Rise of the Titans von Raija ================================================================================ Kapitel 21: Überraschung ------------------------ Kapitel 22 - Überraschung Müde rieb ich mir die geröteten Augen. Sobald ich schlief, brachen Erinnerungen, schöne wie schlechte, auf mich ein. So wie der letzte Traum, von meinem gescheitertem Versuch einen Kuchen zu backen. Trotz der Hirnblutung, die ich durch meinen Sturz erlitten hatte, hatte mein Kopf keine weiteren Schäden, abgesehen von Schürfwunden und blauen Flecken, abbekommen. Doch träumte ich seitdem sehr intensiv. An manchen Tagen hatte ich nach dem Aufwachen Probleme zu unterscheiden, ob ich vorher geträumt hatte oder doch in diesem Moment träumte. Glücklicherweise fiel es mir mit jedem Mal leichter die Realität zu erkennen. Noch immer dröhne mein Kopf, wie nach einem 4 Tage Festival. Genervt tastete ich nach den Krücken neben meinem Bett. Mit diesen hinkte ich ins Bad, wo ich mich auf einen Hocker vor dem Waschbecken plumpsen ließ. Nun schmerzte mein gebrochenes Bein zusätzlich zu meinem Kopf. Ich griff nach dem Döschen mit dem Analgetikum, schüttelte zwei Tabletten hinaus und schluckte sie. Langsam hievte ich mich auf, um einen Schluck nach zutrinken. Während ich auf die Wirkung der Tabletten wartete, musterte ich mein Spiegelbild. Das blaue Auge in meinem blassen Gesicht war nicht das auffälligste Merkmal. Am Meisten stach die rasierte Fläche an meiner linken Kopfseite, welche durch eine lange, gerötete Wundnaht geziert wurde. Vorsichtig berührte ich diese mit den Fingerspitzen, was höllisch schmerzte. Ich ließ die Hand sinken und schob die Unterlippe vor. Die Schmerzen waren nicht mal das Schlimmste, sondern trauerte ich mehr um meine langen Haare, die wegrasiert waren, raus. Ich ließ mich wieder auf den Hocker fallen und verdrückte ein paar Tränen, als plötzlich die Zimmertür geöffnet wurde. „Ivory?“ „Im Bad“, informierte ich meinen Besucher. Petra steckte ihren Kopf ins Badezimmer und lächelte mich an. Allerdings verblasste ihr Lächeln schnell, als sie mich sah. „Du siehst ja aus wie ein Häufchen Elend“, stellte sie fest, während sie sich in den Raum schob. Sie machte einen großen Schritt, hockte sich neben mich und nahm mich in den Arm. „Was ist denn los?“ „Meine Haare“, jammerte ich. „Ist das dein Ernst?“ Sie blickte mich ungläubig an. „Ivory, du hast ein dreifach gebrochenes Bein und wie viele gebrochene Rippen?“ „Zwei.“ „Und zwei gebrochene Rippen, abgesehen von der Hirnblutung, die du hattest. Hast du keine anderen Probleme als deine Haare?“ Ich legte das Gesicht in die Hände. Petra hatte ja Recht, doch war ich mit der Situation überfordert und total aufgewühlt. Eine warme Hand strich mir sanft über den Rücken. Müde hob ich den Kopf und sah Petra in die Augen. „Wie wäre es mit einer modischen Kurzhaarfrisur?“, fragte sie, wobei sie nicht mehr so streng dreinschaute, wie bei meinem Anschiss. Irritiert fuhr ich mir durch die Haare. „Ich weiß nicht.