Vor der Nase von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 25. Fall) ================================================================================ Kapitel 5: Die zweite Aussage der Vedächtigen --------------------------------------------- Alleingelassen dachte Seine Lordschaft kurz nach, ehe er, nur für einen Moment, seine Energie ansteigen ließ. Unverzüglich blickte auch der diensthabende Hundedämon vor seiner Tür herein, genauer, er schob sie einen Spalt auf und verneigte sich, um die Anweisung abzuwarten. Er hatte bereits das Missvergnügen des Erbprinzen kennengelernt und war froh um die Tatsache, dass es zwar schmerzvoll aber nur kurz gewesen war. „Masaru.“ „Ja, Lord Sesshoumaru. - Masaru....“ Der Lehrer kam eilends herein. Wie ihm befohlen worden war, hatte er draußen der Reihe nach seine Schüler geschickt – und, da er nichts weiter erfahren hatte auch nicht gewagt ohne Erlaubnis zu gehen. Wie sich soeben herausstellte zu Recht. Er ließ sich nieder. Was für Fragen kamen denn noch? Hatte einer seiner Schüler gar den Thronfolger verärgert? „Der Gang, in dem du und deine Schüler schlafen, ist nicht sonderlich lang.“ „Nein, Lord Sesshoumaru.“ „Wie viele Räume sind es?“ Der war doch bereits dort gewesen? Wollte er nur überprüfen wie aufmerksam er selbst war? „Fünf Räume auf jeder Seite, aber momentan ja nicht alle belegt.“ „Du hast das erste Zimmer, Kouhei gegenüber.“ „Ja.“ „Dir wäre also aufgefallen, wenn ein Fremder in den Gang käme?“ „Ihr...ich meine, Euer Lordschaft meint vor Harus Tod? Bedauerlicherweise nein. Ich war abwesend.“ „Hm.“ Das klang fast anklagend und so suchte sich der Offizier instinktiv zu verteidigen: „Ich beaufsichtigte noch das längere Straftraining, dann erst ging ich zu Heerführer Kaito, wie jeden Abend, um mir die Informationen und gegebenenfalls Instruktionen für den folgenden Tag abzuholen.“ „Diese tägliche Routine kennen auch alle deine Schüler.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Das erklärte, warum Haru Tokushima in sein Zimmer ließ. Der vermutete seine Kollegen bei Übungen oder bereits bei deren Familie, seinen Ausbilder weit. Er fühlte sich ziemlich sicher – das Gespräch dauerte aber wohl länger und wurde vor allem lauter, als er geplant hatte. Da musste die holde Prinzessin wohl mit der Sprache herausrücken. „Haru machte Andeutungen bald heiraten zu wollen?“ „Nur einmal, Lord Seshoumaru, als ich ihn wegen Kouhei zur Rede stellte.“ „Du kannst mit deinen Schülern gehen, aber sorge dafür, dass sie nicht miteinander reden.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Und er würde sich mit der Hauptverdächtigen unterhalten. Was für ein...Nun, das dachte ein Dämonenprinz nicht einmal. Als die Bannkreise entfernt und die Tür vor ihm geöffnet wurde, bemerkte er doch, dass Prinzessin Tokushima ein wenig erschreckt war, das sich jedoch eilig zu verbergen bemühte. Glaubte sie, es gehe schon zu einer Verhandlung? Immerhin schien sie nicht mehr ganz so mit dem Mund vorneweg, das war schon einmal eine gewisse Erleichterung. „Warum gingst du in Harus Zimmer?“ Sie zögerte, beschloss dann jedoch, dass sie kaum eine Wahl hatte: „Er lud mich zu einer...Besprechung ein.“ „In sein Zimmer. Ich vermute, meine verehrte Mutter wird sich ihre Gedanken über die Moral ihrer Hofmeisterin machen.“ „Das hat doch nichts mit Moral zu tun!“ fuhr sie unverzüglich auf: „Er kennt mich seit Kindertagen und umgekehrt – eine alte Kinderfreundschaft, mehr nicht.“ Es war ein wahres Vergnügen sachlich zu konstatieren: „Die in einem so lautstarken Streit endete, dass es mindestens zwei andere mitbekamen. Motiv, Gelegenheit – und natürlich die Tatwaffe.“ Sie musterte ihn, ehe sie resignierend sagte: „Ihr seid momentan in der besseren Position. Also schön. Was war die Tatwaffe?