Gestaltenwandler von kleines-sama (DoflamingoxCrocodile (AU)) ================================================================================ Kapitel 6: Part II: Verrat und Reue ----------------------------------- Es dauerte nicht lange, bis wenigstens das Hemd getrocknet war. Glücklich nahm Crocodile es von dem Felsbrocken herunter, auf den er es draußen zum Trocknen gelegt hatte, und zog es sich rasch über. Es war ein unwahrscheinlich gutes Gefühl, endlich wieder trockene und vor allen Dingen saubere Kleidung zu tragen. Er fühlte sich gleich wie eine völlig andere Person. Als Crocodile jedoch den Stoff der Jeanshose prüfend zwischen Zeigefinger und Daumen rieb, musste er leider feststellen, dass diese noch feuchtnass war; schätzungsweise würde es noch mindestens drei Stunden dauern, bis ihr dicker und robuster Stoff ebenfalls endlich vollkommen trocken sein würde. Crocodile seufzte auf, doch zwang sich zur Geduld. Was blieb ihm auch anderes übrig? Immerhin war er noch immer schwer angeschlagen; in nasse und kalte Kleidung zu steigen, würde seinem Gesundheitszustand sicherlich nicht guttun. Wieso also das Risiko eingehen? Und zumindest schien inzwischen wieder die Sonne, die das Trocknen sicher deutlich beschleunigen würde. Crocodile schlang die dünne Decke, die er mit nach draußen genommen hatte, um seinen leider noch immer nackten Unterkörper. Gerade wollte er sich auf den Weg zurück in die Höhle machen, in der Doflamingo auf ihn wartete, als er aus dem Augenwinkel heraus eine schnelle Bewegung bemerkte. Verwundert wandte Crocodile sich um und suchte mit dem Blick die nähere Umgebung ab, konnte jedoch niemanden ausmachen. Schließlich ließ er die Sache auf sich beruhen und setzte den kurzen Weg zurück zum Eingang der Höhle rasch fort. Vermutlich hatte es sich sowieso nur um einen Vogel oder ein unvorsichtiges Kaninchen gehandelt. "Dein Hemd ist also getrocknet", begrüßte ihn Doflamingo, der zwei Marder aus der Speisekammer geholt hatte. "Zum Glück", erwiderte Crocodile munter und ließ sich neben dem Wolf auf den Boden der Höhle nieder. Inzwischen hatte sich die Stimmung zwischen ihnen beiden erfreulicherweise wieder beruhigt. Doflamingo verhielt sich ihm gegenüber wie gehabt: zwar neckisch und manchmal ein wenig frech, doch gleichzeitig sehr freundlich und fürsorglich. Nichts in seinem Verhalten deutete darauf hin, dass er Crocodile verachtete oder als geringschätzig betrachtete. "Die Hose braucht allerdings noch einige Stunden, denke ich." "Die Zeit geht am schnellsten beim Arbeiten und beim Essen rum", erwiderte Doflamingo heiter grinsend. Er hielt einen der beiden Marder hoch. "Möchtest du noch einmal versuchen, einem Säugetier das Fell abzuziehen? Das erste Mal ist immer das schwierigste. Beim zweiten und dritten Mal wird es dir leichter fallen; da bin ich mir ganz sicher." "Von mir aus", meinte Crocodile und nahm den Leib des kleinen Tieres entgegen. "Ich rupfe zwar lieber Hühnern die Federn aus, aber ich fürchte, das Fellabziehen werde ich wohl oder übel auch lernen müssen." "Genau so ist es", entgegnete Doflamingo vergnügt. "Diese beiden Exemplare hier sind übrigens Baummarder. Sie sind recht selten geworden, weil die Menschen sie früher wegen ihres Pelzes gejagt haben. Ich könnte darauf Rücksicht nehmen, doch zu ihrem Pech schmecken sie absolut vorzüglich. Auch wenn sie nur wenig Fleisch hergeben, wird sich