Der Mann ohne Vergangenheit von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 15: Vergangenheit ------------------------- Der Inu no Taishou blieb in der Nähe eines abseits gelegenen Traktes des Schlosses stehen. Sesshoumaru, der sich höflich hinter ihm hielt, erkannte in der Dunkelheit, dass die Fenster hier nicht wie gewöhnlich mit Holzgittern versehen waren, sondern aus Mauersteinen Gitter gelegt worden waren – unmöglich hinein zu blicken, wohl aber hinaus. Am Eingang entdeckte er Wachen, Hundedämonen, gleich sechs an der Zahl. War das der Trakt über den Gerüchte umliefen? Der Fürst schien zu überlegen, ehe er sich abwandte und zu einem Wäldchen schritt, sich umsah, als wolle er überprüfen, dass keine Zuhörer in der Nähe standen: „Setzen Sie sich dort auf einen Stein...“ Der junge Hundedämon bemerkte nun die Steinreihe, die nebeneinander aufgeschichtet worden war, eindeutig zum Sitzen – nach moderner Art. Er zögerte etwas. Schließlich sollte man, soweit er wusste, nicht in Gegenwart des Fürsten sitzen, während der stand. Aber da der Taishou winkte, gehorchte er. „Ich werde es Ihnen erzählen,“ sagte der Hundefürst langsam: „Zum einen, weil ich eben etwas von Ihnen möchte, zum zweiten, weil ich doch überzeugt bin mich auf Ihre Diskretion verlassen zu können.“ Und würde er reden, würden ihn alle Dämonen des Landes auf Befehl des Mannes vor ihm jagen, das war Sesshoumaru klar. Auch ein Untertauchen in Akumu wäre unmöglich, dazu wusste der Fürst sicher mittlerweile zu viel über ihn – und das Kopfgeld würde astronomisch. Überdies: er wollte nicht reden. „Wie gesagt, meine Gemahlin stammt aus Ihrer Familie, das zeigt die Mondsichel. Und ich bin mir nach wie vor nicht sicher, wohin Sie dort gehören, denn so viele Familienmitglieder gab und gibt es nicht. Nun, wir werden sehen. - Es war in den Jahren des Großen Krieges, als sich auf allen Seiten herumsprach, dass es da eine sehr starke Dämonin gab, eine Hundedämonin. Jeder, der auf sich hielt, wollte sie zur Mutter seines Erben und warb um sie, eher, ließ werben. Es war Krieg. Niemand nannte sie bei ihrem Namen, jeder nur Kyokuchi – die Vollendung, die Perfektion für alles, was ein Hundedämon sein sollte. Nun, ich bewarb mich auch. Es gab und gibt nur sehr wenige Dämonen auf diesem Niveau, wie viel weniger weibliche. Sie wies jeden ab, was, das gebe ich zu, meine Eitelkeit reizte. Nach dem Ende des Krieges und der Gründung der vier Fürstentümer fragte ich sie erneut, nach einem langen, persönlichen Gespräch. Diesmal willigte sie ein.“ Sie hatte wohl nur die Wahl zwischen drei Fürsten gehabt, dachte der Zuhörer unwillkürlich. Drachen und Dämonen war ja wohl kaum geeignet für Nachwuchs. Und gerade für eine Hundedämonin musste die Aussicht mit dem Anführer ihres Volkes verbunden zu sein durchaus seinen Reiz haben. „Ich möchte Sie nicht langweilen, Tantei, aber es ist mir wichtig, dass Sie sie verstehen. Sie wusste, dass sie die begehrteste Partie auf dem Heiratsmarkt war, aber sie wollte...nun, nicht nur deswegen geheiratet werden, damit jemand einen Erben bekommt. - Wie gesagt, es war die Zeit nach dem Krieg und es gab viel zu tun, viel aufzubauen. Sie übernahm die dämonische Seite, da sie Menschen nicht sehr schätzte, ich eben diese zusätzlich zu den politischen Dingen. Wir...wir haben gut zusammengearbeitet. Und als sie nach fünfzig Jahren schwanger wurde, erschien es mir wie ein Geschenk des Himmels, der Hinweis darauf, dass Frieden war und alles gut werden würde. Ich war wohl trotz allem ein wenig naiv.