Home Sweet Home von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 9: Zugeständnisse ------------------------- Kapitel 9: Zugeständnisse Es war kurz vor halb eins, als Temari nach Hause kam. Sie ging in Richtung Wohnzimmer, in der Erwartung, Kairis Babysitter anzutreffen, doch es war dunkel. Außer im Obergeschoß, in dem Gaara wahrscheinlich ein wenig Papierkram erledigte, brannte nirgendwo Licht. Es wunderte sie zwar, dass Kankurou nicht mehr wach war, aber selbst eine Eule wie er konnte sich wohl nicht jede Nacht um die Ohren schlagen. Sie warf noch einen Blick auf ihre Tochter und ging zu Bett. --- Kairi war am nächsten Morgen pünktlich wie immer in den letzten Wochen: Um 6.02 Uhr war für Temari die Nacht vorbei. Sie fühlte sich wie gerädert. In Shinobizeiten waren fünf Stunden Schlaf am Stück Luxus gewesen und sie war mit weniger gut zurecht gekommen, doch inzwischen hatte Kairi sie in dem Punkt so verwöhnt, dass sie den halben Tag nicht zu gebrauchen war, wenn sie nicht mindestens sieben Stunden geschlafen hatte. Mit dem Entschluss, dem Mädchen bei ihrem Mittagsschlaf im Land der Träume Gesellschaft zu leisten, stand sie auf. Sie spielte ein bisschen mit Kairi – die Kleine fand es lustig, ihre Spielsachen aus dem Bett zu werfen und zuzusehen, wie ihre Mutter sie dann aufhob – und um halb sieben nahm sie sie heraus, wechselte die Windel, zog sie an und schlenderte zum Wohnzimmer, um das Frühstück zu machen. Auf dem Tisch lag das Babyfon, das sie Kankurou gestern Abend in die Hand gedrückt hatte, doch anstatt ihn fand sie Gaara in der Küche vor. Ihr jüngster Bruder befüllte gerade die Kaffeemaschine und die Anzahl der Löffel Pulver, die er in den Filter tat, ließ sie schütteln. Wenn Gaara Kaffee machte, war er viel zu stark und ungenießbar. Sie fragte sich, wie er dieses scheußliche Zeug ohne Zucker und Milch trinken konnte. „Guten Morgen!“, begrüßte sie ihn und gähnte. „Guten Morgen“, erwiderte er und als er seine Nichte erblickte, huschte ihm ein kleines Lächeln über die Lippen. „Schon ausgeschlafen?“ Seine Schwester zog eine Grimasse. „Aber natürlich, ich liebe es, so wenig zu schlafen und am Morgen fix und fertig zu sein“ – wobei das Date mit Koutarou es definitiv wert gewesen war – „Ich wüsste gerne mal, wie du es schaffst, mit dem bisschen Schlaf auszukommen. Ich an deiner Stelle würde auf dem Zahnfleisch kriechen.“ „Mit Shukaku konnte ich nie vier Stunden am Stück schlafen“, antwortete er. „Nur vier Stunden? Kein Wunder, dass deine Augenringe nicht weggehen!“ Sie lachte verdruckst und ihr Bruder schmunzelte. „Ich hab dir das Babyfon ins Wohnzimmer gelegt“, sagte Gaara anschließend. „Danke“, entgegnete Temari, „hab ich schon gesehen. Aber eigentlich sollte doch Kankurou auf Kairi aufpassen.“ „Er hat es mir gestern gegeben, als ich nach Hause kam und meinte, es ginge ihm nicht so gut. Er hat ziemlich geschwitzt und schien es eilig zu haben.“ „Er hätte das Teil doch mit aufs Klo nehmen können, anstatt dich zu belästigen.“ Er zuckte die Schultern. „Möchtest du auch gleich eine Tasse Kaffee?“ „Gern“, antwortete sie, „aber ein halber Becher reicht mir.