An einem anderen Tag von TheFray ================================================================================ Kapitel 3: Stimmungsschwankungen -------------------------------- „Wer lachen kann, dort wo er hätte heulen können, bekommt wieder Lust zum Leben.“ – Werner Finck Als Tai die Wohnung betrat, fand er Mimi im Sessel sitzend mit einer Zigarette im Mund vor. Die junge Frau schaute geistesabwesend aus dem Fenster. „Na Prinzessin, wollten wir nicht zusammen aufhören zu rauchen?“, fragte er sie grinsend. Mimi fand dies allerdings gar nicht witzig. Vielleicht wollte er die angespannte Situation auch nur auflockern. Aber das tat er nicht. „Okay Mimi, schieß los. Was ist passiert?“, fragte der junge Mann seine Freundin nun. Diese schwieg eine Weile ehe sie antwortete. „Ich hab sie gesehen.“, sagte sie dann mit bebender Stimme. „Wen hast du gesehen? Matt und Sora?“, fragte Tai sie daraufhin verwirrt. „ Nein den Sandmann! Natürlich Matt und Sora!“, brüllte sie ihren Freund nun an. Doch im selben Moment tat es ihr schon wieder leid. „Sorry Tai. War nicht so gemeint. Ich habe vorhin fern gesehen und in einem Bericht haben sie ein Interview von den beiden gezeigt. Das junge Glück vergnügt sich in Australien.“, meinte Mimi verachtend. Vor ihren Augen spulte sich erneut das Bild der beiden ab. Wie Matt Sora liebevoll im Arm hält. „Ach Mimi. Warum musstest du auch ausgerechnet das sehen? Dabei ist das doch schon recht alt…“, sagte Tai daraufhin und biss sich anschließend verärgert auf die Lippe. Mimi guckte ihn fragend an. „Wie das Interview ist schon alt? Heißt das…?“, setzte sie die Frage an in der Hoffnung Tai würde Licht ins Dunkel bringen. „Ja, das Interview ist schon einige Tage alt. Du musst eine Wiederholung gesehen haben. Sora und Matt landen heute Nachmittag wieder in Tokyo. Ich habe mit ihnen gesprochen. Sie wollen die Tage vorbeikommen und mit dir reden.“, erklärte Tai nun kleinlaut. Mimi schnappte nach Luft. Sie wollte losschreien, die Wohnung auseinandernehmen, irgendwo gegentreten. Doch stattdessen zählte sie in Gedanken bis drei. Eins, Zwei, Drei. „Okay cool.“, antwortete sie nüchtern. Daraufhin erhaschte sie einen verdatterten Blick von Tai. „Okay cool? Das ist alles was du dazu sagst?“, fragte er sie irritiert. „Wissen Matt und Sora, dass ich nun Bescheid weiß, dass sie mich besuchen wollen?“, war Mimis einzige Frage. „Nein, sie wollten, dass du nichts im Vorfeld erfährst. Aber ich wollte es dir sagen. Zwar nicht in einer solchen Situation, dennoch ist es nun raus.“, erklärte Tai. Mimis Blick hatte nun einen rachlustigen Ausdruck bekommen. „Nun gut. Sicherlich wollten sie, dass ich davon nichts weiß, damit ich zunächst völlig überrascht bin von ihrem Besuch. Aber nun da ich im Bilde bin, kann ich meine ganze angestaute Wut an ihnen auslassen.“, sagte sie grinsend. Tai schüttelte den Kopf. Daraufhin ging er zum Fenster und öffnete dieses. „Weißt du Mimi, du musst das cleverer angehen. Im Grunde genommen, sagen sie dir doch nur nichts von ihrem Besuch, weil sie hoffen, dass du zu überrascht sein wirst, um dich aufzuregen. Aber eigentlich rechnen sie doch mit einem Wutanfall von dir.“, führte er aus. Mimi machte ihre Zigarette aus und trank einen Schluck Wasser. „Wow Tai, neben deiner neuen Karriere als Lieferbursche von Zalando, machst du jetzt auch noch ein Psychologiestudium nebenbei? Was soll ich denn ansonsten deiner Meinung nach machen?