Zwei Gesichter
Prolog: Zwei Gesichter
People help the people,
And if your homesick,
Give me your hand and I'll hold it.
People help the people,
And nothing will drag you down.
Oh and if I had a brain,
Oh and if I had a brain,
I'd be cold as a stone,
And rich as the fool,
That turned all those good hearts away.
Mit sagen umwobener Stimme sang sie die letzte Zeilen des Liedes. Als die letzten Töne verklangen, war es erst ganz leise im Raum, dann brach lauter Applaus auf die junge Frau aus. Das blondhaarige Mädchen ließ das Mikrofon sinken und verbeugte sich. Ihre blonden Haare hatte sie zu vier Zöpfen gebunden. Mit ihrer roten, enganliegenden Bluse, dem schwarzen, kurzen Rock und den Stiefeletten, die ihr bis zu den Knien gingen sah sie aus wie eine echte Rockerin.
Sanft lächelt sie das Publikum, das sich langsam wieder beruhigte, an und hob wieder das Mikro an die Lippen.
„Das war mein letztes Lied für heute, aber ich komme nächste Woche wieder. Ich liebe euch!“ Mit diesen Worten steckte sie das Mikrofon wieder zurück in die Halterung und ging den schmalen Weg zur Treppe entlang, wo bereit zwei junge Männer auf sie warteten. Der eine hatte rote Haare der andere braune. Sie ergriffen je eine Hand der blonden Frau und führten sie die Treppe hinunter.
Aus dem Publikum waren laute Rufe zu hören. Mit den Worten ‚Zugabe! ‘ und ‚Momoku Shingano‘, was der Name der blonden Frau war, verlangten sie nach einem weiteren Lied, doch die junge Frau kam nicht mehr wieder. Sie verließ bereits mit den beiden Männern den Club. Draußen stiegen sie zusammen in ein schwarzes Auto. Die blonde, junge Frau setzte sich auf die Rückbank, während die beiden Männer vorne Platz nahmen. Sie starten schnell den Motor und düsten dann durch die Stadt.
„Temari, du musst dich im Auto umziehen! Dein Kleid liegt neben dir“, wies der Rothaarige sie an. Temari nickte und begann damit sich auf der Rückbank auszuziehen.
„Brauchst du Hilfe oder schaffst du es alleine?“, fragte der Rothaarige nach einer Weile.
„Gaara, ich schaffe das auch ohne Hilfe. Ich bin blind geboren. Da kann ich mich auch alleine anziehen. Ich komme alleine klar!“, erwiderte sie aufgebracht und bissig. Ihr braunhaariger Begleiter lachte auf.
„Klar, das haben wir gesehen. Du wärst fast gestolpert und brauchst jedes Mal Hilfe, um die Treppe runter zu laufen“, schnaubte er.
„Halt einfach die Klappe, Kankuro!“, fauchte sie und warf ihm einen wütenden Blick zu. Sie wusste, dass er Recht hatte, doch wollte sie das nicht zugeben. Also wendete sie sich einfach von ihm ab und widmete sich wieder ihrem Kleid.
Es war wirklich nicht so einfach es im Auto anzuziehen, doch lag es nicht daran, weil sie blind war sondern, weil das Kleid sehr lang und unhandlich war. Größtenteils war das Kleid blau. Oben und unten war es schwarz. Das Kleid war an der Hüfte tailliert und schmiegte sich perfekt an den schlanken Körper der jungen Frau, außerdem hatte es keine Träger. Dazu trug sie schwarze Riemchenschuhe. Es war ein wirklich schönes Kleid und zeigte den hohen Stand der Familie.
Nachdem die drei Geschwister aus dem Auto gestiegen waren, richtete Kankuro das Kleid seiner Schwester, während Gaara ihre Zöpfe öffnete und ihre Haare zu einer Hochsteckfrisur band. Nun sah sie wirklich aus wie die Tochter eines reichen Mannes. Zusammen gingen die drei Geschwister zum Haus.
„Wie spät ist es?“, fragte Temari etwas unsicher. Gaara warf einen Blick auf seine Uhr.
