Schneeketten von Hotepneith (Der 23. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 3: Lady Youko und Lady Yuzuki -------------------------------------- Vor der Tür erwartete Etsu, die Dienerin der ältesten yuki onna Seine Lordschaft. Sie neigte höflich den Kopf und ging schweigend ihm voraus, um ihn bei der nächsten Schwester anzumelden. Noch drei davon erwarteten ihn und womöglich auch noch ein Gespräch mit den Dienerinnen. Wie überaus lästig. Dabei gab er zu noch immer keine Ahnung zu haben, wie die drei Diebstähle durchgeführt worden waren. Er ging hinein. Youko sah ihren beiden älteren Schwestern ebenfalls sehr ähnlich, wirkte aber etwas jünger, eher wie Anfang Zwanzig. Aber das besagte wenig. Sie lächelte ihn offen an, ehe sie meinte: „Das ist ja eine wirklich hübsche Überraschung. Ich muss gestehen, dass ich mit Yukikos Brief an...an den Fürsten nicht ganz einverstanden war. Es gab nun einmal diesen Besuch, der nicht so ganz so ablief, wie wir uns das vorgestellt hatten. Nehmt doch Platz, werter Lord Sesshoumaru...“ Ihre Hände glitten über ihre Oberschenkel. Langsam hätte es ihn schon interessiert, was hier zwischen den Schneefrauen und seinem verehrten Vater vorgefallen war, aber natürlich war es unmöglich zu fragen. „Lady Youko, auch Eure Kette ist verschwunden.“ „Ja. Ich war mit Yoshiko den Tag über auf dem Festland und als ich sie abends umlegen wollte, war sie verschwunden. Yoshiko veranstaltete bereits solch einen Krach, dass ich wusste, dass ich nicht die einzige Bestohlene war. Machi, meine Dienerin, beteuerte auch nichts zu wissen.“ Sesshoumaru warf einen Blick auf die vielleicht um die Dreißig stehende Menschenfrau, die zu Boden sah und sich sichtlich bemühte ihn nicht anzustarren. Hatte sie noch nie einen Hundedämon gesehen? Oder war sie erstaunt, dass er nicht auf die kleinen, armseligen Hexereien ihrer Herrinnen hereinfiel? „So war auch Eure Kette versteckt?“ „Ja. Nun gut, versteckt...aber ein Fremder sollte nicht wissen, wo sie liegt, nicht wahr?“ Youko zwinkerte ein wenig verschwörerisch, ehe sie ihren Gast anlächelte: „Oder könntet Ihr das sagen?“ Der Raum war ebenso karg möbliert wie die der ersten beiden Schwestern. „Nun?“ Er hatte keine Lust sich auf Ratespielchen mit dieser bislang nervigsten yuki onna einzulassen. „Oh je, so kalt wie der Vater,“ seufzte Youko: „Nicht sehr nett gegenüber uns einsamen Schneefrauen. Nun gut. Die Kette befand sich hier, in dem Kissen neben mir.“ Auf den ersten Teil ihrer Aussage ging er lieber nicht ein: „Sind alle Schneeketten identisch?“ „Nicht ganz. Mutter machte eine für jede von uns. Sie bestehen natürlich alle aus weißen Korallen, aber sie haben andere Muster der Schneekristalle. Lasst Euch doch von Yukiko oder von Yaoko die ihren zeigen. Sie haben sie wohl nur noch, weil sie sie ständig tragen, selbst, wenn sie die Insel verlassen.“ „Niemand außer einer Schneefrau kann etwas mit diesen Ketten anfangen,“ stellte Sesshoumaru noch einmal fest. „Niemand, den ich wüsste. Es ist ja überdies mehr Gedenken, mehr Schmuck als Zauber. - Nun, Euer eisige Lordschaft?