“ Den Rest füllte sie sich mit reichlich Zucker und Milch zu einer Art Latte Macchiato auf, was sogar recht gut schmeckte. --- Nach dem Frühstück verabschiedete sie Gaara – für kein Geld in der Welt wollte sie bei diesen Arbeitszeiten und der Verantwortung mit ihm tauschen und Kage sein; nicht einmal für einen Tag – und da Kairi sich auf dem Fußboden alleine beschäftigte und auf die Gesellschaft ihrer Mutter überhaupt keinen Wert zu legen schien, schnappte sie sich die Tageszeitung von gestern und begann zu lesen. Das Rascheln des Papiers lockte ihre Tochter doch an. Sie robbte zum Sofa herüber, griff an die Kante und zog sich auf die Knie. „Nicht krabbeln, aber schon ein halber Stehversuch.“ Temari lächelte und kitzelte Kairi am Kinn. Das Mädchen kicherte, griff nach der Zeitung und riss ein Stück heraus, das sie sich sofort in den Mund steckte. Ihre Mutter nahm es ihr geistesgegenwärtig ab und legte es außer Reichweite. Kairi verzog eine unzufriedene Miene und ließ sich auf allen Vieren auf dem Teppich nieder. Einen Moment sah es aus, als wollte sie sich krabbelnd fortbewegen, dann sank ihr Oberkörper herab und sie wischte wie gewohnt über den Boden. Ohne Temari noch eines Blickes zu würdigen, kehrte sie zu ihrer Spielecke zurück. Diese musste lachen. Ihre Tochter hatte in den letzten Wochen immer mal wieder Andeutungen gemacht, dass sie sich zu einem kleinen Sturkopf entwickelte, aber dies war wirklich mehr als eindeutig. „Du kommst wohl ganz nach mir, was?“, sagte sie und widmete sich erneut ihrer Lektüre. Bis auf einen Artikel über die kommende Chuunin-Auswahlprüfung gab die Zeitung nicht viel her und so legte sie sie etwas wehmütig beiseite. Dies war schon die dritte Prüfung, an der sie nicht beteiligt war und das Mal davor war sie freiwillig noch vor den Ausscheidungskämpfen ausgestiegen, um Konoha verlassen zu können. Fast sechzehn Monate war es nun her und sie gab zu, dass sie das Dorf kein Stück vermisste. Die eine oder andere Person von dort allerdings schon. Mit Sakura schrieb sie sich noch gelegentlich, doch ansonsten war der Kontakt ziemlich eingeschlafen. Zu gern hätte sie ihre Prüfungs-Kollegen noch einmal getroffen – von einer Ausnahme mal abgesehen. Kotetsu und Izumo waren für jeden Spaß zu haben oder Genma war immer ein intelligenter Gesprächspartner gewesen. Sie überlegte kurz, ob sie sich vielleicht in eins, zwei Jahren wieder zur Planung zur Verfügung stellen sollte – Kairi war dann für lange Reisen alt genug, aber noch zu klein für die Akademie, sodass sie in dem Sinne keine Pflichten hatte –, aber diese Idee verwarf sie genauso rasch, wie sie gekommen war. Das Kapitel Konoha war für sie abgeschlossen und es noch einmal aufzuschlagen, schmerzte nur unnötig. Die Tür zum Wohnzimmer öffnete sich und Kankurou kam herein. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, sein schlurfender Gang erinnerte an den eines Zombies und doch grinste er, als hätte die Lottofee gerade seine sechs richtigen Zahlen gezogen. Ihr Bruder goss sich eine Tasse von Gaaras schwarzer Brühe ein und setzte sich zu ihr aufs Sofa. „Ich dachte, du wärst krank“, bemerkte Temari und musterte ihn noch etwas genauer. Kankurous Grinsen nahm bizarre Züge an. Es sah aus als zwang er sich, es zu unterdrücken, doch seine Mundwinkel tanzten weiter ihre Polka der Glückseligkeit. Und seine Schwester verstand. „Ah, okay, du hast wohl gevögelt!