Gestaltenwandler von kleines-sama (DoflamingoxCrocodile (AU)) ================================================================================ Prolog: Part I: Verloren und gefunden ------------------------------------- Crocodile blickte sich verzagt um. Er war in den naheliegenden Wald geflüchtet, weil er gehofft hatte, hier recht schnell einen Unterschlupf für die Nacht finden zu können, doch leider wurden seine Hoffnungen bitter enttäuscht. Er suchte nun schon seit mehreren Stunden nach einem geeigneten Versteck und war währenddessen immer tiefer in den Wald vorgedrungen. Emsig hatte er auf seinem Weg jede große Baumwurzel und jede kleine Höhle erkundet, doch musste zu seinen Ungunsten feststellen, dass alle potenziellen Verstecke bereits von Tieren oder anderen Gestaltenwandlern bewohnt wurden, mit denen er sich lieber nicht anlegen wollte. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben verfluchte Crocodile, dass er nicht mit einem stärkeren Tiergeist versehen worden war. Tatsächlich nahm er, wenn er sich verwandelte (was nur recht selten geschah), die Gestalt einer schwarzen Katze an. Keiner anmutigen Raubkatze wie einem Tiger oder Löwen, sondern die einer ganz gewöhnlichen, nicht einmal besonders großen Hauskatze mit schwarzem Fell. Das mickerige und wenig Eindruck schindende Äußere seines Tiergeistes war der Hauptgrund, wieso Crocodile sich zumeist für seine menschliche Gestalt entschied. Zwar lugte ein langer Schwanz hinten aus seiner Jeanshose hervor und anstatt menschlicher Ohren besaß er zwei schwarze Katzenohren, doch Crocodile hoffte, dass man ihn darum für einen Panther oder ähnlich Exotisches halten würde. Auf die Idee, dass die Tiergestalt eines solch großen und unerschrocken wirkenden Mannes bloß eine kleine Hauskatze war, würde hoffentlich niemand kommen. Crocodile blieb einen Moment lang stehen und warf einen unwilligen Blick nach oben zum Himmel. Noch war die Nacht nicht über ihn hereingebrochen, doch er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Es begann bereits zu dämmern. Zwar kannte Crocodile sich mit den genauen Begebenheiten nicht aus, doch er ahnte, dass nachts in diesem Wald die Jagd beginnen würde. Und er selbst stellte unglücklicherweise eine ausnehmend leichte Beute dar. Nicht bloß wegen der heftigen Verletzung in seinem Gesicht, sondern allein schon, weil seine potenziellen Feinde viel schneller, stärker und erfahrener waren als er. Crocodile war es gewohnt, pünktlich um sechs Uhr abends gefüttert zu werden, und nachts in einem Haus zu schlafen, dessen Fenster und Türen alle sorgsam abgeschlossen wurden. Er kannte es nicht, um sein Überleben kämpfen oder rennen zu müssen. Er musste um jeden Preis ein Versteck finden; inzwischen war er viel zu weit in das Herz des Waldes vorgedrungen, um in die Stadt zurückzukehren und dort sein Glück zu versuchen. Bevor Crocodile weiterschlich, benetzte er die Innenfläche seiner rechten Hand mit Speichel und wischte damit anschließend über die Verletzung in seinem Gesicht. Er bemühte sich darum, die frische Fleischwunde möglichst sauber zu halten, doch er befürchtete, dass ihm dies nur mäßig gelang. Er benötigte dringend einen Unterschlupf! Einen sicheren Ort, an dem er sich eine Weile lang ausruhen und seine Wunden versorgen konnte. Angespannt setzte Crocodile seine Suche fort. Doflamingo grinste breit und und warf einen überaus zufriedenen Blick auf den Körper des ausgewachsenen Rehs, das er eben erbeutet hatte. Obwohl Doflamingo (in der Gestalt seines Tiergeistes) ein schneller und kräftiger Wolf war, hatte die Jagd lange gedauert. Er hatte dem Reh absichtlich immer wieder die Möglichkeit gegeben, einen Vorsprung zu gewinnen, um ihm nicht die Hoffnung zu