Krieg der Eier von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 - Reise in die Vergangenheit ------------------------------------------------- Kapitel 2 - Reise in die Vergangenheit "Wo warst du? Soll ich mich alleine mit Eiern bewerfen?" "Das wäre doch mal was, Schwesterlein." Ich grinse frech. Meine Oma gesellt sich zu uns. "Ich glaube das war alles. Mehr gibt es nicht zu finden." "Ich habe gerade Klaas getroffen." Es passt nicht zum Thema. Aber ich bin immer noch hin und weg von diesem mehr als erfreulichem Zufallstreffen eben. "Oh wie schön! Ich hab es ganz vergessen dir zu sagen! Seit drei Tagen ist er wieder daheim", erzählt mir meine Oma auch gleich und bekommt ganz rote Bäckchen. "Wie kann man sowas vergessen?", frage ich empört. "Er war mein bester Freund!" "Ich werde wohl vergesslich", seufzt sie und wirft mir einen komischen Blick zu. "Scheint so." Ich versuche mir den leisen Ärger darüber nicht anmerken zu lassen. Ist ja nicht ihre Schuld. Was hätte ich auch groß mit der Info anfangen können, außer ungeduldig auf ein Zusammentreffen zu warten, oder dann doch ängstlich zuhause hocken zu bleiben und zu versuchen, nicht an ihn zu denken. "TREFFERRRRRRRR!!!", kreischt Tina plötzlich und verjagt damit die letzten Gedanken an meinen Klaas. Ein Ei hat mich erwischt. Am Arm. "Hey! Tina! Das ist unfair!" Hinterhältiges Biest! Wir hatten doch noch gar nicht offiziell angefangen! "Hättest du mal aufgepasst und nicht nur deinem Klaas nachgeträumt!" Bitte was? Das ... "Auuuua!" Noch ein Ei kommt geflogen und trifft mich genau an der Schulter. Na warte! Ich greife in meine Tasche und nehme zwei Eier auf einmal. Der zeig ich, wer hier wen mit Eiern bewirft! *** Ich muss aufpassen. Das nächste Ei muss sitzen! Das ist mein Letztes. Na gut. Eins hab ich noch in Reserve. Das Rosafarbene. Nur möchte ich es ungern für meine Schwester opfern. Das ist schließlich das Gegenstück zu Klaas' Ei. Hört sich das jetzt nur für mich pervers an? Tina versteckt sich hinter den Mülltonnen. Ihr Beutel ist leer, dass weiß ich, weil Opa mir ein Zeichen gegeben hat. Verbündete sind im Krieg wichtig. Es herrscht Gleichstand. Ihre zwei Treffer vorhin habe ich schnell wieder eingeholt. Ein Treffer. Nur ein Ei muss sie erwischen, dann bin ich wieder der Sieger. "Gib auf Tina! Du hast keine Chance!", rufe ich ihr zu und gehe hinter einem Apfelbaum in Deckung. "Leck mich!" Oh oh. Böses Foul! Oma schreitet ein. "Doch nicht vor den Kindern! Schäme dich Tina!" Durch Omas Maßregelung ist sie kurz abgelenkt und ich nutze die Gelegenheit. Ich stürme los und ... ... sehe Klaas um die Ecke laufen. ABBRUCH! Zivilisten auf dem Kriegsgelände! Ich komme ins straucheln und das Ei fliegt im hohen Bogen davon. Fliegt, sinkt wieder und erwischt Klaas genau am Knie. GAME OVER! Ich habe einen Zivilisten erwischt. Verloren! Die Todesstrafe erwartet mich. Es wird still im Garten. Sogar die Vögel verstummen, bis meine Schwester einen Kriegsschrei loslässt. "Ich hab gewonnen. Ich haaaabe gewonnen!!!" Tina hüpft auf und ab, und greift sich Jenny. "Deine Mama hat den Weltmeister besiegt! Juhuuuu!" Jenny stimmt ins Siegesgeheul ihrer Mutter mit ein und gluckst wie ein betrunkenes