Küchentussi vs. Schwertschwuchtel von abgemeldet (SanjixZorro; ?x?) ================================================================================ Kapitel 21: Grün ---------------- Ruffys Part: Es war, als hätten sich meine furchtbarsten Albträume alle auf einmal bewahrheitet: Nirgends stand Essen am Tisch. Weder im Gemeinschaftsraum noch oben an Deck. Und es kam noch schlimmer: Sanji war auch nicht zu finden. »Leute, Leute, stellt euch vor, etwas ganz Schlimmes ist passiert!« Aufgebracht rannte ich die Treppe zum Mitteldeck hinunter und riss die Tür auf. Zu meinem großen Erstaunen stand die halbe Mannschaft vor Zorros Zimmer versammelt herum. »Leute, Sanji ist weg!«, rief ich, kaum, dass ich bei ihnen angekommen war, »Er ist nicht im Frachtraum und in der Küche ist er auch nicht!« »Na, vielleicht pennt er ja noch«, meinte Nami daraufhin und sah schief lächelnd in die Runde. Irgendwie benahm sie sich komisch. »Da kann ich ja gleich mal nachsehen«, antwortete ich und drängelte mich zwischen Brook und Ace hindurch. »Ach, nein, Ruffy, das brauchst du gar nicht!«, behauptete Lysop und versperrte mir kurzerhand den Weg, »In seinem Zimmer haben wir schon nachgesehen. Da ist er ganz sicher nicht.« »Was, wirklich? Wo kann er denn dann sein?« Ich blieb stehen und sah mich nachdenklich um. »Was macht ihr alle eigentlich hier draußen?«, fragte ich schließlich. Es musste einen Grund dafür geben, weshalb die einzigen beiden, die sich schon umgezogen hatten, Lysop und Ace waren, während Brook und Chopper im Nachthemd herumstanden, Frankie nur ein Badetuch umgewickelt hatte und Nami und Robin gleich in Unterwäsche erschienen waren. »Weißt du, Ruffy«, antwortete Frankie schnell, »Wir haben uns alle hier nur zufällig getroffen. Das hat gar nichts zu bedeuten.« »Ach so, na dann... Dann können wir ja zusammen nach Sanji suchen. Vielleicht ist er...« Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. »Ha, ha, nein so was! Wisst ihr was?!«, lachte ich los. Die anderen schüttelten merkwürdig stumm die Köpfe. »Dass wir da nicht früher draufgekommen sind! Sanji hat doch die ganze Zeit auf Zorro aufgepasst! Bestimmt ist er in Zorros Zimmer!« Ich streckte eine Hand nach dem Türgriff aus. Wurde jedoch gleich von mehreren Seiten zurückgehalten. »D-da ist er ganz sicher nicht drin!«, stammelte Lysop. »Vielleicht ist er an Land gegangen, um was für's Frühstück zu kaufen!«, meinte Nami. »Gehen wir doch lieber im Wäscheraum suchen!«, quietschte Chopper und stellte sich zwischen mich und die Tür. »Nein, nein, da können wir ja überall gleich noch nachsehen, wenn wir ihn da drin nicht finden. Aber jetzt sind wir schon mal hier, da wären wir blöd, nicht mal kurz zu gucken.« Ich schob Chopper bei Seite und unter den aufgebrachten Rufen von Ace und Frankie, dass sie doch genausogut nachsehen könnten, öffnete ich die Tür. Neugierig betrat ich das Zimmer und sah mich nach Sanji um, der sonst immer auf dem Stuhl neben Zorros Bett gesessen hatte. Die anderen folgten mir hektisch flüsternd und auf den ersten Blick sah es tatsächlich danach aus, als hätten sie mit ihren Behauptungen Recht gehabt. Als ich aber Zorro lange genug betrachtet hatte, wie er dalag und schlief, wurde mir klar, wo Sanji die ganze Zeit über gesteckt hatte. »Leute«, sagte ich ein klein wenig baff, »Ich hab unseren Smutje gefunden. ... Er liegt neben – nein, so fast auf – dem Schwertkämpfer... in dessen Bett... und hat überhaupt nichts an. Und der Schwertkämpfer... hat auch überhaupt nichts an.« Stille folgte. Weshalb ich anfügte: »Sieht ziemlich schwul aus, das Ganze.« Immer noch sagte keiner ein Wort. Was mir aber im Eigentlichen ziemlich egal war. Erst einmal musste diese Unerhörtheit aus der Welt geschafft werden. »Ja, sagt einmal!«, rief ich und stapfte empört hinüber zum Bett, wo ich mit in die Hüften gestemmten Händen stehen blieb, »Würdet ihr bitte aufhören, so früh am Morgen schon miteinander rumzuvögeln?! Ich hab Hunger!« Aufgeweckt durch mein Gezeter regte sich Zorro als erster. »Hmm... Was ist...?«, murmelte er hinter Sanjis Haaren hervor, die ihm halb die Sicht verdeckten, »Schon hell?« Dann erst realisierte er, dass ich mit mittlerweile verschränkten Armen vor seinem Bett stand. »Was, was ist denn los? Was soll denn das?