nehmen und es zum Weiterlaufen anzuspornen. Am Ende war es schließlich vor Erschöpfung zusammengebrochen und das spaßige Spiel war vorbei gewesen. Doflamingo beschloss nach kurzer Überlegung, einen Teil seiner Beute jetzt zu verzehren (das lange Laufen hatte ihn doch angestrengt) und einen weiteren Teil mit in seine Höhle zu nehmen und dort zu lagern. Er war ein erfahrener Waldbewohner und für ihn reichte ein Blick gen Himmel aus, um zu wissen, dass heute Abend ein heftiges Unwetter aufziehen würde. Da war es besser, Fleisch vorrätig zu haben für den Fall, dass der Sturm sich lang hielt und er aus Witterungsgründen eine Zeit lang nicht zum Jagen kommen würde. Doflamingo packte das erlegte Reh mit seinem Maul und machte sich auf den Weg zurück zu seiner Höhle, die nicht allzu weit entfernt war. Er war beinahe schon am Eingang seiner Behausung angekommen, als ihm plötzlich ein seltsamer Geruch in die Nase stieg. Irritiert zog Doflamingo die Augenbrauen zusammen. Es roch sehr deutlich nach Mensch und ein klein wenig nach Katze. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn er diesen Duft draußen in der Stadt wahrgenommen hätte, doch hier inmitten des Waldes überraschte er ihn. Doflamingo zögerte einen kurzen Moment lang, ehe er sich dazu entschied, seiner Neugierde nachzugeben und nachzusehen, wer sich in seinem Revier herumtrieb. Wahrscheinlich handelte es sich sowieso bloß um einen Wanderer, der von seinem Weg abgekommen war und sich im Wald verirrt hatte, doch es war klüger, nachzuschauen. Also setzte Doflamingo -noch immer in der Gestalt eines großen Wolfes und mit den Resten des erbeuteten Rehs im Maul- zur Verfolgung des Eindringlings an. Da er nicht vorhatte, zu kämpfen oder zu töten, hielt er es auch nicht für nötig, seine Beute vorher in seiner Höhle in Sicherheit zu bringen. Es dauerte nicht lange, bis Doflamingo die Ursache des untypischen Geruchs ausgemacht hatte. Zuerst glaubte er, tatsächlich einen verirrten Wanderer gefunden zu haben, ehe ihm der lange Schwanz auffiel; auf den zweiten Blick erkannte er außerdem zwei schwarze Fellohren. Irgendeine Art Katze, stellte Doflamingo verwundert fest, während er sich näher an den anderen Gestaltenwandler heranwagte. Eine Katze, die ganz fürchterlich nach Mensch stank. Doflamingo wusste nicht so recht, was er von seinem Fund halten sollte. Er war hier im Wald bisher nur selten auf Gestaltenwandler mit einer Katze als Tiergeist gestoßen. Zwar gab es hier mehrere Luchse und Wildkatzen, doch die wagten sich nicht seine Nähe. Und überhaupt hatten weder Luchse noch Wildkatzen schwarzes Fell. Von Neugier gepackt pirschte sich Doflamingo noch ein Stück näher an das fremde Wesen heran. Und auch wenn er nicht unbedingt ein Talent im Anschleichen war (Doflamingo war ein Hetzjäger) und außerdem die Hälfte des toten Rehs, die er noch immer im Maul trug, vermeidbaren Lärm verursachte, schien ihn der andere Gestaltenwandler seltsamerweise nicht zu bemerken. Es handelte sich um jungen Mann mit dunklem Haar und blasser Haut, stellte Doflamingo interessiert fest. Er trug menschliche Kleidung, genauer gesagt eine Bluejeans und ein dunkles Hemd. Schuhe hatte er allerdings, wie die meisten Gestaltenwandler, nicht an den Füßen. Der Kater stand mit dem Rücken zu ihm. Fasziniert beobachtete Doflamingo, wie dieser nun mit der Zunge über die Innenfläche seiner rechten Hand leckte und sich anschließend den Speichel ins Gesicht wischte. Da er wusste, dass sich Katzen auf diese Weise säuberten, kam ihm diese Verhaltensweise nicht seltsam vor, auch wenn er sie selbst nicht praktizierte. Doflamingo schlich nach rechts hinüber, weil er einen besseren Blick auf das Gesicht des Fremdlings bekommen wollte. Er war