden. „Mein Junge?“ Der Inu no Taishou ließ sich nieder und ergriff die Hand seines Sprösslings. Nichts zeigte seine Erleichterung nach außen so sehr wie diese Handlung. „Wie...die Hirten..?“ Es ging mühsam, aber er konnte reden. Er war wirklich selig in diesem Moment. „Wie ich sie herbekam? Nun, du erinnerst dich an die beiden Bäume rechts und links, gute fünfhundert Schritte zwischen dem Schloss und dem Wald. Sie bilden eine erste Verteidigungslinie, falls jemand so unbedarft sein sollte uns anzugreifen. Sie stehen seit Jahrhunderten dort. - Möchtest du das Urteil über Sayo sprechen, sollte es notwendig sein?“ Sesshoumaru schüttelte etwas den Kopf. Nein. Ihm fiel schlicht und ergreifend nichts ein wie er sich diese unsäglichen letzten Stunden bezahlen lassen sollte. Er würde sie vermutlich mit eigener Hand töten, zu schnell.....Überdies müsste er sich für ein Urteil in der Öffentlichkeit sehen lassen – und das erschien ihm noch zu weit in der Zukunft. Obendrein war Vater stets sehr einfallsreich bei Strafen, wie er aus leidvoller Erfahrung ja selbst wusste. „Gut.“ Der Herr der Hunde erhob sich: „Ich werde abwarten was sich tut.“ Als Mutter und Sohn unter sich waren, musterte die Dame den Kranken: „Diese törichte Sayo scheint in der Tat angenommen zu haben bei dir Chancen zu haben und war zornig über ihre Zurückweisung. Falls unser Herr und Fürst Recht hat. Aber das vermute ich doch sehr. Solch ein Unsinn könnte nicht passieren, wenn du bereits mindestens eine oder zwei Ehefrauen besitzt. Du solltest dir wirklich langsam welche zulegen. Am Besten natürlich eine Fürstentochter oder eine andere Hundedame von Stand, dann würden solche Träume rasch ein Ende finden.“ Jetzt sollte sie nur noch wörtlich sagen, er sei selbst schuld an dem Zwischenfall, da er noch unverheiratet war.... Vielleicht sollte er wirklich das erste Mädchen heiraten, das er sah, schon um sie zu ärgern, denn das würde garantiert Sakura sein. Und trotz allem Bedürfnis nach einem Enkel, oder eher, dem Fortbestehen der Blutlinie, würde sie nie eine menschliche Schwiegertochter auch nur in Betracht ziehen, von einem Halbblut als Enkel ganz zu schweigen. Hoffentlich kam Vater bald zurück... Kapitel 12: Sayo ---------------- Sayo betrat die Heilerhütte mit klopfendem Herzen. Es war bereits dämmerig geworden und schon in wenigen Stunden konnte sie, sollte sie, die große Chance ihres Lebens erhalten. Vor der Hütte hatte niemand mehr gewartet und sie sah sich vorsichtig im Vorraum um: „Neigi-sama?“ fragte sie: „Seid Ihr da?“ Sie wusste durch ihre Behandlung, dass es weiter hinten einen weiteren Raum gab, der nun mit einem Vorhang verhängt war, sozusagen die Kräuterküche. Sie ging hin, sah sich aber unwillkürlich erneut um, da sie sich beobachtet fühlte. Aber niemand war zu entdecken, und schließlich waren die hölzernen Wände auch klar sichtbar, ihre Nase verriet ihr nichts, sie spürte keinen anderen Dämon. Sie war wohl einfach zu nervös. Sie griff zum Vorhang: „Äh, Neigi-sama? Ich bräuchte Euren Rat...ich soll morgen zu Lord....“ Der hintere Raum war leer. Auch dieses Menschenmädchen war nicht hier. Nun gut, die Beiden hatten wohl den ganzen Tag versucht dem Erbprinzen zu helfen und nahmen jetzt wohl eine Pause, zumal ihnen klar sein müsste, dass sie...ja, dass sie ihn nicht heilen konnten. Aber sie waren offenbar auch so ihrem Herrn nützlich gewesen und hatten ein Indiz gefunden, anhand dessen dieser Lehrer von Neigi – wie alt musste ein solcher Dämon dann erst sein? - den Täter herausfinden konnte. Sie betrachtete die Kräuterküche, die Mörser und Schüsseln. Wo würde Neigi das aufbewahren? Es war sicher empfindlich, der Geruch und so weiter konnte zerstört werden, also würde er es kaum offen herumliegen lassen. Wenn er bei Seiner Eisigkeit gewesen war, hatte er doch bestimmt seinen unvermeidlichen Koffer dabei gehabt und dort das Indiz eingesteckt, wohl verwahrt. Wo war nur dieser Koffer? Sie sah sich erneut um: „Neigi-sama? Ich bräuchte einen Duft von Euch....