Oh du alles zerstörende Weihnachtszeit~ von Lalonde ================================================================================ Prolog: 30.November, Prolog --------------------------- Die Wochen zogen sich dahin, wie der Saft des Gummibaums und verursachten in ihm eine innere Gleichgültigkeit, die sich negativ auf sein und das Wesen anderer ausübte. Warum sollte er sich nicht die unnötigen Stunden von unnötigen Tagen von noch unnötigeren Wochen der Jahre nicht damit verbringen, ein bisschen Farbe in das gegenwärtige grau zu bringen, welches seinen Geist zerfraß? Warum sollte er nicht mit einem Messer und den wohl nervigsten Kreaturen auf diesem verdammten Planeten etwas spielen – nur weil seine Ansichten von Spaß nicht von der Gesellschaft geduldet wurden? – Nein, diese Regeln befolgte er nicht. Wozu auch, er hatte kein Interesse sich anders mit dieser Rasse zu beschäftigen, die eifrig daran arbeitete, sich und ihre Umgebung in pures Chaos zu stürzen. Dazu brauchten diese Geschöpfe, die sich über alles andere stellten, ihn nicht mal. Jedoch nahm er sich gelegentlich Zeit, manchen von ihnen zu beweisen, dass diese nicht allmächtig oder etwas besseres waren. Kapitel 1: Montag der 01. Dezember ---------------------------------- Hey ihr Lieben Dies wird meine allererste Weihnachtskalender Fanfiktion und ich hoffe, dass sie euch gefallen wird. Vorab möchte ich aber ein paar Kleinigkeiten anmerken. Die Charaktere gehören nicht mir, mir gehört einzig und allein die Idee. Außerdem möchte ich noch eine kleine Warnung ausprechen, denn sie wird ziemlich düster geschrieben sein, ich denke nicht, dass sich das im Verlauf der nächsten Kapitel ändern wird, da ich einen ungefähren Plan habe, wie die Fanfiktion verlaufen soll. Das Pairing wird Vanitas/Ventus sein. Dann will ich euch nicht weiter vom ersten richtigen Kapitel abhalten und wünsche euch viel Spaß. Über Reviews würde ich mich sehr freuen Neko~ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Es war der wohl nervigste Monat, den der Jahreskalender aufbringen konnte. Dezember. Der Monat in dem Menschen sich selbst aufzwangen, dauerhaft glücklich zu wirken und andere mit ihrer grässlichen Musik versuchten, ein Teil dieser alljährlichen fälschlichen Glückseligkeit zu sein. Der Schwarzhaarige verstand nicht, warum man sich jedes – aber auch wirklich jedes einzelne – Jahr ein und dieselben Lieder anhören musste. Er empfand Musik als solche schon für lästig und eher nervtötend als entspannend. Aber auf ihn hatten eh wenige Dinge eine beruhigende Wirkung. Vereinzelte unbegangene Orte – fernab der lauten Zivilisation, die mit ihrer Modernisierung ihr Todesurteil unterzeichnet hatte. Doch auch diese Orte nahmen immer weiter ab. Die Menschheit war ein Parasit, der den Planeten befallen hatte und langsam – aber durch wachsende Umweltverschmutzung, längere Lebensdauern durch Innovationen der Medizin und expandierende Populationsraten immer schneller – die Ressourcen von diesen auszuzehrte. Aber er würde es den Parasiten schon zeigen, er würde sie Stück für Stück in ihre Schranken einweisen. Bei diesem Gedanken überschlich ihn ein fieses Grinsen. Stumm lief er durch die belebte Einkaufstraße in dieser Stadt. Von den Häusern tönten die typischen weihnachtlichen Lieder, die, sofern die Menschen einmal die Wahrheit sprechen würde, jeder schon tot gehört hatte, sich jedoch keiner zuständig dafür fühlte, den Zuständigen für die Playlist zu sagen, dass man nach dreißig Jahren „Last Chrismas“ es nicht dreiundzwanzig Mal am Tag im Radio hören musste. Sie alle machten es sich einfach, lebten nach der Philosophie „Warum sollte ich etwas unternehmen, wenn es auch ein anderer machen könnte?“ Doch er würde sie zurechtweisen. Hier und jetzt – irgendwo in dieser unglaublich großen Menschenmasse würde sich sein nächstes potentielles Opfer befinden. Ja, nächstes. Er hatte sich schon mehrmals das Recht genommen, den ein oder anderen in seine Schranken einzuweisen und es sprach für sich, dass er noch immer auf freien Fuß war. Er wählte seine Opfer nicht wegen Hauptfarbe, der religiösen und sexueller Orientierung oder so primitive Dinge wie zum Beispiel das Geschlecht. Wichtig war die Wirkung der Person auf ihn, da spielte auch das Alter keine Rolle. Der Schwarzhaarige hatte schon dreizehnjährige, aber auch Männer, die bereits in den Mittleren Jahren waren, ermordet. Manchmal war der Grund seiner Auswahl einfach nur der Blick des Opfers gewesen. Vielleicht war dies einer der Gründe weshalb er noch nicht gefasst wurde. Das und die Tatsache, dass er zu schlau für die zuständigen Kommissionen war, da diesen wichtige Kompetenzen durch die Überbenutzung von Medien, wie Internet und Siri, immer mehr verdummten, während er durch die Straßen lief, die Hände tief in die Taschen seiner Hose vergraben hatte und sichtlich genervt die Passanten musterte, die sich dicht an ihn vorbei quetschten. Plötzlich hörte er unweit von sich ein klares und helles Lachen, welches den Schwarzhaarigen kurz zum Frösteln brachte und ein Grinsen seine Lippen umspielte, als er sich zu der Geräuschquelle umdrehte und einen Blondhaarigen Jungen erblickte, der sich wohl gerade mit seinen Freunden traf. Da hatte er sein Opfer. Und wie zu erwarten, entsprach seine Opferwahl nicht einem bestimmten Muster. Er war weder mit dem Opfer bis jetzt in Verbindung getreten, noch war er ein Triebtäter, der sich nicht unter Kontrolle hatte. Wichtig war das Denken und wie man sich in das Leben seines Opfers einbrachte, ohne zu großes Aufsehen zu erregen. Aufmerksam betrachtete er die Statur und Merkmale des Jungens. Wie er bereits vermutet hatte zeigten sich keine auffälligen Gemeinsamkeiten mit seinen vorherigen Opfern. Der Junge, der ungefähr sein Alter und seine Statur besaß, hatte wie viele in dieser Gegend, ein spitz zulaufendes Kinn. Seine Lippen hatten einen gesunden Rotton und auch die Nase hatte keine prägnante Form. Auffällig jedoch waren die aufgeweckten tiefblauen Irden, welche von einem vollen Wimpernkranz umrandet wurden. Die hellen blonden Haare lugten vereinzelt unter der beige-rot-braunen Winterwollmütze mit norwegischen Mustern hervor und rahmten sein Gesicht schmeichelnd ein. Wegen den geröteten Wangen könnte man auch meinen, dass die Person vielleicht doch ein Mädchen war. Auch seine eng anliegende beigende Winterjacke könnte aus der Frauenabteilung sein. Aber in der Art und Weise, wie sich der Blondhaarige präsentierte und wie seine Freunde mit ihm umsprangen, wiesen darauf hin, dass es sich um einen Jungen und nicht um ein Mädchen handeln musste. Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe und der Schwarzhaarige erhob sich von der Lehne der Bank, an die er sich angelehnt hatte. Die drei kamen direkt auf ihn zu. Sein Blick huschte über den schmalen Körper seines Opfers und relativ schnell fand er das, was er gesucht hatte. Als er sich auf die Weg machte, der Gruppe entgegen zu laufen, zwang er sich sein Grinsen von den Lippen ab und blickte durch die Freunde hindurch, – aber immer noch auf direkten Kollisionsweg mit den Blonden, der an der rechten Seite entlang lief, als hätte er irgendein Ziel, welches weit hinteren diesen lag. Perfekt, sein Vorhaben würde etwas komplizierter gewesen sein, wenn der Junge, von den beiden Größeren eingekesselt worden wäre. Komplizierter, nicht unmöglich. Der Blondhaarige war nur noch wenige Schritte entfernt, als der Schwarzhaarige seinen Schritt für andere kaum merklich beschleunigte und somit sein Opfer mit ihm an den Schultern zusammenstieß. In dem Moment zog er den schwarzen Gegenstand aus dessen Hosentasche, verstaute diesen unmittelbar danach in den Ärmel seiner Jacke und drehte sich zu den anderen. „Pass doch auf!“, fauchte er ihn an, nur um sich dann wieder umzudrehen und im gleichen Schritt weiter zu laufen. Im Hintergrund hörte er ein leises „Entschuldigung“ und darauf eine verklingende Unterhaltung mit dessen Freunden. Er bog in eine Seitenstraße ein. Erst jetzt erlaubte er sich wieder breit zu Grinsen. Triumphierend holte er den kleinen kompakten Gegenstand hervor – das Portemonnaie des Blondhaarigen. Er hätte natürlich seinen ganzen Tag dafür verschwenden können diesen zu Beobachten, sein Verhalten zu analysieren und dadurch sich ein erstes Bild von ihm zu machen, er konnte sich auch einfach das Portemonnaie hier an sehen. Die Menschen wussten ja gar nicht, wie viel sie durch die Kleinigkeiten in ihren Taschen verrieten. Kapitel 2: Dienstag der 02.Dezember ----------------------------------- Und, wie schon am vorherigen Tag, suchte er sich seinen Weg durch die Masse an Menschen, die an ihn vorbei schwirrten und verzweifelt versuchten weihnachtliche Stimmung zu verbreiten mit ihren von einem Lächeln verzerrten Gesichtern – einfach maßlos übertrieben. Doch diese Schemen nahm er eher nebensächlich wahr – ebenso den Schnee, der angefangen hatte auf die Erde nieder zu fallen – denn bald müsste er sein Ziel erreicht haben. Der Schwarzhaarige bog in die nächste Nebenstraße der überfüllten Einkaufsstraße ein, wo sich, etwas versteckt, eine kleine Bar befand, auf die mit einer kleinen Leuchtreklame aufmerksam gemacht wurde. Longchamp-IONS. Ein nicht gerade kreativer Name. Als er das Bistro betrat, wehte auch etwas Schnee mit ihm, welcher sofort den flüssigen Aggregatzustand annahm und sich als dünner Film in den Eingangsbereich legte. Wie jeder Gast – was echt nicht viele sein konnten, da die Bar eher einen kleinen Familienbetrieb glich und deswegen einfach nicht genügend Platz für eine große Menschenschar darbot. Er musterte den Eingangsbereich, der mit warmem Rankenmuster aus Ebenholz verziert wurde. Der Blick von dort viel direkt auf die Bar, die aus dem gleichen Holz bestand. Man musste an ihr vorbei gehen um vom Eingangsbereich an die Sitzbereich zu gelangen, der sich nicht direkt an der Theke befand. In diesem Sitzbereich befand sich zudem eine kleine Armatur, die vor allem den weiblichen Besuchern zusagen musste – eine kleine Karaoke-Bar. Er nickte der jungen Frau hinter dem Tresen zu und setzte sich in die Ecke, die von der Theke aus nicht mehr im Sichtfeld war. Hier arbeitete er also. Es dauerte nicht lange und die Bedienung kam auf ihn zu und fragte ihn mit einem dezenten Lächeln, welches nicht so zwanghaft wirkte, wie das von 90% dieser Bevölkerung, was er denn bestellen wolle. Allerdings war das Mädchen vielleicht Mitte 20, sie stand also noch am Anfang ihrer beruflichen Karriere. Noch weitere dreißig Jahre hier und unmögliche Gäste würden schon ihre Spuren in den – noch von Sorgen freien – Gesicht hinterlassen. Während er auf seinen schwarzen Kaffee wartete, dachte er an seinen Vormittag zurück. Heute hatte er seinen neuen Freund – Ventus hieß er, einen kleinen Besuch abgestattet – ohne dass er oder seine Mitbewohner es wussten. Er war relativ früh aufgestanden und hatte sich auf den Weg zu der Wohnung des anderen gemacht, um diese zu beobachten. Wo dieser wohnte, wusste er dank des Personalausweises, der sich in dessen Portemonnaie befand. Durch den Inhalt dieses hatte er auch erfahren, dass der 19-jährige sich nur mit wenig Geld im Monat über dem Wasser hielt. Der Zustand des Portemonnaies und die Tatsache, dass der Eurobetrag der Einkäufe nie den Wert von zehn Euro überschritten hatte, bestätigten seine These, die er gestern noch aufgestellt hatte; nämlich, dass der Junge zur unteren Mittelschicht gehöen musste. Der Blondhaarige besaß neben seiner Krankenversichertenkarte und dem Personalausweis keine anderen Karten. Außerdem waren die Geschäfte, die er besuchte, alle zu Fuß zu erreichen, was dafür sprach, dass er nicht unnötig viel Geld zum Fenster raus warf. Zusätzlich zu diesen Informationen hatte er am gestrigen Tag noch in Erfahrung gebracht, dass der Junge nicht allein in den Appartement wohnte, sondern sich die kleine Wohnung in einem Wohnviertel im Westen der Stadt mit zwei anderen teilte; einer jungen Frau namens Aqua und einem nicht viel älteren Jungen und auf den Namen Terra hörte. Kaum hatten die drei Anwohner des Appartements dieses verlassen nutzte der Schwarzhaarige der Gunst der Arbeitsstunde und huschte, als ein anderer Bewohner des Wohnkomplexes dieses verließ, um in jenes einzutreten. Kurz studierte er die Namensschilder an jeder Tür, bis er dann im zweiten Stock das gesuchte Schild gefunden hatte. Mit einem süffisanten Grinsen holte er das nötige Werkzeug aus seiner Tasche, um in die Wohnung der drei einzubrechen, er wollte ja nicht unnötig viel Zeit damit verschwenden und sich weitere Informationen zu den Blondhaarigen zu holen. Zumal nicht feststand, ob die drei nicht früher Schule aus oder Freistunden hatten. Er brauchte keine Minute, bis er die schlecht gesicherte Wohnungstür geöffnet hatte und sich in den „’trauten Heim Glück allein“ befand, ohne wirkliche Spuren hinterlassen zu haben. Schließlich hatte er es schon geschafft, in schwerer gesicherte Häuser einzubrechen, ohne aufzufliegen. In der Wohnung musterte erst mal das Mobiliar, welches sehr schlicht war – wahrscheinlich wegen des Geldmangels. Die selbst gebastelte Dekoration war dabei ein kläglicher Versuch von der Armut abzulenken. Nachdem er das Zimmer des Blondhaarigen gefunden hatte, was auch nicht sonderlich schwer gewesen war, da an den bezogenen Zimmertüren die aufwendig verzierten Anfangsbuchstaben angebracht worden waren, entkam seiner Kehle erst einmal ein leiser entnervter Seufzer, denn das Zimmer vor ihm war im reinsten Chaos versunken. Auf dem Tisch – er vermutete, dass es sich um einen Tisch gehandelt hatte, stapelten sich Bücher, Blätter, Stifte –und auch ein Teller war dabei – zu einem skurrilen Turm, dessen Stabilität fragwürdig war. Der halbe Boden war bedeckt von falschen Matherechnungen und verteilter Klamotten. Ein Blick in dessen Unterlagen, die ebenfalls leicht chaotisch waren, und er fand heraus, dass der Blondhaarige sich gerade wohl in den tieferen Leistungsbereichen bewegte, was seine schulischen Leistungen anging. Ein Blick in die untersten Dokumente verriet ihm, dass der andere nicht immer so miserabel gewesen war, wie in diesem Moment. Seine Hauptproblemstelle schien die Analysis, ein Teilbereich der Mathematik, zu sein, denn es fanden sich im Mülleimer –und um diesen herum verteilt – Blätter, die mit Kurvendiskussionen und Steckbriefaufgaben versehen waren. Als er den Stapel Rechnungen auf dem Tisch untersucht hatte, entdeckte er einen kleinen Dienstplan. So sein kleines Opfer verdiente sich also etwas Geld in einer Bar. Mit einem Grinsen hatte er sich den Namen dieser gemerkt und die Arbeitszeiten, die auf den Plan drauf standen. Dann hatte er sich den Rest der Wohnung angesehen – ja auch das Zimmer seiner WG-Kammeraden – auch wenn es nur grob war, denn er wollte nicht mit einem der Wohnungseigentümer in Kontakt treten, noch nicht. Bevor er jedoch die Wohnung verlassen hatte, ließ er das Portemonnaie des Blondhaarigen in dem Zimmer des Braunhaarigen zurück und nahm etwas von dem Kleingeld heraus – es würde bestimmt ein kleiner Streit entstehen. Mittlerweile war sein schwarzer Kaffee, er liebte den herb-bitteren Geruch, der diesen verströmte, gebracht worden und er nahm einen Schluck davon. Der Kaffee schmeckte genauso bitter wie er roch. Das gefiel dem Schwarzhaarigen, denn er mochte keine Süßigkeiten. Sie waren klebrig, eklig und außerdem blieb deren Geschmack nicht so lange erhalten. Morgen würde zum ersten Mal mit den anderen Kontakt aufnehmen. Kapitel 3: Mittwoch der 03.12, Kapitel 3 ---------------------------------------- Hallo meine Lieben~ Ich möchte mich für die minimale Verzögerung entschuldigen, mein Tag war etwas stressig und ich komme erst jetzt dazu, das neue Kapitel hochzuladen. Viel Spaß beim Lesen Neko~ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Mit den Augenbrauen tief im Gesicht verzogen, lief der Schwarzhaarige durch die Gänge der Stadtbibliothek und suchte nach dem letzten Werk von John Douglas, einen berüchtigteren pensionierten FBI-Agenten. Warum wurden auch vier seiner Bücher über den Goldmann Verlag veröffentlicht und der neuste unter den Wiley-VCH Verlag. Eigentlich wusste er den Grund, aber es würde ihn nicht so viel Zeit kosten, die Bücher zu suchen, wenn diese beieinander stehen würden. Seufzend wandte er sich von dem Regal ab, als es anfing plötzlich laut in der Bibliothekshalle zu werden. Es musste nun ungefähr viertel nach eins sein. Viele Schüler, von verschiedenen Altersklassen, betraten – noch aufgebracht von dem heutigen Unterricht- das Gebäude. Das war es dann wohl mit der Ruhe, er würde ein anderes Mal nochmal hier her kommen, um endlich den zuletzt erschienen Teil „Das Profil eines Mörders Die lange Jagd nach dem BTK-Serienkiller“ lesen zu können. Am besten lief er nochmal in sein Appartement, packte sich seinen Rucksack für später und sammelte, bevor er der Schule von Ventus einen Besuch abstattete, noch einmal etwas Energie. Er wollte das Gebäude gerade verlassen, als er zufällig gegen eine andere Person stieß. Gerade wollte der Schwarzhaarige den anderen anfahren, als er erkannte, dass es sich hierbei um Ventus handelte. Zufälle gab es. Ventus, welcher durch den Zusammenprall, das Gleichgewicht verloren hatte viel auf den Boden und sah verwundert nach oben. Ab jetzt begann sein Spiel. „Hey, alles okay da unten?“, fragte er mit einem breiten Grinsen – wie konnte man nur so wenig Gleichgewichtsinn haben? – und streckte den anderen eine Hand entgegen, um diesen hoch zu helfen. „Ja, alles in Ordnung… Danke.“, meinte Ventus, als er die helfende Hand des Schwarzhaarigen annahm und sich hochziehen ließ. „Pass das nächste Mal einfach auf, wo du hinrennst. Manch andere Leute hättest du bei diesem Tempo sicherlich umgehauen.“ Das entlockte den Blondhaarigen ein Grinsen. „Stimmt. Aber Entschuldigung, ich muss weiter.“ Das kam ihm ganz gelegen. Schließlich war es nicht in seinem Sinne gewesen, jetzt schon zu dem anderen nett zu sein. Naja, das würde ihm sicherlich später helfen, schneller an ihn heran zu kommen. Schließlich war es der erste Eindruck der zählte – oh, wie dieses Spruchwort in diesem Zusammenhang stimmte. Dichte Nebelschwaden zogen über die Stadt und verhüllten sogar den alten Kirchturm, der normalerweise über die Wolkenwand empor ragte. Man hatte maximal drei Meter Sicht, aber auch nur, wenn man Glück hatte, denn die meiste Zeit konnte man, wenn man die Hand vor seinem Gesicht ausgesteckt hatte, diese nur noch schemenhaft wahrnehmen. Es war das perfekte Wetter für sein Vorhaben. Das unheilvolle Licht der Laternen, das von den Nebelschwaden aufgesogen wurde, beleuchtete matt den Weg zu seinem Ziel. Es war gerade einmal vier Uhr morgens und auf der Straße fuhren noch keine Autos. Wahrscheinlich weil die, die um diese Zeit schon arbeiten mussten, eine ganz andere Richtung zu fahren hatten. Außerdem wollte sich keiner schon um kurz vor zwölf Uhr in einem Schulkomplex, der ein Problem mit der thermalen Ausgleichung von Wetterschwankungen hatte, befinden. Er würde sich langsam und unauffällig in den Alltag des Blondhaarigen einbringen, ihn abhängig machen und ihm letztendlich alles, was ihm jemals wichtig gewesen war, vor den Augen entreißen. So arbeitete er, schließlich sollten ja beide etwas davon haben. Er läuterte den Jungen und wies ihn auf seine verdorbene Spezies – die Existenz des Schwarzhaarigen selbst war das beste Beispiel dafür – hin und er konnte sehen, wie der andere unter ihm zerbrach. Wenn das die Menschheit nicht als Gut empfand, wusste er auch nicht, wie verlogen sie noch werden konnte. Denn jeder Mensch empfand Schadenfreude. Er liebte es andere Menschen leiden zu sehen. Schließlich wurden viele „soziale“ Netzwerke mit Videos geschmückt, in denen sich Menschen verletzten, etwas Waghalsiges taten oder in denen andere Leute einen Schwächeren Schaden zufügten. Hinzu kamen die mentalen Angriffe, die sie gegenseitig ausspielten und versuchten, die anderen in den Suizid zu treiben, um dann zu behaupten, dass sie ja die besten Freunde waren. Unter den Menschen bestand ein Kampf ums Überleben. Nur die Starken; „Blinden und Tauben“, kamen aus diesem Kampf, der sich Pubertät nannte, lebend heraus und sie bildeten die Elite der Verlogenheit, die diese Gemeinschaft vorantrieb und am Leben hielt. Während die Jugendlichen dabei waren, sich gegenseitig zu Grunde zu richten, waren die Erwachsenen damit beschäftigt, sich in eine irreale Scheinwelt zu fliehen, in der alles in Ordnung war. Sie klammerten sich an ein stetig währendes Muster, da die kleinste Veränderung ihnen das Genick brechen könnte. Von Zweifeln und Schuld zerfressen, leben sie für ihre Kinder, nur um zu sehen, wie diese dann ihre eigenen Fehler wiederholten; ein Teil dieses Kreislaufes zu werden. Nach 16 Minuten hatte er sein Ziel erreicht. Die Schule von Ventus lag vor ihm, verhüllt von dünneren Nebelschwaden. Er machte sich direkt auf den Weg zu einem der Notausgänge am Ostflügel des Gebäudes. Von dort aus lief er weiter Richtung Norden – entfernte sich weiter von der Straße – und betrachtete das zweitletzte Fenster dieser Seite. Hier müsste, wenn die lauthalsen Erzählungen, die er aufgefasst hatte, der Schüler stimmten, das Büro des Direktors sein. Ein Blick auf den ordentlichen Bürotisch – der durch seine Taschenlampe erleuchtet wurde - mit einem kleinen Schildchen und einem Foto, das eine glückliche Kleinfamilie zeigte, bewies ihm, dass es sich wohl wirklich um das Direktorenbüro handelte. Ein kurzes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, dann nahm er das Fenster genauer in Augenschein, um nachzusehen, welche Werkzeuge hier am geeignetsten waren, um dieses zu öffnen. Glücklicherweise schien das Fenster oft benutz worden zu sein, denn es hatte sich bereits abgesenkt. Die Scharniere waren abgenutzt und durch die ständige Kipplage hatte sich der Flügel abgesenkt. Er konnte es ohne Werkzeug versuchen. Dreimal klopfte er fest gegen den Rahmen ohne Erfolg, beim vierten Mal sprang das Fenster auf. „Na geht doch.