I Chose To Be Me von -Principessa- (oder never regret) ================================================================================ Kapitel 1: "The" City ?! ------------------------ Even if it ain´t all it seems, I got a pocketful of dreams Baby, I´m from New York Concrete jungle where dreams are made of There´s nothing you can´t do Now you´re in New York These streets will make you feel brand new Big lights will inspire you Let´s hear it for New York, New York, New Yooork. - Empire State of Mind by Alicia Keys Big Apple, the melting pot, die Stadt, die niemals schläft, oder aber schlicht und einfach New York. Es gab viele, mehr oder weniger romantische Bezeichnungen für die Metropole, die Sakura Haruno seit einigen Monaten ihr Zuhause nannte. Ursprünglich kam sie aus Japan, aber wirklich heimisch fühlte sie sich dort schon lange nicht mehr. Die meisten ihrer Freunde waren aus beruflichen Gründen ins Ausland verzogen und auch Sakura bekam zuletzt eine Absage nach der nächsten. Enttäuscht und frustriert beschloss die junge Frau, dem Land des Lächelns den Rücken zuzukehren und in Amerika einen Neuanfang zu wagen. Schließlich sagte man sich, es sei das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Land in dem Träume wahr werden. New York war wohl der einzige Ort auf der Welt, der in Filmen genauso rüberkam, wie er in Wirklichkeit war. Die Sirenen der Polizei- und Feuerwehrwagen, das Gehupe der zur Eile ermahnten Taxifahrer, das Getümmel auf den Straßen, der Dampf, der aus dem Untergrund aufstieg, und die scheinbar unzähligen Lichter der Häuser und Werbetafeln, die die Nacht erhellten und der Stadt ihren Zauber verliehen. Noch keine Sekunde hatte die Frau mit der ungewöhnlichen Haarfarbe ihren Entschluss, nach New York zu ziehen, bereut. Sie wusste, dass es nötig war, um endlich das Leben zu leben, das SIE leben wollte. Sie fühlte sich einfach noch nicht bereit für das, was in Japan auf sie wartete. Zugegeben, es war ein Sprung ins kalte Wasser, doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Schon kurz nach ihrer Ankunft bekam Sakura eine Anstellung als Empfangsdame bei dem renommierten Plattenlabel epic records. Mit dem Gehalt konnte sie zwar keine großen Sprünge machen, aber für ein kleines Zwei-Zimmer-Apartment, unweit vom Plattenlabel entfernt, reichte es. Ihre Chefin Tsunade war ein wahres Geschenk des Himmels. Sie half ihr während der Anfangszeit, sich in New York zurechtzufinden. Sie besorgte Sakura ihr Apartment, erklärte ihr, an wen sie sich wann mit welchen Problemen wenden konnte, und stellte Kontakte zu bedeutenden und einflussreichen Persönlichkeiten her. Kurzum: Hinter der enormen Oberweite und ihrem lauten Organ verbarg Tsunade einen herzensguten Kern. Sie hatte einen Hang zur Spielsucht und war dem Alkohol alles andere als abgeneigt. Dennoch war sie zu einer zweiten Mutter und wirklich guten Freundin geworden. Genauso wenig wie Tsunade wollte die junge Haruno ihre Kollegin und liebe Freundin Temari missen. Temari arbeitete so wie Sakura als Empfangsdame bei epic. Sie hatte blonde, glatte Haare, welche ihr ungefähr bis zum Schlüsselbein gingen, grün-blaue Augen mit unverschämt langen Wimpern und einen leicht gebräunten Teint. Ihre Kleidung war meist ein sportlich-eleganter Mix, wobei Sakura sich ziemlich sicher war, dass Temari selbst in einem alten Kartoffelsack noch gut aussehen würde. Ihre freundliche und aufgeschlossene Art machte es der Blondine leicht, die Menschen in ihrer Umgebung für sie zugewinnen. Sie hatte immer einen frechen Spruch parat und ihr Sarkasmus bescherte ihr schon so manchen pikierten Blick. Die Sabakuno störte das allerdings wenig. Dank Temari