Küchentussi vs. Schwertschwuchtel von abgemeldet (SanjixZorro; ?x?) ================================================================================ Kapitel 27: Erinnerungen ------------------------ Lysops Part: Nein, ich hatte den dämlichen Ratgeber noch nicht gelesen! Schockiert davon, mit welcher Bereitwilligkeit ich die Schweinerei in der Bibliothek hatte geschehen lassen, hatte ich natürlich zunächst allen Grund dazu gehabt, ihn mitzunehmen. Später in meinem Zimmer dann war jedoch alles, was ich mich getraut hatte, das Buch in mein Geheimversteck in der Holzdecke über dem Bett zu stopfen. Da sollte es von mir aus vor sich hin gammeln, bis ich es vergessen hatte. Lesen würde ich es sowieso nie können. Dafür war mir der bloße Grund, warum ich es lesen sollte, schlichtweg zu peinlich. Zu peinlich war mir auch die Tatsache, dass ich Ace einfach... und dass er mir... ohne vorher großartig zu überlegen.... Noch nicht einmal den Gedanken daran brachte ich fertig. Besonders, da das Ganze wieder unter die Kategorie der Aktionen fiel, die ich in einem seltsamen Zustand geistiger Umnachtung getan zu haben schien. Fast so, als bräuchte es alleine Ace' Gegenwart, um mich zu einem komplett anderen Ich werden zu lassen. Eines, dem Vernunft ebensowenig bedeutete wie die Untreue zu einer ganz gewissen Frau, der ich mich schuldig gemacht hatte. Doch was hätte ich schon dagegen unternehmen können? Sobald ich mich längere Zeit alleine mit Ace in einem Raum befand, keimte dieses unerklärliche Verlangen nach mehr in mir auf. Ohne Vorwarnung und ohne, dass ich mich dagegen wehren konnte. Niemals hätte ich geglaubt, dass unsere harmlose Abmachung irgendwann deratige Formen annehmen würde. Mit dem Kopf voll von diesen und noch vielen anderen mehr oder weniger unangenehmen Gedanken war es nahezu unmöglich für mich, am darauffolgenden Tag eine unbeschwerte Miene beizubehalten. Ich fühlte mich abwechselnd widerlich und pervers, dann wieder alleine gelassen und ohnmächtig, und schließlich vollkommen neben der Spur. Ein Wunder, dass ich an diesem Abend überhaupt einschlief. Etwas angenehmer fing der Sonntag an. Zwar hatte ich in dieser kurzen Zeit noch immer nicht vergessen, als wie abartig geil ich das nächtliche Aufeinandertreffen mit Ace empfunden hatte, doch wenigstens näherte sich der Montag. Der Montag, der unweigerlich zu noch mehr schlechtem Gewissen führen würde und dem ich aber trotzdem tief in meinem Innersten entgegenfieberte, als hätte man meinen Geburtstag darauf vorverlegt. Ein kleines Problem bestand allerdings. Und umso länger ich darüber nachdachte, desto unruhiger wurde ich. Ich hatte nämlich keine Lust auf noch so eine kurzfristig angesetzte Sache, bei der jederzeit jemand dazwischenplatzen konnte. Wenn mir nicht schon bei der bloßen Vorstellung die Röte ins Gesicht gestiegen wäre, hätte sich das mit Sicherheit ganz einfach dadurch lösen lassen, indem ich mir mit Ace eine feste Uhrzeit ausmachte. So aber lag das außerhalb des Machbaren für mich; das war keine Sache, über die wir mal eben reden konnten, solange die anderen anwesend waren. Ich kann ihm aber doch auch keinen Zettel schreiben! Wie kommt das denn rüber?! Ungeduldig sprang ich von meiner Couch auf, auf der ich mir bis gerade eben noch den Kopf zerbrochen hatte. Nur, um dann wie ein hungriges Raubtier durch mein Zimmer zu tigern. Ich hatte morgen Wachdienst. Wenn ich Ace das irgendwie