Schmerzliche Wahrheit von Lilithen ================================================================================ Kapitel 11: Geschenk mit Folgen ------------------------------- Die warme Tasse in seiner Hand fühlte sich gut an und der angenehme Duft von Pfefferminz beruhigte seinen angeschlagenen Magen. Trotzdem fühlte sich Sasuke unbehaglich, während er auf dem weichen Sofa saß. Naruto saß ihm gegenüber und musterte ihn still, aber das war nicht der Grund für sein Unwohlsein. Es lag viel mehr an dem kleinen Eisbeutel, den der Blonde sich dabei an seinen Kiefer hielt. Sasuke hatte dem Blauäugigen eine verpasst. Zugegeben, es war nicht seine Absicht gewesen und der Uzumaki schien ihm auch nicht böse zu sein, trotzdem fühlte er sich deswegen schlecht. Er sollte sich entschuldigen, er wollte sich entschuldigen, aber es ging nicht. So sehr der Schwarzhaarige es auch versuchte, sein Mund gehorchte ihm nicht. Abgeschlagen nahm er einen kleinen Schluck Tee. Sofort breitete sich eine angenehme Wärme in seinem Inneren aus und verdrängte die mittlerweile schwache Übelkeit noch ein Stück mehr. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er endlich den Blick von seinem Besten Freund nehmen konnte. Müde sah er in seine Tasse. „Sasuke“, fing der Blondschopf an, „Was war das?“ Die Frage wühlte Sasuke auf, lähmte ihn, er konnte nichts sagen. Er konnte Naruto nicht sagen, was er geträumt hatte, das ging einfach nicht. „In einem Moment schläfst du tief und fest und dann-, ich meine, dann-, scheiße“, unruhig rutschte der Uzumaki auf dem Sessel hin und her, fuhr sich wahrscheinlich sogar resigniert durch die Haare, „Ich wollte dich nur wachrütteln und dann hast du mir schon eine verpasst.“ Das wusste er, soviel hatte sein kaputter Kopf ihn auch schon verstehen lassen. „Es tut mir leid.“ Die leeren Worte brannten in seiner Kehler. Schlagartig hörten die unruhigen Bewegung im Sessel auf, verständlich. Wenn Sasuke nicht so verdammt müde wäre, würde ihn seine Stimme wahrscheinlich selber beunruhigen. „Sasuke-“, kurz wurde der Blondschopf still, schien mit sich zu hadern. Ich gehe jetzt, beendete der Schwarzhaarige den Satz still für sich. Es wäre fair. Mehr als das, es wäre vollkommen verständlich. Er selbst würde gehen, wenn er könnte. Sasuke konnte seinem Freund nicht einmal böse sein. Der Blonde hatte schon so viel getan, ohne irgendetwas dafür zu erwarten. Nicht einmal Antworten, Erklärungen zu irgendetwas hatte der Uzumaki je bekommen und doch war er geblieben. Bei ihm. Bei Sasuke, dem wohl schlechtesten Freund aller Zeiten. Der Stich durch seine tauben Glieder blieb aus, als der Ältere aufstand und anscheinend nach seiner Tasche griff. Da war rein gar nichts, was sich in Sasuke regte. Nur das beklemmende Gefühl der Leere. Selbst als Naruto anfing in dem Inhalt herumzukramen, anstatt einfach zu verschwinden. Nur zu deutlich hörte er das triumphierendes Schnauben des anderen, aber er sah nicht hin. Noch immer konnte er nur ausdruckslos in seine Tasse starren. Fest schlossen sich seine schmalen Finger um das warme Porzellan, als der Blondschopf vor ihm in die Hocke ging. Breit wurde er angegrinst und so sehr Sasuke auch wusste, dass es falsch war, es war ihm egal. Alles war ihm egal, obwohl es das nicht sollte. Nichts hiervon sollte ihm gleichgültig sein. Diese Freude. Dieses Überspielen von dem was gewesen war. Sasuke sollte es interessieren, weil Naruto es für ihn tat – schon wieder. „Ich weiß, Weihnachten ist vorbei und so, aber na ja, ich finde trotzdem, dass du was verdient hast.