Berliner Nächte von Jeschi ================================================================================ Kapitel 9: Eisprinz ------------------- „Dir ist schon klar, dass ich nicht Schlittschuhlaufen kann, oder?“, fragt mich Dominik, während wir gemütlich frühstücken. „Macht nichts. Ich kann es ja auch nicht,“ gebe ich zu und schmiere mir mein Brötchen. Er schüttelt entsetzt den Kopf. Offenbar war das nicht die Antwort, die er hören wollte. „Und dann bringen wir es uns gegenseitig bei oder wie?“, fragt er und ich nicke. „Wird sicher lustig,“ lache ich, als er mich nur ungläubig anguckt. „Entspann dich mal, Dominik!“, bitte ich ihn. „Ich weiß, du hast Angst, uns könnte jemand sehen. Aber ich bin sicher, wir werden Spaß haben!“ Er nickt und blickt sein Brötchen an, das er reichlich mit Marmelade beschmiert hat. „Wir machen uns sicher voll zum Affen,“ stellt er dann fest und ich grinse. „Dann macht es doch am meisten Spaß.“ Wirklich davon überzeugt wirkt er nicht. Im Gegenteil. Er blickt skeptisch drein, während er sein Brötchen isst. Fast ist es, als würde er erwarten, dass sein Brötchen ihm offenbart, dass es ein toller Tag wird. Aber natürlich tut es nichts dergleichen und deshalb behält er diesen Blick auch bei, als wir schon dabei sind, den Tisch abzuräumen. „Wir könnten auch ins Kino oder so,“ schlägt er vor und ich muss grinsen, während ich die Teller abwasche und er neben mir steht und unruhig am Geschirrtuch herum fummelt. „Nein,“ erwidere ich knapp und streng und er verzieht den Mund. „Oder-“, ich lasse ihn nicht mal ausreden, sondern sehe ihn sofort böse an, was ihn verstummen lässt. Belustigt reiche ich ihm den ersten Teller. „Jetzt stell dich nicht so an,“ bitte ich ihn und er schaut aus Hundeaugen zurück, von denen ich nicht weiß, ob er mich damit erweichen will oder ob sie symbolisieren sollen, dass er nachgibt. „Ich stelle mich gar nicht an,“ murmelt er, aber das kaufe ich ihm natürlich nicht ab. Es ist ja ganz offensichtlich, dass er krampfhaft nach einer Ausrede sucht, um nur nicht mit mir in die Eishalle zu müssen. „Du kannst dein Leben nicht davon abhängig machen, was andere über dich sagen könnten,“ ermahne ich ihn, erhalte aber keine Antwort. Wenigstens widerspricht er mir auch nicht, sondern trocknet nur stumm den zweiten Teller und das Besteck ab. Wenig später sind wir fertig und ziehen uns in unsere Zimmer zurück, um uns umzuziehen. Ich schlüpfe in meine Jeans und einen dicken Pulli und frage mich, ob ich tatsächlich zu viel von ihm verlange. Mir ist schon klar, dass er sich wie im Himmel fühlen muss, mal nicht der Mittelpunkt der Lästereien zu sein. Andererseits kann er sich nicht immer nur zu Hause verstecken. Erst geht er nicht fort, weil er nicht von allen Seiten schief angesehen werden will und dann geht er nicht fort, weil er nicht erneut von allen Seiten schief angesehen werden will. Es wird wirklich höchste Zeit, dass jemand kommt und ihn aus seiner Isolation befreit. Und auch wenn er der Meinung ist, dass dies noch ein paar Wochen Zeit hätte, bin ich der Meinung, dass es lieber schon ein paar Wochen eher hätte geschehen müssen. Deswegen bleibe ich auch unerbittlich, egal wie sehr er jammert. Entschlossen wickle ich mir einen Schal um, ehe ich mein Zimmer verlassen und nachsehe, wie weit er ist. Ich schwitze jetzt schon. Wir haben zwar schon November, aber so richtig kalt ist es noch nicht und ich habe mich auch nur für die Eishalle so dick angezogen. Ich werde sicher zerfließen, bevor wir überhaupt dort angekommen sind. „Domi?!