Die Herrin der Dämonen von XdramaX (Sesshoumaru X ?) ================================================================================ Kapitel 6: Saranas Irrtümer --------------------------- Schweigend stand Kuraiko abends am Fenster im Salon und sah durch die hohen Scheiben der Türen hinauf auf die Terrasse. Draußen schien die Welt durch den Monsunregen unterzugehen. Nachdenklich folgte sie zwei verirrten Blättern mit den Augen, wie sie davon geschwemmt wurden... Sie hatte Sesshoumaru den gesamten restlichen Tag nicht mehr gesehen, was nur eines bedeuten konnte: Er befand ich noch immer in der Zwischenebene. Ansonsten wäre er an ihr vorbei gekommen. Tonlos atmete sie schwer ein und aus. Warum ließ er sie nicht einfach zufrieden. Unglücklich schloss sie die Augen und senkte den Kopf. Was hatte sie sich da nur angelacht. Erst die Dämonen, dann der Handel mit Sesshoumaru... Sie verstand, warum er auf ihn bestand. Aber gab es nicht vielleicht soetwas wie eine Ausstiegsklausel? Warum konnte er nicht einfach froh darüber sein, dass er kein Privileg verlieren würde... Er sollte sie lediglich zufrieden lassen. Und irgendwo hatte sie gedacht, dass ihn das freuen würde, immerhin hätte er dann nicht mehr einen Menschen schwängern müssen. Sie wollte ihn loswerden, wusste nur nicht wie. Und abgesehen davon spürte sie, wie ihr schwer ums Herz wurde, wenn sie daran dachte, dass er bald nicht mehr bei ihr sein würde. Aber sie war sich sicher, dass sie das alles so nicht mehr wollte, nicht aufgrund eines Handels. Die Tür des Salons öffnete sich. Sie sah sich nicht um, sie wusste wer dort kam: Sarana. Sie hatte nach selbstgemachtem Sushi zum Abendessen verlangt und extra um einige Rollen Gunkanmaki-Sushi mit Lachsrogen zusätzlich gebeten. Etwas, das sie überhaupt nicht mochte, aber Sarana liebte. Sie hörte hinter sich Geschirr klappern und wollte sich gerade herum drehen, als sie sich Akaya gegenüber sah. Sarana war tatsächlich auch anwesend, doch deckte noch den Tisch... Für nur eine Person. Kuraiko verlor fast ihren Blick an die Traurigkeit, aber lange nachdenken konnte sie darüber nicht, denn Akaya nutzte die Chance, da sie ihn bemerkt hatte, um das Wort zu erheben. "Herrin", er verneigte sich. "Verzeiht, dass ich Euch damit belästigen muss, doch ich suche unseren Fürsten. Könnt Ihr mir sagen, wo er sich aufhält?" "Er ist in der Zwischenwelt.", erklärte sie desinteressiert und ging einfach an ihm vorbei, ohne ihn weiter zu bachten, und setzte sich an den Tisch. "Wieso, brauchst du ihn?" "Sesshoumaru-sama kontrolliert seit langem einmal am Tag - für gewöhnlich zur Nacht - unser Wachpersonal." "Das kannst du nicht allein?", fragte sie einfach, es klang beinahe wie eine Beleidigung. Sarana sah zu Akaya. Natürlich hörte sie den Vorwurf ebenso heraus wie er. Nur, dass er ihn als Angriff erachtete. Zum Glück sah sie gerade nicht hin, als er die Oberlippe hinaufzog als wolle er die Zähne fletschen. Sarana wusste nicht, was sie machen sollte, um die Situation wieder zu entspannen, hielt lediglich bei dem Decken inne. Kuraiko zog ein Glas heran, dann ließ sie die Arme sinken. "Sesshoumaru!", sagte sie etwas lauter. "Komm her!" Sie wollte ihn nicht sehen, warum wurde sie nun dazu gezwungen, ihn