“ Langsam richtete Sasuke seinen Blick wieder auf und sah ausdruckslos in das Gesicht seines Freundes. Er fühlte sich noch immer leer, trotzdem bemühte er sich. Für Naruto. „Keine Sorge, ich hab kein Geld ausgegeben“, verlegen lachte der Uzumaki, „Du musst mir aber trotzdem versprechen, dass du nicht ausflippst.“ Träge blinzelte Sasuke. „Keine Sorge, es ist nichts passiert. Trotzdem würde es mich beruhigen, wenn du die Tasse wegstellen könntest.“ Kurz sah er zu dem flachen Päckchen in Narutos Händen. Er versuchte die Worte zu verarbeiten. Irgendwie fiel ihm das schwer. Es lag weniger an Naruto, sondern eher an seinem eigenen Verstand. Viel zu langsam sickerte die Bitte zu ihm durch. Was hatte der Blonde jetzt schon wieder angestellt? Sasuke bezweifelte stark, dass es ihm gefallen würde, trotzdem kam er der Bitte nach und stellte die Tasse auf den kleinen Beistelltisch. Mit einem verspielt dankbaren Ausdruck im Gesicht, wurde ihm das eingepackte Geschenk auf den Schoß gelegt. Langsam fuhr er mit den Fingern über das glatte Papier. Es war leicht und für Narutos Verhältnisse sogar ordentlich verpackt. Sasuke würde Lügen, wenn er behaupten würde, dass er Vorfreude empfand. Er hatte noch nie sonderlich viel für Geschenke übrig gehabt, trotzdem wurde ihm warm. Ein letztes Mal sah er in das erwartungsvolle Gesicht des Blonden, ehe er sich ans Auspacken machte. Sasuke war müde und hatte wirklich keine große Lust auf Geschenke, aber er bemühte sich weiterhin. Langsam verschwand das Papier und die erste Ecke einer ziemlich mitgenommen Hülle kam zum Vorschein. Sasuke kannte sie, er kannte sie nur zu gut. Trotzdem hoffte er, dass er sich irrte. Er musste sich einfach irren. Nicht einmal Naruto konnte so ein Idiot sein. Lange redetet Sasuke sich das ein, bevor er sich überwinden konnte die untere Ecke zu fassen und das Plattencover aufzuschlagen. Sofort fiel ihm das Foto ins Auge, danach seine eigenen Handschrift Verschwunden war das Nichts in seinem Inneren und während er die Schallplatte festhielt, fragte er sich, ob er Naruto damit eins überziehen sollte. „Bist du wahnsinnig?“, hauchte er. „Ich finde, du hättest sie mitnehmen sollen.“ Wütend fuhr er mit dem Kopf hoch, registrierte mit Genugtuung, dass sein Gegenüber leicht zusammenzuckte. Oh ja, auch wenn es unsagbar an seinen Kraftreserven zerrte, Sasuke war wütend. Nicht wegen der Worte, oder wegen der sanften Tonlage, die schon fast an Mitleid grenzte, sondern weil er wusste, was dieses Geschenk bedeutete. „Und deshalb spazierst du in mein Zimmer und holst sie?“ Die Stimme des Schwarzhaarige klang noch immer brüchig, aber das war momentan nicht von Bedeutung. Nicht für ihn. Dieser gottverdammte Idiot war bei ihm Zuhause gewesen. „Ich bin durchs Fenster gestiegen. Mich hat keiner gesehen, echt jetzt“, versuchte der Uzumaki sich zu verteidigen. „Du Vollidiot.