« Verwirrt blickte er umher, um letztendlich mich ins Visier zu nehmen. »Ich hab Hunger«, wiederholte ich bloß, »Sanji soll aufstehen und Frühstück machen.« »Oh, ach so.« Endlich schien er die Wichtigkeit meiner Forderung zu begreifen. Umständlich langsam strich er Sanji die Haare aus dem Gesicht und murmelte: »Hey. Hey, Koch, du musst aufstehen.« Daraufhin geschah weiter nichts, außer dass Sanji einige brummige Laute von sich gab und sich noch tiefer zwischen Zorro und dem Kopfkissen vergrub. Zorros Reaktion darauf war erstaunlich untypisch für ihn. »Doch, Sanji, du musst. Bitte.« »Hmm... noch fünf Minuten...« Da so erfolglos, sah Zorro mich entschuldigend an. Dann versuchte er es noch einmal. »Nein, keine fünf Minuten... Schatz, es ist echt wichtig.« »Uhh, nee!«, murrte Sanji und drückte Zorro mit dem Arm, den er ihm umgelegt hatte, fester an sich, »Lieber noch ein bisschen kuscheln...« Er erlaubte sich ein dämliches Grinsen, doch mir riss allmählich der Geduldsfaden. »Ja, nix hier: Kuscheln! Ich brauch was zu Essen, aber dalli!« Glücklicherweise war ich laut genug, um Sanji schließlich doch noch aufzuwecken. »Häh, was...?! Ruffy?!« Er drehte sich auf den Rücken, dann sah er mich bestürzt an. Als er auch die anderen entdeckte, verfinsterte sich seine Miene. »Sagt mal, habt ihr sie noch alle!?«, wetterte er, »Was macht ihr hier?!« »Hunger haben!«, antwortete ich unbeirrt, während hinter mir Dinge geflüstert wurden wie »Champagner trinken«, »Das Ganze eher niedlich finden« oder »Die Krise kriegen!« »Es ist zehn Uhr vorbei!«, fügte ich hinzu, »Normalerweise gibt es schon längst Frühstück!« »Ja, dann hab ich eben verschlafen!«, grunzte Sanji und drehte sich zu Zorro auf die Seite, »Einmal werd ich das ja wohl noch dürfen! Davon geht die Welt auch nicht unter!« »Verschlafen ist gut...«, murmelte Nami schräg hinter mir. »In fünf Minuten steht das Essen oben am Tisch!«, befahl ich mit aller Strenge, die ich aufbringen konnte. Sanji mochte in Zorro zwar seine große Liebe gefunden haben, aber dass er dafür seine Pflichten vernachlässigte, ging mir gewaltig gegen den Strich. »Du meinst wohl fünfzehn Minuten!«, schnaubte er zurück. »Nee, nix da! Sieben allerhöchstens!« »Dreizehn!« »Acht!« »Dreizehn!« »Hey, so geht das nicht!«, schimpfte ich, »Du musst mir auch ein bisschen entgegenkommen!« »Vierzehn.« »Na gut, na gut: Zehn.« »Elf.« »Zehneinhalb Minuten und keine Sekunde länger!«, warf ich ihm mein letztes Angebot entgegen. »Okay, ich nehm dich beim Wort!«, erwiderte er, »Zehneinhalb Minuten!« »Ja, zehneinhalb. Und jetzt mach schon. Los.« Ich sah ihn erwartungsvoll an. Er regte sich nicht. Stattdessen beschwerte er sich erneut. »Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ich aufsteh, wenn ihr alle hier herinnen seid?!« »Ja, nein, da hast du Recht«, stimmte ich ihm zu, »Los, Leute, raus mit euch!« Ich scheuchte den Rest der Mannschaft mit einer Handbewegung aus dem Zimmer. Dann sah ich wieder Sanji an. Doch der machte immer noch keine Anstalten, seinen Worten Taten folgen zu lassen. »Du auch, Ruffy!«, sagte er stattdessen. »Aber...« »Sonst gibt es gar nichts zu Essen. Den ganzen Tag nicht.« Er sah aus, als würde er seine Drohung wahr machen. Weshalb ich mich letztendlich doch dazu erweichen ließ, das Zimmer zu verlassen. Auf der Türschwelle jedoch drehte ich mich noch einmal um. »Zehneinhalb Minuten«, sagte ich mit Nachdruck, »Und wehe, dann ist kein Essen da!« »Länger brauch ich auch gar nicht«, erwiderte Sanji. Ich entschied mich dafür, es dabei zu belassen und schloss die Tür hinter mir. Zorros Part: Kaum war Ruffy verschwunden, kam Leben in Sanji. Die vorgetäuschte Müdigkeit fiel von ihm ab und er setzte sich grinsend neben mir auf. »Ich hab noch genau eine halbe Minute, Marimo«, sagte er. »Wofür?« »Hierfür!