Licht und Schatten von Yuri91 (Habe ich eine zweite Chance verdient?) ================================================================================ Kapitel 1: Beschauliches Leben ade ---------------------------------- So schön und friedlich der Tag begann, hätte niemand ahnen können, was heute alles passieren sollte. Welche Konflikte, Probleme und Überraschungen – ob angenehm oder nicht blieb wohl jedem selbst überlassen – heute auf die Bewohner Konohagakures zukommen würden. Es betraf wohl nicht jeden, doch die Gemeinschaft des Dorfes traf es ziemlich unvorbereitet. Einige Dorfbewohner wollten Blut sehen, ihren Rachedurst stillen. Andere wiederum wollten einfach nur in Frieden weiterleben und so tun, als wäre nichts gewesen. Wieder andere Dorfbewohner wollten Gerechtigkeit und Milde walten lassen. Etwas, das in diesem Falle wohl mehr als angebracht war. Diese und die erst genannte Fraktion im Dorf waren wohl diejenigen, die sich am liebsten gegenseitig an die Gurgel springen wollten. Im Laufe der nächsten Zeit würde sich deren Konflikt zuspitzen und Konohagakure und vor allem die Zivilisten in Gefahr bringen. Wie gesagt, niemand rechnete an diesem schönen, warmen Tag mit solch einem Verlauf. Niemand hatte geglaubt, dass sich die Dorfbewohner Konohagakures misstrauten und gegenseitig beschuldigten, im Unrecht zu sein. Der Frieden im Dorf war in Gefahr. Doch als Sakura an diesem Morgen ausgeruht aufwachte, ahnte sie nicht, dass vor allem ihr Leben davon betroffen sein würde. Das für sie alles anders kommen würde. Das ihr Leben vor einer schicksalshaften Wendung stand, was ihr bisher bekanntes Leben auf den Kopf stellen würde. Pflichtbewusst war Sakura auf dem Weg ins Krankenhaus. Momentan waren sie dort unterbesetzt. Eine Grippewelle hatte nicht vor den Ärzten und dem Pflegepersonal aus dem Krankenhaus Halt gemacht. Glücklicherweise war Sakura erst gestern von einer Mission mit ihrem Team zurückgekehrt, sodass sie noch gesund war. Dafür durfte Sakura nun Überstunden im Krankenhaus schieben. Seit Jahren war Sakura schon eine ausgebildete Medic-nin und somit Ärztin. Niemand anderes als das Oberhaupt Konohas, die Hokage Tsunade, war ihre Lehrmeisterin gewesen. Wäre Sasuke Uchiha, ihre erste große Liebe und Kindheitsschwarm, nicht abtrünnig geworden und hätte Konoha und damit seinen Freunden, Team 7 und sie nicht verlassen, wäre Sakura wohl heute noch das verträumt-naive Mädchen, das nur Jungs – vorrangig Sasuke – im Kopf hatte und lieber über ihr Aussehen nachdachte, als darüber, wie sie stärker und besser wurde. Auch Naruto Uzumaki, ihr bester Freund und Teamkollege, hatte dazu viel beigetragen. Weil er Sasuke unbedingt zurückholen wollte, war er zwei Jahre lang auf Trainingsreise gewesen. Unglaublich stark kehrte er zurück. Sasukes Verlust und Narutos Glaube an das Gute, hatten Sakura ebenfalls angespornt, stärker zu werden. Und tatsächlich war es so gekommen. Sakura war jetzt nicht nur eine sehr fähige Ärztin und brillant auf diesem Gebiet – wenn man bei der Besten der Besten lernte, konnte es nicht anders kommen – sie war auch unglaublich stark geworden. Körperlich stark. Durch ihre unglaubliche Chakrakontrolle konnte Sakura Kräfte freisetzen, von denen andere nur träumen konnten. Außerdem war ihr strategisches Denken besser geworden und gegen Genjutsu konnte sie sich nun auch besser zur Wehr setzen. Zwar konnte es Sakura nicht mit solch starken Ninja wie Naruto oder ihrem Sensei Kakashi