nicht von Misstrauen oder Angst erfüllt, sondern handelte aus reiner Neugierde heraus. Er konnte es selbst nicht ganz erklären, doch irgendetwas an diesem Kater zog ihn geradezu magisch an. Ein solches Verlangen war Doflamingo nicht fremd: Er liebte neue und extravagante Dinge und besaß insgesamt ein sehr ungezügeltes Wesen. Leider hatte er großes Pech: Doflamingo hätten nur noch wenige Meter gefehlt, um einen Blick auf das Gesicht des Fremdlings werfen zu können, doch just in diesem Augenblick war er geistesabwesend genug gewesen, um auf einen morschen Ast zu treten. Und auch wenn die Sinne des Katers nicht sonderlich gut ausgeprägt zu sein schienen, reichte dieses Geräusch aus, um ihn aufzuschrecken. Völlig entsetzt wandte sich der junge Mann zu ihm um. Seine bernsteinfarbenen Augen weiteten sich in absolutem Horror, als er den großen Wolf mit dem blutverschmierten Maul nur wenige Meter von ihm entfernt sah. Doflamingo hatte kaum genug Zeit, um das hübsche Gesicht, das allerdings von einer schmalen und quer verlaufenden Wunde entstellt wurde, zu mustern, ehe der Kater panisch die Flucht ergriff. Doflamingo hätte ihm folgen können, doch er tat es nicht. Er war viel zu gedankenverloren, denn aus irgendeinem Grund bekam er das Bild des so hübschen, doch verletzten Gesichts nicht mehr aus seinem Kopf heraus. Wenn Doflamingo ehrlich war, dann tat es ihm beinahe schon leid, dass er den Kater so heftig erschreckt hatte. Das war nicht seine Absicht gewesen. Er hatte ihn sich nur einmal ansehen wollen. Völlig erschöpft brach Crocodile zusammen. Er war so schnell und weit gelaufen, wie ihn seine menschlichen Beine tragen konnten, doch nun hatte er einfach keinen Atem mehr übrig. Fahrig sah er sich um, doch der furchteinflößende Wolf war glücklicherweise nirgendwo zu sehen. Dieser Umstand beruhigte Crocodile ein wenig, auch wenn er sich dessen bewusst war, dass dies noch lange nicht seine Sicherheit garantierte. Schließlich war das Raubtier eben, ohne dass er es bemerkt hätte, bis auf wenige Meter an ihn herangeschlichen. Crocodile schämte sich selbst angesichts seiner ganz verkümmerten Instinkte. Natürlich hatten die vielen Jahre, die er in der Stadt als Hauskatze gelebt hatte, ihre Spuren hinterlassen, doch trotzdem war er davon überzeugt gewesen, dass er wenigstens ein Tier in seiner unmittelbaren Nähe hätte ausmachen müssen. Aber anscheinend waren seine Sinne noch deutlich schlechter ausgebildet als er es jemals für möglich gehalten hätte. Während Crocodile sich von seiner hetzerischen Flucht erholte, sah er sich um. Er war einfach losgelaufen, ohne zu überlegen. Nun hatte er sich völlig verirrt. Und zu allem Übel brach jetzt auch die Nacht über ihn herein, und sie brachte klirrende Kälte und heftigen Regen mit sich. Crocodile seufzte verzweifelt auf und benetzte erneut seine rechten Hand mit Speichel, um sie über sein verletztes Gesicht zu wischen. Inzwischen begann die Fleischwunde zu jucken, was alles andere als ein gutes Zeichen war. Er hoffte bloß, dass sie sich nicht entzünden würde. Nachdem Crocodile sich um die Verletzung in seinem Gesicht gekümmert hatte, säuberte er außerdem die weiteren, glücklicherweise eher kleinen Schrammen, die er sich während seiner halsbrecherischen Flucht zugezogen hatte. Mehr als einmal war er mit seiner unpraktischen Kleidung an Dornenbüschen und anderen Sträuchern hängengeblieben, hatte sich jedoch hektisch und ohne Rücksicht auf Verluste gleich wieder befreit. Er hatte nur panisch daran gedacht, dem ungeheuren Wolf zu entkommen. Nachdem er sich wieder einigermaßen erholt und provisorisch seine Verletzungen versorgt hatte, setzte Crocodile seine Suche nach einem Unterschlupf fort. Seine Hoffnungen, für diese