« Mit einem zufriedenen Lachen warf er sich auf mich, umfasste mich mit beiden Armen, küsste mich. Dann lag er da und sah mich lächelnd an. Ein klein wenig überwältigt lächelte ich zurück. Wir waren nun füreinander da und ganz gleich, wie sehr unsere Streitereien in Zukunft auch ausarten würden; gerade damit übten wir aufeinander eine unwahrscheinliche Anziehungskraft aus. Ich schloss die Augen und zog seinen Kopf mit einer Hand zu mir herab. Das seidige, blonde Haar zwischen meinen Fingern spürte ich mit ebenso großer Freude wie seinen Atem auf meiner Haut. Er durfte nicht gehen. Nicht jetzt, da mir mit einemmal klar wurde, dass ich etwas Unersetzliches in meinem Leben gefunden hatte. Etwas, das mir zunächst vielleicht völlig fremd erschienen war, für mich aber umso bedeutender wurde, desto länger ich mich damit auseinandersetzte. Sanji war jetzt die wichtigste Person der Welt für mich – der einzige, der mich auf diese Weise liebte und verstand. Vorsichtig küsste ich ihn auf die Stirn. Es war zwar nur ein Wunschgedanke, aber wenn ich es geschickt genug anstellte, blieb er vielleicht noch ein Weilchen länger bei mir. Sein Pflichtgefühl erwies sich jedoch als unüberwindbar. »Lass mich bitte los, Marimo. Ich muss jetzt gehen.« Zaghaft, als würde er es selber gar nicht wollen, schob er meine Hände bei Seite und richtete sich wieder auf. Ich sah ihm mit einer stummen Bitte hinterher, wie er aus dem Bett stieg. Er konnte mich doch nicht einfach hier alleine lassen, oder? »Koch«, flüsterte ich, worauf er sich zu mir umdrehte, »Komm schnell wieder, ja?« Aus seinem erstaunten Blick wurde ein liebevolles Lächeln und er beugte sich noch einmal zu mir herab. »Natürlich. Ich beeil mich. Und jetzt mach kein solches Gesicht mehr. Sonst kann ich gar nicht hier weg und Ruffy flippt komplett aus.« Wir küssten uns und ich schloss die Augen dabei. Noch vor einer Woche hätte ich jeden für die Behauptung, ich würde Sanji schon bald auf so zärtliche Weise nahe sein, zornig angefahren. Umso glücklicher war ich natürlich, dass diese Nähe zueinander längst kein Wunschgedanke mehr war. Sanjis Liebe war mir so sicher wie die Tatsache, dass auf die Nacht der Tag folgte. Selbst wenn es immer noch Momente gab, in denen mir das unfassbar erschien. »So, jetzt muss ich aber wirklich gehen«, murmelte Sanji schließlich und entzog sich mir, indem er mir flüchtig übers Haar strich. Ich öffnete wehmütig lächelnd die Augen und konnte ihn gerade noch vor einem zutiefst peinlichen Missgeschick bewahren. »Sag mal, Koch«, meinte ich verwundert, »Willst du dir nicht zumindest eine Hose anziehen? Nicht, dass es mich stören würde, aber...« Er hielt auf halbem Wege zur Tür inne und sah an sich hinab. Offensichtlich brachte die Liebe nicht nur mich durcheinander. »Oh, verdammt, tatsächlich!«, kicherte er peinlich betreten, »So geh ich besser nicht nach oben. Warte, warte... irgendwo hier muss doch eine Hose sein...« Er bückte sich und fischte etwas Schwarzes vom Boden auf. Als er hineinstieg, erkannte ich, dass es sich mitnichten um seine Hose handelte. »Also, ich bin dann kurz weg«, sagte er, »Ich bring dir was zu Essen mit, dann muss ich dich nicht nach oben schleppen.« Mit einem Augenzwinkern öffnete er die Tür. »Ja, aber Koch... das was du da anhast...« Er hörte mich nicht. Gut gelaunt vor sich hin summend schritt er auf den Gang hinaus, schloss die Tür hinter sich und ließ mich alleine. »...das was du da anhast, ist meine Hose«, murmelte ich der Vollständigkeit halber. Ich zog mir die Decke bis knapp unter die Augen hinauf, kaum hatte ich das ausgesprochen. Die Hitze, die sich auf meinem ganzen Gesicht breit machte, war unerträglich. Ob er es absichtlich getan hatte oder nicht: Sanji hatte sich meine Hose angezogen! Wäre ich ein Charakter in irgendeiner dummen Liebesgeschichte gewesen, hätte ich wohl auf der Stelle Nasenbluten bekommen. Lysops Part: »Er hat noch drei Minuten!« Immer noch in derselben Verfassung, in der ich vorhin im Wäscheraum aufgewacht war, saß ich neben Ruffy am Tisch. Er hielt die Armbanduhr von Nami in den Händen und machte sich einen Spaß daraus, die Sekunden abzuzählen, die Sanji noch übrig blieben, um das Frühstück zu servieren. »Das schafft er niemals!«, grinste er breit, wobei er kein bisschen zu bemerken schien, dass Sanji dabei war, in Windeseile ein Buffet unter den Orangenbäumen aufzubauen. Wir anderen bemerkten es dagegen sehr wohl. »Oh, cool, Sanji!«, frohlockte Chopper, »Was wird das?! Sieht lecker aus!