sogar zu rufen? Sie sah angestrengt auf ihren Teller. Ein kurzer Luftzug, dann wusste sie, dass er bei ihr war. Doch sagen tat sie nichts mehr. Sarana sah von Sesshoumaru auf die junge Frau hinab, dann zu ihrem Mann, dem es ganz eindeutig gegen den Strich ging seinen Herrn so zu sehen, wie er gezwungen war auf Kuraiko zu hören. Sesshoumaru allerdings hatte wenig Augen für seine Untertanen. Er hatte beide in nur einer Sekunde angesehen und stand nun dicht hinter Kuraiko, blickte ausdruckslos auf sie hinab. Es war kein Hass oder Arroganz in seinem Blick, er dachte nur tief in Gedanken versunken nach. Also servierte Sarana das Essen weiter, bis er sich plötzlich bewegte. Eine Hand hob sich und streckte sich nach Kuraikos Kopf aus, doch er hielt inne. "Sesshoumaru, Akaya, ihr könnt gehen. Und Akaya, achte darauf, dass dein Herr im Diesseits bleibt. Er geht mir auf die Nerven." Sarana sah erst Kuraiko überrascht an, dann verstand sie die Worte und blickte schockiert zu Sesshoumaru. Allerdings war keine Wut über die Aussage in seinem Gesicht zu sehen, so wie bei Akaya hinter ihm. Es war eher überraschte Fassungslosigkeit... Vielleicht sogar ein wenig Schmerz? Doch so plötzlich, wie er diesen Ausdruck zeigte, so war er wieder weg. Er nahm die Hand runter und verneigte sich - auch wenn sie es gar nicht sah - und ging dann. Akaya sah ihm nach, blickte noch einmal missbilligend auf den Hinterkopf von Kuraiko, als könnte er ihn so in Flammen aufgehen lassen und sah dann ebenso schnaubend zu seiner Frau. Zum Glück war sie rechtzitig wieder zu Verstand gekommen, so dachte er sich. Das Verhalten dieses... Balgs war doch nicht mehr normal! Dann verließ auch er das Zimmer und schloss die Tür hinter sich, obwohl er wusste, dass Sarana auch jeden Augenblick wieder aus dem Salon treten würde. Kuraiko schloss die Augen als sie weg waren und rief sich wieder zur Ordnung. Sie senkte frustriert den Kopf und rieb sich über die Augen. Sie war es so leid, so müde... Warum war sie nur eine Yokokume? Warum nur war der Fluch der Herr über so viele Dämonen zu sein und damit auch über Sesshoumaru auf sie zurück gefallen? Sie hätte alles getan um diesen Umstand loszuwerden. Sarana goss ihr gerade zum Abschluss des Servierens etwas Wasser in ihr Glas und stand dann auf. Nach einer kurzen Verneigung wendete sie sich zum Gehen. Kuraiko sah ihr nach, sah auf all das Essen, von dem Sarana doch wissen müsste, dass sie es niemals allein schaffen würde, ganz zu schweigen von dem Gunkanmaki-Sushi... "Du weißt doch, dass ich das hier nicht esse!", brachte sie über die Lippen. Es war kein agressiver Unterton, keine anklagenden Worte, doch nach dem, was sie gerade gesehen hatte, verstand Sarana es ganz genau so. Sie hatte sich noch nicht zu ihr zurück umgdreht, da nahmen ihre Augen bereits einen stechenden Ausdruck an. Natürlich wusste sie noch, dass Kuraiko keinen Rogen mochte. Genau deshalb hatte sie sich auch gewundert, dass sie ausgerechnet das bei ihr besellt hatte für ihr Abendessen. Doch sie hatte nichts dazu gesagt, hatte ihr einfach ihren Wunsch erfüllt, so, wie es ihre Pflicht war und nun? Wollte sie sie jetzt rügen für einen Fehler, den sie nicht begangen hatte? So schnell ihre Wut da war und ihr