Out of control von abgemeldet (1827, 8059, 2795, 5666 (Pairs angedeutet)) ================================================================================ Prolog: -------- Prolog Schwer atmend rannte er durch die verlassene Straße, schaute weder nach rechts, noch nach links. Sein Blick war nach vorne gerichtet, stur gerade aus, als wolle er um sich herum alles ausblenden. Es war dunkel, nur die Straßenlaternen über ihm wiesen ihm den Weg. Außerdem war es bitterkalt. Der Schnee lag knöchelhoch und aufgehört zu schneien hatte es auch noch nicht. Er schien zu frieren, da er am ganzen Körper zitterte, doch er hörte nicht auf zu rennen. Seine Augen waren panisch geweitet, als habe er vor etwas Angst. Er verlangsamte keinen Moment sein Tempo, auch nicht, als er um die Ecke rannte und auf dem Schnee den Halt verlor. Er rutschte aus, fing sich aber noch rechtzeitig an der Wand ab und setzte seinen Weg fort, als wäre eben nichts geschehen. Blindlings rannte er weiter, als wäre der Teufel höchstpersönlich hinter ihm her. „Wo willst du hin, Tsunayoshi-kun? Bleib doch noch ein bisschen hier und spiele mit mir.“ Erschrocken stolperte der junge Mann über seine eigene Füße und landete mit den Händen und Knien voraus in den Schnee. Keuchend hob er seinen Kopf, stand jedoch nicht auf. Nicht mal diesen einfachen Gedanken konnte er fassen. Er starrte wie hypnotisiert auf die Person, die vor ihm erschienen war. Doch durch die Dunkelheit konnte man ihn kaum erkennen, das Licht von der Straßenlampe war nicht hell genug, doch Tsunayoshi wusste, wer vor ihm stand. Seine Augen fingen an zu brennen und er grub seine Finger in den Schnee. Die Kälte, die sich um seinen Körper schlang, bemerkte er gar nicht, viel zu sehr war er von der Angst überwältigt. „Verschwinde! Lass mich in Ruhe! Du Mörder! Du Mörder!“, schrie er der Person seinen ganzen Frust entgegen, doch ihm ging es dadurch nicht besser. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Würde die Person ihm dieses Mal wehtun? Ihn töten? So wie er seine Eltern getötet hatte? Tsunayoshi wollte weinen, doch seine Tränen waren versiegt. Er konnte nicht mehr. Er hatte genug. Vielleicht würde es besser sein, wenn die Person ihn auch tötete. Schließlich hatte er alles verloren, was ihm lieb und teuer war. Er war ab nun alleine... Es gab also keinen Sinn mehr zu leben. „Aber, aber, Tsunayoshi-kun. Was redest du da? Ich bin doch kein Mörder“, säuselte die Person und Tsunayoshi hob seinen Kopf. „Du hast meine Familie getötet! Vor meinen Augen!“, brüllte er ihm entgegen und er stieß seine Stirn gegen den Schnee. „Du hast sie einfach getötet...“ Er heulte laut auf, doch immer noch konnte er keine Tränen vergießen. Er war nicht mehr dazu in der Lage. „Hast du das wirklich gesehen, Tsunayoshi-kun? Versuche dich zu erinnern.“ „Natürlich... Sie standen noch direkt vor mir und kurz darauf lagen sie blutüberströmt auf dem Boden... So etwas kann ich doch nicht vergessen!“, schrie er und schlug erneut seine Stirn gegen den Schnee. „Verdammt, wieso?!“ „Ihr von der Mafia seid doch alle gleich. Leugnen immer die Wahrheit. Nur weil du der nächste Vongola-Boss werden sollst, hast du nicht das Recht, das Blut an deinen Händen zu verleugnen. Denn du, Sawada Tsunayoshi, hast deine Eltern getötet. Du, ganz alleine!“, sagte die Stimme kalt und Tsunayoshi schrie laut auf. „NEIN! Das ist nicht wahr! Hör auf zu lügen! Ich habe sie nicht getötet!“ „Es ist nicht einfach seine Taten zu akzeptieren. Schließe deine Augen und gehe in dich hinein. In der Wahrheit liegt die Lüge. In der Lüge liegt die Wahrheit. Finde sie, Tsunayoshi-kun. Finde die Wahrheit über deine grausamen Taten. Und dann sage mir, was wirklich passiert ist“, sagte die Person und Tsuna kniff seine Augen zusammen. Er wollte davon nichts hören. Er wollte nicht hören, dass er seine Eltern getötet haben sollte. Er hatte sie geliebt! Mama, Papa! Er hätte nie Gründe gehabt, so etwas zu tun! Sie waren ihm heilig! Sie waren alles, was er gehabt hatte! Und da hörte er sie auf einmal. Die Schreie. Schreie, die ihm durch Mark und Bein gingen. "Tsu-kun! Nein, wieso?! Wieso tust du das?! Du bist doch unser Sohn!" Vor ihm kniete eine Frau, eine wunderschöne Frau mittleren Alters. Ihre Augen waren schreckgeweitet, ihr Gesicht und ihr Oberteil befleckt mit Blut. Hinter ihr lag eine regungslose Person. Iemitsu, sein Vater. Er war schon längst tot. Eine Blutlache hatte sich um ihn herum gebildet, jede Rettung würde zu spät kommen, er verblutete. Tränen liefen über die Wangen von Nana Sawada und sie sah ihn flehend an. „Ich bitte dich, Tsu-kun. Leg das Messer weg. Es ist alles gut, wir werden es gemeinsam irgendwie schaffen, nur leg das Messer weg!“ Doch er tat es nicht. Er grinste sie nur breit an, seine Augen waren wie leergefegt. „Fahr zur Hölle, Schlampe!“ Sie schrie ein letztes Mal, ehe das Messer sich in ihre Brust bohrte und ihr Herz traf. Sie hatte nochmal ihre Hand nach ihm ausgestreckt, ein letztes Mal „Tsu-kun“ gehaucht, ehe das Leben sie verließ und sie auf die Seite kippte. Tsunayoshi schrie. Er schrie so laut er konnte. Seine Hände presste er gegen seinen Kopf, seine Augen waren weit aufgerissen. Und er schrie pausenlos. Erst als er den Halt verlor und von irgendwo herunter fiel, brach er sein Schreien ab und er blickte sich mit zitterndem Körper um. Der Schnee war verschwunden, es war nicht mehr kalt, sondern angenehm warm. Auch die Straße, durch die er gerannt war, war nicht mehr hier, er befand sich in einem abgeschlossenen Raum. Und die Person, die ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte, war ebenfalls verschwunden. Er atmete schwer, verstand rein gar nichts mehr. Wo war er? Was tat er hier? War das nur ein Traum gewesen? Lebten seine Eltern noch? Durch diese vielen Fragen fing sein Kopf an zu brummen. Stöhnend presste er seine Hand gegen die Stirn. Zuerst galt herauszufinden, wo er war, dieses Zimmer kannte er definitiv nicht. Also war er nicht Zuhause. Tsunayoshi hielt inne. Hatte er überhaupt noch so etwas wie ein Zuhause? Wenn das wahr war, was er eben gesehen hatte, dann bezweifelte er es. Er war ein Mörder. Ein eiskalter Killer, der nicht mal davor zurückschreckte, seine eigenen Eltern zu töten. Seine Mama... Sein Papa... Tot, einfach... tot... Er spürte, wie Tränen in ihm aufkamen und dankbar heulte er laut auf. Es tat so gut, wieder Tränen vergießen zu können. Es beruhigte ihn auf eine Art und Weise, auch wenn es ihm den Schmerz nicht nehmen konnte, den er erleiden musste. Wer hätte auch denken können, dass er, Sawada Tsunayoshi, fünfundzwanzig Jahre alt, Student, ein eiskalter Mörder sein würde? Er, der immer Gewalt und vor allem Mord verabscheute? Wieder heulte er laut auf und er kugelte sich vor dem Bett ein, aus dem er vorhin gepurzelt war. Und in diesem Moment ging die Tür auf und ein neugieriges Augenpaar lugte durch den Spalt hindurch zu dem jungen Mann herunter, der herzergreifend weinte. „Der Arme...“, murmelte die Person vor sich hin, drückte die Tür komplett auf und trat leise ein. Kapitel 1: Extrem in die Mangel genommen ---------------------------------------- Kapitel 1: Extrem in die Mangel genommen Leise ging die Tür auf und jemand schlich sich in den fast dunklen Raum. Die einzige Lichtquelle ging von dem Halbmond aus, welcher durch das Fenster schien und das Bett und den davor kauernden jungen Mann beleuchtete. Das Weinen des Jungens war nun etwas leiser als vorhin, doch es klang immer noch herzzerreißend und schmerzvoll. Sein Körper zitterte und seine Muskeln waren angespannt. Er bekam gar nicht mit, dass sich ihm jemand näherte, da er seinen Kopf auf seine Knie gestützt und seine Arme darum geschlungen hatte. Erst als er einen sanften Druck auf seiner bebenden Schulter spürte, zuckte er zusammen und hob blitzschnell seinen Kopf. Die fremde Person ging vor ihm in die Hocke und betrachtete sein verzweifeltes Gesicht bekümmert. Es ging ihr nahe, wie sehr der junge Mann zu leiden schien. „Hab keine Angst, ich tu dir nichts“, sagte sie sanft, doch Tsunayoshi schien ihr nicht glauben zu wollen. Er rückte von ihr ab, kroch rückwärts über den Boden, bis er einen Widerstand hinter sich spürte – das Bett. Tsunayoshis Unterlippe bebte, er schien gar nicht zu registrieren, dass die Person vor ihm keine bösen Absichten hatte. Er hatte Angst, große Angst. Er traute niemandem mehr. Er konnte sich ja selbst nicht mehr trauen. Immerhin hatte er sie getötet... Seine Eltern. Kalt und gefühllos. Zitternd hob er seine Hände vor seine Augen und betrachtete sie schluchzend. Sie waren sauber, doch trotzdem spürte er das Blut an ihnen kleben. Er war ein Mörder... Ein Mörder... Ein Mörder! „Wie heißt du? Ich heiße Sasagawa Kyoko und bin fünfundzwanzig Jahre alt. Onii-chan hat dich im Schnee bewusstlos aufgefunden, als er seine gewöhnliche Abendrunde gedreht hat. Du hast uns einen schönen Schrecken eingejagt. Ich bin so froh, dass du endlich aufgewacht bist. Du hast doch sicherlich Hunger“, fing sie ein Gespräch an, in der Hoffnung, dass sie den fremden Jungen beruhigen konnte. Es beunruhigte sie selbst, wie verängstigt er war. Er tat ihr so schrecklich leid. Sie wollte ihm unbedingt helfen. Doch Tsunayoshi sagte kein Wort. Er drückte sich weiterhin verängstigt mit dem Rücken gegen das Bett und starrte auf seine Hände. Kyoko blickte ihn schweigend an und presste ihre Lippen aufeinander. Es gefiel ihr nicht, dass er nicht sprach. Er schien ihr gar nicht mal zuzuhören. Zu gerne wüsste sie, was in ihm vorging, doch dazu zwingen zu reden konnte sie ihn auch nicht. „Warte, ich hol dir etwas zu Essen und zu Trinken“, entschied sie schließlich und erhob sich. Mit einem letzten Blick auf den fremden Mann, lief sie auf die halb geöffnete Tür zu und verließ schließlich den Raum. Sie hatte die Hoffnung, dass er vielleicht etwas auftauen würde, wenn er etwas gegessen hatte. Er war schließlich fast einen Tag bewusstlos gewesen, er musste schrecklichen Hunger haben. Schnell suchte sie etwas in der Küche zusammen, wie Brot, Wurst, Käse und zauberte kurzerhand ein kleines Abendmahl daraus. Im Kühlschrank fand sie Orangensaft vor und schenkte ein Glas damit ein. Und damit ging sie zurück in das Zimmer, in welchem sich immer noch der Fremde befand. Lächelnd betrat sie den Raum und lief auf den immer noch zusammenkauernden Jungen zu und stellte den Teller und das Glas vor ihm ab. „Hier, du musst jetzt was essen und trinken. Dann bist du wieder gestärkt“, sagte sie freundlich und setzte sich mit etwas Abstand zu ihm auf den Boden. „Onii-chan ist momentan nicht Zuhause, aber er dürfte auch bald zurückkommen.“ Tsunayoshi hatte es endlich geschafft, sich vom Anblick seiner Hände zu trennen und musterte skeptisch den Teller vor sich. Kyoko folgte seinem Blick und als sie wieder zu ihm sah und seinen Gesichtsausdruck bemerkte, musste sie schmunzeln. „Ich habe es nicht vergiftet, vertrau mir!“ Der Junge rieb sich mit dem Ärmel über seine Augen und schluckte schwer. Während er immer wieder zu dem Brot herunter sah, knurrte sein Magen. Beschämt legte er seine Hände auf den Bauch, als hoffte er, sein Magengrummeln vertuschen zu können, doch Kyoko hatte es schon längst bemerkt. Freundlich lächelte sie ihn an. „Na, iss schon. Sei doch nicht so schüchtern!“ Tsunayoshi starrte sie lange an, sein Weinen und sein Zittern waren seit kurzer Zeit verschwunden, er schien sich tatsächlich etwas gefangen zu haben. Er starrte sie weiter an, als wäre er von ihrem Anblick gefesselt. Als habe er noch nie solch einen freundlichen Menschen gesehen. Kyoko bemerkte seinen Blick und errötete leicht. Auch wenn sie froh war, dass er nicht mehr weinte und seine Angst etwas abgelegt hatte, machte es sie nervös, wie er sie anstarrte. Normal hätte sie auch gar nicht in den Raum gehen dürfen. Ihr Bruder hatte ihr zigmal gesagt, sie solle sich von ihm fernhalten, wenn er nicht da war. Wer wusste, was der Fremde im Schilde führte oder wer er in Wirklichkeit war. Denn als ihr Bruder ihn nach Hause gebracht hatte, hatten sie sofort bemerkt, dass seine Weste voller Blut war, doch er selbst hatte keine Verletzungen gehabt. Er könnte genauso gut ein Krimineller sein, doch auch wenn das Blut genug Beweis dafür war, glaubte Kyoko es irgendwie nicht. Sie hatte ihn nur ansehen brauchen, um sich sicher zu sein, dass er unschuldig war. Dass er ein netter junger Mann war. Sie verzog leicht ihr Gesicht. Ryohei würde ihr den Kopf abreißen, wenn er bemerken würde, dass sie nicht auf ihn gehört hatte. Doch wenn er wirklich gefährlich wäre, hätte er sie nicht schon längst getötet? „Danke...