“ Sasuke wollte ihn anschreien, aber es ging einfach nicht, „Hast du auch nur die geringste Ahnung was hätte passieren können? Hast du jetzt auch noch deine letzten, verkümmerten Gehirnzellen verloren?“ „Du flippst aus“, kommentierte sein zurückgebliebener Freund bloß. Er sollte aufspringen und dem Blonden eine verpassen. Definitiv sollte er das. Stattdessen lachte er nur freudlos auf. Naruto hatte es doch gesehen. Dieser Schwachkopf hatte doch gesehen, wie sein Vater ihn zugerichtete hatte. Egal wie zuwider es dem Uchiha war, dass Naruto es wusste, der Idiot tat es nun einmal. Sogar Jiraiya hatte es gesehen. Ein weiteres Mal lachte er. Welcher rational denkende Mensch lässt sein Mündel bei so jemanden einbrechen? „Du bist wirklich dämlich.“ Seine Stimme brach in der letzten Silbe. „Wahrscheinlich, aber das war es mir wert.“ Noch immer pulsierte die Wut in ihm, aber der Uchiha musste resigniert feststellen, dass es ihm nicht gelang darin aufzugehen. Seine Glieder fühlten sich zentnerschwer an, trotzdem schaffte er es sich die Schläfen zu massieren. Sasuke bekam Kopfschmerzen. Großartig. „Und was hättest du gemacht, wenn er zurück gekommen wäre?“, fuhr Sasuke den Blonden ausgelaugt an. „Dann wäre ich wieder abgehauen?“ Fassungslos strich der Jüngere sich durchs Haar. „Warum zur Hölle tust du so was bescheuertes?“ Kurz war es Still. Der Blonde zögerte, schien zu überlegen, ob er darauf wirklich antworten sollte. Wahrscheinlich ihm zu liebe und auch wenn der Uchiha das verstand, löste es nichts in ihm aus. Da war nur Fassungslosigkeit und Schwere. Sasuke wollte kein Gespräch führen. Eigentlich wollte er gar nichts, außer schlafen und am Besten nicht mehr aufwachen. Erneut drehte sich sein Magen um. Er sollte so etwas nicht denken, so war er nicht. Nicht desto weniger, war seine aufkeimende Übelkeit der einzige Widerstand, den er zustande brachte. „Du hast nicht mal deine Tasche selber gepackt, als du-, als wir an dem Abend abgehauen sind. Ich weiß, dass du ihn wahrscheinlich immer noch hasst und das ist dein gutes Recht, aber du hast nichts mehr von Itachi. Nichts. Weil du das so wolltest. Nur das“, energisch zeigte der Blauäugige auf das Vinyl, „Du bist damals in Itachis Zimmer gegangen, freiwillig, um das zu holen. Also erzähl mir nicht, dass dir das nichts bedeutet.“ Abermals sah er auf die Schallplatte. Naruto hatte recht, sie bedeutete ihm etwas. Hatte ihm zumindest einmal etwas bedeutet. Mehr als das sogar, aber das war nicht der Punkt. Naruto war einfach bei ihm eingestiegen. In das Haus seines Vaters. „Sas-“ „Komm mir bloß nicht mit Sas“, unterbrach er den Anderen, „Du hast keine Ahnung was er mit dir gemacht hätte, wenn-.“, er schaffte es nicht den Satz zu beenden. „Doch. Ich weiß es und du weißt, dass ich es weiß.“ Augenblicklich versteifte der Schwarzhaarige sich. Er wollte diese Art von Gespräch nicht. Nicht jetzt, nicht mit Naruto. „Hör' auf, Naruto“, bat er heiser, aber sein Gegenüber ignorierte ihn. „Ich weiß auch, dass dich das wahnsinnig macht. Weil du es hasst zu reden, besonders über Dinge die dir unangenehm sind.“ Sanft legte der Uzumaki ihm eine Hand auf das Knie. Sasuke versuchte sie wegzuschieben, ohne Erfolg. „Hör' auf“, bat er ein weiteres Mal brüchig. „Nein, Sas. Zumindest einer von uns sollte was sagen.