ins Gesicht stieg, so schnell unterdrückte sie sie wieder und drehte sich schnell herum. Entschuldigend verneigte sie sich vor Kuraiko. "Verzeiht, meine Herrin, ich habe mich wohl geirrt.", sie kam zu ihr zurück und griff nach dem Servierteller mit dem Kavier in Seetangblätter. "Es wird nicht wieder vorkommen, ich bringe Euch augenblicklich etwas anderes." Damit rauschte sie wieder davon in Richtung Tür. Erschrocken über den doch eher hart ausgefallenen Tonfall sah Kuraiko ihr nach. Wie, das war es jetzt? Hatte sie gar nicht verstanden, dass es für sie war...? Was hatte sie nur getan? Was war sie für ein Mensch geworden? Das plötzliche, niederdrückende Gefühl der Einsamkeit überkam sie und fuhr mit den scharfen Klauen über ihren Rücken. Sie sah auf ihr Essen... und augenblicklich wurde ihr schlecht. Sie schob einfach nur alles beiseit, soweit, dass es fast auf der anderen Seite des Tisches runter fiel und ließ beide Ellenbogen auf die Tischplatte schlagen. Schnell presst sie beide Hände in ihr Gesicht, um das Schluchzen zu unterdrücken. Doch die Schärfe der herannahenden Tränen brannte ihr bereits im Hals. Sarana hatte das andere Ende des großen Raumes erreicht und sah in dem Moment zurück, ehe sie die Tür wieder auf riss, als ihre Arme unter ihr nachgaben und ihr Gesicht auf den Unterarmen landete. Ein leises Wispern schlich durch den Raum. Nahezu so lautlos, dass selbst sie als Dämon es nicht verstanden hätte... "Okaasan..." Beinahe wäre ihr der Servierteller aus der Hand gefallen. Hatte Kuraiko sie tatsächlich "Okaasan" genannt? Wie lange war es her, dass dieses Wort über ihren Mund kam? Als Kuraiko langsam in die Pubertät kam und begann eine Frau zu werden, da hatte sie begonnen, sie nur noch mit ihrem Namen anzusprechen. Der Grund war genauso einfach, wie schmerzlich für Sarana gewesen: Das Mädchen bekam eine Trotzphase, in der sie sich von ihr nichts mehr sagen lassen wollte, immerhin war sie nicht ihre leibliche Mutter. Eines Tages hatte sie ihr auch genau das an den Kopf geschmissen und kurz danach wurde sie von dem alten Yokokume von ihrem Posten als Amme abgezogen. Und nun... Sie sah auf das Essen, dass sie trug, und verstand endlich... Die Menge, die Auswahl... Kuraiko hatte nicht für sich sein wollen, sondern mit ihr essen. Was war sie dumm gewesen! Sarana verfluchte sich selbst innerlich. Sie hätte es sich doch eigentlich denken können und trotzdem hatte sie es nicht bemerkt. Hilflos konnte sie lediglich dabei zusehen, wie die junge Frau - die gar nicht bemerkt hatte, dass Sarana doch nicht gegangen war - erneut tränenreich ihrer Frustration Luft machte. Allmählich reichte es der Herrin Yokokume. Sie hatte in den letzten Stunden öfter mit den Tränen gekämpft, als in den letzten beinahe zehn Jahren zusammen. Die Unzufriedenheit mit ihrer Situation und ihr scheinbares Unvermögen sich daraus wieder zu befreien, brachten sie an ihr Grenzen. Doch Sarana musste sie das nicht erst erklären. Sie kannte sie, auch wenn sie in den letzten Tagen das Gefühl hatte, dass ihr ihre kleine Ziehtochter fremd geworden war. Sie hatte sogar schließlich an die Worte von Akaya geglaubt. Und dann geschah das hier. Sie erlebte Kuraiko, die sonst scheinbar so unangreifbar war, vollkommen