ihre Zubereitung lohnen, das kannst du mir glauben." "Hört sich gut an", meinte Crocodile und sah aufmerksam dabei zu, wie Doflamingo dem kleinen und schmalen Körper das Fell abzog. Anschließend versuchte er es selbst. Und auch wenn es ihm noch lange nicht so gut wie dem Wolf gelang, konnte er im Vergleich zu seinem allerersten Versuch doch eine deutliche Verbesserung ausmachen. "Was habe ich dir gesagt?", hörte er Doflamingo mit fröhlicher und stolzer Stimme neben ihm sagen. "Dieses Mal hat es doch schon deutlich besser geklappt. Wenn du das Fellabziehen öfter übst, wird es dir bald so leicht fallen wie mir." "Das glaube ich nicht", erwiderte Crocodile bescheiden und warf einen Blick auf den nackten Leib, der auf seinem Schoß lag. "Du scheinst ein echt Talent für das Erbeuten und Zerlegen von Tieren zu haben. Ich werde noch lange brauchen, bis ich es auch nur annähernd so gut hinbekomme wie du." "Es hat nichts mit Talent zu tun", meinte Doflamingo, der trotz seiner eigenen Worte sehr geschmeichelt wirkte, "sondern bloß mit Übung. Ich habe schon von klein auf gelernt, zu jagen und meine Beute zuzubereiten. Dir fehlen diese Erfahrungen natürlich, aber ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Mangel aufholen können." "Hoffentlich", entgegnete Crocodile und gab seinen Marder an Doflamingo zurück. "Kannst du ihm die Organe entnehmen? Ich glaube nicht, dass ich schon so weit bin." "Klar, das ist überhaupt kein Problem", antwortete Doflamingo leichthin. "Wir machen einfach alles Schritt für Schritt. Irgendwann wirst du dich auch an den Anblick der inneren Organe gewöhnen, so wie alle in freier Natur lebenden Gestaltenwandler. Das ist bloß eine Frage der Zeit." Abwesend sah Crocodile dabei zu, wie Doflamingo dem kleinem Raubtier die Organe herausnahm. Er war im Augenblick viel zu gedankenverloren, um sich vom Anblick der schwabbeligen Organe angewidert zu fühlen. Denn was der Wolf da sagte, klang in seinen Ohren überaus vielversprechend. Es hörte sich so an als ging dieser fest davon, dass er für einen längeren Zeitraum mit ihm gemeinsam diese Höhle bewohnen würde. Und wenn Crocodile ehrlich war, dann hatte er gegen dieses Angebot nichts einzuwenden. Nicht zuletzt, da er noch immer schwer verletzt war und zu wenig Wissen besaß, was das Überleben draußen in freier Natur anging. Die Aussicht zumindest für eine Weile bei Doflamingo zu bleiben und sich von diesem sowohl versorgen als auch unterrichten zu lassen, klang alles andere als schlecht. Am Ende schien der Wolf ja doch viel freundlicher und rücksichtsvoller zu sein als Crocodile zuerst geglaubt hatte. Trotzdem war und blieb er eine sehr stolze Person. Für Crocodile stand es außer Frage, dass er Doflamingo so bald wie möglich bei der Jagd unterstützen würde. Schließlich wollte er seinem Gastgeber nicht auf der Tasche liegen. Und bis dahin würde er den Schutz, die Pflege und das Futter, die dieser ihm anbot, dankbar annehmen. "Essen ist fertig", hörte er den Wolf sagen, als dieser beide Baummarder verzehrfertig vorbereitet hatte. Eines der tatsächlich nur recht kleinen Fleischstücke gab er an Crocodile weiter. "Guten Appetit. Ich bin mir sicher, dass es dir schmecken wird. Trotzdem sind Marder bloß etwas für den hohlen Zahn. Wenn du möchtest, können wir uns gleich noch einen Dachs, ein kleines Wildschwein oder so etwas in der Art teilen." "Dir auch einen guten