Vor der Nase von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 25. Fall) ================================================================================ Kapitel 3: Erste Verhöre ------------------------ Sakura war bereits einmal in dem privaten Raum Seiner Lordschaft gewesen und wunderte sich wieder wie leer und schmucklos dieses Zimmer wirkte. Es gab nur eine Matte längs an einer Wand, die jedoch sichtlich allein zum Arbeiten diente: Bücher, Feder und Tinte, Papiere. Wieder einmal bekam sie den Eindruck, als ob der Hundeprinz oder gar sein Vater nie Schlaf benötigen würden. Ansonsten war der Raum vollständig leer. Sie kniete jedoch nur höflich neben der Tür nieder – diese verschloss bereits der, selbstverständlich dämonische, Diener von außerhalb. Außer ihr würde es kaum ein Mensch in Gegenwart Lord Sesshoumaru lang machen – sei es, dass der handgreiflich wurde, sei es, dass ihr Artgenosse schlicht vor Angst umkam. Auch ihr war klar, dass sie behutsam sein musste, aber sie hatte schon in den ersten Wochen gelernt, dass Lord Sesshoumaru zwar prompt strafte – aber nie ohne in seinen Augen gültigen Grund, und das schloss auch Ärger auf andere Personen aus. Alles in allem fand sie ihn berechenbarer als so manchen Menschen, dem sie zuvor zur Hand gegangen war. Natürlich war ihr Lehrer Neigi noch vorhersehbarer, aber sie dachte bei sich, dass die Furcht vor Seiner Eisigkeit oft sinnlos war, ja, konnte bis zu einem gewissen Grad seinen Unmut darüber verstehen. Der Satz: „Masaru und dessen Schüler, einzeln,“ würde genügen, damit der Hundedämon vor der Tür diese Anweisung befolgte. Tatsächlich kam auch nur kurz darauf der Ausbilder herein und verneigte sich tief, ehe er, ohne einen Blick auf die Heilerschülerin geworfen zu haben, sich niederkniete, die Faust in der Geste eines Kriegers an die Brust legte. Sesshoumaru, in der Hoffnung in diesen Gesprächen etwas Wichtiges zu erfahren, überdies nicht willens Kenntnis zu erlangen welche Folgen eine Beschwerde dieses Kerls bei seinem Vater für ihn selbst bedeuten mochte, wandte sich ihm zu: „Haru.“ Der Ausbilder zögerte: „Wünscht Euer Lordschaft den sachlichen Bericht oder meinen persönlichen Eindruck?“ Oh, da gab es einen Unterschied, folgerte Sesshoumaru prompt: „Beides.“ Masaru dachte sichtlich kurz nach, ehe er erzählte: „Haru war ein sehr intelligenter Junge, hervorragend in Strategie und auch fähig in allen kriegerischen Dingen, sei es Schwertkampf oder auch...Handgreiflichkeiten. Darum sandte ihn Kaito...Heerführer Kaito als jungen Mann auch zu mir, als dies während der gewöhnlichen Ausbildung auffiel, die er aufgrund einer Empfehlung des Fürsten Ashinomaki bereits in sehr jungen Jahren begann. Auch hier musste ich ihn des Öfteren loben, ja vor den Anderen auszeichnen. - Nach meinem persönlichen Eindruck jedoch nahm er die Ausbildung insgesamt nicht so ernst wie er sollte. Er tändelte immer wieder mit Mädchen, selbst mit Menschen, herum, allerdings ohne seine Pflichten je zu versäumen. Als ich ihn deswegen tadelte, entschuldigte er sich zwar, wies jedoch darauf hin, dass zum einen Katsumi ja immerhin schon verheiratet sei und ihm auch dies bevor stünde, so dass er sein letztes Jahr in Freiheit genießen wolle. - Nun, wie Euer Lordschaft weiß, bilde ich nicht erst seit gestern aus, und kenne junge Männer diesen Alters. So beließ ich es bei der Ermahnung, drohte ihm jedoch bei Wiederholung dieser öffentlichen Tändelei einmal ein Sondertraining absolvieren zu müssen. Ein müder Dämon schläft und tändelt nicht – natürlich ein gewöhnlicher,“ korrigierte er sich eilig. Ach, dachte Sakura, hatte Seine Lordschaft etwa auch schon bei Masaru üben müssen – und das gleich mit Sondertraining? Sie hütete sich jedoch aufzublicken oder gar zu lächeln. So oder so hätte er weder geschlafen noch getändelt. Sesshoumaru überlegte kurz: „Weißt du, mit wem er verlobt war?“ „Nein...nein, Euer Lordschaft. Ich vermute jedoch mit einer jungen Dame aus seinem Clan, denn eine Anweisung des edlen Herrn wäre mir gewiss bekannt.“ Tokushima, etwa? Unwahrscheinlich, dachten Dämonenprinz und Menschenmädchen seltsam gleichzeitig. Die Prinzessin hatte wirklich alles unternommen um nicht zu heiraten. Überdies würde sie bei ihrer bekannten verächtlichen Einstellung zum anderen Geschlecht ganz sicher keinen einfachen Krieger ins Auge fassen. Er musste wirklich noch einmal mit ihr reden, seufzte Sesshoumaru in Gedanken: „Du kannst gehen, Masaru. Schicke mir der Reihe nach deine Schüler.