« »Kaltes Buffet«, brummte er nur hinter seiner Zigarette hervor und verschwand wieder nach unten, um weitere Teller und Platten heraufzutragen. »Ein kaltes Buffet! Habt ihr gehört?! Das ist bestimmt köstlich!« Chopper wuselte neugierig um die Tische herum, war dabei jedoch nicht laut genug, um Ruffy auf den Plan zu rufen. Der starrte immer noch erwartungsvoll die Uhr an und verkündete: »Noch zwei Minuten...!« »Kaltes Buffet ist gut«, sagte Nami und ging ebenfalls hinüber, um nachzusehen, was es gab, »Hatten wir schon länger nicht mehr.« »Da haben wir direkt auch was davon, dass er verliebt ist, unser Sanji, was?«, fügte Robin scherzeshalber an. »Scheint so.« Die beiden kicherten hinter vorgehaltenen Händen. Im Gegensatz zu ihnen war mir aber überhaupt nicht nach Lachen zu Mute. Mir spukten ständig wiederkehrend und hartnäckig die Erinnerungen an heute Morgen im Kopf herum. Ace, der neben mir saß und ein ähnlich bedröppeltes Gesicht zog, traute ich mich gar nicht erst ansehen. Dabei war das Unangenehme überhaupt nicht, dass ich vor gerade mal fünf Stunden ausgerechnet mit ihm das erste Mal in meinem gesamten Leben Sex gehabt hatte. Wenn es nur daran gelegen hätte, dann wäre es mir mit Sicherheit leichter gefallen, mich damit abzufinden. Vielleicht hätte ich im Nachhinein sogar das Gefühl haben können, dass es tatsächlich Spaß gemacht hatte, oder stolz auf mich sein können, da das Ganze immerhin von mir ausgegangen war. Aber das schlechte Gewissen Kaya gegenüber war es, was das Chaos in mir perfekt machte. Und nicht nur das: Ich hatte zu allem Überfluss mit Vivis Verlobten geschlafen (insofern man »sich gegenseitig einen runterholen« so bezeichnen konnte). Glücklicherweise ließ sich jedoch keiner von uns beiden großartig etwas anmerken. Ace verhielt sich sogar ziemlich normal, als er mit leiser Stimme zu mir meinte: »Los, gehen wir schon mal rüber. Bevor Ruffy rauskriegt, dass das Essen fertig ist.« »Gute Idee«, antwortete ich betont sachlich, und wir erhoben uns von der Bank, um das Buffet unter die Lupe zu nehmen. In gerade diesem Augenblick kam Sanji wieder herauf und stellte drei weitere Schüsseln auf die Tische. »So, lasst es euch schmecken, Leute«, sagte er mit verklärtem Grinsen, »Ich hoffe, das ist Entschädigung genug, nachdem ich euch so lange hab hungern... Was macht denn Ruffy da?« Mit einem Stirnrunzeln nickte er hinüber zu Ruffy, der wie gebannt auf die Uhr starrte und dabei laut und vernehmlich brüllte: »Nur noch eine Minute! Ha, ha, das schafft er nie!« »Er zählt die Sekunden, bis du fertig sein musst, und hat alles um sich herum total vergessen«, antwortete Nami, die sich Berge von Obstsalat auf ihren Teller häufte. »Na, wenn's ihm Spaß macht«, gluckste Sanji, »Ich geh dann mal wieder, wenn mich keiner mehr braucht. Ich hab dem Marimo was zu Essen versprochen.« »Ja, ja, geh du nur«, sagte ich großzügig, während auch ich mir einen Teller schnappte. Wobei mir allerdings Sanjis Beinbekleidung besonders ins Auge fiel. »Nette Hose, Sanji«, bemerkte ich grinsend und auch ja laut genug, damit alle Umstehenden darauf aufmerksam wurden, »Ist die von Zorro?« »Gegenfrage, Lysop«, konterte er schlagfertig, »Nette Schuhe. Sind die von Ace?« Er zog seine Augenbraue vielsagend in die Höhe, bevor er mit einem Feixen von dannen schlich. Nur ich hatte jetzt den Ärger da. Was ich bis gerade eben noch erfolgeich ausgeblendet hatte, drängte sich mir jetzt umso gnadenloser auf. Oh Gott!!! Ich hab tatsächlich Ace' Schuhe an! Wie hab ich das bloß wieder geschafft?! Was sag ich denn nur zu den anderen?! Ich schluckte und starrte – wie alle anderen auch – hinab auf die Schuhe, die gar nicht meine waren. Was blieb mir anderes übrig, als wieder irgendetwas zu erfinden? »Tja, Leute«, grinste ich schon etwas selbstbewusster in die Runde, »Wie ihr seht, sind das tatsächlich Ace' Schuhe. Aber das liegt alles nur an unserer Wette.« »Welche Wette?«, fragte Frankie argwöhnisch. »Na, wir wetten, wer es am längsten in den Schuhen vom jeweils anderen aushält«, erklärte ich und sah dabei besonders Ace an, um ihn zum Mitspielen zu überreden. Er erhörte meine stumme Bitte. »Ich sag ja immer noch, dass ich gewinne«, meinte er beinahe gleichgültig, »Zumindest sind mir die Schuhe ja bloß zu groß.