Appetit", erwiderte Crocodile und biss ein üppiges Stück aus dem kleinen Brocken Fleisch heraus. Doflamingo hatte weder gelogen noch übertrieben, musste er zugeben: Marderfleisch schmeckte tatsächlich absolut fantastisch! Es gefiel Doflamingo nicht, dass Crocodile inzwischen wieder vollständig bekleidet war. Eine Schande war es, fand er, diesen entzückenden Körper unter Stoffbahnen zu verstecken. Zumindest solange sie sich allein in seiner Höhle aufhielten. Denn ob Doflamingo es zugeben wollte oder nicht: Er war eine sehr eifersüchtige Person. Und er hatte selbstverständlich nicht vor, den hübschen Kater mit irgendjemandem zu teilen. Wo er allerdings gleich wieder bei seinem Hauptproblem wäre: Noch war Crocodile nicht der seine; weder im sexuellen noch im romantischen Sinne. Doch Doflamingo hatte vor, diesen Umstand bald zu ändern. Er wusste, dass man nicht zu viel Zeit verstreichen lassen durfte, ehe man sein Interesse am Anderen kundtat. Ansonsten gewöhnte sich der Schwarm nämlich zu sehr an die bestehende nicht romantische, sondern freundschaftliche Beziehung und jedes Bemühen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, wäre vergebens. Also musste Doflamingo Crocodile in naher Zukunft deutlich machen, dass er nicht bloß auf eine Art Wohngemeinschaft abzielte, sondern eine romantische Liebesbeziehung im Sinn hatte. Sex selbstverständlich mitinbegriffen. Doflamingo kannte es nicht anders. Für ihn waren, so wie für die meisten wild lebenden Gestaltenwandler, Liebe und Sex zwei von Natur aus eng miteinander verworbene Komponenten. Wäre Crocodile weiblich, würde er mit diesem auf jeden Fall auch Kinder zeugen wollen, doch da dies nicht möglich war, sollte es bei einer kinderlosen Partnerschaft bleiben. Es war Abend geworden. Auch wenn die Temperaturen heute Mittag noch angenehm hoch gewesen waren (nicht umsonst war auch Crocodiles Jeanshose recht schnell getrocknet), kühlte es nun merklich ab. Selbst im Schlaf- und Wohnbereich seiner unterirdischen Höhle konnte Doflamingo die Kälte deutlich spüren. Normalerweise hätte er sich angesichts dieser Verhältnisse verwandelt, doch da er wusste, dass Crocodile sich noch immer vor der Gestalt seines Tiergeistes fürchtete, zog er seine menschliche Gestalt vor; auch wenn ihn die dünne und unbehaarte Haut deutlich weniger vor Kälte schützte als sein warmer Wolfspelz es getan hätte. "Es ist eiskalt", hörte er Crocodile sagen und sah, wie dessen Mund eine Dampfwolke ausstieß, während er sprach. "Woher kommt denn diese Kälte nur? Selbst während der Sturm gewütet hat, ist es doch nicht so furchtbar kalt gewesen." Doflamingo zuckte mit den Schultern. "Wir befinden uns im Herzen des Waldes", meinte er schließlich. "Hier kommt es häufiger vor, dass es nachts gewaltig runterkühlt. Auch tagsüber ist es deutlich kälter als zum Beispiel in der Stadt; ich weiß nicht, ob dir das bereits aufgefallen ist. Es liegt daran, dass durch die dichten Baumkronen nur wenig Sonnenlicht bis nach unten dringt. Wir sollten uns lieber ins Bett legen und gut zudecken. Übrigens sind mehrere dünne Decken effektiver als eine dicke, das solltest du dir auch merken. Weil die Wärme nicht im Stoff, sondern in den Luftpolstern zwischen den Fasern gespeichert wird. Also decken wir uns am besten mit mehreren Decken zu. Ich habe nämlich das ungute Gefühl, dass diese Nacht ganz besonders eisig kalt wird." "Gut", meinte