“ Niemand antwortete, niemand war anwesend, obwohl sie mit allen Sinne spürte. Dann konnte, ja, musste sie es wagen. Der Inu no Taishou machte keine leeren Drohungen, und wenn er dem Mörder seines Sohnes einen grausamen Tod versprach, so würde das ebenso geschehen, wie sie die Fürstinmutter werden, wenn es ihr gelang schwanger zu werden. Natürlich war das sicher schwer und sie vermutete, dass der Körper des Erbprinzen kaum in der Lage wäre...Nun ja. An eine solche Möglichkeit hatte sie nie zuvor gedacht, die ihr der Fürst hier bot. Großmutter war jedoch eine wichtige Person am Hofe damals gewesen, sogar nur als Geliebte des Fürsten, da wäre Fürstinmutter schon noch einmal besser, viel besser als das, was sie sich erträumt hatte. Da stand der Heilerkoffer. Zögernd ging sie hin, blickte sich noch einmal um. Irgendetwas störte sie, aber das war sicher nur ihr eigenes Schuldbewusstsein. Immerhin befand sie sich ohne Erlaubnis des Heilers in dessen Räumen, ja, durchsuchte diese. Sie öffnete den mit Leder bezogenen hölzernen Kasten. Meine Güte, war dieser Neigi ordentlich – oder machte das alles immer seine Schülerin? Aber da, in einem blauen Seidentuch war etwas Winziges eingewickelt. Behutsam nahm sie das Päckchen und öffnete es. Und erstarrte. Eine Nadelspitze. Wie waren sie denn da ran gekommen? Nach allem, was der Herr der Hunde gesagt hatte, war es möglich daraus zu schließen, wen diese Metallspitze berührt hatte, ja, wer sie getragen hatte. Und das wäre fatal. Es handelte sich um die Spitze ihrer eigenen Haarnadel, die sie zu allem Überfluss als Spezialanfertigung zur Feier ihres Erwachsenenwerdens erhalten hatte. Eigentlich war ihr Plan narrensicher gewesen, nachdem sie durch ein Gespräch mit dem eigenen Heiler zuhause erfahren hatte, dass eine Verletzung des Genicks, oder eher etwas darüber immer tödlich wäre. Sie hatte sich die Auskunft erbeten, vorgeblich um mit einem Angreifer fertig zu werden Nun ja, das war nicht ganz geschwindelt gewesen, denn so angegriffen und beleidigt wie dieser Mistkerl von Sesshoumaru hatte sie noch nie jemand. Natürlich war der arrogante Hundeprinz sofort auf die Streuner hereingefallen, wo jeder andere vernünftige Dämon die Übermacht gemieden hätte. Es war nur eine Kleinigkeit gewesen sich hinter ihm zu platzieren, einen Lähmungszauber zu sprechen, der selbstverständlich nur kurz wirkte, denn leider war dieser Misthund wirklich stark. Aber sie war vorbereitet und stach zu. Dummerweise war der Zauber einen Hauch zu kurz gewesen und er hatte den Kopf noch wenden können. Dabei war ihre Haarnadel abgebrochen. Dennoch hatte sie sich sicher gefühlt. Da war die falsche Fährte mit der Tollwut, auch die Streuner selbst, die zur Ablenkung dienten – und natürlich war sie sicher gewesen, dass niemand diese abgebrochene Spitze im Kopf des Erbprinzen suchen geschweige denn finden konnte. Und schon gar nicht, dass man sie zuordnen konnte. Sie hatte nur die Chance diese Spitze verschwinden zu lassen. Sollten doch Neigi oder dieser Mensch den Zorn des Fürsten abbekommen, weil sie nicht aufgepasst hatten. Besser als sie selbst. Sie