Baby. Mein Blick wandert wieder zu Klaas, der sein Knie knetet. Ich scheine ihn schmerzhaft erwischt zu haben. "Klaas, das tut mir so leid!" Ich gehe zu ihm und begutachte seine Kriegsverletzung. "Schon gut. Halb so schlimm. Nur eine kleine Fleischwunde", grinst er mir frech entgegen. "Wenn's weiter nichts ist ..." Ich stehe ihm gegenüber, immer noch den Eier-Beutel in der Hand. Klaas lugt hinein. "Da ist ja noch eins." Ja, in babyrosa. Klaas greift in seine Hosentasche und zieht wieder sein Gegenstück heraus. "Sag mal, trägst du immer bunte Eier in deiner Hose spazieren?", frage ich und deute auf das Beweisstück. Er beugt sich zu mir und antwortet leise, sodass keiner mithören kann: "Normalerweise sind die nicht bunt ..." Mir wird heiß. Macht er mich gerade an, oder ist das nur wieder seine ganz eigene Art zu scherzen? Ich denke besser nicht darüber nach. Das gibt nur Sorgenfalten. Dafür: "Heute sind sie also gefärbt?", frage ich und könne mir gleich eine scheuern. Was sag ich da? Hör auf! Klappe Simon! Klaas ist keiner, den man mit so dummen Sprüchen aufreißen kann! "Wer weiß …" Oder vielleicht doch! "Aber wir sollten zusammenlegen. Deine Schwester steht mit dem Rücken zu uns." Nach 'wer weiß' hab ich nichts mehr verstanden. Ich will das Geheimnis seiner gefärbten oder nicht gefärbten Eier lüften! Soll ich nachschauen? Bevor ich aber irgendwelchen Unsinn in dieser Richtung verzapfen kann, wird mir der Beutel aus der Hand gerissen und Klaas schnappt sich das letzte Ei. "Auf drei. Hier, nimm." Ich bekomme sein Ei und Klaas zählt runter. "Drei, zwei, eins, ... LOS!" Und schon fliegt ein rosa und ein pinkes Ei auf den Rücken meiner Schwester zu. "AUA! Geht's noch?" Oha. Meine liebe Schwester ist nun sauer. Sie dreht sich um, setzt Jenny ab und stapft auf uns zu. "Sowas hinterhältiges! Ich hatte ein Kind im Arm. Was, wenn ihr das getroffen hättet?" "Schmoll nicht Tina", zicke ich zurück. "Genau. Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt", kichert Klaas. "Haben wir jetzt gewonnen?" "Das Spiel war zu Ende! Ich bleibe die Siegerin." "Kinder! Jetzt ist auch mal gut. Setzt euch doch erstmal. Der Kuchen läuft sonst noch weg." Meine Oma schreitet wiedereinmal ein und deutet auch die üppige Sahnetorte. "Isst du mir uns?", richte ich die Frage an Klaas. "Gern." Hat er für sein Lächeln eigentlich einen Waffenschein?! Wir machen es uns auf der Terrasse gemütlich und Klaas setzt sich neben mich, was mich zugegeben einen Ticken nervös macht. Ich versuche mir davon nichts anmerken zu lassen und beobachte grinsend meine Nichten, die durch den Garten flitzen. Mutter und Oma bringen gerade den restlichen Kuchen her. Wer das alles essen soll, bleibt mir ein Rätsel. Aber schon immer galt bei uns: Familienfest = Fressfest. Besonders an Ostern und Weihnachten. "Da wir es eben von der Liebe hatten: Hast du im Moment eigentlich einen Freund?" Mir bleibt das Stück Kuchen, das ich mir gerade in den Mund geschoben habe, im Hals stecken. Hat meine Schwester gerade Klaas gefragt ob er einen Freund hat? Meine Gedanken überschlagen sich. Ich lass die Gabel sinken und trinke schnell einen großen Schluck Kaffee. "Nein, hab ich nicht. Ich bin doch erst seit