Crocodile und huschte rasch zum Bett hinüber. Er trug noch immer sein Hemd und seine Jeanshose, doch angesichts der stark gefallenen Temperaturen konnte Doflamingo ihm dies nicht einmal verübeln. Der verletzte Kater sollte sich lieber so warm wie nur möglich halten. Doflamingo grinste leicht, als er sich ebenfalls ins Bett legte. Ihm fiel eine Methode ein, wie man sich in einer kalten Nacht zu zweit besonders gut warm halten konnte. Eine Methode, die er dem anderen Gestaltenwandler zu gerne beibringen würde. Crocodile deckte sich und Doflamingo, der gleich neben ihm lag, mit mindestens zehn verschiedenen Decken und Tierfellen zu. Er hatte jahrelang ein Leben als Hauskatze geführt und war solch eisige Temperaturen einfach nicht gewohnt; in dem Haus, in dem er gelebt hatte, war jeder Raum -einschließlich der beiden Badezimmer- geheizt worden. Nachdem Crocodile sich ausreichend mit weichen Decken umgeben und eine gemütliche Position gefunden hatte, schloss er seine Augen und bemühte sich darum schnell einzuschlafen. Seiner Ansicht nach konnte man angesichts solcher Temperaturen sowieso nichts Besseres tun. Es war ratsam, diese kalte Nacht so rasch wie möglich hinter sich zu bringen und darauf zu hoffen, dass das Wetter ihnen morgen wohlgesonnener sein würde. Crocodile dachte sich nichts weiter dabei und ließ es zu, dass Doflamingo so nah wie möglich an ihn heranrückte und einen Arm um ihn legte. Immerhin hatten sie die letzten Nächte ebenfalls häufig eng aneinandergepresst geschlafen; außerdem begrüßte Crocodile die Wärme, die Doflamingos Körper ausstrahlte. Er schnurrte genießerisch und lehnte sich in die Berührung hinein. Für eine Weile lagen sie beide einfach nur da. Crocodile empfand die Situation als sehr angenehm; so wohl und geborgen hatte er sich nicht mehr gefühlt seit er aus seinem ehemaligen Zuhause geflohen war. Er war gerade der Grenze zum Einschlafen nahe, als er plötzlich ein paar Lippen an seinem Nacken spürte. Erschrocken riss Crocodile die Augen auf, doch bewegte sich ansonsten nicht. Vielleicht, dachte er, hatten Doflamingos Lippen seine Haut bloß aus Versehen gestreift, als dieser seine Schlafposition änderte oder etwas in der Art. Schließlich hatte sich der Wolf in den letzten Tagen weder an ihm vergriffen noch angedeutet, dass er dies vorhätte; wahrscheinlich handelte es sich also bloß um einen unabsichtlichen Körperkontakt. Wenn Doflamingo ihn tatsächlich missbrauchen wollte, wieso hätte er dann so viele Tage lang abwarten sollen? Langsam beruhigte sich Crocodile wieder. Und nur einen winzigen Moment später konnte er spüren, wie Doflamingos Finger unter sein Hemd glitten und seinen nackten Bauch streichelten, während dessen Lippen erneut über seinen Hals fuhren. Völlig außer sich sprang Crocodile auf und hastete aus dem Bett, wobei er dieses Mal nicht bloß eine, sondern gleich zehn Decken mitriss, in denen er sich prompt verhedderte. So schnell wie es ihm möglich war befreite Crocodile sich aus dem Chaos und rannte panisch in Richtung Höhlenausgang. Er konnte hören, dass der Wolf ihm folgte, doch dachte nicht einmal einen Augenblick daran, stehen zu bleiben. Um genau zu sein, dachte er gerade überhaupt nicht; in seinem Kopf war kein Platz mehr für Gedanken jedweder Art übrig, denn er wurde ausgefüllt von unbändiger Angst. Crocodiles Instinkte setzten ein. Und er stellte fest, dass sein Fluchtinstinkt