Hatake aufnehmen, aber zu den stärkeren Ninja aus dem Dorf zählte sie dennoch. Früher einmal hatte es ein legendäres Team gegeben. Die Sannin. Welch tragische Ironie, jeder von dem alten Team 7 wurde von einem dieser Sannin trainierte. Sakura von Tsunade, Naruto von Jiraiya und Sasuke von einem der gefährlichsten Abtrünnigen, Orochimaru. Ob das Schicksal dahinter steckte? Sie würden es wohl nie wissen. Doch jetzt, wo Sakuras Gedanken erst einmal an Sasuke denken musste, konnte sie damit nicht mehr aufhören, während sie ihren Weg zum Krankenhaus fortsetzte. Zehn Jahre war es jetzt her, dass Sasuke Konohagakure verraten hatte. Und wofür? Für seine Rache. Die Rache an seinem älteren Bruder. Als Sasuke noch ein kleiner Junge gewesen war, hatte er zu seinem älteren Bruder aufgesehen. Doch irgendwann – Sakura und auch sonst keiner aus Konoha schien den Grund zu kennen – begann Itachi ein fürchterliches Blutbad. Er löschte seine Familie und den gesamten Uchiha-Clan aus. Bis auf seinen kleinen Bruder. Sasuke war danach nie wieder er selbst gewesen. Kalt, distanziert und voller Rachegelüste. Für Sasuke zählte nur noch der Tod seines Bruder und dafür musste er der Stärkste werden. Deshalb war er nun bei Orochimaru, in der Hoffnung, stärker zu werden. Sakura jedoch waren Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Sasuke seinen alten Lehrmeister umgebracht hatte und nun auf dem Weg war, seinen Rachedurst zu stillen. Angeblich soll er sogar ein neues Team gefunden haben. Eine Tatsache, die fast noch mehr schmerzte, als sein Verrat. Früher einmal hatte Sakura gehofft, sie wären Freunde gewesen. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Team 7 unerschütterlich zusammengehalten. Inzwischen war sich Sakura dessen nicht mehr so sicher. Es war wie ein Traum, der zu verblassen schien. Auch wenn Sasuke wohl immer einen Platz in ihrem Herzen inne haben mochte – immerhin war er ihre erste große Liebe gewesen – so war Sakura doch inzwischen über ihn hinweg. Immerhin hatte sie bereits zwei Beziehungen geführt, wenngleich sie nicht lange gehalten hatten. Kenji war ein Zivilist und machte gerade eine Ausbildung als Handwerker. Mit ihm war Sakura etwa vier Monate zusammen gewesen. An ihn hatte sie auch ihre Jungfräulichkeit verloren, wenngleich es ihm anscheinend nicht viel bedeutet hatte. Denn nur wenige Tage darauf, hatte Sakura ihn in flagranti mit einer anderen Frau erwischt. Seitdem war Kenji für sie gestorben. Ihr zweiter Exfreund zählte nun zu Sakuras besten Freunden. Das Sakura jemals etwas mit Neji Hyuuga gehabt hatte, konnte sie noch immer nicht ganz fassen. Doch auch ihre Beziehung war nicht über ein halbes Jahr hinausgekommen. Dafür verstanden sie sich nun besser als je zuvor. Also ja, Sakura war sich sicher über Sasuke hinweg zu sein. Was nicht hieß, dass sie ihn nicht vermisste. Sie drei waren der Grund gewesen, warum es Team 7 gab. Team 7 war so etwas wie eine kleine Familie gewesen. Sakura unterbrach ihre Gedanken, als sie in das Krankenhaus kam. Die Notaufnahme war voll. Etliche Patienten warteten, dass sie endlich an die Reihe kamen. Einige Kinder waren darunter, die auf dem Schoß ihrer Mütter saßen oder miteinander spielten. Ohne Umschweife ging Sakura an der Anmeldung vorbei, durch einen Flur entlang und zu den Umkleideräumen. Das Umziehen dauerte nicht lange. Vor allem, weil sie alleine war. Weiße Hose, weißes Oberteil und Kittel waren schnell angezogen. Das Stethoskop hängte sich Sakura um den Nacken. Als sie aus der Umkleide trat und Bescheid sagen wollte, dass sie nun ihren Dienst antreten konnte, kam ihr auch schon eine Schwester entgegen geeilt. „Haruno-san, kommen sie bitte schnell. Es gibt Schwierigkeiten bei einer Geburt!