above and beyond von Raija ================================================================================ Kapitel 4: Rettung ------------------ Polternde Schritte erklangen vom Flur her, die nichts Gutes zu verheißen mochten. Angsterfüllt wich ich immer weiter von der Tür zurück, bis ich mit dem Rücken zur Wand stand. Meine Fingernägel grub ich in den Stoff meiner Hose, während ich versuchte einigermaßen normal zu atmen. Ich saß in der Falle und wäre gleich dem erbarmungslosen Zorn meines Vaters ausgesetzt. Seine Schritte wurden lauter, kamen näher. Seine nackten Füße klatschen regelrecht auf den hölzernen Fußboden. Mit einem Ruck öffnete sich die Tür zu meinem Zimmer und den Geräuschen nach zu urteilen war sie aus den Angeln geflogen. Heftig schlug mir das Herz gegen die Brust, wobei ich glaubte, ich würde an der Angstblase, die sich in meinem Hals gebildet hatte, ersticken. "Was habe ich da gehört?", brüllte mir mein Vater entgegen, wobei mir Spucke ins Gesicht spritze. "Ich", begann ich, wurde jedoch durch einen heftigen Schlag gegen die Schläfe unterbrochen. Keuchend ging ich zu Boden, nur um kurz darauf am Kragen gepackt, auf die Beine gerissen und gegen die Wand gestoßen zu werden. "Was hast du getan?" Seine Stimme war so bedrohlich, dass mir schon Tränen in den Augen standen. "Takeru", versuchte ich es diesmal, wurde durch einen weiteren Schlag gegen den Kiefer zum Schweigen gebracht. Benommen taumelte ich zurück, schmeckte Blut und versuchte mich auf den Beinen zu halten. Mein Vater griff in meine Haare, zog meinen Kopf in den Nacken und kam mir gefährlich nahe. "Dafür wirst du bluten", versprach er. "Wieso tust du das?", wimmerte ich. "Du fragst nach einem warum?" Ich nickte. "Dann beantworte mir, weshalb du deinen Bruder ermordet hast", forderte er. "Er wollte es so." Es war die reine Wahrheit. Takeru hatte erkannt, dass ihm nicht mehr zu helfen war und er wollte nicht in die Hände der Senju fallen, also beschloss er für sich, der Tod wäre der einzige Ausweg aus dieser Situation. Wäre ich doch nur an seiner Stelle gewesen... "Erzähl keinen Schwachsinn!" Schon rammte er seine Faust in meinen Magen. "Ich bin deine Tochter", hustete ich und spuckte aus. Schon immer stand ich im Schatten meines Bruders, doch gestört hatte es mich nie. Es spornte mich an, mich immer weiter zu verbessern, um irgendwann in den Augen meines Vaters Takeru ebenbürdig zu sein. "Du bist nicht meine Tochter", unterbrach er mich, wobei er mich auf den Boden schubste. Kaum lag ich, wurde ich auf den Rücken gedreht. "Also gib mir seine Augen wieder." Voller Furcht und Schmerz schrie ich auf. "Ist er wirklich immer so?", fragte Madara seinen Bruder, welcher nickend bestätigte. "Hn", gab der Ältere von sich und versank in Gedanken. Aus dem Haus hinter ihnen, in welchem sie zuvor der Einladung zum Essen nachgekommen waren, war lautes Gepolter zu vernehmen. Mit einem unguten Gefühl blieben sie stehen und lauschten, bis sie einen Schrei hörten, der durch Mark und Bein ging. Izuna preschte zu Erst los. Er sprintete durch den Garten und sprang durch die gläserne Scheibe ins Innere des Hauses. Madara hingegen, welcher sich nicht so gut auf dem Grundstück auskannte, rannte den Weg entlang, den er kurz vorher genommen hatte, durch die Flure bis zu dem Raum, aus dem diese schrecklichen Schreie kamen. Ich trat wie wild geworden um mich und versuchte mich dem Schmerz zu entziehen, als ich das Glas der Fensterscheibe zerspringen hörte, während sich gleichzeitig Schritte in rasender Geschwindigkeit vom Flur her näherten. Den Schlagabtausch und das Stimmengewirr