“, gaffte sie ihren guten Freund an. War es denn nicht nur fair, dass sie nun ihrer Wut Ausdruck verleihen durfte? War das denn nicht das Mindeste nach dem man sie so verletzt hatte? Dass Tai sie nun davon abhalten wollte, gefiel ihr beim besten Willen nicht. Warum musste er auch immer alles besser wissen? „Ach Mimi, fühl dich doch nicht immer gleich angegriffen. Ich will dir helfen. Und meiner Meinung nach solltest du auf total gelassen machen, wenn du Matt und Sora wirklich überraschen willst.“, meinte Tai. „Wie total gelassen?“, fragte Mimi ihn daraufhin verdutzt. „Na ganz einfach. Wenn die beiden kommen, empfängst du sie freudestrahlend, lässt sie herein, bietest einen Kaffee an. Und wenn du dann noch willst, kannst du immer noch kleine, hässliche Kommentare von dir lassen.“, erklärte er ihr. Doch Mimi sah Tai einfach nur genervt an. Der hatte gut reden, denn er wurde schließlich nicht am Hochzeitstag verlassen. „Wie soll das denn funktionieren? Hallo ihr beiden, schön euch zu sehen, kommt doch rein. Und wie war es in Australien?“, sagte sie ironisch. Desto mehr sie sich diesen Satz durch den Kopf gingen ließ, desto mehr verstand sie was Tai eigentlich meinte. Natürlich ist das Alles eine glatte Lüge, aber sie würde den beiden und vor allem Matt damit richtig eins auswischen und sie schnell wieder loswerden. Mimi beschloss es nicht zuzulassen, dass Matt und Sora genau das zu sehen bekommen würden, was sie dachten. Stattdessen würde sie die beiden mit ihrem Verhalten so sehr verunsichern, dass sie schnell das Weite suchen wollen. Es würde kein Bild einer völlig zerstörten Mimi geben. Die junge Frau würde ihnen zeigen wie stark sie sein konnte und dass sie sich von Nichts und Niemanden unterkriegen lässt. „Tai, das ist gar nicht mal dumm. Hast du wirklich mal darüber nachgedacht Psychologie zu studieren? Ich muss nämlich wirklich sagen, dass ich dir gar nicht so viel Tiefgründigkeit zugetraut hätte.“, meinte Mimi nun anerkennend. „Das nehme ich mal als Kompliment auf. Aber es ist schön zu sehen, dass du weißt, worauf ich hinaus will.“, antwortete Tai. Mimi war immer mehr begeistert von der Idee. „Na klar. Ich werde ihnen richtig eins auswischen, indem ich Matt und Sora beweise, dass ich voll über der Trennung stehe und mir das Glück der beiden nichts anhaben kann“, sagte sie enthusiastisch. Daraufhin schaute Tai sie stirnrunzelnd an und sagte: „Du solltest das auch außerhalb dieses Schauspiels so sehen.“. „So leicht geht das nicht.“, meinte Mimi kleinlaut und fühlte sich ein Stück ihres Enthusiasmus‘ entledigt. So zu tun als sei alles Bestens, ist etwas anderes als es in die Realität umsetzen zu wollen. Sich vorzustellen dem frisch verliebten Paar eins auszuwischen, zauberte ihr zwar ein Lächeln ins Gesicht, aber dass dies die Wirklichkeit sein könnte, schien weit entfernt zu sein. Und verlangte Tai nicht etwas zu viel auf einmal von ihr? „Nun ja, wir päppeln dich schon wieder auf, Prinzessin.“, meinte Tai mit einem aufmunternden Lächeln im Gesicht. „Ich finde, wir sollten zuallererst deine Wohnung verändern. Hier erinnert dich doch alles an Matt.“ „Aber die Wohnung hat Matt zum Großteil bezahlt. Ich weiß nicht, wie er es finden würde, wenn hier bald alles pink wäre.