“ Sofort beeilte sich Sakura der jungen, aufgeregten Schwester zu folgen. Die junge Frau war wohl noch nicht lange Krankenschwester… Erleichtert lächelte Sakura die Zwillinge – zwei Jungs - an, die sie gerade zur Welt gebracht hatte. Sie waren noch blutverschmiert und ganz zerknittert. Aber sie waren süß. So unglaublich niedlich! Man konnte gar nicht anders, als diese Geschenke des Lebens anzulächeln! Zwei Schwestern waren damit beschäftigt, die Neugeborenen zu waschen und wiegen. Die frisch gebackene Mutter befand sich noch unter Narkose. Die 24 jährige Frau hätte eigentlich eine ganz normale Geburt haben sollen. Erst während der Geburt war klar geworden, dass die Zwillinge zeitgleich durch den Geburtskanal hatten kommen wollen. Einer mit den Füßen voran, der andere mit dem Kopf. Der Arzt, der eigentlich bei der Geburt geholfen hatte, hatte gerade erst seinen Abschluss gemacht und war überfordert gewesen. Assistiert hatte er Sakura dennoch sehr gut. Dafür hatte sie ihn auch gelobt. Jetzt war der junge Arzt damit beschäftigt, die Frau aus der Narkose zu holen und nach den Neugeborenen zu sehen. Sakura entledigte sich ihrer Handschuhe, Maske und Haarteil, wusch sich die Hände, bis zu ihren Ellbogen hoch und war gerade dabei, sie dich Hände abzutrocknen, als die OP-Tür geöffnet wurde. Besser gesagt aufgerissen wurde. Eine etwas ältere Schwester – Kaori war ihr Name und sie arbeitete schon seit gut zehn Jahren als Krankenschwester – kam aufgeregt herein. „Haruno-san, ein Notfall!“ Sakura konnte sich ein entnervtes aufseufzen nicht verkneifen. Ein Notfall jagte hier den nächsten. Wenn der Tag schon so anfing, würde es Sakura nicht wundern, wenn es so weiter ging. Pflichtbewusst folgte Sakura Kaori. Sie musste nicht einmal weit gehen. Ihr Weg führte sie direkt in einen der OP-Räume, die nur zwei Flure entfernt lagen. Auf dem Weg dorthin, erklärte Kaori ihr kurz, was dem Patienten fehlte. Viel zu wissen schien sie aber auch nicht. „Sehr starker Blutverlust, innere Organe sind verletzt und mit dem Chakra des Patienten scheint etwas nicht zu stimmen.“ Das war eine wage Schilderung. Sakura würde sich wohl selbst eine Meinung bilden müssen. Wenn ein Ninja verletzt war – was hier eindeutig der Fall war – konnte es mehr als nur die offensichtlichen Verletzungen geben. Wenige Minuten später, bestätigte sich Sakuras Vermutung. Nachdem sie sich erneut steril angezogen hatte, besah sie sich nun ihren Notfall. Ganz fachmännisch besah sie sich die Gliedmaßen, den Korpus, Herz. Ein Bein und ein Arm waren gebrochen. Ebenso wie einige Rippen. Dadurch war die rechte Lunge verletzt gegangen und der Sauerstoff blieb nicht in der Lunge. Blut drang glücklicherweise noch nicht ein. Doch das war nicht das Schlimme. Das Herz schlug nur schwach und unregelmäßig. Der Bauch war komplett aufgerissen. Der Darm hing blutig heraus. Zwei Schwestern waren damit beschäftigt, diesen zurück in den Bauchraum zu stecken und die Blutung zu stillen. Ein sinnloses Unterfangen. So eine schlimme Verletzung bekam man nicht oft zu sehen. Die Leber lag zudem frei. Als Sakura ihren Blick weiter nach oben wandern ließ, erkannte sie sofort, dass der Nacken unnatürlich schief hing. Wenn kein Genickbruch