“ Mit sich selbst zufrieden kletterte er in das Büro und suchte sofort die nötigen Unterlagen zusammen, um seine Schulpapiere vorzubereiten. Kaum hatte er das erledigt, suchte er nach dem Stempelkissen, welches sich in der obersten Tischschublade befand. Außer dem Stempelkissen fand er darin, in einer Streichholzschachtel, einen kleinen Schlüssel, der es ihn ermöglichte, den Schrank mit den Schülerakten zu öffnen. Er holte die Akte ganz vorne heraus und studierte diese. Das Dokument wurde mit einem einfachen Kugelschreiber ausgefüllt worden. Heute schien wirklich sein Tag zu sein. Schließlich wäre es umständlicher gewesen, erst den seinen Laptop aus seiner Tasche zu holen, diesen an Strom und Drucker anzuschließen, um das Dokument zu bearbeiten und auszudrucken. So konnte er einfach die entsprechenden Daten in die freien Stellen eintragen. Um das Dokument auszufüllen, musste er in seine Tasche greifen und sein Portemonnaie mit dem Personalausweis seiner jetzigen Identität heraus holen. Als er das Bild des Schwarzhaarigen Jungens, der ihm vom Aussehen wirklich ähnelte, sah überschlich ihn ein Grinsen. Sein letztes Opfer. Tylor Leicester, ein damals 18-jähriger Junge, athletisch gebaut, der gerade seine Emo-Phase entdeckt hatte. Über eine Seite, die extra für diese Szene angelegt worden war, hatte er Kontakt mit ihm aufgenommen und es hatte nicht lange gedauert, bis der Junge mit dem Nicknamen DemonSeducer92 ihn um ein Treffen gebeten hatte. Sie wollten sich an einem abgelegenen Ort treffen, um dort die Stille zu genießen, den Problemen des anderen zu zuhören und diesen eventuell beizustehen – das war die Planung Demons, er selbst hatte etwas anderes geplant. Erst würde er ihm zuhören und dann von seinem „Leid“ befreien. Ihm weiß zu machen, dass die Menschheit Abschaum war, musste er nicht, da er sich schon ausgiebig mit ihm über dieses Thema diskutiert hatte. Die Tage folgen dahin und es kam endlich zu ihrem Treffen. Der andere Junge war schon am ausgemachten Treffpunkt, ein kleiner See in Mitten eines Fichtenwaldes. „Ich dachte schon, du versetzt mich auch. Er erinnerte sich noch genau, wie verletzt der andere ihn angesehen und ihn, nachdem er ihm umarmt hatte, seine neue Leidensgeschichte erzählte. Fast eine Stunde hatte er ihm zu gehört, als seine Geduld sich dem Ende neigte. Den Helfer spielend schlug er Demon vor, ein Stück zu laufen, um seinen Kopf frei zu bekommen. Nach einer Weile, brachte er den anderen Schwarzhaarigen auf die Idee, ein kleines Gedicht über seine jetzigen Gefühle zu verlassen, da dieser sehr Ausdrucksstark waren und angeblich eine befreiende Wirkung hätten. Demon schien begeistert und sie machten sich auf die „Suche“ nach einem geeigneten Rastplatz. Und dann kamen sie an die Waldhütte, so wie er es geplant hatte. Und die Natur, sie zieht mich nieder Immer wieder auf die Knie Und das Leben wird mir zuwider Wünschte mir, ich lebte nie. Oh, das ‘leiden aller Schmerzen Wie es uns auch ewig scheint, Brennt sich lodernd in die Herzen Wir alle sind durch Schmerz vereint. Endlich kenne ich meine Antwort, auf die Frage die mich dringt, es zieht mich weg von diesem Schandort Wenn die Dunkelheit mich verschlingt „Ich glaube, mich kann gerade nichts mehr glücklich machen…“ „Hier ich habe da etwas dabei, was uns wenigstens kurz hilft, Glück zu empfinden.“ Mit diesem Worten holte er zwei kleine Spritzen heraus und reichte Demon eine, welche er auch gleich annahm. „Was ist das?“ „Opium.“ Was er natürlich nicht wissen konnte, in seiner Spritze war eine Überdosis von Diacetylmorphin, während sich in seiner eigenen nur eine Kochsalzlösung befand. Sie beide nahmen die Spritze in die rechte Hand und injizierten sich, nachdem sie die Stelle am Arm desinfiziert hatten, sich die Flüssigkeit. Nachdem er die Personalien von Tylor übernommen hatte, widmete er sich als nächstes der Unterschrift des Direktors, welcher – nein wohl eher welche, nicht besonders kreativ, was die Verzierung ihrer Signatur anging – zu seinen Gunsten. Er holte ein Blatt heraus und legte das Dokument vor sich, sodass er die Unterschrift auf den Kopf sah, denn er hatte mal gehört, dass, wenn man diese so betrachtete, es sich nur um wahllose Linien handelten, die er versuchte ziemlich genau nachzuzeichnen, bis er ungefähr den Dreh raus hatte. Und es gelang ihm tatsächlich nach ein paar Versuchen, diese Unterschrift so zu zeichnen, dass man annehmen könnte, die Direktorin hätte sie geschrieben. Jetzt machte er diese Prozedur noch einmal bei seinem Dokument, stempelte dieses ab und fügte es anschließend in eine freie Papiermappe ein, die er dann zusammen mit der anderen Mappe, wieder an der richtigen alphabetischen Stelle einordnete. Nachdem er alles wieder an seinem Ursprungsort gebracht hatte, lockerte er den Verschluss des Fensters soweit, dass, wenn er den Griff so einstellte, dass er sich bei kräftigen zuziehen schloss, erst wirklich verriegelte. Erst dann verließ er wieder das Gebäude, denn um Fingerabdrücke musste er sich mit Krankenhaus-Handschuhen nicht machen, und zog das Fenster hinter sich zu. Mit einem lauten Knall schlug es gegen den Rahmen, der Griff bewegte sich durch den Aufprall nach unten und verankerte sich, bevor dieses wieder aufschwingen konnte. Das Fenster war verschlossen. Das lief echt zu gut. Kapitel 4: Donnerstag der 04.Dezember ------------------------------------- Mit einem Schlag öffnete er die Augen. Noch bevor sein Wecker überhaupt die Chance hatte, seiner Bestimmung nachzukommen, stellte er diesen stumm und streckte sich. Heute war Donnerstag. Er würde heute in die Schule gehen, um für seine Annahme an der Schule zu garantieren. Für alle Notfälle, falls der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass die Schuldirektorin ihn trotz der vorhandenen Unterlagen nicht an der Schule annahm, hatte er bedenkliche Informationen über sie und einige ihrer Kollegen herausgesucht, die wohl besser verborgen bleiben sollten. So hatte er erfahren, dass diese Frau, trotz ihres angeblich stolzen und selbstsicheren Antlitzes, eine gebrochene Persönlichkeit hatte– was würde sie nur machen, wenn ihre Affäre mit einen ihrer Kollegen rauskommen würde. Nachdem er sich noch einmal ausgiebig gestreckt hatte, machte er sich auf den Weg in die Küche, wo er erst einmal etwas zu sich nahm. Frühstück war die wichtigste Mahlzeit des Tages. Es versorgte den Körper und vor allem das Hirn mit neuer Energie und sättigte den Magen. Als er auch dies hinter sich gelassen hatte, begab er sich in sein Bad, in dem er die morgendliche Routine durchführte; Waschen, Zähne putzen und anziehen. Schließlich musste er auch bald los. Er hatte sich nicht umsonst den Wecker gestellt und er hatte keine Lust, dass sein Plan später nicht aufging wie er es wollte, nur weil er mal meinte länger schlafen zu müssen, oder zu lange im Bad brauchte. Wenn man sich etwas vornahm, dann sollte man mit genügend Disziplin an die Sache rangehen, sonst würden sie am Ende nicht den erwarteten und erwünschten Effekt haben. Sondern sie würden einen eher Unglücklich machen, da man weiß, man hätte es besser gekonnt. Von seinem Appartement zu seiner „neuen Schule“ dauerte es gerade mal zehn Minuten zu Fuß – zuvor hatte er nur wegen des extrem eigeschränkten Sichtfeldes länger gebraucht. Die Schule gehörte nicht wirklich zu den Kreisen, die er eher aufsuchte. Es war eine öffentliche Schule, die die üblichen Probleme; dumme pubertierende Halbheranwachsende mit und ohne Migrationshintergründen, Gangs, Drogen, Vandalismus, schwangere Minderjährige und sinkende Intelligenz durch das RTL Nachmittagsprogramm, plagte. Es gab sieben Schulen in dieser Stadt, wovon gerade einmal drei überfüllte öffentliche Schulen waren und das, obwohl die Armutsrate hier sehr hoch war und immer weiter stieg. Jedoch schickten die wenigen reichen Eltern ihre verwöhnten kleinen Bratzen in die Eliteschule, welche sie nur bestanden, da die Eltern genügend Geld den Lehrern zahlten oder aber ihr Leben in ihren Zimmern hinter Büchern verbrachten – was ihn nicht unbedingt störte. Wissensdrang ist natürlich, doch würde diese Art von Kindern niemals wirklich lernen, ihr Gelesenes zu verwirklichen, da die Gesellschaft sie systematisch zerstörte, sodass sie schon im jungen Alter starben. In dieser Stadt gab es eine bestimmte Struktur, die die Armen von den Reichen trennte, sodass diesen ignoranten Kreaturen das Elend ihrer eigenen Rasse nicht einmal bekannt war. Aber er kannte sie. Er kannte die Sünden der Menschen. Ihre Fähigkeiten, das negative zu verdrängen und zu leugnen. Seine Wohnung lag am Rande des reicheren Viertels und deswegen lag es näher an der öffentlichen Schule im Nord-Westen der Stadt. Um zu den Blondhaarigen zu gelangen müsste er schon vierzig bis fünfzig Minuten einrechnen – die Trennung wurde durch die Schule und die City mit ihren Einkaufsstraßen vollzogen. Auch in dieser war die Differenzierung der beiden Stände zu fühlen. Während im Norden, Westen und Süd-Westen viele Ein-Euro-Shops und billige Einkaufgeschäfte wie Primark und Kik vorzufinden waren, gab es im Osten und Süd-Osten Läden von Galeriés Lafayette, Hollister und Piaget, auch gab es dort auch unnötig teure Schönheitssalons an jeder zweiten Ecke, die den Frauen weis machen sollten, dass man nie früh genug ein Opfer der Chirurgie werden konnte – man solle ja vorbeugend Handeln. Er hatte sie für extra eine Randwohnung ausgesucht, da diese nicht ganz so teuer waren, wie die, im Zentrum des Reichenviertels, welches durch breite Straßen, Grünstreifen, große Häuser mit noch größeren Gärten und weitgezogenen Parks und Kinderspielplätzen definiert wurde. Es würde einfach viele Fragen aufwerfen, zumal er keine „Eltern“ besaß. Allerdings wollte er nicht, in das Armutsviertel, dadurch würde man ihn eher ansprechen, falls irgendetwas passiert seinen sollte, und er hätte nicht so viel Bewegungsfreiheit, wie er es im Moment genoss. Klar würde er, sofern es für ihn gefährlich hätte werden können, seine jetzige Identität ablegen, die Stadt verlassen und sich sein neues Armeisennest suchen, welches er zerstören konnte. Außerdem waren die Häuser in den ärmeren Viertel eher auf WGs ausgelegt. Die zehn Minuten vergingen schneller als erwartet und so sah er schon den riesigen Schul-Komplex. Pünktlich mit den Klingeln betrat er die Schule und wurde auf den Weg zum Direktorenzimmer direkt von einem überengagierten, verwirrten Lehrer abgefangen, der ihn nicht als Schüler erkannte und deswegen vom Schulgebäude schicken wollte. Als er diesem zu erklären versuchte, dass er erst frisch auf diese Schule gewechselt hatte, bekam er als Antwort nur einen verwirrten Blick. Er hatte schon irgendwie vermutet, dass sich irgendein Lehrer in den Weg stellen würde. „Aber mir wurde versichert, dass meine Anmeldung verzeichnet wurde.“ „Nein, also nach meinem Wissensstand –“ „Ich möchte Ihnen keineswegs unterstellen, dass sie nicht Bescheid wissen, aber ich würde mich beruhigt fühlen, wenn sie wenigstens in den Schülerakten nachsehen würden.“ „Entschuldigen Sie! Ich denke wir sollten, bevor wir die Direktorin in ihrer Arbeit stören, erst einmal Herrn Eraques konsultieren. Er müsste von Ihnen wissen.“ Es fiel dem Schwarzhaarigen wirklich schwer, ein genervtes Seufzen zu unterdrücken. Er musste sich unter Kontrolle haben, denn er es nicht mit den Lehrern verscherzte, konnte er deren „Fehler“ ausnutzen und später Vorteile aus ihren schlechten Gewissen ziehen. Als sie nach einer kurzen Unterhaltung feststellten, dass es wohl keine andere Möglichkeit gab, als die Direktorin persönlich zu fragen und sie wollten ihn gerade schon zur Tür heraus schieben, als diese ebenfalls die Frage, ob sie von einen neuen Schüler wüsste, verneinte. „Entschuldigen Sie. Ich meinte, dass eine nette Frau mir versichert hatte, dass sie meine Akte schon einmal alphabetisch einordnen würde. Ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie wenigstens einmal nachschauen könnten, ob nicht doch meine Unterlagen hier sind.“ „Nun unterstellen sie unserer Rektorin nicht, dass sie unordentlich sei!“, fuhr ihn auch gleich der Schleimer-Lehrer an. „Das habe ich auch niemals behauptet.“ „Entschuldigen Sie Mr. …?“ „Leicester…. Tylor Leicester.“ „Leicester. Ich werde gleich nachsehen, ob ich ihre Unterlagen finden kann. Wir hatten vor kurzen eine neue Sekretärin bekommen, vielleicht ist deswegen ihre Akte verschwunden.“, sagte sie, während sie aufstand und den Schrank mit den Unterlagen öffnete. Sein Blick glitt durch den Raum und blieb am Fenster haften, nicht, weil er seinen gelungenen Einbruch genießen wollte, sondern, da er im Hintergrund einen gehetzt wirkenden Jungen zum Schulgebäude rennen sah. Ventus hatte also verschlafen, kein Wunder, dass dieser schlecht in der Schule war. Wer häufig fehlte verpasste einfach sehr viel. Wenige Minuten später war der Blondhaarige verschwunden und er wendete seinen Blick auf die Rektorin, welche gerade eine Akte heraus zog und diese kritisch musterte – der Blick war zu göttlich. „Wir scheinen uns geirrt zu haben. Es tut mir sehr leid, dass es so viele Umstände wegen ihren Schulwechsel gab. Wir werden heute schauen, in welche Klasse wir sie am besten einteilen. Kann ich sie telefonisch erreichen?“ Als Antwort nahm er sich den kleinen Notizblock, der auf dem Podest lag und schrieb die Nummer seines Prepaid-Handys, welches er sich extra für dafür gekauft hatte, nieder. Nachdem sich die Anwesenden im Raum nochmals für dessen Verständnis bedankten und ihm versicherten, dass er im Laufe des Tages noch einen Anruf bekommen würde. Er verabschiedete sich kurzgebunden und wollte sich auf den direkten Weg in die Innenstadt begeben. Dort, in einem kleinen Café, kellnerte die blauhaarige Zimmerkameradin, um ihren Teil der Miete, der deutlich höher war, als der des Blondhaarigen, beizutragen. Im Gedanken versunken bemerkte er nicht, dass sich ihn jemand näherte. Erst als diese Person ihn an der Schulter packte und leicht nach hinten zog, um ihn von weitergehen abzuhalten, fiel es ihm auf. Reflexartig hatte er sich umgedreht und seine Hand, die er zu einer flachen Faust angespannt hatte, hielt nur wenige Zentimeter von der Person inne. Ventus hatte echt Glück, dass er eine so gute Reaktionszeit hatte. Dieser schaute ihn erst geschockt, doch bald darauf, mit einem Lächeln an. „Ich habe dich hier noch nicht an der Schule gesehen, bist du neu hierher gezogen? Und das mitten im Jahr?“ Na der ging aber gleich ran. „Du kannst mich hier auch noch nicht gesehen haben, morgen wird mein erster Schultag hier…“ – bevor der Schwarzhaarige weiter antworten konnte, hatte ihn die Schulklingel unterbrochen, die den Schülern signalisierte, dass dir Pause beendet war und die Schüler sich bitte zu den Sälen begeben sollten. „Ah Entschuldigung, ich muss rein… Sonst überlebe ich den Tag heute nur noch einen Kopf kürzer! Wir können uns morgen weiter unterhalten.“, mit diesem Worten drehte sich der Blondhaarige um und lief zurück in das Gebäude. Der Schwarzhaarige wusste nicht warum, aber empfand nun noch mehr das Bedürfnis, den Blondhaarigen seinen Glauben an die Menschheit und dessen Wohlwollen Stück für Stück zu zerreißen, bis dieser nur noch ein Wrack seiner selbst war. Kapitel 5: Freitag, der 05.Dezember ----------------------------------- Wie bereits angekündigt, hatte sich die Direktorin höchst persönlich bei ihm angerufen. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich gerade an einen freien Tisch in dem kleinen Café gesessen und einen Kaffee bestellt. Eigentlich verstand er die Frau am an der anderen Leitung kaum, da die Soundkulisse in diesem Lokal zu laut war. Allerdings hatte er verstehen können, dass sie ihm gerade seinen offiziellen Stundenplan verkündete und sich zudem zum dreiundzwanzigsten, der Schwarzhaarige glaubte es zu mindestens, Male entschuldigte für das morgendliche Chaos. Danach wurden die letzten verabschiedeten Worte gewechselt und er hatte aufgelegt. Während er seinen Tee austrank, beobachtete er die Blauhaarige, die Zuvorkommend und immer mit einem Lächeln auf den Lippen, die Bestellungen der Kunden annahm. Sie schien so schnell nichts aus der Ruhe bringen zu können – dieses Wissen über sie würde ihm vorerst reichen. Schweigend stand der Schwarzhaarige vor dem Saal, indem er die nächsten zwei Stunden die Mathestunden eines minderbemittelten Lehrers antun musste. Es war gerade einmal viertel vor acht und trotzdem waren seine Klassenkameraden noch nicht ausfindig zu machen. Erst fünf Minuten vor dem Klingeln sah er die anderen. Oh, wie sie alle pünktlich für Mathe kommen wollen. Unter der ankommenden Schar befand sich auch der Blondhaarige, wegen dem er sich das alles antat. Er ließ sich mit der Masse in den Saal treiben und blieb dort an der Tafel stehen. Als ihn die anderen wirklich bemerkten, ging ein aufgeregtes Raunen durch die Reihen. „Guten Morgen Schüler. Dürfte ich um Ruhe bitten. Wie Sie sehen, haben wir einen neuen Mitschüler.“, bei diesem Worten drehte er sich zu dem Schwarzhaarigen und fuhr fort. „Könnten Sie sich bitte dem Kurs vorstellen.“ „Mein Name ist Tylor Leicester, ich habe ungefähr euer Alter und bin wegen eines Umzugs auf diese Schule gewechselt.“, mit diesen Worten bahnte er sich seinen Weg durch die Stuhlreihen und setzte sich an den einzigen Platz, der frei war – den Tisch vor dem Blondhaarigen auf der Fensterseite. Der Lehrer wirkte etwas überfordert, da er sich einfach, ohne die Bitte zum Hinsetzen des Lehrers erhalten hatte und es trotzdem tat. Aber jeder wusste wie es abläuft, wenn ein neuer Schüler in die Klasse kommt. Vorstellen, Abnicken des Lehrers, Hinsetzen und dann Fortführung des Unterrichts. Er hatte legendlich den Prozess verkürzt, sowie man es auch in Mathe zum Beispiel mit den vorzeitigen Kürzen und Zusammenfassen der Brüche tat, um sich sowohl Arbeit, wie auch Zeit zu sparen. „Es ist zwar nicht gerecht, wenn ich Ihnen gleich an ihren ersten Schultag nach dem Wechsel eine HÜ aufzwinge, allerdings ist diese nun seit längeren geplant. Versuchen sie einfach mal mitzuschreiben. Vielleicht hatten sie das Thema schon.