“ „Auch, wenn es ein Mädchen geworden wäre?“ erkundigte sich Sesshoumaru prompt, ärgerte sich dann, das war sicher unhöflich gewesen, wenn ihm der Fürst schon derart private Dinge anvertraute. Der Inu no Taishou erwiderte jedoch ruhig: „Auch dann. Sie wissen ja, wie selten Welpen bei so einem langlebigen Volk wie dem unseren sind. Aber es wurde ein Junge. Wir nannten ihn Sesshoumaru....“ Es war irgendwie eigenartig, seinen Namen in solch einer Geschichte ausgesprochen zu hören, aber Inu Yasha hatte ihm ja bereits davon erzählt. „Es.....es ging noch eine ganze Weile gut, aber ihr wurden die....nennen wir es, die gesellschaftlichen Verpflichtungen einer Fürstin zu viel. Sie stammte aus einem einsamen Schloss...So beschlossen wir uns vorläufig zu trennen, ein wenig Abstand zu gewinnen. Der Kleine blieb zunächst bei ihr. Ein solcher Welpe ist bei seiner Mutter gewöhnlich besser aufgehoben. Ich wollte ihn erst zu mir nehmen, wenn er ein wenig älter wäre. Nun ja, jeder Vater möchte wohl die Erziehung seines Sohnes, zumal seines Erben, selbst in die Hand nehmen. Hätte ich es nur gleich getan. - Sie bezogen ein Haus in der Stadt und ich besuchte sie eben ein Mal die Woche, um mich von den Fortschritten Sesshoumarus zu überzeugen. Bald nachdem traf ich Inu Yashas Mutter, die.....aber das ist eine andere Geschichte.“ Und ein anderer Hundedämon würde kaum verstehen, was er an Izayoi gesucht und gefunden hatte: „Meine Gemahlin hatte gesellschaftliche Kontakte zu anderen Dämonen, die nie bei Hofe gewesen waren und so wohl kaum davon ausgingen, dass sie die Fürstin war, das war so vereinbart. Noch heute frage ich mich, wie es möglich war, dass ich nichts bemerkte, nichts ahnte.... Die Dienstboten schworen mir später auch sie hätten kein Anzeichen gesehen.“ Und sie waren vor Angst vor ihm zusammengebrochen, keine Chance ihn zu belügen: „Aber sie schickte sie abends auch immer fort...“ Er nahm sich zusammen: „Als sie eines Morgens zur Arbeit erschienen, fanden sie sie in einem schrecklichen Zustand. Sie brachte immer nur heraus: Sesshoumaru, zerreißen, töten....und an ihrer Brust, ihrer Rechten trug sie Blut, eindeutig das Blut unseres Welpen. Ich wurde geholt, aber da war sie in eine Reaktionslosigkeit gefallen. Der Heiler erklärte mir, das sei eine Art Schockstarre. - Natürlich ließ ich den Kleinen überall suchen, aber weder im doch gesicherten Haus, noch im Garten, noch irgendwo fand sich eine Spur von ihm.“ Der Herr der Hunde atmete tief durch: „Es blieb nur die...grässlichste aller Möglichkeiten.“ Kein Wunder, dass das ihn heute noch beschäftigte, dachte der Zuhörer: nur, was hatte das mit ihm selbst zu tun? „Ich ließ sie herbringen und einschließen, um einen weiteren Mord zu verhindern. Ich...ich wollte ihre Erklärung, ehe ich sie hinrichten ließ. Als sie mit Mitteln der Heiler aufwachte, stellte sich heraus, dass sie keine Erinnerung an das Vorgefallene hatte. Sie nahm an, dass man Sesshoumaru entführt hätte, man ihn verletzt hätte, um ihr das Blut als Beweis zu bringen, sorgte sich um ihn....und bat mich, ja, flehte mich an ihn zu suchen.“ Er betrachtete den Sitzenden: „Tantei, manche nannten es eine Schwäche – aber wie hätte ich jemanden hinrichten lassen können, um einer Tat willen, an die er sich nicht erinnern konnte, viel mehr noch, der sich Sorgen machte? In den vergangenen zweihundertfünfzig Jahren hat sie überdies sicher mehr gelitten als bei jedem Urteil, das ich hätte aussprechen können.