“, frage ich und klopfe kurz an. Von drinnen höre ich ein Brummen, was ich als Zeichen verstehe, eintreten zu dürfen. Das tue ich dann auch. Er schlüpft gerade in einen Pulli und sieht nicht besonders glücklich aus, beschwert sich aber nicht mehr. Ich bin sicher, wenn wir erstmal dort sind, dann wird es ihm gefallen. „Mach einen Schal ran, ja. Nicht, dass du dich erkältest,“ bitte ich ihn und er blickt mich amüsiert an. „Ja, Mami,“ grinst er und ich ziehe eine Schnute, belasse es aber dabei. Besser, er macht sich über mich lustig, als wenn er die ganze Zeit eine Null-Bock-Stimmung an den Tag legt. Dann sind wir endlich fertig, schlüpfen in unsere Jacken und gehen los. Als wir bei der Eishalle ankommen, ist diese schon gut gefühlt. Das überrascht mich ein wenig. Wir sind zwar nicht sonderlich früh, aber sicher auch nicht wirklich spät dran. Dominik sieht sich schon wieder paranoid um, aber ich ignoriere es einfach. Mir ist schon klar, dass er ein wenig brauchen wird, um sich entspannen zu können und ich schätze, ich helfe ihm nicht, wenn ich ihn immerzu damit voll labere. Deswegen ziehe ich ihn schweigend mit mir und bezahle unseren Eintritt. Das lenkt ihn zumindest kurzzeitig ab und ich darf mir ein paar Minuten anhören, dass er es sehr wohl auch alleine bezahlen kann. „Jetzt reg dich mal ab. Ich hab dich gezwungen mitzukommen, dann kann ich es dir auch bezahlen,“ maule ich, was ihn nur wenig überzeugt. Er beschwert sich noch, bis wir uns Schlittschuhe ausgeliehen haben und uns dann in eine Ecke hocken und sie anziehen. „Mir ist jetzt schon schlecht,“ verkündet er und ich muss lachen. „Warum vertraust du mir nicht einfach mal, dass es total lustig wird?“, frage ich ihn und er zuckt mit den Schultern und lässt sich aufhelfen. Ich will ihm gerade erklären, dass wir uns gegenseitig ein wenig stützen sollten, als ich merke, dass er mir gar nicht zuhört. Ich folge seinem Blick. „Da vorne ist wer aus der Uni,“ jammert er und tatsächlich sehe ich dort ausgerechnet Linda und ein anderes Mädchen stehen. Ich beiße mir auf die Lippen und frage mich, ob wohl auch Ann-Kathrin hier ist. Sie scheint sich ja gut mit Linda zu verstehen. Aber er sieht so aus, als wären die beiden Mädchen alleine. „Ist doch auch egal,“ versuche ich unbekümmert zu bleiben und ziehe ihn dann mit mir. Ist mir wirklich egal. Linda ist zwar nervig und mit Ann-Kathrin befreundet, aber nach meiner Ansage beachtet eh niemand mehr Ann-Kathrins dummes Gerede. Außerdem will ich mir den Tag definitiv nicht von Linda kaputt machen lassen. Deswegen helfe ich Dominik aufs Eis und steige dann ebenfalls darauf. Ich komme einen ganzen Meter weit, dann lande ich bereits auf dem Hinter und muss mich von Dominik auslachen lassen, der noch steht – auch wenn er sich an die Bande klammert. „Das ist nicht witzig!“, murre ich und stehe umständlich auf. Wieder auf den Beinen, suche ich ebenfalls Schutz an der Bande und blicke mich um. Wir scheinen die einzigen zu sein, die noch nie auf Schlittschuhen standen. Alle anderen drehen fröhlich ihre Runden und bedenken uns mit einem nachsichtigen Lächeln. Nur ein kleines Mädchen kriegt gerade noch von ihrer Mutter gezeigt, wie sie sich bewegen muss. Wir ahmen es ihr nach und müssen frustriert feststellen, dass sie es viel schneller raus hat, als wir. „So schaffen wir niemals auch nur eine Runde,“ lacht Dominik und hangelt sich am Rand entlang, immer bereit, sich an der Bande abzufangen. Dabei macht er immer noch eine bessere Figur wie ich. Ich stolpere hinter ihm her und laufe mehr, als dass ich gleite. Irgendwann hat er es raus und ich bin frustriert. „So schwer ist es gar nicht,“ verkündet er mir, während er an mir vorbeisaust und mich einfach stehen lässt. Ich sehe ihm böse nach und werde eine