“ „Na komm schon, das sieht bestimmt gut aus“, versuchte sie es aufmunternd. Noch zweifelte ich, was Petra bemerkte, jedoch ließ sie mir keine Zeit für Bedenken. „Ich schneide sie dir jetzt“, beschloss sie ganz einfach und kramte eine Schere hervor. Ich machte mir erst gar nicht die Mühe ihr zu widersprechen, denn sie würde sowieso ihren Kopf durchsetzen. Also ergab ich mich meinem Schicksal und blinzelte die Tränen weg, als die ersten langen Strähnen auf dem Boden landeten. Einige Zeit später stand ich vor dem Spiegel und betrachtete meine neue Frisur. Am Hinterkopf war sie recht kurz gehalten, wurde nach vorne hin länger. Der Pony reichte mir ungefähr bis zum Kinn. Petra hatte mir eine fesche Kurzhaarfrisur hingezaubert, bei der die ausrasierte Stelle wie ein etwas großzügig geschnittener Sidecut aussah, sobald der erste Flaum sich bilden würde. „Da wird Levi aber Augen machen, wenn er dich das nächste Mal besucht“, meinte Petra breit grinsend. Mein Gesichtsausdruck verfinstere sich. Es dauerte einen Augenblick bis Petra verstand. „Oh nein, er war noch gar nicht bei dir?“ Leicht nickte ich, wobei ich den Kopf von ihr abwandte. Tröstend strich Petra mir über den Rücken. Die Stille zwischen uns war erdrückend. Bevor ich wieder zu heulen begann, griff ich nach meinen Krücken und begab ich ins Nebenzimmer. Petra half mir zurück ins Bett, zog sich einen Stuhl an dessen Seite und nahm Platz. „Er ist bestimmt beschäftigt“, nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart. Petra, die es besser wusste als ich, nahm meine Hände in ihre und drückte diese sanft. Sie setzte zum Sprechen an, da wurde unangekündigt die Tür aufgerissen. Im Türrahmen stand Levi. Mein Herz machte einen gewaltigen Hüpfer und ein riesiger Stein fiel davon ab. Er betrat das Zimmer und ich konnte seine Überraschung über mein Äußeres deutlich erkennen, weshalb ich verlegen an meinen Hinterkopf fasste. Jedoch hatte er sich schnell wieder gefangen und stellte sich an das Fußende meines Bettes. Mit freudiger Erwartung sah ich ihm entgegen, bis ich den neuen Ausdruck in seinen Augen wahrnahm. All die Liebe war aus ihnen verschwunden. Es war, als wäre ich eine Fremde für ihn. Eine furchtbare Vorahnung ergriff mich und abermals brannten meine Augen verräterisch. Levi schenkte Petra einen kurzen Seitenblick, ehe er sprach. „Erwin hat deinen Antrag auf deine Rückkehr nach Hause genehmigt“, sagte er monoton. Verwirrt sah ich ihn an. „Aber ich habe doch gar keinen Antrag gestellt.“ Noch immer zeigte Levi keine Gefühlsregung, während er mich unentwegt anstarrte. Tränen sammelten sich in meinen Augen und drohten überzulaufen. „Sobald du reisefähig bist, geht es los.“ Ungläubig ließ ich den Mund offen stehen. Wie konnte er das nur? War ich ihm so egal? Wieso tat er das? Wollte er mich los werden? Anders konnte ich es mir nicht erklären. „Du schickst mich weg“, sprach ich meine Gedanken laut aus. Petra übte erneut leichten Druck auf meine Hände aus, anscheinen wollte sie mich beruhigen. Ich befreite meine Hände aus ihrem Griff. „Willst du mich denn los werden?“, fragte ich ihn gerade heraus ins Gesicht. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, als er mir nicht antwortete. Vor Zorn und Enttäuschung zitterte mein gesamter Körper und die Tränen rannTen nun unablässig über meine Wangen. Vorsichtig legte Petra eine Hand auf meine Schulter. Damit Levi nicht weiter meine Tränen sah, blickte ich aus dem Fenster. „Petra, ab auf`s Trainingsfeld“, befahl Levi, während er sich auf die Tür zubewegte. „Einen Moment noch“, sagte sie und wandte sich mir zu. „Sofort“, gab er ihr zu verstehen. „Jawohl, Sir“, bestätigte sie, ehe sie mir noch einmal über den Kopf strich und das Zimmer verließ. Levi stand noch einen Augenblick im Türrahmen und sah zu mir herüber. Er atmete noch einmal schwer