Freitag wieder da." Wieder denkt mein Herz wohl, ich laufe gerade einen Marathon und schlägt so wild, dass mir ganz schwarz vor Augen wird. Nicht vom Stuhl kippen Simon! Schön brav sitzen bleiben. Bricht mir gerade kalter Schweiß aus? Oh bitte nicht! "Was nicht ist, kann ja noch werden ..." Warum schaut mich Tina so an? Klaas lacht. Besteck klappert. War das meins? "… Simon? ..." Wissen sie es? Habe ich mich irgendwie verraten? Oder ahnen sie was, und wollen mich so aus der Reserve locken? "SIMON?!" "Ja ...?" Warum schreit mich meine Mutter so an? "Geht es dir nicht gut? Du bist so blass?" "Ähm ... nee. Alles klar. Der Kaffee war so heiß", stottere ich mir zurecht. Heißer Kaffee macht blass. Im Ausreden erfinden war ich noch nie gut. Ich traue mich gar nicht, in Klaas' Richtung zu schauen. Der denkt bestimmt ich hab eine Vollmeise. "Dafür schmeckt der Kaffee aber! Immer diese Automatenbrühe! Es geht nichts über guten, alten Bohnenkaffee. Genau wie das Brot ..." Klaas erzählt und erzählt. Ich höre zwar zu, hänge aber meinen eigenen Gedanken nach. Wenigstens scheint er meine Ausrede nicht bemerkt zu haben. Er hat so eine schöne Stimme. Sie war schon immer tiefer als meine und nun erkennt man zusätzlich einen kleinen amerikanischen Dialekt. Wenn doch nur nicht meine ganze Familie hier mit am Tisch sitzen würde! Dann könnte ich ... keine Ahnung, was ich könnte. Mein Kopf ist leer gefegt, bis auf die Info, dass Klaas eben doch schwul zu sein scheint. Leider weiß ich damit erstmal nicht anzufangen. Nicht, während meine Familie hier ist. Am besten, ich lenke mich ab und überlege, wie, und ob ich das überhaupt angehen werde. Jenny flitzt an unserem Tisch vorbei und hält einem Federball in der Hand. Das könnte doch meine Chance sein, mich von den verwirrenden Gesprächen hier am Tisch abzulenken. Ich sondiere die Lage im Garten und bekomme mit, dass Bea und Denise eigentlich Federball spielen wollten. Jenny wurde zwecks nicht vorhandener spielerischen Qualitäten ausgeschlossen und als Dank hat sie ihnen nun den Ball geklaut. Richtig so! Soll sie diesen pubertären, zickenden Weibern zeigen wo der Hammer hängt! Jenny kommt erneut an unserem Tisch vorbei, und als sie direkt in Griffweite von mir ist, schnappe ich zu. "AHHHH NEIIIN ONKEL SIMON!!! AHHHH ...!" Kinder! "Nicht so strampeln!", rufe ich ihr zu. "Los! Die hängen wir ab!" Ich sprinte los, mit einer laut kichernden Jenny auf den Armen. Denise gibt bald auf. Rennen ist ja sooo uncool! Bea aber lässt nicht locker. "Das ist gemein! Du bist viel größer als wir!" Zeit für ein bisschen Erziehung. "Und ihr seid größer als eure kleine Schwester! Und zu zweit! Das ist nicht gemein?" Yeah! Macht der Minderheit! "Trotzdem gemein!", schmollt Bea und zieht eine unschöne Gusche, wobei sie meiner Schwester so ähnlich sieht, dass ich anfange zu lachen. Das bringt Bea noch mehr zum rumzetern. Sie rennt auf mich zu, die kleinen Händchen zu Fäusten geballt und ich hebe die zappelnde Jenny schnell noch etwas höher. Fest in ihren Händchen der heißbegehrte Federball, den sie nun auch hoch über ihren Kopf hält. So kommt Bea auf keinen Fall ran. "Hey! Das ist echt fies!" Klaas steht plötzlich mit verschränkten