Schneeketten von Hotepneith (Der 23. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 1: Auftrag ------------------ Lord Sesshoumaru kam in äußerst guter Laune in das väterliche Schloss zurück, was sich sogar so weit äußerte, dass er einen menschlichen Diener, der ihn im Rückwärtsgehen anrempelte, nicht in vier Teile zerlegte, sondern nur mehr oder weniger harmlos gegen den nächsten Balken fliegen ließ. Die kleine Strafaktion, die ihm sein Vater gegen einen törichten Dämonenstamm aufgetragen hatte, war sehr erfolgreich verlaufen – nun, für ihn. Im Kreis der Dachsfamilie würde es einige Lücken geben. Er wollte sich, wie es sich geziemte, bei dem Hundefürsten zurückmelden, erhielt jedoch die Auskunft dieser befände sich im Garten. Das war ungewöhnlich unter Tags und so machte sich Seine Lordschaft auf den Weg. Hatte Vater Besuch oder eine Nachricht bekommen, die er allein lesen wollte? Er blieb unter dem sorgfältig von menschlichen Gärtnern geschnittenen Nadelbaumtor stehen. Der Herr aller Hunde spazierte in Gedanken versunken über die Steine, sichtlich einen Brief in der Hand. Sollte er weitergehen? Es war eigentlich überaus unhöflich einen Fürsten bei der Rede oder auch in Gedanken zu unterbrechen. Eine Rückmeldung samt Bericht jedoch war angebracht. Der Inu no Taishou sah auf als er die Witterung in die Nase bekam. Da er seinen Sohn entdeckte, schien es ihm, als sei das die Lösung seines Problems der letzten Stunden. So früh hatte er ihn nicht zurückerwartet. Daher winkte er ihm näher zu kommen. Sesshoumaru gehorchte und neigte ein wenig den Kopf. „Du hast deinen Auftrag erledigt.“ Darin lag kein Zweifel. „Ja, verehrter Vater. Vier Krieger der Dachse sind tot, die Anderen unterwarfen sich mir...Euch und versicherten, einen solchen Fehler nicht mehr begehen zu wollen.“ Es war aus ausnehmend töricht gewesen einem Menschendorf die Ernte abzuschwatzen, nun, genauer, die Menschen darum zu betrügen und dem Hungertod auszusetzen, wenn sein mächtiger Vater ihnen Schutz versprochen hatte. „Das war zu erwarten.“ Der Herr der Hunde dachte kurz nach, ehe er fragte: „Was weißt du über Schneefrauen?“ Sesshoumarus Erstaunen lag nicht in seiner Stimme: „Yuki onna sind Dämonen, ähnlich uns, wenn auch keine Tiergeister sondern Naturgeister, uns unterlegen. Sie sind immer weiblich, zumeist mit knielangen, weißen Haaren, seltener schwarzen, und meist in weißen Kimonos gekleidet. Sie verfügen über gewisse Magie. Manche von ihnen fressen Menschen, andere schützen diese.“ Hatte eine Schneefrau Vater einen Brief geschrieben? Worum ging es da, dass der Herr des Westens sichtlich in Gedanken war? Er entsann sich nur zu gut des überaus peinlichen Heiratsantrages, den der Prinz des Festlandes an Vater ihn selbst betreffend geschickt hatte. Nein, keine Schneefrau als Gemahlin! Er unterdrückte diesen Gedanken. Im Zweifel handelte es sich eher um Mord, wie er aus leidvoller Ermittlungserfahrung wusste. „In der Tat. Diesen Brief erhielt ich nun von Yukiko. Sie ist die Älteste der fünf Herrinnen des Schnees, der Schwestern, die die Schneefrauen anführen. Sie leben auf einer Insel am nördlichen Rand meines Gebietes. Sie bat mich auch im Namen ihrer Schwestern um Hilfe.“ „Wollte sie jemand überfallen?“ „Nein. Wie du schon sagst, verfügen yuki onna über ihren eigenen Zauber. Bei den fünf Herrinnen manifestiert sich ihre Magie in ihrem Halsschmuck. Selbstverständlich sind sie auch ohne diesen zauberkundig, aber die Schneeketten verstärken ihn wohl noch einmal. Und eine dieser Ketten wurde gestohlen.“ Und sie wandten sich an den Herrn der westlichen Gebiete als ihren Schutzherrn. So weit so gut. Nur.... „Sagtet Ihr nicht, verehrter Vater, sie wohnen nur zu fünft auf einer Insel?“ „Sie haben Menschen und Dämonen als Personal und Wachen dort. Wobei nicht einmal Yukiko annimmt, dass es einer von denen war. Sie vermutet einen unbekannten Meisterdieb, vielleicht einen Fuchs....