wissen ließ, stand dem unbemerkten Einhalten unserer Vereinbarung nichts mehr im Wege. Doch wie sollte ich das bewerkstelligen, wenn ich weder mit ihm darüber reden, noch es ihm auf schriftlichem Wege mitteilen wollte? Ach, komm schon, komm schon, komm schon!, ich massierte mir angestrengt die Schläfen, Dir wird doch irgendetwas einfallen! Du weißt doch sonst immer einen Ausweg! Die rettende Idee ließ auf sich warten. Meine Gedanken kreisten nur immer wieder um die eine dumme Möglichkeit, Ace einen Zettel zu schreiben. Wie ein kleiner, unerfahrener Schuljunge, der das erste Mal in seinem Leben verliebt war. Nur war ich das noch nicht einmal. »Ach, ich tu das jetzt einfach!«, schnaubte ich nach einer geschlagenen halben Stunde, setzte mich an meinen Zeichentisch und kramte nach einem Blatt Papier. Aber das ist so bescheuert!, kam es mir im nächsten Moment und ich hielt in der Bewegung inne, Das KANN ich nicht bringen! »Vielleicht aber doch...?« Schon hatte ich einen Stift gefunden. Nein! Nein, er lacht dich so aus...! »Und ich mach das aber trotzdem!« Es war ein verbitterter Kampf mit mir selbst, schließlich hatte ich aber einen einigermaßen sinnvollen Text zusammengestöpselt. Er brauchte ihn nur mit ja oder nein zu beantworten, dann wusste ich, was Sache war. Das einzig Schwierige ist jetzt, wie ich ihm das geben soll... Ich knüllte das Papier fest in meiner Hand zusammen und erhob mich. Irgendwo musste er ja sein. Und dann würden wir weitersehen. Außer ihm durfte es bloß niemand mitbekommen. Mit dem seltsamen Gefühl, auf einer geheimen Mission zu sein, welches mir in den letzten drei Tagen zu einem aufdringlichen Begleiter geworden war, schlich ich auf den Gang hinaus und nach oben. Gewiss hielt Ace sich irgendwo auf, wo es halbwegs kühl war und wo er faulenzen konnte. Die einzigen Orte dieser Art, die mir auf die Schnelle einfielen, waren sein Zimmer und der Gemeinschaftsraum. Aufgrund der vorherrschenden Sonneneinstrahlung hielt ich aber Letzteres für wahrscheinlicher. Bingo! Meine Annahmen wurden bestätigt, als ich den Gemeinschaftsraum betrat und Ace am Tisch sitzend vorfand. Er schlürfte irgendeinen Milchshake mit Strohhalm und löste Kreuzworträtsel. Sonst war niemand zu sehen. Einen besseren Zeitpunkt hätte ich gar nicht erwischen können. »Ace, guck mal«, ich ging zum Fenster hinüber und warf dabei den Zettel ganz beiläufig vor ihn auf den Tisch, »Den hast du vorhin verloren. Ich glaub, er gehört dir.« Mit bebendem Herzen blieb ich stehen und blickte auf die Wellen hinaus, ohne sie wahrzunehmen. Hatte ich doch meine eigentliche Aufmerksamkeit bei der zögerlichen Stille, die sich kurzzeitig breit machte. Schließlich ertönte ein Rascheln. Er las meinen Zettel. Er las ihn tatsächlich! Ich wagte kaum zu atmen oder mich zu bewegen. Ich hatte zwar keine Ahnung, warum er ablehnen sollte, aber was passieren würde, wenn er es wider Erwarten doch tat, das wusste ich noch viel weniger. »Sag bloß, das ist dein Ernst?« Ich zuckte auf sein leises Kichern hin zusammen, konnte mich aber immer noch nicht umdrehen. Machte er sich etwa lustig über meinen Vorschlag? »W-was ist mein Ernst?«, stammelte ich letztendlich, beide Hände unwillkürlich zu Fäusten geballt. »Na, der Zettel hier«, erwiderte Ace im amüsierten Tonfall, »Soll ich meine Antwort draufschreiben oder kann ich sie dir auch gleich einfach so sagen?