“, mit diesen Worten teilte er einen kleinen Zettel verdeckt aus. Ein wirklich wundervoller erster Schultag. Synchron mit den anderen aus der Klasse drehte er seine HÜ um und fing an die gesuchten Werte der Funktionsschar auszurechnen; Symmetrie, Asymptoten, Schnittpunkte mit x/y-Achse, sowie erste und zweite Ableitung befanden sich innerhalb kürzester Zeit auf seinem Blatt. Er berechnete die Ortskurve der Wendepunkte und berechnete die Fläche die Ortskurve und Funktionsschar einschlossen. Nach einer viertel Stunde war er fertig, lehnte sich entspannt zurück und musterte die angestrengten Gesichter seiner Mitschüler. Nach weiteren zehn Minuten sammelte der Lehrer die Blätter wieder ein und steckte sie in seine Tasche. Der Rest des Unterrichts bestand darin, den ziemlich kleinen Hirnen mancher Helden innerhalb der Klasse zu erklären, wie sie eine Funktion abzuleiten hatten, wenn diese eine Produkt beinhaltete – nichts besonders schweres. Als es zur Pause klingelte, schlich er sich gekonnt an seinen neuen Kameraden vorbei und begab sich in seinen nächsten Unterrichtsraum. Als nächstes stand Geschichte auf seinem Stundenplan. Es verwunderte ihn jedes Mal vom Neuen, wie wenig sich die Schüler heutzutage noch merken konnten. Einerseits war dies verständlich, da wirklich viel Irrelevantes im Unterricht behandelt und über die Nachmittagssendungen ebenfalls keine bedeutenden Nachrichten übermittelt wurden. Jedoch zog sich durch dieses Unwissen der Unterricht so lange, dass er schneller zum Mars geflogen wäre, als dieses eine Thema zu besprechen. Als der Geschichtslehrer dann zum sechsten Mal die Frage wiederholt hatte, seufzte er entnervt die Antwort und damit waren sämtliche Augenpaare in diesem Raum auf ihn gerichtet. Der Lehrer, welcher sonst nur halbe Wahrheiten zu hören bekommen schien, blickte ihn an, als hätte er sich verhört. Bald schon erlöste ihn die Klingel von dem „Unterricht“ und um ihren Tisch versammelten sich drei Leute. Ihrem Auftreten nach vermutete er, dass sie eine Clique bildeten. „Warum weißt‘n du so viel, bist wohl so’n Streber wie der da. Na dass passt ja.“, bei den Worten blickte er zu den Blondhaarigen. „Wir mögen keine Streber, nicht wahr, Vennyboy.“ Angesprochener, welcher seit dem die Jungen zu ihnen gestoßen waren, sichtlich angespannt war, bedachte die dreien mit einem derart kalten Blick, wie der Schwarzhaarige es den andern nicht zugemutet hatte. „Das ist natürlich tragisch, habt ihr Angst, vor Augen gehalten zu bekommen, dass ihr im Gegensatz zu anderen, keinen wirklichen Wert im Geiste besitzt?“ Bevor der Anführer der kleinen Gruppe auch noch eine neue Beleidigung äußern konnte zückte er ein Messer, welches er immer bei sich trug und rammte es geöffnet in den freien Raum zwischen den Fingern der Hand, welche auf seiner Tischplatte lagen. „Oh, da ist mir wohl ausversehen mein Messer aus der Hand gerutscht.“ „Beruhig dich ma‘, Alter! Das hätte voll schief gehen können.“ Falsch, aber wenn diese sich an seinen Rat hielten, würden sie das vielleicht nie erfahren. Vielleicht. Die Gruppe beeilte sich von den >Psychoemo<, wie sie ihn nannten, wegzukommen. Psycho an sich stimmte schon. Er hatte ein sehr verkümmertes Empathie-Empfinden, aber er war kein Emo. Weder hörte er Emocore noch gehörte er zu der Art Menschen, die ihr Leben wie ein Klischee-Emo führten. Er schrieb keine Gedichte, die voller Emotionen waren. Zudem empfand er nicht einmal richtig Gefühle. Psychoemo war demnach auch ein kleines Paradoxon. Wie konnte er emotional sein und gleichzeitig eine dissoziative Persönlichkeitsstörung haben. Der Schwarzhaarige sah zu Ventus(, welcher skeptisch die Augenbraue zusammenzog), indem er den Kopf schief legte, während er sein Messer wieder einklappte und mit einem theatralischen Seufzen in seine Tasche steckte. Der Rest des Tages lief relativ normal ab. In Sport konnte er zeigen, dass er noch immer im Höchstform war. Nur in Sozialkunde hatte er etwas Schwierigkeiten gehabt. Sie waren in Gruppen eingeteilt worden; die eine Seite „Pro Einmischung der Menschen in die Natur“ und die andere Seite „Contra der Einmischung der Menschen in die Natur“. Und wo war er gelandet? Natürlich bei der Pro-Gruppe. Nach anfänglichen Schwierigkeiten schlug dann einer der Gruppe vor, dass sie sich erst einmal sämtliche Contra-Punkte aufschrieben und versuchten dann konkret diese zu wiederlegen. Allgemein, so würde er sagen, war dies ein gelungener erster Schultag. Kapitel 6: Samstag der 06.Dezember ---------------------------------- Heute, für den 6. Dezember hatte er sich etwas Besonderes überlegt. Mit den Einkäufen des gestrigen Tages beladen, lief er zu der Wohnung des Blondhaarigen. Anstelle seiner lässigen Alltagskleidung trug er einen schwarzen Anzug mit roter Musterung, welche seine Muskeln schmeichelten. Eigentlich war dieses ein Equipment zu einer Motorrad Ausrüstung, allerdings hatte er dieses (sein Motorrad) in der letzten Stadt verkaufen müssen. Zur Sicherheit. Außerdem war man in dieser Stadt schneller zu Fuß unterwegs. Ein weiterer Pluspunkt dieses Anzugs, außer dass er dunkel war und deswegen leicht im Dunkeln mit den Hintergrund verschmelzen konnte, er hielt trotz seines dünnen Stoffes die Wärme fest. Das Schöne an der Wohngegend von Ventus und seinen zwei Freunden war, dass es, obwohl in diesem viele Familien mit kleinen Kindern lebten, nur spärlich beleuchtet wurde – und das war schon ein Euphemismus, denn die Laternen standen in 100m Abstand voneinander, was bei einem maximalen Beleuchtungsradius von 5 Metern nicht besonders weit war. Die spärliche Beleuchtung gewährleistete ihm natürlich sich unauffällig den Haus zu nähren, in dem die drei sich ein Appartement teilten. Wie auch schon am Anfang dieser Woche, war es nicht besonders schwer in das Haus einzudringen - Familienwohnhäuser waren meistens nur unzureichend gesichert. Mit einem leisen Klick öffnete sich die Tür und der Schwarzhaarige ging, mit seinem Rucksack und der roten Weihnachtsmütze, die er sich aufgesetzt hatte, in die Hausflur. Warum? Naja, es war Nikolaus und er hatte Lust die drei etwas zu „beschenken“. Kaum war auch diese Tür geöffnet, leuchte er mit seiner Taschenlampe den engen Wohnungsflur und suchte nach den Schuhen der Dreien. Lange brauchte er nicht, um diese ausfindig zu machen, da diese akkurat auf einer schmalen Fußmatte neben der Kommode standen. Bevor er sich vor die Schuhe kniete, um leichter die kleinen Presente aus den Rucksack zu holen, nahm er sich eine weiße Rose aus der Vase, die eben auf jener Kommode standen. Die würde er später noch brauchen. Dann widmete er sich den Schuhen von Ventus. Es war nicht schwer, die Schuhpaare den jeweiligen Besitzern zuzuteilen, da es erstens nur drei Schuhpaare gab und zweitens diese verschiedene Größen hatten und er die Schuhe des anderen wiedererkannte. In dessen Schuhe legte er jeweils zwei Zuckerstangen, die sich vor einem Nikolaus kreuzten. Die Anordnung war nicht willkürlich. Sie konnte sowohl heißen, dass der Schwarzhaarige mit dem Nikolaus und der Weihnachtszeit allgemein nichts anfangen konnte, aber auch, dass Ventus diese Weihnachten voraussichtlich nicht überleben würde. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen widmete er sich der Blume, indem er ein Blatt nach dem anderen pflückte und dabei abwechselnd „Terra“ und „Aqua“ sagte. Er hatte nichts gegen die beiden, noch nichts, denn sie waren ihm noch nicht im Weg. Allerdings hatte er nur noch ein neutrales Geschenk. Nachdem er die letzten Blätter der Rose gepflügt hatte, verzierte er die Schuhe des Mädchens mit blauen Schleifen, in deren Mitte ein Glöckchen befestigt war und arrangierte das Bildnis mit Nestelzweigen. In die Schuhe des Braunhaarigen legte er ein aus Rosenstielen geflochtene Sohle ein – natürlich mit Dornen. Ohne wäre es nur halb so lustig. Er hatte sich gerade aufgerichtet und noch einmal sein kleines mit den Rosenblättern verziertes Kunststück betrachtet, als er neben sich ein Geräusch vernahm. Neben ihn, in unmittelbarer Nähe stand die blauhaarige Bewohnerin dieses Appartements. Ein Glück konnte sie nur seine Augen wirklich sehen, da er einen Großteil der Haare mit der Weihnachtsmannmütze, das Gesicht bis zur Nase mit einem Schal und der Rest des Körpers eben mit dessen Anzug verdeckte. Den Moment der Verwirrung ausnutzend schnappte sich der Schwarzhaarige seinen Rucksack und hastete aus der Wohnung. Während er weiterlief zog er sich die Mütze aus und stopfte sie in seinen Rucksack. Erst als er in der Nähe des Rotlichtviertels war, verlangsamte er den Schritt. Aqua schien ihn nicht verfolgt zu haben. Er hoffte wirklich für sie, dass sie ihre Begegnung einfach vergessen würde, anders würde das ziemlich nervig werden. Kapitel 7: Sonntag der 07.Dezember ---------------------------------- Wegen des gestrigen Tages hatte der Schwarzhaarige erst einmal beschlossen, ein bisschen Abstand zu dem Jungen zu halten. Die Wahrscheinlichkeit, dass er den Blonden mit ihr an einen Sonntag antreffen würde, war gar nicht mal so gering. Es wäre ohnehin sicherer, wenn er sich nun mehr bedeckt hielte, denn es gab immer andere Faktoren, die man nicht vergessen durfte. Zuschauer, die ihn zum Beispiel aus ihren Häusern beobachtet hatten und stutzig wurden. Den gewonnenen freien Tag konnte er dafür verwenden, um das Buch über den BTK-Killer zu lesen. Es war nie schlecht über Seinesgleichen zu lesen – vor allem nicht, wenn diese durch dumme Fehler gefangen genommen wurden. Dennis Rader war ein unscheinbarer Familienvater, Leiter einer Pfadfindergruppe und Kirchen-Vorsitzender. Stinknormal. Jedoch tötete er Mitte Januar 1974 eine Familie, in der nur ein Kind (von dreien) überlebte und kurze Zeit darauf eine 21-jährige Frau, die er erstach. Ihr Bruder überlebte den Angriff mit zwei Schüssen schwerverletzt. Drei Jahre lang hörte man nichts von dem Mörder, der sich bei seinen Briefen an die Medien BTK-Killer nannte. Die Anfangsbuchstaben standen für seine Mordmethode. Bind, torture, Killer. Er fesselte seine Opfer, quälte und tötete sie. Seinem nächsten Opfer erklärte er sogar seine Fantasien, fesselte sie danach erst ans Bett und erstickte sie mit einer Plastiktüte. Im Dezember 1977, am morgigen Tag vor 37 Jahren, hatte er sich Zugang zu der Wohnung einer alleinstehenden Frau verschafft und wartete in ihrer Küche auf sie. Hilfe konnte diese nicht mehr holen, als sie denn Mann in ihrer Küche sah, da dieser das Telefonkabel schon gekappt hatte und so erklärte er auch dieser vor ihrem Tod, was er mit ihr machen würde. Jedoch masturbierte er über ihre Leiche, nachdem er sie, während er sie vergewaltigte, mit einem Gürtel erwürgt hatte. Gürtel, wie auch Seile hatte er im Nachhinein mit Socken ersetzt. Es war verwunderlich, dass er diese überhaupt zuvor „beruhigen“ konnte. Zu gerne würde er sich mal mit diesem Unterhalten, aber dies würde nur schwer gehen, Rader saß für gute 175 Jahre – ohne Bewährung fest und der Jüngste war er auch nicht mehr. Ihn amüsierte es, dass er nach diesem Mord an die Medien schrieb, wie viele Menschen er denn noch töten müsse, um endlich Aufmerksamkeit zu bekommen. So Aufmerksamkeitssüchtig. Dabei war er so ein planvoller Mörder. Mit der Frau, die er im April 85 mit bloßen Händen erwürgt hatte, fuhr er sogar in eine Kirche, machte dort nackte Fotos von ihr in verschiedenen Posen, um seine kranken Fantasien zu verwirklichen und versteckte sie an einem Ort, der ihm gefiel und verdeckte sie mit Buschwerk. Seine Mordmethode variierte leicht. Doch es blieb immer seinen selbstgegebenen Namen treu; er fesselte, vergewaltigte beziehungsweise quälte das Opfer und tötete es. Dabei war es egal, wie er zu dem Opfer kam, durch lange Spionage oder durch eine Tarnung, wie zum Beispiel einen Telefontechniker. Bei diesem Beispiel war ihm auf jeden Fall ein Fehler unterlaufen, denn die Fesseln der Frau lösten sich und es kam zu einem Kampf. Es endete, wie es enden musste. Er erwürgte die Frau trotzdem und nahm als Andenken Fotos mit. Der darauffolgende Mord war, für den Schwarzhaarigen, der interessanteste. Im Januar hatte er sich durch das werfen eines Steines Zugang zu ihrem Haus verschafft. Die Frau dachte, ein Auto wäre in ihr Haus gefahren und als sie Rader sah, erklärte dieser ihr, dass er gesucht wurde, sich deswegen auf der Flucht befand und dringend Essen bräuchte. Wie wohl ein Großteil der Bevölkerung war die Frau irritiert gewesen und diesen Moment nutzte er aus, um auch sie zu Fesseln und seine Fantasien auszuleben. Seine letzten beiden Opfer fand man im Dezember 2004, bei sich hatten sie den Führerschein der am 8. Dezember getöteten Frau. Überführt wurde er nur, weil er im Jahr darauf eine Disk an die Medien sendete, auf der man nach genauster analytischer Arbeit den Namen „Dennis“ entdeckte und DNS-Proben seiner Tochter schon bei der Polizei vorlagen. So wurde er überführt und gab später ein sachlich, detailliertes Geständnis ab. Ihm wurden zehn Morde nachgesagt, die er alle, laut ihm, nur als Befriedigung seiner sexuellen Fantasien ermordet hatte. Der Schwarzhaarige war anders als Rader, denn er würde nicht scheitern, auch nicht nach dreißig Jahren. Denn er würde auch nicht den Fehler begehen, nach zu viel Aufmerksamkeit zu trachten, oder sich eine Familie und Kinder zuzulegen. Jedoch ertappte er sich bei den Gedanken, es amüsant zu finden, wenn er eigene Profile über sich lesen könnte. Es würde in interessieren, was andere Menschen denken, warum er mordet. Vielleicht würde es diese später zu ihm geben und dann – so war er sich sicher – würde er sie lesen und alles falsch anstreichen, was falsch war. Kapitel 8: Montag der 08.Dezember --------------------------------- Der Himmel draußen war von Wolken verhangen und es vielen kleine feine Schneeflocken herab, als der Schwarzhaarige sich aus seiner Wohnung begab. Es war für ihn kein Problem, sich seinen neuen Tagesablauf anzupassen. Zumal das Leben eines Schülers durchaus seine Vorzüge haben konnte. Sie hatten länger Ferien und bekamen die richtigen Antworten für ihre Aufgaben regelrecht vor die Nase geworfen. Und trotzdem beobachtete er, dass sie nichts wirklich wiedergeben konnten. Der beste Beweis dafür war der Geschichtsunterricht in den ersten beiden Schulstunden. Obwohl der Lehrer ausdrücklich betont hatte, dass die Schüler gerne in ihren Heften nachlesen durften, um seine Frage zu beantworten und dies auch jeder Tat, hatte es keiner gewagt, die Lösungen aus zu sprechen. Schon faszinierend. Wahrscheinlich hatten sie Angst, etwas Falsches zu sagen – was er ihnen durchaus zutraute – und sich dadurch vor der gesamten Klasse zu blamieren. Dass sie es eigentlich durch ihr Massenschweigen nur verschlimmerten, war ihnen gar nicht bewusst. Das Schulwesen ließ mit den Jahren immer weiter nach und dass obwohl die Erwartungen an die zukünftigen Abgängern immer weiter stieg. Die Kluft zwischen denen, die es Können (damit sind keine Einserschüler gemeint) und denen, die es stur auswendig gelernt hatten, wurde immer größer. Kompetenten Arbeitern wurde Die Möglichkeit auf die Aus- und Weiterbildung ihrer Fähigkeiten wegen eines zu schlechten Zeugnisses strategisch verbaut. Denn ob man es zugeben wollte oder nicht, wer sich zum Beispiel mit Wartesemestern an einer Universität bewirbt kann, je nach dem, wie sein Zeugnis ausgefallen ist und welcher Numerus Clausus die Universität hat, mehrere Jahre warten. Und dann klagte das Land, es habe zu wenige Fachkräfte in diesem Bereich. Entweder dies war gegeben, oder aber, dort wo es dem Staat mangelte, wurden die Beruf unterbezahlt und unattraktiv für angehende Auszubildende gemacht, da sie während der Ausbildung kaum bis kein Geld verdienten – und davon sollten sie Miete zahlen, Steuern, Versicherungen und Essen. Während sie im Englischunterricht einen Film über die Sklaverei in den Vereinigten Staaten und im Biologieunterricht einen über das Innere einer Zelle – bei denen keiner aufpasste und sich lieber damit beschäftigte, mit Papierkügelchen andere Mitschüler zu bewerfen. Als dem Schwarzhaarigen letztendlich auch ein Kügelchen traf und er das Kichern des, wohl in der Pubertät stecken geblieben, Jungen vernahm, erhob er sich und hob eben jenes Kügelchen auf, welches ihn getroffen hatte. Die Biolehrerin war sowieso in ihrer mitgebrachten Doku gefangen, denn es wirkte so, als ob sie bei jeder „neuen“ Erkenntnis von neuen vor Freunde hin und her wippte. Was zur Hölle war das für eine „Schule“? Ihr war einer dümmer als der andere – und das betraf sogar die Lehrer. Mit dem Kügelchen ging er zu einem Jungen, der seine rötlichen Haare hochgestylt hatte. Seine grünen Irden lachten ihn noch immer an, doch er erwiderte den Blick nur kalt. Der Sitznachbar des Rotschopfes schien zu ahnen, dass man mit dem Schwarzhaarigen nicht spaßen sollte und versuchte den anderen dazu zu überzeugen, dass er sich doch bei Tylor entschuldigen sollte. Doch er stellte sich quer. „Sag deinem Freund, wenn er das noch einmal wagt zu tun, wird er das unglaubliche Glück haben, herauszufinden, wie es denn ist, einen gespitzten Bleistift im Auge zu haben. Ich habe ja gehört, es könnte piksen, aber testen wollte ich es nicht.“, mit diesen Worten, die er zu den Blauhaarigen sprach, drehte er sich um und setze sich wieder auf seinen Platz, an welchen er für den Rest der Stunde den Film desinteressiert verfolgte. Der einzige Lichtblick des heutigen Tages, für Menschen, die sich wirklich fortbilden wollten, war der Matheunterricht. Der Lehrer war streng und zog seinen Unterricht durch. In der heutigen Doppelstunde bekamen sie ihre Hü wieder zurück. Der Schnitt bewies den Schwarzhaarigen, dass es mit der menschlichen Spezies drastisch bergab ging. Der Punktedurchschnitt betrug 1,75 , was einer fünf entsprach. „Wow! Tylor, du hast ja 15 Punkte! Wie hast du das geschafft.“, hörte er neben sich aufeinmal den Blondhaarigen begeistert reden. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass der Lehrer seine HÜ schon ausgeteilt hatte. Naja egal. „Analysis ist gar nicht so schwer. Man muss es nur verstehen und üben.“, erwiderte er. Ein Blick auf die HÜ des Blondhaarigen zeigte ihm, dass er sich im Durchschnitt befand. Ein Punkt. „Wenn du willst, helf ich dir etwas.“, hängte er nach einer kurzen Pause an, woraufhin die blauen Irden des Blondhaarigen anfingen vor Freude zu funkeln und in dem Schwarzhaarigen wieder das Gefühl anfachten, ihnen dabei zuzusehen, wie das Leben langsam aus diesen wich. „Das würdest du wirklich für mich tun?“ „Aber natürlich, Ventus.“ Kapitel 9: Dienstag der 09.Dezember ----------------------------------- „Wann hast du denn Zeit? Oder kann ich dich irgendwie erreichen?“, fragte der Schwarzhaarige den anderen. „Also heute hätte ich frei. Natürlich nur, wenn es dir keine Umstände macht, Tylor.“, antworte dieser zuerst und fügte erst nach einer kleinen Pause an: „Und das mit dem Erreichen könnte sich als ein kleines Problem herausstellen. Ich besitze weder ein Handy, noch einen Computer mit Internetzugang.“ „Ah?~ Und trotz der wenigen Ablenkmöglichkeiten hast du die Schule so hängen lassen?“ „Es ist ja nicht so, dass ich das wollte. Ich hatte einfach nicht die Zeit gefunden, oder jemand der es mir verständlich erklären konnte. Aqua hat selbst viel um die Ohren und Terra kann es glaube ich auch nicht. Außerdem möchte ich sie nicht mehr als ohnehin schon belasten.