Minute später wieder von ihm eingeholt. Offensichtlich ist das einzige, was er nicht geübt hat, das Bremsen, denn er kommt nicht rechtzeitig zum stehen und stößt gegen mich. Hilflos werde ich mit nach unten gerissen und wir landen nebeneinander auf dem Eis. „Gerade hatte ich meine erste Runde, da wirfst du mich um,“ maule ich und sehe ihn böse an. Ihn stört das wenig. Er kugelt sich vor Lachen herum und das stimmt mich schnell wieder fröhlich, weil es ja mein Ziel war, dass er auch mal ein wenig Spaß hat. „Komm steh auf, dann zeig ich es dir noch mal, ja?“, bietet er sich dann an und hilft mir wieder hoch. Ich komme mir ziemlich bescheuert vor, weil ich der einzige bin, der seine Motorik nicht kontrollieren zu können scheint. Dominik reicht mir seine Hände und ich ergreife sie und lasse mich mit ihm ziehen. „Kannst du mal langsam machen, ich komme ja gar nicht nach,“ lache ich, weil er mich mehr mit sich zieht, als mir beim laufen hilft. „Sorry,“ meint er und wird sofort langsamer. Ich versuche, mich ganz auf meine Beine und Füße zu konzentrieren, was schwer ist, weil ich ständig gucken muss, dass er nicht noch jemanden umfährt. Immerhin fährt er rückwärts. „Sei vorsichtig,“ bitte ich ihn und dirigiere ihn in die richtige Richtung, ehe er noch jemanden umfährt. Wir fahren mehrere Runden und irgendwann habe ich es raus und lasse ihn los. Tatsächlich gleite ich dann einige Mal alleine ums Eis. Und es macht wirklich richtig Spaß. Ich strahle Domi an, als ich es endlich schaffe, eine Runde komplett neben ihm zu fahren, ohne, dass er mich abhängt. Irgendwann lehnen wir uns dann gegen die Bande, um eine Pause zu machen. „Jetzt bist du froh, mitgekommen zu sein, was?“, frage ich ihn und er nickt und lächelt mich an. „Bis jetzt uns auch noch niemand doof angeschaut,“ freut er sich und ich bin erleichtert, dass ihm das aufgefallen ist. Wenn ich etwas nicht hätte gebrauchen können, dann, dass er die ganze Zeit seine Paranoia beibehalten hätte. „Okay, mir wird kalt. Entweder trinken wir erst mal was, oder fahren noch eine Runde,“ verkünde ich dann und so beschließen wir, dass Eis zu verlassen und uns mit einem Kakao aufzuwärmen. Wenig später sitzen wir zufrieden neben der Eisfläche und beobachten die anderen. „Danke,“ nuschelt Dominik leise und sieht mich dabei verlegen an. Offenbar ist es ihm im Nachhinein peinlich, wie er sich dagegen gewehrt hat. Ich nicke nur und belasse es dabei. Ich weiß ja, dass er einfach nur Angst hatte. Entspannt schlürfen wir unseren Kakao und kichern über Linda und ihre Freundin, die versuchen, möglichst elegant an ein paar Jungs vorbeizulaufen und dabei prompt ins rutschen geraden. Fast wären sie umgefallen. „Wir müssen unbedingt irgendwann mal wieder hierher kommen,“ bittet er mich und ich nicke. „Ganz dringend.“ Ich nehme noch einen Schluck Kakao und werde plötzlich auf etwas aufmerksam: Da unten steht Maria auf dem Eis, Hand in Hand mit einem hässlichen Typen, den ich nicht kenne. Sie scheinen wahnsinnig viel Spaß zu haben, während er sie übers Eis zerrt und dabei immer schneller wird. Schadenfroh beobachte ich, wie sie irgendwann gegen das kleine Mädchen von vorhin stoßen und so richtig von deren Mutter zur Sau gemacht werden. „Bist du immer noch nicht über sie hinweg?“, fragt mich Dominik und hat dabei einen Gesichtsausdruck aufgelegt, den ich nicht richtig deuten kann. „Doch,“ versichere ich ihm. „Aber es ärgert mich, dass ich offenbar nicht gut genug für sie war, um für eine Beziehung zu taugen. Der Typ dort scheint wohl eher geeignet.