« Als ich daraufhin nichts weiter tat als angespannt zitternd zu schlucken, gab Ace einen gleichgültigen Laut von sich. Dann erklang das eifrige Klappern des Kugelschreibers auf Papier. Vervollständigte er nur das Rätsel oder schrieb er tatsächlich eine Antwort? Von meiner eigenen Neugierde besiegt wandte ich vorsichtig den Kopf, um einen Blick auf das Geschehen am Tisch zu erhaschen. »So, bitteschön«, mit einem angedeuteten Seufzen stand Ace von seinem Stuhl auf und warf den Stift auf die Zeitung, »Wenn du willst, kannst du's lesen.« Er schob seine Hände in die Hosentaschen, dann machte er sich mit schwer zu deutender Miene von dannen. Meinen Zettel hatte er einfach auf dem Tisch liegen gelassen. Geöffnet. »Hey, sag mal, spinnst du?!«, zischte ich und stürzte voller Hektik hinüber, »Du kannst doch nicht...! Wenn den einer findet!« Natürlich hörte er mich nicht mehr, da er längst gegangen war. Dafür prangte in blauen Druckbuchstaben seine Antwort auf dem zerknitterten Papier. Direkt unter meinem erbärmlichen Geschreibsel. Ich hab morgen Nacht Wachdienst. Guter Zeitpunkt für ein »Date« oder eher nicht? … Worauf du wetten kannst! Ich starrte den Zettel an. Wurde rot. Hob ihn auf und drückte ihn mir unter heftigem Atmen gegen die Brust. Jetzt war es abgemachte Sache und ob ich wollte oder nicht – dieses Wissen erfüllte mich mit mehr Aufregung, als mir zustand. Ace' Part: Schon seit dem Vorfall in der Bibliothek wusste ich ja, dass ich nicht mehr ganz rund lief. Mein erster Gedanke, nachdem ich am Montagmorgen aufgewacht war, übertraf jedoch alles. Heute Abend leg ich wieder Lysop flach! Wilde Vorfreude machte sich in mir breit. Bis ich bemerkte, wie bescheuert mein Verhalten war. Das war doch kein Gedanke für neun Uhr morgens! Jedem anderen Menschen wären allerhöchsten solche Dinge eingefallen, wie »Mann, hab ich Hunger!« oder »Jetzt muss ich aber dringend aufs Klo.« Nur Ace, der Perversling, dachte natürlich jetzt schon wieder an Sex. Mit einem tiefen Seufzen setzte ich mich auf. Das nahm allmählich Formen an, die ich nie erwartet hätte. Noch dazu, weil mir das unsichere Gefühl bekannt vorkam. Irgendwann in meinem Leben hatte es schon einmal eine solche Situation gegeben. Rein aus dem Instinkt heraus hielt ich es aber für besser, dem nicht genauer auf den Grund zu gehen. Das hätte nur zu Erkenntnissen geführt, auf die ich nicht allzu erpicht war. Den restlichen Tag verbrachte ich damit, Lysop aus der Ferne immer wieder schiefe Blicke zuzuwerfen. Umso später es wurde, desto häufiger wandte er sich auch zu mir um. Nur, um dann rasch wieder wegzusehen. Ein Außenstehender hätte leicht den Eindruck gewinnen können, wir wären hoffnungslos ineinander verschossen. Obwohl mein Tun eigentlich nur daher rührte, dass ich herauszufinden versuchte, wie Lysop mit dem Wissen umging, dass unser nächstes Treffen unaufhaltsam immer näher rückte. Bis auf eine seltsam betretene Distanziertheit mir gegenüber blieb er allerdings erstaunlich gelassen. Falls er aufgeregt war, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Dafür war er zeitweise so geistesabwesend, dass Ruffy und Chopper irgendwann am späten Nachmittag beschlossen, mit Brook lasse sich besser Verstecken-Fangen spielen. Zur selben Zeit kam auch endlich eine frische Brise auf, die Nami geschickt dazu nutzte, uns aus dem Vulkangebiet hinaus zu navigieren. Was letztendlich dazu führte, dass wir rechtzeitig zum Abendessen in spürbar kühleren