Hundswut von Hotepneith (Der 27. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 9: Die Dame im Spiel ---------------------------- Die Fürstin ging in den Damentrakt und übersah mit der ihr eigenen Ignoranz die prüfenden Blicke absichtlich. Eine neue Hofdame zu suchen klang nach einem guten Vorwand, aber, obwohl ihr klar war, dass sie manchmal für etwas seltsam gehalten wurde, war es wohl kein perfekter Vorwand. Immerhin glaubten doch wohl alle – und Gerüchte waren eben nicht zu unterschätzen – dass ihr einziger Sohn an Tollwut litt. Kaum nachvollziehbar, wenn seine Mutter sich in diesem Moment um eine neue Hofdame kümmern würde. Aber, wie, wenn sie eine...nun, Heldin suchte? Künftige Fürstenmutter war ein mehr als verlockender Köder und so ließ sie alle Damen im großen Zentralraum zusammenrufen, jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass keine Kinder zugelassen wären. Als alle Frauen vor ihr knieten, ließ sie kurz den Blick über die Rücken schweifen, suchte dabei intensiv nach einer Witterung: „Ich denke euch ist allen bewusst, dass mein Sohn, der Erbe des Fürsten, erkrankt ist. Es ist jedoch der Wunsch unseres mächtigen Herrn, meines Gemahls, dass die Blutlinie erhalten bleibt. So wäre es wünschenswert, um nicht zu sagen, notwendig, dass Lord Sesshoumaru seinerseits einen Erben zeugt. Ich suche daher eine unverheiratete junge Dame, die sich in der Lage sieht, einen Todkranken nicht nur zu begleiten sondern zu verführen. Alle verheirateten und verlobten Damen verlassen daher unverzüglich den Raum. Diese Versammlung diente nur zum Schutze der....Interessentinnen.“ Nein, keine verheiratete Frau hätte die Streuner engagieren können, schließlich verwaltete der Ehemann das Geld, aber auch zuvor nur hoffen können, das Interesse ihres Einzigen zu wecken. Das schränkte naturgemäß den Kreis weiter ein: „Natürlich können auch alle geschiedenen und verwitweten Frauen gehen. Mein Sohn isst von keinem benutzen Teller.“ Die derart titulierten Damen waren froh mit allen anderen den Raum verlassen zu können. Vierzehn blieben übrig, die anscheinend den Köder geschluckt hatten. Oder auch nur nicht wagten ohne ihre Erlaubnis den Raum zu verlassen. Sehr gut. Mit einem maliziösen Lächeln ergänzte sie: „Ich sollte allerdings wohl darauf hinweisen, dass es sich bei der Krankheit des Erbprinzen um Tollwut handelt. Wer gehen will, darf auch jetzt noch gehen. Alle anderen werde ich unserem Herrn und Fürsten vorstellen.“ Ihrer Einschätzung nach sollte nur die Attentäterin im Raum bleiben, da ja alle anderen davon ausgehen mussten, dass es sich wirklich um diese hochansteckende und tödliche Krankheit handelte. Ihr Blick fiel auf den Rest der Damen und sie fand ihn erstaunlich hoch. Zwei. Damit hatte sie allerdings nun nicht gerechnet. Sie müsste beide zum Fürsten bringen – und dem zuvor ihren etwas von seinem Plan abweichenden Einfall erzählen. Nur, was jetzt? „Eure Namen?“ „Sayo,“ erwiderte die Ältere der Beiden, „Miyoko,“ flüsterte die Jüngere. „Gibt es einen besonderen Grund, warum du, Sayo, dies tun willst?“ Die junge Hundedame starrte zu Boden, bemüht, die Fürstengemahlin nicht anzublicken: „Meine Familie ist dieser schon sehr lange und durchaus eng verbunden....Es...Ich betrachte es als meine Pflicht, dieser Tradition zu folgen.“ „Und du, Miyoko?“ Die deutlich noch Jugendliche sah etwas auf, meinte dann jedoch leise: „Ich würde ihm jeden Wunsch erfüllen. Ich liebe ihn doch, Herrin.“ Aha. Hatte dieses Mädchen etwa die Streuner, die Nadel...? Moment. Etwas irritiert meinte die Fürstin: „Du hast dann wohl nicht verstanden wie erkrankt Lord Sesshoumaru ist. Es handelt sich um einen Wunsch meines Gemahls.“ Miyoko schien im Boden versinken zu wollen: „Aber...ich liebe doch ihn...“ gestand sie. Schön, der Inu no Taishou war bei Damen recht beliebt, das wusste sie nur zu gut, aber in aller Regel beschränkte er sich, Getrennt-leben hin oder her, auf ältere erfahrene Hundedamen, die nicht erwarteten mehr als auch nur eine Nacht bei ihm verbringen zu dürfen, falls er es überhaupt für notwendig empfand. Was war denn da los? „Hat er dir etwa Avancen gemacht?