vorlag, dann waren zumindest obere Wirbel verletzt. Um den Patienten stand es mehr als schlecht. Er war regelrecht durchbohrt worden. Sakura hatte kaum Hoffnung. Als sie ihren Blick endlich zu seinem Gesicht schweifen ließ, blieb ihr Herz stehen. Sämtliches Blut wich ihr aus dem Gesicht. Unmöglich. Das konnte nicht sein! Sakuras Körper verkrampfte, dennoch zitterten ihre Hände. Ihr Hirn versuchte zu verarbeiten, was ihre Augen da sahen. Das war eine Einbildung. Alles andere ergab keinen Sinn. Warum sollte er hier sein? Und auch noch so schwer verletzt? Dem Tode nahe… „Sakura, reiß dich zusammen!“ Die donnernde Stimme sorgte zumindest dafür, dass die junge Frau ihren Blick von dem übel zugerichteten Körper wandte. Dafür schlug ihr Herz inzwischen viel zu schnell. Die skeptisch dreinblickende Hokage hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Die braunen Augen hatte die Blondine zusammengekniffen. „Sasuke Uchiha ist ein Patient, der dringend deine und auch meine Hilfe benötigt. Du hast vorher schon Freunde behandelt. Jetzt stell dich nicht so an und tu deine Arbeit!“ Nach Tsunades Donnerwetter, riss sich Sakura tatsächlich zusammen. Ihre Meisterin und Hokage hatte recht. Egal was hier vor sich ging, was auch immer der Grund war, warum Sasuke mehr tot als lebendig vor ihr lag, Sakura war in erster Linie eine Medic-nin. Sich um verletzte Kameraden zu kümmern, war ihre oberste Priorität. Und nach all den Jahren und dem Verrat, war Sasuke noch immer das für sie. Ein Kamerad. Ein Freund. Früh genug würde Sakura schon erfahren, was los war. Tsunade würde ihr alles mitteilen. Doch zunächst einmal, würde sie mit ihrer Lehrmeisterin zusammen um Sasukes Leben kämpfen. Das sich die zwei besten Medic-nins weit und breit um Sasukes Verletzungen kümmern würden, ließen seine Überlebenschancen deutlich ansteigen, wenngleich der Tod weiterhin sehr nahe sein würde. Tsunade krempelte ihre Ärmel hoch und begann Befehle zu erteilen. Sakura indessen besah sich die Verletzungen genauer. Was jetzt wichtig war, war Konzentration. Sie durfte sich nicht davon ablenken lassen, um wessen Leben sie hier kämpfte. Die Kiefer fest aufeinander gepresst, den Kopf herabhängend, ließ er es über sich geschehen und schwieg. Wehrte sich nicht. Er beschwerte sich nicht über die Handschellen oder die mehr als grobe Behandlung. Über die Beleidigung sah er hinweg. Sagte nichts dazu, egal wie sehr sie ihn beleidigten oder aus Versehen mit ihm gegen eine Wand oder Ecke liefen. Die ganze Zeit über schwieg er. Tat nichts. Und das, obwohl er wusste, dass wenigstens ein Verhör und Gefängnis auf ihn warteten. Vielleicht sogar der Tod. Und weshalb tat er das? Wofür ließ er sich so behandeln? Für seinen Bruder. Für dessen Leben. Sasuke sollte leben. In Frieden. In seiner Heimat. Bei seinen Freunden. Nur dafür hatte sich Itachi gefangen nehmen lassen, als er mit seinem Bruder über die Torschwelle Konohas geschritten war. Würde Sasukes Leben nicht am seidenen Faden hängen, wäre wohl alles verlaufen. Nicht Sasuke sollte sterben. Er sollte es. So hatte es Itachi geplant. Darauf hatte er jahrelang gewartet. Und jetzt das. Nur weil sich Kisame hatte einmischen müssen. Weil sein Teamkamerad bei Akatsuki nicht hatte hinnehmen wollen, dass er selber stirbt. Dabei war es ja wohl Itachis eigene Entscheidung, ob er leben oder sterben wollte. Er hatte sowieso nicht mehr lange zu leben. Dafür hätte er vor langer Zeit zu einem Arzt gehen sollen. Itachi