« »Pah, da kennst du mich schlecht! Die vier Nummern zu wenig machen mir gar nichts aus! Ich halt das den ganzen Tag durch!« Kurzzeitig war es still. Dann seufzte Nami genervt auf. »Jungs, ihr habt auch keine Hobbies, oder?« Ich wollte schon etwas erwidern, als ein empörter Schrei vom Tisch her ertönte. »Ja, was soll das denn?! Wieso sagt mir keiner, dass das Essen schon fertig ist?!« Ruffy war mit einem Satz bei uns am Buffet und das reichte aus, um die Aufmerksamkeit von dem Schuh-Vorfall zu lenken. Wer wirklichen Hunger hatte, machte sich nun besser daran, etwas auf den Teller zu bekommen, bevor Ruffy alles vernichtete, was auch nur essbar aussah. »Wozu war das denn gut?«, nutzte Ace die Gelegenheit mit einem Flüstern aus, »Jetzt müssen wir den ganzen Tag so rumlaufen. Was Blöderes ist dir nicht eingefallen, oder?« »Nein. Aber immer noch besser als gar nichts«, zischte ich zurück, »Du hättest ihnen aus Not auch noch die Wahrheit gesagt.« »Weiß nicht. Willst du was hiervon? Sonst ess ich's auf.« Er hielt mir eine Schüssel voll mit Eiersalat entgegen. Ich wusste sofort, dass ich ganz sicher nichts davon haben wollte. »Ace, ist das Ketchup da dran?« »Ketchup und Mayonnaise«, berichtigte er mit einem fachmännischen Grinsen. Als er realisierte, was er eben gesagt hatte, wurde ein bestürzter Blick in die Schüssel daraus. »Also, ich sag jetzt nicht, woran mich das erinnert...«, murmelte ich aus dem Mundwinkel. »Oh Mann, du hast ja so Recht«, stimmte er leicht angewidert zu, da er sofort wusste, dass ich ein gewisses Bettlaken im Wäscheraum meinte, »Soll das doch jemand anderes essen... Umm... Frankie! Guck mal! Eiersalat! Kannst du haben, wenn du willst!« Er machte sich von dannen, um mit der Schüssel Frankie auf die Nerven zu gehen, und ließ mich neben einer Platte Marmeladebrote stehen. Ich stieß mit einem tiefen Seufzen Luft aus und machte die Augen zu. Vielleicht wäre es besser, sich ein wenig hinzulegen, um weiteren Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen. Eine dauerbesetzte Dusche, schwuler Sex und eine betrogene Verlobte reichten mir ehrlich gesagt für einen Tag. So meine Gedanken, während ich versuchte, die immer penetranter einsetzenden Schmerzen in meinen Füßen zu ignorieren. Sanjis Part: Der Ofen in Zorros Zimmer erwies sich als weitaus nützlicher als ich geahnt hätte. Zwar musste ich ihn erst von diversen Wachsresten säubern und mir dabei die beunruhigende Frage stellen, ob ich die Winterwochenenden ab jetzt einträchtig Kerzen ziehend verbringen durfte, doch letztendlich lohnte es sich. Während Zorro tief und fest schlief und dabei viel zu niedlich aussah, als dass ich es übers Herz gebracht hätte, ihn aufzuwecken, stand ich an der kleinen Herdplatte und rührte Grießbrei zusammen. Als Frühstück für meinen Süßen hatte ich etwas Süßes nun mal für passend befunden. Außerdem brauchte er allmählich etwas, wovon er wieder zu Kräften kam. Gänzlich versunken in ausschließlich wundervollen Gedanken füllte ich den Brei in zwei bereitgestellte Teller. Die Gefühle in mir waren immer noch ungestüm und versuchten sich mit jedem neuerlichen Grinsen von mir einen Weg an die Oberfläche zu bahnen. Unnötig, zu sagen, dass ich es bis aufs Äußerste genoss, nur in Zorros Hose am Herd zu stehen und der bisher so krampfhaft unterdrückten Fürsorge freien Lauf zu lassen. »Wach auf, Marimo«, mit einem der Teller in der Hand drehte ich mich schließlich zu ihm um, »Guck mal, ich hab Grießbrei für dich...« Ich hielt in der Bewegung inne und starrte auf Zorro hinab. Entgegen dem, was ich angenommen hatte, schlief er keineswegs. Stattdessen sah er mich aus seinem Kissen heraus aufmerksam an. »Ach, du schläfst gar nicht. Du legst mich wohl gerne rein, was?« Ich setzte mich neben ihn an die Bettkante und stieß ihn neckisch mit dem Ellenbogen an. »Hm, kann schon sein...« Dass er daraufhin rot anlief und meinem Blick auswich, hatte ich nicht erwartet. Was sich für mich daraus erschloss, war jedoch beinahe noch unfassbarer, wenn man bedachte, dass es sich hier um Zorro handelte. »Hast du mir etwa die ganze Zeit über auf den Arsch geglotzt?« »Nein! Nein, hab ich nicht...