niedereschlagen. Vermutlich hätte jeder andere Dämon nun seine Chance gewittert, doch nicht Sarana. Sie war ihr immer eine Mutter gewesen und egal, was eine Tochter auch anstellte, eine Mutter konnte ihr nicht lange böse sein. Sie seufzte ergeben und eilte wieder zurück zu ihr. Sanft ließ sie sich neben ihrem Sitzkissen auf den Boden sinken und stellte den Teller ab, ehe sie ihr mit einem Arm über den Rücken strich. "Kuraiko, meine Süße, nun wein doch nicht! Alles ist gut.", flüsterte sie. Glauben konnte die Angesprochene das allerdings nicht. Lediglich übermannt von der plötzlichen Nähe und Fürsorge heulte sie laut auf. "Schsch", machte Sarana und griff nun auch mit dem zweiten Arm nach ihr, zog sie liebevoll mit dem Oberkörper auf ihren Schoß und bettete dort den Kopf der jungen Frau auf ihren Oberschenkeln. Beruhigend fuhr sie ihr über das Haar. Kuraiko wurde noch ein paar mal von dem stockenden Atmen geschüttelt, dann näselte sie plötzlich: "Okaasan, ich bauche deine Hilfe!" "Kuraiko", seufzte Sarana. "Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du einen Dämonen niemals um Hilfe bitten sollst? Nichteinmal mich!" "Ich weiß doch.", schluchzte sie und richtete sich wieder auf. "Aber ich weiß einfach nicht mehr weiter! Und besser du, als jemand anderes." Sarana verzog gequält das Gesicht und was sie sagte verstieß absolut gegen ihre Natur: "Ich werde keinen Handel mit dir eingehen." "Das will ich auch nicht, sag mir lediglich, wie ich Sesshoumaru wieder los werde." Nun war Sarana doch überrascht. Sie riss die Agen auf, blinzelte ein paarmal und schüttelte denn den Kopf. "Hab ich dich gerade richtig verstanden?" Kuraiko nicke und rückte auf ihrem Kissen zurecht. Ihre Okaasan ansehen, das konnte sie nicht. "Er folgt mir einfach überall hin und er... ignoriert mich einfach, wenn ich sage, dass ich nicht will, dass er mich anfässt. Ich weiß, dass ich einen Handel mit ihm abgeschlossen habe, nachdem ich ihn als Fürsten über euch anerkenne und er mit mir dafür ein Kind zeugt, aber..." Sarana legte den Kopf schief in der Hoffnung, so einen Blick in das Gesicht ihrer Tochter zu ergattern. "Aber?" "Es tut so weh!", brachte sie gequält über die Lippen. "Mit ihm zu..." Kuraiko hielt inne, sie konnte einfach nicht darüber reden, doch Sarana verstand auch so. "Ist schon in Ordnung, mein Liebes." Sie strich ihr noch einmal über den Kopf. "Ich weiß genau was du meinst." Kuraiko schüttelte den Kopf. Irgendwie konnte sie sich das nicht vorstellen. "Oh doch, glaube mir. Es gibt solche und es gibt solche Dämonen, doch die Männlichen unter ihnen, die genug Macht besitzen um eine menschenähnliche Form anzunehmen, die sind... nun ja, wie soll ich ausdrücken... äußerst ausfüllend. Im ersten Moment vielleicht sogar etwas zu... groß." "Im ersten Moment? Es war grauenvoll... Ich will das nie wieder..." Sarana schüttelte den Kopf. "Kuraiko, das alles ist nichts wovor du Angst haben müsstest. Beim ersten Mal tut es entsetzlich weh, beim zweiten und dritten Mal ist es vielleicht ein wenig unangenehm, aber glaube mir, man - oder besser frau - gewöhnt sich daran. Und schließlich ist es etwas Wunderschönes..." "Aber es ist ja nicht nur das... Ich will einfach nicht mehr mit