Midian von Yumiko_Youku (Kyūketsuki) ================================================================================ Kapitel 8: Promises ------------------- Promises „Sie haben mich gerufen, Sir Hellsing?“ Ich stand vor einem großen Bett, in welchem Arthur Hellsing nun schon seit einigen Wochen lag. Blass lag er zwischen seinen Kissen und schaffte es kaum sich von selbst aufzurichten. Sein Zustand verschlechterte sich täglich und es schien keine Aussicht auf Besserung zu geben. Er begann zu lachen, wurde aber bald von einem Hustanfall unterbrochen. Als er sich beruhigt hatte sagte er schwach: „Wir kennen uns doch lange genug, Alex. Du könntest mich langsam beim Vornamen nennen.“ „Sie sollten nicht reden.“, erwiderte ich besorgt, „Schonen Sie Ihre Kräfte, Arthur.“ Kurz klomm das spitzbübische Lächeln auf, welches all die Jahre sein Gesicht geziert hatte. Dann wurde er wieder ernst. „Alex...“, begann er keuchend, „Du musst... mir versprechen in Zukunft auf die Organisation und besonders auf Integra acht zu geben... Wenn... ich nicht mehr da bin.“ „Hören Sie auf so schwarz zu sehen.“, tadelte ich ihn, „Sie werden wieder gesund, Arthur.“ Er schüttelte den Kopf. „Du musst nicht lügen. Die Ärzte sagen, ich werde dieses Bett nie mehr verlassen und das weist du auch.“ Ich ballte die Fäuste und biss auf meine Unterlippe. Es war unerträglich zu zu sehen, wie Arthur täglich schwächer wurde und dahin sichte und niemand konnte etwas dagegen unternehmen. „Hellsing und vor allem ihre Tochter braucht Sie.“, murmelte ich, „Sie ist erst dreizehn Jahre alt.“ Sir Helling´s Augen blickten in eine unbestimmte Ferne. „Ja.“, hauchte er, „Sie ist eine hübsche, junge Dame geworden. Genau wie ihre Mutter. Und genauso stark. Sie wird die Last tragen können.“ Diese Bemerkung lies mich aufhorchen, aber sie bestätigte was ich schon lange vermutet hatte. „Sie wollen Ihre Tochter also tatsächlich zum Oberhaupt der Familie und zur Leiterin der Organisation machen?“, fragte ich ihn. Er nickte schwach. „Ja.“ „Und was ist mit Ihrem Bruder?“, warf ich ein. „Richard wird das verstehen.“ Das bezweifelte ich zwar, aber ich wollte Arthur nicht noch mehr beunruhigen. Aber wenn Richard auf falsche Gedanken kam, würde ich da sein, um seine üblem Machenschaften aufzuhalten. „Weiss er es schon? Und was ist mit Integra?“ Er schüttelte den Kopf und schöpfte noch einmal Kraft um zu antworten: „Ich werde es ihnen heute sagen. Wärst du so nett Integra heute Nachmittag hier her zu bringen?“ Ich nickte. „Natürlich. Bis dahin sollten sie sich ausruhen.“ Er versuchte ein Grinsen. „Sieh mal einer an, willst du mir auch noch Befehle erteilen?“ „Man kann es ja mal versuchen.“, witzelte ich. Er gab sich geschlagen und nickte. „Na gut.“ Er schloss die Augen und war augenblicklich eingeschlafen. Sein Atem ging pfeifend, aber seine Brust hob und senkte sich regelmässig. Als ich mich versichert hatte, dass er ruhig schlief verlies ich den Raum. Neben der Tür entdeckte ich Integra, die auf dem Boden hockte, den Kopf auf die Knie gelegt. Sie sprang auf, als sie mich sah. „Wie geht es Vater?“, fragte sie sofort. Ich hob den Finger an die Lippen und bedeutete ihr leiser zu sein. „Es geht ihm gut.“, antwortete ich, „Er schläft gerade.“ Integra warf der Tür, hinter der sich ihr Vater befand, einen besorgten Blick zu. Sanft legte ich ihr eine Hand auf die Schulter und führte die den Flur hinab. „Du solltest dich auch etwas ausruhen, junges Fräulein.