Projekt 'Osterüberraschung' von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 2 - Skepsis ------------------------------ Kapitel 2 - Skepsis ~Aaron~ "Darf ich vorstellen: Alec. Der beste Architekt weit und breit!" Phil deutet auf den Mann neben sich. Er ist groß, gut gebaut, dunkelblonde Haare und hat grün-braune Augen. Er scheint schon etwas älter zu sein, ist dennoch unbestreitbar Attraktiv. Wen Phil nicht alles kennt! "Hallo Alec. Ich bin Aaron." Ich reiche dem besten Architekten weit und breit meine Hand. "Schönes Haus", beginnt er und schaut sich um. "Was wollen Sie verändern?" "Bitte kein Sie." "Okay." Er lächelt mich offen an. "Was willst du hier verändern?" Viel besser! "Das alles soll heller werden. Und offen. Bis auf die Küche, die hätte ich gerne abgegrenzt. Und auch oben muss alles raus. Wie es die Wände eben zulassen." Noch wirkt hier alles bedrückend und dunkel. So kann ich Leon bestimmt nicht überzeugen, hier her zu ziehen. "Uff! Das wird eine Menge Arbeit." "Habe ich mir schon gedacht. ... Wie lange wird das dauern?" Alec dreht sich zu mir, der gerade dabei ist, die Wände zu begutachten. "Bis alles fertig ist?" "Bis die Wände raus sind." "Das geht schnell. So wie ich das sehe, sind die meisten nicht tragend. Willst du eine Firma engagieren? Ich hätte da Leute ..." "Wir wollten das machen. Genug Leute sind wir", mischt sich Phil ein. "Geht das? Die Kosten spielen da auch eine Rolle." "Hm ... Ganz ehrlich?" Alec sieht uns beide fragend an und ich nicke. "Wenn du das Fachleute machen lässt, geht das wesentlich schneller und sicherer." "Okay", antworte ich und sehe meinen Kontostand rasant nach unten rasen. "Dann sollen das lieber die Fachleute machen." Zusätzlich erspart uns das noch einige Zeit und Arbeit, die wir anders nutzen können. "Können wir nach oben gehen? Dann kann ich mir davon noch ein Bild machen." Ich zeige Alec den Weg und folge ihm. Erinnerungen werden wach, die ich verdränge. Das alles ist rum. Keinen Grund mehr, sich deswegen schlecht zu fühlen. "Ziemlich eng hier." Alec schaut in jeden Raum. "Das Fachwerk kann man darunter freilegen. Dann könnte man einen großen Raum daraus machen." "So hatte ich mir das vorgestellt." Langsam fange ich an, diesen Alec zu mögen. "Besonders hier oben darf nichts aussehen wir vorher." "Ein Schlafzimmer mit Bad", meint er und dreht sich. "Hier, in die linke vordere Ecke das Bad, mit Whirlpool versteht sich, und da drüben gleich ein riesiges Bett! Könnt ihr euch das vorstellen?" "Klar kann ich das", sage ich. "Genau das Selbe dachte ich mir auch." Alec grinst mich an und legt einen Arm um meine Schulter. "Ich sehe, wir verstehen uns!" "Sieht so aus", grinse ich zurück. "Dein Freund wird ausflippen." Phil konnte also sein Plappermäulchen nicht halten. "Wie lange seid ihr schon zusammen?" "Ein halbes Jahr." Alec glotzt mich verblüfft an. "Und dann kaufst du deinem Liebsten schon ein Haus?! Alle Achtung! Das hätte ich mich nicht getraut. ... Obwohl ..." sein Blick schweift in die Ferne. "Unsre Situation ist anders als normal", verteidige ich meine Entscheidung und rücke von dem neugierigen Architekten ab. "Ah. Die wahre Liebe! Kenne ich zu gut. Für die tut man so einiges." "Ja. Tut man." Ich schaue aus dem Fenster auf das grüne Gras unten im Garten. "Einen Balkon", denke ich laut nach. "Kann man hier einen Balkon anbauen." "Man kann alles. Ist nur eine Frage des Geldes." "Ich will einen Balkon. Einen großen. Damit man morgens vom Bett direkt hier heraustreten kann und in den Garten sieht." Ich stelle es mit genau vor. Leon und ich, früh morgens. Die Sonne scheint, so wie jetzt. Kein Autolärm, wenn wir die Sonne genießen wollen, so wie bei meinem derzeitigen Balkon. Vogelgezwitscher und nur wir beide. Bis dahin ist aber noch ein langer Weg. Alec