“ „Ja, Euer Lordschaft. Sie warten bereits. - Wünscht Ihr eine spezielle Reihenfolge?“ „Gleich.“ „So werde ich als ersten Takeru schicken.“ Also den Sohn des Heerführers. Kurz darauf erschien dieser, ein junger Mann scheinbar Anfang Zwanzig, wie Sakura schätzte, aber bei Dämonen täuschte das ja immer gründlich. Er trug Privatkleidung, keine Rüstung und ebenso kein Schwert – wobei es mehr als unschicklich gewesen wäre bewaffnet zum Fürsten oder dem Erbprinzen zu gehen. Das grenzte an Hochverrat und darauf reagierte nicht nur der Sohn allergisch. „Takeru, du weißt, warum ich dich sprechen will?“ erkundigte sich der Hundeprinz, als der Krieger vor ihm kniete. „Harus Tod, Lord Sesshoumaru.“ „Was kannst du mir über ihn berichten?“ „Wie Euch mein Lehrer....“ begann der junge Mann, ehe er im Sprechen ein wenig aufsah und gerade noch bemerkte, dass dieser Anfang nicht gut aufgenommen wurde. Er kannte den Erbprinzen seit dessen Geburt und wusste, was dieser von Unhöflichkeiten hielt: „Verzeiht. Ich nahm nur nicht an, dass Euer Lordschaft tatsächlich meine unbedeutende Meinung zu hören wünscht. - Haru war ein guter Krieger, im Lernen und mit dem Schwert oft besser als ich.“ „Was dir nicht gefiel.“ Eine reine Feststellung. „Natürlich nicht, Lord Sesshoumaru....ich meine, ja, Euer Lordschaft. Ich gab mir stets Mühe mehr zu üben.“ Logisch. Er war der Sohn des Heerführers und erhoffte sich eines Tages diesen Platz übernehmen zu können. Aber ihm war bewusst, dass er dafür auch befähigt sein musste. Zweiter war sicher nicht gut genug. „Weißt du, warum er besser war?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Zumal er weniger lernte als ich.“ „Woher weißt du das?“ „Wir fünf haben...hatten alle Räume in einem Gang, gleich am Anfang liegt das unseres Lehrers. Da bekommt man manches mit.“ „Auch den Streit am Vorabend?“ „Ja. Ich habe ja das Zimmer gleich neben ihm....und sie waren wirklich laut.“ „Weißt du, um was es ging?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Ich hatte Sondertraining gehabt und wollte nur meine Ruhe. So....nun ja, ich hielt mir die Ohren zu bis ich eingeschlafen war. Ich dachte ja nicht, dass er mit seiner Mörderin streitet.“ „Keine voreiligen Schlussfolgerungen!“ gab der Hundeprinz eisig zurück: „Das Urteil spricht mein Herr und Vater und er allein entscheidet über wen.“ Takeru verneigte sich eilig rasch bis zum Boden. Hatte ihn sein Vater nicht oft genug darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht genügte ein guter Krieger zu sein, man müsse auch auf gewisse höfische und diplomatische Dinge achten? Wenn er sich Lord Sesshoumaru zum Feind machte, konnte er seine militärische Karriere abschreiben – erstens beeinflusste dieser seinen Vater als einziger Erbe und zweitens war das der künftige Fürst. „Ich bitte um Vergebung für meine ungeschickte Wortwahl....“ sagte er daher: „Ich bin nicht sonderlich redegewandt, nur mit dem Schwert.....“ Leider war Haru auch in dieser Beziehung geschickter als er gewesen. Aber Haru war tot. „Geh. - Aber halte dich draußen zur Verfügung, wenn ich weitere Fragen habe.“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Danke.“ Der nächste Dämonenkrieger, auch er in zivil, war eine gewisse Überraschung. Weniger, weil er ein Wolfsdämon war, als aufgrund seines Alters. Er sah wie kaum sechzehn aus, jünger als Sesshoumaru. Dieser musterte den jungen Mann, der sich höflich verneigte und niederkniete, wortlos zu Boden blickte. Immerhin der hatte Benehmen: „Name?“ „Katsumi, Lord Sesshoumaru.“ „Was kannst du mir über Haru sagen?“ „Ich möchte Euer Lordschaft bitten mir diese Frage nicht zu stellen.“ Katsumi betrachtete seine eigenen Knie. Oh, dachte der mittlerweile erfahrene Ermittler, da lag etwas begraben? „Haru wurde ermordet. Und es erging der Befehl an mich diesen Mord aufzuklären. Falls du meine Frage nicht beantworten willst, gehen wir gemeinsam zu meinem Herrn und Vater, damit ich ihn bitte dafür Sorge zu tragen, dass du antwortest.