“ Sie hatte in den letzten Tagen kaum geschlafen und immer öfters hatte ich sie vor der Tür ihres Vaters erwischt, vor der sie oft stundenlang ausgeharrt hatte. Verständlich. Sie machte sich große Sorgen. Trotzig schüttelte Integra den Kopf. Ich stellte mich vor sie und ging etwas in die Knie, sodass ich auf einer Augenhöhe mit ihr war. „Wenigstens wenn dein Vater schläft, solltest du doch auch beruhigt schlafen können.“ Langsam erhob ich mich wieder und fügte hinzu: „Außerdem will er dich heute Nachmittag sprechen und du willst doch nicht, dass er sich Sorgen macht, weil du selbst ganz krank aussiehst, oder?“ Das zeigte Wirkung. Sofort schüttelte Integra den Kopf und blickte schuldbewusst drein. „Nein.“, antwortete sie geknickt. „Na also.“ Widerstandslos lies sich Integra nun in ihr Zimmer führen und ins Bett bringen. Gerade als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und einige Schritte gegangen war, stand Richard vor mir. „Kann ich jetzt mit meinem Bruder sprechen?“, fragte er mürrisch. Ich schüttelte den Kopf. „Sir Hellsing schläft, aber er wünscht Sie später zu sehen.“ Ohne einen Abschiesgruß oder ähnliches wandte er sich ab und lief entrüstet murmelnd den Flur entlang. Er konnte es wohl kaum erwarten, dass Arthur starb. Wenn er wüsste, dass ihn dann nicht die erwünschte Leitung der Organisation erwartete. Aber in wenigen Stunden musste er den Tatsachen ins Auge sehen. Ich freute mich schon auf sein entgeistertes Gesicht und gönnte ihm die Enttäuschung, die ihn erwartete, aus vollstem Herzen. Blieb nur noch zu hoffen, dass er das Ganze gefasst trug, aber das war wohl eher Wunschdenken. Ich klopfte an die Tür, welche in Integra´s Zimmer führte. Es waren einige Stunden vergangen, sodass sowohl Arthur als auch Integra genug Zeit gehabt haben müssten um ausgeruht zu sein, sodass ich das Mädchen zu ihrem Vater begleiten konnte. Von drinnen ertönte ein gedämpftes: „Herein.“ Also trat ich ein und sah Integra mit wirrem Haar in ihrem Bett sitzen. Immerhin schien sie etwas geschlafen zu haben. „Dein Vater erwartet dich.“, sagte ich und Integra nickte. Sie stand auf, kleidete sich um und bürstete sich das Haar, während ich vor der Tür wartete. Schließlich war sie fertig und verlies ihr Zimmer. Ihre Augen waren geschwollen. Offenbar hatte sie sich in den Schlaf geweint. Sie schniefte leise, als wir uns auf den Weg zu ihrem Vater machten. Richard wartete bereits vor dessen Zimmer und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt. „Na endlich.“, blaffte er, als er mich und Integra erblickte. Ich entschuldigte mich höflich, obwohl ich ihm am liebsten die Meinung gegeigt hätte. Sein Bruder war totkrank und er hatte noch Nerven sich darüber zu beschweren. Geschwisterliebe, ehrlich. Behutsam klopfte ich an Arthur´s Tür und als dieser uns bat einzutreten kamen wir dieser Bitte nach. Unverändert kränklich und schwach lag er auf seinem Bett. Seine zitternde Hand winkte uns näher heran. Sein Blick schweifte ziellos durch den Raum, bis er an Integra hängen blieb. „Integra...“, murmelte er und versuchte seine Tochter mit der Hand zu erreichen. Integra ergriff die Hand ihres Vater. „Ich bin hier, Vater.“, flüsterte sie unter Tränen. Arthur´s Gesicht zierte ein schwaches Lächeln. „Nicht weinen.“, befahl er sanft und streichelte zärtlich ihre Hand. Dann sammelte er Kraft, um die Worte auszusprechen, die die Zukunft der Organisation bestimmen würde: „Hör zu, Integra, wenn ich nicht mehr bin wirst du die Leitung der Organisation übernehmen. Du sollst als meine Nachfolgerin fortan unser Land und die Gemeinschaft der Protestanten vor fremden Mächten schützen.“ Integra schniefte laut, nickte dann aber und antwortete: „Ja, Vater.