“ Ich verziehe den Mund und komme mir einmal mehr ausgenutzt vor. Jetzt weiß ich, warum es für Mädchen so schrecklich ist, wenn ein Typ sie nur flachlegt und dann abserviert. „Wahrscheinlich warst du eher zu gut für sie,“ nuschelt Domi und nickt zu dem Kerl. „Guck ihn dir doch an. Den sein IQ ist doch nicht höher wie 10.“ Ich muss lachen und komme zu dem Schluss, dass er Recht hat. Wahrscheinlich sind sie gar nicht zusammen, sondern erst ist nur so blöd, sich auf diese Fickbeziehungssache einzulassen. „Ich bin froh, jetzt mit dir hier zu sein und nicht mit ihr,“ verkünde ich Dominik. „Auf so eine Tussi habe ich nämlich gar keine Lust.“ Er lächelt mich an und trinkt seine Tasse leer. „Auf eine weitere Runde?“, fragt er dann und ich nicke. Sekunden später stehen wir wieder auf dem Eis. Wir sind noch nicht ganz eine Runde gekommen, als neben uns zwei Mädchen auftauchen und uns freudig angrinsen. „Hi,“ sagt die eine und die andere winkt dämlich dazu. „Hallo,“ erwidere ich freundlich und Domi ringt sich zumindest ein Lächeln ab. „Habt ihr Lust, mit uns ein paar Runden zu drehen?“, fragt die, die bereits ‚Hi’ gesagt hat und ich stimme zu. „Cool. Ich bin Anne und das ist Melissa,“ klärt sie mich auf und deutet auf das stille Mädchen neben sich. Ich schenke beiden ein weiteres Lächeln und stelle uns vor. „Kommt ihr öfters her?“, fragt mich Anne und ich erkläre ihr, dass wir das erste Mal hier sind und gerade erst gelernt haben, wie man sich überhaupt auf Schlittschuhen bewegt. Kurz darauf ziehe ich meine Kreise mit ihr und habe Dominik bei Melissa gelassen. Sie scheinen beide wenig zu sagen zu haben. Melissa sieht ziemlich schüchtern aus und Dominik ist das Desinteresse ins Gesicht geschrieben. Ich beschließe, bald wieder zu den Beiden zu stoßen, aber erst möchte ich mich noch ein wenig mit Anne unterhalten. Sie scheint nett zu sein und sieht gut aus. Außerdem ist sie nicht so seltsam, wie es Elisa gewesen ist. „Dein Freund scheint nicht so viel Interesse an Melissa zu haben. Eigentlich schade, sie fand ihn sehr süß,“ klärt mich Anne auf und ich zucke mit den Schultern. Ich möchte ihn nicht vor ihr outen, dass kann er selbst tun. „Ich glaube, die Zwei sind einfach beide ziemlich schüchtern,“ winke ich ab und ziehe Anne über das Eis, wie es zuvor schon der Typ mit Maria gemacht hat. Nur mit den Unterschied, dass wir dabei nicht so lächerlich aussehen und andere Leute mit uns reißen. „Was habt ihr danach noch vor?“, fragt mich Anna und ich zucke mit den Schultern. So richtig habe ich darüber nicht nachgedacht. „Ihr?“, frage ich sie deshalb, aber auch sie zuckt mit den Schultern. „Vielleicht irgendwo einen Kaffee trinken oder was essen,“ erklärt sie mir und ich nicke. „Klingt gut, vielleicht gehen wir mit.“ Wir fahren noch einige Zeit alleine, ehe wir wieder zu Melissa und Dominik stoßen. „Na, hattet ihr Spaß?“, frage ich sie und ernte einen bösen Blick von Domi und einen roten Kopf von Melissa. Also nein. „Ich habe Jasper gerade erzählt, dass wir dann noch was trinken gehen wollen. Wäre doch cool, wenn die Zwei mitgehen würden, oder Lissi?“, fragt Anne und tuschelt und kichert mit ‚Lissi’ herum. Ich blicke indes Dominik vorwurfsvoll an. „Du hättest dich wenigstens nett mit Melissa unterhalten können,“ rüge ich ihn und er blickt nur böse zurück. „Ich dachte, dass wir den Tag zusammen verbringen würden, aber du musstest ja unbedingt wieder auf Flirtkurs gehen,“ faucht er zurück und sieht ziemlich missgestimmt aus. Ein wenig ein schlechtes Gewissen bekomme ich daraufhin schon. In der Tat war es eigentlich mein Plan gewesen, etwas mit ihm zu unternehmen. Andererseits schließt das ja nicht aus, jemanden kennen zu lernen. Hauptsache, wir verbringen den Tag zusammen. Das sage ich ihm auch und er zuckt nur mit den Schultern und ignoriert mich dann genauso, wie vorher Melissa. „Wie wäre es, Jungs? Fahren wir noch fünf Runden, ehe wir gehen?