“, sprach sie ihre Vermutung geradeheraus aus. Ein weiterer Blick in sein Gesicht sagte ihr, dass sie einen Volltreffer gelandet hatte. „Und das ausgerechnet an dem Abend, an dem du auf deine Nichte aufpassen solltest. Schäme dich!“ Er starrte sie wortlos an. „Gaara hat deinen Job mindestens genauso gut erledigt. Ich bin dir also nicht böse“, sprach Temari weiter. „Wie könnte ich das auch sein, so selten wie du mal Frauenbesuch hast? Den muss ich dir einfach gönnen!“ Kankurou verzog eine grimmige Miene. „Vielen Dank!“, brummte er. „Es ist ja nicht so, dass es bis vor kurzem bei dir genauso ausgesehen hat …“ „Im Gegensatz zu dir war ich aber auch nicht krampfhaft auf der Suche nach einem Partner.“ Um ihren Bruder nicht noch mehr wie einen verprügelten Hund aussehen zu lassen, fragte sie: „Und, kenn ich sie?“ Er zuckte die Achseln und trank einen Schluck Kaffee. Er schmeckte noch bitterer als die Kommentare seiner Schwester. „Wie kann man diesen Mist bloß trinken?“, stieß er angewidert aus. „Will Gaara uns vergiften?“ „Lenk nicht vom Thema ab! Ich hab dir eine Frage gestellt!“ „Und ich ignoriere sie.“ „Ach, komm schon …“, bohrte sie weiter. „Verrätst du mir wenigstens, ob’s was Längerfristiges ist?“ „Du benimmst dich wie Matsuri! Und so neugierigen Nervensägen erzähl ich schon mal gar nichts.“ „Dann war’s wohl ein One-Night-Stand“, schloss sie aus seiner Reaktion. „Schade, aber du findest schon noch die Richtige.“ Kankurou streckte ihr angesäuert die Zunge entgegen. Den Anflug eines weiteren Grinsens konnte er damit allerdings nicht überspielen. --- Es läutete an der Tür. Temari sprang erwartungsvoll vom Sofa auf, lief in den Flur und öffnete sie. Wie selbstverständlich drückte sie Koutarou einen Kuss auf. „Womit hab ich denn das verdient?“, fragte er, wobei ihm diese Begrüßung sichtlich gefiel. „Einfach nur dafür, weil es dich gibt“, antwortete sie und zog ihn ins Haus. Etwas überrumpelt ließ er sich von ihr mitschleifen. „Das muss der Frühling sein, oder?“ „Er ist zwar schon einen Monat alt“ – es war schließlich schon Ende April – „aber wenn du das so sehen möchtest, gerne.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln und verschwand in der Küche. „Ich hoffe, du hast ordentlich Hunger mitgebracht!“, hörte er sie sagen. „Ich hab heute extra das Mittagessen ausfallen lassen“, antwortete Koutarou. „Hast du etwa wieder was Schönes gekocht?“ „Viel besser!“ Temari kam mit einer Schale Knabbereien zurück. „Ich hab Kankurou losgeschickt, um uns Pizza zu kaufen.“ „Das klingt schon mal nicht übel.“ Er grinste. „Aber kennst du meine Lieblingssorte überhaupt?“ „Hawaii!“ „Ich merke schon, du passt auf!“ Sie lachte. „Natürlich! Was hast du denn gedacht?!“ Er zuckte die Achseln und sagte: „Lass mich raten … Dann bekommst du eine Pizza mit Tomaten und Hähnchenfleisch?“ „Du hast die Barbequesauce vergessen“, ergänzte sie ihn, „aber ansonsten: Hundert Punkte!“ Dann küsste sie ihn erneut. „Was ist denn heute mit dir los?