hatte keine Angst vor dem Tod. Auch keine Angst vor Schmerzen und Folter. Er hatte Angst um seinen Bruder. Solch große Angst. Er wollte wissen, wie es Sasuke ging. Doch die Männer, die ihn gerade durch die Flure des unterirdisch gelegenen Gefängnis schleppten, würden wohl auch nichts über Sasukes Zustand wissen. Itachi vertraute darauf, dass sein Bruder es schaffen würde. Er war stark. Und in Konoha lebten die wohl besten Medic-nins. Dank der Hokage. Ansonsten wäre Itachi nicht hier. Er hätte zu irgendeinem anderen Dorf gehen können. Ein Dorf, das ihn nicht gleich gefangen nehmen würde. Doch Itachi war nun einmal wieder hier. In seinem ehemaligen Heimatdorf, für dessen Wohl und auch für Sasuke, er so viel Leid auf sich genommen hatte. So viel Blut klebte an seinen Händen. Blut, das auch durch seine Adern floss. Egal ob er Sasukes Leben hatte retten können oder nicht, er würde es ihm wohl nie verzeihen, dass Itachi ihre Familie, den gesamten Uchiha-Clan, ausgerottet hatte. Auf Befehl des… Unsanft wurde Itachi auf den Steinboden geschmissen. Dank der Handschellen, konnte Itachi seinen Sturz nicht wirklich gut abfangen. Dennoch schaffte er es, nicht mit dem Gesicht aufzuschlagen, sondern nach einer Rolle wieder auf seinen Füßen zu stehen. Als er sich zu den zwei Ninja umdrehte, die ihn grob behandelt hatten, stellte er fest, dass er allein war. Die Tür vor ihm, war verschlossen. Itachi musste sich nicht umsehen, um zu wissen, wo er sich befand. Er war in dem Verhörraum, in dem er selber, als er noch zu den Anbu gehört hatte, den ein oder anderen Gefangenen hierher gebracht hatte. Außer einem kleinen Holztisch und einem abgewetzten Holzstuhl, in dem das Blut etlicher Gefangener gesickert war, befand sich in dem Raum, mit den kahlen Steinwänden, nichts. Aus eigener Erfahrung, wusste der Uchiha, was nun folgen würde. Einige Zeit lang würde er hier alleine warten müssen. Das niemand kam, sollte ihn bereits ein wenig zermürben. Dann, nach einer angemessen Zeit, die bei jedem ein wenig anders ausfiel, würde jemand kommen. Sehr wahrscheinlich Ibiki, der Chef der Verhörabteilung. Er war ein Genie, was Folter betraf. Bislang hatte noch jeder Ibiki das erzählt, was er hören wollte. Oft genug hatte Itachi Ibiki auch im Einsatz erlebt. Nichts, was er gerne gesehen hatte. Dafür war Itachi nicht der Typ. Doch in seinem Falle, musste nicht erst darauf gewartet werden, dass er langsam mürbe gemacht wurde. Das tat allein schon der Fakt, dass Sasuke mit dem Tod zu ringen hatte. Außerdem würde Itachi gleich mit der Wahrheit heraus rücken. Es wäre letztendlich für Sasuke das Beste. Folter war demnach nicht nötig. Nicht der Gedanke an bevorstehende Schmerzen hatten Itachi zu diesem Entschluss gebracht. Es war der blutüberströmte Körper seines kleinen Bruders… Itachi wollte nicht für noch mehr vergossenes Blut verantwortlich sein. Vor seinem Tod, sollte die Wahrheit bekannt gemacht werden. Eigentlich hatte Itachi vorgehabt, dass nur Sasuke die Wahrheit erfuhr. Doch für den Fall, dass Sasuke überleben, aber im Koma liegen würde oder für längere Zeit nicht ansprechbar war und Itachi in dieser Zeit starb… Sasuke sollte die Wahrheit wissen. Egal unter welchen Umständen. Vor Jahren hatte Itachi beschlossen gehabt, dass sein kleiner Bruder niemals die Wahrheit erfahren sollte. Damals, als er selber noch nicht ganz erwachsen gewesen war und seinen Clan ausgelöscht hatte, hatte Itachi geglaubt, das Richtige zu tun, indem