« Er drehte sich zur Seite weg, als wäre die Tür auf einmal fürchterlich interessant. »Ha, ha, du bist ein schlechter Lügner, Marimo«, lachte ich, »Aber ich wüsste auch nicht, warum ich dir deshalb böse sein sollte. Iss lieber was. Schau, der Grießbrei guckt so nett.« Ich hielt ihm den Teller hin. Tatsächlich hatte ich mit Honig, Butter und Zimt einen dicken, fetten Smiley daraus gemacht. Zorros Reaktion darauf war noch untypischer für ihn als sein bisheriges Verhalten. »Ach, Koch, das ist ja... Ohh, das ist aber schön geworden.« Mit hochrotem Kopf nahm er den Teller entgegen. Es war ihm wohl doch etwas peinlich, mir gegenüber zuzugeben, dass er solchen Niedlichkeiten durchaus etwas abgewinnen konnte. »Tatsächlich?«, ich erlaubte mir ein Grinsen, »Da muss ich mich ja direkt geehrt fühlen. Aber hier hast du den Löffel. Und jetzt...« »Halt! Nicht verrühren! Das... das ist so nett! Das darfst du nicht einfach kaputt machen!« Er schlug mir ohne nachzudenken den Löffel aus der Hand. Wenn ich Zorro nicht so gern gehabt hätte und er nicht krank gewesen wäre, wäre mir wahrscheinlich bereits jetzt schon wieder der Kragen geplatzt. So hingegen schüttelte ich nur mit einem missbilligenden Schnauben den Kopf und stand auf, um mir meinen eigenen Teller zu holen. »Wenn es dir so gefällt, Marimo«, sagte ich währenddessen, »Dann rahm es doch ein und häng's dir an die Wand.« Ich verzierte meinen Grießbrei mit einem großen Herz aus Honig und wünschte mir noch in der nächsten Sekunde, ich hätte Zorro keinen solch dämlichen Ratschlag gegeben. PLATSCH! KLIRR! »Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt!?«, wetterte ich und wandte mich zornentbrannt zu ihm um, »Keine fünf Minuten kann man dich aus den Augen lassen! Immer musst du...! Oh.« Er hatte sich weit aus seinem Bett gelehnt, noch immer einen Arm ausgestreckt, und den verwunderten Blick gen Boden gerichtet. So wie es aussah, war ihm der Sarkasmus in meinem vorherigen Satz kein bisschen aufgefallen. Denn jetzt lag neben dem Bett ein Scherbenhaufen und eine klebrige Spur Grießbrei zog sich die ganze Wand hinab entlang. »Das... das tut mir so Leid, Koch«, stammelte er und sah schuldbewusst in meine Richtung, »Es hat einfach nicht gehalten...« Der Depp wollte den Teller ernsthaft an die Wand hängen! Geht’s eigentlich noch?! Wie blöd darf einer sein?! Doch weil nun mal keine böse Absicht dahinter gesteckt hatte, nahm ich das Missgeschick mit einem genervten Seufzen hin. »Lass es liegen, ich räum das später weg«, meinte ich und trug meinen Teller hinüber zum Bett, »Teilen wir uns lieber das hier.« Ich ließ mich an seiner Seite nieder und das reichte aus, um seine Aufmerksamkeit von den Scherben zu lenken. »Also, sag mal, Koch, machst du dir immer solche Herzchen auf den Grießbrei?« Er sah mich unverwandt an und so war es diesmal an mir, rot anzulaufen. »Nein!«, sagte ich schnell, »Nein, doch nicht immer! Das ist vollkommene Ausnahme, das...« »Schade.« Er betrachtete wieder den Teller in meiner Hand. Noch vor einer Woche wäre er komplett ausgerastet und hätte sich in seinem Zimmer verbarrikadiert, hätte er herausgefunden, dass ich unsere Initialien mit Zimt in das Herz hineingestreut hatte. All das nur, um den Schein zu bewahren. Da ihm aber in dieser Hinsicht die Hände nicht mehr gebunden waren, reagierte er darauf nun erstaunlich gefühlvoll. »Na ja«, murmelte ich verlegen, »Vielleicht mach ich das doch manchmal...« »Ja?« Der so ungewohnt unschuldige Blick seiner braunen Augen traf mich völlig unvorbereitet und mir wurde klar, dass es überhaupt nicht nötig war, weiterhin zu leugnen. Wo wir doch um unsere Gefühle füreinander genauestens Bescheid wussten. »Ach, ich geb's ja schon zu!«, murrte ich ertappt, »Ich mach mit dem Honig Herzchen in den Grießbrei, mit der Milch in den Kaffee, mit der Sahne in die Suppe, mit dem Öl in die...!« Als wüsste er keine andere Möglichkeit, sich auszudrücken, brachte er mich mit einem Kuss zum Verstummen. Es schien, als wäre es vollkommen egal, welch peinliche Geständnisse ich vor ihm machen musste – alle waren sie für ihn nur ein Grund, mich noch mehr zu lieben. »Kann ich das dann mal verrühren, Marimo?«, fragte ich leise und entzog mich ihm, »Du musst doch Hunger...