durch, ehe er den Raum verließ. Seit dem sah ich ihn nicht noch ein Mal. Einige Wochen später war es soweit. Die Ärzte erklärten meinen Zustand als stabil und meinten, dass ich keine bleibenden Schäden davongetragen hätte. Lediglich mein Bein musste noch verheilen. Nach einigem Papierkram und einem Gespräch mit Erwin, der mich ausdrücklich an meine Schweigepflicht erinnerte, wurde ich, von einem Team begleitet, nach Hause gebracht. Dieses Team war kein anderes als Team Levi. Am Vortag waren wir mit dem Flugzeug in Helsinki gelandet. Heute ging es mit einem Helikopter 300km über den Polarkreis zu meinem Heim. Während dem Flug blickte ich aus dem Fenster, besah mir die Landschaft unter uns. Zwischen den großen alten Bäumen lagen immer wieder riesige Seen, deren Oberfläche in der Sonne glitzerten. Nun, da ich das Land aus der Luft sah, verstand ich, warum Finnland das Land der Seen genannt wurde. Es war erstaunlich, wie sehr sich die Landschaft verändert hatte, seit ich das letzte Mal zu Hause war. Als ich abgereist war, um meinen Vater aus der Haft zu holen, lag haufenweise Schnee und es war bitterkalt. Nun war der Sommer eingezogen, alles war grün und blühte. Neben den Blumen waren ebenso die Moskitos zurückgekehrt. „Wir setzen bald zu Landung an“, erklang die Stimme von Erd, welcher den Helikopter steuerte, durch das Headset. Ich richtete meinen Blick nach vorne, wo er an Levi, der mir gegenüber saß, hängen blieb. Nüchtern sahen wir uns an, ehe ich wieder aus dem Fenster sah. Wir landeten nicht weit von meinem Haus entfernt. Noch immer auf Krücken gestützt hinkte ich auf dieses zu. Dabei begleitete mich das Bellen meiner Hunde, die sich zum Einen freuten mich zu sehen, zum Anderen durch die Geräusche des Helikopters verunsichert waren. Levi folgte mir und trug meinen Koffer für mich. Kurz bevor ich die Veranda erreicht hatte, schwang die Haustür auf. Sarah, die ich bei meinen Hunden zurückgelassen hatte, trat hinaus. Ich hatte sie informiert, dass ich an diesem Tag ankommen würde, hatte jedoch keinen Grund für meine Rückkehr genannt. In ihren Händen hielt sie eine Torte, auf der einige Kerzen brannten. „Herzlichen Glückwunsch zum Gebur-“, sie unterbrach sich, als sie mich auf Krücken sah. Levi neben mir entglitten alle Gesichtszüge. Geschockt sah er mich an, woraufhin ich das Kinn in die Höhe reckte. Ja Levi, du hast dir einen guten Tag ausgesucht, um mich abzuservieren. Ich mühte mich die Treppen hinauf. Neben Sarah blieb ich stehen und sah auf meine Geburtstagstorte. „Danke Sarah. Gib dem Captain doch den Kuchen, vielleicht erstickt er ja dran“, sagte ich kühl, ehe ich weiter zur Haustür humpelte. Irritiert sah meine Angestellte zwischen Levi und mir hin und her. Dieser gab ein Geräusch der Verachtung von sich. „Pass auf, dass du deine Worte später einmal nicht bereust“, knurrte er, machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück zu seinem Trupp. Im Hausflur angekommen hörte ich, wie der Helikopter gestartet wurde. Sarah hatte meinen Koffer hineingebracht und schloss die Tür hinter mir, als eine meiner Krücken lautstark auf den Boden knallte. Erschrocken fuhr sie herum. „Ivory?“, fragte sie unsicher. Ich hatte mir eine Hand vor den Mund gelegt, um die Schluchzer, die meinen Körper schüttelten, zu unterdrücken, während die Tränen unaufhaltsam über meine Wangen kullerten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)