sah sich noch einmal kurz um, ehe sie die ihr so wertvolle Spitze in eine innere Tasche ihres Kimonoärmels steckte, das blaue Tuch möglichst wieder so faltete, wie es gewesen war und zurücklegte. Dann schloss sie den Heilerkoffer und erhob sich, selten wie nie zufrieden mit sich. Sie hatte eben alles bedacht und sorgfältig geplant. Wenigstens im Jenseits würde dieser arrogante Hundejunge zugeben müssen, dass sie fähig genug gewesen wäre die nächste Fürstin zu sein. Sie war die Intelligenteste aller Hundedämoninnen. Sayo schrie auf, als sie sich plötzlich gepackt fühlte. Etwas umwand sie, schlang sich um sie. Nach dem ersten Schrecken erkannte sie, dass sie von Zweigen, Ästen umfangen war, die...ja, zu Bäumen gehörten – und auf ihren unwillkürlichen Aufschrei hin Krieger hereinstürzten. „Ah, die Hirten der Bäume haben Beute gemacht. - Informiert den Herrn!“ sagte der Anführer nur. Die Dämonin wand sich, wenn auch vergeblich: „Helft mir!“ bat sie: „Was ist das?“ „Die Herren der Bäume,“ erklärte der Offizier: „Und ich bin sicher, der Inu no Taishou ist erfreut, dass du diesen Fehler begangen hast.“ „Ich...ich wollte doch nur Neigi sprechen!“ Sayo war panisch. Bäume, die sie festhielten, so fest, dass ihre Befreiungsversuche vollkommen nutzlos waren. Was konnte, sollte sie nur tun? Nur Minuten später erschien der Herr der Hunde und betrachtete die Lage. „Wo ist der Beweis?“ fragte er nur. Zu Sayos Entsetzen fühlte sie, wie ein Zweig eines der beiden seltsamen Wesen direkt in ihren Kimonoärmel griff, die Spitze herausholte. Sie hatten sich verborgen gehabt und sie beobachtet – eine Falle. Und sie war hereingefallen. „Nein...“ brachte sie hervor. Der Hundefürst klang eisig: „Spare dir jedes weitere Wort, Sayo. Ich sagte dir, was geschehen wird. - Sie gehört euch, ihr Wächter des Schlosses. Danke für eure Hilfe.“ „Herr....“ keuchte sie: „Was....?“ „Sie werden dich fressen. Da sie Bäume sind wird es ein wenig dauern. Lord Sesshoumaru wird übrigens in wenigen Tagen wieder vollkommen genesen sein. - Schafft sie weg.“ Die Dämonin begann zu schreien, als sich die seltsamen Bäume mit ihr in Bewegung setzen, ohne offenbaren Widerstand mit ihr direkt durch die Hüttenwand gingen, hinaus über den Hof, durch das Schlosstor... Die Fürstin verneigte sich höflich vor ihrem Gemahl in dessen Arbeitszimmer, ehe sie Platz nahm. Er hatte sie rufen lassen und sie vermutete, dass er sie zurück in ihr Schloss schicken wollte, da es Sesshoumaru besser ging – oder ihr noch Ärgeres mitteilen wollte. „Da es unserem Sohn besser geht, vermute ich, dass Euch nichts mehr hier hält, meine Teure.“ „Wenn Ihr es wünscht, bleibe ich, wenn Ihr es wünscht, reise ich.“ Das war sicher nicht falsch. Aber sie musste behutsam sein. Sie hatte schon lange befürchtet, dass sie irgendwann eine Rivalin bekommen könnte – und dass das nicht nur für sie sondern womöglich auch ihren Sohn fatal ausgehen konnte, falls die Andere ebenfalls ein männliches Kind bekam. Noch war es zwar nicht soweit, aber es war klüger dem Herrn der Hunde Loyalität zu demonstrieren. Es bedurfte nur seiner Unterschrift... „Erfreulich, dass Ihr seit Neuestem so fügsam seid.“ Sie sah doch etwas auf: „Ihr könnt mir nicht vorwerfen, dass ich je ungehorsam Euch gegenüber war!“ „Das ist nur zu wahr. - Ich wollte Euch vor Eurer Abreise noch etwas mitteilen, zum Thema Miyoko. Ich werde sie zu mir kommen lassen...