“ Sie war sehr jung und konnte Kinder bekommen. Sicher, es war sein Recht, aber.... Miyoko schüttelte den Kopf. Nein. Sie vermutete sogar er wusste nicht einmal dass sie existierte. Und überdies...das war seine Gemahlin. Verhöre führen und Fälle aufklären war wohl doch schwerer als gedacht. Sie sollte jetzt wirklich einmal mit dem Herrn der Hunde reden, ehe irgendetwas noch vollkommen schief lief und er gar den Eindruck gewann sie mische sich in seine Privatangelegenheiten. Schließlich war er durchaus in der Lage ihre Privilegien innerhalb von Minuten komplett zu widerrufen – von mehr als unangenehmen Weiterungen ganz zu schweigen: „Ihr beide dürft gehen und euch vorbereiten. Falls unser Herr mit euch sprechen will, wird er euch rufen lassen. Geht.“ Und da Arbeitszimmer nun einmal Ohren hatten, sollte sie sich besser in Sesshoumarus Zimmer begeben, das im Privattrakt, zur Zeit abgeschirmt von zwei Wachen, und ein Stück weiter hinten lag. Auf dem Weg dorthin schickte sie den ersten vorbeikommenden Diener zum Hausherrn, um ihn zu bitten, in das Zimmer ihre Sohnes zu kommen. Als sie selbst eintrat war sie ein wenig überrascht dort wieder nur den Menschen bei Sesshoumaru zu finden, aber Sakura versicherte ihr auf ihren fragenden Blick eilig mit einer Verbeugung, dass ihr Lehrer gewiss jeden Moment zurück sei. Der Inu no Taishou erschien auch nur kurz darauf mit dem alten Heiler, mehr als besorgt, da er eine Verschlechterung des Zustandes seines Sohnes nach der Operation befürchtete. Zu seiner - und Neigis - Erleichterung berichtete Sakura auf seinen fragenden Blick unverzüglich, dass Seine Lordschaft mittlerweile ein wenig die Finger und den Kopf bewegen könne. So sah er zu seiner Gemahlin. „Warum sollte ich kommen?“ Sie berichtete sachlich: „Mir erschien die Auswahl einer Hofdame nicht Grund genug alle Damen zu sehen. So rief ich sie zusammen um zu erklären, dass ich nach einer....Braut für unseren Sohn suche.“ Mutter! Der Hundeprinz stöhnte ein Gedanken auf. Wie sollte er das denn je wieder loswerden? War es denn nicht schon schlimm genug, wie sie ihm hinterher liefen? „Keine der Damen wies den entsprechenden Geruch auf. In der Annahme, dass keine bereits gebundene Damen oder auch keine, die bereits einem Mann gehört hätte, auch nur hoffen konnte, Sesshoumarus Aufmerksamkeit zu erregen und daher ihn kaum derart angreifen würde, schickte ich diese aus dem Raum, nachdem ich verkündet hatte, dass es notwendig sei, und Euer Wunsch, mein Herr....“ Sie hatte ihm vorgegriffen und das galt als unhöflich, folglich wurde sie vorsichtiger: „Dass er vor seinem Ableben noch die Blutlinie fortbestehen lasse. Dabei erwähnte ich...zufällig...dass er an Tollwut leide. Ich vermutete, alle jungen Damen bis auf die Attentäterin würden fluchtartig den Raum verlassen. Zu meiner gewissen Überraschung blieben zwei. Sayo und Miyoko.“ Sesshoumaru gelang es seinen Eltern einigermaßen das Gesicht zuzuwenden. Das dufte doch nicht wahr sein! Mutter und ihr Sinn für Heiraten! Was wohl Vater davon hielt? „Ihr habt sie gefragt, warum sie sich in Lebensgefahr begeben wollen?“ erkundigte sich der Schlossherr nur. „Ja. Sayo aus angeblicher alter Verbundenheit mit der Familie und Miyoko....nun, sie behauptete, sie würde alles tun, was immer Ihr wünscht, da sie in Euch verliebt sei.“ „Miyoko?“ „Eine sehr junge, hübsche Hundedämonin.“ Die Fürstin wartete einen Augenblick: „Ich schickte beide jedenfalls in ihre Zimmer und sagte Ihr würdet sie rufen lassen. Ich muss zugeben, ich halte Miyoko nicht für die Attentäterin. Sie ist sehr jung und offenkundig naiv. Ich halte Sayo für verdächtig.“ Der Hundefürst nickte ein wenig: „Davon bin ich schon einige Zeit überzeugt, meine Teure.“ Ach war das herrlich, wenn Mutter mal einen leichten Dämpfer erhielt, dachte Sesshoumaru fast zufrieden, der ihr diese Aktion mit der vermeintlichen Braut lange nicht verzeihen würde. Der halbe Haushalt wäre ja hinter ihm her, wenn sich herausstellte, dass er keine Tollwut hatte... Der Inu no Taishou fuhr allerdings ehrlich fort: „Neigi berichtete mir, dass Sayo vor einiger Zeit einen heftigen Disput mit Sesshoumaru hatte, der bei ihm endete.