Armen vor uns und klein Jenny streckt ihm die Zunge raus. "Gar nicht. Bähhh." Ich mach es ihr nach. Bähhhhh. "Man streckt Leuten nicht die Zunge heraus." "Ich schon!" Jenny wedelt mit dem Federdingens. "Ja! Wir schon", gluckse ich. "Ich leg dich übers Knie wenn du nicht brav bist." Gefährliches funkeln aus honigbraunen Augen. "Meinst du meine Nichte?" Ich kneife kampflustig meine Augen zusammen und starre Klaas frech an. "Nein. Dich!", schießt er zurück. Huuuu ich hab Angst! Das wollen wir doch mal sehen "Jenny. Gib mir den Ball", bitte ich die Kleine in meinen Armen. "Nein." Entschlossenes Kopfschütteln. "Bitte!" "Nein!" "Ich kauf dir auch eine Glitzerkette." Jennys Augen werden groß. "Mit einem Delphin dran?" Delphin??? Auch noch Sonderwünsche! "Natürlich! Ohne geht ja gar nicht", bestätige ich ihr. Der Federball wird mir hingehalten. Frauen! Alle gleich. Ob Jung oder alt, gib ihnen glitzernden Schmuck und alles ist gut. Ich greife mir das hart umkämpfte Federbällchen und lass Jenny aus meinen Armen gleiten. Lauernd steht Klaas vor mir. "Wehe! Erst wenn das Kind in Sicherheit ist!", zische ich ihm grinsend zu. "Okay. Willst du auch noch 100 Meter Vorsprung?" Arrogant ist er auch noch. Sexy! "Brauche ich nicht. Dich mach ich auch so fertig." Jenny flitzt wieder Richtung Terrasse. "Mama! Mama! Onkel Simon kauft mir 'ne Glitzerkette!" Klaas und ich fangen an zu lachen. "Aber wehe du vergisst den Delphin!" "Ich mach zwei draus, wenn du mich fängst." Ich werfe ihm ein freches Lächeln zu und renne sofort los, ab in den großen hinteren Teil des Gartens. Mal sehen, ob er mich einfängt. *** Das Grundstück ist ziemlich groß. Voll mit Blumenbeeten, alten Obstbäumen und Sträuchern. Ein Gewächshaus und ein Geräteschuppen gibt es hier auch. Viel Platz also. Und viel Platz zum verstecken, wenn ich mich denn unbedingt verstecken will. Will ich aber nicht. Ich renne querfeldein, immer darauf bedacht, dass mir Klaas auch schön auf den Fersen ist. Flink winde mich um einige Bäume und halte geradewegs aufs Gewächshaus zu. Doch bevor ich dort ankomme, wende ich und suche mein früheres Versteck auf. Ich weiß das er mich dort finden wird. Schließlich war es auch sein Versteck. Zwischen zwei dicken Bäumen hindurch geht es einen schmalen weg einen Hügel hoch. Darunter, hinter Gestrüpp, liegt eine kleine Höhle. Wenn sie nicht eingestürzt ist, gibt es sie bestimmt immer noch. Im Falle ich überhaupt noch reinpasse mit meinem vollgestopften Bauch. Immer diese Fresserei! Ich klettere also den Hügel hoch und rutsche die andere Seite wieder herunter. Es ist wie damals. Fast fühle ich mich sogar wieder wie ein kleiner Junge, spüre, wie mir das Adrenalin durch die Venen pumpt, wie immer, wenn ich mich hier versteckte, weil ich etwas ausgefressen hatte. Ich bücke mich unter den Sträuchern hindurch und spähe in das kleine Loch dahinter. Kein durchkommen. Ich bin zu groß und der hintere Teil ist wirklich eingestürzt. Schade. Hinter mir raschelt es. Klaas. "Schlechte Idee hier her zu kommen. Hier hört dich niemand Schreien." "Das ist doch gut, oder?" Deshalb waren wir ja auch immer hier. Wir waren ungestört. Nur die singenden Vögel, der Wind, der durch die Baumkronen