“ Kyoko hob überrascht ihren Kopf und unterbrach ihre Gedanken. Sie war sich sicher, auch wenn es sehr, sehr leise war und sich kratzig angehört hatte, dass er eben etwas gesagt hatte. Erfreut rückte sie näher, strahlte ihn offenherzig an. „Gern geschehen! Essen ist sehr wichtig! Onii-chan vergisst auch gerne mal sein Essen, aber ich mache ihm immer etwas, damit er bei Kräften bleibt“, erzählte sie. Tsunayoshi hob den Teller hoch und musterte das Brot. Es war nichts Besonderes, doch es sah in seinen Augen mehr als lecker aus. Genau das, was er jetzt brauchte. Gierig biss er hinein und schluckte es sofort herunter, ohne viel zu kauen. Er hatte einen so großen Hunger, dass er das Kauen ausnahmsweise mal ausließ. „Tsuna“, sagte er plötzlich mit vollem Mund und Kyoko blickte ihn verwirrt an. Sie hatte nicht verstanden. „Nenn mich einfach Tsuna“, wiederholte er und widmete sich wieder seinem Brot zu. Kyoko war kurz überrascht, doch dann freute sie sich unheimlich, dass er tatsächlich mit ihr sprach. Er schien ihr langsam zu vertrauen und öffnete sich ihr gegenüber, was ihr wirklich viel bedeutete. Vielleicht würde er auch irgendwann zu ihr gehen, um mit ihr zu reden. Zu erzählen, was passiert war. Wieso er so verängstigt war und weinte. Ob sie die Wahrheit über das Blut an seiner Weste erfahren wollte, war sie sich nicht sicher. Manchmal war es besser, wenn man einige Sachen nicht wusste. Die einem eventuell das Weltbild zerstören könnten. Denn Kyoko mochte diesen Tsuna und sie ahnte, wenn sie die Wahrheit erfuhr, dass sich das ändern könnte... „Kyoko! Kyoko! Wo bist du?! Kyoko!“ Die junge Frau zuckte erschrocken zusammen, als die Haustür zugeschlagen wurde und sie versteifte sich am ganzen Körper. Sie war zu sehr von Tsunas Anblick gefesselt gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass ihr Bruder schon zurück war. Und, wie hätte es auch anders sein können, brüllte er durch das ganze Haus, als hätte er schon erwartet, dass Kyoko zu dem Fremden ins Zimmer gegangen war. Tja, er kannte sie halt eben zu gut... Die Treppe knarzte, jemand stampfte lautstark die Stufen hoch. Es würde nicht mehr lange dauern und Ryohei würde das Zimmer erreichen. Kyoko blickte verunsichert zu Tsuna, der fragend zurückblickte. Den Teller hatte er auf die Seite gestellt, da er sein Brot schon aufgegessen hatte. Bamm! „Kyoko! Bist du hier?! Lebst du noch?! Kyoko! So antworte doch!“, brüllte der ältere Bruder und suchte hektisch den Raum ab. „Onii-chan! Hier bin ich! Hör doch bitte auf, so herum zu brüllen, du machst unserem Gast Angst!“, meldete sie sich zu Wort und stand auf. „Ich soll nicht herum brüllen?!“, brüllte er und er stemmte seine Hände in die Seiten. „Du befindest dich im Raum des extremen Kriminellen und ich soll da tatenlos zusehen?! Ich habe dir gesagt, du sollst dich von ihm fern halten!“ „Onii-chan! Bitte!“, jammerte Kyoko und lief auf den Silberhaarigen zu. Sie blieb dicht vor ihm stehen und legte ihre Hände auf seine Brust. Den Kopf hatte sie in den Nacken gelegt, da er ein gutes Stück größer war, als sie und blickte ihn flehend an. „Er ist nicht böse. Er ist vorhin aufgewacht und hat geweint. Er hat Angst, Onii-chan! Ich wollte ihn nur beruhigen und hab ihm etwas zu Essen gemacht“, erklärte sie. Ryohei knurrte und sah abwechselnd zu Tsuna, welcher erschrocken zurückblickte und zu seiner Schwester hin und her. Wieder knurrte er, doch als Kyoko ihn weiterhin mit ihren großen braunen Augen ansah, gab er schließlich seufzend nach und ließ die Schultern hängen. „Kyoko... Du machst es mir wirklich nicht einfach...“, murmelte er und hatte kurz darauf eine glückliche Kyoko um den Hals hängen. „Danke, Onii-chan!“ Als sie ihn wieder los ließ, trat sie vor ihm zurück. Ryohei lenkte seine Aufmerksamkeit auf Tsuna, der gerade das Glas an die Lippen gesetzt hatte und brüllte abermals los. „Du scheinst endlich extrem aufgewacht zu sein! Wurde auch Zeit! Wer bist du?! Wieso lagst du im Schnee?! Und wieso klebte Blut an deiner Weste?!“ Mit ausgestrecktem Finger, der direkt auf Tsunas Brust deutete, baute er sich vor ihm auf und atmete schwer. Es hatte ihn angestrengt so viele Fragen auf einmal zu stellen. Er war eindeutig aus der Übung. „Onii-chan, frag ihn doch nicht so viele Sachen. Er ist gerade vor Kurzem aufgewacht!“, tadelte Kyoko ihn und versuchte ihren Bruder vor Tsuna wegzuschieben, doch Ryohei wich keinen Schritt zurück. „Kyoko. Wenn er ein Mörder ist, dann will ich ihn nicht im Haus haben! Ich muss dich vor ihm extrem beschützen!“ „Aber...“ „Ist schon gut, Kyoko-chan...“, murmelte Tsuna und stellte das Glas auf die Seite. Mit leerem Blick sah er zu dem schnaufenden Ryohei hoch und lächelte verbittert. „Mein Name ist Tsuna und bin Student. Und über das, was passiert ist, möchte ich nicht reden.“ „Was?! Du kleiner...“ Ryohei war außer sich. Er wollte schon auf Tsuna zugehen, als Kyoko laut aufschrie und sich gegen ihren Bruder drückte. „Hör auf, Onii-chan! Er wird seine Gründe haben! Jetzt beruhige dich! Keine Schlägerei, du hast es mir versprochen!“ „Dieser Kerl ist mir nicht geheuer! Warum sagt er nicht, was passiert ist?“ „Weil er Angst hat!“ Kyoko sah Ryohei ernst an. Überrascht hielt ihr Bruder inne und sah zu seiner kleinen Schwester runter. „Er hat gezittert, Onii-chan. Es war nicht einfach, ihm zum Reden zu bringen, Vertrauen zu ihm aufzubauen. Gib ihm etwas Zeit, er wird schon irgendwann reden...“ „Kyoko...“ Missmutig verschränkte er seine Arme vor der Brust. Seine Gedanken kreisten um die blutbefleckte Weste, die in der Waschmaschine war. Er konnte das nicht so einfach unter den Teppich kehren. Der Typ verheimlichte etwas und das war sicherlich nicht ganz ohne. „Ahhh! Sieh mich nicht so extrem an! Ist ja gut, ich stelle keine Fragen mehr!“, gab er auf, wobei man ihm jedoch deutlich ansehen konnte, dass es ihm nicht gefiel. Ihm gefiel es nicht, dass er Tsuna so einfach davon kommen ließ. „Du bist der beste, Onii-chan!“, jauchzte Kyoko und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. „Ich mache dir jetzt auch etwas zu Essen, du musst nach deinem harten Training sicherlich Hunger haben!“, wechselte sie schließlich das Thema und lief auf die Tür zu. „Und wie, Kyoko! Boxen macht extrem hungrig!“, erwiderte er und seine Schwester kicherte etwas. Als sie das Zimmer verließ und die Männer unter sich waren, drehte Ryohei sich zu Tsuna um. „Hör mir zu, Kleiner. Ich lasse dich nicht aus den Augen. Da ich Kyoko versprochen habe, dir keine Fragen mehr zu stellen, werde ich dich vorerst in Ruhe lassen. Du kannst eine Weile hier bleiben, meine Schwester würde es nicht zulassen, dass ich dich einfach so gehen lasse. Aber denke nicht, dass ich locker lassen werde. Ich werde extrem herausfinden, wer du wirklich bist und was gestern passiert ist“, warnte er ihn mit ernstem Gesichtsausdruck. Tsuna erwiderte den Blick ebenso ernst und nickte. Ihm war klar, dass er nicht aufgeben würde. Er war vorhin viel zu erpicht darauf gewesen, um zu erfahren, was geschehen war, um das einfach zu vergessen, nur weil seine Schwester ihn zurückgehalten hatte. Doch er hoffte, dass Ryohei nicht alles herausfand. Er wusste nicht, was passieren würde, wenn herauskam, dass er der eiskalte Mörder seiner eigenen Familie war... Fröstelnd fuhr er sich mit den Händen über seine Arme. Ihm kam es so vor, als wäre es im Raum kälter geworden. Doch das war sicherlich nicht so, da Ryohei scheinbar nicht fror und er hatte nur eine Jogginghose und ein weißes Tanktop an, welches sehr eng an seinem muskulösen Oberkörper anlag. „Onii-chan! Kommst du?“, rief Kyoko in diesem Moment und Ryohei fuhr sich mit den Fingern durch seine kurzen Haare. „Ich komme extrem schnell, Kyoko!“, antwortete er und er wandte sich von Tsuna ab. Ehe er die Tür erreicht hatte, sah er nochmal über seine Schulter. „Mach ja keine Dummheiten und lass meine Schwester in Ruhe. Sonst werf ich dich sofort aus dem Haus, kapiert?“ Tsuna und Ryohei starrten sich lange in die Augen, beide wollten nicht nachgeben. „Verstanden“, antwortete er schließlich und Ryohei nickte knapp. Erschöpft legte Tsuna seinen Kopf nach hinten, als Ryohei gegangen war und bettete ihn auf die Matratze. Er war mit den Nerven am Ende und müde war er auch noch. Er war froh, dass er bei den Geschwistern Unterschlupf gefunden hatte, er hätte nicht gewusst, wo er hingehen sollte. Freunde hatte er keine, immerhin war er schon immer ein Loser gewesen und an der Uni war er ziemlich unbeliebt, wurde immer gemobbt. Aber hier konnte er vielleicht einen Neustart beginnen, doch auch nur so lange, bis er aufgeflogen war. Die Polizei würde irgendwann auch nach ihm suchen, wenn sie herausfanden, dass er der Mörder war. Und dann würde er wieder wegrennen müssen... Lange war er nicht sicher. Seufzend fuhr er sich mit den Fingern durch seine braunen struppigen Haaren und schloss seine Augen. Er musste feststellen, dass er so gut wie am Arsch war... Kapitel 2: Eine schicksalhafte Begegnung - Teil 1 ------------------------------------------------- Kapitel 2: Eine schicksalhafte Begegnung – Teil 1 *~*~* Italien, Hauptbasis der Vongola Mit ernstem Gesichtsausdruck lief ein älterer Herr im schicken Anzug, hinter seinem Schreibtisch, hin und her und starrte dabei auf seine Lackschuhe herunter. An seinem Ohr hielt er ein Telefon und von Sekunde zu Sekunde, während das Gespräch lief, wurde sein Gesichtsausdruck düsterer. In diesem Moment durchzuckte den Himmel ein greller Blitz und erhellte den Raum, in dem sich vier Personen befanden. „Ist das Ihr ernst? Gibt es keine Überlebende?“, fragte er gerade und die Anwesenden im Raum hoben ihre Köpfe. Nur ein Mann regte sich nicht, er starrte mit ausdruckslosem Blick aus dem Fenster. Auf dem Kopf trug er einen schwarzen Hut mit orangefarbigem Band und dazu hatte er einen passenden Anzug angezogen. Er hatte außerdem struppige schwarze Haare und geringelte Koteletten. Das Gesicht des älteren Herrn verzog sich schmerzvoll und er schloss seine Augen. „Meine Güte... Das ist... unfassbar! Wer hat das nur getan?“, fragte er und er schüttelte seinen Kopf. Doch dann riss er seine Augen auf und griff nach der Lehne seines Stuhls. „Tsunayoshi-kun! Was ist mit ihm? Lebt er noch?“ Nun wussten auch die anderen im Raum, um wen es ging und sie warfen sich verwunderte, aber auch niedergeschlagene Blicke zu. Das klang absolut nicht gut. Was war der Familie Sawada zugestoßen? Der Mann stieß plötzlich erleichtert die Luft aus und zog den Stuhl nach hinten, um sich darauf fallen zu lassen. „Ich bin froh... Der arme Junge wird total durcheinander sein, hoffentlich hat er einen Unterschlupf gefunden. Ich danke Ihnen für die Auskunft, um den Rest werden wir uns kümmern“, meinte er schließlich und legte daraufhin auf. Seufzend stützte er seine Ellenbogen auf dem Schreibtisch vor sich ab und lehnte seine Stirn gegen seine gefalteten Hände. „Kyuudaime, was ist mit Iemitsu und Nana passiert? Und Tsuna? Wo ist er?“, fragte auch gleich einer der Anwesenden und der alte Herr sah, mit einem müden Ausdruck in den Augen, auf. „Es ist schrecklich, irgendwer hat die beiden in ihrem Haus erstochen. Tsunayoshi-kun konnte zum Glück entkommen, doch man weiß nicht, wo er ist“, erzählte er mit belegter Stimme und daraufhin herrschte wieder bedrückte Stille im Raum. Nur das Grollen des Donners und der Regen, der gegen die Fensterscheiben prasselte, durchbrachen das Schweigen. „Ich möchte, dass ihr mir Lal Mirch herholt, ich muss mit ihr etwas bereden“, verlangte der Kyuudaime nach einer Weile und die zwei Männer vor ihm salutierten sofort. „Jawohl, Sir!“ Daraufhin verschwanden sie und ließen den alten Herrn und den schweigenden Mann am Fenster alleine im Raum. „Reborn...“, sagte der Alte nach einer Weile und nun regte sich der Mann und er drehte seinen Kopf herum. Kurz musterte er ihn mit seinen schwarzen Augen, ehe er sich an den Hut tippte und um den Schreibtisch herumlief. „Ich habe verstanden. Macht Euch keine Sorgen, Kyuudaime, ich werde mich darum kümmern“, versicherte Reborn ihm und der Angesprochene lächelte sachte. „Darüber mache ich mir auch keine Gedanken, Reborn. Du bist mein bester Mann!“ „Ihr schmeichelt mir, Kyuudaime. Dann werde ich jetzt gehen“, antwortete Reborn und drehte dem alten Herrn den Rücken zu. Vor der Tür blieb er kurz stehen und starrte herunter zur Klinke. „Ich weiß, wie viel Euch diese Familie bedeutet hat. Es tut mir leid...