tritt erneut neben mich und folgt meinem Blick. "Na dann baue ich dir einen Balkon. Einen großen." "Wunderbar." Was tut man nicht alles für seine große Liebe? Phil und ich laufen nach unten, während Alec sich noch Notizen macht. "Er soll die Leute anrufen, die die Wände herausreißen", sage ich. "Sicher? Meinst du nicht, dass wir das schaffen?" "Keine Ahnung. Aber er hat recht. Es ist gefährlich und Leute, die sich damit auskennen erledigen das schneller. Und darauf kommt es an." "Oh man", seufzt Phil. "Leon weiß gar nicht, was er für ein Glück hat." Ich fange an zu lachen. "Och, ich glaube, das weiß er." Ich wage einen Blick auf die Uhr. "Schon verdammt spät. Ich wollte noch Abendessen holen. Schafft ihr den Rest alleine?" "Klar. Ich warte noch auf Alec und das war's für heute. Oder willst du jetzt schon mit dem Abriss beginnen?" "Nein. Aber wenn es geht morgen schon." "So eilig hast du es?" Alec kommt die Treppe hinunter. "Lass mich morgen erstmal alles regeln. Dann melde ich mich bei dir." "Gut. Machen wir es so." Ich gebe ihm noch schnell meine Handynummer und dann verabschieden wir uns. Der erste Schritt ist gemacht. Jetzt muss ich noch einen Termin bei meiner Bank machen und die Finanzierung regeln. Einiges werde ich noch aus eigener Tasche bezahlen können, doch ich informiere mich lieber mal über einen günstigen Kredit. Das macht mich nervös. Nicht, dass ich geizig wäre, doch ein gesunder Geldpuffer lässt einen ruhig schlafen. Nun muss ich mich auf unruhige Nächte einstellen. Doch wenn ich daran denke, hier mit Leon zu leben, das ist es auf jeden Fall wert. Ich düse schnell zum nächstgelegenen Italiener und bestelle was zum Abendessen, schreibe Leon eine SMS, dass ich gleich da sein werde und sprinte bepackt mit dampfend heißen Essen zurück zum Wagen. Unterwegs gehe ich nochmal alles durch. Die Zeit muss einfach reichen! Es muss perfekt sein, damit Leon es sich auch so vorstellen kann, wie ich. Dann wird er auf jeden Fall den Vertrag unterschreiben und uns beide zu Hausbesitzern machen. Nur nicht nervös werden! Es klappt schon! Ganz bestimmt! ~Leon~ Endlich höre ich, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wird. Aaron ist wieder da! "Na endlich! Es ist halb zehn durch!" "Sorry. Hat länger gedauert." "Hat es sich wenigstens gelohnt?" "Ich schätze ja." Er strahlt mich an und mir bleibt die Spucke weg. So sieht man ihn selten. Natürlich lacht er oft, aber so! Der macht ja der Frühlingssonne Konkurrenz! "Klasse! Dann kommst du morgen wieder pünktlich?" Ich nehme ihm das Essen ab und schleppe es ins Wohnzimmer. "Eher nicht." Ich habe es geahnt. "Aber dafür läuft es gerade mehr als gut." Er umarmt mich von hinten und drückt seine Nase in mein Haar. "Fang du ruhig schon mal an. Ich springe schnell unter die Dusche." Und weg ist er. Habe ich mir das eben nur eingebildet, oder hat Aaron leicht muffig gerochen? Ich schüttle den Kopf über mich selbst. Sicher war das bloß Einbildung. *** Eine Woche später: ~Leon~ Jetzt reicht es! Irgendwann mal habe selbst ich die Schnauze voll! Es ist kurz nach zehn und Aaron ist immer noch auf der Arbeit. Eine blöde SMS mit dem Inhalt: 'Tut mit leid, heute dauert es länger', kam eben bei mir an. Noch länger geht ja wohl kaum! Da stimmt was nicht! Das rieche ich bis hier her. Apropos riechen! Aaron riecht tatsächlich muffig, wenn er spät Abends nach Hause kommt. Vorgestern ist er ins Bad geschlichen, doch ich konnte genau sehen, dass er von oben bis unten voll mit Staub war. Woher kommt der?! Betrügt er mich? In einem alten, muffigen Hotel und knattert einen anderen Kerl quer durch ein verstaubtes Bett? Du meine Güte! Das tut er doch nicht wirklich?! Quatsch! Wie absurd ist das denn? Trotzdem … Ich muss reden! Jetzt sofort! Ich wähle Phils Nummer. Keiner geht ran. Danach Flo. Selbe Ergebnis. Gut. Dann eben Sean. Der geht auch wirklich dran, doch ich verstehe ihn kaum. /Warte mal! Ich verstehe dich nicht!