Nacht noch ein Versteck zu finden, waren gering, doch bei dem heftigen Unwetter, das aufzog, blieb ihm nichts anderes übrig als weiterzumachen. Einen Sturm mitten im Herz des Waldes würde er ohne einen Unterschlupf nicht überleben, dachte Crocodile resigniert, nicht bei Nacht, ohne Nahrung und ohne die Möglichkeit, seine Wunden angemessen zu pflegen. Das Gewitter wurde sogar noch heftiger als Doflamingo, der sehr gute Sinne besaß, es vorausgesagt hatte. Er hatte seine menschliche Gestalt angenommen und hielt sich im Eingang seiner trockenen und gemütlichen Höhle auf. Unerschrocken beobachtete er den Regen, der in dicken Tropfen vom Himmel fiel; gelegentlich war ein hell leuchtender Blitz zu sehen. Die Reste des ausgewachsenen Rehs, das er erlegt hatte, waren sicher im hinteren Bereich der Höhle gelagert. Noch immer ging Doflamingo seine Begegnung mit dem fremden Kater nicht aus dem Kopf. Er stellte viele Überlegungen an, doch konnte sich noch immer nicht erklären, was den anderen Gestaltenwandler hierher inmitten des Waldes verschlagen haben könnte. Er hatte sehr stark nach Mensch gerochen, was darauf hindeute, dass er aus der Stadt kam. Ob es sich wohl um einen schwarzen Panther handelte, der aus einem Zoo ausgebrochen war? Doflamingo verzog unmerklich den Mund, als er an diesen fürchterlichen Ort dachte. Menschen waren wirklich abscheuliche Lebewesen: Sperrten Gestaltenwandler in Käfige ein, um sie Schaulustigen zu präsentieren, oder hielten sie sich als Haustiere, was auch nicht viel besser war. Doflamingo war sehr froh darüber, als Wolf in der freien Natur leben zu dürfen; hier hatte er seine Freiräume, konnte jagen und seinen Trieben folgen. Ein Leben in Gefangenschaft würde ihn furchtbar langweilen. Unweigerlich fragte sich Doflamingo, woher wohl die Verletzung, die der Kater im Gesicht gehabt hatte, stammen mochte. Zwar hatte er nur einen kurzen Blick darauf werfen können, doch Doflamingo war erfahren genug, um zu erkennen, dass es sich um eine zwar sehr schmale, doch tiefe Fleischwunde handelte. Ob er von irgendwelchen Menschen aus der Stadt verletzt worden war? Vielleicht hatte er sich auch mit einem wilden Tier oder einen anderen Gestaltenwandler angelegt? Wie auch immer, dachte Doflamingo geknickt und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen, verletzt und unerfahren wie er war, würde er bei diesem fürchterlichen Sturm wohl kaum überleben. Schade drum, fügte er stumm hinzu, während er sich die bernsteinfarbenen Augen des fremden Mannes ins Gedächtnis rief. Er hatte ihm ausgenommen gut gefallen. Und zwar nicht nur, weil es recht lange her war seit er das letzte Mal Sex gehabt hatte. Doflamingo nahm es, wie die meisten Gestaltenwandler, mit dem Geschlecht seines Sexpartners nicht so genau. Er mochte sowohl Frauen als auch Männer. Da griff bei ihnen wohl die animalische Komponente durch, denn er wusste, das Menschen zumeist monogame und vor allem heterosexuellen Beziehungen pflegten. Unter den Gestaltenwandlern gab es jedoch, so wie bei den Tieren, eine sehr hohe Zahl an Bisexuellen und Homosexuellen. Allerdings musste Doflamingo zugeben, dass er selbst einen Sonderfall darstellte insofern, dass er auch Sex mit Gestaltenwandlern hatte, die einen anderen Tiergeist als er selbst besaßen. Unter Gestaltenwandlern war es nämlich üblich, bei der eigenen Art zu bleiben; Ausnahmen gab es zwar, doch sie kamen relativ selten vor. Doflamingo seufzte ergeben und entschied sich schließlich dazu, seine Höhle zu verlassen und Ausschau zu halten nach dem Kater, der ihm einfach nicht mehr aus den Kopf gehen wollte. Er wusste ja doch, dass er es bereuen würde, wenn er nicht herausfand, was mit dem Gestaltenwandler, den er heute getroffen