“ Koutarou schaute sie ein wenig irritiert an. „Nichts weiter“, antwortete Temari wahrheitsgemäß. „Ich habe eine großartige Tochter, einen liebevollen Freund, der mich zum Lachen bringt, und mein Bruder scheint verliebt zu sein. Wie kann man da nicht gut gelaunt sein?“ Sie grinste und wechselte das Thema. „Zum Essen auch ein Glas Sekt?“ Er nickte nur. Dieses Zugeständnis machte ihn sprachlos. --- „Lieferservice!“ Kankurou betrat das Wohnzimmer und legte zwei Pizzakartons auf dem Tisch ab. „Das macht dann vierhundert Ryo, Lieferpauschale und Trinkgeld inbegriffen. Zahlbar bis morgen Abend ohne Zinsen.“ Temari zog eine Grimasse. „Vierhundert? Willst du deine Schwester im Ernst so abzocken?“ „Okay, dreihundertfünfzig, weil du es bist.“ Er klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter und reichte Koutarou anschließend zum Gruß die Hand. „Ich muss doch sparen, damit ich Kairi nächsten Monat ein tolles Geburtstagsgeschenk machen kann.“ Er las seine Nichte vom Teppich auf und warf sie ein paar Mal in die Höhe. Das Mädchen lachte dabei wie verrückt. „Hast du keine Angst, dass er sie mal nicht auffangen kann?“, fragte Koutarou. Temari schmunzelte. „Ein reaktionsstarker Shinobi wie er lässt kein Kind fallen.“ Kankurou setzte Kairi auf ihrer Spieldecke ab und sagte: „Ich verzieh mich dann wieder. Viel Spaß euch!“ Seiner Schwester flüsterte er noch zu: „Vergeig es nicht!“ Diese verpasste ihm einen sanften Stoß zwischen die Rippen. „Auf gar keinen Fall!“ --- Temari räumte das Geschirr vom Tisch und brachte es in die Küche. „Magst du noch etwas zum Nachtisch?“, fragte sie, als sie mit ein paar Happen gedünstetem Obst für ihre Tochter und einen Pudding für sich zurückkam. Koutarou schüttelte den Kopf. „Ich bin so satt wie schon lange nicht mehr“, erwiderte er, streckte seinen Bauch heraus und tätschelte ihn. „Siehst du, ich platze gleich!“ Sie lachte, drückte Kairi ein Stück Birne in die Hand und setzte sich wieder. „Irgendwie komisch, oder? Wir haben dieselbe Menge gegessen und in meinem Magen ist immer noch für mindestens eine halbe Pizza Platz.“ Da er sie nicht fragen wollte, wo sie diese Mengen ließ – Frauen waren ja sehr eigen, was die Figur betraf –, bemerkte er: „Du musst einen guten Stoffwechsel haben.“ „Geht so“, entgegnete sie und kniff sich demonstrativ in den wenigen Hüftspeck, den sie hatte. „Zwei Drittel meiner Schwangerschaftskilos halten sich immer noch hartnäckig. Aber kein Wunder, so viel wie ich manchmal esse.“ „Ist doch okay, wenn du dich so wohl fühlst.“ „Ich fühle mich sehr viel wohler als früher“, pflichtete sie ihm bei. „Außerdem war mir von vornherein klar, dass ich nach der Schwangerschaft nicht mehr wie vorher aussehen werde.“ „Und dafür bist du noch verdammt gut in Schuss.“ Sie lächelte. „Danke.“ --- Gegen acht brachte Temari Kairi ins Bett. „Möchtest du Fernsehen“, fragte Koutarou, als sie zurück ins Wohnzimmer kam, „oder hast du was anderes geplant?“ „Ich glaube, es läuft nur Mist. Aber wir können ja ein bisschen durchschalten.“ Da tatsächlich keine guten Filme liefen, ließ sie nebenbei eine Dokumentation über Meerestiere laufen und fragte: „Warum machen wir nicht ’nen Spieleabend? Das heißt, wenn du auch möchtest.