« »Nein, Koch! Nicht verrühren! Wenn du das machst, dann... dann ist ja das Herzchen hin!« Zwar schlug er mir diesmal nicht den Löffel aus der Hand, doch sein Blick war derselbe wie vorhin. Wider erwarten schien er ein klein wenig gefühlsduselig zu sein. »Das ist dann doch nicht hin«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, »Das ist dann... hmm... überall in dem Brei drinnen. Ein ganz herzlicher Grießbrei ist das dann.« Ich sah ihn nachdrücklich an. Er erwiderte meinen Blick zuerst noch voller Misstrauen, doch als ich dem standhielt, gab Zorro sich geschlagen. »Wie du meinst, Koch.« Weniger erfreut sah er mir dabei zu, wie ich den Grießbrei umrührte. Überzeugt haben musste ich ihn trotzdem irgendwie, da er noch nicht einmal ein mürrisches Gesicht zog, als ich ihm kurzerhand den Löffel in den Mund steckte. »Hehe, das machen wir jetzt so, Marimo«, erklärte ich ihm mit einem selbstgefälligen Grinsen, »Erst ein Löffel für dich, dann einer für mich.« Ich genehmigte mir selber einen Löffel voll. »Dann wieder einer für dich...« Ich steckte ihn wieder Zorro in den Mund. »...und dann wieder einer für mich.« Das Ganze wiederholte ich ein, zwei Male, bis Zorro irritiert dazwischenplatzte. »Koch, jetzt warte mal! Bist du meine Mama oder so?! Ich meine, das, das... das ist doch bescheuert!« Er sah mich mit säuerlicher Miene an. Allem Anschein nach gefiel ihm meine Überfürsorglichkeit kein bisschen. »So, so, bescheuert also«, erwiderte ich, wobei ich nicht umhin konnte, ein wenig verletzt zu klingen, »Darf ich jetzt noch nicht einmal mehr meinen Freund füttern, so wie es mir passt?« Eigentlich waren wir drauf und dran gewesen, uns wieder in einer unserer unsinnigen Streitereien zu verstricken. Mein letzter Satz jedoch war Schuld daran, dass sich das wilde Funkeln in Zorros Augen schlagartig legte. »Deinen...? Ich bin dein...? Koch, sind wir jetzt wirklich...?« Er starrte mich überrascht an. Und ich starrte nicht minder überrascht zurück. Was ich soeben gesagt hatte, war mehr automatisch denn überlegt gewesen. Die Bedeutung dessen hätte ich vielleicht sogar gar nicht bemerkt. Nicht, wenn Zorro dafür nicht umso besser aufgepasst hätte. »Von mir aus sehr gerne«, antwortete ich vorsichtig, »Aber das kann ich natürlich nicht alleine entscheiden. Du musst schon auch sagen, dass du willst. Sonst...« »Sanji, stell das mal eben weg.« Er nahm mir den Löffel aus der Hand und legte ihn in den Teller. Ich tat wie geheißen, dann sah ich Zorro fragend an. Bei ihm konnte man nie so ganz genau wissen, was er als nächstes vorhatte. Er zog mich urplötzlich an sich. Mit all der Kraft, die er trotz seiner Verletzungen aufbringen konnte, hielt er mich fest. Sein Gesicht hatte er dabei dicht an meines geschmiegt und gab keinen Laut von sich. Lächelnd schloss ich die Augen und umfasste ihn ebenfalls. Ich spürte seinen breiten Rücken unter meinen Fingern, seinen Herzschlag neben meinem und schließlich auch seine heiße Wange an meinen Lippen, als ich ihn dort zärtlich küsste. »Das fasse ich als ein Ja auf«, flüsterte ich ihm zu. Er nickte, immer noch unfähig, ein Wort zu sagen oder mich loszulassen. »Dann sind wir jetzt also zusammen«, fuhr ich fort, nur um es wenigstens einmal ausgesprochen zu haben. Dass Zorro mich daraufhin nur noch fester an sich drückte, hatte ich beinahe erwartet. Er war ebenso froh wie ich darüber, dass das Unfassbare endlich wahr geworden war. Nun, ein bisschen zu froh vielleicht, wie ich mit einem Blick weiter nach unten feststellte. »Das wird ja allmählich zur Gewohnheit hier«, murmelte ich, »Darf ich dir sagen, dass du dich echt schlecht unter Kontrolle hast, Marimo?« »Mann, hab ich doch eigentlich gar nicht!«, entgegnete er schon beinahe weinerlich, »Dass kommt alles nur davon, weil du so... also, du... du bist endlich hier so bei mir und da kann ich irgendwie nicht anders! Zieh dir die Hose aus!