„Fünf vor zehn. Wir haben also noch ein paar Minuten“, beruhigte er seine Schwester. Diese nickte und öffnete die Tür und trat zusammen mit ihren Brüdern durch diese hindurch. Ein Lächeln zierte ihre Lippen. Wenn sie wüsste, was auf sie zukam, würde sie sicher nicht so lächeln.
„Guten Abend Fräulein Temari, Master Gaara, Master Kankuro“, begrüßte der Butler die drei Geschwister. Die drei nickten nur und waren drauf und dran auf ihre Zimmer zu verschwinden, als der Butler sie aufhielt.
„Verzeihen Sie bitte, aber Ihr Vater erwartet Sie im Wohnzimmer“, erklärte er. Die Geschwister sahen ihn schockiert an.
„Er ist bereit zu Hause?“, fragte Temari entsetzt.
„Ja, Fräulein. Er hat sich um Sie gesorgt, weil Ihr nicht in eurem Zimmer wartet“, erwiderte er. Temari nickt, dann ging sie mit ihren Brüdern ins Wohnzimmer. Als sie eintrat, machte sie einen kleinen Knicks. Gaara und Kankuro blieben an der Tür gelehnt.
„Guten Abend, Vater“, begrüßte sie ihren Vater.
„Wo warst? Du weißt genau, dass du das Anwesen nach acht nicht mehr verlassen darfst und schon gar nicht ohne Begleitung“, kam er sogleich zur Sache und wies sie streng zurecht.
„Entschuldige Vater, doch ich hatte Kopfschmerzen und brauchte ein bisschen frische Luft, deshalb war ich mit Gaara und Kankuro im Park. Es wird sicher nicht mehr vorkommen“, erklärte sie brave und neigte ihren Kopf leicht. Sie wusste, wie sie sich als Tochter eines reichen Mannes ihrem Vater gegenüber verhalten musste. Von ihrem Lächeln war keine Spur mehr zu sehen.
Ihr Vater nickte, auch, wenn er wusste, dass sie es nicht sehen würde, dann wand er sich an Gaara und Kankuro, denn er einen strengen und zugleich bösen Blick zuwarf.
„Passt das nächste Mal besser auf eure Schwester auf. Ihr wisst genau, dass sie nicht raus darf. Wenn sie wieder Kopfschmerzen hat geht auf den Balken. Ihr habt die Verantwortung für sie. Ich will nicht, dass so etwas noch mal vorkommt. Habt ihr verstanden?“, meckerte er sie aufgebracht an. Gaara und Kankuro schluckten kaum merklich, dann nickten sie. Auch sie wussten genau, wie sie sich vor ihrem Vater zu verhalten hatten und sie wussten, was ihnen blühte, wenn sie nicht hörten. Also blieben sie gehorsam.
„Bringt eure Schwester nun in ihre Gemächer und geht dann selbst in euer Zimmer!“, wies er sie an, dann drehte er sich weg von ihnen, widmete sich um seine Abendzeitung und seiner Zigarre.
Temari drehte sich wieder um und lief zur Tür, wo ihre Brüder bereits auf sie warteten. Bevor sie gingen, schlossen sie die Tür zum Wohnzimmer.
„Gute Nacht, Vater“, sagte Temari leise, bevor die Tür sich schloss. Zusammen mit ihren Brüdern ging sie schweigend zu ihrem Zimmer. Eigentlich mussten die beiden sie nicht begleiten. Sie war in dieser Villa aufgewachsen. Sie kannte jeden Winkel und würde auch alleine in ihr Zimmer finden. Sie hatte sich schon als sie klein war alle Wege eingeprägt. Dafür hatte ihre Mutter immer gesorgt, doch nun war sie fort.
Als sie bei ihrem Zimmer ankamen, traten sie ein. Es war ein riesiges Zimmer. Die Wände waren lila gestrichen. Ein begehbarer Kleiderschrank zierte eine Wand. Dem gegenüber war eine riesige Fensterfront, an der sich ein Balkon anschloss. An einer weiteren Wand stand ein riesiges Himmelbett, auf dem mehrere Kissen lagen. Die Kissen und Decken waren lila, die Lieblingsfarbe von Temari. Ihrem Bett gegenüber hing ein riesiger Flachbildfernsehr. In der Mitte des Raumes war eine gemütliche Sitzecke mit Couchtisch. In einer Ecke stand eine große Stereoanlage. Daneben war ein CD-Regal. In einer weiteren Ecke stand ein großer weißer Flügel. Auf einem großen Schreibtisch stand ein Computer. Das Zimmer war stylisch und so eingerichtet, dass man gut an allem vorbei kam, doch nirgends waren Fotos oder anderen persönliche Dinge. Das einzige, was vielleicht ein bisschen persönlich aussah, war ein kleiner Teddybär, der inmitten von den Kissen lag.