“ Der Mann, der sich Tantei nennen ließ, erwiderte ehrlich: „Ich halte das für Gerechtigkeit.“ Darum also der gesonderte Trakt, die Wachen – und die Gerüchte. Und die Wahrheit dahinter war zumindest für die Betroffenen wohl schrecklicher. So fragte er nur: „Was kann ich für Sie tun, oyakata-sama?“ „Ich kam auf die Idee, als ich die Sichel auf Ihrer Stirn zuvor entdeckte. - Ich werde später wieder zu ihr gehen. Sie wird mich wieder fragen, ob ich Sesshoumaru gefunden habe. Und diesmal möchte ich nicht verneinen müssen.“ „Ich....ich soll mich als Ihren Sohn ausgeben?“ Was sollte er dazu sagen? „Nur für heute Nacht.“ Der Fürst drehte sich um und schien durch die Dunkelheit nach dem Trakt zu sehen: „Sie sind stark genug, um sie abwehren zu können, falls sie Sie angreifen sollte. Obwohl ich es nicht glaube. Was auch immer damals vorgefallen ist, heute ist sie in einer Art Melancholie gefangen. Sie fragen sich, was ich beabsichtige? Ich hoffe, der Glaube ihren Sohn wieder zu haben, wird sie dazu bringen zu erwachen, sich daran zu erinnern was damals geschah.“ Sein Ton wurde hart: „Wenn ich es weiß, werde ich sie töten lassen. Aber ich will die Ursache wissen, warum sie meinen Sohn umbrachte und... fraß.“ Noch heute konnte er es nur mit einem Zittern in der gewöhnlich so ruhigen Stimme aussprechen. Und den ihren, dachte der Jüngere. Das war ja eine heikle Lage, in die er gekommen war. Aber es gab nur eine Antwort. Das war der Taishou, der Fürst, der etwas von ihm wollte. Ärger noch, es war ein Vater, der um seinen Sohn, ja, seine Familie, sicher ebenso trauerte, wie er um seine eigene Vergangenheit. „Was soll ich beachten?“ erkundigte er sich nur. Der Herr der Hunde wandte sich zu ihm: „Nichts weiter. Ihr Name ist Sesshoumaru. Ich werde nicht bei Ihnen und ihr bleiben, um sie nicht zu verwirren oder zu stören. Sie müssen selbst sehen, wie sie reagiert. Ich werde allerdings draußen warten, für den Fall, dass es doch zu einem ungeplanten Ereignis kommt. - Nun, Tantei, was immer auch geschieht: seien Sie meiner Dankbarkeit versichert. - Warten wir noch ein wenig. Ich gehe gewöhnlich kurz vor Sonnenaufgang zu ihr.“ Beide Hundedämonen verharrten schweigend. Als sich der Fürst umdrehte, erhob sich Sesshoumaru unverzüglich und folgte. Wahrlich, eine heikle Lage. Aber er begriff nun auch, warum Inu Yasha so abgeschottet wurde, warum sich der Vater alle Mühe gab, wenigstens diesen einen Sohn jetzt und in Zukunft zu beschützen, ja, dazu auch einen dämonischen Lehrer suchte. Falls die Wachen vor der Tür überrascht waren, dass der Inu no Taishou nicht allein kam, so zeigten sie es nicht. Sie waren unter den Elitekämpfern der Hundedämonen die treuesten, verschwiegensten aller. Darum erfüllten sie auch hier diesen Dienst. Nur einer bewegte sich, um die verschlossene Tür zu öffnen, den Blick auf einen beleuchteten Vorraum freizugeben, wo ein älterer Dämon in Kimono stand, der sein Erstaunen weniger verhehlte, sich aber nur vor dem Fürsten verneigte. Hinter ihnen wurde die Tür geschlossen. „Wie geht es ihr, Jiro?“ erkundigte sich der Taishou. „Sie erwartet Sie. - Die Zofe ist wie üblich fort.“ Sesshoumaru begriff, dass es sich um einen Heiler handeln musste. Dieser ergänzte: „Ich habe das Beruhigungsmittel griffbereit, oyakata-sama.“ „Ich hoffe, dass sie es nicht benötigt.