“ Deutlich hörte er seinen Gegenüber Schlucken. Nein, schrie es in seinem Kopf. Sasuke wollte das nicht, aber er konnte sich einfach nicht bewegen. Wie festgewachsen verweilte er auf der Couch. Naruto vor ihm. Sasuke schaffte es einfach nicht aufzustehen. Alles was ihm gelang, war den Blick zu senken. „Ich war wütend auf dich. Ich wusste schon länger, dass irgendwas bei dir nicht stimmt und ich war sauer, dass du nicht mit mir geredet hast. Du bist immer mehr auf Abstand gegangen und ich hab einfach nicht verstanden wieso. Und dann noch deine ständigen Verletzungen vom Sport. Du hasst Sport, Sas. Es war nicht schwer zu verstehen, dass du mich anlügst und das hat richtig wehgetan.“ Sanft drückte der Blondschopf Sasukes Knie, ehe er sich aus der Hocke löste und sich neben ihn auf die Couch fallen lies. Der Jüngere ließ es einfach zu. „Als Jiraiya nach Hause kam und mir gesagt hat, dass Fugaku betrunken aus der Kneipe geflogen ist, war ich wütend. Du warst nicht mit ihm weggefahren. Gott war ich wütend“, kurz stockte der Blauäugig und lachte freudlos auf, „ Also bin ich zu dir. Ich wollte dir sage was für ein Arsch du bist, aber ich war kaum an der Auffahrt, da hab ich schon gehört wie dein Vater rumgebrüllt hat, weil du nicht Zuhause warst. Ich stand draußen und hab jedes verdammte Wort verstanden, jede Beleidigung. Und als ich dann auf dem Friedhof dein Gesicht gesehen hab, deinen Hals und wie du krampfhaft versucht hast mich auf Abstand zu halten-“, ein weiteres Mal geriet der Blauäugige ins Stocken. „Ich hatte recht, nichts war in Ordnung. Trotzdem bist du wieder nach Hause gegangen und ich Idiot hab gewartet. Weißt du warum? Weil ich erwachsen handeln wollte und nicht Hals über Kopf, so wie sonst immer.“ Fest biss der Uchiha sich auf die Unterlippe. Er wollte das nicht hören, trotzdem tat er es. Vielleicht für Naruto, vielleicht aber auch für sich selbst. „Ich hatte ein ungutes Gefühl. So stark, dass ich nicht einschlafen konnte. Verdammt, du weißt, dass ich eigentlich immer schlafen kann, Sas. Ich hab Jiraiya davon erzählt und er meinte, dass ich nachsehen sollte. Ich bin nicht von selbst gekommen, verstehst du? Er hat mich geschickt.“ Narutos Stimme versagte und als der Schwarzhaarige den Mut fasste ihn anzusehen, versteifte er sich noch mehr. Der sonst so fröhliche Idiot war ernst und die blauen Irden glänzten verräterisch. Sasuke wollte das nicht. Von allen Dingen war das das letzte, was er jemals gewollt hatte. „Hör' auf, Naruto“, versuchte er es erneut, aber auch dieses Mal wurde seine Bitte einfach übergangen. „Mein schlechtes Gefühl wurde immer schlimmer und als ich ankam dachte ich, dass ich gleich kotzen müsste.“ Fahrig fuhr der Uzumaki sich über die Augen. „Ich hab den Ersatzschlüssel genommen und bin rein. Als ich die Verwüstung gesehen hab konnte ich nur noch rennen. So schnell ich konnte bin ich gerannt. Zu dir. Und du hast da gehockt, nur in der Decke und das Bett-“ Sasuke wurde schlecht. Er wollte das nicht mehr. Nicht hören, nicht daran denken. Der Schwarzhaarige war kurz davor sich die Ohren zuzuhalten, aber es ging nicht. Er war wie betäubt. „Und dein Gesicht, die ganzen blauen Flecken, du warst so-, so-, du warst weg. Nicht körperlich, aber du warst weg.