“ „Was wollte Haru von dir und was war so wichtig daran, dass du ihn aufsuchtest, statt ihn in einem....“ Er probierte sein neu erlangtes Wissen aus: „Der bewachten Zimmer am Frauentrakt zu treffen?“ „Ich habe hier kein auch nur vorübergehendes Zimmer, da ich meist nur Briefe aufgebe.“ Nun ja, das war keine direkte Auskunft, aber hoffentlich fragte er nicht nach. „Weiter. - Werte Tokushima, du brauchst mir nicht zu antworten. Aber alles, was du verschweigst oder auch nur versuchst zu lügen, kann und werde ich gegen dich verwenden.“ Daran hegte sie keine Zweifel. Ach, wäre es doch nur ein anderer Ankläger, sei es auch der Inu no Taishou selbst...aber auch der würde auf Antwort bestehen. Und ein anderer Ankläger....man sagte, wer nicht redete, würde dazu gezwungen. Wie peinlich und wie....Sie saß wirklich in der Klemme. In einem gewissen Versuch ihren Stolz zu wahren richtete sie sich auf, um ihm in die Augen zu sehen, aber das war gar nicht so einfach: „Lord Sesshoumaru, ich bin mir meiner Lage und Eurer Stellung im Augenblick bedauerlicherweise sehr bewusst. Ihr könnt darauf verzichten mir zu drohen, als ob Ihr mit ...Euresgleichen redet. Mir genügt Eure Anwesenheit.“ Gewisser Kampfgeist war ihr nicht abzusprechen. Hatte das Haru unterschätzt? „Nun?“ Sie war klug genug um zu wissen, dass sie wirklich keine Wahl und keine Zeit mehr hatte: „Wie ich bereits erwähnte, kannte ich ihn seit Kindertagen. Es gab damals einen Vorfall, bei dem er mir half. Er gab mir einen Verlobungsring.“ Ach du je. Darum wollte sie nicht mit der Sprache heraus. Die damalige Lage an sich war einfach zu erraten: sie war schon als Kind eine ungemein attraktive, da reiche, Partie. Jemand hatte sich für sie interessiert und ihr Kinderfreund hatte behauptet, sie seien verlobt, um sie gegenüber einem Boten des Interessenten aus der Sache herauszubekommen. Ihr Onkel hatte davon wohl kaum etwas erfahren. „Und jetzt kam Haru auf diese Verlobung zurück?“ Immerhin hatte das Mordopfer doch etwas von künftiger Hochzeit erwähnt? „Ja.“ Sie war etwas erleichtert, dass er nicht weiter nachhakte. Verstand er, dass damals mit diesem ersten Antrag von so vielen auch ihr Zorn gegen diese Narren begonnen hatte, die glaubten, sie könnten sich eine starke Mutter für ihre Kinder, viel Geld und Macht solcherart erhandeln? Einer der wenigen Punkte, die sie dem Hundeprinzen nicht ankreiden konnte. Wäre sie doch nur ein Junge gewesen, hätte sie nicht nur ihr eigenes Erbe sondern auch das Onkels antreten können. Ein reiner Zufall der Geburt hatte es gefügt, dass sie ihr Leben nicht nach ihrer Auffassung leben durfte, ja, immer auf andere angewiesen war, gleich, wie klug, stark, ausgebildet sie war. Sie war eine Frau: „Er wollte es offiziell vor...vor dem Fürsten, Eurem mächtigen Vater, verkünden. Das...das konnte und wollte ich mir nicht bieten lassen. Es war ein Kinderscherz, ahnungslos und Jahrhunderte her.“ „Er wollte, du nicht. So entstand der Streit.“ „Ja. Und da ich mich weigerte, schlug er zu. Ich schlug zurück.“ Sie atmete tief durch: „Dann ging ich, wie die Zeugen ausgesagt haben werden. Und zu diesem Zeitpunkt lag er zwar blutverschmiert, aber lebend auf seiner Matte.“ „Du hast ihm einen Zahn ausgeschlagen.“ „Tatsächlich? Nun, nichts, was ich bedauere.“ Nur, was war dann geschehen? Immerhin schien der Erbprinz das noch herausfinden zu wollen, hatte sie nicht einfach vorverurteilt, wie sie es doch von einem männlichen Wesen und gar ihm, der sie so wenig leiden konnte, erwartet hatte. „Hast du von einem der anderen Anwärter etwas gehört oder gesehen?“ „Nein. Der...Streit war laut und nachdem die Situation derart eskaliert war, wollte ich nur noch weg.“ „Der Streit war laut, aber niemand kam nachsehen.“ „So war es. - Ich vermute, Haru stritt sich öfter mit jemandem. Er....lasst es mich so ausdrücken: als er erwachsen wurde, lieferte er mir gute Gründe unsere Kinderfreundschaft nicht zu erneuern.