“ Langsam breitete der Schwarzhaarige die benötigten Unterlagen auf dem vor sich befindenden Tisch der öffentlichen Bibliothek aus. Er wusste nicht genau, seit wann der Blondhaarige nicht mehr in der Analysis mitgekommen war. Aus diesem Grund hatte er sämtliches Material, welches er als nützlich empfand, mitgenommen. Der Schwarzhaarige hatte sowieso schon einen ungefähren Plan entworfen, wie er Ventus auf den neusten Stand der Analysis bringen würde. Er hatte sich diesen gleich zusammen gestellt, nachdem sich die beiden für den heutigen verabredet hatten. Treffpunkt war, wie eigentlich erwartet, die öffentliche Bibliothek, denn diese Bot nicht nur eine Vielzahl an Büchern und somit viel Fachwissen, nein man konnte dort auch in Ruhe lernen und gegebenenfalls im Internet nach weiteren Beispielen suchen. Lange musste er nicht auf den Blondhaarigen warten. Es war kurz vor halb sechs als er diesen am Eingang der Bibliothek ausmachte. Das positive an der Uhrzeit war diese, dass die Bücherei maximal noch zwei Stunden geöffnet hatte. Mit einer kurzen Handbewegung winkte er ihn zu sich und setzte sich an den Tisch, den er für ihre Nachhilfeschule beschlagnahmt hatte. „Hey“, flüsterte der Blondhaarige zur Begrüßung und setzte sich dann neben den Schwarzhaarigen, wo er gleich seine Unterlagen, sprich; einen Block und einen Stift, aus. Nicht einmal ein Lineal hatte er bei sich, wie es schien. Ohne große Umschweife weihte er Ventus in den ungefähren Ablauf ein und diktierte ihm dann eine Funktionsschar. Er hatte sich überlegt, dass er diesem einfach ins kalte Wasser springen lies. Der Blondhaarige protestierte zwar nicht, doch konnte man an dessen Körperspannung eindeutig erkennen, dass diese Methode ihm missfiel – tja, das Leben war kein Wunschkonzert und vor allem war es bei ihm keines. „Tylor, könntest du mich bitte nicht so anstarren? Das macht es nur noch schlimmer.“ „Ich mach dich nervös?~“, fragte er mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen. Doch dies verneinte der Blondhaarige mit einem kurzen Lachen und widmete sich dann wieder der Aufgabe. Vanitas selbst hatte sich für die kurze Zeit eine Lektüre mitgebracht – „Der Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann. „Okay, eine halbe Stunde ist rum. Wollen wir mal schauen wie weit du gekommen bist." Unter – wegen ihren Aufenthaltsort – leisen Protest des Blondhaarigen schnappte er sich dessen Rechnungen. Kurz überflog er das Geschriebene, bis er laut sein Fazit verkündete: „Du kannst gar nichts. Nicht einmal Nullstellen konntest du berechnen.“ „Das hätte ich dir auch sagen können... könnten wir jetzt anfangen zu lernen?“ Seufzend erhob er sich und stellte sich neben Ventus, während er ihm erklärte, was man denn unter Asymptoten, Polstellen, Achsen- und Punktsymmetrie verstand und wozu man diese benötigte. „Also Ventus, wozu brauchen wir die Berechnung der Symmetrie?“ „... Man kann sich, wenn denn eine vorhanden ist, arbeit ersparen ... und man hat noch mal einen Nachweis, ob man richtig gerechnet hat..?“ „Gut genug. Nullstellen bezeichnen einfach nur die Schnittpunkte der Funktion mit der x-Achse. Eigentlich sind diese einfach zu berechnen, da du fast nichts machen musst. Du setzt legendlich die gegebene gleich Null und löst diese auf.“, während der Schwarzhaarige dies erklärte, veranschaulichte er die Vorgehensweise, indem er den x-Wert der Nullstelle berechnete. Anschließend zeigte er ihm, wie man auf den y-Wert des Schnittpunktes kam. Auf diese Erklärung folgte eine etwas längere Veranschaulichung von dem Ableiten der Funktion. Bis Ventus dies verstand war schon eine Stunde vergangen, doch langsam schien er sich wieder an kleine Tipps und Tricks zu erinnern. Schnell hatte er die zweite und dritte Ableitung gebildet und Hoch- beziehungsweise Tiefpunkte und den Wendepunkt ausgerechnet, welche er rechnerisch noch bewies. „Das scheinst du ja schon mal zu können. Weißt du auch, was eine Normale ist und welche Bedingungen diese hat.“ – eigentlich hatte der Schwarzhaarige keine Antwort des Blondhaarigen erwartet, umso mehr überraschte ihn dessen richtige Erklärung. „Das stimmt und weißt du, wie man eine Ortskurve berechnet?“ „Ort-was?“ Bevor der Schwarzhaarige zu einer Erklärung ansetzen konnte, ertönte eine Durchsage, die verlauten hieß, dass die Bibliothek in zehn Minuten schließen würde und deswegen darum gebeten wurde, jetzt zusammen zu packen. „Die erkläre ich dir beim nächsten Mal. Bis dahin kannst diese Funktionen berechnen.“, sprach er, während er ihm einen Zettel mit einigen dieser überreichte. Zusammen verließen sie das Gebäude, wo sie erst einmal stehen blieben. „Danke noch mal, dass du dir heute Zeit für mich genommen hast, Tylor. Du bist meine Rettung.“ „Dank mir erst, wenn die Erfolge auch beim nächsten Mal noch sichtbar sind.“ Der Blondhaarige lächelte ihm, bevor er sich umdrehen wollte, noch einmal zu, wurde aber dann vom Schwarzhaarigen aufgehalten, der ihm an seinen Handgelenk festhielt. „Und nenn mich Vanitas.“, mit diesem Worten wendete er sich ab und lief in die Richtung seines Appartements. Kapitel 10: Mittwoch der 10.Dezember ------------------------------------ Eins stand definitiv fest, die Arbeitsstunden des Blondhaarigen waren definitiv ein Grund für dessen beständig schlechter werdenden schulischen Leistungen. Wenn er nicht nach der Schule direkt sich zu der Bar machte, die Tagsüber ein kleines Café repräsentierte, dann musste er relativ spät am Abend dort noch Kellnern. So wie heute. In der Schule hatte Ventus ihn, bezüglich der Nachhilfestunde, aufgesucht, um deren genauen Umstände noch zu klären. Dieser hatte nämlich in der Pause einen Anruf von seinem Chef bekommen, der ihm fragte, ob er nicht an seinem eigentlich freien Tag heute, für eine der Kellnerinnen, die plötzlich erkrankt war, einspringen wollte. „Sag einfach nein, Ventus.“ „Shhht.“, forderte der Angesprochene ihn auf, diesen nicht weiter zu stören. Zudem hatte er sich abgewandt und sagte letztendlich zu. Nachdem dieser aufgelegt hatte, bedachte er den Blondhaarigen mit einem ernsten Blick. „Kein Wunder, dass deine Noten wortwörtlich den Bach runter gehen, wenn die jedes Mal, wenn auch nur einer dich um Hilfe bittest, du gleich alles stehen und liegen lässt und diesem hilfst. Man sollte auch einmal an sich denken und nicht immer nur an andere.“ „So bin ich aber nicht.“ Er verstand es nicht. Er verstand es wirklich nicht. Wie konnte man so einfach das aufschieben, was man geplant hatte. Der Blondhaarige wusste, dass er schlecht war und deswegen die Hilfe dringend brauchte. Wieso nutzte er dann jede Möglichkeit, sich vor dem Lernen zu drücken? Mittlerweile waren vier Stunden vergangen. Eigentlich hatte er ihm garantiert, dass er spätestens vor zehn Minuten da wäre, war er aber nicht. Wahrscheinlich half er gerade einer alten Frau über die Straße oder spendete ein Großteil seines Blutes, weil das Krankenhaus um Blutspenden gebeten hatte. Es wäre viel einfacher, hätte der Blondhaarige ein Handy. Dann würde er ihn jetzt anrufen und dafür sorgen, dass er herkam und die kleinen Straßenwelpen nicht noch mit zu sich nahm, einmal badete und dann kräftig durchfütterte. Aus gegebenen Gründen hatten sie sich heute nicht in der Bibliothek getroffen, sondern in einem der Gemeindezentren der Stadt. Doch auch diese würden nicht ewig geöffnet bleiben. Plötzlich hörte er schnelle Schritte auf dem Hof und wenig später stand ein völlig aus der Puste geratener Ventus, der mitten in der Tür stehen blieb und sich mit der rechten Hand an der Tür festhielt. „Es tut mir unendlich viel Leid, dich so lange warten gelassen zu haben.“ Als Antwort bekam er nur ein verächtliches Schnaufen, während sich Vanitas umdrehte und den anderen zu ihrem Tisch führte, an welchen er, wie am Tag zuvor, schon alle notwendigen Unterlagen ausgebreitet hatte. Wenigstens hatte der Blondhaarige Samariter die Aufgaben gerechnet hatte, die er ihm gegeben hatte. Wenigstens schien er jetzt das Konzept verstanden zu haben. Jetzt musste er die Rechenwege nur noch durch viel Übung in sich verinnerlichen. Zusammen besprachen sie die Aufgaben, der Schwarzhaarige verriet ihm ein paar kleine Tipps zum Erkennen von Definitionslücken und Asymptoten und dann widmeten sie sich der Erklärung der Berechnung der Ortskurve der Extrempunkte und des Wendepunkts. „Weißt du, wie man die Fläche berechnet, die zwischen zwei Funktionen liegt? Es ist ganz einfach, erst haben wir die obere Funktion, diese bildet die Obergrenze. Da wir aber nicht den Flächeninhalt von der Funktion a und der x-Achse haben wollen, sondern die zwischen der Funktion a und der Funktion g. Sprich wir ziehen von dem Flächeninhalt der oberen Funktion den Flächeninhalt der Unteren ab…“ Als Ventus dann endlich die Integralrechnung verstanden hatte, versuchte er die Berechnung eines Volumens bei zu bringen, welche durch eine Funktion gebildet wurde, die um die x-Achse rotierte. Doch selbst nach einer weiteren Stunde Erklärung schien er diese nicht verstanden zu haben. Dabei änderte sich doch die Formel nur um π und der Potenz der Funktion erweitert wurde. Nachdem der Blondhaarige neben ihm kurz in den Sekundenschlaf gefallen war, packte er seine Sachen zusammen und stand ohne ein Wort zu sagen auf und wollte sich auf den Weg zum Ausgang machen. Es machte keinen Sinn, ihn Mathe zu erklären, wenn dieser zu Müde war, um irgendetwas aufzunehmen. „Wohin willst du gehen, wir lernen doch noch?“ „Du solltest weniger Arbeiten, Ventus. Du bist vollkommen übermüdet. Wahrscheinlich sind das die Hauptgründe für deine umwerfenden Noten. Wie sollst du den Stoff verstehen, wenn du die Worte nicht richtig wahrnehmen kannst und wie willst du das erlernte verinnerlichen, wenn du keine Zeit für deine Aufgaben hast? Geh jetzt lieber nach Hause und hol den Schlaf nach. Damit hast du mehr gelernt, wie wenn du jetzt hier alle zwei Minuten in den Sekundenschlaf fällst.“ „… Wahrscheinlich hast du Recht.“ – Wahrscheinlich? Wohl eher natürlich hatte er Recht! „Aber bevor du gehst, hast du vielleicht Lust morgen mit mir auf den Weihnachtsmarkt zu gehen?“ Weihnachtsmarkt? Eigentlich hatte er schon „Lust“ etwas Zeit mit den anderen zu verbringen. Allerdings musste aufpassen, dass er sich nicht zu oft in Ventus Gegenwart befand. Nachdem er dem Blonden gesagt hatte, dass er erst schauen müsse, ob er nicht schon verplant war, drehte er sich wieder um und machte sich auf den Heimweg. Kapitel 11: Donnerstag der 11. Dezember --------------------------------------- Der Vormittag an diesem Tag verging überraschend schnell. Vielleicht lag es daran, das er sich vorgenommen hatte, den Rothaarigen etwas zu ärgern. Dieser war für seine „Späße“ im Unterricht selbst bei den Lehrern berüchtigt. Aus den Augenwinkel hatte er diesen während der Stunden beobachtet und wie erwartet, hatte dieser wieder begonnen kleine Kügelchen zu basteln, mit dem er andere Schüler nerven wollte. In einem Moment indem er unbeobachtet war, da alle damit beschäftigt waren, die gebrochen rationale Funktion, die an der Tafel gestanden hatte, abzuleiten, packte er seine drei Kügelchen aus, die er gebastelt hatte. Einer von diesen nahm er in die Hand - der Rest wurde sicher in seiner Jackentasche versteckt, welche um seinen Stuhl hang – und katapultierte er diese mit seinem Lineal direkt auf den Kopf des Lehrers. Unmittelbar danach legte er jenes weg und rechnete seine angefangene dritte Ableitung fertig. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich der Lehrer nach dem kleinen Geschoss bückte, einen Blick zu Lea warf, der davon nichts mitbekam, da dieser an der Aufgabe hang und deswegen seine kleinen Scherzkügelchen, noch auf dem Tisch lagen. „Herr Novar, ich habe Sie schon einmal darauf aufmerksam gemacht, dass der Papierverschleiß durch solch unnötige Aktionen in meinem Unterricht nicht toleriert wird. Wann merken Sie sich das endlich?“ „Alter, ich war’s net!“, kam es irritiert von dem Angesprochenen. Doch der Lehrer ignorierte ihn einfach und führte den Unterricht weiter fort. Vanitas‘ Äußeres zeigte keine Veränderung in der Mimik, innerlich jedoch lachte er gerade den anderen lauthals aus. Erst als sich ihre Blicke kreuzten huschte ein diabolisches Grinsen über seine Lippen und er wusste sofort, dass Lea verstand. Er verstand, dass er den Tadel dem Schwarzhaarigen zu verdanken hatte. Jetzt fing der Spaß an; er wartete, bis sich eine gute Gelegenheit darbot, um den Lehrer erneut abzuwerfen. Und tatsächlich ergab sich in den letzten fünfzehn Minuten eine Gelegenheit – wahrscheinlich hatte sich der Rothaarige sicher gefühlt, da der Unterricht bald beendet war – die er natürlich gleich nutze. Sichtlich angesäuert hob der Lehrer das Kügelchen auf und drehte sich zu der Klasse um, während er den Zettel öffnete. „Alter, ich war’s wirklich net!“, las er laut vor. „Okay das reicht jetzt, Lea. Verlassen sie auf der Stelle meinen Unterricht.“ „Herr Merryweather! Ich war das wirklich nicht. Tylor hat das nach ihnen geworfen. Ich schwör’s.“ Betroffen spielend richtete sich der Schwarzhaarige auf und drehte sich zu Lea. „Ich soll das getan haben? Aber wieso sollte ich denn so etwas tun. Ich bin noch nicht einmal eine Woche hier. Da wäre es doch kontraproduktiv mir Feinde zu machen, Lea, oder?“ Doch Lea ließ nicht locker und wollte unbedingt den Lehrer von seiner angeblichen Unschuld überzeugen. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet – Vanitas bezweifelte, dass er das überhaupt beherrschte – dass der Lehrer sich ihren Platz anschauen würde und dabei schaute, wie weit man gekommen war. Nicht nur, dass man bei dem Platz des Schwarzhaarigen keine Papierfetzen aufzufinden waren, nein, er war auch noch viel weiter gekommen als der Rothaarige. Mit dem Endergebnis war Vanitas durchaus zufrieden. Lea bekam einen Eintrag in das Klassenbuch und -und das war das Beste - wurde gezwungen, sich bei ihm zu entschuldigen. Nach der Schule wollte er die Arbeitsstelle von Terra besuchen, da er sich nur von diesen noch kein Bild gemacht hatte. Dem Blondhaarigen hatte er schon heute Morgen gesagt, dass er leider die Einladung zum Weihnachtsmarkt nicht annehmen konnte. Außerdem durfte er sich nicht zu oft mit ihm sehen lassen. Sie sollten eher wie normale Klassenkameraden wirken – schließlich waren sie das auch. Er war ein ganz normaler Schüler, der neu in die Klasse dazu gewechselt kam und nur vorhatte, einen der Schüler zu ermorden. Mehr war es ja nicht – für ihn. Aber Vanitas hatte sowieso ein gestörtes Empathie empfinden als der Rest der Welt. Jedoch vernahm er, nachdem er ungefähr ein Viertel der Strecke hinter sich gelassen hatte, rechts von ihm eine vertraute Stimme. Der Braunhaarige könnte auch warten. Zähneknirschend näherte er sich den drei Jungs, die einen vierten eingekreist hatten. „--- kleine Schwuchtel wie du noch einmal es auf die Idee kommen solltest Hilfe zu holen, sag ich dir, ich bring dich mit dem allergrößten vergnügen um!“ Wenn einer den Blondhaarigen quälte, dann sollte er es sein. Er wollte nicht, dass andere mit seinem Spielzeug spielten und es kaputt machten – das war seine Aufgabe. Er würde ihm die schönste Zeit seines Lebens bescheren bis zu dem Punkt, indem er ihn alles mit seinen eigenen Händen entreißen würde. „ Hach ein Glück hat er keine Hilfe angefordert.~ Heißt ich kann euch die Hölle heiß machen, ohne dass jemand Wichtiges zu Schaden kommt.“, rief er den dreien entgegen. Ehe sich der, der ganz rechts stand umdrehen konnte, kickte er dessen eines Bein weg, sodass er unsanft auf den Boden aufkam. Damit dieser nicht auf die vollkommen absurde Idee kam, aufzustehen und den Schwarzhaarigen anzugreifen, sprang dieser über den am Boden liegenden und landete dabei – ausversehen – auf dessen Hand. Ein gellender Schrei ertönte. Musik~. Nun waren auch die anderen alarmiert. „Du Penner, willst du Stress mit uns!“, rief der, der weiter rechts von ihm stand. Er beschloss, dass dieser nun Dideldum und der andere Dideldei hießen. „Die Frage ist wohl eher; wollt ihr Stress mit mir.“ „Ich zeig dir, was ich kann.“, sprach Dideldum und rannte auch schon gleich wie ein Stier, der durch die Führung der Muleta des Toreros aggressiv wird, auf ihn zu. Kurz bevor dieser er ihn erreicht hätte, machte Vanitas einen Satz zur Seite und beobachtete, die Kettenreaktion; Dideldum konnte nicht rechtzeitig anhalten, trat deswegen in den Bauch seines Freundes und stürzte wegen dem plötzlichen Stopp nach vorne – direkt gegen die Wand. Autsch, das sah aus, als würde es weh tun. Als dieser dann ebenfalls am Boden war, widmete er sich Dideldei, der wie angewurzelt da stand und seine beiden Freunde, die am Boden lagen, unfähig ihm beizustehen, musterte. „Pass auf, Feigling. Kämpf fair, oder lass es. Drei gegen einen, das ist erbärmlich… Außerdem, lässt du den Blonden hier in Ruhe, haben wir uns verstanden?“, flüsterte er in dessen Ohr, während er den Jungen an die Wand festpinnte und sein gezogenes Taschenmesser so an den Hals hielt, dass Ventus es nicht sehen konnte. „Haben wir uns verstanden?“, wiederholte er sich noch einmal und er ließ diesen erst gehen, als dieser leicht nickte. „Und jetzt verzieh dich mit deinen Freunden!“ Kaum waren diese weg, drehte er sich zu Ventus um und suchte nach irgendwelchen Verletzungen. Als er nicht fündig wurde drehte er sich um und lief ein paar Schritte nur um dann inne zu halten und zu warten, bis Ventus mit ihm gleich auf war. „W… Wohin gehen wir?“ „Du wolltest doch auf den Weihnachtsmarkt oder?“ „Ja, aber ich dachte-“ „Das kann warten. Einer muss ja auf dich aufpassen.“ Sie liefen an kleinen Hütten mit weihnachtlicher Kleidung, schmuckvollen Steinen, netten Windspielen und kleinen Holzfigürchen vorbei. Hin und wieder blieb der Blondhaarige stehen und sah sich die Ausstellungsstücke an. Er hatte bereits ein Lebkuchenherz für Terra geholt, nur noch die Blauhaarige fehlte. Vor einem Stand, der Schneekugel verkaufte blieb er besonders lange stehen und betrachtete eine der Kugeln. „Weißt du, deine Telekinese suckt. Frag doch einfach, ob du dir die Kugel mal genauer ansehen darfst.“ „Ich würde die hier gerne kaufen.“ Mit einem leicht abwesenden Blick musterte der Blondhaarige die Schneeflocken in der Schneekugel, die auf die dort dargestellte Stadt niederfielen. „Weißt du, Aqua mag solche Dekorationen. Unsere ganze Wohnung ist verziert, sogar die Türen. Sie ist echt kreativ und sie tut so viel für uns. Ich würde ihr gerne mehr schenken, aber sie besteht, darauf, dass es nicht so teuer ist, zumal ich auch nicht viel mehr Geld aufbringen kann. Zuletzt hatte sie davon berichtet, einen Einbrecher in unserer Wohnung erwischt zu haben. Sie hätte ihn sicher bekommen, wenn Terra sie nicht in diesem Moment aufgehalten hätte. Ich habe das Gefühl, dass sie echt alles kann.“ Ja erinnerte sich, reagierte aber überrascht. „Bei euch wurde eingebrochen. Wurde denn irgendetwas gestohlen?“ „Nein, das ist ja das seltsame. Wir haben eher etwas dazu bekommen. In meinem Schuh befand sich Schokolade, Aqua hatte auch etwas zum Naschen. Nur im Terras war nichts zum Essen. Da Aqua erst die Schokolade aus ihren Schuhen hätte raus machen müssen, um den Typen zu folgen, hatte sie Terra gebeten, nachzuschauen, ob dieser noch in der Nähe war. Allerdings waren bei ihm Reißzwecke im Schuh.“ – Oh ja, es fiel ihm schwer nicht zu lachen. „Ein Glück hat sich Aqua um ihn gekümmert. Sie ist immer für uns da. Aber weißt du was, Vanitas; Ich frage mich, wieso das ein Mensch tut? Wieso werden Aqua und ich beschenkt und Terra bekommt Reißzwecke in den Schuh? Wir sind doch alle das gleiche Anrecht.“ „Die Welt ist nie gerecht.