Home Sweet Home von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 3: Zu haarige Beine sind nicht sexy! -------------------------------------------- Kapitel 3: Zu haarige Beine sind nicht sexy! Zehn Minuten später, in denen Matsuri vor Übelkeit keinen Ton von sich gegeben hatte, kamen sie an ihrer Wohnung an. Temari komplimentierte sie zur Couch herüber und ihre Freundin sank erleichtert in die Kissen. „Danke“, murmelte sie. „Ich kann dich ja nicht einfach so in der Gasse liegen lassen“, entgegnete sie sachlich. „Nicht dass noch irgendein Penner über dich herfällt und du so wie ich endest.“ „Besser ein Kind aus einer gescheiterten Beziehung als sich von ’nem Quickie schwängern zu lassen.“ „Na, ja“, meinte sie schulterzuckend, „kommt doch dasselbe bei heraus.“ Matsuri schwieg sich dazu aus – sie fühlte sich nicht in der Lage, großartig zu diskutieren – und kam lieber auf das zu sprechen, dass sie gerade am meisten interessierte: „Und, meinst du, es könnte mit dem vielleicht was werden?“ Temari schaute sie nüchtern an, doch in ihren Mundwinkeln zuckte der Anflug eines Lächelns. „Keine Ahnung“, antwortete sie, „ich kenne ihn doch gerade mal seit einer halben Stunde. Wie soll ich da schon sagen können, ob ich mir etwas Ernsthafteres mit ihm vorstellen kann?“ „Hast du denn kein Gefühl, das in die Richtung gehen könnte?“ „Ich bin nicht so intuitiv veranlagt und lege mich deshalb ungern fest.“ „Aber du bist ’ne Frau!“, argumentierte die Jüngere. „Irgendein Gefühl musst du doch haben!“ „Meinen Emotionsdetektor brauch ich gar nicht anschmeißen, um zu erkennen, dass du viel zu neugierig bist“, konterte sie. „Aber ja, ich finde, er ist nett.“ Rasch betonte sie noch einmal: „Nett, mehr nicht.“ Matsuri schüttelte den Kopf, hörte allerdings sofort wieder auf, da ihr übel wurde. „Du bist immer viel zu rational“, schloss sie. „Und das ist auch gut so“, gab sie zurück. „Du siehst ja, was ein paar Emotionalitäten aus mir gemacht haben.“ „Einen verschrobenen Single, voller Vorurteile über Männer?!“ Sie rechnete schon damit, dafür eine verbale Ohrfeige verpasst zu bekommen, doch ihre Freundin lachte nur. „Genau“, meinte Temari dann, drehte sich um und ging scherzend mit den Worten: „Komm ja nicht auf die Idee, mir morgen mit deinem Kater einen Besuch abzustatten. Bis dann!“ „Spießerin!“, rief sie ihr feixend hinterher. „Besser spießig, als verkatert einen Tag zu verschwenden!“ Die Tür fiel quietschend hinter ihr ins Schloss. --- Um zehn vor zwölf kam Temari endlich zu Hause an. Sie war keine vier Stunden unterwegs gewesen und fühlte sich trotzdem, als hätte sie die Nacht durchgefeiert. Definitiv eine Nebenerscheinung des Mutterdaseins. Im Haus war es bis auf das fahle Licht im Wohnzimmer, das der Fernseher von sich gab, düster. Sie streifte sich schnell die Sandalen von den Füßen, ließ sie achtlos neben der Tür liegen und lief zu ihrem Bruder, um sich über das Befinden ihres Kindes zu informieren. Kankurou hatte gerade mit einem Lachanfall zu kämpfen, als sie den Raum betrat. „Wie geht’s Kairi?“, fragte sie und übertönte sein Gelächter bestimmt. „Diese Serie ist einfach der absolute Hammer!“ Er japste nach Luft und wischte sich die Lachtränen aus den Augen. „Solltest du dir auch mal unbedingt reinziehen.“ Sie schaute zur Flimmerkiste herüber und erkannte den silbernen Haarschopf eines Protagonisten sofort. Kankurou sah sich also mal wieder diesen Schwachsinn an … Temari wollte sich gerade abwenden, stockte aber. „Hey, der Typ da sieht genauso aus wie der Kerl, den ich vorhin im Restaurant gesehen habe!“, meinte sie erstaunt. „Und wenn ich genauso sage, meine ich auch genauso.“ „Ja, sicher.“ Ihr Bruder tippte sich demonstrativ an die Stirn, als wäre sie nicht ganz dicht und setzte nach: „Hast du so viel getrunken, dass du dir schon einbildest, du hättest einen fiktiven Charakter getroffen?