“ Das war fast hübsch formuliert, dachte Sakura – wenn man von dem Inhalt absah. Er hatte gerade den jungen Mann vor die Wahl gestellt zu reden oder er würde bei dem Fürsten Antrag stellen ihn foltern zu lassen. Interessant, dass er damit drohte statt mit sich selbst. Aber es waren Krieger seines Vaters, da war er meist behutsamer. Offenbar schätzte es der Inu no Taishou nicht, wenn diesen außer auf seinen Befehl hin etwas zustieß. Katsumi presste die Zähne zusammen. Er wusste, dass er keine Wahl hatte. Sesshoumaru, der ihn nicht aus den Augen gelassen hatte, fragte kühl: „Haru und deine Ehefrau?“ Stimmt, dachte die Heilerschülerin: Masaru hatte erwähnt, dass Katsumi verheiratet sei und dass Haru herumtändele. Der junge Krieger sah mit ehrlicher offener Anerkennung für einen Augenblick in das Gesicht des Erbprinzen, blickte dann eilig wieder zu Boden: „Da es Euer Lordschaft sowieso erraten hat...Ja. Haru versuchte...Nun, Tama heiratete mich trotz unseres jungen Alters, da ihre Eltern verstarben und sie sonst allein gewesen wäre. Der mächtige Inu no Taishou gestattete ihr hier im Schloss zu wohnen und mir sie in meiner freien Zeit zu besuchen. Sie berichtete mir immer wieder von gewissen Anzüglichkeiten, die Haru ihr gegenüber fallen ließ. Ich stellte ihn zur Rede, aber er lachte, nannte mich einen dummen Jungen vom Land, der nicht wisse, wie es bei Hofe zuging. Tama berichtete mir von zunehmender Aufdringlichkeit und ich...ich erklärte ihm, wenn er dies noch einmal täte, würde ich zum Schwert greifen und jede Strafe auf mich nehmen. - Das wirkt nach seiner Ermordung nicht positiv, nicht wahr, Euer Lordschaft?“ Nein, dachte der so Angesprochene, aber auch Takeru hatte mit seiner beruflichen Eifersucht ein Motiv und wussten die Götter wer noch von dem überlebenden Quartett. Aber Motive waren immer einfach zu finden. Die Gelegenheit.....und das Wie. „Hast du gestern etwas über einen Streit bei Haru vernommen?“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Als der Streit offenbar stattfand, war ich bei Tama. Ich und die Anderen hatten bereits Schluss gehabt, während Takeru noch einige Übungen machen musste. Oh, war das der Mordzeitpunkt? Dann könnte meine Ehefrau ja bestätigen....Vergebt, Lord Sesshoumaru. Es steht mir nicht zu Euch vorzugreifen.“ Da hatte der Wolfsdämon durchaus Recht. Nun, was sein Alibi anging, so konnte Sakura das später überprüfen. Aber es wäre nur eines für den Streit – jemand führte nach einer gewissen Zeit jedoch einen zweiten und dritten Schlag. Na schön. Erst einmal musste er sich einen Überblick verschaffen: „Wie kommst du mit den anderen Dreien aus?“ „Gut, Lord Sesshoumaru. Wir sind alle sachlich genug und stolz darauf in dieser Auswahl zu sein. Ja, wir streiten manchmal, aber stets im Rahmen. Nur Haru brachte Unruhe herein, weil er….sehr gern der Weiblichkeit nachsah.“ „So war deine Ehefrau nicht die Einzige?“ „Aus unserer Gruppe bin ich der Einzige, der verheiratet ist.“ Der Formulierung war dennoch zu entnehmen, dass da etwas anderes gelaufen war. Nun, das würden die anderen Beiden ihm schon sagen müssen. „Du darfst gehen, Katsumi. Aber...“ Er wollte eigentlich nur sagen, dass sich der Wolf zur Verfügung halten sollte, als ihm einfiel, dass der durchaus in der Lage wäre mit seiner Ehefrau die Aussagen abzusprechen. Und er benötigte Sakura noch hier: „Warte draußen, bis ich dich erneut rufen lasse.“ „Ja, wie Ihr wünscht.“ „Und sage den Anderen, sie sollen warten.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Als sie allein waren, blickte der Hundeprinz zu Sakura: „Hinter der Weiblichkeit her?“ „Ich kann dazu wenig sagen, Lord Sesshoumaru,“ erklärte sie: „Ja, ich kannte Haru, er war zu uns Menschenfrauen immer freundlich, zumal für einen Dämonenkrieger, er machte auch manchmal Bemerkungen, aber nie....arge. Von Dämoninnen weiß ich es freilich nicht.“ „Dir fiel er also nie negativ auf?“ „Nein, Lord Sesshoumaru.“ Natürlich nicht, hätte sie fast gesagt. Das gesamte Schloss hielt sie schließlich für seine Geliebte – und da jeder wusste wie Seine Eisigkeit es aufnahm, wenn man Hand an sein Eigentum legte, betrachteten Mensch und Dämon eine Tändelei mit ihr als etwas, das nur ein Masochist mit Selbstmordplänen begonnen hätte. Aber davon wusste er nichts, was zweifellos ihr Glück war. Hosted by Animexx e.V. 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