realisierte ich nicht wirklich, zu überraschend kam die Wendung und ich war nur froh, dass der Druck auf meinen Augen nachgelassen hatte. Erst als ich hochgehoben wurde, gelangte ich zurück ins hier und jetzt. Ich klammerte mich an meinen Retter und versuchte die Situation zu analysieren, was mir jedoch nicht gelang. "Was ist passiert?", fragte ich deshalb nach. "Das würde ich gerne von dir wissen", erklang Izunas Stimme über mir. Ich begriff, dass er mich trug und wir anscheinend nach draußen getreten waren, denn ich konnte die Wärme der Sonne auf meiner Haut spüren. "Wohin bringst du mich?" "Zu mir", antwortete er knapp. Ein verärgerter Unterton war deutlich aus seiner Stimmlage heraus zu hören, weshalb ich nicht weiter nachhakte. Ich lehnte den Kopf an seine Schulter und vergrub das Gesicht in dem hochstehenden Kragen meines Oberteils. Izuna atmete tief durch. "Bist du ok?", fragte er. Der Ärger war aus seiner Stimme verschwunden und Sorge schwang nun in ihr. Stumm nickte ich, als ich plötzlich etwas feuchtes meine Wangen hinab laufen spürte. Wieso heulte ich denn jetzt? Schnell wischte ich mir übers Gesicht, bis ich am Handgelenk gepackt und somit gestoppt wurde. "Was ist los?", wollte ich wissen, doch meine Frage blieb unbeantwortet. "Ich hol die Heilerin", ertönte Madaras Stimme. "Was?" Meine Stimme überschlug sich beinahe. "Sagt mir doch einer mal was hier vorgeht!" "Ruhig", flüsterte Izuna gegen meinen Haaransatz, "nur eine reine Vorsichtsmaßnahme." Ich wollte etwas erwidern, auf eine vernünftige Antwort bestehen, doch senkte ich erneut den Kopf und schwieg. Einige Zeit später änderte sich die Geräuschkulisse und es klang, als wären wir nach innen getreten. Vermutlich stiegen wir eine Treppe empor, betraten einen Raum, ehe ich abgesetzt wurde. Izuna wollte sich von mir entfernen, allerdings ließ ich ihn nicht, denn ich krallte mich in sein Shirt. "Lass mich bitte los, Kaya", bat er ruhig. "Wo bin ich? Was passiert denn jetzt?", versuchte ich abermals mein Glück vielleicht doch noch aufgeklärt zu werden. "Mach dir keine Gedanken." "Wie soll ich mir denn bitte in so einer Situation keine Gedanken machen?" "Ich bin bei dir", überging er meine Frage. Er hauchte mir einen Kuss auf das Haar, löste sich aus meinem Klammergriff und erhob sich, als man Schritte auf dem Flur wahrnehmen konnte. Izuna verließ den Raum. Ich konnte ihn mit Madara tuscheln hören, jedoch verstand ich kein Wort, da sie zu leise sprachen. Nach einem Augenblick traten beide ein. Mir wurde etwas in die Hand gedrückt, mit der Aufforderung zu trinken. "Was ist das?", fragte ich und hielt die Nase über das Gefäß. "Etwas gegen die Schmerzen, mein Kind", antwortete eine altersschwache weibliche Stimme. Anscheinend die Heilerin, die Madara geholt hatte. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sie ebenfalls in das Zimmer gekommen war. Ohne Widerspruch zu erheben setzte ich den Becher an und trank. Die Flüssigkeit schmeckte bitter und ich hatte alle Mühe sie nicht wieder zu erbrechen. Ein Schauer lief über meinen Rücken und schüttelte mich einmal durch, während ich das Gesicht verzog. "Puh wie grausig", merkte ich an. Plötzlich überkam mich eine schlimme Übelkeit und in meinem Kopf drehte sich alles. Ich suchte nach Halt und klammerte mich an die Person, sie neben mir aufgetaucht war. Ob Izuna oder Madara konnte ich nicht sagen, es war mir auch herzlich egal in diesem Moment. Ich wollte mein Unwohlsein verkünden, als mir auch schon der Becher aus den Fingern rutschte und ich in Dunkelheit versank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)