“ „Ich bin komplett nüchtern“, bemerkte sie trocken. „Dann war es wohl ein verrückter Fan“, legte Kankurou fest. „Und jetzt lass mich in Ruhe weiter fernsehen.“ „Hallo?“, empörte seine ältere Schwester sich sofort. „Darf ich vielleicht auch noch mal wissen, wie es um mein Kind bestellt ist?“ „Sie schläft seit drei Stunden tief und fest wie ein kleiner Engel“, antwortete er beiläufig. Und so schlich Temari leise in ihr Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen und kehrte fünf Minuten später ins Wohnzimmer zurück. „Dein Glück“, betonte sie. Ihr Bruder grinste sie breit an. „Nicht Glück, das war Können!“ „Ja, das hättest du wohl gern“, erwiderte sie amüsiert und ließ sich auf das Sofa neben ihm fallen. „Und wie war dein Ausflug in Sunas Nachtleben?“, fragte er. „Eher bescheiden. So ein widerlicher Saufbold hat versucht mich zu begrapschen.“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Das Schlimmste daran war aber, dass Matsuri mich auch noch mit dem bekannt gemacht hat. Kinderlieb und ein Gentleman sei er, versprach sie mir.“ Sie verzog das Gesicht. „Ist er dir denn sofort an den Rock gegangen?“ „Nein, erst nach fünf Minuten.“ „Na, dann hatte sie doch Recht. Für einen notgeilen Betrunkenen ist das wirklich gentlemanlike.“ „Geb’s auf. Deine Sprüche werden einfach nicht besser“, erwiderte Temari trocken. „Das war nur eine nüchterne Feststellung, nichts weiter“, sagte Kankurou schulterzuckend. Er rümpfte die Nase und setzte nach: „Du müffelst übrigens gehörig.“ „Ich fühl mich auch ziemlich widerlich, so wie ich nach Zigarettenqualm stinke“, pflichtete sie ihm bei. „Rauchen in geschlossenen Räumen gehört verboten.“ „Dann sag’s Gaara und schon nächste Woche kann im Rat über ein Verbot abgestimmt werden.“ Sie winkte ab. „Ach, ich werd sowieso nie wieder ’ne Kneipe betreten. Ist also gar nicht die Mühe wert.“ „Wow, was für ’ne Einstellung“, bemerkte er. „Warum lässt du dich nicht gleich einsargen?“ „Warum sollte ich?“ „Weil du den ganzen Spaß in deinem Leben anscheinend schon abgeschrieben hast.“ „’ne Kneipe mit massenhaft Besoffenen und Kettenrauchern bedeutet für mich aber keinen Spaß“, legte sie fest. „Spaß – oder besser gesagt – Freude bedeutet für mich, wenn ich dabei zusehen kann, wie mein Kind langsam und wohlbehütet aufwächst, und nicht irgendwelche Partys und Sauffeste, bei denen man mit Alk-Orgien seine armen Gehirnzellen unwiderruflich abmurkst.“ Er rollte mit den Augen. „Warum missverstehst du mich eigentlich immer?“ „Vielleicht weil du dich immer so unbeholfen ausdrückst?!“ Sie lächelte müde und stand wieder auf. „Ich spring dann eben unter die Dusche und geh dann ins Bett.“ „Na, dann gute Nacht!“ Temari konnte lange Zeit nicht einschlafen. --- Matsuri ließ sich am nächsten Tag trotz der ausgesprochenen Warnung blicken. Mittags gegen eins stand sie auf der Matte. „Du siehst ja grauenvoll aus!“, stieß sie schockiert aus, als ihre Freundin ihr die Tür geöffnet hatte. „Hast du letzte Nacht überhaupt nicht geschlafen?“ „Erstens: Danke, du siehst auch beschissen aus“ – Temari hielt einen Moment inne – „Und zweitens: Nein, nicht wirklich.“ Sie war versucht, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen, ließ es aber doch sein. Besuch war schließlich nie verkehrt, wenn das Töchterchen den halben Tag wie ihr Vater mit Schlafen verbrachte. Gott, und schon dachte sie wieder an ihn … „Was macht dein Schädel?“, fragte sie auf dem Weg ins Wohnzimmer. „Buddeln die verbliebenen Hirnzellen immer noch fieberhaft an einen Massengrab für ihre gekillten Kollegen?“ „Nein, ich hab sie mit Hilfe von Aspirin auf Siesta geschickt.“ „Dafür werden sie sich bei dir nachher bestimmt revanchieren.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Dann sollen sie mal. Ich muss erst ab Dienstag wieder ein paar Kehlen aufschlitzen.