“ Der Dämonenprinz hätte um ein Haar geseufzt: „Soll ich den Diebstahl klären?“ Zu seiner Überraschung zögerte sein Vater, ehe er sagte: „Nun, das wäre die beste Lösung. Außer, dass ich selbst hinreise. Ich war bereits einmal dort.....“ „Gab es....kleinere Unannehmlichkeiten?“ Natürlich würde ein Hundefürst nie auf Probleme treffen. Der Inu no Taishou überlegte seine Formulierung sorgfältig. „Schneefrauen haben ihre eigene Magie, wie erwähnt, und manches daran ist....ungewöhnlich. Ich vermute jedoch nicht, dass du auf Scherereien stoßen wirst, wenn du dich auch nur wie gewöhnlich verhältst. Dennoch: eine gewisse Höflichkeit ist selbstverständlich angebracht.“ „Ja, verehrter Vater.“ „Und eine gewisse Vorsicht. - Auch ohne es bewusst zu wollen ist die Magie der Schneefrauen stets aktiv. Hüte dich davor dich davon beeinflussen zu lassen.“ „Ja. - Sakura?“ Der Herr der Hunde dachte erneut kurz nach, ehe er sagte: „Nein. Es gibt keinen Vorwand für eine Heilerin, die Schneefrauen selbst können alles Nötige für sich. Und ich möchte nicht, dass sie, denen die Bitte um Hilfe gewiss schon unangenehm war, denken, ich möchte das ausnutzen. Das solltest du auch in deinem Verhalten bedenken.“ Das wurde ja immer besser. Aber immerhin, ein Diebstahl einer Halskette, kein Mord. Das sollte man doch schnell erledigen können, dachte der heranwachsende Dämonenprinz – und bewies damit nur, dass er wenig Ahnung von Frauen im Allgemeinen und yuki onna im Besonderen hatte. So stand Sesshoumaru nur einen halben Tag später am Ufer des Meeres. Der kühle Wind ließ sein Haar flattern und er musterte die kleine bebaute Insel vor sich. Zauber umfing sie, in der Tat, aber das war kein Bannkreis, der ihn hätte aufhalten können. Ein Schloss befand sich dort, ohne sichtbaren Eingang in der Mauer. Das Gebäude selbst war ebenso weiß wie die Mauer, wie frisch gefallener Schnee, und er vermutete, dass das eben genau der Fall war. Kein Wunder, dass Vater davon abgeraten hatte, neben den erwähnten Gründen selbstverständlich, Sakura mitzunehmen. Doch – hatte der Herr der Hunde nicht auch erwähnt, dass es hier menschliches Personal gab? Die würden ganz sicher...frieren, oder wie man das nannte? Es war wohl höflich sich anzumelden. So ließ er seine gewöhnlich verborgene Energie ansteigen, langsam, um keine Aggression anzudeuten. Tatsächlich regte sich nur Minuten später etwas und ein Dämon, das war zu spüren, tauchte vor dem Schloss auf, scheinbar aus dem Nichts samt seinem Booterscheinend, vermutlich um den Besucher abzuholen. Allerdings war der Mann bewaffnet, ein Krieger, und das machte Sesshoumaru ein wenig stutzig. Aber, was sollte es. Er war auch ohne jede Waffe in der Lage solch einen niederrangigen Dämon umzubringen, sollte es notwendig sein. Seine Lordschaft war sich sicher, dass er nie ohne Notwendigkeit tötete. Der Dämon kam heran: „Ihr wollt zu den Damen des Schnees? Lady Yukiko schickt mich.“ „Ja.“ Zu allem. „Bitte kommt, ich werde Euch hinüber rudern und den Hafen öffnen.“ Hafen? Während der Hundeprinz in das Boot stieg und sich niederkniete musterte er noch einmal die scheinbar türlose Wand aus Schnee des Schlosses. Da war keine Bootsanlegestelle, geschweige denn ein Hafen. Die Magie der yuki onna schien selbst ihn zu täuschen. Ärgerlich. Ebenso wie dieser Kerl vor ihm, der ihn nun über die Meerenge ruderte. Der Blick dieses Dämons gefiel ihm nicht, auch wie er gesprochen hatte. War der etwa auch verhext? Nur kurz darauf, als sich das kleine Boot der Insel näherte, erkannte er, was der Krieger wohl mit Hafen meinte. In der scheinbar undurchlässigen Schneemauer öffnete sich ein Spalt in eine schmale überflutete Höhle, in die das Boot glitt. Dort befand sich eine Treppe aus Eis, die offenbar in höher gelegene Teile des Schlosses führte. Sesshoumaru sprang dort hinauf, wartete jedoch, bis