“ Der Hundeprinz dachte an die etwas ein- oder auch zweiseitige Diskussion, die der Heiler, Sakura und er zuvor geführt hatten: Neigi dachte noch einmal nach und schüttelte dann energisch seinen Kopf: „Ich habe gewiss schon Diener behandelt, nach Strafen Seiner Lordschaft, aber keine vornehme Dame.“ „Vergebt mein Lehrer, aber da gab es diese Hundedame, die ich dann behandeln sollte, der Rücken war verletzt....“ Nein, mehr sollte sie lieber nicht sagen, immerhin hatte diese....wie hieß sie nur....Seine Eisigkeit als arroganten Bengel bezeichnet und sie selbst für dessen Geliebte gehalten. Kaum davon auszugehen, dass der das witzig finden würde. Aber – wäre das ein Mordmotiv? Nein, kein Warum, nur was Wie, predigte Sesshoumaru doch immer...aber wie? „Sayo.“ Der alte Heiler blickte zum Erbprinzen: „Sayo?“ Möglich, dachte der ingrimmig, wenn auch nicht auszuschließen. Zu viele machten ihm Avancen und schon aus diesem Grund verachtete er sie. Vater musste das noch schlimmer ergehen, oder eines Tages ihm, wenn er sein Erbe antreten sollte. Grässliche Vorstellung. Da wäre – und darüber sollte er wirklich einmal in Ruhe nachdenken – Tokushima eine Entspannung. Sie wäre garantiert in der Lage ihm all diese aufdringlichen Hündinnen vom Leib zu halten. Nun ja, ihre eigenen Launen waren auch nicht zu verachten, von ihrer spitzen Zuge ganz zu schweigen, aber Vater bewies ja, dass man die Ehefrau auch ein gutes Stück von sich entfernt platzieren konnte und nur zwecks Nachkommenschaft ab und an besuchen musste. Zumindest in einiger, ferner, Zukunft, wäre das eine Möglichkeit. Wichtig war erst aber einmal gesund zu werden und diese impertinente Person zu fassen, die ihm das angetan hatte, ja, ihn umbringen wollte. Sayo? Hm. Sie hatte ihn beleidigt, zumal, nachdem er ihre mehr als deutlichen Hinweise auf ihre Schönheit und sonstigen Talente abgewiesen hatte. Genauer, sie hatte behauptet, er sei ein arroganter Bengel. Daraufhin hatte er ihr seine Krallen über den Rücken gezogen und sie war prompt zu Neigi gelaufen – und er hatte Befehl bekommen bei Vater zu erscheinen. Immerhin hatte ihm dieser, nach Schilderung des Vorfalles, bestätigt, dass er angemessen reagiert habe. Diese Sayo hatte überlebt. Aber außer ihr fiel ihm wirklich niemand ein, das ihn je als arrogant betitelt hatte, schon gar, wenn er zugehört hatte. Und das war er ja wohl wirklich auch nicht. Selbstbewusst, ja, und den Anderen überlegen, aber doch nicht kalt und arrogant. Da könnte man Sakura fragen, die das doch am Besten wissen musste. Aber zunächst war doch etwas anders wichtig. Guck mich an, Mensch, dachte er intensiv. Offenbar intensiv genug, denn Sakura zuckte förmlich zusammen und blickte ihm in die Augen: „Euer Lordschaft? - Sayo? Stimmt dieser Name?“ Wenn sie hier war. Aber, wie sollte er das sagen? Noch immer hielt ihn die vollständige Lähmung im Griff. Er blinzelte jedoch einmal. Neigi hatte es gesehen und wartete Sakuras Nicken gar nicht ab: „Ich werde den Herrn davon diskret in Kenntnis setzen, Lord Sesshoumaru. Sakura, du bleibst für den Fall der Fälle hier. Wenn Sayo oder sonst wer hier hereinkommt, zögere nicht und schreie nach der Wache, zumindest, bis Seine Lordschaft wieder erholt ist. Ich müsste mich irren, wenn der Fürst nicht die Zahl der Krieger vor dem Trakt erhöht hat. Und die Herrin ist ja wohl auch auf der Suche.“ „Nun,“ meinte die besagte Dame inzwischen, da sie den schweigenden Rückblick ihres Sohnes kaum vermutete: „Dann haben wir ein Motiv... Ich würde vorschlagen sie verhaften zu lassen.“ Der Inu no Taishou erwiderte langsam: „Mir reichen die Beweise nicht für eine Verurteilung Sayos. Hinweise sind nun einmal kein Beweis.“ Das konnte Sesshoumaru verstehen, Vater hielt es ja immer so, aber ein Beweis? Er konnte keine Aussage gegen sie machen, selbst wenn er reden hätte können, da er keine Person identifizieren konnte. Die Streuner waren tot und ihre Aussagen hatten auch keinen Namen gebracht... Moment. Natürlich. Warum dachte denn keiner daran? Musste er selbst in diesem erbärmlichen Zustand denn alles allein machen? Kein handfester Beweis, aber doch eine Möglichkeit den Täter zu überführen. Er bemühte sich den Kopf weiter zu drehen. Hoffentlich bemerkte Sakura wohin er sah und würde ihn weiter dazu befragen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)