“ Kapitel 12: Freitag der 12.Dezember ----------------------------------- Es zeigte sich, dass die zwei Treffen zum Lernen der Analysis bei dem Blondhaarigen gefruchtet hatten. Er machte nun viel mehr im Unterricht mit und war auch etwas schneller geworden, was das Berechnen der Aufgaben anging. Sie wollten noch einmal am Wochenende zusammen ein paar Aufgaben zur Übung rechnen. Oder eher, Ventus bat Vanitas darum, denn, um den Gleichaltrigen zu zitieren, er könnte es eben besser als der dumme Herr Merryweather. Er musste zugeben, bei dessen kleinen Wutausbruch, der auf dessen Frustration zurückzuführen war, belustigte ihn doch ein wenig. Nachdem er sich das gekünstelte Schauspiel eine Weile mit hochgezogener Augenbraue und amüsiertem Grinsen auf den Lippen ansah, stimmte er dem Treffen doch zu. Er würde diesem Moment nutzen, um mehr über den Braunhaarigen zu erfahren – um zu sehen, ob dieser vielleicht ein Hindernis für seinen Plan war. Eine Woche war seit seinem „Schulwechsel“ bereits vergangen. In der Zeit musste er schon drei HÜ’s mitschreiben, wie das nun mal in der Weihnachtszeit war. Da kam eine Arbeit nach der anderen – und am besten noch an einem Tag. Ihn störte das nicht. Eigentlich hätte er sich nicht einmal die Mühe geben müssen, den Test zu beantworten. Jedoch empfand er bei den Ergebnissen seiner HÜ’s Genugtuung – nicht wegen der guten Noten, sondern weil er, der erst seit einer Woche an der Schule war, bessere Noten als zwei Drittel der Klasse hatte. Nur das aktuelle Thema in Sozialkunde lag ihm nicht, interessierte es ihn nicht einmal. Und trotz seines fehlenden Engagements gab ihn Frau Gainsborough eine gute Note. Vielleicht hatte sie einfach Mitleid mit ihm – ein Wechsel mitten im Jahr und dazu noch in der ach so sinnlichen Weihnachtszeit. Ja so schätzte er sie ein. Gemeinsam mit Ventus machte er sich nach der Schule auf den Weg zu dessen Appartements. Er fühlte sich, laut seiner Aussage, vor allem noch bei der Stammfunktionbildung Probleme hätte. Ventus war fast noch ungeduldiger als er, er neigte dazu zu überstürzen und deswegen würde es noch länger dauern zu verstehen. Pausen waren wichtig und denen gab sich der Blondhaarige nicht hin. „ …und er lernt gerade bei Meister Xerhanort aus. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie der auf einen wirken kann. Er ist schon ziemlich beängstigend. Du musst mich stoppen, wenn ich dir zu viel Rede, es ist nur so, außer den Zweien habe ich nicht wirklich Freunde – und die beiden sind auch eher etwas wie eine Familie für mich.“ „Hol mal Luft, Ventus.“, gluckste der Schwarzhaarige. „Sonst erstickst du noch.“ Er wusste, dass man so nicht sterben konnte, da früher oder später der Körper nach Luft schrie und man – sofern man gesund war –den Drang des Einatmens nachgab. Mittlerweile waren sie vor dem Wohnungskomplex des anderen angekommen. „Das hier ist unser zu Hause, da vorne ist mein Zimmer, aber Achtung, es ist vielleicht ein bisschen unordentlich und deine Schuhe kannst du hier ausziehen.“ Während er sich in Ventus Zimmer begab, lief jener in die Küche und kam mit zwei Gläsern und einer Mezzo Mix Flasche bewaffnet zurück. „Ich dachte mir, dass Trinken vielleicht nicht so schlecht wäre. Wenn du Hunger hast, dann sag mir Bescheid. Dann schau ich, ob ich vielleicht was Kleineres zaubern kann.“ Den Kopf schüttelnd holte der Schwarzhaarige seine Matheaufgaben heraus, der Blondhaarige war doch unfassbar, wie er ihn so bemutterte, er freute sich, diesen Engelscharakter zu brechen. Ihn jede kleine, weiße, unschuldige Feder mit Blut zu besudeln und sie anschließend herauszureißen. Der Glockenturm in der Ferne lies gerade verlauten, dass es gerade sieben Uhr war. Sieben Uhr und er hörte, wie jemand den Schlüssel ins Schlüsselloch reinsteckte und die Wohnung betrat. Leichte federnde Schritte kamen auf das Zimmer zu. „Ventus ich bin wieder zu Hause. Hast du gerade Besuch?“, drang eine freundliche Frauenstimme durch die dünne Tür. Als diese die Antwort des Blondhaarigen vernahm ging sie wieder zurück ins Zimmer, um daraufhin dieses wieder verließ und wahrscheinlich die Küche betrat. Nach einer halben Stunde hatte sich in der Wohnung der Geruch von warmen Essen ausgebreitet und keine fünf Minuten später rief die Blauhaarige nach den Schülern. Jetzt würde es interessant werden. Gemeinsam standen die beiden auf und machten sich auf den Weg in die Küche. Aqua, die gerade dabei war, Geschirr abzutrocknen, ließ dieses fallen, als sich ihre Blicke kreuzten. Mit Schock geweiteten Augen sah sie Vanitas an. „Aqua, alles ok mit dir? Geht es dir nicht gut? Darf ich dir vorstelle; Tylor, der Junge, von dem ich dir erzählt hatte.“, fragte der Ventus, besorgt um seine Freundin und Mutterfigur. Langsam ging er auf die Blauhaarige zu nahm ihre Hand und küsste sie auf den Handrücken. „Ich bin erfreut Sie kennen zu lernen Ma’am.“, sprach er deutlich, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Erst jetzt löste sich Aqua aus ihrer Starre der Fassungslosigkeit. „Ah… Ich bin auch erfreut dich kennen zu lernen Tylor… Entschuldige meine Reaktion, du hast mich nur da an jemanden erinnert….“, antworte sie entschuldigend, aber zum Ende hin immer gedankenversunkender. „Könntet ihr vielleicht aufhören euch anzustarren, langsam wird es gruselig.“, vernahm dann der Schwarzhaarige die Beschwerde des Blondhaarigen. Sie wusste „wer“ Vanitas war, beziehungsweise, was er getan hatte und er wusste, dass sie es wusste und er würde dafür sorgen, dass ihm niemand im Weg stand. Kapitel 13: Samstag der 13.Dezember ----------------------------------- Nach dem Essen gestern hatten sie sich noch einmal mit Mathe beschäftigt. Ventus war schon ehrgeizig, aber viel zu ungeduldig. Was gut werden sollte brauchte seine Zeit. Er wollte eben gut auf die Klausur vorbereitet sein, die sie am Montag schreiben würden. Demnach war es schon relativ spät, als der Schwarzhaarige begonnen hatte seine Sachen wieder beisammen zu räumen. „Was hast du vor, Vanitas? Du willst doch nicht bei dem Wetter um diese Uhrzeit noch Heim laufen, oder? Draußen scheint ein kleiner Schneesturm zu sein. Willst du nicht lieber hier bleiben?“, hörte er die irritierte Frage des Blondhaarigen.Ein Blick aus dem Fenster bestätigte die Aussage Ventus‘. Es wäre wirklich lästig bei diesem Wetter heraus zu gehen. „Machst du dir etwa Sorgen um mich?“, fragte er mit einem neckischen Unterton, setzte sich dann wieder auf das Bett des anderen. Als er das Zimmer des Blondhaarigen verließ, war es mitten in der Nacht, vielleicht zwei Uhr. Es war gar nicht so leicht gewesen, den Blondhaarigen, der sich im Schlaf an ihn gekuschelt hatte, von sich zu schieben, ohne diesen gleich zu wecken. Leise öffnete er die Tür und lief in die Küche, in der wieder, oder noch immer, das Licht brannte und blieb davor stehen. „Sei doch froh, dass er sich endlich mal jemanden trifft, Aqua. Sonst warst du immer besorgt, dass er den Anschluss zu anderen nicht findet und jetzt wo er einen Freund mitbringt bist du auf einmal besorgt?“, sprach eine dunkle Männerstimme. Als er einen Blick durch die Türspalte warf erkannte er den Braunhaarigen, den er schon flüchtig am ersten Tag mit dem Blonden gesehen hatte. Dieser lehnte sich gegen die Wand und versuchte die Blauhaarige zu beruhigen. „Ja aber du verstehst nicht ganz, er hatte dieses Schimmern in den Augen… fast wie der Einbrecher vor einer Woche.“ „Hey, Hey, hey Aqua. Beruhig dich doch bitte, du hattest selbst zu mir gesagt, dass du im Halbdunklen kaum etwas gesehen hast und dass es nur ein Junge mit Vens Statur war. Du willst den Armen Jungen doch nicht etwa vorwerfen, das getan zu haben, oder?“, sagte er, während er sich von der Wand abstieß, zu Aqua lief und diese in den Arm nahm. „So kenne ich dich gar nicht.“ Sanft fuhr er der Frau durch ihre Haare, über ihre Wangen, zuletzt über das Kinn, ehe er dieses anhob und ihr einen Kuss auf die Lippen hauchte. Urgh. Das musste er sich bei seinem besten Willen nicht ansehen. Er hatte nichts dagegen, wenn Menschen so taten, als würden sie etwas füreinander empfinden. Schließlich war dies ihre Natur. Allerdings konnte er sich auch Wichtigerem widmen, zum Beispiel dem neusten Skandal in China, in dem wiedermal ein Reissack umgefallen war. Das war doch von Wert… Vanitas hatte gerade rechtzeitig die Tür zum Bad verschlossen, als er die Tür der Küche aufgehen und die schweren Schritte an der Tür vorbei schlurfen hörte. Die Blauhaarige schien ihrem Freund nicht zu folgen. Er warte noch ein paar Minuten, ehe er die Tür öffnete und die Küche betrat. „Oh zu dieser Stunde noch wach?“, fragte er unschuldig, aber mit einem gewissen diabolischen Beiklang in der Stimme. Erschrocken fuhr die Angesprochene, die wahrscheinlich im Begriff war sich einen Tee zu machen, um. „Ah… Tylor… Du solltest dich nicht so anschleichen.“, sprach sie mit einem versuchten Lächeln. „Vielleicht, es kann aber auch nützlich sein. Zum Beispiel, wenn über einen schlecht gesprochen wird.“ „Du hast uns belauscht?!“ Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Nein, ich habe mich im Bad befunden. Ich kann nichts dafür, dass ich euch dort gehört habe. Ich soll also ein Einbrecher sein? Man könnte das doch verletzend aufnehmen.“ „Ich werde ehrlich zu dir sein, Tylor. Du hast eine seltsame Atmosphäre um dich. Ich weiß, dass du es warst in jener Nacht – ihr habt die gleichen Augen. Aber eins sage ich dir, ich weiß zwar nicht, was du vor hast, aber ich werde es herausfinden und dich aufhalten!“, mit diesen Worten verließ sie die Küche und verschwand in ihren Zimmer. Etwas wirklich Ernstes schien es zwischen den beiden nicht zu sein, wenn diese noch getrennt schliefen. Soso, die Blauhaarige wollte sich ihm also in den Weg stellen? Sollte sie das nur versuchen. Kapitel 14: Sonntag der 14.Dezember ----------------------------------- Er wachte am nächsten Morgen für seine Verhältnisse spät auf, um genau zu sein fünf vor neun Uhr. Sein linker Arm war taub, da sich Ventus diesen wohl in der Nacht genommen und als neues Kopfkissen entfremdet hatte. Naja, ihm sollte es recht sein. So würde sein Vorhaben nur noch effizienter auf diesen wirken. Der Blondhaarige, als hätte er geahnt, dass Vanitas über ihn – wenn auch nicht im positiven Sinne – nachgedacht hatte, wachte langsam auf und murmelte leise ein „Guten Morgen“. Als der Schwarzhaarige ihn drauf hinwies, dass er gerne wieder seinen Arm verwenden würde, wurde dieser endgültig wach. Er stammelte nervös Worte der Entschuldigung und dass er sowas normalerweise nicht tat. Eigentlich störte ihn die Tat wirklich nicht, was ihn störte war das Taubheitsgefühl ihm Arm, denn dies war ein Verlust der hundertprozentigen Kontrolle über diesen. Denn dieses ließ in ihm das Gefühl, seinen Arm nicht gänzlich beherrschen zu können. Nachdem der Blonde sich umgezogen hatte, gingen sie in die Küche, in der schon der Tisch mit Tellern, Aufstrichen und Brötchen bedeckt war. „Das ist seltsam, sonst essen wir Sonntags immer zusammen.“ , hörte er Ventus zu sich selbst sprechend. Das war wohl sein Verdienst. Zu gerne hätte er das Theater - wie Aqua Ventus und ihrem Freund vorspielte, sie könne ihn doch Leiden - heute Morgen beobachtet. Denn darauf wäre es hinausgelaufen. Ein Theater. Wieder eine Rolle, in der sich die Menschen zwangen, um Freundschaften nicht zu verlieren und Glaube an das angeblich Gute zu bewahren. Zusammen setzten sie sich an den Tisch und begannen zu Frühstücken. Danach würde sich der Schwarzhaarige direkt auf den Weg machen. Er war sowieso schon länger als geplant geblieben. Zu starke Präsenz könnte sich noch negativ auf sein Konzept auswirken, allerdings wäre der Effekt am Ende mit mehr Kontakt – wenn die Person denkt ihn zu kennen – viel größer. Ventus kam gerade aus dem Bad, als der Schwarzhaarige gerade dabei war, sich seine Schuhe anzuziehen. „Du willst schon gehen?“, fragte er mit einer belegten Stimme, deren Unterton er nicht genau differenzieren konnte – es könnte Enttäuschung sein. Diese würde auch zu der Mimik des anderen passen. Als keine Antwort von ihm kam fragte der Blondhaarige, ob er ihn wenigstens begleiten könne. Eigentlich hatte er wenig Lust, dass dieser mitbekam, wo er wohnte. Das wäre jetzt noch viel zu kritisch. Er hatte noch viel zu viel Kontakt zu seinen beiden Freunden. Allerdings würden sie in dieser Konstellation nicht mehr vorzufinden sein und der Blondhaarige sah aus, als hätte er sich fest vorgenommen den Schwarzhaarigen zu begleiten. So ließ er ihm wissen, dass er mitgehen könnte, er aber nicht lange warten würde. Er hätte wirklich nicht gedacht, dass Ventus wirklich ins Zimmer eilte, seine nötigsten Sachen für das kalte Wetter draußen holte und schließlich mit ihm das warme Haus verließ. Das Gesicht im Mantel vergraben lief er eine kurze Weile schweigend neben dem Schwarzhaarigen, den er nicht aus den Augen zu lassen schien, her. Vanitas bemerkte dessen Blicke, schwieg aber. Die Straße war schon laut genug, mit den auf der Straße spielenden Kindern, die sich gegenseitig mit Schneekugeln abwarfen. Ein Glück mussten sie nicht an diesen vorbei laufen. Er mied Kinder. Vor allem im Winter. Die würden noch auf die dumme Idee kommen Ausstehende in ihr dummes kleines Spiel einzubauen. Nach Minuten des Schweigens brach Ventus dann doch die Stille – eher gesagt das, was man in einer Stadt Stille nennen konnte. „Es ist kalt, oder? Wir hatten schon lange nicht mehr einen so kalten Winter.“ Irrte er sich oder hatte sich der andere ihn etwas genähert. „Vielleicht hättest du dich etwas Wärmer anziehen sollen.“ „Wer meinte denn, dass ich mich beeilen soll?“ „Du hättest ja nicht mitkommen brauchen, ich bin sowieso heute verplant.“ Na toll. Nun lief der Blondhaarige schmollend neben ihm her, sollte es ihm Recht sein. Er sah keinen Grund den anderen zu vertrösten. „Ist ja gut, ich muss später sowieso aushelfen.“ Er ließ sich ja ziemlich ausnutzen, es musste nur jemand sagen, dass er Hilfe bräuchte und Ventus würde sofort der Person eine helfende Hand reichen. „Hast du das gehört?“, sprach jener. Irritiert schüttelte Vanitas den Kopf. Nein, er hatte nichts gehört. „Da war es schon wieder…Warte!“, rief dieser, als er ein paar Schritte zurücklief und im Schnee rumwühlte. „Ah~ Wen haben wir denn da? Du kleine Süße. Wer würde dir schon so etwas antun?“ Seufzend lief er zurück zu dem Blondhaarigen, was hatte dieser jetzt schon wieder entdeckt? Sein Blick viel auf das Schwarze Fellknäul, welches sich in seinen Armen befand. „Ein Läuseball? Leg sie wieder weg, Ventus. Hat man dir nie beigebracht, dass man auf den Boden gefunden hat nicht aufheben soll?“ „Aber sieh sie dir doch an! Ist sie nicht süß! Ich werde sie Luna nennen! Wie weit ist es noch zu deiner Wohnung?“ „Du hast doch nicht ernsthaft vor das Vieh mit zu mir zu nehmen?“ „Aber warum denn nicht, bei uns hätte sie keinen Platz und ich kann sie kaum mit an die Bar nehmen!“ Der Blondhaarige raubte ihn noch seine letzten Nerven. Er hatte keine Zeit um sich um ein solches Vieh zu kümmern. Doch auch als er dies den anderen offenbarte ließ dieser nicht locker. „Du gibst Luna ja nicht einmal eine Chance! Versuch es doch, wenigstens so lange bis ich jemanden finde, der sich um die Kleine kümmern kann und dem ich Vertraue.“ Kapitel 15: Montag der 15.Dezember ---------------------------------- Oh er hatte so Recht mit diesem kleinen Katzenvieh. Vor ihm stand Ventus mit einem breiten Grinsen und deutete auf die Wange des Schwarzhaarigen, auf der drei Kratzer prangten. „Wie ich sehe versteht ihr euch.“, sprach er, man konnte deutlich erkennen, dass es ihm schwer fiel ein Lachen zu verkneifen. Während die Laune des Blondhaarigen mit jeder Minute zu steigen schien, sank seine immer weiter. Nachdem der Blondhaarige, ohne die Erlaubnis, Fleisch aus seinem Kühlschrank entwendet und der Katze zum Fraß auf einen kleinen Teller serviert und eine Schüssel mit Wasser daneben gestellt hatte, machte sich Ventus auf den Weg um den Barinhaber auszuhelfen. Zu diesem Zeitpunkt war Luna noch normal. Er hatte Zeitung im Bad für das Flohpaket ausgelegt, sodass es, wenn es dann mal müsste, sich dort erleichtern konnte. Doch war es eines der ersten Dinge, die sie verrichtete, sich auf den Badteppich zu erleichtern. Es nervte ihn, aber er wollte es wenigstens versuchen. Auch wenn die Zeitung kein Meter vom Badteppich platziert worden war. Er hatte einfach geplant das kleine rumwuselnde Fellknäul zu ignorieren. Doch Luna hatte andere Pläne, der Schwarzhaarige meinte fast, dass sie es sich als Hauptziel gesetzt hatte, in seinem Weg rumzulaufen. Wollte er in die Küche, um sich etwas zum Essen zu machen, stellte sie sich in die Tür und hatte er diese durchschritten, hüpfte sie einfach auf seine Arbeitsfläche. „Wenn du das noch einmal machst dann Wasch ich dich!“, drohte er der Katze, während er sie von der Arbeitsfläche schmiss. Aber dies schien sie nicht zu interessieren. Augenblicklich verließ er die Küche, die Katze im Schlepptau habend, und betrat das Bad, um dort Wasser in die Badewanne einzulassen. Danach verließ er wieder dieses, schließlich wollte er nicht, dass sein Anhängsel schon vorher realisierte, dass er ihr ans Fell wollte. Nach ein paar Minuten drehte er das Wasser ab, setzte sich vor der Wanne in die hocke und lockte die Katze mit einem Stück Fleisch in der Hand und durch das Rufen ihres Namens an. Kaum war die Katze in seiner Greifnähe, schnappte er sich diese und platzierte sie im Wasser. Er hatte damit gerechnet, dass die Katze versuchen würde aus dem Wasser zu entfliehen, aber dass sie so schnell war, hatte er nicht vermutet. Es wäre wohl praktischer gewesen, die Tür vom Bad zu zumachen, aber man konnte schlecht die Katze reinlocken, wenn die Tür zu war. So lief nun dieses kleine Mistvieh triefend nass durch seine Wohnung und hinterließ feuchte Pfotenabdrücke, wohin sie auch ging. Es hatte ungefähr eine Stunde gedauert, bis er Luna hinter seiner Kommode hervorziehen konnte und das Resultat waren diese drei Kratzer auf seiner rechten Wange. „Ach Vanitas, schau doch nicht so düster drein. Ihr müsst euch nur aneinander gewöhnen. Gib Luna noch eine Chance, ja?“ Als ob er sich jemals an dieses kleine Mistvieh gewöhnen könnte. Es stellte heraus, dass es schwieriger als erwartet war, die Blauhaarige allein anzutreffen. Vanitas musste warten, bis diese sich auf den Heimweg begab. „So sieht man sich also wieder, Aqua~“, sprach er, an ein Drahtzaun gelehnt, die Frau an, welche sich sofort umdrehte. „Du!“ „Tylor. Ich wusste zwar, dass mit dem Alter die grauen Gehirnzellen absterben, aber bist du nicht ein bisschen zu jung, um meinen Namen schon wieder vergessen zu haben?“ Zähne knirschend stand sie vor ihm und forderte ihn auf, ihr zu erklären, was er hier wolle. Dabei war dies doch offensichtlich. Sie hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit, diese wollte er einfach klären. „Ich kenne hier in der Nähe ein kleines Lokal, da können wir unseren kleinen… Interessenkonflikt lösen. Was hällst du davon? Ich habe sogar ein Versöhnungsgeschenk.“, fragte er diese, während er ihr eine orange Lilie reichte. Die Angesprochene schien nicht gerade begeistert zu sein, folgte ihn dann aber doch in die Seitengasse zu ihrer linken. So kam es dazu, dass sich die zwei in einem Untergrund Café am anderen Ende der Stadt wiederfanden. Eigentlich war hier keiner der beiden bekannt und es würde auch keiner Fragen stellen. Jeder normale Mensch mit Verstand würde diesen Ort hier meiden. Es war der perfekte Platz, um seinen Plan umzusetzen. Er hatte darauf Wert gelegt, dass ihr Treffen hier wie ein Date wirkte, reservierter Tisch, auf dem ein Strauß aus weißen, gelben und lilafarbenen Oleander stand. Wer sich auch nur halbwegs mit der Blumensprache und der Farbsymbolik auskannte müsste wissen, dass Gefahr auf die Blauhaarige lauerte. Doch die schien von ihrer Sache noch immer überzeugt. Stolz, das würde im wahrsten Sinne ihre Todsünde sein. Stolz, als Form der Selbstüberschätzung, und Vertrauen. Dass sie auch gar nicht argwöhnisch war, was dieses Lokal anging. Es war dafür berüchtigt, dass nahezu täglich eine Person schwerverletzt abtransportiert werden musste. Für sie hatte er sich etwas Schönes überlegt. Als der Kellner ein weiteres Mal zu ihnen kam, ihre Getränke hatten sie schon bestellt und erhalten, nutzte der Schwarzhaarige den Moment der Ablenkung, um eine kleine Phiole und dessen Inhalt in ihr Getränk zu kippen. Ehe sie den Blick wieder zu sich wandte, hatte er das kleine Fläschchen in seiner Jacke verschwinden lassen. Es gab einen Grund, warum man sagte „Behalt deinen Feind immer im Auge“. Darauf bedacht, sich nichts anmerken zu lassen versuchte er belanglose Themen, wie die sozialen Umstände unter denen sich die drei kennengelernt zu lenken, doch die Blauhaarige wollte keine genauen Details preis geben. Es waren schon fast dreißig Minuten vergangen und der Schwarzhaarige fragte sich, wann Gamma Hydroxybuttersäure – auch bekannt als Liquid Ecstasy, endlich wirken würde. „Ich weiß nicht, was du vor ha…st…“ Da war es doch. „Hey~ Ist alles ok?