Sesshoumaru..." Sarana nickte verstehend und irgendwie war sie erleichtert, denn das bedeutete, dass ihr Fürst es auf keinen Fall in nächster Zeit schaffen würde, ihr Mädchen zu töten. "Wenn du meinst, dass es mit ihm nicht geht, dann sag ihm das. Du bist die Herrin, wenn du nich willst, dann hat er sich gefälligst von dir fernzuhalten. Such dir einen anständigen Menschen und dann ist alles in Ordnung." "Und der Handel?" Stimmt, den hatte sie vollkommen vergessen. "Nun... Du kannst ihm nur sagen, dass du es nicht willst, aber er seine Privilegien nicht verliert. Und dann hoffen, dass er das so annimmt. Aber er ist zu Stolz um das einfach so unter den Tisch fallen zu lassen. In gewisser Weise steht er immerhin in deiner Schuld." Kuraiko schloss die Augen und strich sich bei einem frustrierten ausatmen durch das Haar. "Er versteht es einfach nicht. Ich habe es ihm vorhin schon im Büro gesagt, aber er hat einfach weiter gemacht... Ich will es nicht aufgrund von Schuld..." Sarana zog die Augenbrauen zusammen. Sie ahnte nichts Gutes. "Wie meinst du das, Kuraiko?" "Auf einer Seite will ich, dass es aufhört, weil es so weh tu, aber... auf der anderen Seite möcht ich, dass er weiter macht. Aber nicht, weil er der Meinung ist, dass er es tun muss, verstehst du?" "Oh Kuraiko...", Sarana schüttelte den Kopf. Gerade eben war sie noch froh, dass die junge Frau sich ohne es zu wissen selbst rettete und dann das... Sie hatte sich in den Fürsten der westlichen Dämonen verliebt. "Bitte, tu mir den Gefallen und halte dich um alles in der Welt fern von Sesshoumaru, was solche Gefühle angeht." "Das ist schon zu spät." "Halt dir immer vor Augen, dass er ein Dämon ist. Er wird lediglich seinen Teil des Handels erfüllen und das war es dann." "Ich weiß, aber all die Momente, besonders, seit er im Ring war..." "Das war nur Show. Hast du ihm nicht selbst befohlen, dass er den verliebten Dämonen spielt?" "Ich weiß doch, dass er nur so tat als ob, aber..." "Nein, es gib kein "Aber" Kuraiko. Er ist so nicht an dir interessiert. Er will den Handel erfüllen, damit er nicht in deiner Schuld steht und befolgt ansonsten lediglich deine Befehle. Er hat Nanashi, eine wunderschöne Frau - nicht, dass du keine wärst, aber sie ist obendrein ein Dämon. Gerade er als Fürst wird deine Gefühle niemals erwidern können. Er braucht eine Dämonin, die ihm einen rechtmäßigen Thronfolger zur Welt bringt." "Aber Kyllian und Klarasi..." "Hier geht es um Sesshoumaru, um einen Fürsten, nicht um eine Fürstin.", sie strich Kuraiko erneut über den Rücken. Sie hasste sich dafür, dass sie das sagte, aber: "Glaube mir einfach, wenn ich sage, dass Sesshoumaru und deine Gefühle für ihn dir nur Leid bringen können. Es ist ein Fehler, dich an ihn zu verschwenden..." Sesshoumaru stand in der Zwischenebene, irgendwo im Nirgendwo, und hatte die Augen geschlossen. Er konzentrierte sich mit all seiner Kraft einzig und allein auf das, was draußen vor sich ging. Er ärgerte sich noch immer über Akaya, der ihn allen Ernsts davon abhalten wollte zurück in die Zwischenebene zu gehen, um so immer und überall bei seiner Herrin zu sein. Am liebsten hätter er ihm den Kopf abgebissen, als er mit dem Satz kam: Yokokume-san hat mir befohlen, Euch aufzuhalten! Ihm