“ Was für eine geschmackvolle Umschreibung für Ich muss erst Dienstag wieder auf Mission gehen. Aber den Kommentar schenkte sich Temari lieber. Die Jüngere fläzte sich in den Sessel und sagte enthusiastisch: „Und jetzt erzähl mir mehr! Bist du gestern Nacht noch mal zu ihm hin und hast dich durchnudeln lassen?“ Sie grinste versaut. Die Angesprochene unterdrückte den notorischen Griff an die Stirn und erwiderte: „Nein, ich konnte einfach nicht einschlafen. Langweilig, oder?“ „Allerdings“, gab Matsuri enttäuscht zurück. „Nichts geht schließlich über ’ne gute Sexgeschichte.“ Wie sehr sie sich gerade eine Freundin herbeiwünschte, die noch alle Sinne beisammen hatte … Wo war bloß Sakura, wenn man sie brauchte? Am besten schickte sie ihr noch heute eine Nachricht, in der stand, dass sie sofort hierher kommen musste. „Kennst du davon nicht mehr als genug?!“, erwiderte sie mit gespielter Belustigung. In Wirklichkeit fand sie es nicht besonders lustig, wenn man im besten Fall wöchentlich wechselnde Sexpartner hatte. Nein, überhaupt nicht. Das war eher sogar noch trauriger und bemitleidenswerter als ihr eigenes Ich-Hab-Eine-Gescheiterte-Beziehung-Hinter-Mir-Und-Bin-Deswegen-Alleinerziehende-Mutter-Dasein. Sehr viel trauriger und bemitleidenswerter. Ihre Freundin spitzte beleidigt die Lippen und sah einen Moment lang wie ein Fisch aus. „Nett, dass du mich für ’ne Bettmatratze hältst!“, meinte sie ohne jeglichen Vorwurf, als wüsste sie, dass es stimmte. Temari blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an und unterschrieb mit ihrem Gesichtsausdruck diese Aussage. „Okay, okay, ich bin in den letzten eins, zwei Jahren etwas offener geworden, was das betrifft“, gab sie zu. „Aber als Single ist gegen ein bisschen freie Liebe doch nichts einzuwenden.“ Freie Liebe? Wer hatte ihr denn diesen Schwachsinn gepredigt? „Mir ist es wurscht, mit wem du was treibst, aber ich weiß nicht, ob Gaara es so toll finden würde – natürlich unter der Voraussetzung, dass es irgendwann mit euch klappen würde –, wenn du vorher mit fünfzig verschiedenen Typen geschlafen hast.“ Innerlich überkam sie ein Anflug leichten Schüttelfrosts. Es war echt eine gruselige Vorstellung, wie ihr jüngster Bruder Sex hatte. Bei Kankurou hatte sie da irgendwie weniger Probleme, aber mit ihm war sie wellenlängentechnisch auch mehr auf einer Ebene. Wenn sie sich etwas weiter aus dem Fenster lehnte, bezeichnete sie ihn sogar als ihren besten Freund. Den Platz hatte er sich schnell gegriffen, nachdem sie mit Shikamaru Schluss gemacht hatte. Deswegen hatte sie ihn wohl auch als moralische Unterstützung bei Kairis Geburt mit in den Kreißsaal gelassen, anstatt stundenlang auf sich allein gestellt nur die Hebamme und den Arzt anzuschreien. „Ich hab mal gehört, die meisten Männer finden es eher toll, wenn die Freundin schon einiges an sexueller Erfahrung hat“, argumentierte Matsuri weiter. „Festigt wohl auch ’ne Beziehung.“ Super, endlich hatte sie den Grund, warum es mit Shikamaru nicht geklappt hatte! Da sie sich gegenseitig entjungfert hatten, war ihre Beziehung aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Des Rätsels Lösung! Erneut schlug sich Temari die Hand vor den Kopf. Soviel Blödsinn auf einmal war echt zu viel für sie … „Verschwinde und komm bitte, bitte erst wieder, wenn du nüchtern bist“, bat sie inständig. „Oder lass einfach diese saudummen Beziehungsweisheiten.“ „Sorry“, nuschelte sie. „Klar, dass ich damit bei dir an der falschen Adresse bin.“ „Ich halte eben nichts von Gerüchten.“ Besonders, wenn sie so dermaßen lächerlich sind, dachte sie zu Ende. „Schon gut, schon gut, ich lass es sein. Du bist manchmal aber auch empfindlich …“ Genervt rollte die Angesprochene mit den Augen. „Und? Welchen Rang hat er?