Gefilden den Anker auswerfen konnten. Bis die Sonne langsam am Horizont verschwand, war es mir noch möglich, meine Ungeduld im Zaum zu halten. Kaum aber senkte sich die Dämmerung über das Meer, wurden meine Blicke in Lysops Richtung eindringlicher. Er, der zwei Plätze von mir entfernt am Tisch saß und die restlichen Krümel von seinem Teller aufsammelte, wich ihnen immer angespannter aus. Allmählich fragte ich mich, warum nicht jeder Depp auf diesem Schiff schon längst mitbekommen hatte, was zwischen uns lief. »Wisst ihr was?«, mit einem mal erhob er sich, »Es ist bestimmt schon spät. Wenn ich jetzt nicht ins Krähennest geh, schlaf ich ein.« Das war er; der Satz, auf den ich gewartet hatte. »Ich komm noch mit«, sagte ich ganz dreist (schließlich war Angriff die beste Verteidigung), »'Ne Partie Schach spielen oder so.« »Mann, warum ausgerechnet Schach?!«, murrte Ruffy daraufhin und sah mich vorwurfsvoll an, wie auch ich aufstand, um Lysop die Treppe hinunter zu folgen. »Ist irgendwas verkehrt an Schach?«, entgegnete ich. »Das kann man nur zu zweit spielen! Ich will auch mit!« »Mach dich lieber nützlich und hilf uns dabei, den Tisch abzuräumen«, warf Sanji ein, noch bevor ich überhaupt eine billige Ausrede parat hatte. »Wo er Recht hat, hat er Recht«, grinste ich, »Außerdem braucht man auch manchmal eine Auszeit von seinem nervigen, kleinen Bruder.« Ungefähr die Hälfte der Versammelten brach daraufhin in unterdrücktes Kichern aus. Bildete ich mir das nur ein, oder warf Sanji mir in all dem Trubel einen bedeutungsvollen Blick zu? Wusste er etwa von dem Deal? Oder ahnte er zumindest etwas? »Bis morgen!«, rief ich ganz meinen Bedenken zum Trotz und stieg die Treppe hinunter, ohne mich noch einmal umzusehen. Denn hätte ich das getan – da war ich mir sicher – dann wäre ich tiefrot angelaufen und Sanji hätte bloß eins und eins zusammenzählen müssen. Als ich unten am Mitteldeck ankam, traf ich wieder mit Lysop zusammen. Er hatte etliche Decken aus seinem Zimmer angeschleppt und sie an das Fußende des Großmastens gelegt. In den Händen hingegen hielt er... »Du nimmst Chips mit?!« »Ich kenn dich doch«, antwortete er mit einem verschmitzten Lächeln auf meinen aufgeregten Ausruf hin, »Kaum sind wir da eine halbe Stunde oben, kriegst du wieder Hunger.« »Du bist genial!«, freute ich mich und lud mir die Decken auf, »Dann trag ich die hier!« Von einer rauschartigen Euphorie gepackt, kletterte ich in einem beachtlichen Tempo hinauf, mit dem Lysop kaum mithalten konnte. Schließlich jedoch saßen wir beide wohlbehalten am Boden des Krähennests und ich zog die Bodenluke zu. »Du sperrst ab, ja?« Lysop klang erstaunt und fast ein wenig so, als wäre es ihm unangenehm. »Hast du Bock, dass Ruffy auf einmal reinkommt? Oder Chopper? Oder Brook?« »Nein, natürlich nicht!«, erwiderte er schnell, »Ich dachte nur... ganz offiziell sind wir ja am Schachspielen.« Er schob das wohlweislich mitgebrachte Schachbrett in Reichweite. »Allen dreien trau ich es zu, dass sie hochkommen, nur um zuzugucken«, wandte ich ein und hievte die Decken auf die Sitzbank, die sich einmal im Kreis an der ganzen Wand des Krähennests entlangzog. »Stimmt auch wieder«, seufzte Lysop eher gleichgültig. Er stand vom Boden auf, dann machten wir es uns zu zweit auf der Bank unter den Decken gemütlich. Rücken an Rücken, damit jeder von uns durch die großen Fensterscheiben nach draußen sehen konnte. Um meinen