er Sasuke im Unklaren ließ. So viele Jahre hatte Itachi gedacht, es wäre so das Beste für Sasuke. Doch jetzt, wo sein eigener Tod nahte, erkannte Itachi seinen Fehler. Indem er Sasuke all die Jahre eine Lüge vorgelebt hatte, ihm immer wieder gesagt hatte, er müsse mehr hassen, um stärker zu werden, hatte Itachi das Leben seines Bruders weggeworfen. Anstatt Sasuke zu zeigen, dass das Leben lebenswert war, hatte Itachi ihm nur Gründe aufgezählt, die es nicht wert waren, dafür zu kämpfen. Hass, Rache, Tod. Das waren keine Ziele, die man verfolgen sollte. Itachi hätte Sasuke nie sagen sollen, dass er danach streben sollte. Das war falsch. Damit hatte Itachi gesorgt, dass sich Sasukes Leben nur um diese drei Dinge drehte. Eine Spirale von Leid und Schmerz schuf. Für Freundschaft, Liebe, Verbundenheit, war da kein Platz mehr. Hätte Itachi seinem Bruder von Anfang an die Wahrheit gesagt oder hätte ihm zumindest nicht diese Idiotie in den Kopf gesetzt, dann wäre Sasuke vielleicht nie abtrünnig geworden. Hätte nie sämtliche Moral verloren und wäre so skrupellos geworden. Ein Menschenleben bedeutete Sasuke nichts mehr. Schuld daran trug Itachi. Er alleine. Natürlich gab es keine Gewissheit, dass Sasukes Leben anders verlaufen wäre, hätte Itachi so nicht gehandelt. Doch tief in seinem Innern wusste Itachi, dass es so gekommen wäre. Sasuke wäre vielleicht nie so glücklich und lebensfroh geworden, wie er gewesen war, bevor Itachi den Uchiha-Clan vernichtete, doch solch ein eigenbrötlerischer, ernster und gnadenloser Mann wäre er wohl auch nie geworden. Itachis Worte von Rache, Hass und Stärke hatten seinen Bruder vergiftet. Ihn abgestumpft werden lassen. Ohne sie, hätte Orochimaru ansonsten wohl niemals seine Fangzähne in Sasuke schlagen können. Er wäre nicht noch mehr vergiftet worden und auf Abwege geraten. Doch leider war es so gekommen. Itachi hatten diesen schwerwiegenden Fehler begonnen. Etwas, wofür sich Itachi jeden Tag die Schuld gab und es wohl noch über seinen Tod hinaus bereuen würde. Jetzt würde er versuchen, wenigstens ein wenig Abbitte leisten zu können. Sasuke sollte nicht länger mit Lügen leben. Er sollte endlich klar sehen können. Bei ihrem heutigen Kampf, hatte Itachi versucht, Sasuke die Wahrheit zu erzählen. Er war nicht weit gekommen. Sasuke hatte einfach nicht zuhören wollen. Etwas, was Itachi nachvollziehen konnte. Er war seinem kleinen Bruder deshalb nicht böse oder enttäuscht. Enttäuscht war er wenn schon nur von sich selbst. Nach seiner heutigen Tat, würde Sasuke die Wahrheit vielleicht annehmen. Sie in sein Herz lassen. Doch noch eines musste er seinem Bruder klar machen. Wegen all dem, was geschehen war, für die Entscheidungen, die vor Jahren gefällt worden waren, durfte Sasuke Konoha nicht die Schuld geben. Erst recht nicht den heutigen Bewohnern, die keine Ahnung hatten, was vor gut zehn Jahren wenige Leute – der ältesten Rat und der Hokage – beschlossen hatten und damit das Leben der Uchihas und nachhaltig das vieler heutiger Bewohner, verändert hatten. Wenn Sasuke das nicht klar wurde, würde er weiterhin in der Spirale von Hass, Rache, Schmerz und Tod gefangen bleiben. Würde womöglich mehre Menschen in diese leidvolle Spirale mithineinziehen. Wie eine Kettenreaktion würden Verderben, Leid und Schmerz über Konohagakure hereinbrechen. Damals hatte Itachi mit seiner Tat versucht, genau das zu verhindern. Er würde nicht riskieren, dass Konohagakure erneut vor dem Abgrund