hatte, geschehen war. Und außerdem hoffte er, ehrlich gesagt, dass sich vielleicht eine Möglichkeit zum Sex ergeben würde. Immerhin war es doch ein paar Wochen her, seit er das letzte Mal seine Triebe ausgelebt hatte. Hier im Wald war es nämlich nicht unbedingt einfach, einen passenden Sexualpartner zu finden. Außerdem hatte er echtes Gefallen an dem fremden und so unfassbar interessanten Kater gefunden. So oder so würde er also eine unterhaltsame Abwechslung in seinen in letzter Zeit recht tristen Alltag bringen. Mit jeder Minute, die verging, wurde das Unwetter schlimmer. Inzwischen war Crocodiles Kleidung komplett durchnässt, die große Wunde in seinem Gesicht sowie die vielen kleinen Schrammen an seinem Körper schmerzten und juckten, weil Dreck hineingeriet, und außerdem fror er unerbittlich. Da er noch immer kein vernünftiges Versteck gefunden hatte, war er dem Sturm hilflos ausgeliefert. Verzweifelt hielt Crocodile Ausschau, während er im Wald schutzlos umherstreifte. Er hasste Wasser; er wusste, das alle Katzen Wasser hassten, doch er hasste es ganz besonders. Irgendwann entdeckte Crocodile ein paar hohe Brombeersträucher, unter denen sich ein schmaler Hohlraum bildete. Als ein heftiger Blitz den Nachthimmel erleuchtete, kroch er in Ermangelung eines besseren Unterschlups rasch hinein. Auch wenn er heute bereits mehr als genug unangenehme Erfahrungen mit Dornen gemacht hatte und der kleine Hohlraum ihn nicht sonderlich gut verbarg, war es besser als nichts; zumindest war der erdige Waldboden trocken. Während Crocodile in seinem provisorischen Versteck Schutz suchte, wanderten seine Gedanken zu dem großen Wolf hinüber, dem er heute begegnet war. Er konnte von Glück sprechen, dass er diesem furchteinflößendes Ungeheuer entkommen war. Eigentlich war Crocodile zwar keine sonderlich ängstliche Person, doch selbst er musste zugeben, dass ihn der Anblick dieses Wolfes nicht nur eingeschüchtert, sondern geradezu in Panik versetzt hatten. Nur zu gut erinnerte er sich an das blutverschmierte Maul, in dem die Reste irgendeines Tierkadavers hingen, und die blauen Augen, die ihn völlig wahnsinnig und ekstatisch angeblickt hatten. Er mit seinem jämmerlichen Tiergeist hätte niemals auch nur den Hauch einer Chance gegen einen solchen Gegner gehabt. Da war es deutlich klüger, wenn auch unehrenhafter, die Flucht zu ergreifen. Es fiel Doflamingo nicht schwer, den jungen Gestaltenwandler, der so stürmisch vor ihm geflohen war, aufzuspüren; immerhin war er ein sehr erfahrener Jäger, kannte sein Revier in und auswendig und außerdem verstärkte die Nässe den Geruch des Katers. Nach nicht einmal einer halben Stunde war er bei ein paar hohen Brombeersträuchern angelangt, die seiner Nase nach das Ende der deutlich wahrnehmbaren Fährte darstellten. Doflamingo musste seinen Blick nur ein einziges Mal über die Büsche schweifen lassen, um den Mann, den er suchte, ausfindig zu machen. Er hatte sich -noch immer in seiner menschlichen Gestalt- in einen engen und ungemütlichen Hohlraum unterhalb der Dornensträucher verkrochen. Die Kleidung, die er am Leibe trug, war vom heftigen Regen komplett durchnässt und an einigen Stellen kaputt gerissen. Zu der Verletzung im Gesicht hatten sich außerdem noch weitere, mehr oder weniger schlimme Schrammen und Kratzer gesellt. Insgesamt schien er sich in einem deutlich schlechteren Zustand zu befinden als Doflamingo es in Erinnerung gehabt hatte. Als der Kater ihn sah, wurde die Erschöpfung in dessen bernsteinfarbenen Augen just von hellem Entsetzen vertrieben. Angsterfüllt wich er rasch weiter nach hinten zurück, ohne zu bedenken, dass dort gar kein Platz mehr vorhanden war und bloß schmerzhafte Dornen auf seinen bereits malträtierten