war die Arbeit bei epic geprägt von lautem Gelächter, daraus resultierenden Bauchschmerzen und der ein oder anderen Lachträne. Auch ihre beste Freundin Ino Yamanaka lernte Sakura bei dem Plattenlabel kennen. Ino arbeitete als Modejournalistin bei der Zeitschrift teenVogue und war eine sehr sinnliche Erscheinung. Genau wie Temari hatte sie blonde Haare, welche ihr allerdings bis zur Mitte der Brust reichten. Ihre Augen waren mandelförmig und blau wie die See. Sie war ein recht heller Hauttyp und ihr ebenmäßiges Gesicht hatte sehr feine, weibliche Gesichtszüge. Aufgrund ihres Jobs war die Yamanaka in Sachen Mode immer auf dem neuesten Stand und natürlich top gestylt. So etwas wie einen Bad-Hair-Day schien der Blonden völlig unbekannt zu sein, zumindest ließen ihre Haare keinen anderen Schluss zu. Nicht eine einzige Strähne saß nicht da, wo sie nicht hingehörte. Bei ihrer ersten Begegnung shootete gerade eine Band für ihr neues CD-Cover, als Ino vorbei kam, um dafür benötigte Klamotten bei ihr abzuliefern. 30 Sekunden und einen spitzen Schrei später hing die Yamanaka auch schon an Sakuras Hals. Die Rosahaarige trug eine Halskette, die es laut Ino wohl wert war, besonders genau begutachtet zu werden. Eine feine Goldkette mit einem gläsernen Anhänger, in dem einzelne Samen einer Pusteblume verschlossen worden waren. Der quirligen Blondine schien irgendwann jedoch der verdatterte Gesichtsausdruck der Haruno aufgefallen zu sein, denn sie ließ Sakuras Hals wieder Hals sein und zwinkerte ihr lächelnd zu. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Wenn ich Dinge sehe, die mir gefallen, setzt mein Shopping- Überlebensinstinkt ein. Kreischen, um die Konkurrenz zu verwirren, wenn nötig schubsen, um sich Platz zu verschaffen, und zu guter Letzt das Objekt der Begierde solange umklammern, bis ich an der Kasse stehe. Aber keine Angst, ich glaube, ich habe mich jetzt wieder im Griff. Der Rock, den du an hast, ist übrigens auch echt niedlich.“ Danach war die Haruno vorsichtshalber einen Schritt zur Seite gegangen. Nur um sicher zu gehen, dass Ino ihr den Rock nicht vom Leib riss. Trotz oder vielleicht auch wegen Inos kleinem Aussetzer verstanden sich die beiden Frauen prima. Die Yamanaka war ein wahres Energiebündel. Sie konnte reden wie ein Wasserfall, war schlagfertig und ließ sich von niemandem etwas sagen. Wer es wagte, sich beim Shoppen zwischen sie und ein Paar Schuhe zu stellen, brachte sich in Lebensgefahr. Denn neben ihrer charmanten und leicht aufgedrehten Art gab es da noch die aufbrausende und impulsive Seite der Blondine. Dass diese Seite zum Vorschein kam, bemerkte man zuerst an der ungewohnten Stille. Sie hörte einfach auf, zu reden, was für Ino mehr als ungewöhnlich war. Anschließend konnte man beobachten, wie das Gesicht der jungen Frau puterrot anlief und sich die Augenbrauen zusammenzogen, sodass sich tiefe Zornesfalten bildeten. Als nächstes fing ihre Unterlippe an, zu beben, und dann dauerte es nicht mehr lange, bis das große Donnerwetter über einen hereinbrach. In diesem Zustand glich Ino einer Furie und war für alle Argumente oder Beruhigungsversuche taub. Die einzige Möglichkeit, nicht von ihr in der Luft zerrissen zu werden, bestand darin, ihr das zu geben, was sie wollte, oder das Weite zu suchen. Wenn sich Sakura einer Sache sicher war, dann dass sie niemals Inos Zorn auf sich ziehen wollte. Glücklicherweise hatte die Haruno ihre Freundin bisher nur ein Mal so wütend erlebt: Während einer ihrer gemeinsamen Shoppingtouren war Ino von einer anderen Kundin lautstark des Ladendiebstahls bezichtigt worden. Natürlich hatten die Verkäufer dieser Anschuldigung nachgehen müssen und