natürlich schon längst wieder zurückgekehrten Appetit zu stillen, riss ich auch gleich eine der beiden Chipstüten auf, um mich mit deren Inhalt vollzustopfen. Wenn es Essen gab, konnte ich einfach nicht an mich halten. Schon alleine meine immens energiezehrende Teufelskraft verlangte von mir, mich fortlaufend mit Nahrung zu versorgen. Einige Zeit sagte keiner von uns ein Wort und die einzigen Geräusche, die zu uns heraufdrangen, waren die gedämpften Stimmen der restlichen Mannschaft, die wohl noch länger nicht daran dachte, das Oberdeck zu verlassen. Irgendwann aber (ich hatte bereits die Hälfte meiner Chips vernichtet) traute ich mich den eigentlichen Grund unseres Treffens anzusprechen. »Sag mal, worauf warten wir überhaupt? Wir wollten doch...« »Spinnst du?!«, zischte Lysop, »Erst, wenn die da unten weg sind!« »Können uns eh gar nicht sehen.« »Trotzdem! Da ist mir nicht wirklich wohl bei!« »Okay«, ich zog gleichgültig meine Schultern in die Höhe, »Dann warten wir eben.« Ich fischte noch ein paar Chips aus der Packung, danach heftete ich meine Aufmerksamkeit auf das Geschehen unten am Tisch. So wie es aussah, hatten sich Zorro und Sanji dazu breitschlagen lassen, eine Partie Canasta gegen Ruffy und Brook zu spielen. Unterstützt von Choppers Ratschlägen waren Letztere eifrig am Verlieren, während Nami aus sicherer Entfernung zusah, manchmal verständnislos den Kopf schüttelte und eigentlich ein Buch las. Robin und Frankie hingegen waren mal wieder spurlos verschwunden. »Ob Ruffy weiß, dass Chopper gar keine Ahnung von Canasta hat?«, fragte Lysop nach einer Weile, da er wohl ebenso amüsiert wie ich dem Trauerspiel zugesehen hatte. »Hat Zorro doch auch nicht«, entgegnete ich grinsend. »Ja, der kann von Glück reden, dass er zusammen mit Sanji spielt; der ist ungeschlagener Canasta-König.« »Ach, komm schon«, brummte ich, »Wenn wir mitmachen würden, sähe die Sache bedeutend anders aus.« »Tun wir aber nicht.« »Stimmt.« Wieder war es still. Ich genoss diese Zweisamkeit mit Lysop. Sie war so ungezwungen und friedlich, dass die Grenzen zwischen Freundschaft und etwas noch viel Bedeutsameren zu verschwimmen schienen. Fast fühlte ich mich wie damals, als ich an die Liebe noch keinen einzigen Gedanken verschwendet hatte. Ein gewisser Jemand hatte mich erst an sie heranführen müssen; vorsichtig und so einfühlsam, dass mich auf einmal die Wehmut überkam. Es war schön gewesen. Mindestens genauso schön wie das hier. »Das erinnert mich an früher«, sagte ich halblaut, »Marco und ich sind auch oft im Krähennest gesessen und haben der Mannschaft zugesehen.« »Marco? Der Phönix?« »Hm, ja. Wir waren zusammen.« Ich hatte daraufhin eigentlich einen ironischen Kommentar erwartet; von wegen, wir seien ein »feuriges« Paar gewesen. Von jedem hatte ich das bisher zu hören bekommen. Lysop aber verlor kein Wort darüber. Fast, als spürte er, wie unangebracht das war. Seltsam, dachte ich, Wenn einer von den anderen dabei gewesen wäre, hätte er bestimmt nicht die Klappe gehalten. Nur wenn wir beide alleine waren, verhielt er sich so. So anders und doch wie er selbst. Als hätte ich sein wahres Ich aus der Reserve gelockt. »Du bist ihm sogar irgendwie ähnlich«, traute ich mich sagen und mit jedem Wort spürte ich, dass dem tatsächlich so war. »Hä? Mit dem hab ich doch gar nichts gemeinsam.« »Doch«, beharrte ich, wobei meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern war, »Die Augen.