“, antwortete Mimi amüsiert. Die Vorstellung gefiel ihr. Allein der Gedanke wie ihr Ex-Freund die Wohnung betreten und alles in pink und rosa vorfinden könnte, brachte sie zum Grinsen. Denn Mimis Farbgeschmack konnte der Rockstar noch nie leiden. Deshalb befanden sich im gemeinsamen Domizile der beiden nur wenige pinke und rosa Akzente. „Ich sag dir jetzt mal was Mimi: Dir geht es ziemlich beschissen und dafür ist Matt verantwortlich. Das mag jetzt total gemein klingen, aber nutz das doch für dich aus. Du kannst Matt einige Forderungen stellen und er hat darauf einzugehen. Und ich denke auch, dass er das tun wird. So wie ich ihn am Telefon verstanden habe, will er sich mit dir friedlich einigen. Mit Sicherheit wird er dir die Wohnung überlassen.“, führte Tai aus. Die junge Frau hatte die ganze Lage noch nie aus diesem Blickwinkel gesehen. Natürlich hatten die beiden gemeinsames Eigentum. Die Wohnung. Das Auto. Die gesamte Ausstattung der Wohnung. Mimi würde bestimmt nicht alles behalten wollen. Aber für Sora den Platz zu räumen, kam auf keinen Fall in Frage. „Du willst doch die Wohnung haben oder?“, fragte Tai sie und blätterte dabei durch eine auf dem Tisch liegende Zeitschrift. „Ja doch das will ich. Ich lasse es nicht zu, dass Sora sich hier einnistet. Matt kann ausziehen. Du hast vollkommen Recht. Ich sollte hier alles rausschaffen. Nun gut, nicht alles. Aber das Wohnzimmer und das Schlafzimmer müssen komplett neu gemacht haben. Wahrscheinlich muss ich alles neugestalten und den Geist von Matt vertreiben.“, erläuterte Mimi. Und augenblicklich machten sich die verschiedensten Vorstellungen in ihrem Kopf breit. Alles pink oder doch mit etwas grün? Oder auf viele Holzelemente setzen? Nun gut, das würde sie im Internet recherchieren, wenn sie mal wieder nicht schlafen kann. Der Gedanke eine neue Aufgabe zu haben, beflügelte sie regelrecht und machte ihr Mut nun wirklich neu anzufangen. „Und du glaubst wirklich, dass mir Matt so eben die Wohnung überlassen wird?“, fragte die junge Frau trotzdem noch einmal nach. „Ja klar. Er hat mehr Geld als er ausgeben kann. Und er wird froh sein, wenn eure Trennung nicht im Rosenkrieg endet. Matt wird wahrscheinlich Angst haben, dass du sein Saubermannimage kaputt machen könntest.“, meinte Tai, während er an einem Kreuzworträtsel in der Zeitschrift knobelt. Doch Mimi schaute ihn verdattert an. Was meint er denn damit nun wieder? Und wie kann er so was mal nebenbei raushauen? Nun gut, Taichi war noch nie jemand, der sehr gefühlvoll und vorsichtig mit seinen Worten umging, aber trotzdem konnte Mimi seine grobe Wortwahl nicht verstehen. Wie sollte sie denn Matts Image ankratzen? Doch dann dämmerte ihr, worauf ihr guter Freund hinauswollte. „Du meinst, er hat Angst, dass ich Interviews über ihn gebe oder gar ein ‚Enthüllungsbuch‘ schreibe, so wie man es immer bei anderen getrennten Promis sieht.“, sagte Mimi aufgebracht. „Ja, genau das wird ihn belasten.“, erwiderte Tai trocken und radierte ein paar Buchstaben aus seinem Kreuzworträtsel weg. Aber wie konnte Matt nur so denken? Klar, war Mimi unendlich sauer auf ihn und noch viel mehr enttäuscht. Dennoch würde sie ihm nie im Leben so etwas antun. Egal was zwischen ihnen war. Dafür liebte sie Matt doch viel zu sehr. „Hat er das wirklich so gesagt oder vermutest du das nur, Tai?