hatten die beiden Freundinnen in einen kleinen Nebenraum gebracht, in dem eine völlig empörte Ino ihre Handtasche ausleeren musste. Als sie dann noch von einer der Angestellten wie eine Schwerverbrecherin abgetastet worden war, war das Maß voll. Am Ende hatte sich natürlich herausgestellt, dass Ino weder in ihrer Tasche noch unter ihrer Kleidung Diebesgut versteckt hatte. Dem Storemanager war die ganze Sache wahnsinnig unangenehm. Nachdem die Yamanaka auch noch gedroht hatte, sie würde in der nächsten Ausgabe der Vogue über diesen „Saftladen“ berichten, bekam sie neben einer formvollendeten Entschuldigung kurzerhand noch einen Shoppinggutschein. „Hier, Ma‘am, der ist für Sie als Entschädigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten.“ Mit der Kundin hätte Ino natürlich auch gerne noch ein Hühnchen gerupft, aber als sie in den Verkaufssaal zurückkamen, war die schon längst über alle Berge. Genauso wie die Bluse, nach der die Blondine gerade greifen wollte, kurz bevor das Miststück sie des Diebstahls beschuldigt hatte. Ino war sich sicher, dass die falsche Schlange in Wahrheit auch hinter der Bluse her war und sie deshalb aus dem Weg geräumt hatte. Für Sakura klang diese Verschwörungstheorie etwas zu abgehoben, entschied sich aber dazu, den Mund zu halten. So erlebte die Rosahaarige ihre ersten Monate in New York. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich wieder irgendwo glücklich. Sie hatte Freunde gefunden, einen Job, der ihr Spaß machte, und ihr kleines, gemütliches Apartment. Sie war weit weg von ihrer Heimat und doch hatte sie endlich ihr Zuhause gefunden. Leider hielt die unbeschwerte Zeit des Glücks nicht lange an. Im Zeitalter der Inflation und Wirtschaftskrisen mussten viele Unternehmen Gelder einsparen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Plattenlabel, in dem Sakura arbeitete, bildete da keine Ausnahme. Tsunade musste Stellen abbauen. Da neben der Beschäftigungsdauer auch soziale Aspekte wie Alter, Familienstand und die Anzahl der Kinder berücksichtigt werden mussten, fiel Tsunades Wahl schweren Herzens auf Sakura. Zuerst hatte die junge Frau das alles für einen üblen Scherz gehalten. Als sie dann jedoch wirklich in dem Büro ihrer Chefin antreten musste und Tsunade permanent an dem Saum ihres Oberteils herumnestelte, schwante Sakura Böses. „Liebes, es tut mir so wahnsinnig Leid. Ich kann dich leider nicht länger bei uns beschäftigen. Viele unserer Klienten sind in den letzten Monaten durch die derzeitige Wirtschaftslage verunsichert worden und abgesprungen. Die dadurch entstandenen Einbußen sind enorm, sodass ich jetzt dringend Kosten reduzieren muss. Ich kann mir zurzeit einfach keine zweite Empfangsdame leisten. Ich wünschte, ich könnte anders entscheiden, aber mir bleibt leider keine andere Wahl.“ Widerwillig schob die Blonde ihrer Freundin die Kündigung über den Schreibtisch hinweg zu. In ihren Augen konnte die Rosahaarige aufrichtiges Bedauern erkennen. Sakura machte ihr keine Vorwürfe deswegen, in ihrer Lage hätte die junge Frau vermutlich genauso gehandelt. Dennoch saß der Schock tief. Bis zum Ende des nächsten Monats musste Sakura eine neue Stelle finden oder sie würde auf der Straße landen. Tsunade versprach zwar, ihr ein hervorragendes Arbeitszeugnis auszustellen, aber im Zweifel konnte sie ihre Miete davon auch nicht bezahlen. Das hieß für Sakura also erneut Bewerbungen schreiben. Gespanntes Warten und Hoffen nur um am Ende wieder eine Absage in den Händen zu halten. Welche Unternehmen würden in dieser Situation denn schon neue Mitarbeiter einstellen? Vermutlich keine. Als Temari von der Kündigung ihrer Arbeitskollegin erfuhr, stürmte sie sofort in Tsunades Büro. „GRANNY! Sag mal, hast du dein Hirn letzte Nacht verwettet oder versoffen?! Wie kommst du dazu, Sakura zu kündigen?! Seit Monaten reißt sie sich den Arsch für dich auf, macht ohne zu murren Überstunden, sogar deine völlig verkorkste Buchhaltung hat sie wieder hingekriegt und zum Dank setzt du sie einfach vor die Tür?! Du hast doch gelitten, hast du!!!