Körper warteten. Um den verletzten und sowieso schon verschreckten Kater nicht noch weiter einzuschüchtern, verwandelte Doflamingo sich rasch und nahm nun anstatt seiner Wolfsgestalt die eines verhältnismäßig großen, doch deutlich weniger imponierenden menschlichen Mannes an. Nun zeugten allein noch seine Wolfsohren und der buschige Schwanz von seiner wahren Natur. Sofort konnte Doflamingo beobachten, dass der fremde Kater ihn verblüfft musterte und nicht mehr weiter zurückwich, kaum hatte sich sein Gegenüber als Gestaltenwandler zu erkennen gegeben. Er selbst nutzte diese Gelegenheit, um näher an den anderen Mann heranzukommen. Leider wurden seine Annäherungsversuche nicht so gut aufgenommen wie er es sich erhofft hatte. „Bleib mir bloß vom Leib!“, zischte ihm der Kater feindselig entgegen, kaum näherte er sich diesem um ein paar Schritte. „Hau ab, du verfluchte Töle!“ „Na, na, na“, entgegnete Doflamingo völlig unbeeindruckt und breit grinsend. „Ich denke nicht, dass du in der richtigen Position bist, um mir Anweisungen zu erteilen oder mich zu beleidigen.“ Um ehrlich zu sein, störte er sich gar nicht weiter an der Unverfrorenheit und Kaltschnäuzigkeit seines Gegenübers; immerhin ging dieser sicherlich davon aus, sich in einer Gefahrensituation zu befinden, und wollte sich bloß verteidigen. Außerdem hatte Doflamingo eine manchmal doch recht ungesunde Schwäche für selbstsichere und kratzbürstige Männer. „Du bist der Wolf von vorhin“, meinte der Kater, ohne ihn auch nur für einen einzigen Augenblick aus den Augen zu lassen. „Warum bist du mir hierher gefolgt? Es stürmt. Willst du mich unbedingt töten? Hat das Tier, das du erlegt hast, nicht ausgereicht, um deinen Jagdtrieb zu stillen?“ „Wenn ich dich hätte töten wollen“, antwortete Doflamingo noch immer grinsend, doch mit seelenruhiger Stimme, „dann hättest du es nicht einmal bis zu diesem erbärmlichen Schlupfwinkel geschafft.“ Er bemerkte, dass er mit dieser Aussage einen wunden Punkt bei dem Kater getroffen zu haben schien, doch fuhr ungerührt fort: „Du bist verletzt, du kommst aus der Stadt, du stinkst nach Mensch. Und aus irgendeinem Grund weigerst du dich die Gestalt deines Tiergeistes anzunehmen, obwohl eine Verwandlung bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen von Vorteil wäre. Hast du aufgegeben und wartest nur noch auf den Tod?“ „Ich bin kein Feigling“, erwiderte der Kater mit überraschend fester Stimme. Er schwieg für einen kurzen Moment lang und warf Doflamingo einen abschätzenden Blick zu, eher hinzufügte: „Wenn du nicht hergekommen bist, um mich zu töten... Wieso bist du dann hier? Aus welchem Grund hast du bei diesem Unwetter deine Behausung verlassen und mich gesucht?“ „Würdest du mir glauben, wenn ich dir sagen würde, dass ich gekommen bin, weil ich Gefallen an dir gefunden habe? Dass ich sogar darüber nachdenke, dich mit zu mir in meine Höhle zu nehmen und dir somit dein bedauernswertes Leben zu retten?“ „Nein“, kam prompt die misstrauisch klingende Erwiderung seitens des Katers. Doflamingo brach in schallendes Gelächter aus und musterte hingebungsvoll zuerst das verletzte Gesicht, dann den zerschundenen Körper des anderen Gestaltenwandlers. „Nun, so oder so hast du keine Wahl, wenn du heute Nacht nicht sterben möchtest“, meinte Doflamingo. „Du bist schwer verwundet und am Ende deiner Kräfte. Außerdem ist deine Kleidung völlig durchnässt, was bei den Temperaturen, die nachts hier im Wald herrschen, ohnehin deinen Tod bedeuten würde, wenn du weiterhin mit deinem menschlichen Körper vorlieb nimmst.