Vor der Nase von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 25. Fall) ================================================================================ Kapitel 7: Neue Erkenntnisse und eine erste Zusammenfassung ----------------------------------------------------------- Sakura war eigentlich schon auf dem Weg aus dem Frauentrakt, als sie ihren Namen leise geflüstert hörte. Sie wandte sich um und entdeckte eine junge Hundedame, scheinbar so alt wie sie selbst, mit den weißen Haaren der oberen Ränge. Sie kannte sie doch irgendwoher? „Oh, gut, dass ich Euch noch erwische, Sakura-san,“ meinte sie eilig: „Ich sah Euch kommen und....Darf ich Euch um etwas bitten?“ „Ja, natürlich,“ erwiderte die Heilerschülerin, die annahm, dass es um weibliche Probleme ging. „Ich...ich habe hier einen Brief. Könntet Ihr ihn dem Empfänger zukommen lassen? Kouhei? Er...er ist bei meinem Bruder bei Masarus Schülern...“ „Dazu gibt es einen hausinternen Botendienst.“ Aber Sakura war bereits klar, was los war: „Eure Eltern wollen wohl nicht, dass Ihr Kouhei einen Brief schreibt?“ „Nein, natürlich nicht. Vater ist doch da sehr streng...Bitte.“ Ihr Bruder, also? Da konnte sie Kouhei und Shigeru mal ausschließen, Katsumi wohl auch, er hatte ja nur Tama als Familienangehörige erwähnt. Von Haru hätte das Mädchen in der Vergangenheit gesprochen: „Oh, Ihr seid die Tochter des Heerführers? Kaitos? Und Takeru ist Euer Bruder.“ „Ja. - Geht es ihm gut? Und Kouhei?“ Sakura nickte und streckte die Hand aus: „Gebt mir schon den Brief. - Obwohl Ihr natürlich wisst, dass das....nicht erwünscht ist. Euer Name?“ „Oh, natürlich, wie dumm von mir. Ich bin Kagami.“ „Darf ich dann fragen, woher Ihr Kouhei kennt? Waren alle Mitschüler schon bei Eurem Vater...privat?“ „Ja. Vater möchte sie ja alle kennenlernen. Wer diese Sonderausbildung erfolgreich besteht, den will er auch entsprechend einsetzen. Da waren auch Mutter und ich dabei.“ Oh, da war eine unerwartete Möglichkeit: „So kennt Ihr sie alle? Auch den Verstorbenen?“ „Haru, ja. Natürlich, Er war auch dabei. Aber Takeru sagte mir bereits im Vorfeld des ersten Essens, dass dieser mir Avancen machen würde, um so leichter Heerführer zu werden. Und natürlich wollte ich nie meinen Bruder irgendwie schaden...Das versteht Ihr?“ „Ja.“ Nun, Haru hatte wohl nicht ganz zu Unrecht sich Ärger eingehandelt: „Überdies: Ihr fandet Kouhei netter?“ Kagami hoffte nur, dass die Heilerschülerin ihren Brief auch überbringen würde. Es war der Respekt gegenüber Neigi, der sie antworten ließ: „Er ist so ruhig, so gelassen. Und er war so überaus freundlich zu mir und natürlich meiner Mutter. Sie war auch sehr angetan von seinen Manieren. Katsumi hat auch sehr gute, aber er ist ja auch schon verheiratet. - Fragt mich jetzt bitte nur nicht, was ich ihm schrieb....“ „Es hat ja wohl nichts mit dem Tod Harus zu tun.“ Kagami erschrak sichtlich: „Nein, wieso denn auch? Ich dachte, da ist schon die Hofmeisterin der Fürstin verhaftet worden?“ Sakura überlegte kurz, ehe sie möglichst diplomatisch erwiderte: „Soweit ich weiß steht sie unter Verdacht. Mehr nicht.“ Das war momentan sicher nicht falsch, würde aber vielleicht weitere Aussagen bringen. „Ach ja, Ihr seid ja zu Lord Sesshoumaru befohlen.“ Der dauernde Tratsch. Nun ja. Die Frauen hatten wenig zu tun außer mit Heiratsplänen und sich schön machen, vielleicht Kinder erziehen. „Ja. Darf ich noch fragen, wie Euch Shigeru gefiel?“ „Oh, er ist sicher auch höflich, aber er ist....Das sagt Ihr niemandem?“ „Nicht, wenn mich nicht Seine Lordschaft oder der Fürst fragt. Dann muss ich antworten.“ „Ayaka, das ist Shigerus Mutter, hatte schon mit meiner Mutter geredet, aber.....