am allerstärksten war. Im seinem schnellsten Tempo verließ Crocodile die Höhle. Draußen brannte die eisige Kälte auf seinem Gesicht, doch er blieb nicht auch nur für den Bruchteil einer Sekunde stehen, um sich an den plötzlich Temperaturwechsel zu gewöhnen. Er ließ sich auch keine Zeit, um sich zu orientieren. Stattdessen rannte er einfach bloß drauf los. Jedes Ziel war ihm recht; er wollte nur fort von dem Wolf, der vorhatte ihn anzufassen und ihm Gewalt anzutun. Hinter ein paar hohen Sträucheln verwandelte Crocodile sich und nahm die Gestalt seines Tiergeistes an. Trotz seines verletzten Unterarms war er als Katze deutlich schneller und flinker als in seiner menschlichen Gestalt. Außerdem würde Doflamingo entweder nach einem jungen Mann oder einem schwarzen Panther Ausschau halten, nicht jedoch nach einer kleinen Hauskatze. Crocodile lief so schnell und weit wie ihn seine Beine tragen konnten. Er verschwendete keinen Gedanken daran, ob es eine kluge Entscheidung war zu flüchten oder welche Motive hinter Doflamingos Handeln stehen mochten. Noch immer war sein ganzer Körper erfüllt von heller Panik, die keinen klaren Gedanken zuließ. Erst als Crocodile kurz davor stand zusammenzubrechen, blieb er stehen. Schwer atmend ging er unter ein paar Farnen in Deckung, ehe er mit den Augen seine Umgebung kontrollierte. Glücklicherweise konnte er weder die Gestalt eines großen Wolfes noch die eines anderen Tieres ausmachen. Seine halsbrecherische Flucht war also erfolgreich gewesen. Als sich sein Atem wieder normalisiert hatte und seine Lungen nicht mehr ganz so schlimm brannten, verwandelte Crocodile sich zurück. Da er sich nun in Sicherheit zu befinden schien, sah er keinen Grund, weiterhin in der Gestalt seines Tiergeistes umherzuwandeln. Crocodile hoffte darauf, dass Doflamingo mitbekommen hatte wie er sich verwandelte. Wenn er gesehen hatte, dass er den Tiergeist einer einfachen Hauskatze besaß, dachte Crocodile, dann würde Doflamingo ihn womöglich in Ruhe lassen, weil er nichts mehr mit ihm zutun haben wollte. Das wäre wohl die beste Lösung. Crocodile biss sich auf die Unterlippe und bedeckte mit der rechten Hand sein Gesicht. Es war dumm von ihm gewesen, dem Wolf sein Vertrauen zu schenken. Wieder einmal wurde ihm klar: Man konnte sich nur auf sich selbst verlassen. Allein war man eben doch am besten dran, denn dann gab es niemanden, der dich verraten konnte. Schweren Herzens nahm Crocodile sich vor, niemals wieder so furchtbar leichtgläubig zu sein und auf einen fremden Gestaltenwandler hereinzufallen. Es war geendet wie es hatte enden müssen. Er hatte es von Anfang an geahnt. Wieso nur hatte er sich von den freundlich klingenden Worten des Wolfes einlullen lassen? Crocodile spürte wie ein bitteres Gefühl sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Er fühlte sich verraten und benutzt. Die Fürsorge, die Doflamingo ihm vorgegaukelt hatte, war eine Lüge gewesen. Der Wolf hatte eben doch immer nur ein Ziel verfolgt: Sich ihn zu nehmen und seinem Willen gefügig zu machen. Die Wahrheit traf ihn so hart wie einen Faustschlag in den Magen. Crocodile wollte seiner Jungfräulichkeit nicht auf diese Weise beraubt werden: von einem beinahe Fremden und gegen seinen Willen. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Zwar wusste er nicht genau wie Sex vonstatten ging, doch Crocodile hatte zumindest eine vage Vorstellung davon, wie die Umstände sein sollten. Wenn er sich seinen ersten Geschlechtsverkehr ausmalte, dann dachte er an einen liebevollen Partner, Vertrauen, Umarmungen und Küsse auf den Mund. Und nicht an Hände und Lippen, die ohne Vorwarnung über ihn herfielen. Ein eiskalter Schauer lief Crocodile über den Rücken, als er daran zurückdachte. Aber was spielte das nun noch für eine Rolle? Crocodile raffte sich auf, biss sich tapfer auf die Unterlippe und rieb sich die Unterarme. Er war auf sich allein gestellt. Erst jetzt spürte Crocodile die eisige Kälte, die ihn umgab. Es war dunkel und er wusste nicht, wo er sich befand. War er in Richtung Stadt gelaufen oder tiefer in den Wald hinein? Crocodile seufzte. Dann ging das Spiel also wieder von vorne los, dachte er und konnte nicht verhindern, dass ihn diese Ironie des Schicksal erheiterte. Er war allein und verletzt, es war dunkel und er musste einen Unterschlupf für die Nacht finden. Wo war er bloß hingelaufen? In welche Richtung? Wohin war er verschwunden? Absolut panisch durchsuchte Doflamingo in der Gestalt seines Tiergeistes den dunklen Wald. Er hielt nun schon seit Stunden nach dem Kater Ausschau, doch hatte ihn noch immer nicht finden können. Und mit jeder Minute, die verging, fühlte sich sein Herz schwerer an. Wie hatte er nur zulassen können, dass Crocodile ihm entwischte? Doflamingo konnte sich die Situation nicht erklären. Eben noch hatte er Crocodile laufend vor sich sehen können, dann war dieser für einen Moment hinter ein paar Sträuchern verschwunden und ab da hatte er ihn nicht mehr finden können. Der andere Gestaltenwandler war einfach weg, als wäre er vom Erdboden verschlungen worden. Doflamingo machte sich furchtbare Vorwürfe und noch viel schrecklichere Sorgen. Er hätte den Kater niemals anrühren dürfen, ohne vorher mit diesem darüber zu sprechen. Das war eine verdammt dumme Idee von ihm gewesen, auch wenn Crocodile vorher recht eindeutige Signale gesendet hatte. Immerhin hatte er weder den Arm, den er um ihn legte, zur Seite geschoben noch negativ auf den Kuss reagiert, den er diesem auf den Nacken gab. Trotzdem war es falsch gewesen, Crocodile anzufassen. Er wusste doch, wie empfindlich der andere Gestaltenwandler auf plötzliche Berührungen reagierte. Doflamingo hoffte von ganzem Herzen, dass dem Kater nichts Schlimmes zugestoßen war. Nachts liefen im Wald viele Kreaturen umher, Tiere wie Gestaltenwandler, denen dieser lieber nicht begegnen sollte. Sie waren gefährlich und vor allem deutlich weniger zimperlich als er, wenn es darum ging, ihren Trieben zu folgen. Und Crocodile war trotz seiner beiden Verletzungen ein überaus hübscher junger Mann. Angesichts dieser Horrorvorstellung wurde Doflamingo schrecklich nervös. Er könnte es sich niemals verzeihen, wenn Crocodile heute Nacht etwas zustieß. Hoffentlich hatte der Kater an einem halbwegs sicheren Ort Schutz gesucht und blieb dort solange, bis Doflamingo ihn gefunden hatte. Das geschehene Missverständnis würden sie beide sicher klären können. Hauptsache er wüsste, dass Crocodile unversehrt war. Schwermütig beschleunigte Doflamingo sein Lauftempo und hielt überall verzweifelt Ausschau nach einem jungen Mann mit dunklem Haar oder einer schwarzen Großkatze. Wo nur war Crocodile? Es war eiskalt. Auch das Hemd und die Jeanshose, die er trug, konnten Crocodile nicht wärmen. Sein Atem erschien als weiße Dampfwolke