“, fragte er mit einer engelsgleichen Stimme. „Ich glaube wir sollten besser raus gehen.“ Sie wollte wiedersprechen, jedoch brach sie mitten im Satz ab. Sie war auf einmal so müde. „Gibt es da hinten Stress? Ich will nicht noch einmal die Woche die Bullen da haben.“ „Nein, nein. Meine Freundin ist nur Schwanger, Sie haben das vielleicht selbst schon einmal erlebt.“ Er legte ihren linken Arm um über seine Schultern und fixierte sie mit seinem rechten Arm auf der Hüfte, sodass er sie leichter aus dem Lokal transportieren konnte. Natürlich hatte er, bevor er das Lokal verlassen hatte, an ihrem Tisch die Bezahlung für ihr Essen dort gelassen. Schlagartig schlug die Blauhaarige ihre Augen auf und blickte sich verwirrt um, als sie registrierte, dass sie sich nicht in ihrem eigenen Zimmer befand. Sie fröstelte und ein unnatürlicher Durst sitze ihr in der Kehle. Was war geschehen? Es fiel ihr allgemein sich an etwas zu erinnern, zudem war ihr aus irgendeinem Grund übel. Aqua war sich nicht ganz sicher, wann sie das letzte Mal einen solchen Durst erlebt hatte und es wollte ihr einfach nicht einfallen. Sie blickte sich noch einmal um. Vielleicht würde sie ja etwas zum Trinken finden. Irgendwelche alten Flaschen, von Teenager, die einmal hier ihr Unwesen getrieben haben oder so. Es war gar nicht so einfach, in der ziemlich abgedunkelten Halle etwas zu erkennen. Sie hatte die Hoffnung fast aufgegeben, als sie in ihrem Augenwinkel eine kleine dunkle Thermoskanne entdeckte. Ohne nachzudenken griff sie danach und trank die Flasche, in der tatsächlich noch etwas drinnen war, gierig aus, sodass sie sich einmal fast verschluckt hätte, bis sich ein metallischer Geschmack in ihrem Mund ausbreitete und ein kehliges Lachen den Raum aushüllte. „Guten Morgen, Dornröschen.“, ertönte die Stimme Vanitas‘ aus der Dunkelheit. „Ich dachte schon du wachst gar nicht mehr auf.“ Die Blauhaarige versuchte etwas zu erwidern, fing aber sofort wieder an zu Röcheln und Blut zu spucken. Langsam bewegte er sich auf die Thermoskanne, die sie fallen gelassen hatte und die zufälligerweise zu ihm hingerollt war, auf und sagte: „Oh~ Das hätte ich an deiner Stelle lieber nicht getan. Das was hier drinnen war, war leider nicht zum Trinken, weißt du? Ich bin mir nicht mehr sicher von wem es ein Brauch war, den Wikingern, den Indianer – ist ja auch eigentlich egal. In diesem wurde eine andere Person dazu gezwungen Scherben zutrinken. Klingt das nicht interessant?“ Aqua, die den ganzen mit Schock geweiteten Augen zuhörte versuchte aufzustehen, jedoch schaffte sie es nicht, weiter als zwei Schritte zu gehen, da sie irgendetwas am Fußgelenk aufhielt. Er hatte sie gefesselt. Mit einer Eisenkette an der Wand befestigt. Sie konnte nichts gegen ihn tun. „Ja ich finde das auch sehr interessant. Schön, dass wir uns wenigstens in einem Punkt einig sind. Weißt du aber, was das schlimmste ist? Es besteht die Möglichkeit, dass man sich die Stimmbänder durchschneidet, die Zunge und die Kehle von Innen aufschlitze und trotzdem würde die Person eher an ihrem eigenen Blut ersticken. Sag mir Aqua, wie findest du diesen Brauch?“ Kapitel 16: Dienstag der 16. Dezember ------------------------------------- Aus den Augenwinkeln beobachtete der Schwarzhaarige seinen Sitznachbar, der angestrengt versuchte dem Deutschunterricht zu folgen. Gut es waren die ersten beiden Stunden und der Blondhaarige sah nicht danach aus, als hätte er sonderlich viel geschlafen, aber ihn störten diese glasigen Augen. Wenn irgendjemand außer Vanitas Ventus für sich beanspruchte, würde dieser das nicht mehr lange tun, so viel stand sicher. Er wollte der Grund für dessen Schmerz sein und er würde nicht zulassen, dass jemand anderes ihm dies nehmen konnte. In der Pause, welche bald beginnen müsste, würde er versuchen zu ihm durchzudringen. Doch dies stellte sich als schwieriger als gedacht heraus, da Ventus kaum auf die äußeren Reize reagierte. Als folgte er einen alltäglichen Rhythmus setzte er wie in Trance einen Schritt vor den anderen. Irgendetwas stimmte nicht und damit meinte er nicht die Tatsache, dass der Blondhaarige ihn dabei vollkommen ignorierte – auch wenn dies nicht zu akzeptieren war. Er wollte gerade Ventus, der vor ihm herlief, an der Schulter packen, um diesen zu sich umzudrehen und ihm endlich zu entlocken, warum er so schräg drauf war, doch bevor er seinen Plan umsetzen konnte, sank Ventus zu Boden. Was zur Hölle?! Die Schüler, die auf den Gängen waren, bildeten um sie eine Menschentraube. Das konnten sie gut. Drum herumstehen und gaffen. Ohne groß darüber nachzudenken hievte er den auf dem Boden liegenden hoch und versuchte sich einen Weg durch die Masse an schaulustigen Schülern zu bahnen, um den Blondhaarigen in die Krankenstation der Schule zu bringen. Mit einem leisen Grummeln wachte der Junge, der auf einer weißen Krankenbettliege lag auf. Seinen Blicken konnte man deutlich seine Gedanken ablesen; Was war passiert? Warum war er hier? Wie kam er hier her? Die Antwort war ebenso einfach wie banal und sitze auf einen geflochtenen Korkstuhl neben ihn. „Endlich aufgewacht, Dornröschen?“, fragte der Schwarzhaarige neckisch. „Bevor du fragst. Du wolltest wohl unbedingt testen, wie es ist, im Schulgang das Bewusstsein zu verlieren.“, ergänzte er seine Frage mit einer Banalität in der Stimme, die anmeinen ließ, dass er dies schon öfters erlebte. Wenige Sekunden, nachdem Ventus erfahren hatte, dass er zusammengebrochen war, hatten sich Tränen gebildet, die seine Wangen runter rannen. Der Schwarzhaarige wurde langsam ungeduldig, also stand er auf und packte Ventus am Kragen seines Shirts. „Was. Zur. Hölle. Ist. Los. Mit. Dir?“, fragte er ruhig. Doch als Antwort bekam er nur den hilflosen Blick Ventus‘ und das röchelnde Geräusch, dass seine Kehle beim schnappartigen Einatmen verursachte. Das konnte so nicht weiter gehen. So würde er nie seine Antwort bekommen, zumal die Wahrscheinlichkeit bestand, dass der Blondhaarige durch einen erneuten Nervenzusammenbruch das Bewusstsein verlieren könnte. Um aus dieser Situation heraus zukommen sah er gerade nur eine Möglichkeit. Er zog Ventus am Kragen näher zu sich und presste seine Lippen fordernd auf die des anderen, welcher ihn im ersten Moment irritiert ansah, jedoch dann seine Arme um den jenen legte, um sich an seinen Rücken fest zu halten, und schließlich den Kuss erwiderte. Über die Dauer des Kusses behielt der Schwarzhaarige Ventus im Auge und er löste dann den Kuss, als seine Tränen geronnen waren. „Und jetzt sag mir, warum bist du so aufgelöst? Sag mir wer dich geärgert hat und ich weiß ihn in seine Schranken.“ Es fiel dem Blondhaarigen sichtlich schwer, auf dessen Frage zu antworten, jedoch kam nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens ein Erklärungseinsatz. Nachdem Ventus fertig gesprochen hatte, fiel es dem Schwarzhaarigen sichtlich schwer, angemessen auf das Geäußerte zu reagieren. Der Blondhaarige ordnete diese Reaktion zu einer Situation des Mitempfindens ein. Jedoch war es so ziemlich das Gegenteil; Vanitas viel es schwer, das Grinsen, welches sich auf seine Lippen schleichen wollte, zu unterdrücken und eine betroffene Gesichtsmimik aufzusetzen. „Hey, es wird schon nichts mit ihr passiert sein. Sie ist doch ein großes Mädchen und weiß sich zu wehren oder mit welchen Leuten sie unterwegs sein sollte und mit wem besser nicht. Hattest du nicht gesagt, dass sie studiert? Vielleicht hat sie etwas für ihre Lesungen recherchiert und besucht weitere Messen.“ Er würde ihn nun wieder aufbauen – schließlich tat das ein „wahrer“ Freund. Stumm nickte der Blondhaarige und zwang sich ein Lächeln auf. „Du hast Recht. Sie wird schon zurück kommen.“ „Wir sollten dich zu deiner Wohnung bringen, so, als wandelndes Wrack könnte man leicht auf die Idee kommen, dich als potentielles Opfer der heutigen Mobbingattacken zu küren. Soll ich dich Heim bringen?“ Mit einem Kopfschütteln stand der Blondhaarige auf und schnappte sich seine Sachen, die neben dem Krankenbett lagen. „Nein, das schaffe ich.“ – Perfekt. Denn eigentlich hatte der Schwarzhaarige nicht wirklich Lust für heute noch mehr Zeit mit den anderen zu verbringen. „Wie du meinst, aber für den Fall, dass etwas sein sollte.“, sagte er, während er an ihm vorbei lief und ihn einen kleinen kompakten Gegenstand in die Hand drückte. Kapitel 17: Mittwoch der 17.Dezember ------------------------------------ Ohne wirklich zu wissen, wohin ihn sein Ziel führte, lief er durch die Straßen der Innenstadt. Eigentlich mochte er diese Menschen überfüllten Plätze nicht, doch es blieb ihm selten die Möglichkeit, diese zu umgehen. Erst unmittelbar vor dem Gebäude, dessen Fassade leichte feine Risse aufwiesen, realisierte er, wohin seine Füße ihn getragen hatten. Er war doch tatsächlich zu dem Familienunternehmen gelaufen, indem der Blondhaarige als Nebenjob arbeite. Wenigstens war es in der Bar, die tagsüber den Aufgabenbereich eines Cafés abdeckte, ruhig und meistens nahezu menschenleer. Dies sprach Vanitas zu, wollte er nochmal seine genaue Strategie bezüglich des Blondhaarigen überdenken und gegebene Mängel beseitigen. Ohne weiter auf die Bedienung oder die anderen Gäste zu achten bewegte sich der Schwarzhaarige durch den schmalen Durchgang hin zu seinen Lieblingstisch. Der, dem man nicht vom Tresen beobachten konnte. Es war nur noch eine Woche bis Weihnachten. Eine Woche, um Ventus von ihm abhängig zu machen, ohne dass dieses zu stark auffiel. Ihre jetzigen Treffen waren eigentlich schon zu viel, aber sie waren nötig, um ein gewisses Vertrauen des Anderen zu erlangen. Doch die nächsten Tage würden sie sich nicht sehen. Ventus sollte zu Hause bleiben und sich ausruhen. und selbst wenn erzur Schule kommen würde, wäre er nicht da. Die Ruhe würde er spätestens dann brauchen, wenn sie die Leiche der Blauhaarigen fanden. Was in den nächsten Tagen geschehen würde. Der Blondhaarige hatte es ja nicht einmal verkraftet, sie einen Tag lang nicht gesehen zu haben. Er musste den Moment nutzen, um ihn von den Braunhaarigen zu separieren. „Was darf ich Ihnen bringen?“, ertönte eine ihn bekannte Stimme, auch wenn sie leicht abwesend erklang, als wäre die Person nicht wirklich hier. Was machte er hier? Er sollte doch zu Hause bleiben, sich von der „sozialen“ Welt draußen differenzieren, sodass der Schwarzhaarige am Ende nur noch die letzten Schnüre seiner Marionette abschneiden musste, um sie endgültig für sich zu beanspruchen. Sein Blick fiel auf den Blondhaarigen - dessen Augen einen Punkt fixierten, der für andere nicht sichtbar zu sein schien - und welcher ein rotes Polohemd auf eine weiße Hüftschürze mit dem Logo des Betriebes trug. „Einen Kaffee, schwarz.“, sagte er kurz gebunden und beobachtete, wie Ventus sich auf den Weg zur Theke machte. Er hatte ihn nicht einmal registriert – und das passte ihn nicht. Auch als dieser ihm seinen schwarzen Kaffee gebracht, wirkte es so, als würde dieser noch immer zwischen Realität und Trance schwanken. Seine schlechte Laune besserte sich schlagartig, als ihm eine Idee kam. Er holte ein Stück Papier aus seiner Hosentasche und einem Stift, der auf den benachbarten Tisch noch wegen des Spiels „Kniffel“ lag. Er verfasste einen dieser typischen „Ruf mich zurück“ Zettel. Jedoch war er wohl der einzige, der nicht die genauen Gegebenheiten notierte. Neben seiner Nummer hatte er ein großbusiges Mädchen skizziert. Entweder er würde ihn jetzt noch bemerken, sobald er seinen Kaffee bezahlte, oder aber, er würde ihn Anrufen - das würden laut seinen Statistiken 87% des männlichen Geschlechts tun. Nachdem er seine Tasse geleert hatte bewegte er sich an den Tresen, bezahlte sogar für seinen Kaffee und verließ, nach erneuten Ignorieren des Blondhaariges, die Bar. Es war wohl besser, diese Bar nun nicht mehr aufzusuchen. Die Bedienung und Gäste hatten ihn gesehen, wie er Ventus einen Brief zukommen ließ. Zudem befand er sich nur ungern mehrmals ein einen Ort, wenn dieser in Verbindung mit seinem nächsten Opfer stand. Würde er diese Bar zu oft aufsuchen, wäre er nur schneller in der Verdächtingenliste, als nötig war. Demnach wäre es zu auffällig sich in nächster Zeit dort blicken zu lassen. Seine Gedanken schweiften wieder zu seinen Plänen bezüglich Ventus' Ermordung ab. Eines seiner nächsten Ziele musste Terra sein und er hatte schon eine Idee, was er machen könnte. Kapitel 18: Donnerstag der 18. Dezember --------------------------------------- Entgegen seines Beschlusses am gestrigen Tages, hatte sich der Schwarzhaarige doch in die Schule begeben. Sollte der Blondhaarige nämlich erneut fehlen – und dies vermutete er – würde es vielleicht auffällig wirken, wenn dieser mit ihm gleichzeitig fehlte. Es wäre zwar „vergeudete“ Zeit und Nerven, jedoch würde diese Leerphase später vielleicht noch von Nutzen sein. Pünktlich mit dem Klingen betrat er als zweitletzter den Raum – ihr Kunstlehrer legte besonders viel Wert auf den überpünktlichen Beginn seines Unterrichts. Vanitas wollte sich gerade auf seinen Stuhl setzten, als jener unter der Belastung seines Gewichts zusammenbrach. Lautes und schallendes Gelächter füllten den Raum aus, während er sich stumm aufrichtete und in dem Raum nach einen Rothaarigen jemanden Ausschau hielt. Und da stand er, mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen. Ehe er zu diesem hinlaufen konnte, meldete sich der Lehrer zu Wort und läutete danach die Arbeitsphase ein, ohne auf den Konflikt seiner beiden Schüler einzugehen. Wegsehen war auch eine Lösung – und wahrscheinlich dazu die Leichteste. Ihr Themenbereich waren Holzarbeiten und er hatte in der einen Woche, in der er nun hier war schon relativ viel an seinem Werk geschafft. So hatte er die Form seines „Clavis Vanitatum“ – wie er sein schlüsselähnliches Schwert nannte – auf das Holz übertragen und den Rohschnitt ausgesägt. Damit war er schon weiter in seiner Arbeit, als ein Fünftel seiner Klasse, denn nun ging es darum die Kanten zu verfeinern und die Dicke zu regulieren. Mit den richtigen Utensilien könnte er es fast fertig bekommen. Gut er würde das Auge wahrscheinlich einfräßen müssen, aber das würde er schon irgendwie hinbekommen. Während er arbeite, spürte er regelmäßig die Blicke des Rothaarigen auf sich Ruhen – erwartete er etwa, dass er sich direkt revanchieren würde? Nein, er wartete, bis dieser den Raum verließ, dann ging er zu dessen Arbeitsplatte und musterte das Ding vor sich. Es schien eine Art… riesen Frisbee aus Holz zu sein. Naja, da schadete es doch nicht, ein paar modische Löcher rein zu designen. Schließlich gilt heutzutage in fast jeden Bereich des Alltags „weniger ist mehr“, wieso also nicht weniger Holz und dafür mehr Löcher?~ Das Schöne daran war, dass heute der zweitletzte Tag vor den Ferien war und das hieß, Lea könnte nur noch heute diesen Holzglotz aufwerten. Ehe jener wieder den Raum betrat, hatte sich Vanitas zurück auf seinen Platz begeben und arbeitete munter weiter, schließlich wollte er heute ein Großteil des Schwertes fertig haben. Erst als ein aufgebrachter Mitschüler – und man rate nun wer – vor ihm stand, hielt er kurz in seiner Arbeit inne, um diesen anzusehen, nur um dann desinteressiert den Blick abwandte und begann weiter zu arbeiten. „Das war dein Werk!“ Ohne Lea noch eines weiteren Blickes zu würdigen antwortete er, dass er ihn ja gewarnt habe. „Weißt du, das ist mir sowas von egal. Ich lass mich nicht unterkriegen!“, mit diesen Worten begab sich der andere zurück an seinen Platz. (Und wie sich später herausstellen würde, hatte es der Rothaarige tatsächlich geschafft, aus dem ruinierten Holzring einen symmetrisch wirkenden und wie es schien auch gut ausbalancierten Chakram herzustellen. Dieses wirkte auch viel imposanter, durch das detaillierte Konstrukt mit eingearbeiteten Kreisen und Zacken, zudem dürfte es gut zu Tragen sein und müsste von seiner Beschaffenheit, wenn der Rothaarige die Kanten sauber verarbeitet hatte, gut in der Hand liegen. Und das, obwohl der Rothaarige noch zwischenzeitlich Zeit hatte, ihn mit Wasser nass zu spritzen.) Erst in Biologie reagierte der Schwarzhaarige auf die Provokation seines Mitschülers. Während des Biounterrichts sorgte er dafür, dass der Lehrer glaubte, Lea wolle eine kurze Information über die Endosymbiontentheorie an die Klasse weitergeben. Als der Lehrer also den Rothaarigen darauf ansprach, war dieser sichtlich irritiert, und Vanitas Vorfreude auf die Bloßstellung von diesen wuchs, jedoch hatte er sich zu früh gefreut, da der andere doch tatsächlich – entgegen seiner Vermutung – wusste, was die Endosymbiontentheorie besagte und konnte dieses auch einigermaßen verständlich vermitteln. Heute schien einfach nicht sein Tag zu sein. Doch der Höhepunkt ihres Konfliktes ereignete sich in der Mittagspause. Lea hatte ihn auf den Schulhof aufgesucht und provozierte ihn nur durch seine bloße Anwesenheit. Ihr Gefecht war in den Augen des Schwarzhaarigen noch längst nicht vorbei, nur weil der Rothaarige zwei seiner „Attacken“ pariert hatte, jedoch schien das jener anders zu sehen, denn er schlug ihn einen Friedenspakt vor – als ob er das nötig hatte. Schnell war sein Messer gezückt und er wollte gerade auf den anderen losgehen, um ihn zu beweisen, dass man nicht so unvorsichtig sein sollte. Jedoch wurde sein Vorhaben auf den letzten Zentimetern unterbunden, da jemand ihn am Handgelenk festhielt. Sein Blick wanderte zu den Blauhaarigen Anhängsel zu Lea. Mit einen laut der Verachtung befreite er sich aus dessen Griff, packte sein Messer ein und entfernte sich von den beiden. Kapitel 19: Freitag der 19. Dezember ------------------------------------ In der Schule herrschte allgemeine Freude, was wohl daran lag, dass es der letzte Tag vor den Ferien war. Die Schüler waren froh nicht mehr so früh aufzustehen und sich das „sinnlose Gelaber“ – wie er es in einem Gespräch aufgefasst hatte – zuzuhören und die Lehrer waren froh, Ruhetage zu haben, was bei dieser Schule wohl sehr verständlich war. Es ging nur darum die letzten vier Unterrichtsstunden rum zukriegen – und das war bei dem Prinzip, welches die Lehrer vertraten nicht schwer. Vier Stunden nur Filme schauen, was für eine Zeitverschwendung. Gelangweilt schaute der Schwarzhaarige zu, wie Abspann des letzten Filmes eingeblendet wurde und sein Geschichtslehrer die DVD aus den Player holte und die Schüler sogar frühzeitig aus dem Unterricht entließ, weil er nicht wusste, was er mit ihnen anfangen sollte. Nicht mehr lange und er konnte all dies hinter sich bringen, er musste nur warten, bis die Polizei endlich Aquas Leiche finden und ihre Angehörigen in Kenntnis setzen würden, aber diese schienen sich viel Zeit zu lassen. Sie hatten denn Blondhaarigen am frühen Vormittag bei seiner Arbeit aufgesucht, da er sich, wie die Tage zuvor schon, nicht in der Schule befand, sondern in der Bar, in der er arbeitete, da er dort am besten die Gedanken von Aquas Verschwinden verdrängen konnte, und baten den Geschäftsleiter nach einen Raum, in den die Beamten in Ruhe mit dem Schüler sprechen konnten. Dass die Beamten ihn sprechen wollten, und ihm baten sich zusetzten, war ihm klar, dass etwas mit Aqua passiert sein musste. Und trotzdem; als die Beamten ihn gegenüber ihr Beileid über seinen Verlust äußerten, traf es ihn wie ein Schlag – die Hoffnung, dass ihre Freundin noch lebte, war schließlich immer noch vorhanden gewesen. Die Tatsache, dass sie ermordet wurde machte die Sache nicht gerade besser. Aqua hatte keine Feinde. Sie verstand sich mit jedem und hatte keine Geldprobleme – schließlich hatten sie es jeden Monat irgendwie geschafft, die Miete zu bezahlen. Naito (der Geschäftsinhaber) hatte ihn, nachdem die Beamten das Café wieder verlassen hatten, den Blondhaarigen frei gegeben – er solle erst einmal die Information verarbeiten und erst dann wieder bei der Arbeit erscheinen, wenn er sich wieder bereit dazu fühlte. Doch er wollte arbeiten, um sich abzulenken, er wollte nicht allein sein, das Appartement betreten, indem sie gelebt hatten, nicht die Kälte in sich hineinlassen, die durch das entreißen Aquas langsam durch sich hindurch fraß, der Verzweiflung nicht nachgeben – was ihn einfach nicht gelingen wollte. Er fühlte sich bodenlos, fand keinen Grund zum Stehen, fiel, fiel in ein unendlich wirkendes tiefes Loch. Er wollte hier einfach Weg. Weg von allem und jedem. „Ventus, was machst du hier?!