“ Kagami seufzte etwas: „Ich hatte nicht das Gefühl, dass er an mir interessiert wäre. Nicht, dass Ihr falsch denkt, auch Kouhei nicht. Sie sind wohl einfach zu....ja, zu ehrenhaft, um mich nur zu heiraten, damit Vater....“ Sie brach ab. Sakura nickte mit einem verstehenden Lächeln: „Ja, das gefällt einem natürlich besser. Wer möchte schon gern nur wegen seines Ranges geheiratet werden. Aber ich werde Euren Brief Kouhei geben.“ „Vielen Dank. Das ist nett.“ „Und, falls er eine Antwort hat....?“ Kagami wurde ein wenig verlegen: „Ich hoffe, falls er sie hat, wird er persönlich mit Mutter oder Vater reden. Ich..ich möchte dazu nichts sagen. Ich weiß ja, dass es schon unschicklich ist einen Brief so zu schreiben und zu schicken...Aber, Vater sagte zu Takeru, dass man selbst zugreifen muss, falls sich eine Gelegenheit bietet, wenn man Erfolg haben will. Und das gilt sicher auch für mich.“ Sakura dachte daran, dass der Heerführer bestimmt nicht so einen eigenen Weg seiner Tochter im Sinn gehabt hatte, als er dies sagte. Aber es war, da hatte Kagami wohl recht, vielleicht die einzige Möglichkeit für das Mädchen selbst nach ihrem Glück zu suchen und doch ihren Vater mit einem möglichen Hauptmann zu erfreuen. Sie neigte eilig höflich den Kopf, da sie bemerkte, dass sich eine ältere Hundedämonin näherte: „Natürlich, Kagami-san. Ich freue mich Euch geholfen zu haben.“ Immerhin begriff das Hundemädchen sofort die Bedeutung des veränderten Tonfalls: „Vielen Dank, Sakura-san. Ich werde Euren Rat befolgen. - Oh, Mutter.....“ Das war jetzt wirklich Kagamis Problem, was auch immer sie der Gattin des Heerführers erzählte. Sakura hielt es für besser sich auch gegen sie leicht zu verneigen und zu gehen. Sie überlegte kurz, dann suchte sie Kouhei in seinem Zimmer auf. Falls Lord Sesshoumaru den Inhalt wissen wollte, konnte er ihn selbst befragen. Sie klopfte, wartete auf das „Ja?“, ehe sie kurz die Tür aufschob: „Ich habe einen Brief für Euch,“ meinte sie leise, überreichte ihn, und verschwand, um sich, wenngleich etwas später als bestimmt erwartet, im Raum des Erbprinzen einzufinden. Sie hoffte nur, dass die neuen Erkenntnisse von ihm als so nützlich eingestuft wurden, dass er darauf verzichtete sie zu bestrafen. Sesshoumaru war fast froh, dass sie eintraf, zumal ihm klar geworden war, dass sie stets sorgfältig zu arbeiten pflegte. Dennoch: wo hatte sie so lange gesteckt? Daher klang seine Stimme kühl: „Bericht.“ Er wandte sich um und blickte aus dem Fenster. Sakura bemühte sich ihre Furcht zu unterdrücken. Das mochte er nicht und wurde eher noch ärgerlicher. Sie berichtete von der Unterhaltung mit Tama, mit Ayaka und Chika und auch von der mit Kagami, möglichst wörtlich, wie er es wünschte. Wunderbar, dachte Seine Eisigkeit ein wenig zynisch. Nicht einmal unter Dämonen war man vor diesem Gefühlswirrwar sicher. Schön. Dann betrachtete er einmal all seine hoffnungsvollen Kandidaten für den Mord an Haru sachlich. Hatte man das Wie hatte man das Wer. Nur, dass das in diesem Fall schwer zu finden war. Motive gab es mehr als reichlich, der Schwertständer als Mittel hatte eben so herumgestanden – und Gelegenheiten hatte es auch mehr als genug gegeben, wenn er an die so genannten Alibis dachte. Der Reihe nach: Zunächst die holde Prinzessin selbst. Sie war emotional, impulsiv und schon gar bei dem Thema Heirat mehr als leicht auf die Barrikaden zu bringen. Motiv, ja. Tatwaffe, ja. Gelegenheit, ja. Das Einzige, das ihn dabei stutzen ließ war, dass sie so töricht gewesen sein sollte, nicht die Sache zu melden und als Notwehr auszugeben, sondern zurück zu Mutter