“ Der Fürst ging weiter, zu einer zweiten Tür, die ebenfalls einen Riegel trug, der nun aber frei hing. Eigentlich waren die Riegel sinnlos, dachte der Gast prompt. Eine so starke Hundedämonin würde auch durch die Türen gehen oder eine Hauswand einreißen können. Nun gut. Er hätte es gekonnt. Er hielt sich eng hinter dem Taishou, erkannte, dass dieser einen Aufenthaltsraum betrat, der für ein Gefängnis wahrlich wohnlich eingerichtet war, soweit er das am Fürsten vorbei sehen konnte. Eine müde, weibliche Stimme sagte: „Ich freue mich, dass Sie wieder gekommen sind, mein Gebieter...Ich warte immer sehnsüchtig auf diesen Tag. Haben Sie...ihn gefunden...?“ Sesshoumaru straffte sich unwillkürlich, als würde ein Kampf bevorstehen, als der Herr der Hunde weiter in den Raum trat und erwiderte: „Ja, meine Teure. - Komm, Sesshoumaru, und begrüße deine Mutter.“ Er wich beiseite, mindestens ebenso angespannt wie der junge Dämon, den er kaum kannte und dem er doch aus irgendeinem Grund vertraute. Der gehorchte und ging am Fürsten vorbei – und erstarrte, als er die Hundedämonin in einem vornehmen Sessel erblickte, der fast an einen Thron erinnerte, und die ihn nun ansah. Er hatte nur vage Erinnerungen an seine Mutter, aber auch diese hatte die Boa so getragen, die langen weißen Haare so....Mühsam besann er sich auf seine Manieren und neigte den Kopf. „Verehrte Mutter....“ Noch nie war es ihm so schwergefallen zwei Worte auszusprechen. „Ich lasse euch beide allein,“ meinte der Fürst, beruhigt, dass sich der Fremde in das Schauspiel einfügte, zumal, als er seine Gemahlin sagen hörte: „Oh, du bist aber groß geworden....Komm nur näher.....“ Er schloss die Tür von außen und versuchte nur zu hören, ob es einen Zwischenfall gab. Sesshoumaru konnte nicht anders. Noch während er der Aufforderung gehorchte, überfiel ihn ein Schauder. Er erinnerte sich nicht an ihr Gesicht, aber sie hatte die Boa so getragen, diese schwarze Kette und das ebensolche Medaillon, das er nie hatte berühren dürfen... Der Geruch....Sein Name...Ohne weiter nachzudenken fiel er neben ihr auf die Knie, drückte sein Gesicht an ihre Boa, wie er es früher getan hatte: „Mama!“ „Sieh mich an,“ befahl sie, deutlich kühler, aber auch wacher als zuvor. Als er gehorchte, strich sie über seine Stirn, als wolle sie sich vergewissern, dass der Mond dort nicht aufgezeichnet war. „Dein Geruch....Ja. Du bist es. Du bist es wirklich. Wie konnte ich an ihm zweifeln. - Ich erinnere mich....“ Sie schien zu schaudern, eigentlich unmöglich für eine, zumal solch hochrangige, Dämonin: „Sie.. sie haben dich nicht getötet, wie sie es sagten, nicht verstümmelt....“ Eine Ahnung dessen, was damals geschehen war, stieg in dem wiedergefundenen Sohn auf: „Das haben sie Ihnen erzählt, Frau Mutter? - Mir haben sie gesagt Sie wären tot, als sie mich wegbrachten.“ „Wer?“ „Ich hoffte, das wüssten Sie.“ „Wo warst du denn nur in all den Jahren? Du bist groß geworden....Es ist wohl lange her.“ „Zweihundertfünfzig Jahre, Frau Mutter. - Sie brachten mich nach Akumu.“ „Du warst ein so kleiner Welpe. Und dann dorthin? Wie konntest du überleben? Nun, du hast gutes Blut in dir.“ „In der Tat.“ Zum ersten Mal seit langen Jahren lag der Stolz auf seine Herkunft in seiner Stimme. „Ich...ich denke, wir sollten es dem Fürsten sagen.“ „Ja, aber er weiß es doch?