“ „Ist schon gut, Reborn. Es wird eine harte Zeit für mich, aber noch besteht Hoffnung für die Vongola“, sagte der Alte und schloss daraufhin seine Augen. Tränen liefen ihm über die Wangen, doch er wischte sie sich nicht weg. Er war stets ein Mann, der seine Gefühle nicht verbarg. Einer der Gründe, wieso er bei seinen Untergebenen so beliebt war. Reborn sah ihn nicht an, nickte leicht und verließ dann den Raum. *~*~* Namimori (Japan), im Hause Sasagawas Blinzelnd öffnete er seine Augen und sah sich orientierungslos um. Er saß immer noch so auf dem Boden, wie er eingeschlafen war, und sein Hinterkopf befand sich auf der Matratze. Er hob seinen Kopf an und verzog schmerzhaft sein Gesicht. Na toll, jetzt hatte er einen steifen Nacken. Was musste er auch so unbequem einschlafen? Murrend massierte er sich den Nacken und stöhnte leise. Sein Kopf tat weh. Wahrscheinlich von der Verspannung, welche er durch die ungünstige Sitzposition erhalten hatte. Vielleicht hatte Kyoko-chan ja eine Kopfwehtablette, er würde sie gleich mal fragen. Er hielt inne und sah daraufhin hinter sich aus dem Fenster. Es war helllichter Tag, anscheinend hatte er mehrere Stunden durchgeschlafen. Ob überhaupt jemand da sein würde? Er selbst konnte sein Studium womöglich für immer vergessen, wer wusste, wie lange er überhaupt noch in Freiheit leben konnte? Aber Kyoko-chan und ihr Bruder waren sicherlich beruflich unterwegs, also war er scheinbar alleine. Kurz musste er an Onii-sans Reaktion von gestern denken und er schüttelte sich. Wenn Kyoko-chan ihn nicht zurückgehalten hätte, wüsste er nicht, was passiert wäre. Wenn er nämlich richtig verstanden hatte, ging er regelmäßig zum Boxtraining und er hatte auch deutlich seine Muskeln gesehen. Er dagegen war ein Pflänzchen, er würde sich nicht wehren können. Also hatte er wirklich Glück gehabt. Vielleicht sollte er sich später bei Kyoko-chan bedanken, sie hatte ihm gestern unheimlich viel geholfen. Außerdem war sie immer so nett zu ihm gewesen... Er lächelte leicht, verzog jedoch sofort wieder sein Gesicht, als sich seine Kopfschmerzen wieder zurückmeldeten. Vielleicht sollte er mal nach Tabletten suchen, irgendwo würden sie schon so etwas haben. So stand er mit leisem Ächzen auf, dabei bedacht, keine falschen Bewegungen mit seinem Kopf zu machen, und verließ den Raum. Während er auf der Suche nach einer Tablette war, hatte er festgestellt, dass er wirklich alleine war. Irgendwie hatte er gehofft, Kyoko-chan ausfindig machen zu können, denn ihre Gegenwart tat ihm irgendwie gut. Außerdem hätte sie ihm sicherlich schnell was zu Essen gemacht, weil er langsam auch Hunger bekam. Aber gut, dann müsste er eben warten, bis sie zurückkam. Nach einer Weile entdeckte er tatsächlich den Arzneischrank und erfreut öffnete er ihn. Er brauchte nicht lange zu suchen und fand die Tabletten relativ schnell. Erleichtert griff er nach der Packung und holte sich eine Tablette heraus. Danach stellte er die Packung wieder zurück und schloss den Arzneischrank wieder. Mit der Tablette lief er herüber zum Waschbecken in der Küche, holte sich ein Glas aus dem Schrank, in welches er dann Wasser hineinlaufen ließ und nahm schließlich die Tablette. Lange blieb er, mit der Kehrseite an der Arbeitsplatte angelehnt, stehen und überlegte, was er tun sollte. Er hatte absolut keinen Plan. Einfach weiterleben, als wenn nichts passiert wäre, konnte er wohl schlecht, aber genauso wenig konnte er in ewiger Trauer versinken, wobei er gerade das am liebsten tun würde. Er hasste sich, er hasste sich so sehr für seine Tat, die er begangen hatte. Und vor allem hasste er es, Kyoko-chan und Onii-san anlügen zu müssen. Was wäre, wenn er sie auch noch töten würde? Tsuna stellte wie betäubt das Glas auf die Seite und starrte vor sich hin. Auf den Gedanken war er gar nicht gekommen... Was sollte ihn schon groß davon abhalten, die Geschwister zu verschonen? Wenn er sogar seine Eltern getötet hatte? War er etwa eine Gefahr für sie beide? Würde er sie wirklich töten? Ein Zittern durchlief seinen Körper und er presste sich die Hände gegen sein Gesicht. Er wollte das nicht, er wollte nicht noch mehr Menschen sterben sehen. Das würde er nicht überstehen! Er musste etwas dagegen tun. Aber was? Sollte er von hier weg? Doch wohin sollte er dann gehen? Tsuna wusste darauf keine Antwort. Er hatte absolut keine Ahnung, was das Beste wäre... Sein Blick glitt herüber zur Fensterbank und er stutzte etwas. War das ein Autoschlüssel? Sein Herz schlug auf einmal etwas schneller. Das wäre doch ein Anfang, oder nicht? Er könnte mit dem Auto abhauen und sich irgendwo etwas suchen, wo er leben konnte. Er lief zur Fensterbank herüber und nahm den Schlüssel in die Hand. Lange musterte er ihn. Kurz kam ihm der Gedanke, dass er doch mal nach Hause fahren konnte. Einfach nur mal um nachzusehen, ob jemand schon da gewesen war, wegen... Tsuna schluckte. Er wollte den Gedanken nicht zu Ende fassen. Er wollte das Ganze am liebsten einfach für immer vergessen. Doch natürlich war das nicht so einfach, wie man es manchmal gerne hätte. Er schloss seine Finger um die Schlüssel und atmete tief durch die Nase. Jetzt musste er mal beweisen, dass er ein Mann war. Er würde jetzt zu sich nach Hause fahren, schließlich musste er wissen, ob die Ermittlungen schon liefen und ob man schon Jagd auf ihn genommen hatte. *~*~* Namimori, in der Nähe des Schreins „Senpai! Kann es sein, dass dich irgendetwas beschäftigt?“ „Hä?!“ Ryohei verlangsamte seine Schritte, bis er zum Stehen kam. Leicht schnaufend wischte er sich mit dem Ärmel über seine Stirn und fing dann darauf an, seine Beine zu dehnen. „Wie meinst du das, Yamamoto?“ „Nun ja...“, der junge Mann mit kurzen schwarzen Haaren verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. „Wir laufen jetzt schon seit zwei Stunden durch Namimori und du wetterst schon die ganze Zeit vor dich hin. So kenn ich dich gar nicht!“ Ryohei wechselte sein Bein, um es ebenfalls zu dehnen und schwieg einen Moment. „Hmm...“, machte er und legte seine Stirn in Falten. „Okay, du hast Recht. Mich beschäftigt extrem etwas...“ „Haha, wusst ichs doch“, bemerkte Yamamoto und trippelte auf der Stelle mit den Füßen. „Was ist passiert? Hat deine Schwester einen neuen Freund?“ „Wie war das?! Dieser kleine Knilch ist nicht ihr Freund! Das würde dem wohl extrem passen!“, brüllte Ryohei plötzlich außer sich und Yamamoto blickte ihn mit großen Augen an. „Mah, mah! Beruhige dich wieder! Von wem redest du denn?“ Ryohei jedoch schien sich nicht beruhigen zu wollen. Er streckte seine Faust gen Himmel und um ihn herum schien es geradezu zu brennen. „Dieser Tsuna! Wenn er sie auch nur einmal anfasst, dann kann er extremst was erleben!“ „Tsuna?“, wiederholte Yamamoto und tippte sich den Zeigefinger gegen sein Kinn. „Ist das euer neuer Hund?“ „Nein, er ist ein Mensch! Er wohnt momentan bei uns, weil er wohl keine Bleibe hat. Kyoko scheint ihn zu mögen, sonst hätte ich ihn davon gejagt!“, antwortete Ryohei erregt und er boxte mit seinen Fäusten vor sich hin. „Er ist merkwürdig, verheimlicht irgendetwas... Aber ich soll ihn vorerst in Ruhe lassen...“ Yamamoto hörte ihm schweigend zu. „Haha, ich habe immer gewusst, dass du ein großes Herz hast, Senpai!“, lachte er schließlich und legte ihm seinen Arm um die Schulter. Ryohei brummte leise vor sich hin, sagte jedoch nichts mehr dazu. „Lass uns weitergehen“, schlug der Schwarzhaarige vor, als Ryohei auf einmal laut aufschrie. „Ahhhh! Das gibt’s doch nicht!“ Yamamoto sah sofort zu seinem Freund, welcher seine Hände an seinen Kopf geschlagen hatte und mit weit aufgerissenen Augen einem Auto hinterher starrte. Einem silbernen Aston Martin Coupe, welches dem Auto von Ryohei sehr, sehr ähnelte. „Senpai?“ „Das ist mein Auto! Dieser... Hund! Wenn ich den erwische!“, brüllte Ryohei und schlug die Fäuste in die Richtung, in die das Auto verschwand. „Komm, Yamamoto! Wir müssen hinterher!“ „Warte, Senpai! Ich regle das!“, meinte Yamamoto stattdessen und holte ein Funkgerät aus seiner Jackentasche. Ryohei musterte es argwöhnisch und kratzte sich am Kopf. „Du hast es sogar an deinem freien Tag dabei?“ „Haha, natürlich. Wenn etwas passiert, so wie eben, kann ich Kontakt zu meinen Kollegen aufnehmen!“, erklärte er und schaltete es dabei ein. „Hm... Auch wieder wahr!“, pflichtete Ryohei bei und verschränkte seine Arme vor der Brust. Das Funkgerät knirschte, was bedeutete, dass es nun in Betrieb war. Yamamoto drückte auf den Knopf und sprach mit ernstem Blick hinein. „Hier Yamamoto Takeshi von der elften Einheit. Kann mich jemand hören?“ Er ließ den Knopf wieder los und wartete einen Moment. Es rauschte eine Weile, als es dann in der Leitung klackte und eine Stimme antwortete. „Du verdammter Baseball-Idiot! Wie konntest du mir das antun?!“ Lachend hielt Yamamoto das Funkgerät etwas weiter von sich weg, damit ihm bei dem Gebrüll nicht das Trommelfell platzte und wartete, bis sich die Person auf der anderen Seite beruhigt hatte. „Gokudera!“ „Du Mistkerl hast frei und ich muss mit ihm zusammenarbeiten! Da erleidet man mehr Todesängste, als wenn du hinter dem Steuer sitzt!“ „So schlecht fahr ich auch wieder nicht“, widersprach Yamamoto gut gelaunt, „Außerdem ist Hibari doch gar nicht so übel.“ „Tche, nur weil du dich mit jedem verstehst, heißt das nicht gleich, dass das jeder tun muss! Idiot!“ Auf Yamamotos Lippen breitete sich ein Lächeln aus. „Kann es sein, dass du mich vermisst, Gokudera?“ Plötzlich herrschte Stille, nur das Funkgerät rauschte. „Sicherlich nicht, Baseball-Idiot!“, meckerte Gokudera und Yamamoto grinste daraufhin gut gelaunt. „Du... bist mir halt nur... ähm... lieber, wie Hibari. Mehr auch nicht!“ „Okay!“, meinte der Schwarzhaarige amüsiert, als Ryohei ihm auf die Schulter tippte. „Was ist mit meinem Auto?“ „Ah, stimmt ja! Ähm, Gokudera?“ „Könnt ihr endlich mit eurem Liebesgesülze aufhören? Sonst zerfleisch ich euch beide in tausend Stücke!“, meldete sich auf einmal eine tiefe Stimme zu Wort und Yamamoto lachte laut auf. „Hibari! Halt die Schnauze! Das ist kein Liebesgesülze. Von dem Idioten will ich sicherlich nichts!“ „Leute! Mein Auto ist geklaut worden! Jetzt tut endlich was, sonst mach ich es selbst!“, brüllte Ryohei auf einmal und schnappte sich das Funkgerät aus Yamamotos Hand. „Hört mir jetzt mal zu. Gerade eben ist mein Auto extrem an mir vorbeigefahren, also macht jetzt und holt es mir zurück!“, brüllte er in das Gerät und drehte sich vor Yamamoto weg, als er versuchte, sich das Funkgerät zurückzuholen. „Oi, Rasenbirne, geht’s mal etwas leiser?“, fragte Gokudera nach einer Weile, wodurch Ryohei noch wütender wurde. „Wie war das?! Komm doch her, Oktopuskopf, wenn du dich traust!“ „Mah, mah! Beruhigt euch doch wieder! So können wir dein Auto auch nicht zurück holen!“, mischte Yamamoto sich ein. „Wo genau ist das Auto hingefahren?“, meldete sich Hibari wieder zu Wort und Ryohei schien schwer zu überlegen. „Hm, nun ja... Es ist direkt an mir vorbei gefahren...“ Yamamoto lachte laut auf. „Das ist doch jetzt nicht dein ernst, Rasenbirne?! Woher sollen wir wissen, wo du dich gerade befindest?!“, brüllte Gokudera außer sich und kurz darauf hörte man durch das Funkgerät ein lautes Hupen. Anscheinend hatte Gokudera aus Rage auf die Hupe gedrückt. „Stimmt, du hast Recht...“, gab Ryohei zu und er sah sich stirnrunzelnd um. „Oktopuskopf? „Jaaa?“ „Ich habe es EXTREM vergessen!“ „Argh, gib mir Yamamoto wieder, er ist wenigstens etwas vernünftiger, als du! Das hält man ja im Kopf nicht aus!“, meckerte Gokudera. Yamamoto nahm lachend das Gerät wieder an sich. „Wir befinden uns gerade in der Nähe des Namimori-Schreins. Und das Auto ist vorher rechts abgebogen. Wenn ihr in der Gegend seid, dürftet ihr das Auto vielleicht noch finden. Gokudera, du kennst Ryoheis Auto ja, richtig?“ „Ja, ja. Ich kann mir wohl ein Nummernschild merken, anders wie du, Baseball-Idiot!“, behauptete Gokudera und Yamamoto kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Da ist wohl was dran. Also dann bis gleich!“, verabschiedete er sich und steckte dann das Funkgerät wieder ein. Ryohei schnaufte tief durch die Nase und schüttelte seinen Kopf. „Du lässt dich immer von ihm beleidigen. Meinst du wirklich, dass er es wert ist, dass du ihm so viel Aufmerksamkeit schenkst?“, fragte er daraufhin und Yamamoto lächelte leicht vor sich hin. „Wollen wir nicht dein Auto zurückholen?“, wechselte er schnell das Thema und schlug ihm kumpelhaft auf die Schulter. Daraufhin war wieder alles vergessen und Ryohei brüllte laut auf. „Und wie wir das zurückholen werden! Dieser Tsuna kann extrem was erleben!