zu kehren. Sie hatte wissen müssen, dass die Sache aufkäme – und dass ihre Verletzung durch Harus Schlag das Einzige wäre, das ihre Behauptung über die Selbstverteidigung unterstützen würde. Panik schloss er bei ihr aus, selbst wenn dieser menschliche Leutnant Sato einmal erwähnt hatte, dass sich Ersttäter meist recht emotional und damit dumm anstellten – die Prinzessin hatte bereits in seiner, Sesshoumarus Anwesenheit getötet, und dabei sich nicht gerade wie ein jämmerlicher Mensch verhalten. Takerus Motiv war klar, berufliche Eifersucht, vielleicht auch eine gewisse Sorge um seine Schwester. Sein Alibi war denkbar dünn. Er hatte zwar anschließend Straftraining bekommen und war da ebenso sicher unter Masarus Aufsicht gewesen, aber er hatte selbst ausgesagt, dass er schon bei dem Streit zwischen Haru und Tokushima in seinem Raum gewesen war, ja, sich die Ohren zugehalten hatte und schließlich eingeschlafen war – als Alibi ein kompletter Ausfall. Es war durchaus denkbar, dass er nachdem Ruhe herrschte, hinüber gegangen war, seinen ungeliebten Kameraden blutend und wütend vorgefunden hatte, und die scheinbar günstige Gelegenheit genutzt hatte. Katsumi? Dessen Motiv – seine Ehefrau – war allen in der Gruppe bekannt, er hatte Haru auch bereits zur Rede gestellt. Er gab an, weder von dem Streit noch von dem Mord etwas mitbekommen zu haben. Laut Aussage Tamas badeten sie gemeinsam, unverzüglich, nachdem er aus dem Training kam. Wie lange jedoch hatte das gedauert? Kouhei hatte erwähnt, dass er ein oder zwei Kameraden zurückkommen hörte. Einen oder zwei oder waren es mehr gewesen, die er nicht angeben konnte oder gar wollte? Diese falschen Loyalitäten verursachten stets Ärger. Shigeru? Motiv wäre berufliche Eifersucht, aber er teilte Sakuras Idee, dass Haru womöglich dessen Schwester belästigt und geschlagen hatte. Sie hatte es als Vermutung geäußert, sorgfältig getrennt von den sachlichen Aussagen, und er war angenehm berührt darüber. Das erleichterte sein Denken doch. Für ein Wesen der minderen Art war sie wirklich brauchbar. Shigeru hatte ausgesagt, dass er unverzüglich nach den Übungsstunden zu Mutter und Schwester gegangen sei. War er über Shikas Zustand so wütend geworden, dass er auf der Stelle zurückkehrte, Haru bereits blutend vorfand und nachsetzte? Hatte Kouhei ihn gehört? Kouhei selbst? Ja, er besaß keine Familie, die Haru hätte belästigen könnten, hatte aber vermutlich wohl ein Auge auf Kagami, Takerus Schwester, geworfen. Vollkommen ohne Grund würde ihm diese kaum einen Brief schreiben, der sie, wenn auch durch Sakura überbracht, in Schwierigkeiten bringen konnte. Hinzu kam eine alte Beleidigung, die er allerdings nicht gesühnt hatte. Stattdessen hatte er sich an seinen Vorgesetzten gewandt, damit der Haru zur Rede stellte, laut Aussage des Marders um die Ruhe im Heer zu bewahren. Sein Alibi war ebenfalls denkbar dünn. Er sagte, er habe sich nach dem Training Wasser geholt, dabei Tokushima gesehen, die er nicht erkannte, und sei dann eingeschlafen, nachdem Ruhe herrschte und sie fast unverzüglich ging. Da fehlten einige Dinge. Fest stand nur, dass Haru kaum der beliebteste Mann des Schlosses gewesen war, obwohl er durchaus gewisse Fähigkeiten besaß – die jedoch aufgrund seines sonstigen Benehmens nicht gesehen oder eher gewürdigt wurden, außer von seinem Lehrer und dem Heerführer. Er würde wohl nochmals Fragen stellen müssten. Eine davon lautete, wie lange das Sondertraining Takerus gedauert hatte, wie viel Zeitvorsprung also die Anderen besessen hatten. Alle anderen. Und wie genau die Zimmereinteilung war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)