Fremdkörper von -wolke- ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Es war heiß... stickig. Um ihn herum zuckte die Beleuchtung rhythmisch durcheinander. Blau, gelb, grün, rot,weiß.Er schwitzte.Das leichte T-Shirt, dass er für heute ausgesucht hatte, war schweißdurchtränkt. Er konnte die Menge, die vor ihm in der Dunkelheit sein musste- er konnte ihr Gröhlen hören- nicht erkennen, und das war gut so. Desswegen machte es ihm nichts aus, auf der Bühne zu stehen- er sah das Publikum nicht. Kolja auf der anderen Seite gab sein bestes an der zweiten Gitarre. Der lange, dürre Kerl hatte etwas merkwürdig hypnotisches, wie er sich bewegte. Grüne Haare, wild in die Höhe gegeelt, ein schwarzes Tanktop und weite Army-Hosen plus Springerstiefel komplettierten seine Erscheinung. In seinem Gesicht glitzerten Piersings an der rechten Augebrauhe und eine sicherheitsnasdel im rechten Mundwinkel, von der eine Kette zu seinem Ohrring führte. Hinter ihm schlug Mell auf das Schlagzeug ein, sie hatte sich zur feier des Tages Rastas in ihre kirschroten Haare flechten lassen und diese zu einem Zopf gebunden, und nun tanzten sie im bunten Licht um sie herum. sie trug ein Oberteil, das knapp unterhalb ihres busens aufhörte und eine weite Hose aus schwarzem, derben Stoff mit Löchern. Die Schuhe konnte er nicht sehen, das Schlagzeug verbarg sie. Doch die größte Veränderung machte wohl jedes Mal die Sängerin von den "Happy Dead Rabbits". Nichts an Sophie glich dem sanften, bodenständigen Mädchen aus dem Alltag. Eine enge schwarze Jeans umspannte ihre schöenen beine, die in hochhackigen Stieffeletten endeten. Das graue Oberteil hatte ein Wasserfalldekolleté und einen freien Rücken nebst Spinnenwebenprints. Doch am meisten hatte sich ihre Ausstrahlung verändert- ihre Haare waren eine fast hüftlange, wilde Mähne, Ihre Augen Katzenartig geschminkt und ihre Lippen rot lackiert, hatte sie etwas ungeheuer intensives. In Ihre sanfte Stimme hatte sich etwas raues und etwas verletzliches gemischt, wärend wir ihr Lieblingslied von den Cranberries spielten- Zombie, natürlich. Er konzentrierte sich und schloss die Augen. So spielte er am besten. Seine Finger glitten fast intuitiv über die Saiten seines Basses.Ab und zu öffnete sich sein Mund, um im Background mitzusingen- Kolja und er waren sozusagen Sophies Backgroundsänger. "Another mother's brackin' heart is tacking over When the violence 'causes silence We must be mistaken" Gerade der richtige Grad an Verletzlichkeit. Sie hatten ewig geprobt, um dieses Lied hin zu bekommen- es war verdammt schwer zu singen, wenn es sich gut anhören sollte. So viel harte Arbeit, aber es hatte sich gelohnt. "It's the same old theme since 1916 In your head, in your head they're still fighting With their tanks and their bombs And their bombs and their guns In your head, in your head they are dying..." Er lässt sich treiben. Die Musik füllt ihn aus und in ihm ist für nichts mehr Platz, außer für Töne. Die Welt ist verschwunden, er denkt nicht mehr. Es gitb nur noch ihn, die Musik und Sophies Stimme, die ihn durch diesen Strudel dirigiert. In your head, in your head Zombie, zombie, zombie Hey, hey, hey What's in your head, in your head Zombie, zombie, zombie? Hey, hey, hey, hey! Oh, oh, oh oh, oh, oh, oh, hey, oh, yaa, yaa....." Zum Finale gab er noch mal alles, dann ließen sie gemeinsam das Lied ausklingen und die Elektrezität, die seinen Körper beherrscht hatte, ebbte ab. Mittlerweile spürte er eine Leichte Erschöpfung, die sich nach dem Gig in bleierne, aber zufriedene Müdigleit wandeln würde. Jetzt war er noch zu aufgeladen. Ein Beifallsturm. Sophie strahlte das Publikum an. Dann führte sie das Mikro an die Lippen. "Hey, Leute, ihr seid so klasse!", ruft sie den Leuten entgegen und bekommt sofort das Dankeschön zurück. Sie grinste. "Aber leider, leider..."