« Diese wunderschönen dunklen, fast schwarzen Augen, fügte ich in Gedanken hinzu. Merkte aber sehr wohl, dass ich Lysop gerade ein klein wenig zu nahe getreten war, da er unruhig seine Position änderte. Also sagte ich lieber gar nichts mehr, sondern blickte in Erinnerungen schwelgend aufs Meer hinaus. Ja, schon damals hatte es diese Nächte gegeben, in denen sich der Vollmond auf dem schwarzen Wasser spiegelte und alles in seinen silbernen Glanz tauchte. Bereitwillig hatten Marco und ich dann die Nachtwache übernommen, um uns jedes Mal aufs Neue Namen für Sternbilder auszudenken, die außer uns niemand jemals erfahren sollte. Es trieb mir die Hitze ins Gesicht, bei dem Gedanken daran, wie oft ich dabei in seinen Armen eingeschlafen war. »Ace«, Lysops Stimme durchzuckte mein von wiederentdeckten Gefühlen aufgewühltes Selbst wie ein Blitz, »Ich glaub, die gehen da unten endlich ins Bett.« »Tatsächlich?« Ich wandte den Kopf und in der Tat schleppte Ruffy gerade Nami samt Liegestuhl und Buch von dannen. Zorro, Sanji und Chopper waren längst verschwunden, während Brook als der letzte von allen noch eine Weile an der hinteren Reling stehen blieb. Schließlich machte aber auch er sich auf den Weg in sein Zimmer. Das Licht verlöschte. Augenblicklich war es dunkel ringsumher. Nur die Mondstrahlen leuchteten silbrig weiß durch die Fenster herein und erhellten das Krähennest auf ihre ganz eigene Weise. »Tja, dann wollen wir mal nicht so sein und endlich tun, weshalb wir hier sind«, meinte ich kurz entschlossen und warf die leere Chipstüte auf den Boden. Dass ich mich daraufhin von meinem Platz erhob, hatte Lysop nicht erwartet. Mit einem überraschten Laut fiel er hintenüber und lag schließlich mit dem Rücken auf der Bank. Rasch hatte ich diese Situation für mich ausgenutzt und mich über ihn gebeugt. Meine Hände hatte ich links und rechts neben seinem Kopf auf der Sitzfläche, seinen Körper zwischen meinen Knien. Als ich ihm nun so in die Augen sah, entdeckte ich diesen Funken der Angst in ihnen. Er wollte es, ohne jede Frage. Doch hatte ich ihm denn jemals zuvor die Chance gegeben, es vollkommen entspannt als mehr als nur eine Abmachung zu empfinden? Ihm, dem ich diesen Abend zu verdanken hatte, der getränkt war von den wärmsten all meiner Erinnerungen? Als ich ihn zögerlich am Oberarm berührte, tat ich es vorsichtig und voller Zärtlichkeit. Wenigstens einmal hatte er das verdient, nachdem er mich so oft in purer Gier nach Sex hatte aushalten müssen. Zumal ich mich gegenwärtig in einem Zustand befand, in dem es mir ein dringendes Bedürfnis war, meine eigenen wundervollen Gefühle einfach und ohne Gegenleistung weiterzugeben. Er spürte die Veränderung sofort. »Sag mal, Ace!«, keuchte er, »Wieso...? Wieso machst du das so... und nicht...?« »Huh?« Ich zog meine Hand wieder zurück und sah ihn verwundert an. Wollte er es nicht? »Du..., du bist so... vorsichtig«, wisperte er und erwiderte meinen Blick mit großen, dunklen Augen, aus denen zwar alle Angst gewichen war, die dafür aber erfüllt waren mit unverhohlenem Staunen. »Darf ich nicht?«, erwiderte ich, »Soll ich härter rangehen?« »Nein!«, sagte er schnell und wurde dann wieder leiser, »Nein, das... das passt schon so...