“ „Ich hätte dir noch gerne so vieles vermittelt. Du trägst das Blut und den Stolz unserer Familie in die nächste Generation.“, fuhr er fort, „ Ich wollte ich hätte dir ein besserer Vater sein können.“ Dann streckte er seine Hand nach seinem Bruder aus: „Richard, versprich mir, dass du gut auf Integra aufpasst...“ „Ja ,Bruder.“, antwortete dieser, aber ich konnte die Lüge aus seinen Worten fast mit Händen greifen. Er wurde von einem erneuten Hustanfall geschüttelt, ehe er bat: „Könnte ich kurz alleine mit Integra sprechen?“ Ich nickte. „Natürlich.“ Zusammen mit Richard, der mit knirschenden Zähnen unverzüglich verschwand, verlies ich das Zimmer. Mühevoll richtete sich Sir Hellsing etwas im Bett auf. Sofort stürzte Integra zu ihm. „Vater! Du...“ Aber dieser unterbrach sie: „Integra hör mir jetzt genau zu... Bitte. Es ist wirklich wichtig.“ Das Mädchen sah seinen Vater besorgt an und nickte langsam. „Es gibt nur eines was ich dir hinterlassen kann, Integra.“, sagte er, mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. „Wenn du wirklich in Gefahr bist... Wenn der Feind hinter dir her ist... geh in den unterirdischen Bereich.“ Er wurde von einem Hustenanfall geschüttelt und Integra wollte gerade den Mund öffnen, um Hilfe zu rufen, doch ihr Vater hielt sie zurück. Als er sich wieder gefasst hatte, fuhr er fort: „Geh runter zu dem verlassenen Kerker! Dort findest du ein Ergebnis unserer Forschung. Dort findest du etwas, das dir hilft dich zu schützen!“ Integra hatte den Worten ihres Vaters aufmerksam gelauscht und nickte erneut. „Aber ...“, begann sie ihre Frage, doch ihr Vater lächelte sie nur an. „Merke es dir, ja? Nur für den Fall der Fälle.“ „Ja, Vater.“, antwortete Integra gehorsam. Nur wenige Minuten später trat auch Integra auf den Flur hinaus und gesellte sich zu mir. Ich hatte die ganze Zeit über im Flur vor Arthur´s Zimmertür gewartet. Es wäre mir ein Leichtes gewesen, die Beiden zu belauschen, doch um des Anstandes willen hatte ich es nicht getan. „Vater möchte dich noch einmal sprechen.“, flüsterte sie, den Blick auf den Boden gerichtet, um ihre Tränen zu verbergen. Ich nickte wortlos und betrat erneut Sir Hellsing´s Zimmer. Wieder bat er mich näher zu kommen. Seine Stimme schien mit jedem Mal schwächer und brüchiger zu werden. „Gib auch du gut Acht auf Integra, versprich mir das.“, wiederholte er seine Bitte vom Vormittag. Ich sah ihm fest in die Augen. „Ich verspreche es, Arthur.“ Er schien beruhigt und lies sich wieder auf seine Kissen sinken. „Dann... ist es gut.“, hauchte er und schloss die Augen. Arthur Hellsing verstarb am Abend desselben Tages. Er wurde im Kreise seiner Familie bestattet. Es wurden viele Tränen vergossen, besonders von seiner einzigen Tochter, die ihn nun beerben würde. Mit ihren dreizehn Jahren war sie die Leiterin der Hellsing Organisation geworden und sie war sich nicht sicher, ob sie diese Last auch würde tragen können. Doch nur wenige Tage später hatte sie ihre Trauer überwunden und ihre Tränen getrocknet. Walter stellte sie bei den anderen Round Table Mitgliedern als neues Oberhaupt vor und vor allem Sir Penwood konnte es kaum fassen. Integra gelang es jedoch schnell ihn von ihrer Autorität zu überzeugen. Sie hatte mir davon erzählt und ich wäre nur zu gerne dabei gewesen, um Sir Penwood´s entgeistertes Gesicht sehen zu können. So hatten sich schnell alle Beteiligten damit abgefunden und die Dinge liefen wieder in ihren geregelten Bahnen. Sogar Richard schien die Machtübertragung an seine Nichte akzeptiert zu haben. Doch dies stellte sich nach einer Woche als Irrtum heraus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)