- ein kollektives Stöhnen- "...geht auch dieser Abend irgendwann zu Ende." Immer mehr laute Unmutsbekundeungen aus dem Publikum. Sie grinste. "Wollt´ihr noch was hörn?", fragte sie frech und bekommt einen Begeisterungssturm zur Antwort. "Wollt ihr 'ne Zugabe?" Während die Menge ihr entusiastisch zustimmt, bekommt Noah ein flaues Gefühl im Magen. "Und wer soll singen?", fragt Sophie, seine Nemesis, und natürlich antwortet das Publikum, das eben doch oft aus den immergleichen Leuten besteht: "Noah!Noah!Noah!" ...Eigentlich war diese Idee dem angetrunkenen Hirn Mells entsprungen bei einer ihrer Bandparties, zu denen sie Proben umfunktionierten, wenn sie früh fertig waren oder keinen Bock hatten. Und irgendwie hatte diese Idee es vom alkohoilumnebelten Mell-Hirn ans Band-Reißbrett und über die Proben auf die Bühne geschafft. Die Idee war: Noah singt die Zugabe. Ob Noah das eigentlich wollte, wurde nie als Teildes Problems betrachtet. Also wurde er mehr oder weniger über seinem Kopf hinweg entschieden, dass er für die Zugaben zuständig sei. Und so war es nun seitdem. Mittlerweile ging es. Die ersten Male hatte er ungeheure Panik geschoben, es zu vermasseln. Aberr diese komplett bescheuerten Leute, die sich in den Clubs und Bars einfanden, in denen sie gelegentlich spielten, gefiel es, ihn auf der Bühne und am Mikro zu sehen. Naja. Es half ja nichts. Tief atmete er durch, dann tauschte er langsam mit Sophie die Plätze, sorgsam darauf achtend, dass sich ihre Kabelnciht verhedderten. Noch einmal tief Luft holen, dann ging es los. "Never made it as a wise man I couldn't cut it as a poor man stealing Tired of living like a blind man I'm sick of sight without a sense of feeling" Und auf einmal war wieder alles weg. Auf einmal hat er weieder alles ausgeblendet und war wieder nur Musik. Seine Stimme war rau und tief, unerwartet, denn da er sie sonst nie erhebte, hörte man das sonst nicht aus seiner leisen Sprechstimme heraus. In seinem Kopf lief zu dem Text ein ganz anderer Film. Beim Singen spürte er die Worte in sich drinnen, als würden sie aus ihm herausgerissen. Da war Schmerz. Immernoch Schmerz. "And this is how you remind me This is how you remind me Of what I really am This is how you remind me Of what I really am " Er spürte, wie seine Stimme sich in ihm erhob, wie ein Tier, dass nach einem langen Schlaf erwachte und nun kraftvoll hervorbrach und alles mit sich riss. Er sah ihn vor sich. Ben. Wieder Ben. Immer Ben. "It's not like you to say sorry I was waiting on a different story This time I'm mistaken for handing you a heart worth breaking" Er hatte ihn einfach verlassen, einfach allein gelassen, ohne ein Wort. Hatte alles kaputt gemacht. Träume, Hoffnungen. Zukunft. Er hatte ihm sein Herz geschenkt. "and I've been wrong, i've been down, been to the bottom of every bottle these five words in my head scream "are we having fun yet?" " Er war am ende gewesen. Ganz unten. Fast wäre er nicht mehr hochgekommen. Aber, gottverdammt, erste Liebe hin oder her, das Leben ging weiter. Er stand wieder auf, wie der Phönix aus der Asche. "Yeah, yeah, yeah, no, no yeah, yeah, yeah, no, no it's not like you didn't know that I said I love you and I swear I still do And it must have been so bad Cause living with me must have damn near killed you" War es so gewesen? Hatte ihn seine Liebe erdrückt? War sie ihm nur eine Last gewesen? Was es das gewesen, Ben? Ist er desswegen einfach abgehauen, konnte ihm nichtmal in die Augen schauen beim Abschied? Er hatte ihn geliebt- war das der Grund? "And this is how, you remind me Of what I really am This is how, you remind me Of what I really am" Schmerz, heiß und brennend, in seiner Brust, und er gab ihm eine Stimme. "It's not like you to say sorry I was waiting on a different story This time I'm mistaken for handing you a heart worth breaking and I've been wrong, i've been down, been to the bottom of