“ Und schon rannte er los. Yamamoto lachte leise und folgte ihm schließlich. Auch wenn er eigentlich heute seinen freien Tag hatte, wollte er dabei sein. Er hatte das Gefühl, dass dieses Ereignis nicht ganz unwichtig sein könnte... Kapitel 3: Eine schicksalhafte Begegnung - Teil 2 ------------------------------------------------- Quietschend kam das silberne Auto zum Stehen. Es stand etwas abseits von den Straßen, damit es niemandem den Weg versperrte, auch wenn um diese Jahreszeit nicht viele Autos unterwegs waren. Es hatte zwar aufgehört zu Schneien, doch die Straßen waren immer noch nicht ganz frei, was das Fahren auch etwas erschwerte. Weswegen die vernünftigen Menschen lieber Zuhause blieben oder zu Fuß gingen. Der Insasse des Wagens hatte seine Augen geschlossen und lehnte seine Stirn gegen das Lenkrad. Er seufzte schwer. Tsuna war noch ein gutes Stück von seinem Zuhause entfernt, doch irgendwie hatte ihn der Mut wieder verlassen. Er wüsste nicht so Recht, was er tun sollte, wenn er dort angekommen war. Einfach mal ins Haus rein schneien, den Polizisten fröhlich zuwinken und sagen, dass er mal erfahren wollte, ob sie ihn schon auf der Fahndungsliste gesetzt hatten? Nein, lieber nicht, das klang ziemlich dämlich. Er würde ihnen regelrecht in die Arme laufen und das war´s dann für ihn... Was hatte er sich eigentlich nur dabei gedacht? Ein verbittertes Lächeln bildete sich auf seine Lippen. Wenn er ehrlich war, hatte er rein gar nichts gedacht. Es war naiv von ihm zu denken, dass er damit etwas erreichen könnte, zum Tatort zurückzukehren. Damit konnte er sein schlechtes Gewissen auch nicht beruhigen. Seine Eltern waren sicherlich nicht mehr vor Ort, also gab es nichts, was ihn noch interessieren könnte. Also was sollte er jetzt noch groß tun? Ihm blieben nur wenige Möglichkeiten. Entweder zurück zu Kyoko-chan und ihrem Bruder gehen und warten, bis die Polizei ihn ausfindig gemacht hatte, oder einfach abhauen. In Gedanken versunken strich er mit den Fingern über das Lenkrad und lehnte sich zurück. Seine Augen verharrten lange auf dem Steuer, er überlegte, ob er seine Gedanken in die Tat umsetzen sollte. Somit würde er auch keine Gefahr mehr für Kyoko-chan und Onii-san darstellen. Sie wären in Sicherheit. In Sicherheit vor ihm selbst. Er lachte verbittert auf. Wie abgefahren. Er, der immer der unschuldige Junge war, nie einem etwas antun wollte, mutierte zu einem Mörder. Was sollte man da noch groß sagen? Das Leben war unberechenbar und grausam... Tsuna legte seine Finger um die Gangschaltung und überlegte. Ryohei würde ihm ziemlich böse sein, wenn er sein Auto stehlen würde, aber das war nur zu seinem Besten. Er würde das vielleicht irgendwann verstehen. Ein Klopfen an der Scheibe riss ihn brutal aus den Gedanken und er schrie erschrocken auf. Mit rasendem Herzschlag drehte er langsam seinen Kopf herum und erblickte einen jungen Polizisten, welcher ihn ernst ansah. Tsunas Gesichtsfarbe erblasste und Panik machte sich in ihm breit. Hatte die Polizei so schnell herausgefunden, was er getan hatte? Tränen schossen ihm in die Augen. Er wollte nicht gefangengenommen werden. Er musste verschwinden! Abhauen! „Steigen Sie bitte aus dem Auto aus! Wir konfiszieren es“, sagte der Polizist und Tsuna starrte ihn mit großen Augen an. Warum? Warum wollten sie das Auto? Wollten sie nicht ihn? War ihnen ein gestohlenes Auto wirklich wichtiger, als ein freilaufender Mörder?! Tsunas Hände zitterten stark, als er versuchte, den Gurt zu öffnen, doch er konnte sich kaum darauf konzentrieren. Die Gedanken überschlugen sich. Er dachte alles mögliche. Vielleicht war das nur eine Masche des Polizisten, um ihn aus dem Auto zu locken, damit er ihn festnehmen konnte. Aber genauso gut konnte es sein, dass er nichts von ihm wusste, oder dass allgemein die Polizei noch im Dunkeln tappte. Verdammt, alles konnte möglich sein! Er sollte einfach abhauen! „Hey, Sie da! Machen Sie mal schneller, oder soll ich helfen?!“, meckerte der Polizist auf einmal und Tsuna zuckte zusammen. Der war vielleicht launisch. Besser nicht mit ihm anlegen... „I-ich...“ „Geh zur Seite, ich kümmere mich darum“, sagte plötzlich ein anderer Polizist, der sich genähert hatte und stieß seinen Kollegen achtlos auf die Seite. „Hibari! Du Mistkerl! Willst du dich mit mir anlegen, hä?!“, brüllte der junge Polizist, doch Tsuna konnte nicht nach ihm sehen, da auf einmal seine Tür aufgerissen wurde und eine Hand nach seinem Kragen packte. Tsuna schrie laut auf. Solch eine Brutalität hatte er nicht erwartet. Zum Glück hatte er es mittlerweile geschafft, sich vom Gurt zu löse, da der schwarzhaarige Polizist ihn erbarmungslos aus dem Auto zerrte und ihn mit der Vorderseite gegen das Auto presste. „Wie der Versager eines Kollegen eben gesagt hatte, werden wir das Auto konfiszieren. Und dich werde ich zerfleischen“, drohte Hibari und drehte ihn brutal um. Schmerzvoll stieß Tsuna einen kleinen Schrei aus, als er mit dem Rücken gegen das Auto gestoßen wurde und versuchte dabei sich irgendwie aus seinem Griff zu befreien. Doch das war unmöglich, der Kerl war ein Monstrum, viel zu stark für ihn. Verängstigt hob er seinen Kopf und konnte nicht verhindern, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. „E-es tut mir leid...“, schniefte er und kniff seine Augen zusammen. „Alles. Mir tut alles so unendlich leid... Ich bin ein schlechter Mensch! Es wäre besser, wenn Sie mich töten würden!“ „Dein Angebot klingt verlockend“, meinte Hibari und holte einen Tonfa hervor, den er unter Tsunas Kinn legte. Gewaltsam drückte er Tsunas Kopf noch höher, bis seine Kehle frei lag, welche er mordlustig ins Visier nahm. Tsuna erschauderte und sah verängstigt zu Hibari. Er würde doch nicht wirklich...? „Hibari, du Idiot! Hör auf! Nur weil er ein Auto geklaut hat, musst du ihn nicht gleich umlegen, Mensch!“, mischte sich der Kollege ein, welcher wieder aufgestanden war und sich den Staub von der Kleidung klopfte. Dann richtete er sich seinen Hut zurecht und stapfte mit einem wutverzerrtem Gesicht auf Hibari zu. Tsuna schielte zu dem Silberhaarigen herüber und schluckte. Eigentlich wäre es besser, wenn er sich nicht einmischen würde. Wenn dieser Hibari ihn wirklich töten würde, wäre er von dem Leid erlöst und er würde niemandem mehr eine Gefahr sein. „Ist schon in Ordnung. Es wäre für uns alle besser, wenn ich tot wäre...“, murmelte Tsuna und Hibari lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Beute. Er wirkte nachdenklich. „Wieso?“ Er fragte nicht mehr, doch nun war sein Interesse geweckt. Dieses kleine Hänfling schien eine schwere Last zu tragen, wieso sollte es sich sonst so sehr den Tod wünschen? Er nahm seinen Tonfa weg und musterte Tsunas Gesicht nun genauer. Tsuna wischte sich die Tränen weg und zog die Nase hoch. „Wieso?“, wiederholte er und lachte verbittert. „Es gibt zu viele Gründe. Das ist auch egal, jetzt tun Sie schon ihre Aufgabe und töten Sie mich.“ „Oi, wissen Sie eigentlich, was Sie von ihm verlangen?! Er kann seinen Job dadurch verlieren! Wir dürfen nicht einfach jemanden töten, nur weil das einer von uns verlangt! Also wirklich... Alles Idioten!“, regte sich der junge Polizist auf und nahm sich seinen Hut von seinem Kopf herunter. Fluchend fuhr er sich mit den Fingern durch seine Haare. Er hätte nicht gedacht, dass die Konfiszierung des Autos so kompliziert werden könnte. Wobei... er hatte ja den richtigen Partner bei sich, um alles kompliziert zu machen. „Sag mir deinen Namen, Kleiner“, verlangte Hibari auf einmal und Tsuna sah ihn verwundert an. „Ich würde gerne wissen, wie derjenige heißt, den ich umbringe!“ Tsuna gab ein erschrockenes Geräusch von sich. Er meinte es wahrhaftig ernst! Der war doch verrückt! Ja, er war der Meinung, dass es besser wäre, tot zu sein, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass es bei Hibari mehr als schmerzhaft werden könnte, weswegen er sich das doch lieber überlegen wollte, so einfach zu sterben. „I-i-i-ich... Ich heiße Tsuna...“, stotterte er und fing an mit seinen Beinen zu zappeln. Er wollte weg von hier. Dieser Hibari jagte ihm große Angst ein. „Und wie weiter?“ Tsuna stockte kurz der Atem. Er wusste nicht genau, was hier vor sich ging. Wollte Hibari wirklich nur wissen, wie er hieß, weil es ihm eine Freude bereitete zu wissen, wen er getötet hatte, oder ahnte er, wer er in Wirklichkeit war? Konnte es sein, dass Hibari ihn als Sawada Tsunayoshi identifiziert hatte? „Ich... weiß es nicht mehr...“, schwindelte er und trat weiter um sich, erwischte den Polizisten dabei jedoch nicht. „Du weißt es also nicht mehr?“, hakte Hibari nach und rückte Tsuna dabei etwas auf die Pelle. Er sah ihm direkt in die Augen. Tsuna erzitterte unter seinem intensiven Blick. Er wusste etwas... Ja, er wusste definitiv etwas! Das spürte Tsuna. Plötzlich ließ er ihn auf einmal los. Überrascht schrie Tsuna auf und landete mit einem Plumpsgeräusch auf dem Boden. Fragend hob er seinen Kopf und blickte zu Hibari hoch, welcher ein kleines Lächeln auf den Lippen hatte. „Warum...?“ „Tsuna! Du verdammter Mistkerl! Du hast mein Auto geklaut!“, brüllte auf einmal eine ihm allzu bekannte Stimme und der Braunhaarige verzog panisch sein Gesicht. „Onii-san! W-w-was machst du hier?!“ „Boah, ich bin extrem sauer!“, polterte Ryohei und stapfte auf Tsuna zu. Als er ihn erreicht hatte, schnappte er nach dessen Kragen und hob ihn an. „Wieso hast du das getan?! Ist das der Dank dafür, dass wir dich aufgenommen haben, hä?!“ Tsuna wimmerte verzweifelt auf und versuchte sich aus Ryoheis Griff zu befreien. „W-warte, ich wollte doch nur...“ „Mir ist extrem egal, was du wolltest! Du hast einfach mein Auto gestohlen!“ „Mah, mah, jetzt beruhig dich wieder, Senpai! Er wird schon einen Grund haben!“, meldete sich Yamamoto zu Wort und trat mit einem unsicheren Lächeln auf seinen Freund zu. „Jetzt lass ihn wieder runter und redet normal miteinander!“ „Tche, als wenn Rasenbirne normal reden kann“, bemerkte der silberhaarige Polizist, woraufhin Ryohei Tsuna fallen ließ und sich wütend an ihn wandte. „Wie war das?! Ich fange gleich mit dir an, dich extrem zu verprügeln, Oktopuskopf!“ Tsuna saß mittlerweile zum zweiten Mal auf dem Boden und beobachtete das Szenario mit gemischten Gefühlen. Er war immer noch total neben der Spur, weil er ahnte, dass Hibari ihn durchschaut hatte, doch irgendwie wunderte es ihn, dass er nichts unternahm. Er hätte ihn auf Verdacht festnehmen können oder den Kollegen seine Vermutung preisgeben können, doch der Polizist schwieg einfach und hielt sich zurück. Sehr merkwürdig... „Yamamoto, lass mich los! Ich muss ihn extrem verprügeln!“, brüllte Ryohei gerade und Tsuna lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die anderen Anwesenden. Mittlerweile hatte der schwarzhaarige junge Mann Ryohei festgehalten, da er kurz davor war, sich auf den Polizisten zu werfen, welcher genervt eine Zigarette in die Hand nahm und anfing zu rauchen. Irgendwie war die komplette Situation kurios. Hier ging es eigentlich nur um einen Autodiebstahl, aber es schien, als würde das Ganze eskalieren. „Jetzt hört auf, euch wie Kinder zu benehmen. Senpai, wolltest du nicht dein Auto wieder haben?“, fragte Yamamoto, wobei er gerade etwas ernster klang, als vor ein paar Minuten. „Ah, stimmt ja!“, rief Ryohei und schlug seine Faust in die offene Hand. „Tsuna?!“ Der Angesprochene zog seinen Kopf ein. Jetzt würde es ihm wirklich an den Kragen gehen. „Du denkst dir also, du nimmst dir einfach mal meine Schlüsseln und haust mit dem Auto ab. Was hast du dazu zu sagen, hm?!“ Wütend baute er sich vor Tsuna auf und sah ihn mit einem bedrohlichen Blick an. Eingeschüchtert blickte Tsuna auf die Seite und stupste seine Fingerspitzen gegeneinander. „Na ja... Was soll ich sagen...“, murmelte er vor sich hin. „Du hast echt ein tolles Auto!“ „Hä?“ Ryohei sah erst Tsuna, dann sein Auto abwechselnd an und er legte seine Stirn in Falten. Die anderen warteten nun, was passieren würde. Einige rechneten ja damit, dass Tsuna die Abreibung seines Lebens zu spüren bekommen würde, während dieser Yamamoto sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Tsuna zuckte zusammen, als Ryohei seinen Arm anhob und kniff seine Augen zusammen. Jetzt würde es also passieren. Er würde nun verprügelt werden. Hoffentlich tat das nicht arg weh! „Du hast echt einen guten Geschmack, Tsuna!“, meinte Ryohei auf einmal und fing an laut zu lachen. „Du gefällst mir! Ich glaube, wir werden gute Freunde!“ „Eeeeeh?!“ Tsuna konnte das nicht glauben. Mit so einer Wende hatte er nicht gerechnet. Wie erstarrt sah er zu seinem neuen Freund hoch, der lachend seinen Arm um ihn gelegt hatte und ihm mit der anderen Hand durch die Haare wuschelte. „Leute mit gutem Autogeschmack sind gute Leute, weißt du? Tut mir leid, dass ich dich eben angeschrien habe!“ Yamamoto verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf und fing an zu lachen. Er hatte wohl damit gerechnet, dass Ryohei so reagieren würde. „Tche, also war die Aufregung umsonst... Na toll...“, murrte der silberhaarige Polizist und schüttelte genervt seinen Kopf. Als seine Zigarette geraucht war, warf er sie auf den Boden und trat sie aus. Danach wandte er sich an Hibari und winkte ihm zu. „Gehen wir weiter. Hier gibt’s nichts mehr zu tun“, meinte er und Hibari warf ihm einen bösen Blick zu. „Wer hat dir das Recht gegeben, mich herumzukommandieren?“, fragte er und zückte daraufhin wieder seine Tonfa. „Idiot, das war kein Befehl, okay?! Steck jetzt deine Waffe ein und komm!“, meckerte sein Kollege und ballte seine Hand zu einer Faust. „und ja, DAS war jetzt ein Befehl!“ „Ich zerfleische dich!“ „Jetzt hört auf!“, brüllte Ryohei und er und Yamamoto packten beide nach Hibari, ehe er sich auf Gokudera werfen konnte. „Hibari, beruhige dich. Gokudera hat das nicht so gemeint“, sagte Yamamoto und grinste zu dem anderen herüber. „Nicht, Gokudera?“ „Idiot“, brummte der Angesprochene und drehte sich von den dreien weg. Und da blickte er direkt in Tsunas braune Augen. „Ich würde Sie gerne etwas fragen“, sagte Tsuna und Gokudera musterte ihn neugierig. „So? Und was?“ „Warum hat Ihr Kollege Hibari mich vorhin in Ruhe gelassen?“, fragte er, wobei er darauf achtete, so leise zu sein, dass Hibari ihn nicht verstehen konnte. Gokudera holte eine neue Zigarette aus seiner Schachtel und zündete sie an. „Eine interessante Frage“, meinte er und zog dann an der Zigarette. „Sie haben sicherlich gemerkt, dass er es liebt, andere zu „zerfleischen“.“ „Genau deswegen wundert es mich ja...“, gab Tsuna zu und Gokudera grinste etwas. „Hibari hat eine Schwäche für süße und schwache Wesen. Anscheinend liebt er es, Dinge zu beschützen und suhlt sich dann in deren Aufmerksamkeit. Wenn man mich fragt, passt das irgendwie nicht zu dem sonst so brutalen Menschen...