“ Unwillkürlich bemüht, seinen Taishou....nein, seinen Herrn und Vater zu decken, erwiderte Sesshoumaru höflich: „Er ahnte es, aber er war sich nicht sicher. Und ich konnte mich an ihn nicht erinnern, nur an Sie.“ „Ich verstehe. Ja, hole ihn nur. Ich denke inzwischen nach. Dann können wir ihm berichten, was geschah. - Du darfst gehen,“ fügte sie hinzu. Wie damals, dachte er, als er sich erhob. Ja, eindeutig. Sie war wieder geistig anwesend. Er öffnete die Tür, glitt förmlich durch einen Spalt hinaus und meinte, da der Fürst ihn anblickte: „Es...es gab eine Überraschung, oyakata-sama. Sie hatten Recht.“ „Wovon reden Sie, Tantei?“ Das konnte jetzt schwierig werden: „Tantei ist, das wissen Sie, nur mein Tarnname. Ich heiße Sesshoumaru.“ Im nächsten Moment prallte er gegen die Wand. Damit hatte er zwar gerechnet, aber der Schlag eines so mächtigen, noch dazu zornigen, Dämons hatte es in sich. Hastig kniete er nieder. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass er den Geschmack von Blut im Mund hatte, oder gar vergeblichen Erklärungsversuchen, die wohl nur den Ärger weiter schüren würden, schob er seinen Ärmel hoch, drückte seine Krallen in den Unterarm, und riss ihn auf. Der Fürst, der bereits nachsetzen wollte, blieb stehen, als dunkelrot und schwer das dämonische Blut austrat und ihm die Witterung in die Nase stieg. „Unmöglich.“ Er kannte schließlich den Geruch seines eigenen Blutes und das war diesem so ähnlich.... „Bitte, lassen Sie meine verehrte Mutter und mich Ihnen berichten, was damals geschah. Wir erinnern uns nun beide.“ Der Inu no Taishou schloss für einen Moment die Augen. War es möglich? Aber da war dieser Geruch, die Tatsache, dass es so wenig Welpen in einem Alter gab, ja, er selbst bei seinem ersten Anblick gedacht hatte, so müsse sein Sohn heute aussehen, die Stärke des Unbekannten, nicht zuletzt das Mal auf der Stirn, das so alles Erklärung fände. „Dann erwarte ich Ihren...deinen Bericht.“ Er warf einen Seitenblick auf den Heiler, aber Jiro bemühte sich sichtlich im Boden zu versinken, nicht anwesend zu sein. Erleichtert, dass sich der Fürst wieder unter Kontrolle hatte, ja, zuhören wollte, öffnete Sesshoumaru die Tür und ließ ihn höflich zuerst eintreten, ehe er folgte. Die Dame blickte wach und fast konzentriert zu den Beiden, ehe sie verbindlich den Kopf neigte, ohne jedoch aufzustehen, was sie auch kaum vermocht hätte: „Ich schulde Ihnen bleibend Dank, mein Gebieter, dass Sie mir gegen allen Anschein glaubten und ihn suchten. - Es war Onigumo.“ „Onigumo.“ Die Wiederholung des Namens durch den Herrn der Hunde klang wie ein Todesurteil. „Onigumo?“ fragte Sesshoumaru dagegen irritiert. „Du kennst ihn?“ kam es von beiden Eltern gleichzeitig, ehe der Taishou die Hand hob: „Setzen wir uns, Sesshoumaru. Dann erzählen Sie, meine Teure, was geschah – und dann du, mein Sohn.“ Der so Angesprochene ließ sich förmlich fallen, weniger aus Gehorsam, als weil ihn zum ersten Mal in seinem Leben seine Beine nicht mehr tragen wollten. Mein Sohn. Einfach so. Er hatte Eltern, die ihrerseits all die Zeit um ihn getrauert hatten, um ihn gelitten hatten. Sogar einen Halbbruder. Inu Yasha wäre sicher überrascht. - Ja. Was war damals geschehen? Was hatte Onigumo damit zu tun? Und was Naraku? Die Dame richtete sich etwas auf. „Wie Sie wissen, oyakata-sama, waren wir überein gekommen, dass ich mit Sesshoumaru ein gewöhnliches Leben führe. Ich lernte einige Dämonen kennen, gesellschaftlich, versteht sich, die nichts über mich wussten, außer, dass