“ Abermals wischte sich der Blondschopf über die Augen. „Rein gar nichts war gut, trotzdem hast du nicht um Hilfe gebeten. Du wolltest mich weg schicken. Weg aus dem Haus, weg von dir, weg von deinem Vater. Du hast versucht mich von ihm wegzubringen. Aber wie hätte ich gehen können? Also habe ich einfach deine Sachen gepackt und bin mit dir abgehauen. Du konntest nichts mitnehmen. “ Tief holte der Ältere Luft und als er sich danach zu Sasuke umdrehte, wäre dieser beinahe erschrocken zusammengezuckt. Naruto Augen waren rot und ein entschuldigendes Lächeln lag auf seinen Lippen. Das war falsch. So sollte Naruto nicht sein. Nicht wegen ihm. „Ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Ich hab deinen Vater doch gehört und ich hab dich gesehen. Wir kennen uns schon ewig, trotzdem musste mich Jiraiya erst schicken. Wenn ich eher gekommen wäre, dann...verstehst du? Also ja, ich bin ein gottverdammter Vollidiot.“ Lange war es zwischen ihnen still. Kein Wort, nur dieser intensive Blick, von dem Sasuke ein seltsames Kribbeln auf der Haut bekam. Immer intensiver, aber keineswegs unangenehm. „Das ist nicht deine Schuld, Naruto.“ Nur ein Flüstern, weil sich alles andere einfach falsch anfühlte im Moment. „Deine auch nicht, auch wenn du das vielleicht anders siehst.“ Naruto hatte recht, Sasuke war anderer Meinung. Wie konnte es nicht seine Schuld sein? Jeder war seines Glückes Schmied. So war es schon immer und der Schwarzhaarige war da keine Ausnahme, aber das sprach er nicht aus. Er wollte denn Blonden nicht noch mehr die Laune verderben. Dieser ganze Abend war eine einzige Katastrophe. Er hatte sich die ganze Zeit über so bemüht den blonden Chaoten raus zuhalten und ihn nicht zu belasten, dabei war es schon zu spät – und das fühlte sich einfach schrecklich an. Sasuke wollte das nicht. So seltsam es sich auch anhörte, er wollte einfach nur den völlig aufgedrehten und breit grinsenden Naruto zurück. Vielleicht würde er das aber nicht mehr. Zumindest nicht, wenn er einfach weitermachte wie bisher. So gut wie möglich kratzte der Schwarzhaarige die Reste seiner selbst zusammen. Verbissen ignorierte er dabei das Gefühl des stille Chaos und die Stimme in seinen Gedanken, die ihm verhöhnend mitteilte, dass es sinnlos war. Er glaubte ihr nicht. Es war nicht sinnlos. Für ihn selbst, ja, vielleicht. Nicht aber für Naruto. Sasuke hatte den Blonden weggestoßen, immer und immer wieder, aber es hatte rein gar nichts gebracht. Fest umklammerte er die aufgeschlagenen Hülle der Schallplatte. Er war keinen Deut besser als Itachi und das musste aufhören. Er wollte nicht so sein wie sein Bruder. Naruto war nicht gegangen, niemals. Es war dem Schwarzhaarigen egal, dass Jiraiya ihn angeblich geschickt hatte. Das spielte keine Rolle. Denn es war der Blondschopf der hier war. Genau neben ihm. Naruto verschwand nicht einfach – und Sasuke würde es auch nicht. Einfach, weil er diese Geste erwidern wollte. Vielleicht war er selbst auch ein Idiot. Damit konnte er umgehen. Nicht aber damit, dass er so war wie Itachi. Feige und nichtssagend. Einfach verschwinden, ohne etwas zu erklären. Niemals würde er in diese Fußstapfen