“, fragt uns in dem Moment Melissa – ich wusste nicht, dass sie überhaupt weiß, wie man redet – und wir stimmen zu. Anne möchte sich gerade wieder an mich ran hängen, aber ich habe noch ein Hühnchen mit Domi zu rupfen. Ich packe sein Handgelenk und zerre ihn hinter mich her, bedeute Anne, dass ich kurz mit ihm reden will. „Du brauchst gar nicht auf mich einzureden. Von mir aus kannst du mit den Tussen ja noch was trinken gehen, aber ich gehe nach Hause,“ mault er, kaum dass wir außer Hörweite sind. „Hör mal, ich finde Anne sehr nett und würde sie gerne näher kennen lernen, ja. Aber ich möchte den Tag trotzdem mit dir verbringen. Also sei doch bitte nicht eingeschnappt. Was ist denn jetzt los, Domi?“ Er zuckt mit den Schultern. „Du wolltest mit mir fort und dann lässt du mich einfach alleine,“ mault er und ich muss lächeln. „Ich werde nicht mehr mit Anne alleine losziehen, ja?“, biete ich ihm an. „Und wenn wir den Kaffee getrunken haben, dann gehen wir alleine nach Hause und gucken gemütlich unsere DVDs, wie geplant. Okay?“, frage ich und er nickt, sieht aber nicht sehr glücklich aus. „Und die letzen Runden gehören nur dir,“ versichere ich ihm und fasse seine Hand, um ihn hinter mir herzuziehen. Ich glaube, er möchte weiterhin böse auf mich sein, aber je schneller wir werden, desto schneller verschwinden seine bösen Gedanken und irgendwann schimpft er nur auf mich ein, ich soll langsamer machen. Mache ich natürlich nicht, bis wir irgendwann ins schleudern geraten und gegen die Bande knallen. Kichernd kommen wir zum stehen und ich sehe ihn zufrieden an. „Wenn du lachst, siehst du viel süßer aus, als wenn du so miesepetrig aus der Wäsche guckst.“ Er will gerade etwas erwidern, aber da stoßen auch schon die Mädels zu uns. „Fertig?“, fragt Anne und blickt irritiert auf meine Hand, die immer noch Domis in seiner hält. Ich lasse ihn los und nicke. „Ferig!“ Kurz darauf sitzen wir in einem kleinen Café, schlürfen unseren heißen Kaffee und mampfen unser Baguette. „War voll cool mit euch,“ verkündet uns Anne und lächelt dabei insbesondere mich an. „Fand ich auch,“ stimme ich ihr zu. Melissa und Dominik schweigen. Ich muss ein wenig grinsen, weil er so stur ist. Ein wenig tut mir Melissa ja Leid. Sie versucht mehrmals, Domi auf sich aufmerksam zu machen oder zumindest Blickkontakt aufzunehmen, aber er schaut schweigend sein Baguette an, als wäre es das Interessanteste auf der Welt. „Was macht ihr heute Abend?“, fragt mich Anne und ich erzähle ihr von unserem DVD-Abend. „Klingt cool,“ stellt sie fest und blickt kurz zu Melissa. „Könnten wir auch mal wieder machen, was, Lissi?“, fragt sie diese und erhält nur ein Schulterzucken zur Antwort. Als weder Melissa noch ich reagiere, blickt sie mich wieder an. „Oder wir schließen uns euch einfach an?“ Ehe ich etwas sagen kann, brummt Dominik ein ‚Nein’ und hat sofort die gesamte Aufmerksamkeit. Er scheint aber keine Erklärung dazu abgeben zu wollen, also bleibt das wieder an mir hängen. „Sorry, aber das ist so ein Ding zwischen uns… Wir gucken eh nur totale Männerfilme, also wäre euch sicher eh langweilig,“ versuche ich zu erklären, aber wirklich besänftigen tut es die beiden Mädchen nicht. Melissa sieht verletzt aus – wahrscheinlich denkt sie, dass Dominiks ‚Nein’ eine klare Ablehnung ihrer Person war – und Anne wirkt eher irritiert. „Du kannst mir ja deine Nummer geben, dann können wir irgendwann die Tage noch mal was zusammen unternehmen,“ biete ich ihr an und sie nickt nur holt ihr Handy hervor. Wir tauschen unsere Nummern aus, aber das hebt die Stimmung auch nicht mehr. „Sorry, er hat das nicht so gemeint, wie es rüber kam,“ entschuldige ich mich bei den beiden Mädels. „Doch,“ widerspricht Domi mir aber sogleich. Ich sehe ihn böse an. „Kann dich mal kurz sprechen, ja?