ich einen gewissen....Reichtum mein eigen nennen durfte. Unter ihnen war auch Onigumo. Er verschwand dann, aber hatte mich auch nie weiter interessiert, obwohl er sich alle Mühe gab überaus beredsam zu sein. Er wollte mein Vermögensverwalter werden. Natürlich kam das nicht in Betracht. Eines Tages ließ er sich wieder bei mir melden. Ich war ein wenig erstaunt, denn er hatte sein Äußeres verändert, wirkte nun jünger. Er hatte einen jungen Mann dabei, den er mir vorstellte, aber ich erinnere mich nicht an seinen Namen. Er bat mich um eine Unterredung unter vier Augen und schlug vor, dass sein Sohn mit Sesshoumaru im Garten spielen könnte. Ich sah keine Gefahr und willigte ein.“ Sie holte tief Atem. „Die einzige Entscheidung meines Lebens, die ich bereue. - Er redete allerlei, es ging wieder um das Geld, ehe er plötzlich meinte, jetzt könnten wir ernsthaft verhandeln. Mein Welpe sei in seiner Gewalt und wenn ich ihn lebend wiedersehen wollte, müsse ich bezahlen. Ich wollte ihn natürlich angreifen, aber er meinte nur lächelnd, dass er das vorhergesehen habe. Käme er nicht zu seinen Leuten zurück, würden sie...“ Sie brach ab, nahm sich jedoch zusammen: „Er sagte die Wahrheit, ich wusste es. Und so setzte ich mich. Einige Zeit darauf kam jemand mit einem Päckchen, das abgegeben worden sei. Onigumo schlug mir vor es zu öffnen. Darin befand sich...Blut, das ich erkannte. Es war Sesshoumarus Blut.“ „Sie haben unterschrieben?“ fragte der Fürst nur, während Sesshoumaru endlich die Lösung dafür bekam, warum ihm sein Entführer eine Spritze in den Arm gejagt und ihm Blut abgenommen hatte. „Ja. Einige Anweisungen. Aber er wollte mehr. Da ich mich nun weigerte, griff er zum Telefon und wählte, gab es mir dann, mit den Worten....nein, das sage ich nicht. Aber ich hörte die Schreie.“ Sie schwieg wieder eine Sekunde: „Es war wirklich der schrecklichste Augenblick meines Lebens. Ich unterschrieb, überschrieb ihm sogar das Haus, das mir doch gar nicht gehörte. Und dann, als ich ihm beteuerte, ich besäße nichts mehr, gab er seinen Leuten die Anweisung, meinen Welpen....zu verstümmeln, zu.....Ich hörte durch das Telefon die Schreie...“ Ihre Zuhörer pressten beide die Zähne zusammen. Das also war der Grund, warum sie trotz ihrer Schockstarre noch immer von „Sesshoumaru, zerfetzen...“ gesprochen hatte. Sie hatte bis zuletzt versucht jemanden zu informieren, ehe sie geistig und körperlich zusammenbrach. „Benötigen Sie den Heiler, meine Teure?“ erkundigte sich der Taishou. Sie atmete durch und musterte ihren Sohn: „Nein, danke, mein Gebieter. Jetzt weiß ich, dass er das log, dass alles erlogen war, bis auf die Tatsache, dass er unseren Welpen entführte. Nur, warum log er es mir vor?“ „Ich fürchte, verehrte Mutter, es bereitete ihm Freude Sie zu quälen. Zu schade, dass er tot ist.“ Sesshoumaru klang eisig. „Er ist bereits tot?“ In der Stimme des Fürsten lag wirkliches Bedauern: „Nun, du solltest erzählen, was damals passierte. Und dann, woher du Onigumo kennst.“ So sachlich er auch blieb, so dankte er wortlos den anonymen Mächten, die ihm nicht nur seinen Sohn wieder geschenkt hatten, sondern auch noch in einem Mann, den er ohne jede Kenntnis der Blutsverwandtschaft schätzen gelernt hatte. Es hätte eines Hammers bedurft, um sein gewisses inneres Lächeln wegzuwischen. Er ahnte nicht, dass ihn das Schicksal bereits bedauernd schwang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)