“ Skeptisch musterte der Schwarzhaarige sein Opfer, welches vor seiner Wohnungstür stand. Würde er behaupten, er sähe schlecht aus, so hätte er dessen Zustand beschönigt. Selbst miserabel würde es nicht treffen – und das hatte nur eins zu bedeuten – die Polizei hatte endlich den Leichnam gefunden. Er nahm den Blondhaarigen bei der Hand und zog ihn herein in seine Wohnung, wo er ihn auf seinem Sofa bugsierte. Vanitas war klar, dass er nun so handeln müsste, als wüsste er von nichts und Ventus Halt geben musste. In der Küche bereitete er ihn einen Tee vor, setzte sich dann neben ihn und musterte ihn eindringlich. „Was ist los Ventus? Wartest du schon lange?“ Doch der Angesprochene schwieg – fing nur bei der Frage, was denn los sei an zu Zittern und er wusste auch warum. Sein Plan, eine Kluft zwischen Terra und ihn zu schaffen, sodass er sich bei Notfällen lieber an ihn wenden würde und dies schien definitiv der Fall zu sein. Gut – es gab noch die Begründung, dass zu viele Erinnerungen an die Blauhaarige in der Wohnung steckten und er so sehr in seinen eigenen Schmerz verloren war, dass er dabei den Braunhaarigen ganz vergaß. Vorsichtig legte er einen Arm um den schmalen Körper des anderen und zog ihn in eine sanfte Umarmung. Er würde Aquas Wärme ersetzten, ihn Halt geben und dann alles auf einmal entreißen. Kapitel 20: Samstag der 20.Dezember ----------------------------------- Nachdem Ventus gestern vor Erschöpfung eingeschlafen war, hatte ihn der Schwarzhaarige hoch gehoben und in sein Bett getragen. Hier zeigte es sich, dass es doch anders war, einen Jungen oder ein Mädchen hochzuheben. Nicht, dass sich sein Vergleichsobjekt vom Gewicht groß von dem des Blondhaarigen unterschied, es war die Art, wie man die Person zu fassen bekam, die das „Gewicht“ ausmachte. Die nächsten drei Tage – drei Tage noch – musste er den Blondhaarigen mit Samtpfoten anfassen. Drei Tage ihn behandeln, als wäre er wirklich für ihn da. Nur noch drei Tage und dann hieß es Bescherung. Mit einen Grinsen auf den Lippen beobachtete er, wie das Frühstück für sie beide in der Pfanne zu biegen begann und das Ei sich, durch die ständige Bewegung, zusammenklumpte. Bacon und Ei – es gab nichts Besseres zum Frühstücken. Nachdem Ei und Speck fertig gebraten waren richtete Vanitas das Essen auf einen Teller an und verzierte es mit passenden Gewürzen, dann betrat er sein Zimmer, platzierte die Teller auf der Kommode und widmete sich dann den Blondhaarigen. Bedacht darauf nicht zu viel Bewegung in die Matratze zu bringen stützte er sich auf jener ab und beugte sich über den noch Schlafenden. Mit seiner linken Hand fuhr er sanft dessen Konturen nach und strich dabei Strähnen, die ihm wirr im Gesicht lagen beiseite. Anschließend überbrückte er den letzten Abstand zwischen ihren Lippen und küsste ihn sanft. Er spürte, wie sich der andere unter ihm anfing sich zu rühren und kurz darauf legten sich die Arme des Blondhaarigen um den Nacken des Schwarzhaarigen und er erwiderte den Kuss. Der erste Reflex von Vanitas war simpel ausgedrückt Flucht, keinem Opfer kam er bis jetzt so nah und es war befremdet für ihn, dass Ventus den Kuss so innig erwiderte. Befremdend und doch ein – Kompliment? Ein Kompliment an seine Künste, seine Fähigkeiten, seinen Plan. „Guten Morgen, Dornröschen.“, begrüßte er den Blondhaarigen, nachdem sie sich gelöst hatten. „Ich bin nicht Dornröschen!“ „Ach nein, wer lässt sich denn hier wachküssen?“, fragte der Schwarzhaarige mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen als Antwort auf die Aussage Ventus‘. Das würde zwar – wenn man nach dem literarischen Werke gehen würde - bedeuten, dass er so etwas Absurdes wie Prinz Charming sein müsste. Und das war er definitiv nicht. Wenn, dann wäre er doch eher Malefiz, hieß dieser Name doch auch Missetat und Verbrechen – und dies passte nun wirklich zu seinem Charakter. Säte er nicht, wohin er auch ging, Zwietracht und Missetat? Nachdem sie gegessen hatten (Ventus hatte ihn regelrecht angeschmachtet für das Essen im Bett), schaltete der Schwarzhaarige den Fernseher an und legte die „Fuk ju Göthe“-DVD in das Laufwerk. Er selbst hatte den Fernseher nie verwendet gehabt. Wozu auch, es gab ja auch Bücher und Zeitung – und die Mundzeitung, die manchmal mehr Wert enthielt, als Zeitung und Nachrichtensender zusammen. Insiderinformationen eben. Es sollte den Blondhaarigen aber nicht informieren, sondern ablenken. Nur aus diesem Grund hatte er sich die DVD geborgt. Und sein Plan schien aufzugehen. Ventus musste das ein oder andere Mal Schmunzeln – gar Lachen. Er sah zwar immer noch fertig aus, was wohl an den angedeuteten Augenringen lag, die sich unter seinen Augen gebildet hatten. Am Abend haben führte der Schwarzhaarige Ventus aus dem Haus raus. So zu sagen „ihr erstes Date“ – nur dass es von seiner Sicht kein Date war, sondern nur des mentalen Aufbaus Ventus diente. Sie befanden sich in einen Restaurant im Osten der Stadt. Der Blondhaarige hatte anfangs protestiert in ein so nobel aussehendes Restaurant zu besuchen, jedoch schaffte es Vanitas den anderen doch vom Gegenteil zu überzeugen. Er ließ den ihn aber weiterhin im Glauben, das Restaurant seie teuer. Das Essen nutzte er dafür aus, mehr über die aktuelle Lage des Blondhaarigen herauszufinden – natürlich unter dem Deckmantel des ersten wirklichen Kennenlernens. Ihm hatte es schon die gesamte Zeit gewundert, warum sein Opfer so breitwillig in seine Arme gelaufen war. Doch diese Frage klärte sich bald: Der Braunhaarige und er hatten sich seit Aquas Verschwinden – eigentlich schon vorher, aber dadurch wurde es immer deutlicher – immer öfters und immer heftiger gestritten. Ventus‘ der sich in der Arbeit ertränkte, dass seine Sinne taub für andere Einflüsse waren und der andere, der sich durch ihr fehlen mehr persönlich getroffen gefühlt hatte, der versuchte den Part, den Aqua übernommen hatte, nun ebenfalls zu vertreten. Ein weiterer Aneckpunkt war das Handy, welches ihm der Schwarzhaarige geschenkt hatte und die Fehlstunden und die schlechten Noten, die er durch seine Nebenanstellung bekam. „Das schlimme ist, er benutzt Aquas Namen, um an mir Kritik zu üben und mir vorzuhalten, wie schlecht ich doch bin und dass sie das so nicht gewollt hätte. Er weiß doch gar nicht mehr, wie wir zueinander gestanden hatten. Zumal ich ihm nicht mehr glaube, dass er mir damals kein Geld gestohlen hatte. Als ich mein Portemonnaie in seinem Zimmer gefunden hatte, war dieses so gut wie leer.“ Ein Glück hatte er eben von seinem Glas getrunken, so konnte sein Prusten darauf zurückführen, dass er sich verschluckt hatte. Dabei war dies der klägliche Überrest seines anfänglichen Lachflashes. Er hatte das Portemonnaie damals entwendet und im Zimmer des Braunhaarigen platziert. Und dies war einer der Gründe, weshalb der Blondhaarige sich seinen ehemals besten Freund nicht mehr anvertraute. Das war herrlich. Kapitel 21: Sonntag der 21. Dezember ------------------------------------ Es war ziemlich abgedunkelt und eng. An den Wänden zog sich ein durchgehender leicht rot leuchtender Balken entlang, der nach hinten hin wirkte, als gehe er nach unten. Der Schwarzhaarige hörte entfernt das Tröpfeln eines Wassergefälles und einen leichten Luftzug an seiner Wange. Er saß auf etwas weichem, wie ein Sofa. Plötzlich ertönte neben ihm die Stimme des Blondhaarigen. „Danke, dass du das mit mir fährst, das bedeutet mir sehr viel.“, dabei strich dieser sanft über die Hand von Vanitas. Was. War. Hier. Los?! Wieso konnte er sich nicht daran erinnern, jemals in das – was auch immer das hier war – eingestiegen zu sein. Er konnte sich doch sonst immer an alles erinnern. Der Schwarzhaarige setzte gerade für seine Frage an – was ein Geständnis seiner aktuellen Ahnungslosigkeit ausdrücken würde, da setzte sich ihr – was auch immer – in Bewegung. Sie fuhren durch den Raum, auf Wasser- einem kleinen Flüsschen, wie es sich anhörte, und befanden sich bald darauf in einen Tunnel, welcher wieder mit rotem Licht akzentuiert wurde und der mit seiner Decke wohl ein Herz bilden sollte. Dieser war hell genug, um zu erkennen, dass sie sich in einer Art Gondel aufhielten. Der Blondhaarige kuschelte sich an ihn und blickte fasziniert in das Konstrukt immer größer werdender Herzen. Sie schienen sich in einen dieser kitschigen Liebestunnel zu befinden. Normalerweise hätte er Ventus von sich gestoßen, andererseits wäre er auch nie freiwillig in so ein Ding gestiegen und hätte dafür Geld ausgegeben. Aber es schien allgemein etwas nicht zu stimmen. Er reagierte nicht, wie er selbst. Es war, als wäre er wie betäubt, unfähig seiner Natur nachzukommen. Der Körper des Ichs, indem er sich befand, schien ein Stück weit seiner Einstellung nachzukommen, jedoch überwog das neue Gefühl der… ja was war es denn, der Schwarzhaarige konnte es nicht beschreiben. Vollkommen abgelenkt von seinem Versuch, eine plausible Erklärung für die jetzige Situation zu erlangen, hatte er nicht mitbekommen, dass sie sich mittlerweile nicht mehr in der Gondel, sondern unter einer, mit Laternen geschmückten, Esche befanden und ihre Umgebung, durch jene Laternen, in ein mattes Rot taucht wurden. Ihre Gesichter waren nah beieinander, ihre Lippen trennte kaum noch ein Blatt und auch der Rest ihres Körpers war eng umschlungen. Beide blickten sich tief in die Augen ehe sie ihre Augen schlossen und die letzte Distanz zwischen ihnen überwanden. Sanft strich er mit der Hand durch die Haare des Blondhaarigen und ließ sie anschließend im Nacken ruhen, während er mit der anderen freien Hand über den Oberkörper des Blondhaarigen fuhr und an der Hüfte schließlich stoppte. Von ihnen ging eine enorme Hitze aus und keiner der beiden wollte den Kuss brechen. Erst als die Luft knapp wurde lösten sich ihre Lippen. Ihre Wangen waren rötlich verfärbt und sie konnten den Blick nicht voneinander abwenden. Was war nur los? Was empfand er da? Es ergab einfach keinen Sinn; seine Aktionen, seine Gefühle, alles war irrational. Und als wäre es bis zu diesem Moment nicht unlogisch genug gewesen, zog der Schwarzhaarige ein kleines Kästchen aus seiner Tasche – ein Geschenk, welches Ventus mit einem strahlendem Lächeln und funkelnden Augen an sich nahm und schließlich öffnete. Hervor kam ein bronzefarbenes Amulett, vielleicht sogar so etwas wie ein Talisman, er war sich nicht ganz sicher. Dankbar viel ihn der Blondhaarige um den Hals und ließ sich dann dabei helfen, die Kette anzuziehen. Um sie herum zündeten ihn unbekannte Menschen Fackeln an und begannen Musik zu spielen. Einige Paare bewegten sich auf den freien Platz in ihrer Nähe zu und begannen zu der Musik zu Tanzen. Auch sie gesellten sich, nach seiner einladenden Geste, auf die Fläche und tanzten erst einen langsamen Walzer – eng umschlungen, und darauf einen feurigen Tango, der von der Ruhe des Walzers nichts mehr in sich hatte. Schweiß gebadet schreckte Vanitas auf. „Was..?!“, fluchte er leise, noch immer von den eben Gesehenen irritiert. „Du hattest einen Traum, Vanitas.“ „Wovon redest du?“ Der Blondhaarige, der neben sich im Bett lag, erklärte ihm, dass er während eines Films eingeschlafen war und dann geträumt habe. Aber das war unmöglich. Der Schwarzhaarige hatte noch nie geträumt. Noch nie in seinem gesamten Leben. Nicht als Kind, als Jugendlicher, vor oder nach seinen Morden, er konnte es einfach nicht. Er hatte es darauf geschoben, dass er schon am Tag alles analysiert hatte, was er hätte im Unterbewusstsein erst verarbeiten müsste und deswegen es nicht dazu kam. Und nun sollte er nach 19 Jahren zum ersten Mal geträumt haben? Kapitel 22: Montag der 22.Dezember ---------------------------------- Früh am Morgen hatte sich der Blondhaarige schon bei sich abgemeldet, weil er noch etwas Wichtiges zu tun habe. Natürlich war Vanitas daran interessiert, was denn der Blondhaarige vorhatte. Würde er arbeiten wollen, hätte er zufälligerweise Naitos Bar besucht, um ihn höchst persönlich von dort wegzuzerren. Kaum hatte er die Wohnung verlassen, schaltete der Schwarzhaarige sein GPS-Ortungssystem ein. Als ob er den anderen ohne zu wissen wo dieser war aus dem Haus ließ. Das wäre töricht, zumal die Wahrscheinlichkeit, dass Ventus sich bei ihm einnistete bis zum 24. Dezember gar nicht so hoch war. Und schließlich musste er wissen, wo sich der andere an Weihnachten befand. Ihn irritierte es noch immer, dass er am gestrigen Tag von den Blondhaarigen geträumt haben sollte und dann noch einen solchen konfusen. Warum sollte er etwas für den anderen empfinden? Alles was er bis jetzt empfand, war die Vorfreude, diesen zu töten, oder? Natürlich war es das. Schließlich hatte er neunzehn Jahre damit verbracht, für sich selbst zu leben. Er war ein Einzelkämpfer und doch – doch konnte er nicht leugnen, dass Ventus anders wie die anderen war. Ihn regte es auf, dass er sich nicht besser unter Kontrolle hatte. Nach einem Moment der Selbstverurteilung schnappte er sich seine Jacke, zog sich schnell ein paar Schuhe an und verließ dann seine Wohnung. Vanitas würde einfach den heutigen Tag und den morgigen dafür verwenden, herauszufinden aus welchem Grund ihn der Blondhaarige faszinierte und was er genau für diesen empfand. Es war nicht besonders schwer Ventus in der Stadt auszumachen, schien dieser doch regelrecht ein Geschäft nach dem anderen zu betreten – was auch immer er da tat. Gerade befand er sich in einen kleineren Laden voller Dekorationen und verschiedener Spielzeuge im Schaufenster. Was auch immer er gesucht hatte, er hatte es nicht gefunden, denn keine zehn Minuten später verließ er wieder das Geschäft und betrat das Benachbarte. Würde er das weiterhin machen, würde es fast den ganzen Tag dauern, allein die erste Einkaufstraße zu erledigen. Auch in diesem schien er nichts zu finden. Er wirkte leicht verzweifelt, doch schien er die Hoffnung nicht aufzugeben und betrat einen größeren Second Hand Laden. Durch das Schaufenster konnte er sehen, dass der Blondhaarige mit einen der Verkäufer sprach und er anschließend zu einer Vitrine mit Messern geführt wurde. Wozu brauchte er ein Messer? Ahnte er etwa, dass er in Gefahr war – nein, das war unlogisch. Oder dachte er, der Mörder von Aqua hatte es auch auf ihn abgesehen. Eigentlich war das auch wahr. Eigentlich war er das Hauptziel, aber das konnte er ja nicht wissen. Er war sich auch sicher, dass er andere nicht wusste, was für ein Taschenmesser er sich gerade besorgte. Wenn er richtig sah, musste es ein Ka-Bar Warthog mit Wellenschliff sein. Die Qualität an sich für einen solchen Spottpreis war eigentlich ganz akzeptabel, allerdings merkte man den Unterschied zu den teureren Produkten wie zum Beispiel bei Rick Hinderer’s XM-18 Framelock. Man konnte einfach kein Messer für 500€ mit einen für unter 50€ vergleichen. Es dauerte nicht lange und der Blondhaarige verließ den Laden mit einem Geschenkpäckchen. Als es ihm einfiel, wozu er dies gekauft hatte, viel es Vanitas schwer ein schallendes Lachen zu unterdrücken. Wollte Ventus tatsächlich ihn beschenken? Mit einem Messer? Schrie das nicht gerade zu nach der Verwirklichung seines Plans? Mit einem Schmunzeln auf den Lippen folgte er den anderen weiterhin, bis in eine ihn sehr vertraute Gegend. Sie befanden sich vor der Wohnung, indem sich die WG der drei befand. Mit traurigen Augen schaute der Blondhaarige zu den Fenstern hoch, die früher einmal sein Zimmer waren. In diesem Moment viel den Schwarzhaarigen auf, dass der Blondhaarige schon viel besser aussah. Er hatte zwar noch immer leichte Augenringe und eine sich manifestierende Traurigkeit in seinen Augen, aber von der Körpersprache war er wieder selbstbewusster. Er stand wieder aufrechter und sein Blick war nicht auf den Boden gehaftet. Ventus würde es schon schaffen über ihren Tod hinweg zukommen, er würde schon dafür sorgen. Schon zehn Minuten stand er da und bedachte die Hausfassade ohne sich groß von der Stelle zu bewegen. Das sollte reichen, der Schwarzhaarige sollte zudem vor dem Blondhaarigen wieder in seiner Wohnung sein. Auf den Rückweg viel ihm eine Videothek ins Auge, die für die Feiertage ein Sonderangebot ausgehangen hatte: eine Wii, zwei Controller und das Spiel Mariokart für 20€, hinzu eine Kaution von 147€. Er wusste nicht warum er den Angebot nachkam, aber kaum eine Minute später befand er sich in der Videothek und verließ kurz darauf diese mit 170€ weniger. Morgen könnten sie zusammen Mario Kart spielen. Er war keine fünf Minuten in seiner Wohnung da hörte er es an der Tür klopfen. Schnell verstaute er die Wii, Spiel und Fernbedienungen in einem kleinen Schränkchen und öffnete dann den Blondhaarigen die Tür. „Na, alles gefunden, was du gesucht hast.“ Kapitel 23: Dienstag der 23. Dezember ------------------------------------- Verschwommen nahm er verzerrte Stimmen wahr. „…una, siehst du… komm wir ….cken ihn.“ Keine Minute später spürte er, wie etwas Raues über seine Ohrmuschel leckte und der Blondhaarige heiter rief: „Aufwachen Vanitas~ Es ist der 23. Dezember!“ Jetzt war er definitiv wach. „Schau, wir haben es geschafft Luna!“ Ah, so war das, das Raue war also die Zunge der kleinen Katze gewesen. Wie viel Uhr war es, dass der Blondhaarige schon vor ihm wach war. Jener beugte sich gerade über Vanitas, welcher sich gerade aufgerichtet hatte, und hauchte ihn zaghaft einen Kuss auf. Perplex schaute er den anderen an, hatte dieser doch noch nie die Initiative ergriffen, zog diesen, als er sich lösen wollte zu sich und erwiderte den Kuss. „Keine halben Sachen~“, sagte er mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen, als er den Kuss gelöst hatte. Der Angesprochene wurde leicht rot und stand dann auf. In den Räumen roch es nach Frischgebackenen und Kaffee. Hatte er etwas verpasst? Der Blondhaarige musste seit mindestens einer Stunde wach sein und er hatte davon nichts mitbekommen. Nicht einmal den Brötchengeruch hatte er wahrgenommen gehabt – bis zu diesem Zeitpunkt. Schon während dem Frühstück hatte er den Blondhaarigen Andeutungen für ihre heutige Beschäftigung geben. Weder er noch Ventus kannten sich mit der Konsole aus doch würde es wohl nicht so schwer sein, ein Spiel zu spielen, indem man eine Art Autorennen mit kleinen Extras fuhr. Und es stellte sich tatsächlich nicht als allzu schwierig heraus, das Gerät an seinen Fernseher anzuschließen und die CD in das Laufwerk zu schieben. Kurz darauf war schon die „typische“ Melodie des Spieles zu hören und sie befanden sich im Startmenü. Ventus war vollkommen begeistert von der Idee, den Tag mit „zocken“ zu verbringen. Nach einer Proberunde entschieden sie sich, nun um einen Einsatz zu spielen und da der Blondhaarige nicht wirklich viel besaß und das wenige Eigentum, welches er als seines bezeichnen könnte, sich noch in der WG befand und der Einsatz für beide gleich sein sollte, spielten sie um ihre Klamotten. Strip-Mariokart – dieses Prinzip konnte man einfach immer anwenden. Die erste Runde sah viel versprechend aus, Vanitas hatte die dritte Runde gerade zur Hälfte abgefahren, da startete Ventus erst seine dritte. Nur noch wenige Meter trennten ihn von der Ziellinie und der Schwarzhaarige fühlte sich schon sicher – schließlich musste er ja nur noch gerade aus fahren. Sein Blick schweifte zu den Blondhaarigen, der regelrecht mit seinem fiktiven Charakter mitfühlte und sich in den Kurven mit bewegte, als würde dass seinen Charakter helfen, schneller an sein Ziel zu kommen. Der Schwarzhaarige blickte zu spät auf den Bildschirm, um zu realisieren, dass er niemals das Ziel passiert hatte, denn in diesem Moment fuhr der andere über die Zielgerade. Sofort fing dieser an zu Jubeln und er drehte sich zu dem Schwarzhaarigen um. Seufzend legte dieser die Wii-Fernbedienung weg und zog sich sein T-Shirt aus. „Ich sollte Geld fürs Anstarren verlangen.