weht und das Sonnenlicht, welches so schön die Blätter leuchten lässt. "Und? Habe ich gewonnen?", fragt Klaas mich grinsend. "Du hast den Ball noch nicht. Das war das Ziel." "Soll ich ihn mir holen?" In mir fängt es an zu kribbeln. Klaas geht langsam auf mich zu, beobachtet mich. Vorsichtig nimmt er den Ball in seine Hand. "Gewonnen", flüstert er mir zu. Ich keuche auf, denn sein Daumen streichelt meinen Handrücken. Am liebsten würde ich ihn in meine Arme ziehen, seinen Mund mit meinem verschließen und ihm anschließend die Klamotten vom Leib reißen. Aber ich tue es natürlich nicht. Gespannt, was er als nächstes tun wird, schaue ich ihn an. Seine Augen brennen sich in meine und ich bekomme eine feine Gänsehaut. "Ich hab es bereut damals", beginnt er und kommt noch ein Stückchen näher. "Was meinst du?", frage ich atemlos nach. "Dir nicht die Wahrheit gesagt zu haben." Ich kann schon ahnen, was er meint. So blind bin selbst ich nicht. Jetzt nicht mehr, da mein Radar wieder zu funktionieren scheint. Er ist schwul, meine Schwester hat es ja vorhin heraus posaunt. Und er denkt wohl, ich würde jetzt nichts mehr von ihm wissen wollen. Kein Wunder, so wie ich die letzten Jahre unserer Freundschaft drauf war. Mit jedem Jahr, wo wir älter wurden, merkte ich, wie meine Gefühle ihm gegenüber immer stärker wurden und verstand sie natürlich auch als das, was sie waren. Ich war in meinen besten Freund verliebt. Über beide Ohren. Und so gern ich bei ihm war, seine Nähe herbeisehnte, habe ich ihn auch immer wieder von mir weggeschubst, aus Angst, er könnte etwas davon merken. So entfernten wir uns nach und nach und das konnte Klaas natürlich nur missverstehen und vielleicht dachte er ja, dass ich ihn aus irgendwelchen Gründen auch immer nicht mehr leiden konnte. Oder er dachte, ich wüsste darüber Bescheid, dass er schwul ist. So wie ich immer befürchtet hatte, er könnte es auch ahnen. Wir lebten uns immer weiter auseinander, bis ich es nicht mehr aushielt, davonrannte und anfing in Frankfurt zu studieren. Ich flüchtete vor lauter Angst, ihm früher oder später doch die Wahrheit erzählen zu müssen, oder es einfach aus mir herausplatzte. So war das halt damals. Ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte und war alles in allem viel zu unsicher. Bin ich zum Großteil immer noch, wie ich gerade feststelle. Auch wenn ich jetzt weiß, dass er auch auf Männer steht, habe ich noch immer Panik davor, es ihm zu sagen. Ich komme mir wie ein Versager vor. Ich bin Schuld, dass unsre Freundschaft auf Eis gelegt wurde. "Simon?" Ich kehre ins Hier und Jetzt zurück. "Das du heute hier bist, macht mich so froh. Die letzten Tage, die ich wieder hier bin, haben so viel alte Erinnerungen wieder hochgeholt. Es wird Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt." "Die Wahrheit? Das du schwul bist?" "Nicht so ganz. Aber ja, das auch." Er atmet tief ein. Ich kann es ihm so gut nachfühlen! Deshalb versuche ich auch zu lächeln, versuche ihm Mut zuzusprechen. "Keine Sorge. Das macht mir nichts aus." Er drückt meine Hand fester. "Darum geht es doch gerade gar nicht." Hä? Ich sehe ihn fragend an. "Simon. Gerade du müsstest es doch wissen." HÄ? Klaas lacht, senkt