“ „Nicht in diesem Ton, Temari! Ich kann dich gut leiden und rechne es dir hoch an, dass du dich für Sakura einsetzt. Aber im Moment sprichst du als Mitarbeiterin mit deiner Chefin und ich lasse es gewiss nicht zu, dass du das in dieser Art und Weise tust! Ich habe Sakura die Gründe für meine Entscheidung erklärt. Es ist mir nicht leicht gefallen und ich habe nicht als Freundin sondern als Chefin dieses Plattenlabels gehandelt. Jetzt möchte ich dich bitten, wieder an die Arbeit zu gehen, ich habe zu tun.“ Die Sabakuno stapfte wütend davon und knallte die Bürotür hinter sich zu. »Alte Schreckschraube!« Na ja, sie hatte es wenigstens versucht … Zwei Wochen waren seitdem vergangen und der Haruno lief langsam die Zeit davon. Sie hatte an so gut wie alle größeren Unternehmen eine Bewerbung geschickt und bisher noch nicht einmal eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekommen. Mit jedem Tag, der verstrich, sah die junge Frau sich deutlicher im nächsten Flieger nach Japan sitzen. Es war zum Verzweifeln. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würde sie tatsächlich schon bald wieder in ihrer ungeliebten Heimat sitzen, ob sie das nun wollte oder nicht. Das Wunder stand eine weitere Woche später in Form von Ino Yamanaka vor ihrer Haustür. Es war früh am Morgen und Sakura nippte gerade an ihrem Kaffee, als es klingelte. Die Rosahaarige war müde und hatte schlechte Laune. Gerade als die junge Frau beschloss, einfach so zu tun, als ob sie nicht da wäre, kam besagter Störenfried auf die Idee, Sturm zu klingeln. „Jaaa! Herr Gott nochmal, ich bin unterwegs!“, brüllte sie und riss gereizt die Tür auf. „Guten Mooor… Ach du Scheiße, Sakura, wie siehst du denn aus?!“, fragte die Blonde entsetzt. „So als ob ich gerade erst aufgestanden bin?? Ich wünsch dir übrigens auch einen guten Morgen!“ In der Zwischenzeit hatte Ino sich an ihrer Freundin vorbeigedrängelt und war auf dem Weg in die Küche. „Nein Ino, du störst nicht, komm doch rein“, murmelte Sakura ihr noch sarkastisch hinterher, ehe sie die Haustür schloss. Als die Haruno in die Küche kam, saß Ino bereits am Küchentisch. Sie hatte sich Sakuras Tasse geschnappt und sah sie erwartungsvoll an. Nachdem sich Sakura eine neue Tasse Kaffee eingegossen hatte, setzte sie sich ihrer Freundin schweigend gegenüber. Irgendwann würde die Blonde sie schon mit dem Grund ihres Besuches erleuchten. Bis es so weit war, wartete die Rosahaarige einfach darauf, dass ihre Lebensgeister erwachten. „Wirst du mich irgendwann fragen, warum ich hier bin, oder möchtest du weiter Löcher in die Luft starren?“, fragte die Yamanaka nach einigen Minuten leicht beleidigt. „Nein, ich brenne darauf, den Grund zu erfahren. Also? Warum quälst du mein armes Gehör zu einer so unchristlichen Zeit mit der Türklingel?“ Ein zufriedenes Lächeln huschte über Inos Gesicht. „Ganz einfach, weil wir heute noch viel vorhaben. Ich habe ein bisschen herumtelefoniert und mich nach Jobs für dich erkundigt. Naruto Uzumaki, ein Bekannter von mir, ist ein ziemlich hohes Tier bei Uchiha Real Estate. Er hat mir erzählt, dass sein bester Freund, zufällig der Chef des ganzen Ladens, eine Sekretärin Schrägstrich persönliche Assistentin sucht. Du sollst heute noch deine Bewerbung vorbeibringen und mit ein bisschen Glück hast du in zwei Tagen ein Vorstellungsgespräch. Naruto hat mir jedenfalls versprochen, dass er zumindest dafür sorgen wird, dass du es unter die letzten Drei schaffst. Vorausgesetzt deine Bewerbung ist dementsprechend. Aber mit einem abgeschlossenem BWL-Studium dürfte das ja eigentlich kein Problem sein. Naa, wie bin ich?