Temari lief an ihren Möbeln vorbei und warf sich sofort ins Bett. Kankuro setzte sich auf eine Couch in der Sitzecke. Gaara schloss erst die Tür, dann setzte er sich zu Kankuro. Eine Weile saßen sie schweigend so da, bis Gaara das Wort ergriff.
„Temari, so kann es nicht weiter gehen. Irgendwann wird es rauskriegen. Du musst mit dem singen aufhören!“, sagte er eindringlich. Temari lachte auf.
„Er wird es sicher nicht rausbekommen. Er ist nie da, um zu sehen, was wir machen. Im Club benutze ich ein Pseudonym. Wir sind in Amerika, da wird niemand hinter kommen, was Momoku Shingano wirklich heißt und selbst wenn, werden die Leute mich nicht erkennen, weil er mich versteckt hält und es wird sicher keiner der gehobenen Leute, die immer auf seinen Bällen sind, in so einen Club feiern, also kann mich keiner verraten. Es besteht keine Gefahr und wir bekommen keine Probleme“, erwiderte sie. Gaara schüttelte nur seufzend den Kopf.
„Glaubst du wirklich, dass er dir das mit den Kopfschmerzen abkauft? Er wird dich jetzt sicher mehr überwachen. Du solltest aufpassen und darüber nachdenken, ob du wirklich weiter machen willst…“, meinte er, dann stand er auf. Kankuro folgte ihm. Er hatte nichts mehr dazu zusagen. Er war derselben Meinung wie sein Bruder.
Zusammen ging sie zur Tür und öffneten sie.
„Werdet ihr mir trotzdem helfen?“, fragte Temari, bevor die beiden durch die Tür gehen konnten. Gaara drehte sich noch mal um und lächelte sie sanft an, auch, wenn sie dies nicht sah.
„Natürlich. Wir sind deine Brüder. Wir werden immer für dich da sein“, erwiderte er ruhig. Temari lächelte glücklich und nickte.
„Danke“, flüsterte sie leise. Auch, wenn sie es ungerne zugab, wusste sie, dass sie die Hilfe ihrer Brüder brauchte und das Singen ohne sie aufgeben musste, dabei war Musik ihr Leben.
„Gute Nacht, Temari“, sagte Gaara, bevor er mit Kankuro durch die Tür trat und sie hinter sich wieder schloss.
Temari seufzte. Sie wusste, dass sie eigentlich aufhören musste, doch sie konnte es nicht. Sie musste es einfach machen, auch, wenn sie alle sicher jede Menge Ärger kriegen würden, wenn ihr Vater etwas bemerkte, doch konnte sie einfach nicht ohne. Schon immer war sie in dieser Villa alleine gewesen zwischen Butlern und Kindermädchen. Mit ihren Brüdern durfte sie nie spielen. Sie waren auch so gut wie nie zu Hause. Temari hatte sich schon immer einsam gefühlt. Ihre Brüder nannten sie immer die einsame, traurige Prinzessin. Nur, wenn ihre Mutter kam, mit ihr Klavier spielt und sang, konnte sie lächeln, doch als ihre Mutter starb, sie war gerade sechs Jahre alt, war sie wieder allein. Eine Weile spielte und sang sie nicht mehr. Temari wurde von Tag zu Tag trauriger, bis sie erkannte, dass sie so wieder mit ihrer Mutter verbunden sein konnte. Sie begann wieder zu spielen, doch blieb sie so einsam wie zuvor. Sie war alleine…
Mit einem traurigen Blick erhob sie sich und ging auf den Balkon. Sie sah hoch in den Himmel. Viele Sterne glitzerten in dieser Nacht. Eine kleine Träne löste sich aus ihrem Auge.
„Ich wünschte, du wärst noch hier, dann wäre sicher alles anders…“, flüsterte sie leise und traurig in die Nacht hinein.