“, sagte sie nun mit heiserer Stimme. „Nicht direkt. Aber man konnte es aus seinen Worten schließen.“, antwortete Tai. Mimis Kloß im Hals wurde immer größer. War sie so ein schlechter Mensch, dass Matt das von ihr denken konnte? Kannte er sie nicht gut genug, um zu wissen, dass sie so etwas niemals tun würde? Haben sie sich nicht einmal sehr geliebt? Die junge Frau bemerkte erst, dass sie angefangen hatte zu weinen, als sie einen dunklen Tropfen auf ihrer Hose entdeckte. „Wir haben uns so sehr geliebt. Ich kenne niemanden so gut wie ihn. Und im Gegenzug war Matt derjenige, der mich in meinen schlimmsten Augenblicken erlebte und es geschafft hat mich wieder aufzubauen. Wie kann er denn jetzt nur so von mir denken?“, sagte Mimi weinend und zog ihre Beine an ihren Oberkörper heran und umschlingt diese mit ihren Armen. Daraufhin legte Taichi seinen Stift zur Seite und hockte sich vor den Sessel auf dem Mimi saß. Vorsichtig berührte er Mimis Hände und löste sie langsam von ihren Klammergriff und hielt sie in seinen. „Prinzessin, ich kann dir nicht sagen, weshalb Matt so denkt. Er ist zwar mein bester Freund, aber momentan der größte Idiot, den ich kenne. Du hast es nicht verdient jetzt so zu leiden. Und es wird zwar auch noch morgen und übermorgen wehtun, aber deine Freunde werden dir bei deinem Neuanfang helfen. Sobald du mit Matt über die Wohnung gesprochen hast, richten wir sie neu ein und bringen frische Farben hier rein.“, versuchte er sie aufzumuntern, während er Mimis Hand sanft streichelte. Anschließend griff er zu einem Taschentuch und reichte es ihr, welches Mimi dankend annahm. „Du hast Recht und ich will auch nach vorne sehen, aber dieser Schmerz. Es tut so weh Tai, so weh. In manchen Momenten fühlt es sich an als ob er mich gleich zerreißen würde. Am besten bringe ich das Gespräch morgen schnell hinter mich, mache mir die Wohnung klar und sehe Matt nie wieder.“, sagte Mimi und wischte sich die Tränen weg. „Aber wenn ich das morgen durchziehen soll, darf ich mir dann vorher etwas Mut antrinken? Ich weiß nicht, ob ich das sonst so hinbekomme, wenn Matt mir auf einmal gegenübersteht. Und ich kann vor allem nicht versichern, dass ich Sora nicht verprügeln werde.“, erläuterte Mimi und man sah, wie sich eine Stressfalte auf ihrer Stirn bildete. Doch Tai hingegen musste lachen und sagte nur: „Du willst Sora verprügeln? Das will ich sehen. Du weißt doch, dass sie, seit sie vor einem Jahr überfallen wurde, an einem Selbstverteidigungsprogramm teilnimmt. Da hast du keine Chance. Ach und nein, du betrinkst dich nicht.“, meinte Tai. Nun gut, vielleicht hatte er Recht. Okay, er hatte Recht. Mimi würde sich wahrscheinlich nur blamieren, wenn Sora sie mal eben in ihre Schranken weisen würde. Das wäre kein guter Eindruck. Die junge Frau rief sich ins Gedächtnis, wie gut der Plan von Tai war. Dass es eine gute Idee ist, Sora und Matt gegenüber keine Schwäche zu zeigen. Aber trotzdem fürchtete Mimi sich vor dem Moment ihren Ex-Freund das erste Mal seit der geplatzten Hochzeit wiederzusehen. „Wenn du möchtest, bin ich bei dem Gespräch dabei und schicke Sora und Matt raus, falls du es nicht mehr kannst.“, schlug Tai ihr vor. Doch die junge Frau schüttelte den Kopf. „Das muss ich alleine durchstehen. Es wäre nur schön, wenn ich weiß, dass ich dich morgen jederzeit erreichen kann.