“ Sakura blinzelte ein paar Mal ungläubig, bevor sie ihr laut kreischend um den Hals fiel. „Oh mein Gott, Ino! Das fragst du noch? Du bist großartig!! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Wie hast du das nur wieder hingekriegt? Ich schreibe seit Wochen wie eine Blöde Bewerbungen, ohne etwas zu erreichen, und du telefonierst ein paar Mal und verschaffst mir zumindest die Chance auf einen Job. Vielen, vielen Dank!“ „Schätzchen, ist dir das Cape auf meinem Rücken denn nicht aufgefallen? Ich bin Superwoman! Wenn dir jemand deinen süßen Hintern rettet, dann bin ich das! Oder meinst du, ich würde zulassen, dass du wieder ans andere Ende der Welt verschwindest?“ „Hmh, Superwoman also? Dann hoffe ich für dich, dass du die Ausgabe mit Rock bist. Den Fauxpas mit der Unterhose kannst du dir in deinem anderen Job nämlich echt nicht leisten“, kicherte die Haruno. „Natürlich bin ich die mit Rock. Sag mal, was hältst du von mir?! Apropos Fauxpas … Jetzt kommen wir zu dem Grund, weshalb ich eigentlich hier bin: dein Outfit!“ „Ino, ich habe noch nicht mal mit der Bewerbung angefangen, da mach ich mir jetzt bestimmt noch keine Gedanken darüber, was ich bei einem Vorstellungsgespräch anziehe, zu dem ich VIELLEICHT eingeladen werde!“ „Ach Papperlapapp, natürlich wirst du eingeladen. Außerdem ist es für ein gutes Outfit nie zu früh und schon gar nicht für ein so Wichtiges! Du drückst damit aus, wer und wie du bist – es repräsentiert dich. Und jetzt ist es Zeit für einen Blick in deinen Kleiderschrank!“ Die junge Frau gab sich geschlagen und führte ihre Freundin in ihr Schlafzimmer. Während sie sich geräuschvoll auf ihr Bett schmiss, machte sich Ino daran, ihre Klamotten zu durchforsten. Die Blonde schien einen Radar für Modesünden zu haben, denn das erste, was sie aus dem Schrank zog, war ein uraltes, graues Kostüm. „Ooookay … Es ist grau, gefühlte 50 Jahre alt und hängt in deinem Kleiderschrank, weil…?“ „Es ein Geschenk von meiner Mutter ist. Wenn es mal groß ist, träumt es von einer Karriere als Zirkuszelt. Ich hatte Mitleid mit ihm, weil es offenbar an Größenwahn leidet, darum habe ich ihm Unterschlupf in meinem Schrank gewährt …“ „Du hast nicht vor, es zu tragen?“ „Nein! Gott, Yamanaka … Denkst du wirklich so schlecht von mir?!“, lachte Sakura gespielt empört. Ino atmete erleichtert aus. „Gott sei Dank! Die Person, die das mal entworfen hat, gehört ins Exil geschickt und deine Mutter gleich mit! Wie kommt sie dazu, dir so etwas Abscheuliches zu schenken? Es ist geschnitten wie ein Sack, der Rock geht übers Knie und die Jacke – ich weigere mich dieses Ding Blazer zu nennen – verdeckt deine zwei schlagendsten Argumente. Es … ist grauenvoll!“ „Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist, als sie dieses Teil gekauft hat … Meine Mutter und ich waren uns noch nie einig, wenn es um Mode geht. Überhaupt sind wir sehr verschieden. Sie hat keine Ahnung, wie ich bin, was mir wichtig ist oder was für einen Geschmack ich habe. Es vergeht so gut wie kein Treffen, an dem wir nicht streiten. Sie ist herrisch, arrogant und ziemlich versnobt. Der Tag, an dem sie sich eingesteht, dass sie im Unrecht ist, muss erst noch erfunden werden. Ich glaube, ihre ‚Geschenke‘ sind pure Schikane. Als ich noch in Japan gelebt habe, kam sie mich gelegentlich besuchen. Jedes Mal ist sie wie eine Raubkatze durch