der Dämon bei ihm war. Es wäre schließlich unhöflich gewesen ohne Begleitung bei den Ladies aufzutauchen, wenn sie ihn schon abholen ließen. Der Krieger führte ihn auch schweigend nur die Treppe hinauf, öffnete dort eine Tür zu etwas, was offenkundig ein Vorraum war, von dem aus eine weitere Treppe emporführte, dann eine weitere zu einem großen Raum, in dem fünf Matten im Kreis lagen. Unschwer zu erraten, dass es sich um das Besprechungs- oder eher Wohnzimmer der fünf Schwestern handelte, zumal in der Mitte eine weißhaarige, nur scheinbar Mitte zwanzigjährige Schneefrau in hellem Kimono saß, die nun aufblickte. Der Krieger verneigte sich tief: „Lady Yukiko...Euer Gast.“ „Gut, Fudo. Geh.“ Die Schneefrau musterte interessiert ihren Besucher, ehe ihre Zunge fast unbemerkbar rasch über ihre Lippen fuhr: „Ihr seht mich erstaunt, edler fremder Hundedämon....ich zweifle jedoch nicht, dass Ihr im Auftrag des mächtigen Inu no Taishou kommt.“ Wollte sie ihn ärgern oder waren die yuki onna hier so ahnungslos? Aber Vaters Anweisung lautete, er solle höflich sein: „Mein Name ist Lord Sesshoumaru. Ich bin der Sohn des Inu no Taishou. Mein Befehl lautet, den Diebstahl zu klären.““ Ihr entkam ein überraschter Gesichtsausdruck, ehe sie höflich meinte: „Willkommen in unserem Schloss, Lord Sesshoumaru. Ich bin Lady Yukiko, die Älteste der fünf Herrinnen des Schnees. Bitte, nehmt Platz.“ Er zögerte, aber das konnte man kaum ablehnen. So ließ er sich ihr gegenüber nieder. Yukiko sah kurz zu Boden, ehe sie langsam sagte: „Ich muss Euch allerdings mitteilen, dass sich die Lage seit meinem Brief an unseren Fürsten nicht verbessert hat. Insgesamt fehlen nun drei Schneeketten.“ Auch das noch. Entweder hier war ein wahrer Meister der Diebeskunst am Werke oder etwas ganz anderes lief ab. Nun, sachlich bleiben und die gewisse Überraschung der Dame ignorieren.„Vielleicht beschreibt Ihr mir die Örtlichkeiten und Eure Schwestern, sowie das Personal.“ Sie schien zu bemerken, dass sie ihn beobachtet hatte, denn sie blickte wieder zu Boden: „Ja, natürlich. Hier, hinter mir, gehen fünf Türen ab. Jede zu einem Privatzimmer, meines und meiner Schwestern. Dort leben wir in aller Regel, gemeinsam mit einer menschlichen Dienerin, die nach Jahren natürlich...ausgetauscht werden muss.“ „Jede für sich.“ Lady Yukiko zuckte die schmalen Schultern: „Bei einem so engen Zusammenleben über Jahrhunderte hinweg lernt man die Einsamkeit schätzen, Lord Sesshoumaru. Wir treffen uns allerdings jeden Morgen und Abend hier, schon um abzusprechen, wer das Schloss verlässt. Es sollten stets drei von uns hier bleiben, um die Magie und den Schutz zu wahren. Die Ketten wurden übrigens immer gestohlen, wenn die Eigentümerin auf dem Festland weilte.“ „Eure auch, Lady Yukiko?“ „Nein.“ Sie zog wenig ihren Kimono am Hals auseinander, zeigte den Aufblitz einer weißen Kette, ehe sie fast liebevoll die Hand daran legte, ihre Kleidung wieder ordnete: „Ich trage dieses kostbare Geschenk der Macht unserer verstorbenen Mutter stets, wie auch Yaoko, meine jüngste Schwester. So ist es wohl schwer, sie zu stehlen. - Unser Personal besteht, wie erwähnt, aus fünf, nein vier, menschlichen Dienerinnen und fünf Kriegern dämonischer Herkunft. Fudo habt Ihr ja bereits kennen gelernt. Die Männer leben jenseits, aber das werdet Ihr noch sehen.“ Fünf Schwestern, vier Dienerinnen....war etwa eine gerade verstorben?....und fünf Dämonenkrieger. Das war doch übersichtlich. „Soweit ich sah sollte Eure Magie und die Eurer Schwester verhindern, dass sich ein Fremder hier einschleicht.“ „Ja. Das macht es ja so rätselhaft.Überdies besitzen die Ketten ja keinen Wert, außer für uns. Ein fremder Dieb könnte sie nie verkaufen oder eintauschen. - Nun, folgt mir bitte in mein Zimmer. Meine Dienerin wird Euch weiterführen, auch zu meinen Schwestern.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)