“, meinte die Brünette. „Ja klar.“, antwortete Tai lächelnd. Egal wie schwer es war, Mimi wollte sich nicht mehr runterziehen lassen. Dies war schwer, denn Kleinigkeiten konnten sie schnell in ihre Trauerstimmung zurückbringen, allerdings wünschte sie sich so sehr einen Neuanfang. Natürlich würden sie auch weiterhin Anspielungen auf Matt fertigmachen, aber so lange sie jemanden wie Tai an ihrer Seite hatte, der sie schnell wieder aufbauen konnte, sah sie der Zukunft optimistischer entgegen. „Was meinst du Tai, kann ich Matt auch noch etwas Geld für neue Möbel aus der Tasche ziehen?“, fragte Mimi ihn grinsend, während sie sich eine neue Zigarette anzündete. Dieser verstand ihren Witz und ging darauf ein: „Na klar und das Auto kann er dir auch überlassen und generell sollte er dir noch einen fetten Scheck ausstellen, wobei fünf nullen jawohl das Mindeste wären.“ Mimi zog an ihrer Zigarette und musste grinsen. Vielleicht sollte sie in Zukunft versuchen mit mehr Humor an die Sache ranzugehen. Das hier tat gut. Rumzualbern, Quatsch zu erzählen und ja, sich etwas über die ganze Situation lustig zu machen. Der jungen Frau war bewusst, dass der morgige Tag sie noch einmal an ihre emotionalen Grenzen bringen würde. Aber damit wollte sie sich auch wirklich erst morgen ernsthaft mit beschäftigen und wenn auch dies geschafft wäre, würde sie Matt am besten nie wiedersehen. Das wäre für alle Beteiligten das Beste. „Da gibt es nur noch eine Sache, die mir sehr am Herzen liegt, Tai.“, sagte Mimi nun mit ernster Miene. Sie bekam von Tai ein Nicken als Antwort. Stille. „Und deswegen liegt mir diese Frage sehr am Herzen, die ich dir gleich stellen werde.“, führte sie weiterhin aus. Tai schaute sie nun schon fragend und angespannt zugleich an. Doch Mimi setzte erneut eine Pause. Doch dann. „Willst du meine neue beste Freundin sein?“, fragte sie Tai komplett ernst. „Willst du mich verarschen?!“, war seine Antwort. Für ein paar Sekunden schauten sich beide völlig ernst an. Doch dann fing Mimi an zu prusten und ehe sie sich versahen, fingen beide an zu lachen. „Na was denn. Ich habe momentan keine und du machst dich bisher ganz gut.“, bekam Mimi nach einiger Zeit lachend hervor. „Denkst du denn, ich wäre dieser ehrenvollen Aufgabe gewachsen?“, fragte Tai sie, der selbst noch am Lachen war. „Na klar. Guck doch mal wie Sora ihren Job gemacht hat. Da habe ich momentan keine sonderlich hohen Ansprüche. Du darfst mir nur keinen Typen ausspannen.“, meinte Mimi und musste ihre Zigarette ausdrücken, da sie in den nächsten Minuten sowieso nicht aus dem Lachen herauskommen würde. „Oh na das wird mir aber schwerfallen. Da kann ich nichts versprechen.“, antwortete Tai und beide bekamen eine erneute Lachattacke. Diese Nummer alles mit Humor zu nehmen, war echt gut, dachte sich Mimi. Das würde wahrscheinlich nicht immer gehen, aber in diesem Augenblick, tat es wirklich gut sich den ganzen Kummer mal von der Seele zu lachen und statt diesem ständigen Schmerz im Brustkorb, Bauchschmerzen vom Lachen zu haben. Als sich die beiden nach einiger Zeit wieder beruhigt hatten, stand Tai auf und ging zur Tür. „Ich muss jetzt leider zur Uni, Prinzessin. Die Vorlesung ist echt wichtig. Da kann ich nicht fehlen. Aber ich hab Izzy Bescheid gesagt, dass er zu dir kommen soll.