“ Er sah nur zu gut, wie sie erstarrte. Ja, das war ihre größte Sorge, dachte er, und er sollte den Scherz nicht zu weit treiben. Denn in Einem hatte sie Recht. Trotz aller Unterschiede zwischen ihnen - sie war eine pflichtbewusste und loyale Gattin: „Und sehen, ob sie eine gute Ehefrau für einen meiner Untergebenen wäre. Ihr erwähntet, dass sie hübsch sei.“ Die Hundedame hoffte nur, dass sie nicht so aufatmete, dass er es bemerkte, aber das war vermutlich reines Wunschdenken: „Oh, ich bin sicher, mein Gebieter, zumal, wenn sie ein wenig...erwachsener wird. - Wann wünscht Ihr meine Abreise?“ Er betrachtete sie ein wenig nachdenklich. Er wusste, was sie beruhigen würde und ihn wahrlich nicht stören: „Nun, ich lasse Euch die Wahl. Sofort, oder Ihr leistet mir noch ein wenig Gesellschaft, später, im Bad.“ Sie hatte die wirkliche Wahl, so gut kannte sie ihn, aber es wäre aus mehreren Gründen, nicht zuletzt sehr egoistischen, töricht gewesen sofort abzureisen: „Soll das heißen Euch erfreut meine Anwesenheit heute Abend?“ „Nicht nur Eure Anwesenheit.“ Sesshoumaru erhob sich mühsam. Sein Körper war noch immer ungewohnt steif, aber während er sich langsam allein anzog, bemerkte er beruhigt, dass es besser wurde. Ja, heute konnte er sein Zimmer verlassen und es würde niemandem auffallen, dass er noch ein wenig behindert in seinen Bewegungen, in seiner Macht, war. Vater hatte ihm Sayos Urteil mitgeteilt, aber er vermutete, dass sie bereits tot war. Vater war hart, aber nicht übermäßig grausam. Mutter hatte sich verabschiedet, so dass er wenigstens keine Gefahr lief ihr zu begegnen – und mit den Blicken der Angestellten und womöglich der Frauen und Mädchen musste er eben fertig werden. Aber es wurde Zeit, dass er einiges klarstellte. Nicht zuletzt, dass er kein Sahnetörtchen, keine Zuckerstange war, um die sich Hundemädchen balgen durften. Und mit Sakura hatte er auch noch ein Wörtchen zu reden. Epilog: -------- Seine Lordschaft bemerkte durchaus die überraschten Blicke – der Hundekrieger am Privattrakt ebenso wie aller, die ihm begegneten. Natürlich verweigerte ihm niemand den gebotenen Respekt, aber als er in die Halle kam und sich offenbar genau den Dienstwechsel der Hofdamen ausgesucht hatte, fand er sich Auge in Auge mit fast vierzig Dämoninnen, die ihn anstarrten, dann sich eilig verneigten. Etwas zynisch erklärte er: „Die Gerüchte über meinen Tod waren etwas übertrieben um einen Hochverräter zu überführen. Das war alles. Geht!“ Eilig stob der bunte Schwarm auseinander, während sich der Sohn des Hauses langsam auf den Weg über den Hof machte. Nun, immerhin schien bislang niemandem seine gewisse Schwäche aufgefallen zu sein. Dort drüben war die Heilerhütte, in der Neigi offensichtlich schon wieder Menschen versorgte. Nun ja. Dem alten Heiler konnte er schlecht etwas über seine Behandlung erzählen, das würde ihm nur Ärger mit seinem verehrten Vater einbringen. Und immerhin, der hatte ihn von dieser Nadel befreit, wenn auch nach einer haarsträubenden Fehldiagnose. Und Sakura kniete drüben im Privatgarten. Was machte sie denn da? Ah ja, Vater hatte Neigi ja gestattet bestimmte Gewürzkräuter dort anzubauen, die Platz benötigten aber eine Hundenase nicht störten. Der Heiler brauchte immer mehr Platz, da immer mehr Patienten kamen. Als ob es so wichtig wäre Menschen am Leben zu erhalten. Sie vermehrten sich doch permanent. Sakura zupfte sorgfältig Unkraut, als sie ein Prickeln im Kreuz spürte, das sie erkannte. Jemand stand hinter ihr und betrachtete sie. Hier, im Privatgarten, konnte es sich nur um ihren Lehrer oder ein Mitglied der fürstlichen Familie handeln und so wandte sie sich auf Knien um, vorsorglich bereits weiter verneigend. Sie erkannte die schwarzen Schuhe vor sich. Zum Einen war sie erfreut, dass es Seiner Lordschaft wohl gelungen war die Krisis zu überwinden – zum Anderen, was wollte er hier von ihr? „Ich fasse zusammen,“ sagte er sachlich: „Du hast mich gegen meinen Willen berührt, mich ausgezogen und mit kalten Tüchern traktiert. Du hast meinen Mund gewaltsam geöffnet und mir gegen meinen Willen Tropfen verabreicht, ja, meine eigene Mutter dazu gebracht dich zu unterstützen.