den Blick und schüttelt den Kopf. "Immer noch so begriffsstutzig wie früher! Aber das habe ich immer so an dir geliebt. Diesen, verzeih, dummen Gesichtsausdruck, wenn du wieder auf dem Schlauch stehst." Moment: HÄÄ? Klaas kichert wieder. "Elf Jahre! Und immer noch so süß." Er zieht mich zu sich ran, legt einen Arm um mich und ... küsst mich! Klaas' Lippen! Auf meinen! Ich keuche überrascht auf und fühle eine unglaubliche Hitze in mir aufsteigen. Mit einem leisen Plopp spüre ich, wie mir etwas auf den rechten Schuh fällt. Der Federball ist mir aus der Hand gefallen. Ich bin wie gelähmt, als seine Zunge um Einlass bittend über meine Lippen streicht. Das jedoch, lässt mich endlich erwachen und ich schüttle meine anfängliche Starre ab, klammere mich ebenfalls an ihn und lass seine Zunge in mich gleiten. Oh Himmel! Bin ich tot? Das kann nicht in Wirklichkeit passieren! Ich bin den Hügel hinunter gerutscht und auf den Kopf gefallen! Ich muss im Himmel sein! Und doch stehe ich hier, in den Armen meiner Jugendliebe, die mir damals so viele feuchte Träume beschert hatte. Und Tränen ... "Lass uns ... runter ... ins Gras ...", keucht er gegen meine Lippen. Wir lassen uns ins Gras fallen und da hier so gut wie nie gemäht wird, liegen wir inmitten hoher Frühlingsblumen. Ich will gar nicht wissen, welche Krabbeltiere wir eben platt gedrückt haben. Egal! Es ist alles egal! Das Einzige was zählt, ist dieser schwere, warme Körper auf mir. Die Hände, die sich unter mein Hemd schieben. Der gierige Mund, der nicht genug von mir bekommen kann, ebenso wie mein Mund nicht genug von seinem bekommen kann. Auch ich gleite unter sein Shirt, schiebe es ein Stück hoch, um an die weiche Haut darunter zu gelangen. Aber das reicht mir nicht. Ich will mehr! Verdammt! Ich musste viel zu lange hierauf warten! Meine Finger wandern über Klaas Rücken nach unten, schleichen zwischen den Hosenbund und kümmern sich ausgiebig um die heiße Haut darunter. Mehr! Ich will noch mehr! Doch bevor ich in seine weiche Spalte fahren kann, werde ich aufgehalten. "Simon, warte ... nicht hier ..." "Hier ist genau richtig." Nein. Es ist perfekt! "Kondom ...?" Okay. Das konnte keiner Ahnen. Time out. Das wäre ihr Preis gewesen! Aber wer sagt den, dass wir nicht ein bisschen fummeln dürfen? "Hab keins ...", keuche ich und Klaas löst sich von mir, schaut auf mich runter. "Fummeln?", frage ich. Bitte nicht aufhören! "Okay!" Erneut versinken wir in einem Kuss, in dem ich vollkommen versinke. *** Mir ist heiß. Nicht nur weil die Sonne scheint. Klaas ist gerade dabei mein Hemd aufzuknöpfen. "Schickes Hemdchen", bekomme ich gegen den Kopf geworfen. "Hey. Das hat mir Omi geschenkt. Ich trage es heute nur für sie." "Dann ziehe ich es dir lieber mal aus. Nur für mich." Kichernd öffnet er den letzten Knopf und schiebt die zwei Hälften auseinander. Sanft fahren seine Hände über meine Brust. Er küsst mich erneut, um sich dann zu meinen Hals vorzuarbeiten, bis hinunter über meine Brust und beginnt dort an meiner Brustwarze zu saugen. Wohlig stöhne ich auf und verwuschle dabei seine Haare. Leicht beißt er in meine rechte Brustwarze hinein während ich meinen Schritt gegen seinem Bauch reibe. "Dir gefällt's?" Er