war es so egal. Er wusste, dass seine Herrin sich eines Tages wieder einkriegen würde und dann konnte er endlich wieder dorthin zurückkehren, wo er hingehörte: In ihren Schoß und sie liebkosen. Wie lange es allerdings noch dauern würde, das konnte er einfach nicht sagen und langsam wurde es ihm auch zu anstrengend darauf zu warten, dass sie kleinbei gab. Er war es nicht gewohnt, sich in Geduld üben zu müssen. Selbst früher nicht, als sie noch gar nicht auf der Welt war, oder er sie noch gar nicht kannte... Wie sein Leben wohl verlaufen wäre, wenn er sie ein einziges Mal gesehen hätte, als er noch ihrem Vater, ihrem Bruder oder ihrer Schwester gedient hatte? Wäre er ihr auch so unumgänglich verfallen gewesen? (Wie kam es überhaupt, dass sie zwanzig Jahre in ein und demselben Haus gewohnt hatten, aber sich nie begegnet waren?) Er wollte endlich zu ihr, alles in ihm schrie danach die Zwischenebene zu verlassen, sich in ihrem Schlafzimmer zu rematerialisieren und sich vor ihre Füße zu werfen, nur um zu betteln bei ihr bleiben zu dürfen... Und wenn er wie ein reudiger Köter zum Fußende ihres Bettes auf dem Teppich schlafen musste! Hauptsache er durfte sie riechen und sehen und hören... War das eigentlich inzwischen krank? Doch noch war Kuraiko nicht eingeschlafen. Er spürte, dass ihre Sinne noch wach waren, wenn einige von ihnen auch schon halb dem Dösen verfielen. Sie drehte sich gerade von der Seite auf ihren Rücken und breite einen Arm über ihren Kopf und den anderen seitlich von sich aus. Sesshoumaru wusste nicht, wie lange er noch dort stand, doch irgendwann wurde ihm klar, dass sie sich lange Zeit nicht mehr bewegt hatte, und so übertrat er die Schwelle ins Diesseit, stand gleich darauf am Ende ihres Bettes und sah auf sie hinab. Er wusste nicht, wie er es beschreiben konnte, aber augenblicklich wurde er von einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit und Ruhe umhüllt. Und das nur, weil er sie sah. Leise ging er um das Bett herum und stellte sich direkt neben sie. Was auch immer er gerade dachte, er konnte es (noch) nicht wirklich greifen. Er hörte die Tür über den Boden schaben und sein Blick schnellte wie ertappt zu dem Eingang des Zimmers hinüber. Sarana schob den Kopf herein, als sie ihn sah, folgte der Rest des Körpers. Na klasse, wo auch immer sie war, konnte seit neuestem Akaya nicht mehr weit sein. Gleich würde er wieder versuchen einen Streit vom Zaun zu brechen. Er wapnete sich bereits gegen eine Welle puren Hasses - der zugegebener Maßen nicht gegen ihn ging, sondern gegen Kuraiko - doch er irrt sich. Sarana war allein. Und das, was in ihrem Blick lag, war auch keine Hoffnung, dass er sie töten würde, so wie es vielleicht bei ihrem Mann der Fall gewesen wäre. Es lag Traurigkeit darin, aber auch eine gewisse Entschlossheit. Wollte sie ihn etwa genau wie Akaya von seiner Herrin fern halten? Natürlich, wie sollte es anders sein? Aber gerade von ihr würde er es sich nicht gefallen lassen. Festen Schrittes marschierte er auf sie zu, mit der Intention sie einfach hinaus zu schieben und die Tür dann vor ihrer Nase zu verschließen, dass er mit Kuraiko allein war, doch da flüsterte sie ihm etwas zu, womit er nicht gerechnet hatte: "Ich weiß, warum