/ Ach nein?! Eine Tür quietscht, lautes Stimmengewirr und Klopfen. Wo treibt der sich den rum? /Leon? Was willst du?/ Wie freundlich! "Hast du Zeit für mich?" /Ähm ... Ja. Sag. Was gibt's?/ Wieso nur habe ich das Gefühl, dass er auch was verbirgt? "Aaron ist angeblich noch arbeiten", sage ich nur und warte auf eine Reaktion. /Angeblich? Soweit ich weiß, steckt er immer noch in diesem dringenden Projekt fest./ "Das hat er mir auch gesagt. Aber es kommt mir so komisch vor. Er kommt mir komisch vor. Als verheimlicht er mir was." /Ach was! Aaron kann nichts verheimlichen!/ Ach wirklich? "Du meinst also, dass das wirklich was mit seiner Arbeit zu tun hat?" /Womit den sonst? Meinst du, er saniert Nachts heimlich Häuser?/ "Pfft! Wie kommst du den auf sowas?!" Typisch Sean. /Du, hör mal. Ich hab noch was zu tun. Vertrau auf Aaron, okay? Er liebt dich. Und ich habe mitbekommen, dass das Projekt bis Ende nächster Woche fertig sein wird. Hab noch etwas Geduld, ja?/ "Da weißt du mehr als ich", sage ich ein klein wenig beleidigt. "Wann habt ihr miteinander gesprochen?" /Heute. Wir haben telefoniert./ Sean ist ein schlechter Lügner. Sogar am Telefon. Aaron hat ja noch nicht mal Zeit um mit mir zu telefonieren. "Ach so. Dann warte ich mal auf ihn. Vielleicht sagt er es mir ja dann auch." /Bestimmt! Tschau, und mach dir keine Sorgen, ja?/ "Wenn du das sagst." Da stimmt was ganz gewaltig nicht! Es riecht verdammt muffig hier. Nicht nur bei Aaron. Die zwei werden doch nicht …? ~Aaron~ "Aaron?! Wir haben ein Problem!" "Was für eins?!" Bitte lass nicht schon wieder was schiefgegangen sein! "Der baldige Mithausbesitzer wird misstrauisch und denkt, du hättest eine Affaire." "Was?!" Scheiße! "Er hat mich eben angerufen", sagt Sean und wedelt mit seinem Handy. "Fahr besser nach Hause und beruhige ihn. Es ist sowieso schon spät." "Oh Mist! Ich habe die Zeit ganz aus den Augen verloren!" Halb elf schon! "Fahr heim. Du hast die ganzen Tage fast durchgemacht. Den Rest für heute erledigen wir. Nicht wahr Jungs?!" "JAWOHL!", rufen alle gleichzeitig.* "Fahr zu Leon und sorge dafür, dass er nicht auf dumme Gedanken kommt. Hier sieht doch schon alles ganz gut aus." "Ihr seid die Besten." Ich schaue in die Runde. "Wenn alles so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, gibt's hier eine riesige Einweihungsparty. Darauf könnt ihr euch verlassen." "Da sind wir doch dabei", lacht Peter. "Dann bis morgen." "Moment!" Sean kommt hinter mir her. "Ich habe Leon gesagt, dass du mir gesagt hast, dass das Projekt bis Ende nächster Woche fertig sein muss. Nur falls er fragt. Und vergiss nicht wieder dich umzuziehen." "Sicher nicht", lache ich. Nicht, nachdem ich fast von Leon erwischt worden wäre, wie ich total verstaubt nach Hause gekommen bin. "Schlaf gut." "Du auch", grinst Sean und zwinkert mir zu. Noch bevor ich ins Auto steige, schäle ich mir die staubige Kleidung vom Leib und steige in meine Wechselkleidung. Mit Vollgas rase ich zurück in die Stadt und gerate natürlich noch in eine Radarfalle. "Auch das noch!" Ich schaue aufs Tacho. Viel zu schnell war ich nicht unterwegs. Dennoch kann ich mir jetzt eigentlich kein Knöllchen erlauben. Jeden Cent stecke ich ins Haus. Für die fünfzehn, zwanzig Euro hätte ich mir schon mal etwas Wandfarbe kaufen können. Verdammte Axt! Ich gehe vom Gas und biege in meine Straße ein. Ein freier Parkplatz ist wie immer Mangelware, besonders um diese Uhrzeit. Ich finde aber zum Glück bald eine freie Stelle und kann endlich gleich mit meinem Leon ins Bett fallen. Eine Hausrenovierung ist wirklich anstrengend! Meine Mittagspausen opfere ich dafür und meine Abende. Das