blickt zu mir auf. "Wie du hoffentlich merken kannst?!" "Hart und deutlich ...", kichert Klaas und macht weiter. Ohhh yes! Seine Zunge entwickelt ein irres Eigenleben, windet sich nach unten und spielt in meinem Bauchnabel Tiefseetaucher. Gleichzeitig saugt sein weicher Mund unerbittlich an der Haut drumherum. Das ist so verdammt geil! Nie hätte ich auch nur im Traum daran gedacht, dass mir DAS heute passiert! Nach all den Jahren! In Omas Garten! Klaas richtet sich wieder auf, massiert mir den Bauch. Ich will protestieren, doch sein Blick lässt mich verstummen. Es schaut mich verträumt an. "Wenn ich jetzt weiter mache, kann ich nicht mehr aufhören." Sein Atem ist schwer, seine Stimme klingt rau. Auch wenn ich vor Endtäuschung aufschreien möchte, kann ich es gut verstehen. Mir geht es genauso. "Komm her", vordere ich ihn auf und wische mit meiner Hand über das hohe Gras neben mir. Er überlegt nicht lange, legt sich sofort neben mich und küsst meine Stirn. "Und? Was machen wir jetzt?" Lässig stützt er den Kopf auf seinem Arm ab. "Abwarten bis wir uns abgekühlt haben und dann gehen wir besser zurück. Die fragen sich bestimmt schon wo wir bleiben." Ich sage es nur ungern, aber was anderes bleibt uns nicht übrig. Klaas scheint auch nicht sonderlich begeistert von meinem Plan zu sein. Er zupft an meinem Hemdkragen rum. "Ich glaube ich nicht, dass uns einer groß vermisst." "Ach? Woher nimmst du diese Gewissheit?" "Die können sich schon denken, dass wir beschäftigt sind ... Jetzt schau nicht so erschrocken!" Heute bleibt mir echt nichts erspart! "Was denken die sich über uns?" Ich richte mich auf, während er mich weiter anlächelt. "Na das wir, nach all den Jahren, mal etwas Zeit für uns brauchen." "Zeit für was?" Klaas seufzt laut und setzt sich nun ebenfalls auf. "Sie wissen es. Das du auf Männer stehst." Mir wird kurz schwarz vor den Augen. Sie wissen es. Sie wissen es!? "Woher ...? Was …? Hast du …? Aber ...?" "Ganz ruhig Simon! Sie scheinen es schon länger zu wissen. Sie haben mich gefragt, ob ich nicht mit dir reden kann. Weil, na ja, du weißt schon. Ich schwul bin." "Soll das heißen, das eben war nur, damit du mich überführen kannst?!" Ich werde hysterisch. "Nein! Simon! Ehrlich..." Ich springe auf. Das gibt es doch nicht! Hetzen die einfach Klaas auf mich! Nur damit sie sich sicher sein können, dass ich schwul bin?! Wahrscheinlich haben sie ihn extra aus Amerika einfliegen lassen dafür! Warum reden sie nicht einfach mit mir? Stattdessen schicken sie einen 'meiner Sorte' vor. "Bitte Simon! Das eben hat nichts mit deiner Familie zu tun." Klaas ist nun auch auf den Beinen und läuft mir nach. "Ach ja? Und was soll das jetzt alles? Haben sie es dir erzählt und du dachtest: Oh, mal sehen ob es stimmt. Da könnte was für mich bei rausspringen. Willst du mich verarschen? Oh Fuck ... Ich Idiot!" Mein Gesicht wird heiß. Jetzt erst merke ich, wie viel ich noch für Klaas empfinde. Nicht wegen meiner Familie bin ich enttäuscht, sondern wegen ihm. Klaas. Mein Klaas! Der immer zu mir gehalten hat. Mit dem ich den größten Unsinn fabriziert habe in meiner Kindheit. Der mir immer die Schlägertypen* von der anderen Straßenseite vom Hals gehalten