“, erklärte er seiner guten Freundin, die sich zu Tais Leidwegen erneut eine Kippe angesteckt hat. „Wieso das denn? Ich bin doch kein Pflegefall.“, sagte sie mürrisch. Immerhin ging es der jungen Frau schon besser als ein paar Tage zuvor. Ihre Wohnung war wieder sauber, sie rauchte nicht mehr ganz so viel und vor allem – sie hatte sogar schon wieder gelacht. Und auch wenn sie noch mitten in der Trauerphase war, war sie doch weit weg von der Selbstmordphase. Laut wissenschaftlichen Studien sei eine Trennung in folgende drei Phasen einzuteilen: Zuerst die Nicht-Wahrhaben-Wollen-Phase. Danach komme die Phase der Aufbrechenden Gefühle und zum Schluss folge die Neuorientierung. Doch Mimi hatte ihre ganz eigene Theorie entwickelt. Demnach hat sie sich vor einer Woche noch in der Selbstmordphase befunden. Okay, gewissermaßen war dies etwas übertrieben, aber irgendwo doch gerechtfertigt. Natürlich wollte sich die junge Frau nie umbringen, allerdings vegetierte sie in dieser Zeit nur vor sich hin und fühlte sich wie tot. Ihre Gedanken waren komplett zerstreut und es gab keinerlei Aussicht aus diesem Käfig zu entfliehen. Mit den zwei anderen Phasen konnte sie sich anfreunden. Immerhin war sie momentan launischer als sonst und wenn sie darüber nachdachte, tat ihr ihr Körper schon fast leid. In der einen Sekunde musste er literweise an Tränen produzieren, um dann plötzlich zum Stoppen zu kommen und die Muskeln in der Bauchgegend anzuspannen. Inständig hoffte sie aus dieser Phase bald herauszukommen, um zum Neuanfang überzugehen. Aber was war schon normal an dieser Trennung? „Du hattest dich am Telefon so deprimiert angehört. Deshalb wollte ich, dass du nicht alleine bist, wenn ich zur Uni muss.“, riss Tai sie aus ihren Gedanken. Nun ja, irgendwie war das ja schon wieder süß von ihm oder? Vielleicht war das ja auch nicht die schlechteste Idee. Alleine würde sie früher oder später wieder depressiv auf der Couch liegen, rauchen, Schokolade essen und sich Sachen im Internet bestellen, die sie sich eigentlich gar nicht leisten konnte. Die Idee, Matt Geld aus der Tasche zu ziehen, war vielleicht doch nicht so schlecht gewesen… „Hörst du mir eigentlich zu, Mimi?“, fragte Tai sie. Langsam wurde es auffällig. Mimi nahm sich vor nicht immer so sehr mit ihren Gedanken abzuschweifen… „Jaja, das ist schon okay. Ich hab Izzy lange nicht mehr gesehen.“, meinte Mimi daraufhin. „Auch Izzy hast du erst letzte Woche auf deiner Hochzeit gesehen.“, sagte Tai kopfschüttelnd. „Jaja. Wie geht es ihm denn?“, fragte ihn Mimi. Eine berechtigte Frage. Vor einem Jahr sind seine Adoptiveltern gestorben. Und das auch noch ironischerweise bei einem Autounfall wie seine leiblichen Eltern. Dieser Schicksalsschlag war dabei Izzy zu zerstören. Tagelang war er nicht ansprechbar. Wenn Mimi so daran dachte, kam ihr ihr Problem gar nicht mehr so dramatisch vor. In dieser Zeit waren alle ehemaligen Digi-Ritter an Izzys Seite. Doch besonders Mimi und Tai kümmerten sich um ihn. Matt war zu dieser Zeit auf Europa Tournee und meldete sich lediglich ab und an aus der Ferne mit ein paar aufbauenden Worten. Nach einem halben Jahr kam Izzy langsam wieder auf die Beine. Doch leider zu spät um noch in seinem Traumjob zu arbeiten. Da Izzy sein Studium mit Auszeichnung bestanden hatte, bekam er ein Angebot für Apple in Kalifornien zu arbeiten. Doch bei seinem Zustand