“ „Süße und schwache Wesen?“, wiederholte Tsuna verwundert und kratzte sich leicht überfordert am Hinterkopf. „Wie meinen Sie das?“ Gokudera musste etwas grinsen und schlug ihm kumpelhaft gegen die Schulter. „Das heißt, dass Sie wohl sein Typ sind. Herzlichen Glückwunsch, Sie sind Hibaris neue Beute!“ „Hiiiiih?!“, schrie Tsuna erschrocken auf und presste sich die Hände gegen seinen Kopf. „D-das ist doch nicht... Ihr ernst?!“ „Wenn du jetzt nicht endlich kommst, zerfleisch ich dich, Pflanzenfresser“, zischte Hibari bedrohlich und Gokudera fing an zu schwitzen. „Hups, ich glaube, er hat unser Gespräch mitbekommen“, murmelte er und lachte verunsichert. „Der Tag ist wohl für mich nun gelaufen...“ „Haha, Kopf hoch, Gokudera. Morgen bin ich ja wieder da!“, meldete Yamamoto sich gut gelaunt zu Wort, doch damit schien er Gokudera nicht ermuntern zu können. „Tche, als wenn mich das jetzt trösten könnte! Das ist ja fast genauso schlimm!“ Yamamoto lachte nur daraufhin und Gokudera folgte fluchend seinem Kollegen, der schon beim Auto war. Tsuna beobachtete die Polizisten verwundert, atmete aber erleichtert durch, als nun alle gegangen waren und er noch in Freiheit lebte. Da hatte er nochmal Glück gehabt... „Hey, Tsuna!“, rief Ryohei auf einmal und legte abermals seinen Arm um dessen Nacken. „Na, wie sieht´s aus, machen wir eine kleine Spritztour mit meinem extrem tollen Auto?“ Tsuna sah ihn erst verunsichert an, doch als er in Ryoheis Augen die Begeisterung bemerkte, seufzte er etwas und musste dann lächeln. „Klar, ich bin dabei, Onii-san!“ „Das war eine extrem gute Antwort! Dann steig ein, mein neuer bester Freund!“, brüllte Ryohei begeistert und sprang auf den Fahrersitz. Tsuna musste leicht schmunzeln, folgte ihm dann aber. Er musste die Freiheit noch genießen, so lange er sie noch hatte. Hibaris Blick ging ihm nämlich nicht mehr aus dem Kopf. Dieser Kerl könnte ihm noch gefährlich werden, das spürte er. Kapitel 4: Außer Kontrolle -------------------------- Kapitel 4: Außer Kontrolle Drei Tage waren vergangen, seit der Begegnung mit den Polizisten. Seit drei Tagen sah Tsuna den stechenden Blick Hibaris vor sich. Wie die eiskalten Augen des schwarzhaarigen Polizisten sich in seine bohrten. Nach etwas suchten. Und als hätte er seine Antwort gefunden, hatte er ihn einfach losgelassen und hatte sich in den Hintergrund gestellt. Wahrscheinlich um seine Beute im Verborgenen zu beobachten. Tsuna rieb sich über seine nackten Arme. Alleine bei dieser bloßen Vorstellung bekam er eine Gänsehaut. Dieser Polizist war gruslig und er war nicht zu unterschätzen. Auch wenn er es sich gerne das Gegenteil einreden wollte, ahnte er, dass Hibari ihn durchschaut hatte. Das einzige, was ihn an der Sache verwunderte, war, dass Hibari ihn nicht festgenommen hatte. Das war für ihn ein Rätsel. „Vielleicht mach ich mich auch nur unnötig verrückt und spinne mir irgendetwas zusammen, was nicht so ist“, versuchte er sich einzureden und er lachte nervös auf. Wenn er ehrlich war, glaubte er es selbst nicht. Er drehte sich auf die Seite. Er lag in seinem Zimmer auf dem Bett. Das machte er oft, wenn er sich zurückzog, um nachzudenken. Was eigentlich sehr häufig vor kam. Es war mitten in der Nacht. Tsuna jedoch konnte nicht schlafen. Er schlief eh sehr wenig. Einfach, weil er Angst hatte. Angst, dass etwas passieren könnte. Tief im Herzen wusste er, dass er für Kyoko-chan und Onii-san eine Gefahr darstellte. Es wäre für alle fair, wenn er sie verlassen würde. Entweder, weil er wieder die Kontrolle über sich verlieren könnte und mit ihnen das Gleiche tat, wie bei seinen Eltern, oder weil die Polizei ihm auf die Schliche gekommen war und die Geschwister aufgrund von Beihilfe fest nahm. Tsuna wälzte sich im Bett herum. Er rollte sich auf die andere Seite und blickte mit leerem Blick aus dem Fenster. Es dämmerte schon leicht. Der Morgen rückte näher und er hatte keine Sekunde seine Augen geschlossen. Er spürte, wie müde er war. Sein Körper brauchte unbedingt seinen Schlaf, doch er versuchte sich, mit allen Mitteln, dagegen zu wehren. Seine Gedanken kreisten unaufhörlich um seine Lage. Er hatte schon vor drei Tagen versucht, von hier abzuhauen, doch im Endeffekt war er doch wieder hier gelandet. Wo sollte er denn auch sonst hin? Er hatte doch niemanden mehr... War das aber nicht doch etwas egoistisch, dass er hier blieb? Mit dem Wissen, dass die Geschwister das eines Tages büßen mussten? Tsuna kniff seine Augen zusammen. Es war zum Haare ausreißen. Er wusste wirklich nicht weiter. Er hatte keine Ahnung, was er machen sollte. Es war wie ein Teufelskreis. Egal, was er machen würde, es wäre ein fataler Fehler... Und wenn er ehrlich war, wollte er nicht alleine sein. Er brauchte jemand, der für ihn da war, der ihn beruhigte... Plötzlich tauchte Kyoko-chans lächelndes Gesicht vor seinem geistigen Auge auf. Alleine dieser Anblick brachte sein innerliches Chaos zur Ruhe und seine Sorgen verschwanden für diesen einen Moment. Er musste lächeln und er streckte seine Hand aus, als wolle er nach ihr greifen. „Kyoko-chan...“, nuschelte er. „Sag mir... was soll ich nur tun?“ Kyoko lächelte ihn mitleidig an. Dann drehte sie sich auf einmal um und lief davon. Tsuna sah ihr panisch hinterher. Streckte beide Hände nach ihr aus und rief ihren Namen. „Kyoko-chan! Bitte, bleib bei mir. Lass mich nicht alleine! Kyoko-chan!“ Doch sie rückte immer weiter von ihm ab, bis sie vom Dunkeln verschluckt wurde. Tränen liefen über Tsunas Gesicht. Unheimliche Trauer machte sich in ihm breit, schnürte ihm die Brust zu. Kyoko hatte ihn einfach verlassen. Hatte ihn alleine gelassen. Sie war nicht da, um ihm zu helfen. Obwohl er sie doch so dringend brauchte. Die Trauer verwandelte sich schnell in Wut um. Er würde Kyoko-chan dazu zwingen, für ihn da zu sein. Sie hatte nicht das Recht, ihn einfach zu verlassen. Und wenn er es mit Gewalt machen musste. Sie gehörte ihm. Nur ihm! Und sie hatte das zu tun, was er wollte! Er lachte irre. Mit schnellen Schritten folgte er Kyoko-chans Spur. Er wusste, wo sie war. Er spürte ihre Anwesenheit. Auch wenn er nichts sah, trugen ihn die Füße sicher durch die Dunkelheit. Nach weiteren Schritten hörte er sie. Ihre sanfte Stimme und kurz darauf ihr wohlklingendes Lachen. Er liebte das Lachen. Es erwärmte ihm das Herz. Und sein Wunsch, sie bei sich haben zu wollen, wuchs stetig an. Doch trotzdem sie hatte ihn im Stich gelassen. Sie hätte nicht gehen dürfen. Das hatte Tsuna unheimlich verletzt. Dafür musste er sie bestrafen. Vielleicht würde sie daraus lernen und das nächste Mal bei ihm bleiben. Und dann sah er sie. Sie lag, wie ein süßer Engel, auf ihrem Bett und schlief. Ihr Atem ging gleichmäßig. Sie regte sich nicht, als er sich ihr näherte. Sie hatte ihn wohl nicht gehört. Er beugte sich zu ihr herunter. Nahm jede einzelne Regung ihres Gesichtes in sich auf. Er hatte bemerkt, dass sie im Schlaf leicht lächelte. Sie sah so bezaubernd aus. Doch er hatte nicht vergessen, was sie ihm angetan hatte. Der Schmerz in seinem Herzen kehrte zurück. Er musste es tun. Er musste sie bestrafen. Damit sie aus ihrem Fehler lernte und es nicht nochmal tat. Plötzlich hielt er ein Messer in der Hand. Tsuna hatte keine Zeit, sich darüber zu wundern. Es kam ihm Recht. Er würde mit der Klinge Kyoko-chans hübsches Gesicht zerschneiden. Damit er keine Angst haben musste, sie irgendwann zu verlieren. Sie war viel zu hübsch. Bestimmt hatte sie viele Verehrer. Aber das würde er jetzt ändern. Er wusste, dass er somit Kyoko für sich gewonnen hatte. Denn er mochte sie. Er würde nicht damit zurecht kommen, dass sie ihn irgendwann verließ, nur weil sie jemand anderes gefunden hatte. Ein irres Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Die Klinge des Messers näherte sich dem schlafenden Gesicht Kyokos. Und je näher es kam, desto breiter wurde sein Grinsen. Auch seine Augen waren weit aufgerissen. Der Wahnsinn war darin deutlich zu erkennen. Es fehlte nicht mehr viel. Nur noch ein paar Zentimeter. Gleich würde Kyoko dafür büßen, was sie ihm angetan hatte. Er lachte leise. Es schien ihm Freude zu bereiten. Nur noch ein bisschen... „Tsuna-kun? Bist du das?“ Erschrocken hielt Tsuna inne. Seine Augen weiteten sich, als er zu Kyoko herunter sah, die sich verschlafen über ihre Augen rieb. So schnell, er konnte, richtete er sich auf und versteckte das Messer hinter seinem Rücken. Schweiß brach auf seiner Stirn aus. Er hoffte, dass sie nicht bemerkt hatte, was er eben vorgehabt hatte. Dann setzte sie sich leicht auf und ihre langen Haare fielen auf die Seite. Der Mond, der durch die Fensterscheibe schien, beleuchtete sie leicht und ließ sie noch himmlischer aussehen, als sonst. Tsuna fing bei diesem Anblick plötzlich an zu zittern. Sein Gesicht wirkte panisch. Und dann schlug er sich schreiend die Hände gegen seinen Kopf, wodurch das Messer klirrend auf den Boden fiel. „T-Tsuna-kun? Was ist los?“, fragte Kyoko erschrocken und sie war daraufhin hellwach. Tsuna jedoch schien nicht mehr klar im Kopf zu sein. Er starrte mit Schreck geweitete Augen gerade aus, als würde er etwas sehen, was für Kyoko unsichtbar war und sank in die Knie. „Tsuna-kun! Hörst du mich?“, rief Kyoko panisch und rüttelte ihn leicht an der Schulter. Doch er reagierte nicht. Er schrie immer noch und starrte wie hypnotisiert vor sich hin. Kyoko sah sich schnell um. Sie musste etwas tun, ehe ihr Bruder zurück kam und das Geschehene mitbekam. Er war im Moment trainieren, das tat er immer, ehe es Morgen wurde. Aber er dürfte bald wieder zurückkehren, also musste sie schnell handeln. Sie nahm den aufgelösten Tsuna in ihre Arme und zog ihn mit sich ins Bett. Dabei spürte sie, wie er sich sofort verkrampfte, aber sein Schreien dafür verebbte. Kyoko legte sich an den Rand ihres Bettes, da es nicht groß genug für zwei Personen war, doch da beide relativ schlank waren, würde es kein Problem werden, wenn sie sich nebeneinander hinlegten. Sie hatte immer noch ihre Arme um ihn geschlungen und sah ihm ins Gesicht. Tsuna erwiderte ihren Blick mit großen Augen. Das erleichterte sie ungemein. Es schien, als hätte sie es geschafft, ihn etwas zu beruhigen. Auch wenn sein Atem noch sehr schnell ging und sein Herz hart gegen die Brust schlug. Aber wenigstens schrie er nicht mehr und schien wieder zu sich zu kommen. „K-Kyoko-chan...“, flüsterte er. Sie unterbrach ihre Gedanken und blickte ihm in die Augen. Dabei lächelte sie sanft. „Ist schon gut. Du hast bestimmt schlecht geträumt. Schließ deine Augen und schlafe“, antwortete sie ebenfalls im Flüsterton. Doch Tsuna konnte nicht daran denken, einfach ein zu schlafen. Er war in Kyoko-chans Zimmer eingedrungen, er war vor ihrem Bett gestanden und hatte ein Messer vor ihrem Gesicht gehalten. Wie sollte er da ruhig bleiben? Er hatte zwar keine Ahnung, wie er hierher gekommen war, doch eins wusste er. Er war kurz davor gewesen, Kyoko-chan etwas anzutun. Die Frau, die ihm so geholfen hatte und für ihn da war. Er wollte gar nicht wissen, was passiert wäre. Zum Glück war er wieder zu sich gekommen. Er wollte gar nicht daran denken, dass er sie vielleicht eben getötet hätte. „Tsuna-kun... Bitte weine doch nicht“, flehte Kyoko auf einmal und er kam wieder zu sich. Sah sie verzweifelt an. „Ich kann nicht mehr, Kyoko-chan... Ich kann einfach nicht mehr...“, jammerte er und ließ es zu, dass noch mehr Tränen über sein Gesicht liefen. Kyoko gab ein mitleidiges Geräusch von sich und drückte ihn fest an ihren Körper. Dabei strich sie ihm mit der Hand durch sein Haar und flüsterte ihm beruhigende Worte zu. „Alles wird gut, Tsuna-kun...