“ Sie lächelte und ihm wurde plötzlich bewusst, dass sie ihre Magie erhöht hatte. Was sollte das? Nahm diese kleine Hexe etwa an, er würde so töricht wie dieser Fudo oder auch die anderen Krieger werden? War das der Punkt gewesen, an dem Vater mit den Schneefrauen aneinander geraten war? Er erhob sich. Zur Hölle mit der Etikette! Wenn er diese Youko noch länger ertragen musste, könnte seine Selbstbeherrschung reißen. Hoffentlich waren die letzten beiden Schwestern angenehmer als die da. Youko lächelte erneut, wenn auch ein wenig bedauernd: „Oh, ein wirklich so hübscher Junge aus Eis – wie überaus interessant aufzutauen. Ich würde mein Bestes geben, das kann ich Euch versprechen. Ihr wärt sicher nicht enttäuscht. - Machi, begleite Seine Lordschaft zu Lady Yuzuki, dann gehe dich aufwärmen.“ Das war doch....nein, daran dachte ein mächtiger Dämon nicht einmal. Sesshoumaru bemühte sich seine Hand zu entspannen. Er sollte höflich bleiben, so lautete seine Anweisung. Hoffentlich waren Yuzuki und Yaoko angenehmere Gesprächspartner. Warum nur hatte Vater ihm quasi verboten, dass er Sakura mitnehmen könne? Natürlich hatte der Herr aller Hunde einen guten Grund gehabt und es wäre auch geradezu unverschämt gewesen nach einem weiteren Argument zu fragen....nun ja. Es wäre sicher überzeugend gewesen. Aber Sakura hätte für ihn eine wahre Entspannung dargestellt. Machi, die Dienerin, meldete ihn höflich bei Yuzuki an. Diese sah äußerlich ebenfalls ihren Schwestern ähnlich, aber dem Eintretenden fiel sofort auf, dass sie unverzüglich den Kopf neigte, deutlich zuvorkommender war als ihre anderen Schwestern. Zumindest entfiel dieses ihn so erbosende Lächeln. „Ich freue mich Euch kennen zu lernen, Lord Sesshoumaru,“ sagte sie gesittet: „Bitte nehmt Platz.“ Auch dieser Raum war mehr als ähnlich eingerichtet. Die yuki onna schienen ihre Verbundenheit geradezu zu betonen. „Die Dienerin sagte Euch bereits, warum ich hier bin.“ „Ja, um der drei gestohlenen Ketten willen, die so rätselhaft verschwanden. Ich muss gestehen, dass ich nicht erwartet habe, dass der mächtige Inu no Taishou sich derart für unsere Schwierigkeiten interessiert, dass er uns seinen einzigen Sohn schickt.“ Na, da war jemand mal gut informiert. Vielleicht konnte sie ihm einige Fragen beantworten – natürlich, ohne dass er sich als ungeschickt darstellte. „Auch Eure Kette verschwand, während Ihr auf dem Festland ward?“ Die junge Dame neigte zustimmend den Kopf: „Ja. Drei Tage nach den beiden meiner Schwestern. Und das, obwohl ich sie gewöhnlich gut verberge.“ „Wie Eure Schwestern ebenfalls.“ „Ja. - Natürlich war es ein wenig voreilig von meiner zweitältesten Schwester, Yoshiko, ihre menschliche Dienerin so scharf zu verhören, aber sie wusste noch nichts von dem gleichzeitigen zweiten Diebstahl.“ Lady Yuzuki sah unwillkürlich zu der ihren, einer jungen Frau um die Zwanzig, wie alle hier warm angezogen und mit Stiefeln: „Und, nachdem dann auch noch meine Kette verschwunden war, eine weitere Durchsuchung der Räume nichts ergab, auch die Frauen und die Krieger erneut durchsucht wurden...Es ist ein Rätsel. Kein Fremder hätte doch uns entgehen können. Nun, das hätte ich bislang als Gewissheit angenommen.“ Hm. Sesshoumaru dachte kurz nach: „Nach den ersten beiden Diebstählen ließt Ihr Eure Kette am gewohnten Ort?“ Yuzuki lächelte ehrlich erfreut: „Euer Lordschaft hat Erfahrung in Ermittlungen, vermute ich? Wie schön. - Nein, ich hatte sie, ebenso wie Youko, in einem Kissen. Nachdem ich nach den zwei Vorfällen auf das Festland gehen wollte, erschien sie mir dort zu unsicher. Eine Schneekette ist aus weißen Korallen, wie Ihr bestimmt wisst, und so erschien es mir klüger, sie in Weiß zu verbergen. Das gesamte Schloss ist aus Schnee und es ist für eine yuki onna kein Problem, ein Loch dort hinein zu graben, die Kette hineinzulegen und es wieder zu schließen. Midori, meine Dienerin, befand sich zu diesem Zeitpunkt übrigens nicht hier.