“, bitte ich ihn und zerre ihn erneut mit mir. In einer anderen Ecke des Cafès sehe ich ihn böse an. „Was soll das denn? Die arme Melissa ist jetzt total fertig mit den Nerven und Anne findet uns wahrscheinlich auch total bescheuert.“ „Ist mir egal,“ mault er und verschränkt die Arme. Ich seufze. „Hör mal, ich finde Anne sehr nett, okay. Vielleicht wird was aus uns. Mach mir das doch bitte nicht kaputt,“ bitte ich ihn und er blickt böse zu ihr, ehe er die Schultern zuckt. „Dann viel Spaß noch mit ihr. Ich hau jetzt ab.“ Ich packe seine Arme, ehe er auch nur den Versuch unternehmen kann, abzuhauen. „Was ist denn nur los mit dir?“, frage ich ihn genervt und er antwortet nicht, sondern weicht nur meinem Blick aus und kaut auf seiner Lippe herum. „Ich habe mich darauf gefreut, den Tag mit dir zu verbringen, aber du hast ja nur Augen für Anne,“ nuschelt er dann und ich blinzle und bekomme wieder ein schlechtes Gewissen. „Dominik,“ beginne ich, weiß aber nicht, was ich sonst sagen soll. „Wir sind doch zusammen und wenn du nicht so doof aus der Wäschen gucken würdest, dann hätten wir jetzt sicher ein wenig Spaß zu viert. Und…“ Ich breche ab und blicke zu Anne und Melissa, die die Köpfe zusammengesteckt haben und diskutieren. „Dominik,“ dränge ich und er nickt nur. „Aber den DVD-Abend machen wir alleine!“, bestimmt er und ich nicke. „Versprochen.“ Als wir wieder zu den Beiden zurückkommen, sind die Zwei eher verhalten gegenüber Dominik. Ich unterhalte mich noch ein wenig mit Anne und sehe zu, dass ich Dominik in unser Gespräch einbinden kann. Lange hält das aber nicht an und deswegen beschließe ich, dass wir gehen, gleich nachdem wir alle leer getrunken haben. „Ich fands cool mit dir, aber dein Freund ist komisch,“ flüstert mir Anne zu, als wir uns verabschieden. „Sorry, er ist ein wenig eingeschnappt, weil wir den Tag alleine zusammen verbringen wollten,“ kläre ich sie auf und sie wirft ihm einen Blick zu. „Okay, gut. Dann bis demnächst,“ meint sie dann schwach lächelnd. Ich verabschiede mich ebenfalls und dann machen wir uns getrennt auf den Weg nach Hause. Leider wird Dominik nicht dadurch gesprächiger, dass die beiden Mädchen weg sind. Ganz offensichtlich ist er sauer auf mich. Ich weiß nicht, ob ich einfach ebenfalls sauer auf ihn sein soll oder ob ich versuchen soll, die Wogen zu glätten. Deswegen sage ich erstmal gar nichts, bis wir zu Hause ankommen und er sofort in seinem Zimmer verschwindet. Ich weiß nicht Recht, ob er mich sehen will und folge ihm nur zögerlich. „Tut mir Leid,“ entschuldige ich mich letztlich doch bei ihm und sehe ihm zu, wie er sich aus seiner Jacke schält. „Ich weiß, das sollte nur unser Tag werden und ich hab es versaut.“ Er zuckt nur mit den Schultern und ich verdrehe die Augen. „Dominik, jetzt reiß dich doch mal zusammen!“, bitte ich ihn und er sieht mich wütend an. Aber er sagt nichts, sondern beherrscht sich gerade noch rechtzeitig. Er sieht mich nicht an, während er sich was Dünneres anzieht. Dann erst wendet er sich mir wieder zu. „Tut mir Leid, dass ich dein Date kaputt gemacht habe.