“ Der Tote schien wirklich unangenehm gewesen zu sein. Aber eines sollte er der lieben Prinzessin doch noch klar machen: „Was du noch immer nicht verstehst: ein Dämon, zumal unserer Stärke, hat niemals Freunde.“ Seine Mutter kennend....ja, da hatte er wohl recht. Auch der Inu no Taishou konnte sich das als Fürst kaum leisten. „Was habt Ihr nun vor?“ Gleichzeitig ärgerte sie sich über sich. Diese Frage verriet ihre Unruhe, ja, schlimmer, klang fast hilflos. Das hatte sie nie sein wollen, und schon gar nicht ihm gegenüber eine Schwäche zugeben. Um seinen Mund spielte ein zynisches Lächeln: „Eine Anklage vorbereiten.“ Er ging, diesmal sehr wohl wissend, was er getan hatte. Zurück in seinem Zimmer dachte er nach. Tokushima war die Angelegenheit mit der damaligen, angeblichen Verlobung unangenehm, aber sie hatte ganz sicher nie erwartet, dass Haru je darauf zurückkommen würde. Gerade als Mitglied ihres Clans sollte ihm doch klar gewesen sein, wie sie zu dem Thema Heirat stand. Andererseits: er hatte von einer bevorstehenden Heirat gesprochen, aber nicht mit wem. Hatte dieser Narr etwa geglaubt, sie würde ihre Meinung ändern, wenn er der mögliche zukünftige Heerführer wäre, sich irgendwie schon fast in ihrer Liga gesehen? Eine derart fatale Selbsteinschätzung bewies kaum Intelligenz. Aber Masaru und auch alle seine Schüler hatten hervorgehoben, dass Haru nicht nur ein fähiger Kämpfer sondern auch ein guter Stratege war. Was also war an seinen Plänen schief gegangen? Motive ihm umzubringen gab es genug. Da war Tokushima als unwillige Braut, Takeru, der von Haru andauernd übertroffen wurde und das bestimmt auch von seinem Vater zu hören bekam, zumal er selbst in dessen Fußstapfen als Heerführer treten wollte, Kouhei, der offenkundig in der Vergangenheit schwer beleidigt worden war, Katsumi, dessen Frau durch Haru belästigt worden war, Shigeru, der zugab, den Toten nicht gemocht zu haben, zum anderen, weil der auch ihn dauernd übertraf, zum anderen ein unpassendes Verhalten an den Tag legte.....Tja Und da gab es auch den Heerführer Kaito selbst: hatte der einen Konkurrenten seines Sohnes ausschalten wollen? Hatte sich Masaru irgendwie beleidigt gefühlt? Motive, wohin man sah. Nein. Es war schon immer besser gewesen Beweggründe erst einmal außen vor zu lassen. Gab es einen Ermordeten, gab es in aller Regel auch mehrere Personen, die dem dieses Schicksal gönnten. Sachlich bleiben. Wer konnte außer Tokushima das Zimmer Harus betreten? Der Lehrer, Masaru, war wie jeden Tag nach den Übungen bei Kaito gewesen, sagte er aus, und eine so leicht nachprüfbare Lüge würde er nicht erzählen. Damit gaben sich Masaru und Kaito gegenseitig ein Alibi. Katsumi hatte ebenso wie Shigeru ausgesagt sie seien bei ihrer weiblichen Verwandtschaft gewesen – wann brachte Sakura da eigentlich Ergebnisse? Takeru und Kouhei waren in dem entsprechenden Gang gewesen. Angeblich hatte Takeru nach dem Sondertraining schlafen wollen und auch Kouhei hatte nur noch Wasser geholt....Unüberprüfbar und ganz bestimmt kein Alibi. Beide hatten zugegeben den Streit gehört zu haben, ja, Kouhei hatte sogar Tokushima gesehen. Schutzbehauptung – oder der Auslöser zum Nachsehen zu gehen und den nächstbesten Gegenstand zu ergreifen? Im Prinzip deutete alles auf die Prinzessin – bis auf das, dass sie sich selbst in ihrer jetzigen fatalen Lage noch kühl und einer so hochrangigen Dämonin würdig verhielt. Ein Schlag, ja. Direkt, ja. Aber wenn sie ihn töten wollte, warum hatte sie keine Energie eingesetzt sondern zum Schwertständer gegriffen? Das war unpassend für sie und wohl insgesamt für jemanden, der mit Schwertern wenig hantierte. Wo also blieb Sakura? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)