“ Tsuna jedoch wusste, dass das eine Lüge war. Es wurde eher alles schlimmer. Und er wusste nicht, wie er es verhindern konnte, anderen Menschen, die ihm etwas bedeuteten, zu verletzen oder gar zu töten. Er drückte seine Stirn gegen Kyokos Schulter und kniff seine Augen zusammen. Heiße Tränen liefen ihm über die Wangen. Doch egal, wie viel er weinte, das Schuldgefühl, das er im Herzen trug, verschwand nicht... *~* Tsunas Gesichtsfarbe glich einer weißen Tapete. Er hatte schwarze Ringe unter den Augen, was ein Zeichen für zu wenig Schlaf war. Er hatte zwar noch ein paar Stunden in Kyokos Arme schlafen können, doch als sie gehen musste, um zu arbeiten, wurde er wieder grob zurück in die Realität gerissen. Er wusste selbst, dass er keine heile Welt mehr haben würde. Auch nicht mit Kyoko zusammen. Spätestens, wenn sie erfuhr, wer er wirklich war, würde sie ihn hassen. Es wunderte ihn aber dennoch sehr, dass sie ihn nicht auf das Messer angesprochen hatte. Sie hatte es gesehen, schließlich hatte sie es dann wieder zurück an den Platz gelegt. Trotz allem hatte sie kein Wort darüber verloren, genauso wenig hatte sie ihn gefragt, wieso er zu ihr gekommen war. Entweder sie ahnte etwas und hatte Angst, ihn mit Fragen zu provozieren oder sie vertraute ihm schlichtweg einfach. Und das würde Tsuna nicht verkraften. Sie durfte ihm nicht vertrauen. Nicht mal er selbst konnte sich noch vertrauen. Er war ein gefährlicher Mann. Er war für alle eine Gefahr. Er musste beseitigt werden, ehe er nochmal jemandem etwas antat. Doch er selbst traute sich nicht, sich umzubringen. Dazu war er zu feige. Hibari würde das doch gerne übernehmen. Doch er wusste nicht, wo er ihn finden konnte. Und irgendwie kam er sich doch wieder doof vor, zu ihm hinzugehen und ihn darum zu bitten, dass er ihn doch bitte töten sollte. Er würde sicherlich wissen wollen, wieso und wenn er das erklärte, würde er ihn auf der Stelle festnehmen. Tsuna ließ den Kopf hängen und seufzte schwer. Das alles war doch einfach nur kompliziert... Ein Klingeln hinter ihm ertönte plötzlich und er hüpfte erschrocken auf die Seite. Ein Fahrradfahrer fuhr an ihm vorbei und zeigte ihm verärgert den Mittelfinger. Wieder seufzte er und kratzte sich am Hinterkopf. Er war so sehr in den Gedanken vertieft gewesen, dass er um sich herum nichts mehr mitbekam. Zwar hatte er gedacht, wenn er nach draußen ging, um einen kleinen Spaziergang zu machen, würde er auf andere Gedanken kommen, doch dem war nicht so. Er konnte es nicht verhindern, die ganze Zeit an letzte Nacht zu denken. Schlurfend bog er ab und lief über eine Wiese. Vor ihm breitete sich ein Wald aus. Also hatte er die Stadt verlassen. Auch gut, da würde er wenigen Menschen über den Weg laufen, denen er vielleicht etwas antun könnte. Tsuna wusste nicht, wann er wieder die Kontrolle über sich verlieren könnte und wenn das passieren würde, wollte er alleine sein. In Gedanken näherte er sich dem Wald. Er lief an den ersten Bäume vorbei. Dabei sah er vor sich auf den Boden. So bekam er nicht mit, dass jemand hinter einem Baum stand und ihn beobachtete. Ein leises Klicken ertönte. Tsuna gefror zu Eis. Auch wenn er in Gedanken war, hatte er das Geräusch vernommen. Er kannte es. Gerade eben hatte jemand eine Waffe entsichert. Verängstigt hob Tsuna seinen Kopf. Sah von rechts nach links. Suchte jeden Winkel ab, doch er konnte niemand entdecken. Also konnte er nur noch hinter ihm sein. Schnell wirbelte er herum und in diesem Moment ertönte ein Schuss. Tsuna schrie auf. Reflexartig kniff er seine Augen zusammen und machte sich auf schlimme Schmerzen gefasst. Als jedoch nichts passierte, öffnete er blinzelnd seine Augen. Das erste, was er entdeckte, war ein regungsloser Mann, der neben einem Baum lag. Seine Glieder waren ausgestreckt und ein Gewehr lag vor ihm auf dem Boden. „Ehm... geht es Ihnen gut?“, fragte Tsuna unbeholfen und trat verunsichert näher. Er verstand nicht so ganz. Er hatte eben definitiv einen Schuss gehört, doch aus irgendeinem Grund wurde nicht er, sondern dieser fremde Mann getroffen. Er blieb entsetzt stehen, als er die Blutlache bemerkte, die sich um ihn ausbreitete. Der Schuss schien ihn getötet zu haben, da er sich nicht mehr rührte. In Tsunas Augen traten Tränen. Er war verwirrt, aber auch verängstigt. Wenn dieser Mann von jemandem erschossen wurde, hieß es also, dass hier noch jemand war. Jemand, der Menschen mit einem einzigen Schuss töten konnte. Er schwebte in Lebensgefahr. „Du solltest niemals deine Deckung vernachlässigen...“, erklang plötzlich eine fremde dunkle Stimme und Tsuna wirbelte herum. Er hatte ihn nicht bemerkt. Dieser Mann hatte sich an ihn herangeschlichen, ohne dass er ihn gehört hatte. Schweiß brach auf seiner Stirn aus und er trat einen Schritt nach hinten. Er brauchte nicht zu fragen, er sah es auch so, dass der Fremde gefährlich war. Seine Augen wanderten an ihm hoch und runter. Der Fremde war groß, hatte einen Anzug an und hielt in seiner Hand eine Pistole. Aber nicht nur das verriet ihm, dass sein Leben am seidenen Faden hing. Der Hauptauslöser war der Blick des Mannes. Er war kalt. Eiskalt. Der Blick eines Mörders. Tsunas Herz stockte. Die Lippen seines Gegenüber kräuselten sich. „Du wirst doch wohl keine Angst haben, Sawada Tsunayoshi?“ Diese Frage hallte oft in Tsunas Kopf wider. Er spürte nichts mehr. Rein gar nichts mehr. Er war aufgeflogen. Man hatte ihn gefunden. Panisch riss er seine Augen auf. Er trat einen weiteren Schritt nach hinten. Und dann drehte er sich um und hechtete in den Wald. Kapitel 5: Verstärkung ---------------------- Kapitel 5: Verstärkung Ein Tag zuvor Angespannt blätterte ein junger Mann in den Akten herum. Er saß hinter einem Schreibtisch und hatte sein Kinn auf seine Hand abgestützt. Er hatte struppiges rotes Haar und rote Augen. Die Augenfarbe war sehr außergewöhnlich, viele vermuteten, dass er Kontaktlinsen trug. Und auf seiner Nase trug er ein Pflaster. Das war wiederum nichts außergewöhnliches, da Kozato Enma der größte Tollpatsch war, den es im Polizeipräsidium gab. Das Kuriose an der Sache war: Dieser Mann war der Abteilungsleiter der elften Einheit. Viele fragten sich heute noch, wie er das schaffen konnte, wobei die Meisten auf seine Assistentin tippten. Suzuki Adelheid war eine taffe Frau. Eine Person, die jedem Feuer unter den Hintern machte, wenn ihr etwas nicht passte. Sie war laut und auch sehr launisch. Es gab kaum Mitarbeiter, die sie nicht respektierten. Und sie war diejenige, die Enma unter ihre Fuchteln hatte. Man konnte eigentlich sagen, dass sie die Anführerin der Truppe war, auch wenn Enma hinter dem Schreibtisch saß und nicht sie. Aber ihr schien das wenig auszumachen. Ihr war es einfach nur wichtig, dass alles lief, wie es sollte. Und da war ihr jedes Mittel recht. „Hey, Chef. Auf was warten wir noch? Du hast uns rufen lassen, sagst aber kein Ton!“, durchbrach ein blonder Polizist die Stille und mehrere Augenpaare huschten zu ihm herüber. Insgesamt befanden sich sechs Personen im Raum. Derjenige, der gesprochen hatte, hatte sich breitbeinig auf die Couch in der Ecke gefläzt und kaute mit offenem Mund auf einem Kaugummi herum. Colonnello war der vorlaute Polizist in dieser Runde und vor allem sehr ungeduldig. Er musste immer etwas tun, ansonsten fing er an herum zu nörgeln und andere zu provozieren. „Sei leise, Colonnello! Und hab mehr Respekt!“, fuhr ihn die einzige Frau im Raum an. Sie stand dicht neben Enma am Schreibtisch und warf Colonnello einen warnenden Blick zu. Colonnello seufzte etwas und winkte Kaugummi kauend ab. „Ach... Mir ist nur langweilig, Adel. Tut mir leid...“, murrte er. Dann fing er an mit dem Bein zu wackeln. Sein Blick schweifte unruhig im Zimmer auf und ab. „Hey, Gokudera! Sag mal, auf was warten wir nochmal?“, fragte Colonnello nach ein paar Sekunden und riss somit den silberhaarigen Polizisten aus den Gedanken. „Was? Was willst du?“, fuhr Gokudera ihn an. Colonnello musste grinsen und er stützte sein Kinn auf seine gefalteten Hände ab. „Oh, hab ich dich etwa beim träumen gestört?“, zog er ihn auf, wobei seine blauen Augen zu Yamamoto herüber huschten, der dicht neben Gokudera stand und zwischen ihm und seinem Partner hin und her sah. „W-was? Laber keinen Mist, du Idiot! Ich verschwende nicht mal ein Gedanke an diesen Baseball-Freak!“, fauchte Gokudera mit errötetem Gesicht. Colonnello fing an zu lachen. „Jetzt hast du dich aber selbst verraten, Gokudera. Ich hab Yamamoto doch nicht mal erwähnt!“ Ertappt zog Gokudera seinen Kopf ein und schielte immer wieder zu Yamamoto herüber. Doch er schien nicht verstanden zu haben, worüber er und Colonnello da gerade sprachen, da er ziemlich verwirrt aussah. „Hibari. Steh doch nicht immer so abseits. Jetzt sag du doch mal, worauf wir warten. Mir ist langweilig!“, laberte Colonnello weiter. Hibari, welcher am Fenster stand, regte sich nicht. Er ignorierte den Blonden eiskalt. „Tse... Arroganter Schnösel...“, fluchte er schließlich und schüttelte seinen Kopf. In was für eine Einheit war er hier nur gelandet? Hier war doch wirklich einer merkwürdiger als der andere. „Colonnello! Halt jetzt endlich deine Klappe!“, fuhr Adelheid ihn gereizt an. „Mann, brüll doch nicht so. Hab´s ja kapiert...“, brummte er und verschränkte genervt seine Arme vor der Brust. „Wir bekommen für eine Zeit Verstärkung aus Italien...“, antwortete unerwartet der Chef und Colonnello richtete sich sofort auf. Seine Aufmerksamkeit galt nun alleine dem rothaarigen Mann, der sich endlich mal geregt hatte. Außerdem sprach er sehr leise, weswegen man noch genauer hinhören musste, um ihn wirklich verstehen zu können. „Aus Italien?“, fragten Colonnello und Gokudera gleichzeitig und Enma nickte. Beide warfen sich neugierige Blicke zu. Sie stammten zufälligerweise ebenfalls aus Italien, weswegen ihre Neugierde nun geweckt war. „Sie wurde mir von Kollegen aus Italien empfohlen, da wir nur schleppend bei dem Fall Sawada vorankommen. Sie müsste eigentlich jeden Moment hier eintreffen“, erklärte Enma leise. Colonnello lehnte sich zurück und ein kleines Grinsen erschien auf seine Lippen. „Sie? Also ist das eine Frau?“, forschte er nach. Er schmatzte laut, während er auf dem Kaugummi kaute. Das bedeutete ja, dass hier gleich Frischfleisch durch die Tür kommen würde. Nicht schlecht... „Der Fall ist nicht mal vier Tage alt und wir brauchen schon Verstärkung aus einem anderen Land?“, fragte auf einmal Hibari und er wandte sich vom Fenster ab. Er hatte seine Hände in die Hosentaschen geschoben und sein Blick lag auf Enmas Gesicht. Enma erwiderte den Blick stumm. Auch wenn Hibaris Augen gefährlich funkelten, schien es den Boss nicht zu beeindrucken. Sicherlich einer der Gründe, wieso man ihn zum Abteilungsleiter ernannt hatte. Denn ein Anführer musste harte Nerven besitzen und sich nicht von einem Blick beunruhigen lassen. „Hibari, das gilt auch für dich. Halte dich zurück, ansonsten...“, fuhr Adelheid ihn an, doch Enma hob seine Hand in die Höhe und schnitt ihr somit das Wort ab. „Ich möchte den Fall so schnell wie möglich abschließen, Hibari. Es läuft ein freier Mörder in Namimori herum, der zwei Menschein einfach so getötet hat. Was soll ihn dann davon abhalten, andere Menschen etwas anzutun?“ Nun lagen alle Blicke auf Enma. Viele waren beeindruckt, dass er es wagte, das Wort gegen Hibari zu erheben. Jeder hatte Furcht vor diesem schwarzhaarigen Monster, doch Enma anscheinend nicht. Hibari blickte ihn lange an. Er dachte wohl über Enmas Worte nach. „Ich könnte mich ja alleine um die Sache kümmern“, schlug er schließlich vor. Doch nun ließ Adelheid sich nicht mehr bremsen und sie trat vor. „Jetzt gehst du aber zu weit! Was bildest du dir eigentlich ein?! Der Tatort wurde schon untersucht und es wurden keine Beweismittel gefunden. Also was denkst du, kannst du alleine groß bewirken?“, fuhr sie ihn an. „Ich habe schon genug Fälle aufgedeckt, die für euch unlösbar erschienen. Also werde ich auch diesen Fall lösen!“, antwortete er mit kaltem Blick. Kurz darauf starteten sie ein Blickduell. Weder er noch sie blinzelten auch nur einmal mit der Wimper. „Uff, ihr benehmt euch wie kleine Kinder. Und mir sagen, ich würde nerven, also echt...“, mischte Colonnello sich nach einer Weile ein und löste somit die Anspannung zwischen Hibari und Adelheid. Sie sahen gleichzeitig weg und taten so, als wäre eben nichts passiert. Genau in diesem Moment klopfte es an der Tür. Alle dachten das Gleiche. Das würde wohl die Frau aus Italien sein. „Herein“, bat Enma und die Tür wurde geöffnet. Kurz darauf trat eine junge Frau in den Raum und verneigte sich etwas. Sie hatte langes blau-schwarzes Haar, violette Augen und ein Erscheinungsbild, das viele normal aussehende Frauen in den Schatten stellte. Ihr schwarzer Anzug lag wie angegossen an ihrem perfekt gerundeten Körper. Ihr Rock ging ihr bis knapp über ihre Knie und gab lange Beine preis. Colonnello hatte die Frau pausenlos angestarrt und er konnte nicht verhindern, anerkennend zu pfeifen. „Olla, was für eine Schönheit!“, bemerkte er und er fuhr sich mit den Fingern durch seine kurzen Haare. „Sag mal, bist du vergeben?“ Yamamoto fing daraufhin an zu kichern, während Gokudera und Adelheid nur ihre Augen verdrehten. Enma und Hibari sagten darauf nichts. Nicht mal die Neue antwortete darauf. Sie warf ihm nur einen kurzen stechenden Blick zu, der bewirkte, dass Colonnello verunsichert zurückwich. „Unheimlich...“, murmelte er und lachte nervös auf. „Guten Tag, Mr. Kozato. Mein Name ist Lal Mirch und ich komm aus Italien. Ich wurde als Verstärkung für Ihr Team hierher geschickt“, stellte sie sich vor und trat noch etwas näher. Colonnello und sein billiger Anmachspruch waren schon wieder vergessen. Enma lächelte sie leicht an und schlug seinen Ordner zu, in dem er die ganze Zeit geblättert hatte. „Danke, dass Sie so schnell kommen konnten, Lal Mirch. Ich möchte auch nicht lange um den heißen Brei reden. Sie wissen, um was es geht und wir brauchen Ihre Fähigkeiten, den Fall so schnell, wie möglich zu lösen. Man hatte mir versichert, Sie seien die Beste!“ „Sie schmeicheln mir, Mr. Kozato“, meinte Lal Mirch und strich sich kurz mit den Fingern durch ihre Haare. „Wenn es möglich wäre, würde ich gerne mal zum Tatort gehen, um mir ein Bild zu verschaffen. Und ich brauche alle Informationen, die Sie bis jetzt sammeln konnten. Jedes Detail ist wichtig!