“ Selbst der starrköpfige Kater schien diese zwar furchtbare, doch leider überaus realistische Aussicht einsehen zu müssen. Betroffen senkte er den Blick und biss sich auf die Unterlippe. Doflamingo wiederum nutzte diesen günstigen Moment, um sich dem anderen Gestaltenwandler noch ein Stück weiter zu nähern; inzwischen trennte sie nur noch etwa drei große Schritte. Noch immer lag der verletzte und durchnässte Kater in dem schmalen, nur wenig Schutz bietenden Hohlraum unter den hohen Brombeersträuchern. Doflamingo, der bisher die ganze Zeit über aufrecht gestanden hatte, kniete sich nun seinem Gesprächspartner gegenüber auf den matschigen Waldboden hin. „Ich kann mir kaum vorstellen“, meinte der junge Mann plötzlich in einem sehr argwöhnisch klingenden Tonfall, „dass ein Wolf so unfassbar großherzig ist und ohne eine Gegenleistung zu verlangen einem Kater aus der Not hilft. Was ist der Preis für mein Leben, das du rettest?“ Angesichts dieser forsch ausgedrückten Frage konnte Doflamingo gar nicht anders, als erneut in lautes Gelächter auszubrechen. Mit jedem Wort, welches der andere Gestaltenwandler sprach, gefiel dieser ihm besser, musste er zugeben. Sicherlich würde er eine köstliche Unterhaltung für ihn darstellen (und zwar nicht nur im sexuellen Sinn). „Du glaubst also, dass Wölfe unter keinen Umständen großherzig sein können?“, witzelte Doflamingo. „Anscheinend bist du nicht frei von gewissen Vorurteilen, mein lieber Freund. Vielleicht bin ich ja ein herzensguter Wolf und möchte dich retten, einfach bloß weil ich Mitleid mit dir habe? Sieh doch nur, in welch einem erbärmlichen Zustand du dich befindest.“ „Erstens bin ich nicht dein lieber Freund“, erwiderte der Kater giftig, „und zweitens scheinst du mir niemand zu sein, der aus Mitleid handelt.“ „Mit letzterer Aussage hast du vielleicht nicht ganz Unrecht“, gab Doflamingo zu. „Ich möchte dir nicht aus Mitleid helfen, sondern aus viel eigennützigeren Gründen: Du gefällst mir. Und mir wird in letzter Zeit oft sehr langweilig. Ich denke, dass meine Tage ein wenig spannender werden, wenn ich dich mit in meine Höhle nehme und dich dort gesund pflege.“ „Ich glaube dir kein Wort, Köter!“, spie ihm umgehend der erzürnte Kater entgegen. „Und dass ich dir in deine Höhle folgen werde, kannst du auch gleich vergessen! Ich weiß doch, worauf wild lebende Gestaltenwandler, wie du es einer bist, aus sind; ihr wollt doch alle nur das Eine! Und glaub mir: Auf einen solchen Handel lasse ich mich niemals ein!“ „Das Eine?“, wiederholte Doflamingo kichernd. „Es ist fast schon niedlich, wie unfassbar prüde ihr Katzen doch seid: Traut euch noch nicht einmal, eine der natürlichsten Sachen der Welt beim Namen zu nennen. Du meinst also, dass ich Sex von dir verlangen werde im Gegenzug dafür, dass ich dein Leben rette?“ Der noch immer wütende und plötzlich sehr verlegene Kater wagte es nicht, auf diese unverblümte Paraphrase seiner eigenen Aussage einen Kommentar zu geben. Dieser Umstand machte ihn in Doflamingos jedoch nur noch begehrenswerter und hinreißender: Er liebte es nämlich, den Stolz prüder und hochnäsiger Gestaltenwandler zu brechen. Sie immer wieder zu ärgern und zu necken, bis vor Scham ihre Körpertemperatur anstieg und ihr Gesicht sich dunkelrot verfärbte, war eine seiner liebsten Tätigkeiten. „Keine Sorge, ich bin kein so schlimmer Wolf wie du denken magst“, meinte Doflamingo plötzlich mit überraschend zärtlicher Stimme. „Aber wie auch immer: Du hast keine Wahl. Du wirst mit mir in meine Höhle kommen. Die einzige Alternative ist der Tod.