Wochenende war ich auch im Haus, wobei mir Phil behilflich war und Leon abgelenkt hatte. Die anderen Jungs waren genauso fleißig. Ich kann ihnen gar nicht genug danken. Und Alec, der hatte die größte Überraschung parat. Phil hatte ihm erzählt, was damals mit Leons Familie los war und er hatte sich spontan bereit erklärt mitzuhelfen, brachte auch einige Freunde mit plus seinem Partner Elias, der Flo im Garten half. Ohne sie alle wäre mir der Umbau inzwischen total über den Kopf gewachsen. Sie hätten viel mehr als eine schnöde Einweihungsparty verdient. "Leon?" Leise betrete ich die Wohnung. Alles dunkel und still. Er scheint im Bett zu sein. Kurz überlege ich, schnell unter die Dusche zu springen, gehe aber erstmal ins Schlafzimmer. Und da liegt er. Eingerollt und leise schnarchend. Meine Mundwinkel wandern nach oben. Wie sehr ich den kleinen Wuschelkopf doch liebe. Nach der wohltuenden Dusche schlüpfe ich zu ihm unter die Bettdecke. "Aaron?" "Habe ich dich geweckt?" "Ja ..." "Das wollte ich nicht", flüstere ich ihm zu und mache Platz, da er sich an mich kuschelt. "Warum arbeitest du so lange?" Das mache ich doch nur für dich. "Damit für meinen Kunden alles so wird, wie er es sich vorstellt." "Ist der so wichtig?" "Der Wichtigste, den ich habe", erwidere ich und schmuse über Leons Locken. "Wichtiger als ich?" "Niemand ist wichtiger als du." Ich muss schmunzeln. Leon kann manchmal wie ein kleiner Junge sein. Besonders wenn er noch halb schläft. "Dann komm morgen wieder pünktlich nach Hause, ja?" "Ich schaue was sich machen lässt." Einen Abend werde ich mal aussetzen können. Aber vielleicht ... "Weißt du was?" "Was?" "Ich wollte das Wohnzimmer mal neu streichen. Was hältst du davon, wenn wir morgen Mittag schnell in den Baumarkt fahren und welche aussuchen." Leon richtet sich auf. "Du willst streichen? Wann?" "Wenn ich Zeit und Lust habe." "Aber kein Blau." "Kein Blau", lache ich, weil das eine Anspielung auf die Vorhänge ist, die ich einmal fürs Wohnzimmer angeschleppt hatte, weil Leon der Meinung war, mit Vorhängen sähe das Wohnzimmer besser aus. "Du darfst die Farbe aussuchen. Aber bitte nichts quietschiges." "Bestimmt nicht. Passt ja auch gar nicht in die Wohnung." "Da hast du recht." Er weiß gar nicht, wie recht er hat. *** ~Leon~ "Aaron?!" Jetzt rufe ich schon zum dritten Mal nach ihm, doch er hört mich nicht. Dann gehe ich eben an sein Handy. "Hallo?" /Hy. Alec hier. Ähm ... bist du es Aaron?/ Wer ist Alec?! "Nein. Hier ist Leon. Aarons fester Freund", blaffe ich ins Handy. "Was wollen Sie von ihm?" /Es geht um das Projekt, das er gerade plant. Soll ich später nochmal anrufen?/ Das mysteriöse Projekt also. Scheint wichtig zu sein. "Ich guck mal wo er ist. Moment." Ich stehe vom Küchentisch auf und gehe ins Schlafzimmer. "Aaron? Telefon." Er liegt ja immer noch im Bett! "Wer denn?" "Ein gewisser Alec. Aber sag mal, muss du nicht bald aufste ..." "Alec? Gib her!" Mir wird regelrecht das Handy aus der Hand gerissen. Was soll das den bitteschön?! "Hey Alec! Was gibt's? Weitere Probleme, oder ...? Aha. Gut! Nein das ist perfekt! Mach das so!" Er rennt an mir vorbei, ich hinterher. Leider verschwindet er im Bad. Zähneknirschend bleibe ich unschlüssig im Flur stehen. Soll ich ihm nach und lauschen, oder wieder in die Küche? Ich laufe wieder in die Küche. Ich vertraue ihm. Den Gedanken, dass er und Sean habe ich auch wieder mit einem heftigen Kopfschütteln beiseite geschoben. Sean hat recht. Aaron liebt mich, so sehr wie ich ihn und ich kann ihm vertrauen, auch wenn er seit Tagen mehr als komisch ist. Liegt bestimmt an dem Projekt. Ich weiß zwar nicht, weshalb sein Kunde so einen Aufriss macht, aber es macht ihn mir total unsympathisch. Aaron gibt immer sein Bestes auf der Arbeit. Wie kann sein Kunde das