“, kam der sarkastische Kommentar von ihm, als der Blondhaarige noch immer nicht den Blick von seinen Oberkörper abgewendet hatte. Er zuckte leicht zusammen, als dieser über eine alte Narbe strich und diese mit einen schwer zu deutenden Blick musterte. War es Besorgnis? Vanitas hatte einige Narben, wobei seine „neuste“ Narbe fünf Jahre alt war. Früh übt sich wer Meister werden will. „Entschuldige.“, murmelte der Blondhaarige und bestätigte dann seine Charakterwahl. Der Schwarzhaarige wurde aus Ventus einfach nicht schlau, wieso entschuldigte er sich für Wunden, die er in seiner Vergangenheit für von ihn Wildfremden zugefügt bekommen hatte. Sieben Runden später und einige Kleidungsstücke weniger hörten sie auf zu spielen. Nicht nur, weil der erste nur noch seine Boxershorts trug – und es war nicht Ventus, dieser trug nämlich zu seiner Boxershorts noch seine linke Socke – sondern weil dies auch das Ende ihren kleinen Wetteinsatz bedeutete. Triumphierend grinste der Blondhaarige Vanitas an. „Gewonnen.“ Wie konnte man sich über einen solchen virtuellen Sieg freuen. Es war faszinierend den anderen zu beobachten. Sein Blick wanderte von seinen vor Freude strahlenden Augen runter zu seinen Lippen. Lippen, um die ihn manche Frauen beneiden würden. Apathisch fuhr er die Lippen des anderen mit seinem Daumen nach. Dann beugte er sich zu den Blondhaarigen herunter und verband ihre Lippen zu einem Kuss, welchen der Blondhaarige gleich erwiderte. Ihn selbst irritierten seinen irrationalen Handlungen. Wie kam er darauf den anderen zu küssen? Was brachte ihm dass? Außer weitere Irritation, da er ein neue seltsame Reaktion verspürte. Ein eigenartiges Kribbeln fuhr über ihre Lippen wie eine leichte Windprise an einem Sommermorgen. Was dachte der Blondhaarige gerade, er versuchte irgendetwas in den offenen blauen Irden – in denen man versinken könnte – zu lesen. Durch ein lautes Klopfen wurden beide aus ihrer Trance gerissen und der Schwarzhaarige eilte zur Tür, wo der Pizzabote darauf wartete, dass er die Pizza entgegen nahm. Welcher ihn erst einmal irritiert anstarrte, da der er nur noch in Boxershorts bekleidet war. Mit dem knappen Kommentar „Was ist? Es gibt Leuten, den ist es im Winter noch zu heiß.“, nahm er die Pizza sich und schloss, nachdem er bezahlt hatte, die Tür direkt vor der Nase des Lieferanten. Am Abend fielen die beiden, immer noch leicht bekleidet, da sie ihre Klamotten im Nachbarraum vergessen hatten, erschöpft in das Bett des Schwarzhaarigen, wo sie sich gleich zudeckten und Luna, die auf der Kopfseite unter den Zwischenraum der Kissen geschlafen hatte, aufschreckten. Der Blondhaarige lachte und fuhr der Katze beruhigend über das Fell, während der Schwarzhaarige das Szenario einfach ignorierte, seinen Arm über die Kissen legte damit sich der Blondhaarige auf diesen legen konnte. Irgendwie war dies zum Ritual geworden und wenn er ihn einmal nicht den Arm anbot, wachte spätestens mit einem tauben Arm auf. Vielleicht würde ihn dadurch auch etwas wärmer werden. Doch als dieses auch nicht der Fall war, zog er den andern näher zu sich und ließ seine Hand auf dessen Hüfte ruhen. Am Rande bekam er noch mit, wie Ventus sich bei ihm bedankte, bis er dann einschlief. Kapitel 24: Kapitel 24 – Mittwoch der verdammte Heilig Abend~ ------------------------------------------------------------- Hallo meine Lieben, ich wünsche euch einen schönen ersten Weihnachtstag. Auch wenn dies wahrscheinlich ein Spoiler ist, muss ich euch doch vorwarnen, dass es in diesem Kapitel zu exzessiver Gewaltanwendung kommt. Darum bitte ich euch, wenn ihr sehr empfindlich auf sowas reagiert, dass ihr dieses Kapitel nicht lest. Im Epilog wird man trotzdem verstehen, was in diesem Kapitel geschehen ist. Ich will mit diesem Kapitel auf keinen Fall Gewalt verherrlichen, sondern einfach nur den Charakter so treffen, wie ich ihn wahrnehme. Viel Spaß beim Lesen Eure Neko~ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Am Morgen war alles einfach. Er hatte über das neue Unbekannte nachgedacht und über die Folgen, die es haben würde. Was er sich selbst vorwerfen würde. Es durfte nicht so sein oder werden. Gefühle bedeuteten Irrationalität. Und diese barg Fehler – und diese durfte er sich nicht erlauben. Denn er würde sich nicht für den anderen ändern. Konnte man ihn doch auch gar nicht ändern. Vanitas musste es durchziehen und den Blondhaarigen dafür bestrafen, dass er ihm fast seinen wahren Spaß geraubt hätte. Er hatte sich schon überlegt, wo und wie er es durchziehen wollte. Schließlich hatte er es die Tage – vor seiner Irritation – schon geplant und durchdacht. Daran würde sich nichts ändern. Wie sie am Abend zuvor eingeschlafen waren, so wachten sie auch auf, ineinander verschlungen. Nur wirkte die Situation für den Schwarzhaarigen nun befremdlich. Er traute seinem Körper nicht. Darauf bedacht, den Schlafenden nicht zu wecken, zog er vorsichtig seinen Arm unter dessen Nacken raus, stieg aus den Bett und deckte den anderen erneut zu. Kaum hatte er sich aufgerichtet, spürte er etwas weiches, warmes um seine Beine schleichen. Mit einem Lächeln auf den Lippen bückte er sich nach dem kleinen Fellknäul mit den tiefblauen Augen, wie die des Blondhaarigen, und nahm die schnurrende Katze auf seine Arme. Ja, in der Woche hatte er die Kleine echt ins Herz geschlossen, auch wenn mit ihrer Pflege unnötige Arbeit verbunden war, wie Futter kaufen, Katzenklo reinigen – denn mittlerweile besaß er eins – und die regelmäßige Aufmerksamkeit, die er ihr schenken musste. In der Küche füllte er erst einmal Wasser und Napf von Luna wieder auf – die sich auch gleich daran machte, ihr Frühstück zu verspeisen – und kümmerte sich dann darum ein kleines Frühstück für sie beide vorzubereiten. Der Schwarzhaarige durfte sich nichts anmerken lassen. Würde Ventus ahnen, dass etwas nicht stimmte, konnte das den gesamten Verlauf ändern und darauf hatte er keine Lust. Erst würden sie den Tag ganz normal verbringen, dann würde es abends zum Essen und anschließend zu der Bescherung kommen. Easy going. Danach fing der Spaß erst an. Der Tag verging sogar relativ schnell und schon bald fanden sie sich am Tisch wieder, an dem sie das selbst gemachte Essen – als Vorspeise Blätterteigpasteten mit Käse- und Schinkenfüllung, mit dem Hauptgang Kartoffelgratin mit eingelegten Fisch und etwas Rahmgemüse (schon hier viel zu viel für zwei Personen und eine Katze) und als Nachspeise etwas Vanilleeis – hermachten. Dabei erzählte der Blondhaarige von seinen vorherigen Weihnachten, was alles so schief laufen konnten – von der brennenden Weihnachtsgans bis hin zur fast vollkommenen Zerstörung der Weihnachtsbaum Dekoration durch einen unerwarteten Tierbesuch war alles dabei. Natürlich machte er das ein oder andere Mal etwas längere Pausen, wenn er unbefangen anfing über seine blauhaarige tote Freundin zureden, jedoch war es ein riesen Fortschritt, dass dieser nicht sofort anfing zu weinen, auch wenn er das ein oder andere Mal den Tränen nahe war. Nachdem sie gegessen, und den Nachtisch nicht einmal angerührt hatten, lief der Blondhaarige in sein Schlafzimmer und holte ein kleines dürftig verpacktes Geschenk hervor. „Uhm… ich weiß, wir kennen uns nicht lange, aber ich hatte einfach das Bedürfnis dir etwas zu schenken. Ich hoffe es gefällt dir… und ist auch etwas nützlich.“ Vanitas spielte überrascht, wusste er doch was sich in dem kleinen Päckchen befand. „Das wäre doch nicht nötig gewesen!“, sagte er, als er anfing das kleine Geschenk auszupacken und das Ka-Bar Warthog Framelock mit dem vermuteten Wellenschliff hervorkam. „Ich dachte, damit kannst du eher etwas anfangen.“ „Oh, und wie du da Recht hast, Veni.~ Danke dir.“, während er dies sprach bewegte er sich auf den anderen zu und hauchte ihn einen Kuss auf. „Auch ich habe ein Geschenk für dich“, sagte er, als er den Kuss löste, doch das bekam der Blondhaarige nur noch am Rande mit, da um ihn herum sich die Welt verdunkelte. Ventus wachte in einem Dunklen Raum auf. Sein Kopf tat ihm weh und er hatte keine Ahnung, wo genau er sich befand. Die Luft fühlte sich kalt und abgestanden an und es roch nach alter Druckerei. Kurz darauf ergriff ihn die Panik. Er konnte sich nicht bewegen und er fing verzweifelt an, an seinen Fesseln zu reißen. Irgendein perverses Schwein hatte ihn auf einer Art Liege festgekettet. Die Füße waren in enge Ringe eingeschnallt und seine Arme Körperabseits ebenfalls an der Lehne festgekettet. Als er versuchte sich aus dem eisernen Gefängnis zu befreien schnitt das Metall tief in seine Haut und ihm entkam ein schmerzvolles Keuchen. Es musste doch einen Ausweg geben. Das Adrenalin, welches durch die Gefahrsituation freigesetzt wurde, schoss durch all seine Glieder. War er vorher in einer Art Dämmerzustand, so war er nun hellwach. „Nana, Ventus, ich dachte eigentlich, dass du klüger bist. Du solltest doch wissen, dass es physikalisch für dich gar nicht möglich ist, diese schöne Liege hier zu verlassen.“ Die Stimme die er hörte kam ihn so bekannt, so vertraut vor und doch wirkte sie an diesem Ort so falsch. „Vanitas… was…?“ „Was das hier soll? Merry Christmas mein Lieber, ich wusste dir wird es gefallen, schließlich hast du mich durch deine provokante Art und dein kleines Geschenk regelrecht dazu aufgefordert.“, sagte der Schwarzhaarige höhnisch als er in den für Ventus sichtbaren Radius trat. Es war nicht Dunkel, doch nahm er in der dunklen Halle, es mochte vielleicht zwanzig Uhr sein, nicht besonders viel wahr in dem hinteren Bereich. „Das hatte ich nicht be – arghhh.“ „Shsh, Ventus, das will ich nicht hören.~“, sprach Vanitas, während er mit dem Messer, welches Ventus ihn vielleicht keine Stunde zuvor geschenkt hatte, über dessen Brust fuhr und somit einen roten Striemen durch dessen Oberteil in jener hinterließ. „Vanitas, bitte, was sol-“, der Blondhaarige konnte nicht weitersprechen, da er wieder einen gleißenden Schmerz auf seinem Oberkörper wahrnahm. „Du solltest wissen, dass betteln nichts hilft, Ventus. Sei so brav wie Aqua und reagier so, wie ich es von dir erwarte.“ Es war ein überwältigendes Gefühl wahrzunehmen, wie der Blondhaarige langsam realisierte was er gerade gesagt hatte. „Du hast Aqua das angetan?! Du bist daran schuld?!“, schrie der Blondhaarige ihn unter Tränen an. Mit einen zufriedenem Lächeln beugte er sich über den anderen, fixierte dessen Kinn und leckte ihn eine Träne von dessen Gesicht. Etwas, das der Schwarzhaarige niemals schmecken konnte und auch nicht schmecken würde. Sie schmeckte salzig. Das etwas, dass trotz des Körpers einer solchen süßen Gestallt, so salzig schmecken konnte. Doch er hielt sich mit Belanglosigkeiten auf. Er hatte zwar mehr Zeit für dessen Mord eingeplant, aber man durfte die unbekannte Variable X nicht vergessen und es würde nicht schaden, wenn er sich nicht allzu lange mit den anderen beschäftigte. Dieser zitterte unter seiner Berührungen und auch die Tränen hörten nicht auf zu versiegen. Sein gesamter Körper war angespannt – und er hatte noch nicht einmal angefangen. „Weißt du, sie hatte geahnt, dass mit mir etwas nicht stimmte. Zu dumm, dass sie auf die Idee kam, mir in die Quere zu kommen. Weißt du Ventus, sie hätte noch leben können, wärt ihr nicht so gut befreundet gewesen. Dann hätte sie sich nicht in meine Angelegenheiten gemischt.“, erklärte er dem Anderen genüsslich, während er etwas mit dem Messer spielte. Mentale Folter. Gängig verbreitet und von jedem – sofern er denn ehrlich war – einmal benutzt, wenn vielleicht nicht in so einen extremen Maße. Doch er erzählte ihm nicht nur von Aqua, sondern auch, seit wann er dafür sorgte, dass sie sich nun hier befanden. Was er alles getan hatte, um das Team zu zerstören. Wie er seine Identität sichern konnte und warum er sich Vanitas nannte. Nun flossen keine Tränen mehr aus den Augen des Blondhaarigen. Zu gerne würde er ihm diese, vor Angst geweiteten, Irden aus ihrer Höhle kratzen und als kleines Andenken in einem Formaldehyd-Behälter mit sich nehmen, allerdings könnte man ihn dadurch irgendwann überführen, außerdem taten das nur kranke Bastarde. Gewalt war nur Mittel zum Zweck und nicht etwas was man verherrlichen sollte. Doch er sollte es jetzt bald zu Ende bringen, mit einen lauten Aufschrei Ventus‘ und einen kräftigen, präzisen Schnitt seinerseits, war dessen Brustraum aufgetrennt und er betrachtete die Lage. Perfekt, er musste sich ungefähr auf der Höhe des _ Rippenknochen befinden, welcher direkt über den Herzen lag und es ihm deswegen nicht ermöglichte, dieses sofort herauszunehmen. Jedoch war der Widerstand recht bald durchbrochen und er konnte weiter in den Körper des anderen eindringen und den pulsierenden Muskel ertasten. Es war ein machterfüllendes Gefühl, das Herz des anderen in seiner Hand zu haben – konnte diesen in kürzester Zeit umbringen. Fasziniert betrachtete er das Herz in seiner Hand. Er spürte den ungesund erhöhten Herzschlag in seiner Hand pulsieren. Würde er zu fest zudrücken, würde es schwere Quetschungen erleiden und vielleicht so weit verletzt sein, dass es aufhörte zuschlagen, in seiner Hand. Lass es. Es sein lassen? Niemals. Er konnte dem Blondhaarigen nicht seinen Willen geben. Niemand beherrschte ihn. Lass ihn leben, du willst ihn doch gar nicht töten. Doch, doch das wollte er, das war doch erst der Grund gewesen, warum sie sich überhaupt kennen gelernt hatten. Du wolltest, aber nun willst du nicht mehr. Ich soll einfach aufgeben? Nicht aufgeben, das Neue annehmen. Nein, nein, das würde er nicht machen. Er hatte schon zu vieles durchgehen lassen und allein die Tatsache, dass er anfing mit sich zu hadern, bewies ihm, dass er sich in eine völlig ungewohnte und für ihn falsche Richtung entwickelt hatte. Ventus stellte sein Gewissen da und um auf seine Weise weiter leben zu können, musste er ihn auslöschen. Er musste es. Langsam drückte er den Herzmuskel immer weiter zusammen - die Augen des Blondhaarigen fielen immer weiter zu, es viel ihm sichtlich schwer, sie weiterhin offen zu halten-, er sorgte für einen verlangsamten Pulsschlag – die Atmung flachte immer weiter ab, bis es zum Letzten Atemzug – „Ich liebe dich trotzdem.“ – und schließlich zum Herzstillstand kam. Sanft legte er den erschlafften Muskel zurück in den Körper er richtete sich auf, strich ein paar verirrte Strähnen von seiner Stirn und hauchte ihn einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut, Ventus.“ Kapitel 25: Mittwoch der 31.Dezember ------------------------------------ Ein letztes Mal heißt es hier „Hallo ihr Lieben“. Dieses Projekt ist nun vorbei (und ich bin schon ein bisschen stolz darauf, es durchgezogen zu haben). Das alles habe ich auch euch zu verdanken, meine lieben Reviewer. Ihr habt mich mit euren netten und wundervollen Worten jeden Tag motiviert weiter zu machen :) (Natürlich danke ich auch den Schwarzlesern und Followern ) Ich wünsche euch nun ein letztes Mal viel Spaß beim Lesen. Eure Neko P.S.: Ich hoffe ihr hattet einen guten Rutsch ins neue Jahr ~*~*~~*~*~*~*~*~*~*~*~~*~*~~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~~*~*~*~*~*~*~*~*~~*~*~~*~*~*~ Eine Schar von Menschen zog an ihm vorüber – beachtete ihn keines Blickes, ihr Fehler. Der Mord an den Blondhaarigen war bereits eine Woche her und mittlerweile hatten sie sogar seine, um die Medien zu zitieren, „entstellte“ Leiche entdeckt. Das war vor drei Tagen gewesen und seit drei Tagen konnte man nichts anderes mehr lesen. Er hatte sich mittlerweile von der Bank, auf welcher er gesessen hatte, erhoben und inspizierte einen kleinen Zeitungsartikelstand, der von dem Gedränge der Menge unterzugehen schien. Auch hier, in einer benachbarten Stadt konnte man nichts anderes auf den Titelseiten lesen. „Grausiger Leichenfund – die Suche nach dem Mörder geht weiter“ „Mord an einem Schüler“ oder auch „Mörder – noch immer gesucht“ waren auf den verschiedenen Blättern zu lesen. Es war wichtig, dass er aus möglichst großer Distanz auf den aktuellen Stand blieb. Ihm war natürlich bewusst, dass nur die Informationen, die die „höhere Gewalt“ preis geben wollte, an die Öffentlichkeit gelangen und dass nicht alles, was darin geschildert war, auf handfesten Beweisen beruhen muss. Zumal in den Zeitungen, gerade was laufende Ermittlungen anging, auch viele Enten in dieser vorzufinden waren. „Entweder du bezahlst jetzt, Junge, oder du verschwindest jetzt von meinem Stand.“ Resignierend kramte der Angesprochene in seiner Tasche und suchte das nötige Kleingeld heraus, dann schnappte er sich die Zeitung mit dem als letztes genannten Titel und bewegte sich in die Richtung seines Gleises, wo er sich auf eine Bank setzte. „Mörder – noch immer gesucht Am vergangenen Sonntag hatte die Polizei in Elderine einen grausigen Leichenfund. Die 19-Jährige Jungenleiche wurde auf dem öffentlichen Friedhof der Stadt an einem Baum lehnend gefunden. In seiner Hand eine einzelne getrocknete weiße Rose. „Zuerst dachten ich, der Junge schliefe. Doch als ich näher kam, sah ich, wie blass er war und wurde stutzig.“, so Wilhelm M., der Zuständige des Friedhofs und Entdecker der Leiche. Er, wie auch die Polizei des Gebietes sind sprachlos über diese grausame Tat. „Wir hatten in letzter Zeit mit mehreren Morddelikten zu tun, aber derartige Kaltherzigkeit, wie sie uns in den letzten Monat ereilt hatten, ist selbst für unsere Verhältnisse neu.“, äußerte sich Detective Ingor Zander zu den neusten Mordfall. Der Junge verstarb nicht durch den Blutverlust, wie man es anfangs angenommen hatte, sondern durch die künstliche Verlangsamung des Herzschlages, welche durch Blessuren am Herzmuskel nachgewiesen worden war. Die Polizei gab Preis, dass es sich bei dem Mord an den Schüler nicht um eine Einzeltat handelte. Sie bringen den Mord an diesen, mit dem plötzlichen Tod einer jungen Studentin in Verbindung, da beide in derselben WG gelebt hatten. Unter Verdacht steht gerade der letzte Bewohner der WG und fester Freund der Toten. Besonders sollten junge Personengruppen, die sich in einer WG wiederfinden in acht nehmen und ab 23 Uhr nicht mehr alleine durch die Straßen ziehen, bis der Täter ermittelt wurde. Dafür ruft die Polizei nach weiteren Zeugenaussagen aus. […]“ Mit einem Grinsen faltete er die Zeitung zusammen und sprang mit seinem wenigen Gepäck – um genau zu sein einem Rucksack – in den Zug, der hinter sich die Türen schloss und daraufhin gleich losfuhr. Sollte er mitbekommen, dass sie ihn näher kamen, musste er abtauchen – nicht, dass er das sowieso vor gehabt hatte. Tylor wird untertauchen und jemand anderes wird aktiv werden. So war es vor Ventus gewesen und so würde es auch nach ihm sein. Er bequemte sich auf einen freien Vierersitzplatz und öffnete ein Fach des Rucksacks, aus welchem sofort der Kopf des kleinen schwarzen Fellknäuls rausschaute. Okay, eine Sache hatte sich geändert, aber das hatte nichts zu heißen, dachte der Schwarzhaarige, während er in die himmelblauen Augen von Luna blickte und ihren Schnurren zuhörte, als er sie kraulte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)