every bottle these five words in my head scream "are we having fun yet?" Yet, yet, yet, no, no yet, yet, yet, no, no yet, yet, yet, no, no yet, yet, yet, no, no" Immer wieder zuckten Bilder von Ben um ihm vor seinem Inneren Auge vorbei...Dann herrschte Stille in seinem Kopf, als das Solo erklang. Er öffnete langsam die Augen und schaute in die Menge, die auf einmal unangenehm deutlich zu sehen war. Seine Augen schienen ziellos umher zu wandern. Suchend, nicht findent. "Never made it as a wise man I couldn't cut it as a poor man stealing And this is how you remind me This is how you remind me This is how you remind me Of what i really am This is how you remind me Of what I really am" Der merkwürdige Sturm in ihm kam langsam zur Ruhe, blieb aber unterschwellig in ihm. Wie GLut, die nur auf den richtigen Windstoß hofft, um ein neues Feuer zu entfachen. Seine Augen suchten sich irgendeinen Fixpunkt in der Menge. Und dann brach der Sturm wieder los. "It's not like you to say sorry I was waiting on a different story This time I'm mistaken for handing you a heart worth breaking" Er schrie diesemFixpunkt die Zeilen entgegen, sah aber nur ein anderes Gesicht vor sich. Braune Wuschelhaare, braune Augen, gebräunte Haut. Lachfältchen, ein breites grinsen, ein neckisches funkeln in den Augen. Er hatte ihn geliebt. "And I've been wrong, I've been down, been to the bottom of every bottle these five words in my head scream "are we having fun yet?"" Er hatte ihn geliebt. Hatte ihm sein Herz geöffnet. Und wofür? "Yet, yet are we having fun yet Yet, yet are we having fun yet Yet, yet are we having fun yet" Es war genug. "No-no..." Mit dem verklingen der letzten Gitarrenklänge wich die Spannung aus seinem Körper und er fühlte sich völlig ausgelaugt. Ihm war leicht schwindelig. Er trat ein, zwei Schritte nach hinten und prallte mit den rücken an Kolja und Sophie, die hinter ihm Stellung bezigen hatten. In der Menge brachen Begeisterungsstürme aus. Anscheindend hatte er seine Sache gut gemacht. Die Verabschiedung und den Abgang von der Bühne bekam er kaum ncoh mit. Als er aus seinem Nebel erwachte, saß er mit Mell in einer Ledernen Sitzecke am Rand der Bar, Sophie und Kolja ihm gegenüber und vor ihm ein Wodka-O. Zumindest hoffte er das. Und er hoffte, dass das sein erster und letzter war. "Das war hammer-geil!", rief Sophie über den Lärm hinweg. "Oder? Die sind richtig abgegangen!" Er geinste in sich hinein. Ja. Das war ein guter Abend gewesen. Musik war für ihn besser, als jede Droge. Noah lehnte sich zurück, nachdem er mit den anderen angestoßen hatte und genoss die Atmosphäre. Mell, Kolja und Sophie unterhielten sich noch über den Gig und er warf gelegentlich eine Bemerkung ein. Hier fühlte er sich wohl. Richtig. Alles war gut. Endlich war alles gut. "Noah?" Alles in ihm wurde starr und es war, als stünde die Welt um ihm genauso still. Als sich Mell neben ihm versteifte, bestätigte sich seine Befürchtung. Obwohl er die Stimme überall erkannt hätte. Da er an der Wand saß, schaute er an Mell vorbei an den Rand des Tisches. Dort stand er, schaute ihn an. »Können wir nicht… Kann es nicht wieder so sein, wie früher? Können wir nicht einfach wieder… Freunde sein?«, hallte es in Noahs Kopf wieder. »Bitte?« Sein Mund wurde staub trocken. Sein Körper fühlte sich taub an. Er wollte nur noch weg, doch er wusste, sein Körper würde sich nicht bewegen. In diesem Moment fiel ihm auf, dass Kolja und Sophie ebenfalls still geworde waren und das Geschehnis skeptisch beonbachteten. Mell fixierte Ben mit einem wütendenm Blick. "Sag mal, spionierst du ihm nach? Was willst du?", knurrte sie ihn an. Ben ignorierte sie alle, er fixierte nur Noah, der sich am liebsten unruhig gewunden hätte, aber nur erstarrt da saß, wie ein Karnienchen vor der Schlange. "Noah, wir müssen reden!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)