hat. Mein Beschützer. Meine große Liebe, der bis jetzt noch niemand das Wasser reichen konnte. Er hält mich am Arm fest. Ich wehre mich ohne Erfolg, er ist immer noch stärker als ich. "Deine Oma hat gestern mit mir geredet. Das du dich von ihnen abkapselst und das sie wissen warum. Sie hat mich nur um Rat gebeten. Ehrlich! Sie wollte dich selbst drauf ansprechen, wusste aber nicht wie. Ich versprach ihr dabei zu helfen." "Sag bloß, du bist hier der große Homo-Flüsterer**?!" Er lässt mich los und schaut mich wütend an. "Glaub mal ja nicht, dass das alles so leicht hier war! Nachdem du von hier weggegangen warst, eher abgehauen, studieren in der großen Stadt, hab ich mich so verdammt einsam gefühlt! Und deine Großmutter hat mir zugehört. Sie war die Erste der ich es gesagt hab. Das ich schwul bin und eine scheiß Angst hab! Meinst du das war leicht? Es anschließend auch noch meinen Eltern zu sagen?! Lange Zeit hatten wir Zoff deswegen. Bis deine Oma ihnen klar machen konnte, dass ich immer noch der Selbe bin, auch wenn ich später anstatt eine Schwiegertochter einen Schwiegersohn mit nach Hause bringen werde. Trotzdem habe ich es nicht ausgehalten. Also habe ich mir an dir ein Beispiel genommen und bin gegangen. Nach Amerika. Und jetzt bin ich wieder hier, nach all den Jahren in denen so viel passiert ist, stehe plötzlich vor dir und erfahre, dass es dir genau so geht wie mir damals! Nicht nur das du schwul bist und vor allem von hier geflüchtet bist, sondern das du mich anscheinend genau so vermisst hast, wie ich dich." Zum Schluss hin ist er leiser geworden und lässt den Kopf hängen. "Du hast dich nie richtig verabschiedet." "Klaas …" Ich hatte ja keine Ahnung! Ich wusste nicht, wie sehr ich ihm durch meine Flucht weh getan hatte. "… Ich wollte damals nur noch aus diesem Kaff verschwinden", gestehe ich leise. "Weg von mir?" "Nein! ... Ja, vielleicht. Es war alles zu viel." "Feigling!", faucht er mich an. Ja, das war ich. Das bin ich immer noch. Mir läuft der Arsch auf Grundeis, wenn ich daran dachte, dass meine Eltern von meinem Geheimnis wissen. "Du hast so ein verdammtes Glück! Auch wenn du es nicht geahnt hast vorher. Deine Familie steht hinter dir." Ein leichtes Grinsen huscht über Klaas Lippen. "Sogar deine Schwester." Jetzt muss ich auch grinsen. Allerdings nur kurz. "Seit wann wissen sie es?" Will ich es wirklich wissen? "Frag sie lieber selbst. Komm." Klaas streckt seine Hand nach mir aus, die ich nach kurzem Zögern ergreife. "Du musst keine Angst mehr haben", versichert er mir noch, bevor wir den Hügel wieder zur anderen Richtung hin hochklettern und uns durchs Gebüsch schlagen. Anschließend legt Klaas seinen Arm um meine Taille und so laufen wir langsam zurück zu meiner Familie, die schon längst alles über mich weiß. ****** * An mein geliebt/gehasstes Rechtschreibprogramm: Ich finde es ja nett, dass du mir Schlägertypen als Fehler anzeigst, aber deinen Vorschlag, die Schlägertypen in Schlagertypen umzukorrigieren, ist mir dann doch eine Nummer zu hart! ** Aber mal echt jetzt! Homo-Flüsterboot?!! Das schlägst du mir diesmal als Korrektur an?! Boha! Ich brauch einen Kaffee! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)