« Zu meiner gänzlichen Verblüffung nahm er meine Hand in die seine und zog sie wieder zu sich heran. Er lächelte kaum merklich dabei und als meine Finger erneut seine Schulter umschlossen, fühlte ich das mehr in mir auslösen, als es unsere Spinnensuche je getan hatte. Gerade eben wollte ich ihn. Ich wollte ihn mit jeder Faser meines Körpers und das nicht nur, weil es unsere Vereinbarung so verlangte. Er war wie ein Echo der Vergangenheit für mich und selbst wenn die Beziehung mit Marco besonders zum Schluss hin nicht nur angenehme Stunden für mich bereit gehalten hatte, genoss ich, dass es sich zumindest so anfühlte wie damals. Ein einziges Mal noch zu durchleben, was diese Liebe für mich bedeutet und in mir hervorgerufen hatte, machte mich wenigstens für eine kurze Zeit einfach nur unendlich glücklich. Obwohl Lysop selber gar keine Ahnung davon hatte, wie heftig er auf mich wirkte. Es war schon lange nicht mehr vorgekommen, dass ich mich beim Sex so verausgabt hatte. Schuld daran war wahrscheinlich meine verquere Wahrnehmung gewesen, die mir Gefühle vorgegaukelt hatte, die ich eigentlich gar nicht für Lysop hegte, sondern einem anderen gehört hatten. Was mich aber selbstverständlich nicht davon abhielt, nach vollbrachter Tat zwei der Decken hinter mir aufzustapeln, mich daran anzulehnen und Lysop und mich mit der dritten zuzudecken. Er lag währenddessen müde und zufrieden mit dem Hinterkopf auf mir, zwischen meinen Beinen, und ließ sich ohne Widerstand von mir festhalten. Vielleicht fragte er sich, weshalb ich den ganzen Abend schon so zärtlich mit ihm umging, doch selbst wenn er mich damit konfrontiert hätte; eine ausreichende Antwort hätte ich ihm nicht geben können. Immerhin fühlte ich mich selbst in einer Art Déjà-vu gefangen, das irgendwie nicht ganz stimmte, mir aber dennoch keinen Grund gab, daraus fliehen zu wollen. Gerade eben war es einfach richtig, so wie es war. Ach, Ace, du weißt, warum. Nicht wahr? Ich sah hinab auf Lysop, der an meinen Brustkorb geschmiegt schlief, und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Eine meiner Hände ruhte auf seinem Oberarm, die andere strich ihm schon seit geraumer Zeit immer wieder über die Taille. Meine Erinnerungen wie auch meine Gefühle trügten mich nicht. Das hier war genauso wie mit Marco. Haargenauso. Obwohl ich, ohne es zunächst bemerkt zu haben, seine Rolle übernommen hatte und Lysop die meine. »Und eine Woche später waren wir zusammen«, murmelte ich, als würde ich lieber gar nicht daran denken, »Na, da dürfen wir uns aber beeilen...« Es hätte Ironie sein sollen, die ich damit zum Ausdruck bringen wollte, aber es überzeugte noch nicht einmal mich selbst. Konnte ich doch gar nicht sagen, ob diese Gefühle in mir tatsächlich Schatten der Vergangenheit waren, oder ob ich begonnen hatte, mich in Lysop zu verlieben. Mit einem bitteren Lächeln im Gesicht starrte ich zum Fenster hinaus. Die hell glitzernden Sterne grinsten verschmitzt zurück und der Mond sah aus, als staune er über den Fortlauf der Geschichte. Möglich, dass die Himmelskörper aber auch nur meine eigene zwiegespaltene Unsicherheit widerspiegelten. »Ach, was soll's...?« Ich schloss mit einem Seufzen die Augen, dann beugte ich meinen Kopf. Mein Gesicht in Lysops weichem schwarzen Haar vergraben gab ich ihm endlich den flüchtigen Kuss, den ich nicht mehr länger bei mir behalten konnte. Der Wachdienst war an mir hängen geblieben, aber es machte mir nichts aus. Nicht, wenn ich dabei Lysop betrachten konnte, der in meinen Armen lag und glücklich aussah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)