nicht honorieren?! "So ein Idiot!" "Wer?" Aaron steht in der Tür. "Dein Kunde! Was bildet der sich ein, deine Arbeit so zu kritisieren?" Warum soll ich lügen? "Ein vollkommener Idiot ist er nicht." Aaron setzt sich an den Tisch und schenkt sich Kaffee ein. "Nur hat er hohe Ansprüche und die möchte ich ihm auch alle erfüllen." "Pfff!" Ich schüttle den Kopf. "Hat das wenigstens bald ein Ende? Ich hätte nämlich ganz gern noch was von dir während meinem Urlaub." "Ende nächster Woche. Versprochen." "Sehr gut." Sean hatte also recht. Und Aaron lügt mich auch nicht an. Ich habe mich unnötig verrückt gemacht. Wie konnte ich auch nur in Erwägung ziehen, dass er mich betrügen würde? "Macht dir dieses Projekt wenigstens Spaß?" "Ja. Es ist höllisch anstrengend, aber es wird sich lohnen." "Dann werde ich nicht mehr meckern. Der Einkaufstrip in den Baumarkt steht doch noch?" "Natürlich! Komm in die Firma. Um dreizehn Uhr habe ich Pause und wir können sofort los." "Fein!" Ich habe mir zwar meine gemeinsame Zeit mit Aaron etwas anders vorgestellt, doch ich will mich nicht beschweren. Ich bin gern mit ihm unterwegs. Und seine Arbeit ist wirklich wichtig. Ich muss wohl mein Ego und mein besitzergreifendes Verhalten erstmal ein bisschen runterschrauben. ~Aaron~ Leon scheint beruhigt zu sein. Sehr gut! Zwei Fliegen mit einer Klappe. Er sucht die Farbe aus, wobei ich wenigstens damit keinen Griff im Klo landen kann, und wir verbringen so noch mehr Zeit miteinander. Auch im Haus geht es schon voran, obwohl es erst halb acht Uhr morgens ist. Alec hat gestern Abend noch geholfen den Teppich herauszureißen und darunter einen alten Dielenboden entdeckt. Er ist schon wieder dort und als er mich eben angerufen hatte, meinte er, wenn man den abschleift und versiegelt ist er eine wahre Augenweide und passt hervorragend zum Stil des Hauses den wir im Kopf haben. Wir. Alec und ich haben den selben Geschmack und er weiß ganz genau was mir gefällt und was nicht. Es ist schon fast unheimlich, wie wir dabei auf einer Welle liegen. Er will das heute noch in Angriff nehmen, da unten im Haus schon so gut wie alles fertig ist. Nur die Wand braucht noch Farbe. Oben herrscht noch das Chaos vor, doch das beseitigen wir diese Woche noch. Fehlt nur noch der Balkon. Das wird aber noch dauern ... "Das du mal freiwillig in einen Baumarkt gehst", kichert Leon und mopst sich die letzte Scheibe Käse aus der Packung. "Kaum vorzustellen, was?" "Nicht, nachdem du an Weihnachten so genervt darüber warst." "Da war es ja auch stopfe-voll!", verteidige ich mich. "Denk aber dran, dass wir nicht ewig dort rumtrödeln dürfen. Ich muss dann wieder an die Arbeit." "Gewiss, mein Schatz." Lachend beiße ich in mein Brötchen. Leon ist zur Zeit echt gut drauf. Hoffentlich mache ich seine gute Laune nicht kaputt mit dem 'Geschenk'. Kurz vor Beginn meiner Mittagspause trudelt Leon bei mir im Büro ein. "Bin da!", ruft er und schließt die Tür meines Büros hinter sich. "Hab's gesehen. ... Was hast du da?" Er trägt eine Kühlbox spazieren. "Mittagessen. Du hast doch sicher keine Zeit dazu, wenn du mit mir im Land der Farben verschwindest." Ich stehe auf und lege meine Hände auf seine Rundungen und ziehe ihn dicht an mich ran. "Du denkst auch an alles." "Nö. Eigentlich denke ich im Moment nur an dich ..." Hmm ... Mein Kleiner schmeckt nach süßem Kaugummi ..."Wir sollten losfahren", wispere ich ihm zu. "Sicher? Wir könnten auch hier bleiben und ..." "Los jetzt!" Ich reiße mich von Leon los, bevor ich noch weich werde und seinem Vorschlag folge. Ich greife mir die kleine Kühltasche und den kleinen Leon und verlasse mein Büro. "Ist der wichtige Kunde auch hier?", fragt er mich leise und rückt näher an mich ran. "Die kommen meist nicht persönlich her." "Ach so." Ich grinse vor mich