vor seinem Gesicht. Er wanderte nun schon seit etwa einer halben Stunde durch den finsteren Wald und hatte noch immer keinen Unterschlupf finden können. Ein Deja-vu der üblen Art. Crocodile fürchtete, dass, wenn er nicht bald eine Unterkunft fand, er hier draußen elendig erfrieden würde. Eine schreckliche Art zu sterben, dachte Crocodile, während er sich zitternd seine Oberarme rieb, doch immer noch besser als gegen den Willen der Jungfräulichkeit beraubt zu werden. Er war und blieb eine sehr stolze Person. Für ihn käme es niemals infrage sich voll Widerwillen einem so gut wie Fremden hinzugeben, nicht einmal um sein eigenes Leben zu retten. Crocodile hatte die Hoffnung beinahe schon aufgegeben, als er plötzlich den Eingang zu einer Höhle ausmachte. Rechts von ihm erhob sich ein sehr steiler Hang aus Stein und etwa vier oder fünf Meter über dem Erdboden schwebte ein dunkler und kleiner Höhleneingang. Wenn Crocodile ehrlich war, dann hatte er kein sonderlich gutes Gefühl, was dieses finstere Loch anging, doch ihm blieb wohl nichts anderes übrig als sein Glück zumindest einmal zu versuchen. Also machte sich Crocodile an den beschwerlichen Aufstieg; obwohl er den Tiergeist einer Katze besaß, war er nicht sonderlich gut im Klettern. Er hatte in seinem ganzen Leben noch niemals etwas höheres als einen Kleiderschrank erstiegen. Trotzdem erreichte er schließlich überraschenderweise unversehrt den hoch liegenden Höhleneingang. Vorsichtig und möglichst leise sah Crocodile sich um. Die Höhle war schmal und finster, doch zumindest auf den ersten Blick konnte er keinen Bewohner ausmachen. Vielleicht war ihm das Schicksal ja wenigstens dieses eine Mal gewogen, dachte Crocodile und konnte nicht verhindern, dass Hoffnung in seinem Herzen zu keimen begann. Vielleicht würde er heute Nacht doch nicht erfrieren müssen. Auf leisen Sohlen schlich Crocodile tiefer in die Höhle hinein. Im Gegensatz zu der Höhle, in der Doflamingo lebte, schien es sich hier um nur einen einzigen Raum zu handeln, der recht klein war und keine weiteren Abzweigungen besaß. Im hinteren Bereich machte er zu seinem Unglück einige Decken, Felle und Kissen aus, die wohl als Schlafplatz benutzt wurden. Enttäuscht seufzte Crocodile auf. Hier konnte er also nicht bleiben. Ganz im Gegenteil: Er sollte lieber rasch verschwinden, ehe der eigentliche Bewohner dieser Höhle zurückkehrte. Denn ganz gleich ob es sich ebenfalls um einen Gestaltenwandler oder ein wildes Tier handelte, Crocodile war sich sicher, dass er keine Chance gegen einen Gegner jedweder Art haben würde. Immerhin war er im Kampf völlig unerfahren und noch immer schwer verletzt. Auf der anderen Seite würden die auswärtigen Temperaturen sowieso seinen Tod bedeuten. Crocodile haderte einen Moment lang mit sich selbst. Ob es wohl klüger war, sich rasch in einem Kampf töten zu lassen oder draußen zu erfrieren? Während er nachdachte, fiel sein Blick auf die vielen Decken und Kissen, die sich in der Höhle befanden. Ihm kam eine Idee, die möglicherweise sein Leben retten würde. Crocodile wählte sich ein recht robust wirkendes und flauschiges Fell aus, ehe er eilig wieder aus der Höhle verschwand. Jemand, der so viele Kissen und Decken besaß, dachte er, würde doch sicher nicht unter dem Verlust eines einziges Felles leiden; im besten Fall fiel dem Höhlenbewohner der Diebstahl nicht einmal auf. Das Stück Fell um seinen