meine Wohnung getigert und hat überprüft, ob ich ihre Geschenke noch habe und ob sie auch genügend zur Geltung kommen. Wandteller, gehäkelte Tischdeckchen, Keramikfiguren … sowas eben. Das ganze Zeug war in einer Kiste eingemottet. Immer wenn es hieß, dass sie mich besuchen kam, musste ich den ganzen Plunder wieder aufstellen, das war vielleicht nervig! Und wehe etwas stand an einem anderen Platz als das letzte Mal oder war womöglich ganz verschwunden. Dann sei ich undankbar und wüsste Geschenke nicht zu würdigen. Danach fiel ihr wieder ein, dass ich kaltherzig sei und ich sie sowieso aus meinem Leben ausschlösse. Meist ergab dann ein Wort das andere und sie rauschte irgendwann wütend von dannen. Der ganze Krempel flog wieder zurück in den Karton und verschwand in der hintersten Ecke meiner Wohnung – zumindest bis zu ihrem nächsten Besuch. Dieses graue Ungetüm ist, glaube ich, noch ein Überbleibsel aus dieser Zeit. Ich werde es bei Gelegenheit in die Altkleidersammlung schaffen.“ „Oh man, diese Frau ist mir jetzt schon unsympathisch! Aber sag mal, wie hast du sie dazu bekommen, dich nach New York ziehen zu lassen? Ich meine, sie war ja damals schon der Meinung, dass du sie nicht an deinem Leben teilhaben lässt, und jetzt wohnst du immerhin am anderen Ende der Welt …“ „Ganz einfach indem ich es weder ihr noch meinem Vater erzählt habe.“ „Wie, indem du es ihnen nicht erzählt hast? Du hast das Land verlassen, ohne deinen Eltern ein Wort davon zu sagen?!“ „Genau. Na ja fast … Ich habe sie schon wissen lassen, dass ich Tokyo verlasse. Ich habe nur nicht erwähnt, wohin ich gegangen bin.“ „Sakura, es sind deine Eltern! Du kannst doch nicht einfach so verschwinden! Die Ärmsten sind sicher schon ganz krank vor Sorge!“ „Ino, bitte. Es ist kompliziert. Ich verspreche, dass ich es dir irgendwann mal erklären werde, aber jetzt möchte ich wirklich nicht darüber reden.“ Ino seufzte resigniert. „Weiß denn wenigstens irgendjemand, wo du bist?“ „Ja, Gaara, mein bester Freund. Er hat mir dabei geholfen, zu verschwinden, und versucht sie jetzt auf eine falsche Fährte zu locken, falls meine Eltern anfangen, nach mir zu suchen.“ „Na schön … Aber du solltest wissen, dass ich dein Verhalten nicht gut finde.“ „Ich weiß … Aber es war die einzige Möglichkeit, die ich gesehen habe, um endlich glücklich zu werden. Früher oder später werden sie mich finden und dann hat das ganze Versteckspiel sowieso ein Ende. Bis es soweit ist, bitte ich dich einfach darum, mir zu vertrauen.“ „Süße, ich vertraue dir ja. Aber wovor auch immer du davonläufst, irgendwann wird es dich einholen und ich hoffe, dass du dann damit umgehen kannst.“ „Das hoffe ich auch.“ Die Blonde umarmte ihre Freundin aufmunternd und beschloss, dass es Zeit war für einen Themenwechsel. „So, jetzt ist Schluss mit Trübsal blasen. Wir sind hier in New York und du hast demnächst ein Vorstellungsgespräch! Mit diesem grauen Monstrum könntest du maximal einem religiösen Orden beitreten. Das heißt, es wird höchste Zeit, einkaufen zu gehen. Seriös, ja. Aber nicht bis obenhin zugeknöpft!“ „Ähm … Sag mal, musst du heute gar nicht arbeiten?“ „Was? Doch natürlich.“ „Es ist kurz vor Elf … Bist du da nicht schon ein kleines Bisschen spät dran?“ „Oh, verdammte Scheiße! Ich bin mehr als nur ein Bisschen spät dran, mein Redakteur wird mich umbringen! Saku, ich muss los. Du machst dich und deine Bewerbung fertig und heute Nachmittag gehen wir shoppen. Keine Widerrede! Bis später, hab dich lieb!“ Die Blonde hetzte zur Haustür. Das Letzte, was Sakura hörte, war, wie sie die Tür hinter sich zu zog. Ino war schon eine Nummer für sich … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)