hin. Wenn er wüsste, wer der wichtige Kunde eigentlich ist. Während wir zum Baumarkt düsen, füttert mich mein Kleiner mit belegten Broten und geschnipselten Gemüse. Und bis wir am Baumarkt angekommen sind, bin ich wirklich schon pappensatt. Drinnen suchen wir gleich die Farbenabteilung auf und sehen uns einer riesigen Auswahl von Farben gegenüber. "Oh man! Wie sollen wir uns hier zu einer Farbe einigen?", stöhnt Leon und lässt seinen Blick schweifen. "Was helles muss es sein. Aber bitte kein reinweiß." "Hmm ..." Leon runzelt die Stirn und sondiert das Angebot. "Die hier!" Er zeigt auf ein helles apricot. "Oder ist dir das zu quietschig?" "Quietschig nicht", überlege ich. Passt das zu den dunklen Holzbalken? Eigentlich schon. "Könnte gehen." "Also mir gefällt es." "Gut. Dann die." Leon sieht mich verblüfft an und schaut mir zu, wie ich drei große Eimer davon einlade. "Das ging ja schnell!" "Hab doch gesagt, du sollst entscheiden." "Und warum drei Eimer davon? Das Wohnzimmer ist zwar groß, aber zwei langen doch dicke." "Ich habe gern was auf Vorrat", lüge ich und schnappe mir noch einen vierten. "Die halten aber nicht ewig. Das weißt du?" "Chase und Sean wollen auch renovieren. Vielleicht brauchen die ja was." Seit wann stellt Leon so viele Fragen? "Die Küche!", fällt mir da noch ein. "Wollen wir die Küche auch noch streichen?" Jetzt fällt meinem Liebling alles aus dem Gesicht. ~Leon~ "Die Küche? Wann willst du denn das alles streichen?" "Heute oder morgen", sagt er und grinst breit. "Ha ha! Du magst wirklich die Küche auch noch streichen?" "Jepp." "Schön! Dann lass mich mal sehen." Was ist nur in Aaron gefahren? Es ist ja schön, dass er sich auch mal endlich um die Wohnung kümmert. Bisher habe ich mich um die Deko und den ganzen Firlefanz gekümmert, doch es macht mich leicht stutzig. Und dann noch vier Eimer! Will der sich darin ersäufen? Wie auch immer, ich deute auf eine Farbe, die ich mir gut in unserer Küche Vorstellen könnte. "Der Moccaton gefällt mir. Der ganz helle." Ich deute auf besagte Farbe. "Stimmt. Die ist schön." Ohne weiteren Kommentar greift er sich zwei Eimer. "Und dazu so ein Schokobraun. Damit kann man vielleicht die Wand hinter der Sitzecke streichen. Damit es nicht so einseitig wird." Mal sehen, ob er drauf eingeht. Er überlegt. "Hast recht. Sieht bestimmt gut aus." Ein weiterer Eimer, diesmal mit schokobraunen Inhalt wandert in den Wagen. Jetzt mal ehrlich! Was ist mit Aaron los?! "Dann hätten wir es ja." Er schaut auf die Uhr. "Ein bisschen Zeit haben wir noch. Brauchst du hier noch was?" Ich schüttle sprachlos den Kopf. "Dann ab zur Kasse." Aaron rattert mit dem Einkaufswagen davon. Ich laufe hinterher, denke darüber nach, wie komisch er sich verhält. So umgänglich. Sogar das plärrende Kind neben ihm und dessen genervte Mutter die vor dem Kinderwagen kniet und versucht, ihm einen Schnuller in den Mund zu drücken, regt ihn nicht auf. Er schaut sich weiter im Baumarkt um und bleibt hier und da mal stehen. Es ist nicht zu fassen, aber ... Aaron bummelt! Die Welt muss aufgehört haben sich zu drehen! Wenn wir den Baumarkt verlassen, hat sich sicher die Hölle aufgetan und die Apokalypse hat begonnen! Ich beobachte meinen Freund mit größter Sorge, halte Abstand, denn schon ein paar mal wäre ich fast in ihn hineingerannt, da er ständig irgendwo stehen bleibt und sich irgendwelchen Firlefanz anschaut. In der Bäderabteilung biegt er sogar so abrupt ein, dass ich ihn für einige Sekunden aus den Augen verliere. Erst als er mich ruft und zu sich winkt finde ich ihn wieder. "Schau mal! Ist die nicht riesig?!" Aaron steht vor einem Whirlpool. Das Ding hat allen Schnickschnack. Extrastarke Düsen und Lichter, die die Farbe wechseln können. Alles ist per Fernbedienung steuerbar! "Ganz toll, aber ... Wo