“ Auch wenn Doflamingo diesen Schlagabtausch mit dem einnehmenden Kater nur zu gerne noch etwas weiter geführt hatte, beschloss er, dieses Gespräch nun zu beenden. Die Gründe für diesen Entschluss waren pragmatisch: Das Unwetter wurde mit jeder Minute, in der sie sich miteinander unterhielten, schlimmer. Gerade Doflamingo, der es nicht gewohnt war, sich bei solchen Witterungsverhältnissen in seiner menschlichen Gestalt draußen aufzuhalten, konnte die unangenehme Kälte und Nässe auf seiner Haut spüren. Da wollte er sich gar nicht ausmalen, wie miserabel es dem verletzten und erschöpften Kater zu seinen Füßen gehen mochte, der sich schließlich schon seit Stunden unter diesen Verhältnissen völlig schutzlos draußen umhertrieb. Er war sich sicher, dass, wenn er ihn nicht rasch in seine trockene und warme Höhle verfrachtete, dieser sehr bald sterben würde. Eine Situation, die er gerne vermeiden wollte. „Lieber wähle ich den Tod“, murmelte der Kater trotzig, doch ohne den Blick mit seinem Gegenüber zu kreuzen. „Es ist mir ganz egal, was du wählst“, erwiderte Doflamingo kurzerhand und griff ohne zu Zögern nach dem Körper des frierenden Mannes. „Ich werde dich hier nicht sterben lassen. Dafür habe ich dich längst viel zu sehr in mein Herz geschlossen. Du musst auch nicht laufen, wenn du keine Kraft mehr dazu hast. Ich trage dich. Komm schon!“ Leider erwies sich der fremde Kater als überaus widerspenstig und widerstandsfähig: Er ließ nicht zu, dass Doflamingo ihn aus seinem engen und unkomfortablen Unterschlupf hervorholte, sondern hielt sich sogar noch mit letzter Anstrengung an den Ästen der Brombeersträucher fest. „Das kann doch wohl nicht wahr sein!“, meinte Doflamingo gleichzeitig beeindruckt und verständnislos angesichts dieser stolzen Trotzreaktion. „Bist du denn nicht schon verletzt genug, du Idiot? Diese Äste haben Dornen! Du reißt dir bloß die Haut an den Händen auf und tust dir selbst weh!“ Da Worte auf diesen sturen Kater keinen Einfluss zu haben schienen, sah Doflamingo sich dazu genötigt, härtere Mittel anzuwenden: Er verpasste dem sich noch immer wehrenden Gestaltenwandler schließlich einen gezielten Schlag gegen die Schläfe, der ihn augenblicklich bewusstlos werden ließ und somit ruhig stellte; die Fäuste, die sich dem Schmerz zum Trotz um die Äste der Dornenbüsche gekrallt hatten, lockerten und öffneten sich. Doflamingo seufzte. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, Gewalt gegen den Kater, der ihm so gut gefiel, anzuwenden, doch in dieser Situation stellte der Schlag gegen den Kopf wohl das geringere Übel dar. Immerhin hatte er ihm nur zu seinem eigenen Besten wehgetan. Er hätte es nämlich niemals zugelassen, dass der junge Mann heute Nacht unter diesem Dornenstrauch den Tod fand. Nun da Doflamingo mit dem störrischen Kater fertig geworden war und kein Diskussionsbedarf mehr bestand, handelte er schleunigst, denn er wusste, dass er den Verletzten so schnell wie nur möglich in Sicherheit bringen musste. Rasch nahm Doflamingo wieder die Gestalt seines Tiergeistes an. Er packte den durchnässten und völlig lädierten Kater mit seinen Zähnen vorsichtig am Nacken, ehe er sich in seinem schnellsten Lauftempo auf den Weg zurück zu seiner Höhle machte. ~ Mit einem skeptischen und (auch wenn er es niemals zugegeben hätte) furchtsamen Blick musterte Crocodile den Wolf, der derzeit seine menschliche Gestalt angenommen hatte und außerdem in schallendes Gelächter ausgebrochen war. "Vorsicht", meinte der andere Gestaltenwandler mit einem neckischen Grinsen, als er sich wieder gefangen hatte. "Du bist schon verletzt genug. Es wäre ungünstig, wenn du dir jetzt auch noch deine Beine brichst. Eigentlich bin ich ja davon überzeugt gewesen, dass Katzen elegante und anmutige Tiere sind, aber ich habe wohl ein recht ungeschicktes Exemplar erwischt." "Du bist es", gab Crocodile mit zu Schlitzen verengten Augen zurück und bemühte sich darum, die Beleidigung einfach nicht ernst zu nehmen. (Auszug aus dem ersten Kapitel) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)