ihr hier seid, Sesshoumaru-sama, und ich bitte Euch, lasst es. Bitte verschont ihr Leben." Er blieb abruppt stehen und sah Sarana an. Er wusste nicht wirklich, was er mit dieser Bitte anfangen sollte. "Bitte, mein Herr, Kuraiko ist nicht das, was wir alle geglaubt haben. Sie verdient den Tod nich. Es muss eine andere Möglichkeit geben." War sie denn des Wahnsinns, das offen auszusprechen? Er sah sich zu Kuraiko um, die allerdings hatte sich lediglich wieder auf die Seite gedreht und schlief noch immer. Ohne ein weiteres Wort der Erklärung, legte er eine Hand auf Saranas Schulter und schob sie hinaus, schloss die Tü hinter sie beide. "Was tust du hier?", fragte er sie und sah sich um. Und vor allem: Was tat sie hier allein? Er dachte, dass nach ihrer Versöhnung, sie und ihr Mann wieder der Fleischeslust fröhnen würden. "Ich wusste, dass ihr irgendwann wieder auftauchen würdet. Ich habe auf Euch gewartet.", sie sah sich um. "Ich musste einfach mit Euch reden, ohne, dass mein Mann es bemerkt." Er wusste nicht wirklich, was er darauf erwidern sollt, sah sie einfach nur weiter an. Sie wusste, dass auf ein Wort zu warten vergeblich sein würde, also sprach sie einfach weiter. "Herr, ich habe mit meiner Tochter... Ich meine mit Kuraiko gesprochen. Entschuldigt", sie schüttelte den Kopf, ehe sie wieder zu ihm aufsah. "Ich bitte Euch, es muss einen anderen Weg als ihren Tod geben, der zu unserer Freiheit führt. Es muss einfach. Ich glaub sogar, dass Kuraiko dazu breit wäre, uns freiwillig frei zu lassen, wenn wir sie nur bitten würden." "Selbst wenn sie das Täte, wenigstens drei von vier Fürsten müssen zeitgleich frei sein, damit alle Dämonen wieder für sich leben können." "Und was bringt es uns dann, wenn ihr sie tötet? Gar nichts, wir wären immer noch nicht frei, zumindest nicht alle. Irgendjemand würde nachrücken und die Uhr an sich nehmen." Sesshoumaru schloss die Augen und atmete tief aus. Diese Gestik ließ Sarana verstummen. Hatte sie schon einmal erlebt, dass ihr Fürst so etwas tat? "Sarana, gib mir eine Möglichkeit, wie ich diese Verpflichtung gegenüber unserem Volk erfüllen kann, ohne sie zu töten. Im Moment sehe ich absolut keine. Doch egal, was du sagst, ich kann, will und werde Kuraiko nicht töten." Überrascht sah Sarana ihren Fürsten an. Doch in seinen Augen konnte sie absolut nichts ablesen. "Und ich wäre dir sehr verbunden, wenn du nichts über diese Entscheidung an deinen Mann weiter gibst. Ich möchte ihn ungerne töten müssen, weil er meiner Herrin Leid zufügen will." "Ihr habt nicht vor sie zu töten?", fragte sie noch immer Fassungslos, den Rest hatte sie irgendwie nur am Rande registriert und abgespeichert. "Niemals." "Aber...", Sarana verstand die Welt nicht mehr. War das nicht ursprünglich sogar auf seinem eigenen Mist gewachsen? "Warum, Herr, wenn ich das fragen darf? Ich befürworte es ohne jegliches Zögern, aber warum? Wolltet ihr nicht..." "Nicht mehr. Deine Tochter", er benutzte diese Worte mit Absicht, um ihr zu zeigen, dass es ihm rein gar nichts ausmachte, dass sie sie als solche betrachtete. "erinnert mich an mich selbst. Sie fühlt sich einsam und glaubt, alles mit sich allein ausmachen zu müssen. Und versteckt es hinter einer harten Fassade." "Ihr