“ „Natürlich. Wir werden Ihnen auch ein Team zur Seite stellen, das mit Ihnen zum Tatort gehen wird. Wir müssen auf alles vorbereitet sein, solange der Mörder auf freiem Fuß ist“, antwortete Enma und blickte Lal ein paar Sekunden lang verschwörerisch an. Die Italienerin nickte. Sie war also mit den Bedingungen einverstanden. Enma blätterte wieder in seinen Dokumenten. „Ich möchte, dass Colonnello und Gokudera in einer Stunde wieder hier sind. Ihr beide werdet Lal Mirch begleiten“, entschied er schließlich und sah die Genannten an. Auf Colonnellos Gesicht erschien ein breites Grinsen, welches er sich nicht verkneifen konnte. „Mit dem größten Vergnügen, Chef“, antwortete er und zwinkerte Lal zu. Sie ignorierte es jedoch gekonnt. Anscheinend war sie so etwas schon gewohnt. Gokudera jedoch schien nicht so begeistert zu sein. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und brummte leise vor sich hin. „Hey, Gokudera, zieh nicht so eine Miene. Du siehst dein Schatzi schon wieder, keine Angst!“, neckte Colonnello ihn. Ihm war Gokuderas Reaktion wohl nicht entgangen. Daraufhin wurde der Angesprochene rot im Gesicht und stampfte mit dem Fuß auf. „Hör auf, so einen Mist zu labern!“, meckerte er. Colonnello lachte. „Sieh es doch mal so. Wir drei geben doch sicherlich ein cooles, italienisches Team ab. Am Ende werden wir den Fall lösen!“, schwärmte er. „Nun denn, wenn das geklärt ist, können wir ja fortfahren. Yamamoto, Hibari und ich werden uns nochmal die Videoaufnahmen ansehen, welche in der Nacht gemacht wurden. Vielleicht finden wir endlich einen Hinweis, der uns entgangen ist“, schlug Adelheid vor. „Du weißt, dass der Film an dem Zeitpunkt, an dem der Mord geschah, abbricht?“, erinnerte Gokudera sie daran. „Danke, Gokudera, das weiß ich auch! Aber vielleicht gibt es ja einen Trick, um das rückgängig zu machen, damit wir auch den Rest sehen können!“, fauchte Adelheid ihn an und Gokudera hob nur seine Hände in die Höhe. „Ist ja gut. Mach, was du willst. Ich geh jetzt einen Kaffee trinken. Kommst du mit, Colonnello?“ Der silberhaarige Polizist wandte sich an seinen Kollegen, der jedoch nicht reagierte. Er war zwar mittlerweile von der Couch aufgestanden, aber er war nicht weitergekommen, als zu Lal. „Sag mal, Kleine. Nichts für ungut, aber wärst du nicht hinter dem Schreibtisch besser aufgehoben, als hier? Ich mache mir nur Sorgen um dein hübsches Gesicht!“, sprach er sie an. Lal hob ihre Augenbraue an und sah zu Colonnello auf, der schon ein gutes Stück größer war als sie. „Das ist ja wirklich aufmerksam von Ihnen, Colonnello. Aber ich würde Ihnen raten, mehr Sorgen um sich selbst zu machen“, schlug sie vor. Der Blonde fing an zu lachen und legte seinen Arm um ihre Schulter. „Wieso sollte ich? Ich bin ein cooler Polizist. Ich kann es mit jedem aufnehmen“, winkte er ab und rückte ihr noch etwas näher, wobei seine Nase fast ihre Wange berührte. „Aber wenn du willst, beschütze ich dich...“ Lal atmete schwer durch die Nase und schloss resigniert ihre Augen. „Ich habe Sie gewarnt...“, murmelte sie. Sie wartete einen Moment. Als Colonnello jedoch keine Anstalten machte, von ihr abzurücken, holte sie mit ihrer Hand aus und schlug sie ihm ins Gesicht. Erschrocken ließ er sie los und wich vor ihr zurück. „Au, für was war das denn jetzt?“, beklagte er sich und rieb sich seine gerötete Wange. Lal verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Ich habe Ihnen eben gesagt, dass Sie sich mehr Sorgen um sich selbst machen müssen. Das war damit gemeint, kapiert?“, erinnerte sie ihn. Colonnello brummte. „Blöde Kuh...“ Yamamoto und Gokudera konnten sich ein schadenfrohes Kichern nicht unterdrücken. Es schien, als habe Lal sie mit ihrer Reaktion schwer beeindruckt. Colonnello fand das jedoch nicht so lustig, wie die anderen. Er warf ihr nochmal einen empörten Blick zu, ehe er zur Tür lief und nach Gokudera rief. „Komm, gehen wir Kaffee trinken. Ich kann nicht mehr länger in der Nähe dieser Furie stehen!“, meinte er und verließ dann den Raum. Gokudera grinste Yamamoto kurz an und folgte dann seinem aufgebrachten Landsmann. „Yamamoto. Hast du mitbekommen, wohin Hibari gegangen ist?“, fragte Adelheid auf einmal, doch der schwarzhaarige Polizist zuckte ahnungslos mit den Achseln. „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass er gegangen ist“, antwortete er. Adelheid seufzte daraufhin. „Ich ahne nichts Gutes...“, murmelte sie. „Der kann was erleben, wenn er wieder zurückkommt!“ Yamamoto lächelte nervös. Jeder wusste, wenn Adelheid so aufgebracht war, wie in diesem Moment, hatte man ein Problem. Aber Hibari schien das herzlich egal zu sein. Er musste aber auch immer mit dem Kopf durch die Wand... *~* Der Polizeiwagen fuhr über den Kiesweg und bog dann rechts ab, um dort zu parken. Die drei Insassen stiegen daraufhin aus und blickten zu dem großen Gebäude vor, welches sich vor ihnen erstreckte. Es glich einer Villa, es hatte sicherlich hunderte von Fenstern und der Bau des Hauses war sehr modern gehalten. Und um die Villa herum verlief ein riesiger Park, mit vielen Bäumen und Pflanzen, die mit Liebe gepflegt wurden. Die Familie Sawada schien sehr reich gewesen zu sein. Lal war von dem Anblick wirklich sehr beeindruckt. „Das ist also der Ort, an dem die Tat vollbracht wurde“, bemerkte sie und ihr Ausdruck in den Augen wirkte traurig. „Genau, wir sollten auch mal reingehen, nicht, dass wir von irgendwem beobachtet werden, der uns gleich ebenfalls überfällt und tötet“, bemerkte Gokudera und er lief vor. „Ja, Sie haben Recht. Entschuldigung“, besann sie sich und folgte ihm. Colonnello hielt währenddessen großen Abstand zu Lal und schielte immer wieder zu ihr herüber. Ihre Backpfeife schien er nicht so schnell zu vergessen und er wollte nicht nochmal eine einkassieren. Sie betraten die Treppe, die hoch zur Eingangstür führte. Lal sah sich immer wieder um. Vielleicht war sie einfach nur paranoid, aber sie hatte das Gefühl, dass sie nicht alleine waren. „Ihr seid ja ganz schön spät dran“, ertönte in diesem Moment eine dunkle Stimme und die drei Polizisten blieben erschrocken stehen. Sie sahen hoch und entdeckten am Ende der Treppe Hibari, der auf sie wartete. „Du?! Solltest du nicht im Präsidium bleiben und mit Adel Filme gucken?“, schnauzte Gokudera ihn gleich an und lief die restlichen Stufen empor, bis er auf gleicher Höhe mit Hibari war. Gokudera knirschte mit den Zähnen und sah ihn wütend an. Hibari jedoch verzog keine Miene und erwiderte den Blick mit kalten Augen. „Es geht dich absolut nichts an, was ich mache, Pflanzenfresser“, antwortete er in gleichgültiger Tonlage. „Ich gebe dir gleich Pflanzenfresser! Adel wird dich in der Luft zerreißen, wenn sie erfährt, dass du abgehauen bist!“ „Ich frage mich ehrlich gesagt auch, was Sie hier machen, Mr. Kyouya. Ich brauche Sie hier nicht“, entschied Lal mit strenger Stimme, als sie ebenfalls das Ende der Treppe erreicht hatte. „Hoh? Sie sind ja sehr direkt“, bemerkte Hibari und er wandte sich an die einzige Frau in der Runde. Sein Blick wirkte interessiert. „Aber ich glaube, Sie liegen da etwas falsch, Lal Mirch...“ Wie er ihren Namen betonte, behagte den Anwesenden nicht so ganz. Er klang gefährlich und es schien, als wolle er sie provozieren. „Das ist dann sicherlich nicht Ihr Problem, Mr. Kyouya. Ich habe hier zwei Polizisten an meiner Seite, die durchaus in der Lage sind, mir bei der Ermittlung zu helfen. Also wenn Sie uns nun entschuldigen würden? Richten Sie Mr. Kozato und Ms. Suzuki schöne Grüße von mir aus!“ Damit drehte sie Hibari den Rücken zu und holte einen Schlüssel heraus, um die Eingangstür zu öffnen. Gokudera und Colonnello starrten Lals Rücken mit großen Augen an. Sogar ihre Münder standen sprachlos offen. „Kommt ihr jetzt endlich?! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“, rief sie die Männer zur Ordnung und sie kamen wieder zu sich. „Aye, Sir!“, riefen sie im Chor und salutierten sofort. „Ich bin kein Mann! Mehr Respekt bitte!“, fauchte sie und sie warfen sich beeindruckte Blicke zu. Lal war wirklich nicht zu unterschätzen. Sie war ein solches Kaliber wie Adelheid. Was bedeutete, dass man sich besser nicht mit ihr anlegte. „O-okay... Miss!“, verbesserte Gokudera sich und folgte ihr dann ins Haus. Colonnello warf einen kurzen Blick über die Schulter. Hibari stand immer noch am selben Fleck und seine Augen leuchteten auf eine unheimliche Weise auf. Der Blonde kannte diesen Blick. Hibari hatte an etwas einen großen Gefallen gefunden. Doch er wusste nicht, ob es der Fall war oder Lal Mirch. Aber eins war sicher. Er würde dieses Monster keine Sekunde aus den Augen lassen... Kapitel 6: Beweismaterial ------------------------- Kapitel 6: Beweismaterial Polizeipräsidium „Verdammt, das gibt’s doch nicht!“, fluchte Adelheid und sie knallte ihre Handflächen auf den Tisch, vor dem sie stand. Sie verengte ihre Augen zu Schlitzen, während sie auf den Bildschirm starrte. Das Bild, das sie eben noch gehabt hatte, war verschwunden und es flimmerte nur noch. Es war, wie Gokudera vorhin gesagt hatte. Während der Mordzeit konnte man nichts sehen, erst nach ein paar Minuten schaltete sich die Kamera wieder ein und man konnte beobachten, wie die Eheleute Sawada tot auf dem Boden lagen. Doch was genau war passiert? Wer hatte das getan und wieso sah man nicht, wie es passiert war?! Adelheid war am verzweifeln. Sie hielten hier das beste Beweismaterial in ihren Händen und trotzdem war es unmöglich, den Mörder ausfindig machen zu können. „Beruhige dich, Adel. Wir finden den Mörder schon noch“, versuchte Yamamoto sie zu beruhigen und legte ihr seine Hand auf die Schulter. Er selbst war auch ziemlich genervt, dass vor ihren Augen ein Mord passierte und sie nichts erkennen konnten. Aber er versuchte es zu unterdrücken, was Adelheid jedoch nicht gelang. „Wie soll ich mich da beruhigen, Yamamoto?“, fragte sie sauer und richtete sich wieder auf. Sie deutete auf den Bildschirm. „Wieso? Wieso sieht man nicht, wer es war? Egal, was ich auch versuche, das Flimmern verschwindet nicht!“ Sie drehte sich vom Tisch weg und trat gegen den Drehstuhl, der neben ihr stand. „Verdammt!“ Yamamoto seufzte etwas und fuhr sich mit den Fingern durch sein kurzes Haar. „Wenn du so aufgebracht bist, dann entgehen dir andere wichtige Details. Vielleicht solltest du mal kurz an die frische Luft, ich schau mal weiter. Vielleicht finde ich ja noch irgendetwas“, schlug er vor und er beugte sich über den Apparat, indem sich das Band der Sawada-Familie befand. Dann drückte er einen Knopf und spulte es ein paar Stunden nach hinten. „Vielleicht hast du Recht...“, murmelte Adelheid und massierte sich etwas den Nacken. Sie blickte zu Yamamoto, doch als er nicht mehr reagierte, sondern nur noch auf den Bildschirm sah, seufzte sie etwas und lief zur Tür herüber. „Ich hol mir einen Kaffee. Willst du auch einen?“ Wieder keine Reaktion. Adelheid lächelte leicht und verließ dann den Raum. Yamamoto bekam es gar nicht mit, dass er nun alleine war. Sein Blick klebte regelrecht an dem Bildschirm. Gerade war Mrs. Sawada zu sehen, welche in der Küche stand und kochte. Eigentlich ziemlich uninteressant, doch etwas zog Yamamotos Blick wie magisch an. „D-das gibt’s doch nicht!“, stieß er aus und seine Augen weiteten sich. Er rückte etwas näher und er wäre beinahe mit der Nase gegen den Bildschirm gestoßen. „Mist!“, fluchte er und er drückte schnell auf der Maus herum, um die Kamera zu vergrößern. Als das Bild groß genug war, beugte er sich wieder nach hinten und sah sich das Ergebnis an. Yamamoto rieb sich nochmal über die Augen, doch als er wieder hinsah, war er sich nun sicher. Er war es. Dieser junge Mann, der gerade eben neben Mrs. Sawada erschienen war, war kein geringerer als dieser Tsuna, der zur Zeit bei seinem Freund Ryohei wohnte. „Scheiße... Senpai, was denkst du dir nur dabei? Wieso hast du uns nichts davon gesagt?“, fluchte Yamamoto und fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht. Hatte Ryohei überhaupt eine Ahnung, was er hier machte? Er versteckte bei sich Zuhause eine vermisste Person und sagte kein Wort davon! Wenn das Adelheid heraus bekam... Sie würde Ryohei an die Gurgel gehen! „Ich bin wieder da“, kündigte Adelheid sich in diesem Moment an und die Tür ging auf. Erschrocken schlug Yamamoto auf die Maus, wodurch sie vom Schreibtisch flog und auf den Boden knallte. „Was ist denn hier los?“, wunderte sie sich und stellte die Kaffeebecher auf den Schreibtisch ab. Yamamoto brummte etwas Unverständliches vor sich hin und hob die Maus auf. „Und, hast du etwas entdecken können?“, forschte sie nach und nahm den aufgeregten Yamamoto ganz genau unter die Lupe. Dieser schielte zum Bildschirm und er stellte erleichtert fest, dass das Video wieder vor spulte. Von Tsuna keine Spur mehr. Er klickte wieder auf die Maus und hielt das Band an. „Na ja, eigentlich nicht. Vorher lief nichts Verdächtiges ab. Mr. Sawada schien auf der Arbeit gewesen zu sein und Mrs. Sawada hat gekocht. Also war es eigentlich ein ganz normaler Ablauf von einem Tag“, erzählte er. Adelheid verschränkte ihre Arme vor der Brust und sie beäugte ihn misstrauisch. „Und Tsunayoshi?“, hakte sie nach. Yamamoto versteifte sich auf einmal und kratzte sich auffällig oft an der Wange. „A-also du meinst den Sohn... Na ja, er ist mal kurz aufgetaucht, ja... aber da war auch nichts Verdächtiges...