“ „Gern. Was hast du denn im Angebot?“ Temari ging zur Kommode und durchforstete sie. „Ich sehe diverse Kartenspiele“ – sie hielt Uno und ein Skatblatt in die Höhe – „Eine Spielesammlung mit Dame, Halma und anderen Brettspielen; Mikado; Jenga … Du hast die freie Wahl!“ „Wie wäre es mit einer simplen Runde Maumau?“, schlug er vor. „In Ordnung“, antwortete sie mit einem Lächeln. „Dafür bin ich immer zu haben!“ --- Nach einer Dreiviertelstunde Maumau und fünf Runden Mikado, von denen Temari mit ihrer ruhigen Hand vier für sich entschied, räumte sie die Spiele wieder weg. „Noch ein Brettspiel?“ „Klar, ich muss meine Spielerehre ja wieder herstellen“, sagte Koutarou. „Gibt es ein Spiel, in dem du vielleicht nicht ganz so gut bist?“ „Ach, ich hatte doch bloß Glück“, winkte sie ab. „Warum sagst du mir nicht einfach, in welchem du gut bist? Vielleicht hab ich es zufälligerweise da.“ Er dachte einen Moment nach. „Hast du ein Schachbrett?“, fragte er. „Ich bin im Shōgi einigermaßen gut.“ Temaris Herz setzte einen Schlag aus und ihr Puls stieg in ungeahnte Höhen. Es gab doch tausende Brettspiele auf der Welt, warum musste er ausgerechnet dieses nennen? „Ich hab es da, aber ich habe es vier Jahre lang regelmäßig gespielt, sodass du kaum eine Chance gegen mich haben wirst.“ Sie versuchte, beiläufig zu klingen und hoffte, dass er ihre Verunsicherung nicht bemerkte. „Dann hast du wohl oft gewonnen?“ Matsuri und Kankurou waren zwar nie ernstzunehmende Gegner gewesen, aber … Sie nickte. „Nur gegen eine Person hab ich immer verloren.“ Sie lächelte gekünstelt. „Die war aber auch Profi. Willst du trotzdem dein Glück versuchen?“ „Auf jeden Fall!“ Koutarou klang ausgesprochen motiviert. „Ich bin gespannt, wie gut du bist.“ Innerlich zähneknirschend baute sie das Spiel auf. Sie hatte absolut keine Lust auf eine Partie Shōgi – wahrscheinlich war sie eh aus der Übung, da sie seit anderthalb Jahren keinen Stein mehr angefasst hatte –, doch sie wollte ihm nicht den Abend verderben, indem sie wegen einem blöden Spiel die Zicke spielte. Auch wenn es sie die ganze Zeit an Shikamaru erinnerte. --- „Siehst du! Was hab ich dir gesagt?“ Temari nahm Koutarous König vom Brett. „Verdammt“, fluchte er, „du hast nicht übertrieben!“ Sie wischte die Steine rasch zusammen, tat sie in den Beutel und schob ihn zusammen mit dem Brett beiseite. „Stimmt etwas nicht?“, fragte er, als er beobachtete, wie grob sie mit dem Spiel umging. „Du hast doch gar keinen Grund, angesäuert zu sein. Schließlich hast du mich fertig gemacht.“ Die nett gemeinte Aufmunterung prallte an ihr ab. Sie war regelrecht wütend darüber, dass sie gewonnen hatte, denn es fühlte sich so verdammt falsch an. Es brodelte in ihrem Inneren und am liebsten hätte sie laut losgeschrien. Sie hatte nicht nur die falsche Person im Shōgi besiegt, nein, sie wünschte sich, dass an Koutarous Stelle Shikamaru saß und sie wie gewohnt gegen ihn verloren hatte. Temari hasste sich für diesen Gedanken. Koutarou konnte überhaupt nicht wissen, was sie mit diesem Spiel verband, und doch hätte sie ihm am liebsten ein paar Gegenstände an den Kopf geworfen und anschließend vor die Tür gesetzt. „Alles okay.