“, wechselte Matsuri rasch das Thema. „Keinen“, antwortete sie. „Er ist Zivilist.“ „Wäre nichts für mich.“ „Warum denn? Falls was draus wird und es dauerhaft funktioniert hat das doch nur Vorteile. Allein, dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass er bei einer Mission ins Gras beißen könnte, erleichtert mich ungemein.“ „Schon, aber ich kann für mich sagen, dass Sex mit einem Shinobi deutlich besser ist. Die gehen wie im Beruf voll aufs Ganze.“ Sie grinste breit. „Aber von deinem Gesichtspunkt aus ist ein gemütlicher Zivilist natürlich besser.“ Gemütlicher Zivilist … Als ob es keine gemütlichen – obwohl bodenständig besser passte – Shinobi gab. Sie war schließlich vier Jahre mit so einem zusammen gewesen. „Du bist eine Rassistin“, merkte sie an. „Wieso?“ „Weil du denkst, dass normale arbeitende Leute, die nicht ständig ihr Leben riskieren, weniger wert sind.“ „Stimmt doch gar nicht“, stritt die Jüngere ab. „Und selbst wenn es so wäre, darf ich mir doch eine eigene Meinung über sie bilden, oder?!“ „Du gibst es ja sogar zu“, legte Temari fest. „Nebenbei bemerkt finde ich es übrigens ziemlich armselig, gleich alle Zivilisten über einen Kamm zu scheren und ausschließlich an ihren sexuellen Fähigkeiten festzumachen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ist doch nicht viel anders als bei dir. Du misst doch auch jeden Mann an deiner verflossenen Liebe. Wäre das nach deiner Beurteilung nicht auch irgendwie rassistisch?“ „Nein, weil ich den Wert eines Menschen nicht an seinem Beruf festmache“, sagte sie trocken. „Tu ich in dem Sinne doch auch nicht“, verteidigte Matsuri sich, „Ich hab nur einfach für mich festgestellt, dass Shinobi überwiegend die besseren Liebhaber sind. Wer wie sein Geld verdient, ist mir völlig schnurz.“ „Dann drück dich doch von Anfang an richtig aus“, seufzte sie und stand auf. „Ich mach mal eben eine Kleinigkeit für Kairi zum Essen fertig. Sie schläft jetzt schon seit drei Stunden und wird garantiert jede Minute wach.“ --- Fast wie auf Kommando fing ihre Tochter zehn Minuten später an, sich mit Brabbellauten bemerkbar zu machen. Temari ging ins Nebenzimmer und hielt kurz inne. Kairi stand in ihrem Gitterbettchen, hielt sich an zwei der vertikalen Stangen fest und blickte sie mit ihren großen grünen Kulleraugen an. In manchen Momenten war die Ähnlichkeit zu ihr auf alten Fotos aus ihrer Kindheit wirklich verblüffend. Das Einzige, das sich deutlich von ihr unterschied, waren die – allerdings ebenfalls recht störrischen – dunkelbraunen, fast schwarzen Haare. Aber es wäre ja auch ein wenig gruselig gewesen, wenn sie eine kleine Kopie von sich bekommen hätte, die nichts vom Vater geerbt hatte. Selbst wenn es nur die Haarfarbe war. Na ja, Familienähnlichkeit schien sich ohnehin quer durch die Linie der Sabakunos zu ziehen. Sie kam optisch sehr nach ihrer eigenen Mutter Karura und Kankurou war quasi ein Klon ihres Vaters. Nur Gaara fiel natürlich mal wieder völlig aus dem Rahmen – vorausgesetzt, dass er kein Kuckuckskind war. Aber Temari bezweifelte stark, dass Karura sich heimlich wie Matsuri ausgelebt hatte. Vor allem bei dem strengen und mit Argusaugen bestückten Ehegatten. Wenn sie an ihren Vater dachte, der seinen Kindern nie so richtig Liebe zukommen lassen hatte, konnte sie vermutlich sogar froh sein, dass sie mit Kairi alleine dastand. Das hieß nicht, dass sie glücklich über ihre Situation war, aber … Ja, vielleicht dauerte es ja nicht mehr lange, bis sie diese Phase endlich überwunden hatte und ein Häkchen hinter die Vergangenheit – speziell natürlich ihre Zeit in Konoha – setzen konnte. Mit einem zuversichtlichem Lächeln nahm sie ihre Tochter auf den Arm und ging zurück ins Wohnzimmer, wo Matsuri schon das Essen bereithielt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)