“ „Was ist denn mit dir auf einmal los, Yamamoto... Hat es was mit dem Sohn auf sich? Meinst du vielleicht, er könnte seine Eltern getötet haben?“, wollte sie wissen und sie rückte interessiert näher. Yamamoto hob seinen Kopf. Seine Augen weiteten sich entsetzt. „Tsuna hat seine Eltern getötet? Nie im Leben!“, stieß er aus. Yamamoto schüttelte seinen Kopf. Das wollte er nicht glauben. Nicht Tsuna. Er hatte ihn zwar nur einmal gesehen, aber er konnte sich das nicht vorstellen, dass er so etwas tun könnte. Außerdem! Das hieße ja, dass Ryohei einen Mörder unter seinem Dach hatte. Ausgeschlossen! „Yamamoto Takeshi! Was weißt du über Sawada Tsunayoshi? Kennst du ihn?“, fragte sie auf einmal sehr ernst und griff nach seinem Handgelenk. „Wo ist er?“ „Das weiß ich nicht...“, log Yamamoto und er sah sie flehend an. „Ich muss weg. Bitte!“ „Yamamoto! Bleib jetzt hier! Erklär mir, was das Ganze jetzt soll!“, befahl Adelheid und versuchte Yamamoto festzuhalten. Es entstand ein kleines Gerangel zwischen den beiden. Yamamoto dachte gar nicht daran, jetzt hier zu bleiben. Er musste zu Ryohei. Er musste herausfinden, wer Tsuna war. Aber er wollte Adelheid und die anderen nicht einweihen. Wenn herauskam, dass Ryohei Tsuna bei sich versteckte, wäre er mit dran, was er ihm nicht antun wollte. „Tut mir Leid, Adel“, murmelte er und schlug seiner Partnerin die Hand in den Nacken. Sie gab ein erschrockenes Geräusch von sich und sank dann in die Knie. „Es tut mir wirklich Leid...“, flüsterte er und hob die bewusstlose Frau an, um sie in eine bequeme Sitzhaltung auf den Drehstuhl zu verfrachten. Danach wischte er sich kurz über die Stirn, betrachtete sein Werk, bis er sich damit zufrieden gab und eilig den Raum verließ. *~* Fluchend packte Yamamoto sein Handy weg. Er hatte schon gefühlte hundert Male auf Ryoheis Handy angerufen, doch er ging nicht ran. Entweder war er noch in seinem Boxclub oder er war irgendwo anders trainieren. Etwas anderes konnte er sich nicht vorstellen. Dass Tsuna ihm etwas angetan haben könnte, glaubte er nicht. Er hatte relativ gute Menschenkenntnisse und sein Gefühl sagte ihm, dass Tsuna in Ordnung war. Vielleicht war Kyoko Zuhause, sie würde wissen, wo ihr Bruder war. Es war auch nicht mehr weit, Yamamoto näherte sich schnellen Schrittes dem Haus der Sasagawas. Er musste eh schnell handeln. Wenn Enma heraus fand, was er Adelheid angetan hatte, würde er sich etwas anhören können. Aber darüber konnte er sich auch später Gedanken machen. Das hier war jetzt viel wichtiger! Yamamoto rannte über die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten, aber da in dieser Gegend eh nicht viel los war, konnte man sich das auch erlauben. Er hechtete die Straße herunter und stoppte nach einer Weile vor einem Gartentor. Ziel erreicht. Jetzt war nur zu hoffen, dass jemand hier war. Kurz schloss er seine Augen und atmete tief durch die Nase und nachdem sich seine Atmung normalisiert hatte, schritt er auf die Tür zu und klopfte an dieser. „Senpai! Bist du da? Ich bin es, Yamamoto!“, rief er und klopfte weiterhin gegen die Tür. Doch sie öffnete sich nicht. Es kam keine Antwort. „Mist! Und Kyoko scheint auch nicht hier zu sein!“, fluchte er und er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Was sollte er jetzt tun? Er wollte die Sasagawas warnen, dass sie in eine schlimme Sache reingezogen werden könnten, doch er erreichte keinen von ihnen. Und Tsuna schien auch nicht hier zu sein. Er stieß seine Stirn gegen die Tür. „Verflucht!“ Plötzlich klingelte sein Handy. Yamamoto zuckte erschrocken zusammen, doch dann griff er hastig nach seinem Handy. Das war sicherlich Ryohei. Er hatte seine Anrufe gesehen und rief jetzt zurück. Yamamoto spürte eine unheimliche Erleichterung in sich und er nahm das Telefonat an. „Senpai!“ „Tut mir Leid, Yamamoto. Ich bin es nur, Enma“, antwortete unerwartet die Stimme seines Bosses. Yamamotos Herz stockte und er schnappte nach Luft. Er war ja schneller aufgeflogen, als vermutet... „Ah... Enma... H-Hi, wie geht’s?“, fragte er stotternd und lachte gekünstelt. Dass Enma ausgerechnet jetzt anrufen musste. Er musste doch Ryohei warnen, verdammt nochmal! „Vielleicht kommst du mal wieder zurück ins Präsidium, dann können wir weiter reden. Ich hoffe, du hast dafür eine gute Erklärung!" Der Polizist schluckte. Wenn Enma so sprach, dann war er wirklich wütend. Und das kam wirklich selten vor. „N-natürlich... Ich bin schon auf dem Weg!“ Mit leeren Augen legte er auf und er fuhr sich danach durch seine Haare. Dabei kniff er seine Augen zusammen und trat dann wütend gegen die Tür. „So ein Mist!“, fluchte er. Jetzt saß er wohl in der Klemme. Ihm musste ganz schnell was einfallen, was sein Verhalten entschuldigen könnte. Aber was sollte er nur sagen? Er wollte Ryohei nicht verraten, immerhin war er ein guter Freund von ihm. Sollte er lügen? Das wäre jetzt wohl am Sinnvollsten. Er hatte ja noch ein bisschen Zeit, um sich was Gutes einfallen zu lassen... *~* Sawada-Villa Hibari folgte Colonnello in das Haus. Der blonde Polizist warf ihm einen warnenden Blick zu, doch Hibari ignorierte es. Wie immer. Er würde sich doch nicht von so einem Wichtigtuer sagen lassen, was er zu machen hatte. Außerdem musste er etwas herausfinden. Diese Frau. Lal Mirch. Hibari ahnte, dass sie etwas verheimlichte. Etwas, was mit diesem Fall zusammen hing. Aus irgendeinem Grund glaubte er nicht, dass sie nur rein zufällig von Italien hierher geschickt wurde, nur weil sie gut war. Nein, sicherlich nicht. Es gab genug Polizisten in Japan, die ebenfalls Potenzial hatten. Also warum ausgerechnet sie? Wer war sie wirklich? „Oi, Hibari. Lal Mirch hat doch gesagt, dass du verduften sollst. Also was tust du dann noch hier?“ Gokudera tauchte direkt vor ihm auf und riss Hibari somit aus den Gedanken. Der Angesprochene warf ihm einen kalten Blick zu und blieb stehen. „Geh mir aus dem Weg, Pflanzenfresser“, zischte er mit drohender Stimme. „Davon träumst du wohl! Du hast hier nichts zu suchen!“, widersprach der silberhaarige Polizist und hielt ihm die Faust unter die Nase. Hibari zog eine Augenbraue in die Höhe und nahm Gokuderas Faust ins Visier. „Willst du dich etwa wirklich mit mir anlegen?“, fragte Hibari und er schlang seine Finger um Gokuderas Handgelenk. Dann drückte er fest zu. Erschrocken japste Gokudera auf. Es tat weh. Obwohl Hibari nicht fiel tat, fühlte sich sein Griff an, als würde er mit einer Zange zudrücken. „Bastard! Ich hoffe, Enma bestraft dich für dein Handeln!“, fluchte er und riss seine Hand wieder an sich. Hibari ließ ihn los und wischte sich die Handfläche an seiner Anzugsjacke ab. „Mr. Gokudera, kommen Sie jetzt bitte? Wenn Mr. Kyouya uns nicht im Weg herumläuft, kann er machen, was er will. Ich will keine unnötige Zeit verlieren!“, rief Lal Mirch ihm aus einem anderen Raum zu und Gokudera wirbelte herum. „I-ich komme, Lal Mirch! Verzeihen Sie mir!“, antwortete er mit lauter Stimme. Er warf Hibari nochmal einen Blick zu, doch dieser hatte sich schon von ihm weg gedreht und blickte sich neugierig im Gang um. „Irgendwann wirst du noch dafür büßen, dass du überall deine Nase rein stecken musst!“, prophezeite er ihm. Danach wandte er sich von Hibari ab und eilte in den Raum, indem Lal sich befand. Hibari lief mit geschmeidigen Schritten durch den riesigen Gang und öffnete eine Tür nach der anderen, um mal kurz einen Blick in das Zimmer zu werfen. Er hatte mittlerweile aufgehört zu zählen, wie viele Räume es hier gab. Es waren unzählige und er befürchtete, dass er eine Weile brauchte, um etwas Nützliches finden zu können. Vor einer Treppe hielt er an. Er schob seine Hände in die Hosentaschen und schaute nach oben. Sie führte in den ersten Stock. Und ein Gefühl sagte ihm, dass er da jetzt hochgehen sollte. Vielleicht würde er da oben fündig werden. Außerdem war er weit genug von den anderen entfernt, um das zu tun, was er als Nächstes vorhatte. „Kyou-san?“ Hibari lief durch den Gang vom ersten Stock. Währenddessen hatte er sein Handy hervorgeholt und hatte einen Bekannten angerufen, der ihm bei einigen Fragen helfen konnte. „Kusakabe, tu mir einen Gefallen“, antwortete Hibari mit leicht gedämpfter Stimme. Auch wenn er von den anderen abgeschnitten war, war er weiterhin vorsichtig. Nicht, dass man ihn doch hören konnte. „Alles was Sie wollen, Kyou-san!“ „Ich möchte alles über die Frau namens Lal Mirch erfahren“, erklärte er und seine Augen funkelten dabei auf. „Und wenn du schon dabei bist, dann finde auch heraus, wer Sawada Tsunayoshi ist.“ "Verstanden, Kyou-san. Ich melde mich wieder, sobald ich genug Informationen habe!“ Zufrieden legte Hibari wieder auf und verstaute sein Handy in seiner Hosentasche. Er wusste, auf Kusakabe war Verlass. Er war einer der besten Hacker in ganz Japan und er würde in Nullkommanichts Zugriff auf die Datenbank der ganzen Welt haben. Und dann würde er endlich ein großes Rätsel lösen. Gierig leckte er sich über die Lippen. Bald würde er hinter Lal Mirchs Geheimnis kommen... Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Verwundert blieb er stehen. Er hatte ein leises Geräusch gehört. Es war wirklich leise gewesen, doch er hatte es vernommen. Es kam von rechts hinten. Langsam drehte er seinen Kopf in diese Richtung. Seine Augen weiteten sich überrascht. „Was ist denn das?“, fragte er sich und er wandte sich komplett um. Fasziniert starrte er zu dem kleinen Tier herunter, welches ihn mit großen Augen musterte. Im ersten Moment hatte er es für eine Katze gehalten, doch als er genauer hinschaute, erkannte er, dass es keine Katze sondern ein kleiner Löwe war. Hibari trat einen Schritt vor. Der Löwe gab daraufhin ein Mitleid erregendes Geräusch von sich und er zog sich verängstigt zurück in den Raum, aus welchem er gekommen war. Doch Hibari war zu neugierig geworden, um sich damit einfach abfinden zu können. Er folgte ihm. Als er den Raum betrat, wurde ihm sofort klar, dass er sich in einem Schlafzimmer befand. Ein einzelnes Bett stand ihm gegenüber an der Wand und rechts neben sich fand er einen Kleiderschrank vor. Ein cremefarbener, runder Teppich lag vor dem Bett und die Gardinen am Fenster waren in der selben Farbe gehalten. Der Löwe fauchte auf, als er bemerkte, dass Hibari ihm gefolgt war, doch als er ihm einen stechenden Blick zuwarf, zog er seinen Schwanz ein und legte seine Ohren an den Kopf. „Du armes Tier bist ganz alleine hier...“, bemerkte der schwarzhaarige Polizist nach einer Weile, nachdem er sich am Zimmer satt gesehen hatte und er ging vor dem Löwen in die Hocke. Er hielt ihm seine Hand hin, damit er daran schnuppern konnte. Auch wenn Hibari an sich ein kalter Mensch war, hatte er für kleine Tiere eine große Schwäche. Und dieser Löwe war ihm irgendwie schon ans Herz gewachsen. Schnüffelnd trat das Tier näher, wobei seine Augen immer noch misstrauisch in seine schauten. „Keine Angst, ich mach dir nichts“, murmelte er und er langte dann mit den Fingern in die orangefarbene Mähne des Tieres. Und dann sah er es. Ein Objekt unter dem Bett. Er runzelte seine Stirn und rückte näher. Der Löwe, der sich eben unter Hibaris Fingern entspannt hatte, bemerkte, wohin Hibari kroch und er fauchte laut auf. So schnell, er konnte baute er sich vor dem Bett auf und sträubte sein Fell. Hibari hielt inne und zog seine Augenbrauen zusammen. „Lass mich vorbei, wenn dir dein Leben lieb ist!“, warnte er ihn und sein Ausdruck in den Augen hatte sich verändert. Auch wenn er kleine Tiere liebte und er den Löwen süß fand, würde er keine Ausnahme machen, ihn zu töten, wenn es sein musste. Das Tier fauchte und spukte, doch je länger Hibari ihn anstarrte, desto unsicherer wurde er. Nach einer Weile verließ ihn der Mut und er rannte jaulend unter das Bett. Hibari nutzte die Chance, holte schnell ein Einweghandschuh aus seiner Tasche, welchen er sich überzog, und tastete mit der rechten Hand nach dem Objekt. Als er es zwischen den Fingern spürte, zog er es unter dem Bett hervor und musterte es dann. Seine Augen weiteten sich entsetzt und er hielt die Luft an. Konnte es sein...? Hielt er gerade wirklich die Tatwaffe in der Hand? Hibari beäugte das Messer ganz genau. Die Klinge war rot verfärbt. Es konnte entweder Blut sein, aber auch Tomatenketchup, wobei er, wenn er ehrlich war, das Letztere gleich wieder aus schloss. Das wäre ein zu großer Zufall, wenn ein Messer mit Ketchup verschmiert in einem Zimmer versteckt lag. Rein zufällig in einem Haus, in welchem ein Massaker angerichtet wurde. Nein... Ausgeschlossen. Das hier war die Mordwaffe und der Löwe hatte sie wohl verstecken wollen. Ein hinterlistiges Grinsen erschien auf Hibaris Lippen und er holte eine Tüte aus seiner Umhängetasche hervor. Er öffnete sie und ließ das Messer hinein gleiten. Danach schloss er die Tüte mit dem Beweismaterial und verstaute sie wieder in seiner Tasche. „Du bist ein braver Löwe, weißt du das?“, sprach er zu dem Tier und stand dann auf. Danach verließ er wieder das Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)