soll die bei uns reinpassen? Und wer soll die bezahlen?" Das Preisschild lässt meinen Herzschlag bedrohlich aussetzten. Dafür müsste ich fast zwei Monatsgehälter abdrücken! "Man wird doch mal schauen dürfen", meint er achselzuckend. "Wäre doch schön, gemeinsam von so einem Teil den Stress des Alltags wegblubbern zu lassen." Sein Arm legt sich um meinen Rücken und seine Augen funkeln mich verliebt an. Herzflattern! "Natürlich wäre das schön", murmle ich, ganz gefangen von dem Blick und seinen Lippen, die so nahe sind, dass ich mich nur ganz leicht auf die Zehenspitzen stellen müsste, um sie zu erreichen. "Aber wir müssten uns entscheiden: Whirlpool oder Toilette. Beides passt nicht in unser Badezimmer." Aaron lacht hell und küsst meine Stirn. Langsam bekomme ich Angst. Geht er doch fremd?! "Ich wollte doch nur mal meine Fantasie schweifen lassen." Bei mir schweift auch gleich so einiges. "Komm! Ich will nochmal schnell in die Gartenabteilung." Okay. Jetzt weiß ich, dass hier was nicht stimmt! Er geht freiwillig in die Gartenabteilung?! Wurde mein Freund letzte Nacht von Aliens entführt? Ist er deswegen so lange weg? Weil er im Mutterschiff seine Energien neu auflädt? Ehe ich mich versehe, ist Aaron wieder unterwegs und rast in die Gartenabteilung. Ich habe Mühe hinterherzukommen. "Aaron?!" "Ja?" Interessiert begutachtet er Terrassenmöbel. "Kannst du mir mal sagen, was mit dir los ist?" ~Aaron~ "Was soll mit mir los sein?" Verhalte ich mich zu auffällig? Anscheinend. Leon mustert mich höchst skeptisch. "Darf ich nicht mal nach neuen Möbeln für unsren Balkon gucken?" "Seit wann sitzt du auf dem Balkon? Da handelt man sich nur eine Abgasvergiftung ein. Hast du selbst gesagt." "Im Sommer ist es schön da." "Glaube ich dir nicht." Er verschränkt seine Arme vor der Brust und legt den Kopf schief. Und jetzt? "Darf ich jetzt nicht mal mehr nach Möbeln schauen?" "Doch. Klar kannst du das. Aber das sieht doch ein Blinder, dass der Tisch alleine schon doppelt so groß wie unser Balkon ist." "Und? Das Holz gefällt mir." "Das Holz?!" "Ja! Das Holz!" Wie komme ich denn da wieder raus?! Ich muss ihn ablenken! "Ist ja auch egal. Wir müssen jetzt eh los. Die Arbeit ruft." Ich schnappe mir den Wagen und fahre an Leon vorbei, der noch immer höchst skeptisch dreinblickt. Ich hab's übertrieben. So ein Mist! "Aaron?! Warte!" Er gesellt sich wieder neben mich. "Sag mir, was mit dir los ist. Seit wann kannst du mit so einer Seelenruhe durch einen Baumarkt rennen? Selbst beim Wocheneinkauf bist du so genervt, dass ich dich am liebsten im Auto sitzen lassen würde. Und jetzt scharwenzelst du hier rum, schaust dir Gartenmöbel an und das mit so einer Gelassenheit, dass selbst ich dabei genervt mit den Fuß aufstampfe." Ich bleibe stehen und schaue meinen Lockenkopf an. "Ich dachte, ich richte unser Zuhause neu ein und mache es uns schön und gemütlich. Ist das schlimm?" "Nein. Aber warum jetzt auf einmal?" "Schlechte Erinnerungen", murmle ich. "Was?" "Schlechte Erinnerungen! Wir sind jetzt zusammen und unser beider Leben hat sich komplett verändert. Meinst du nicht auch, dass man da mal die Bude neu herrichten kann?" Gut improvisiert, lobe ich mich. Und dabei war das Gesagte noch nicht mal gelogen. "Doch. Natürlich kann man das. Ich war nur verwundert. Dich hat es doch sonst nie gekümmert, wie die Wohnung aussieht, solange ich nichts grundlegendes verändere. ... Wie zum Beispiel Möbelrücken." Leon grinst verstohlen und leckt sich über die Lippen. "Du hast ab sofort die Erlaubnis, so viele Möbel bei mir zu verrücken, wie du willst", schmunzle ich und ziehe ihn in einen der Seitengänge. Keiner zu sehen. Ich verschließe seine Lippen. Leise kichert er in unsren Kuss und schmiegt sich an mich. "So lange du mich noch so küsst, ist alles in