“ Sie schaffte es, dass ihr Verstand die Oberhand vor ihren Gefühlen behielt und fragte: „Wie wäre es zum Abschluss noch mit einer Runde Jenga?“ --- Ihre Hände zitterten noch, aber sie schaffte es, den Turm nicht zum Einsturz zu bringen. Sie legte den Stein an der Spitze des wackeligen Gebildes ab und sagte: „Du bist dran.“ Temari beobachtete Koutarou bei seinem Zug – er mühte sich damit ab, in dem Schweizer Käse noch ein lockeres Holz zu finden – und spürte, dass es mit ihrer Laune wieder bergauf ging. Sie fragte sich sogar, wie sie sich dermaßen über eine Partie Shōgi ärgern konnte. Es war schließlich nur ein dummes Brettspiel, das ihr Exfreund zufälligerweise gerne spielte … Der Turm krachte zusammen und sie grinste ihren Gegner vor Überlegenheit an. „Heute wird’s wohl nicht mehr mit dem Wiederherstellen deiner Spielerehre“, stichelte sie los und in einem Anflug Spontaneität setzte sie sich auf seinen Schoß. Dann murmelte sie: „Aber ich tröste dich gerne!“ und küsste ihn. Koutarou erwiderte es und da sie auch nach einigen Sekunden keine Anstalten machte, sich von ihm zu lösen, wanderte seine Hand auf ihren Rücken und unter ihr Top. Temari zuckte unter seiner Berührung leicht zusammen und obwohl sie einen leicht faden Beigeschmack hatte, ließ sie es zu. Sie wurde selbst sogar ein wenig aktiv, indem sie ihren Druck auf seine Schultern verstärkte und ihn gegen die Sofalehne presste. Dies fasste er wiederum als Bestätigung auf, um noch weiter zu gehen. Mit Schwung brachte er sie neben sich auf der Couch zu liegen. Ihr Herz sprang im Dreieck. Sie wünschte sich im Augenblick nichts mehr, als sich ganz auf ihn einzulassen und doch spukten ein paar Bedenken in ihrem Hinterkopf herum. Sie beschloss, sie zu ignorieren, und vertiefte den Kuss mit ihm. Wenn es eine Möglichkeit gab, um Negatives zu vertreiben, war es diese. Genau deswegen hatte der Sex nach einem Streit für sie immer so gut funktioniert. Warum sollte das hier anders sein? Die Stimme verschwand einfach und alles war perfekt … Das Gefühl, das sie hatte, als seine Hand unter ihren Rock und ihre Oberschenkel hinaufwanderte, strafte diesen Gedanken Lügen. Das Flüstern wurde lauter und nichts, aber absolut gar nichts, war perfekt. Einfach alles fühlte sich falsch an und ihr wurde bewusst, dass sie einen großen Fehler machte, wenn sie jetzt mit Koutarou schlief. Temari drückte ihn von sich. „Stopp!“, keuchte sie. Ungläubig schaute er sie kurz an, doch anstatt auf Abstand zu gehen, versuchte er es noch einmal. Sie wehrte seine Annäherung ab und packte unsanft seine Handgelenke. „Ich kann das einfach nicht.“ Sie senkte den Blick und setzte nach: „Noch nicht.“ „Was stimmt denn auf einmal nicht?“, fragte er, angriffslustiger als beabsichtigt. „Seit unserem Shōgi-Spiel bist du total seltsam.“ Temari antwortete nicht darauf. Stattdessen sagte sie: „Es tut mir leid“ – Tat es ihr das wirklich? – „aber es wäre besser, wenn du jetzt gehst.“ „Warum erklärst du mir nicht wenigstens –“ „Bitte geh!“, unterbrach sie ihn mit Nachdruck. Koutarous fassungsloser Blick, als er aufstand und wortlos ging, blieb ihr noch lange im Gedächtnis. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)