“ Der Unterton, der dabei mitschwingt, ist ziemlich verbittert. Ich sollte sauer sein, weil er hier so ein Theater macht, aber ich muss einfach lachen. Wahrscheinlich ist das ziemlich angepasst, er sieht mich jedenfalls so an. „Du bist schlimmer als eine Frau, weißt du das,“ necke ich ihn und er verschränkt beleidigt die Arme. Ich trete zu ihm und entwirre seine Arme wieder. „Ich bin doof. Mein Plan war es eigentlich, dass du Spaß hast, aber dann hab ich nur an mich gedacht und meine Chance bei Anne genutzt,“ gebe ich zu und das besänftigt ihn tatsächlich, denn er meint: „Ich hätte nicht so überreagieren sollen.“ Diesmal meint er es sogar ehrlich und deswegen ist der Streit danach auch vergessen. Den restlichen Nachmittag verbringen wir dennoch erst mal getrennt. Erst am Abend klopfe ich wieder an bei ihm an und trete ein. Er liegt auf seinem Bett und schläft. Ich muss grinsen und setze mich neben ihn, stupse ihn an. Mehr als dass er murrt, erreiche ich dabei allerdings nicht. Belustigt rüttle ich ein wenig stärker und dann endlich schlägt er die Augen auf. „Na, ausgeschlafen, ja?“, feixe ich und er haut mir wie so oft ein Kissen ins Gesicht. Mir entgeht trotzdem nicht, dass er rot geworden ist und deswegen kichere ich auch vor mich hin, während er mich böse anschaut. „Ich bestelle uns eine Pizza und dann können wir mal schauen, was wir für Filme gucken, ja?“, frage ich ihn und er nickt. „Also? Was willst du für eine Pizza?“ Er nennt mir eine Nummer, mit der ich recht wenig anfangen kann. Als ich nachfragen will, deutet er auf dem Schreibtisch. Dort liegt eine Karte vom Italiener, die er wohl schon rausgesucht hat. Ich schnappe mir diese und gehe dann in die Küche, um zu bestellen. Vor Dominik mag ich nicht telefonieren. Mir ist das irgendwie peinlich, wenn man mir dabei zuhört. Ich weiß, ich bin komisch. Ich habe kaum aufgelegt, da vibriert mein Handy und ich erhalte eine SMS von Anne. „Hey, war schön heute mit dir. Wir können uns ja noch mal alleine treffen.“ Ich tippe ein ‚Okay’ zurück und habe es kaum beiseite gelegt, als es auch schon klingelt. Ich stürme in mein Zimmer, um meinen Geldbeutel zu holen und höre, wie Dominik die Türe öffnet und die Pizzas entgegen nimmt. Als ich zurückkehre, stehen diese bereits auf den Tisch und er lehnt mein Geld ab. „Du hast den Eintritt bezahlt – ich bezahle die Pizzas. Das ist fair, oder?“ Weil Widerstand zwecklos ist, stecke ich das Geld wieder ein und wir machen es uns im Wohnzimmer bequem. „Ich hab nicht so viele Filme mit nach Berlin genommen, wie ich dachte. Aber ich denke, die Auswahl ist dennoch groß. Such dir einfach welche aus, mir ist es egal. Ich find alle gut,“ kläre ich Dominik auf und deute auf einen Stapel DVDs, den ich zusammen gesucht habe. Wenig später schiebt er einen Film ein und wir mampfen zufrieden unsere Pizza, während irgendwelche Leute sich gegenseitig an die Kehle gehen. Ich schiele zu Dominik, der gespannt das Geschehen auf dem Bildschirm verfolgt und freue mich, ihn wieder besser gelaunt zu sehen. Es war schön, heute mit ihm Spaß zu haben und im Nachhinein bereue ich es ein wenig, mich auf den Flirt mit Anne eingelassen zu haben. Irgendwie ist es zwar cool, dass ein Mädchen an mir interessiert ist, das voll cool zu sein scheint, aber andererseits hätte ich ihn gerne noch ein wenig öfter Lachen gesehen, an diesem Tag. Es stimmt nämlich echt: Er sieht süß aus, wenn er lacht. Und es war schön, mit ihm auf dem Eis. Vor allem, weil er so viel Spaß dabei hat. Wie ein kleiner Eisprinz. „Was starrst du so?“, fragt er und ich winke ab und richte meine Augen wieder auf den Fernseher. Aber freuen tue ich mich dennoch und finde es schön, noch ein wenig Zeit mit ihm alleine verbringen zu können. Deswegen drücke ich die nächste SMS von Anne auch ungelesen weg und schalte das Handy danach aus. Der Abend gehört uns, das habe ich ihm ja versprochen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)