Ordnung", sagt er, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst haben. "Ich hoffe doch, dass ich noch ganz andere Dinge mit dir anstelle, die mehr als nur in Ordnung sind." "Keine Ahnung, was du meinst. Da müsstest du mir schon auf die Sprünge helfen ..." "Hier?" Meine linke Augenbraue zuckt nach oben. "Heute Abend." "Liebend gern ..." Situation gerettet! *** ~Aaron~ "Was machst du den hier?" Sascha glotzt wie ein U-Boot. "Euch die Farbe bringen", antworte ich und schaue mich um. "Wow! Der Boden ist echt der Hammer!" "Du musst mal hoch gehen! Alec ist ganz fleißig dabei, die Holzbalken zum Strahlen zu bringen." "Dann wage ich mal einen schnellen Blick!" Ich bin ganz aufgeregt! "Wartet Leon nicht auf dich?", fragt er und inspiziert die Farben. "Ja. Daher beeile ich mich besser." "Stopp mal! Welche Farbe kommt wo hin?" "Apricot hier und das Mocca in die Küche. Schoko kommt an die gegenüberliegende Wand, wo die Küchenzeile hinkommt." "Aye aye Baumeister Aaron." Sascha hebt seine Hand zur Stirn und steht stramm. Scherzkeks! Schnellen Schrittes springe ich die Treppe hoch. Auch sie schwebt fast mitten im Raum, da die Wand, die den schmalen Flur bildete und zu ihr führte, quasi nur aus Pappe bestand und jetzt in einem Müllcontainer auf ihr Ende wartet. Hoffentlich schaffen wir es, auch noch die Treppe zu erneuern. Dazu muss aber erstmal alles hergerichtet sein. "Alec?!" "Hier!" Die Stimme kommt von links. "Ist das nicht irre?! Ich hatte schon Angst, dass die Balken aufwendig saniert werden müssen, aber die sind tadellos! Man merkt ihnen das Alter gar nicht an." "Echt irre", lache ich und fahre mit meiner Hand über das Holz. "Wenn dein Schatz hier nicht einziehen will, mach ich es!" "Gut zu wissen." "Mach dir keinen Kopf. Wir richten alles schön her und er wird nichts mehr wiedererkennen, was ihn an damals erinnern könnte." "Das sehe ich. Es ist jetzt schon ganz anders." "Ach! Weißt du was? Mir dem Balkon können wir auch schon anfangen!", sagt Alec und wischt sich die Hände einfach an seiner Hose ab. "Jetzt schon? Aber die Wände?" Ich deute auf die Außenwände, um die es geht. "Die bleiben erstmal und kommen erst raus, wenn der Balkon fertig ist. Ich habe einen günstigen Gerüstbauer. Ruck zuck steht das Ding! Und vielleicht ist der Balkon schon fertig, wenn du am Ostersonntag mit Leon hier her kommst." "Das wäre genial!" Ich laufe zu einem der Fenster. "Weißt du eigentlich, wie dankbar ich dir bin?" Ich drehe mich zu Alec um. "Ohne dich ..." "Wäre das Haus sicher schon zusammengestürzt", lacht er und klopft mir auf die Schulter. "Mach ich doch gern. Ich schick dir dann nach Ostern die Rechnung." "Mach das." Wir grinsen uns an. "Apropos Rechnung. Hast du schon die von deinen Leuten, die die Wände herausgerissen haben?" "Jepp. Uns so hoch wie befürchtet ist sie nicht. Bringe ich dir morgen mit." "Wunderbar." "So mein Lieber! Ich mach mal weiter! Damit das bis Ostern war wird! ... Elias?!" "Ja?!" "Wo bleibt mein Kaffee?!" "Keine Ahnung!" "Gutes Personal ist echt schwer zu finden", raunt er mir zu. Vergebens. Elias hat alles gehört und verpasst seinem Freund einen Klaps. "Personal? Sag das nochmal!" "Ich gehe mal besser", grinse ich, verabschiede mich von den beiden und verlasse das Haus. Etwas unwohl ist mir schon, die Bande alleine zu lassen. Aber morgen werde ich sie wieder tatkräftig unterstützen! Heute braucht Leon meine Aufmerksamkeit. Schließlich machen wir das alles ja nur für ihn. ****** * Ich stelle mir gerade dieses Haus vor und die ganzen schwulen Kerle, die meiner Fantasie entsprungen sind. Wie sie verschwitzt und voller Staub dort rumspringen. Was die da alle noch so machen könnten, außer im Dreck rumzuspielen ... Ich brauch 'ne kalte Dusche! >_< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)