“ Damit war auch ausgeschlossen, dass die Dienerinnen, bewusst oder unbewusst, über die Verstecke redeten und der Dieb zuhörte. Dennoch, wieso konnte der die Ketten finden? „Strahlen die Ketten ihre gewisse Magie aus?“ Yuzuki zuckte die schmalen Schultern: „Eine Schneekette vermehrt nicht die Magie der Trägerin. Aber sie ist eine wunderschöne Erinnerung an unsere mächtige Mutter. Ich vermute, Ihr wolltet höflicherweise nicht direkt fragen, ob eine von uns die Kette im Schnee wahrnehmen könnte, wenn die ihr auch nicht gehört. Ich denke, dass dem so ist – nur, welchen Sinn sollte das machen? Mehr als eine Kette zu tragen wäre.....übertrieben, als Schmuck. Und jede Kette besitzt nur einen gewissen Anteil unseres Zaubers, je nachdem, was unsere eigene Fähigkeit ist. Mein besonderes Können, neben den üblichen, ist es, starke Bannkreise hervorzubringen. Dies vermögen auch meine Schwestern, aber meine sind eben etwas stärker. Youko, als weiteres Beispiel, schafft es dämonische Krieger derart in Liebe zu ihr entbrennen zu lassen, so dass sie in einen anderen Bewusstseinszustand fallen. Das vermögen wir alle, aber ihre Fähigkeit ist besonders ausgeprägt.“ Lady Yuzuki musterte ihren jungen Gast. Er hatte bereits nach den Regeln der Schneefrauen mit der älteren Youko gesprochen, und schien, ebenso wie sein Vater immun gegen diesen Bann. Schade, eigentlich. Sie waren gemeinsam zu fünft damals so nahe dran gewesen, den Herrn der Hunde auf ihr Lager zu bringen, als der das bemerkt hatte. Er war ziemlich wütend geworden – und hatte das halbe Schloss mit diesem bösartigen Schwert eingerissen. Sie fuhr jedoch nur nüchtern fort: „Wenn also eine von uns fünf Schwestern alle fünf Ketten besitzen würde, würde das ihre eigene Macht nicht verstärken. Angeboren ist angeboren und Magie eine sehr komplexe Sache. - Keine von uns sieht einen Grund, warum wer die Ketten stehlen sollte. Außer natürlich, dass sie wunderbar gearbeitet sind, sehr filigran aus den weißen Korallen geschnitten. Ihr könnt Euch sicher Yaokos ansehen, die unserer jüngsten Schwester. Sie trägt ihre noch. Wie auch Yukiko. Nach den Diebstählen wollten die Beiden sicher gehen und nehmen sie auch auf das Festland mit, was wir alle bislang eigentlich eben aus Sicherheitsgründen vermieden haben.“ Wenigstens eine sachliche Schwester! „Eine letzte Frage, Lady Yuzuki: bei der Durchsuchung des Schlosses, den Durchsuchungen, dachtet Ihr gewiss auch daran, dass der Dieb die Ketten, wie Ihr selbst, im Schnee vergraben haben könnte?“ „Ja, ich dachte daran, und sagte es den Anderen. So achteten gerade wir Bestohlenen auf Anzeichen. Es ist mir wirklich ein Rätsel, wo auf dieser Schneeinsel, die wir selbst erschaffen haben, unser Schmuck liegt – und wer ihn dort hin beförderte. Nun, ich hoffe auf Euch, Lord Sesshoumaru.“ „Falls ich weitere Fragen habe....“ Er erhob sich bereits. Die Dame neigte den Kopf: „Ich persönlich stehe Euch gern in jeder Beziehung zur Verfügung.“ Als Seine Lordschaft die vierte Schneefrau verließ, fühlte er sich ein wenig deprimiert. Das Rätsel war kein Mord, nur ein Diebstahl, und er kam nicht weiter. Schon um Vaters Willen durfte er nicht versagen. Er übersah ganz bestimmt etwas. Nun gut, jetzt noch die letzte Schwester, dann sollte er in aller Ruhe überlegen, vielleicht noch die Krieger befragen....Alles musste man selber machen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)