“ Ja, das stimmte, dachte sie, während ihr Herz immer rascher schlug. Das war kaum zu leugnen. Und er hatte schon für weniger getötet. Viel weniger. Geleistete Dienste waren bei ihm keine Lebensversicherung, das hatte sie doch immer gewusst... „Ferner hast du mitgeholfen mich über deinen Schoss zu zerren, mich festgehalten....“ Was war denn jetzt los? Er konnte wittern, dass sie panische Angst bekam, ja, Todesangst. Hm. Vielleicht hätte er doch mit dem positiven Teil anfangen sollen? Nun, dann jetzt: „Du hast mein Fieber gesenkt, hast zu einem Zeitpunkt, an dem du annehmen musstest, dass ich nichts mitbekomme die notwendige Höflichkeit bewahrt, du hast aufgepasst, dass außer meinen Eltern und euch Heilern niemand mich zu Gesicht bekommt. Du hast mitgeholfen mich...zu unterstützen aus dieser Lage zu gelangen.“ Nein, helfen hätte er nicht über die Lippen gebracht. „Steh auf.“ Sakura gehorchte, wenngleich mit zitternden Knien. Der letzte Teil seiner Aussagen gab ihr ein wenig Hoffnung, aber sie war sicher, dass eine Strafe noch folgen würde. Wohl nicht der Tod, vielleicht schützte sie da doch der Befehl seines Vaters. Aus den Augenwinkeln erkannte sie, dass die Stelle, an der sie standen, vom Haupthof des Schlosses aus einsehbar war, und die ersten Menschen und Dämonen stehenblieben um zu sehen, was passierte. Oh je... Sie blickte lieber zu Boden, spürte zusammenzuckend die Hand Seiner Lordschaft unter ihrem Kinn, die sie zwang den Kopf zu heben, dann weiter glitt über ihre Wange. Wollte er ihr den Kopf abreißen? Wortwörtlich? Irgendjemand war schlau genug gewesen Neigi zu informieren. Dieser war herangeeilt, blieb jedoch wie die anderen Neugierigen im Haupthof stehen, sicher, dass er sich nur unter Lebensgefahr einmischen durfte. Überdies hegte er die Hoffnung, dass sich seine überaus intelligente Schülerin selbst aus dieser Misere retten konnte. Nur, was tat Lord Sesshoumaru da? Aus dieser Distanz sah es so aus, als liebkose er ihr Gesicht, ehe er sich vorbeugte und ihre Wange zu küssen schien. Das war doch unmöglich....? Da sich der Erbprinz mit ungerührtem Gesicht abwandte und auf die Zuschauer zukam, hielten es alle für vernünftiger sich tief zu verneigen und lieber wieder an ihre Arbeit zu hasten. Der alte Heiler blieb, wo er war, richtete sich auch rasch wieder auf, nur, um zu sehen, dass Sakura mit bleichem Gesicht in die Knie gebrochen war, sichtlich um ihr Gleichgewicht kämpfend. Er eilte hinüber, bückte sich und hielt sie. „Was...was hat er gesagt, meine Schülerin?“ Denn jetzt war ihm klar, dass Seine Eisigkeit natürlich nicht ein Menschenmädchen küsste sondern etwas unhörbar selbst für Dämonen sagen wollte. Wie töricht von ihm selbst. Aber diesen Eindruck hatten wohl alle Zuschauer gewonnen. Armes Mädchen. Sakura schüttelte etwas den Kopf, froh um den Halt. „Ich...ich verstehe es nicht...“ „Was sagte er?“ Sie war sich eigentlich nicht sicher ob sie das ausplaudern durfte, aber es war ihr Lehrer und er war besorgt: „Lord Sesshoumaru sagte....“ „Ja?“ „Danke.“ Hosted by Animexx e.V. 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