stand. Und dennoch würde Itachi nach all den Jahren sein Schweigen brechen und die Wahrheit sagen. Er musste darauf hoffen, dass Sasuke verstand. Er musste verzeihen. Falls er das nicht konnte, durfte er zumindest den heutigen Bewohner Konohas kein Leid antun. Die Leute, die für Itachis damaligen Auftrag zuständig waren, waren heute fast alle tot. Sasuke musste die Vergangenheit ruhen lassen. Irgendwie musste Itachi es ihm begreiflich machen. Ansonsten wären die Folgen unvorhersehbar. Die Tür zu dem Verhörraum wurde geöffnet. Itachi, der noch immer an derselben Stelle stand und sich nicht wegbewegt hatte, tauchte aus seinen sorgenvollen Gedanken auf. Wie nicht anders erwartet, trat Ibiki in den kleinen Raum. Mit seinen über 1,90 m, dem langen Mantel und den entstellenden Narben im Gesicht, war Ibiki eine furcht-und respekteinflößende Person. Man sollte ihn niemals unterschätzen. Mit harschen Schritten ging Ibiki auf Itachi zu. Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander. Außer das Itachi seinen Kopf anhob um Ibikis Blick zu entgegnen, tat er nichts. Die erste Zeit verstrich und die beiden Männer sahen sich nur an. Niemand sagte ein Wort. Itachi wusste, eigentlich wollte Ibiki ihm Angst einflößen, aber das würde bei ihm nicht funktionieren. Dafür hatte Itachi schon zu viel erlebt. Er musste Ibiki aber Respekt zollen. Nicht jeder traute sich so nahe an einen Uchiha heran. Dabei war es unerheblich, dass Itachi ausnahmsweise sein Sharingan nicht aktiviert hatte. Der einzige Grund, warum er sein Bluterbe nicht aktiviert hatte, war, dass Itachi sein Entgegenkommen zeigen wollte. Es wäre wohl kontraproduktiv gewesen, wenn sich niemand in seine Nähe wagte. So konnte er sein Anliegen nicht darlegen. „Was führt einen der wohl gefährlichsten und gesuchtesten Nuke-nin nach Konoha? Ausgerechnet mit seinem verletzten Bruder auf dem Arm.“ Ibikis Worte waren abfällig, doch es kümmerte Itachi nicht. Stattdessen gab er nüchtern, schon fast beiläufig – wäre da sein eindringlicher Blick nicht – von sich: „Ich werde alles erzählen, was ihr wissen wollt.“ Mehr als überrascht, schon fast überrumpelt, zog Ibiki eine Augenbraue in die Höhe. Für Ibiki war es schon das Höchste an Gefühlen, was er zeigen konnte. „Unter einer Bedingung.“ Abfällig verzog Ibiki das Gesicht. „Natürlich. Eine Bedingung. Du hast wohl vergessen, dass du jetzt Konohas Gefangener bist. Du kannst keine Forderungen stellen.“ „Ihr solltet euch vielleicht erst einmal anhören, was ich zu sagen habe.“ Von Ibiki kam nichts anderes, als ein Schnauben. Es war Itachi egal. Er sprach einfach weiter. Auf ein kleines Ich-habe-hier-das-Sagen Duell hatte Itachi keine Lust. Erst recht keine Zeit. „Ich habe hochbrisante Informationen, die sowohl die Ausrottung des Uchiha-Clans, Konohas Involvierung darin und Akatsuki betreffen. Das Wohle unserer gesamten Welt ist davon abhängig. Ihr wollt doch nicht für einen möglichen vierten Shinobi-Weltkrieg verantwortlich sein.“ Itachi wartete eine Antwort Ibikis nicht ab. Ob er ihm glaubte oder nicht, war nebensächlich. Itachi wollte nicht Ibiki überzeugen, sondern Sasuke. „Ich werde alles erzählen. Aber nur einem Mitglied von Team 7. Kakashi Hatake, Naruto Uzumaki oder Sakura Haruno. Und außer der Hokage soll niemand von meinen Worten unterrichtet werden.