frierenden Körper gewickelt setzte Crocodile seine Suche nach einem Versteck fort. Inzwischen allerdings hatte er seinen Anspruch deutlich gesenkt, was eine Unterkunft für die Nacht anging; da er nun eine wärmende Decke besaß und der Himmel nicht nach Niederschlag aussah, reichte ihm auch ein unauffälliges Plätzchen unter freiem Himmel. Vielleicht fand er wieder einen Hohlraum unter ein paar Sträuchern oder Farnen. Die Hauptsache war, dass er unentdeckt blieb; unentdeckt von Doflamingo und von dem eigentlichen Besitzer des Felles, das er gestohlen hatte. Irgendwann fand Crocodile einen passenden Unterschlupf. Es handelte sich um einen kleinen Hohlraum, der sich unter den Wurzeln eines alten Baumes gebildet hatte und von den langen Blättern eines nahestehenden Farnkrautes verdeckt wurde. Auf etwas Besseres konnte Crocodile nicht hoffen; also machte er es sich in dem schmalen Hohlraum so gemütlich wie möglich und schlang das wärmende Tierfell eng um seinen bibbernden Leib. Schlaf würde er wohl keinen finden, dachte Crocodile, doch zumindest musste er heute Nacht nicht elendig erfrieren. Doflamingo jaulte verzweifelt auf. Zum ersten Mal seit Crocodiles überstürzter Flucht blieb er stehen. Er hatte alle potenziellen Verstecke im Umkreis von dreißig Kilometern sorgsam abgesucht, doch den Kater trotzdem nicht finden können. Inzwischen hatte Doflamingo die Hoffnung beinahe schon aufgegeben. Er versuchte den Gedanken nicht zuzulassen, doch konnte nicht anders als sich auszumalen, dass ein anderer Gestaltenwandler oder ein wildes Tier auf Crocodile aufmerksam geworden war und diesen getötet hatte. Die Vorstellung wollte Doflamingo schier das Herz verbrennen. Er jaulte ein weiteres Mal laut auf und bemühte sich darum, nicht in Tränen auszubrechen. Es war sehr untypisch für ihn zu weinen. Doflamingo hatte seit dem Verlust seines Wolfrudels nicht mehr geweint. Trotzdem gelang es ihm nur mit viel Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Der Kater hatte ihm wirklich ausgesprochen gut gefallen und immerhin hatten sie doch einige Tage miteinander verbracht. Den Gedanke, dass Crocodile vermutlich tot war, konnte Doflamingo kaum ertragen. Vor allen Dingen, da er sich selbst die Schuld an diesem Unglück gab. Seinetwegen hatte der Kater die Flucht ergriffen und war höchstwahrscheinlich seinem eigenen Tod in die Arme gelaufen. Doflamingo schüttelte sich und jaulte ein drittes Mal verzweifelt auf. Auch wenn die Chance, dass Crocodile noch lebte, absolut gering war, würde er nicht aufgeben. Noch nicht. Doflamingo war ein sehr robuster Wolf und hatte noch einige Kraftreserven übrig. Er würde erst aufhören nach dem verschwundenen Kater zu suchen, wenn seine Beine ihn nicht mehr tragen konnten. Denn das war das Mindeste, was er Crocodile schuldete. ~ Doflamingos Herz schlug so schnell und laut wie noch niemals zuvor. Er spornte seinen Körper zu absoluten Höchstleistungen an. Crocodiles Fährte wurde stärker mit jedem Schritt, den er zurücklegte; er wusste, dass der Kater nicht mehr weit von ihm entfernt war. Nur leider intensivierte sich gleichzeitig auch der Geruch des fremden Gestaltenwandlers. Inzwischen ging Doflamingo fest davon aus, dass dieser bereits vor ihm auf Crocodile gestoßen war. Er konnte bloß hoffen, dass er nicht zu spät kam. (Auszug aus dem nächsten Kapitel) bye sb Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)