konnte er es nicht annehmen. Er wäre nicht in der Lage gewesen auch noch auszuwandern. Als er wieder einigermaßen in Ordnung war, war das Angebot bereits verpufft und an einen anderen vergeben. Stattdessen hielt er sich momentan mit einem Technikerjob bei einem örtlichen Radiosender über Wasser. Nach einem harten Jahr ging es ihm wieder recht gut. Trotzdem hatte er immer noch seine Phasen, in denen er sich für ein paar Tage zurückzog und kaum jemanden an sich heranließ. Verständlich. Ein Jahr ist nicht viel Zeit, um über den Tod der eigenen Eltern hinwegzukommen. Dass Izzy nun herkommen würde, um Mimi zu helfen, bedeutete ihr fiel. „Momentan geht es ihm ganz gut. Ich mach dann jetzt los. Er müsste jeden Moment da sein.“, sagte Tai, ehe er die Wohnung verließ und die Tür hinter sich schloss. Und weg war er. Und sie war alleine. Das mochte sie gar nicht. Wenn Mimi alleine war, schlichen sich die Gedanken von hinten an sie heran und umklammerten sie. Wahrscheinlich hatte sie deshalb angefangen gehabt literweise Sekt zu trinken. Als die junge Frau am Abend ihrer vermeintlichen Hochzeit mit der Sauferei anfing, waren ihr ihre Beweggründe gar nicht so bewusst gewesen. Doch desto mehr sie darüber nachdachte, desto mehr konnte sie Alkoholiker verstehen. Das machte Mimi schon etwas Angst. Ein Glück hatte Tai es geschafft zu ihr durchzudringen. Die junge Frau wollte sich gar nicht erst vorstellen müssen, wo sie ansonsten in einem Jahr wäre. Auf Tai konnte man sich wirklich verlassen. Er war immer für alle da, wenn sie ihn brauchten. Mimi war froh sich jetzt auf ihn verlassen zu können. Und sie war froh, dass Izzy vorbeikommen würde und sie nicht den Tag alleine verbringen musste. Als sie aufsah, fiel ihr auf, dass die Box mit Schokoladeneis auf dem Tisch hatte stehen lassen und es nun geschmolzen war. Seufzend trug sie die Box in die Küche und hoffe, dass die Gefriertruhe es retten konnte. Ansonsten müsste sie wohl oder übel demnächst einkaufen gehen, um sich den tristen Alltag versüßen zu können. Es klingelte an der Tür. ‚Das muss Izzy sein‘, dachte Mimi und öffnete die Tür. Ihre Vermutung wurde bestätigt und beide umarmten sich. „Hey, komm doch rein.“, sagte sie freundlich und geleitete ihn ins Wohnzimmer, wo beide Platz nahmen. „Du siehst gar nicht mal so scheiße aus.“, meinte Izzy grinsend. „Hey!“, sagte Mimi aufgebracht und boxte ihn in den Oberarm. „War nur ein Scherz. Wollen wir nicht was essen gehen? Du siehst ganz schön abgemagert aus.“, schlug Izzy vor und sah Mimi freundlich an. „Das ist gar keine so schlechte Idee. Ich habe mich die letzte Woche nur von Schokolade ernährt.“, erklärte Mimi und fuhr sich über den Bauch. Eine richtige, warme Mahlzeit konnte sie wahrscheinliche gut vertragen. „Ja, das sieht man.“, antwortete Izzy grinsend. „Wie meinst du das denn?“, fragte Mimi ihn nun verwirrt. „Nun ja, du hast da einen Pickel.“, sagte Izzy und Mimi wurde krebsrot im Gesicht. „Nein, das darf nicht sein! Ich muss mir den Ausdrücken und oh nein, hoffentlich habe ich noch was von meiner Creme da. Ich sehe bestimmt total schrecklich aus.“, sagte Mimi kreischend und rannte ins Bad. „Hätte ich doch lieber nichts gesagt. Jetzt werden wir nie was essen gehen…“, murmelte Izzy vor sich hin und ließ sich in den Sessel gleiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)