“ Nachdem Itachi diese Bedingung gestellt hatte, schnaubte Ibiki erneut leise auf. Als sich der Verhörungsspezialist wortlos umdrehte und den Raum verließ, schlug Itachis Herz unweigerlich schneller, wenngleich er sich nichts davon anmerken ließ. Ebenso wenig konnte niemand durch seine undurchdringliche Maske sehen, die er immer aufsetze, sodass möglichen Beobachtern die Sorge entging, die Itachi empfand. Itachis Hoffnungen ruhten auf Ibikis Handeln. Wenn dieser nicht jemanden aus Team 7 herholte, würde Itachi sein Ziel nicht erreichen. Während die Minuten verstrichen und wohl schon zu Stunden wurden, wurde Itachis Sorge immer größer. Er konnte nur hoffen, dass Ibiki ihn hier schmoren lassen wollte, aber dennoch jemanden aus Team 7 zu ihm schicken würde. Itachi wusste nicht, wer ihm lieber war. Kakashi Hatake war ohne Widerrede ein exzellenter Shinobi, intelligent und einfühlsam. Wenngleich er Itachis Handeln wohl am ehesten verstehen würde, so war sich Itachi nicht sicher, ob er Sasuke auch alles begreiflich machen konnte. Da setzte er doch lieber auf den Chaoten Naruto Uzumaki. Seine unkonventionelle Art hatte es bereits einmal geschafft, durch Sasukes eisigen Panzer durchzudringen. Vielleicht würde er es wieder schaffen. Naruto hatte diese Eigenart, dass man ihm einfach zuhören musste. Itachi erging es da nicht anders. Auch konnte er einen gut überzeugen. Naruto stand eindeutig für die richtigen Sachen ein. Und wenn er sich für etwas einsetzte, dann kam es aus tiefster Überzeugung und wurde aus dem Glauben an das Gute heraus geboren. Dennoch hatte Itachi seine Zweifel, ob Naruto den Zusammenhang so ganz erkennen würde. Sakura Haruno war die Dritte im Bunde. Früher hätte Itachi nicht unbedingt auf sie gesetzt, doch inzwischen hatte er nur erstaunliche Dinge über sie gehört. Wie auch von dem Rest von Team 7. Wenngleich Itachi noch nicht viel mit ihr zu tun gehabt hatte, wusste er, dass Sakura seinen Bruder liebte. Damals, während der Chunin-Auswahlprüfung, hatte Itachi seinen kleinen Bruder beschatten lassen, wenngleich er die Markierung durch Orochimaru nicht hatte verhindern können. Dort war ihm aufgefallen, dass das damalige Mädchen für Sasuke wichtig war. Wegen ihr hatte er bereits damals im Wald fast einen Mord begannen. Nur Sakura hatte ihm Einhalt gebieten können. Die beste Möglichkeit sah Itachi aber darin, dass Naruto und Sakura gemeinsam zu Sasuke gingen. Zusammen würden sie hoffentlich bei Sasuke durchdringen. Ihnen würde er womöglich glauben, falls Itachi selber nicht mehr dazu in der Lage war. Die Zeit verging. Zog sich zäh dahin. Dann, endlich, wurde die Tür geöffnet. Erneut kam Ibiki herein. Auf dem Gesicht trug er einen ernsten Gesichtsausdruck. Er verhieß nichts Gutes. Itachi ließ sich jedoch nichts anmerken. Stattdessen wartete er ab. „Kakashi Hatake und Naruto Uzumaki sind zur Zeit nicht in Konoha. Sakura Haruno ist noch im OP bei Sasuke.“ Das Sasuke noch immer im OP war, musste etwas Gutes bedeuten, nicht wahr? Es bedeutete zumindest, dass Sasuke noch am Leben war. Itachi klammerte sich an diese Hoffnung. Dennoch würde er abwarten müssen. Niemandem außer einem Mitglied von Team 7 würde Itachi etwas sagen. „Dann werden wir wohl noch etwas warten müssen“, gab Itachi gefühlslos von sich und drehte sich von Ibiki weg. Für ihn war die Unterhaltung beendet. Ibiki schien zu demselben Schluss zu kommen. Sekunden später vernahm Itachi, wie die Tür ins Schloss fiel und der Schlüssel umgedreht wurde. Erneut war Itachi mit seinen Ängsten, Sorgen und seinem Leid alleine. Alleine und hoffte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)