treten, ganz egal wie laut etwas in ihm danach verlangte. Fest biss er die Zähne zusammen. Nur am Rande nahm er das Knallen der Feuerwerkskörper und die gedämpften Jubelschreie von draußen wahr. Das neue Jahr war da. Irgendwie wirkte sein Vorhaben kitschig vor dieser Kulisse, dennoch drehte er sich zu Naruto. Aus der Taubheit in seinen Gliedern wurde Schmerz. Nicht annähernd so schlimm wie direkt nach seinem Alptraum, aber der Blick seines besten Freundes half ihm. Die blauen Augen setzte ihn nicht wieder zusammen, aber das war okay, denn sie hielten zumindest das von Sasuke beieinander, was er mühevoll zusammenkratzen konnte. Für den Moment reichte es. Sasuke wollte nicht sein wie Itachi. Also erzählte er Naruto von der Vereinbarung mit dem Schulleiter, von Sasori und auch von den drei Chaoten mit denen er sich von nun an herumschlangen musste. Es fiel ihm schwer, tat weh, aber Naruto drängte ihn nicht. Der Uzumaki hörte einfach nur aufmerksam zu und gab ihm die Zeit die er brauchte. Auch, als er ihm erzählte, dass er seinen Vater getroffen hatte. Naruto hörte zu und nahm nicht ein einziges Mal den Blick von ihm. Selbst als der Uchiha nach unten sah, zurück zu dem Geschenk, konnte er spüren, wie Naruto ihn weiter beobachtete. „Die Schallplatte war ein Geschenk an Itachi. Es sind Klavierstücke von seinem Lieblingskomponisten“, behutsam strich er mit den Fingern über die lachenden Gesichter von sich und seinem Bruder, „Wir waren vor Jahren im Konzerthaus, weil die Stücke dort gespielt wurden. Er war so begeistert davon. Du hättest ihn danach sehen sollen. Ich hab so ziemlich jeden Laden in der Stadt abgesucht, bis ich die Platte gefunden habe.“ Ein unangenehmer Kloß bildete sich in seinem Hals, aber er schluckte ihn einfach hinunter. „Muzio Clementi ist nicht gerade Beethoven. Eine Aufnahme von seinen Stücken zu finden hat mich Monate gekostet, aber das war es wert. Er hat sich so gefreut, Naruto. Jeden Tag hat er die Stücke gehört, jeden verdammten Tag.“ Sasukes Augen brannten, es war ihm egal. Er hatte heute schon das Gefühl gehabt zu sterben, also was machte es für einen Unterschied? „Er hat sie nicht mitgenommen. Er ist einfach abgehauen und hat sie nicht mitgenommen. Es ist lächerlich, dass ich sie aufbewahre, aber ich kann nicht anders. Jedes Mal, wenn ich sie ansehe erinnere ich mich daran, dass er sie jeden Tag gehört hat. Das ist so lächerlich.“ Die ersten Tropfen fielen auf die Pappe. Kurz schüttelte er mit dem Kopf und war froh, dass Naruto noch immer schwieg. Mit einem tiefen Atemzug wappnete der Schwarzhaarige sich für seine nächste Aussage. Ein Eingeständnis. Eines, das er nicht einmal Sasori verraten hatte, obwohl ihm die Meinung des Psychologen egal war. Ganz anders als die von Naruto. Vielleicht lag es daran, dass er einfach nur müde war, oder aber an der Tatsache, dass seine Mauer ohnehin nur noch in kümmerlichen Trümmern lag. Wer wusste das schon? Und wer hatte schon das Recht darüber zu Urteilen? „Ich bin immer noch irgendwie weg, Naruto.“ Das breite Lächeln, welches er daraufhin bekam, wirkte so befreiend auf ihn. „Kein Problem, das kriegen wir wieder hin, irgendwann, echt jetzt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)