seid nicht so, Herr, ihr seid stark." Sesshoumaru schüttelte den Kopf. Er wusste selbst nicht, warum er ihr folgendes sagte, aber er hatte das Gefühl, dass die Frau, die seine Herrin aufgezogen hatte, es wert war, es zu erfahren: "Ich habe mich lediglich an den Umstand der Einsamkeit gewöhnt. Meine Rolle, die ich spielte, nachdem meine Mutter verschwand, weil mein Vater für diese Menschenfrau starb, habe ich bereits so verinnerlicht, dass ich niemals gedacht hätte, jemanden wie Kuraiko zu finden." Nun verstand Sarana gar nichts mehr und das konnte er ihr auch ansehen. "Sie gehört mir!", verkündete er leise knurrend. Eine gewisse Flamme schien in seinen Augen aufzulodern. "Und egal, wie sehr sie sich mir zu widersetzen versucht, ich nehme mir, was ich will. Und wenn ich unseren Handel hundert mal erfülle, es ist mir egal. Sie gehört mir." Sarana erschrak regelrecht. Sollte man das fassen? Sie tat es nicht. Nur langsam drang zu ihr durch, dass beide voneinander das Gleiche wollten und jeder von dem anderen dachte, dass es ihm nur um die Erfüllung des Handels ging, nicht um etwas Tieferes. Wie dramatisch. Wäre das ein Film oder Buch gewesen, dann hätte sie jetzt wohl vor verzücken aufgequietscht, doch an dieser Stelle konnte sie nur eines tun: "Sie will Euch, mein Herr." Nun war es an Sesshoumaru verwirrt zu schauen. "Sie hat es mir selbst vorhin gesagt, aber sie hat Angst. Zum Einen ist sie nur ein Mensch und will ihre Zeit nutzen jemanden zu finden, der sie liebt und mit dem sie ihr Leben verbringen kann - ihr Leben ist kurz - und zum anderen hat sie Angst vor den Schmerzen." "Welche Schmerzen?" "Ihr habt sie endjungfert, sagt ihr es mir." Er schwieg. Nun verstand er Einiges. Sesshoumar sah zurück zu der Tür, hinter der Kuraiko schlief. Er würde ihr schon dabei helfen sich an seine Größe zu gewöhnen und dann würde er ihr soviel Lust bereiten, dass sie nie wieder freiwillig daran dachte, in abzuweisen. Da fiel ihm allerdings noch etwas - oder besser jemand - Anderes ein. Er griff in seine Tasche und sah zu Sarana. "Sei unbesorgt, so lange ich lebe, wird ihr nichts geschehen." Sarana lachte stoßweise. Sie konnte ihr Glück einfach nicht fassen. "Tu mir aber einen Gefallen, wenn du gleich runter gehst." "Jeden, mein Herr!" Er zog aus seiner Tasche einen kleinen Notizzettel hervor, sorgfältig gefaltet. "Gib das Nanashi." Dieser Name holte sie in die Realität zurück, in der sie ihre kleine Menschentochter gerade als Konkubine ihrem vergebenen Fürsten anvertraut hatte. Nun fühlte sie sich augenblicklich wieder schlecht. War es das Richtig gewesen, ihm zu sagen, dass nicht nur er sich nach ihr verzehrte, sondern auch Kuraiko sich das Gleiche von ihm wünschte? Sie sah wieder auf, doch alles was sie erblickte, war die Tür des Schlafzimmers, die sich gerade wieder schloss. Nein, was würde er ihrer kleinen Tochter jetzt antun? Sie sah auf den Zettel - falltete ihn jedoch nicht auf. Sie wusste, dass sich das nicht gehörte. Und doch verzweifelte sie gerade. Was hatte sie nur getan? Wie würde das nur enden? Auf keinen Fall gut, das ahnte sie... Sie fühlte sich einfach nur mies. Nanashi, gedulde dich noch ein wenig. Sesshoumaru Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)