« Auf seine mürrische, aber dennoch fest entschlossene Miene hin musste ich grinsen. »Für dich immer wieder gerne, Marimo«, antwortete ich und küsste ihn noch einmal neckisch, bevor ich tat, was er verlangte. Zorros Part: Um so vieles befriedigter als vor einer halben Stunde noch lag ich da, Sanji auf mir. Es fühlte sich an, als wäre dies der einzig richtige Platz für ihn, während ich gedankenverloren meine Finger durch seine Haare zog. Sie waren seidenweich und bei genauerem Hinsehen gerade noch kurz genug, um die leichte Wellenstruktur zu verbergen. Andere Leute hätten wohl behauptet, er sähe aus wie ein Engel. Ich hingegen wusste, dass der Schein trügte – er war viel zu ungezogen dafür. »Ich mag deine Haare«, sagte ich nach einer Weile in die Stille hinein. »Ich die deinen auch«, antwortete er lächelnd und ehe ich's mir versah, hatte er sie mir auch schon mit beiden Händen verstrubbelt, »So grün und wuschelig und weich und... ach, wie so eine niedliche, kleine Algenkugel... na ja, wie so ein Marimo eben siehst du aus.« »Dann war das nie ein Schimpfwort?«, hakte ich leicht überrascht nach und ließ ihn gewähren, obwohl ich das Gefühl, wenn meine Haare durcheinander waren, überhaupt nicht leiden konnte. »Es ging gut als eines durch, was?«, erwiderte Sanji mit einem Hauch rosa auf den Wangen und sah mich schief an, »Aber nein, so wirklich ein Schimpfwort war das nie. Eigentlich find ich die Dinger richtig niedlich; mein ganzes Aquarium ist voll von denen.« »Tatsächlich?« Ich zog nur eine Augenbraue in die Höhe und wusste nicht genau, ob ich sauer sein sollte. Immerhin verglich er mich gerade mit einer Wasserpflanze. »Du kannst es albern finden, wenn du willst«, lächelte er, »Aber mein Lieblings-Marimo bist und bleibst trotzdem du.« Er küsste mich und sah mich danach liebevoll an. Vielleicht war es das, was mich zu meiner nächsten Tat veranlasste, vielleicht war es aber auch bloße Neugierde. Auf jeden Fall drängte sich mir just in diesem Moment die Frage auf, die mich schon des Öfteren beschäftigt hatte. Und welchen Zeitpunkt hätte ich sonst wählen sollen, um eine zufriedenstellende Antwort zu bekommen, wenn nicht diesen, als Sanji seinen Blick so unverwandt auf mich gerichtet hatte? »Ich find dich nicht albern«, sagte ich und fuhr mit meiner Hand unter die Strähnen, die ihm ins Gesicht hingen, »Aber ich frag mich schon länger, was genau...« »Halt, nicht!« Voller Entsetzen entwand er sich meinem Griff. »Ich will doch nur wissen, wie du unter dem Pony aussiehst«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, aber so einfach war das nicht. »Das ist es ja gerade!«, rief er, »Du lachst so, wenn du das siehst! Das, das...!« »Glaub ich dir nicht. Was soll denn schon so schlimm sein?« Seinen Protesten zum Trotz zog ich ihn wieder an mich heran, um dann andächtig mit meinem Vorhaben fortzufahren. »Nein, Marimo! Bitte, nein... das muss doch wirklich nicht...!« Als ich die Haare aus seinem Gesicht strich, hielt ich unwillkürlich die Luft an. So lange hatte ich mich immer wieder gefragt, aus welchem Grund Sanji wohl sein linkes Auge versteckte. Die Antwort nun direkt vor mir zu haben, machte mich kurzzeitig sprachlos. Noch dazu, wo sie so unerwartet war. Sanji hingegen blaffte mich missbilligend an. »Ja, toll, jetzt weißt du's! Bitte, ich bin vollkommen unsymmetrisch! So, und jetzt lach!« Wonach mir keineswegs zu Mute war. »Besser als wenn beide nach innen gekringelt wären«, kommentierte ich seine ungleichen Augenbrauen und starrte ihn überwältigt an. Wie hatte er mir das nur verschweigen können? »Koch«, flüsterte ich, »Warum hast du mir nicht gesagt, dass das eine Auge grün ist?« Kaum hatte ich das ausgesprochen, wurde aus seiner mürrischen Miene eine verblüffte. »Moment mal«, stammelte er, »Du, du findest das gar nicht schlimm? Dir gefällt das auch noch?« Er deutete auf seine linke Gesichtshälfte, die ein nicht wirklich perfektes Spiegelbild der rechten abgab. »Ich hab auch meinen unsymmetrischen Koch lieb«, bestätigte ich mit einem Lächeln und drückte ihn an mich, wobei ich ihm direkt in beide Augen sah – in das blaue wie auch das grüne. Ich hatte ihn entdeckt, den Teil von ihm, den er so verzweifelt vor allem und jedem verschlossen hielt. All die Barrieren hatte ich überwunden, nur um ihn letztendlich so sehen zu können wie ihn noch nie zuvor jemand gesehen hatte: Friedlich, zärtlich, sich seine Schwächen eingestehend und bei weitem nicht so perfekt, wie er stets vorgab zu sein. Diese Seite an ihm, die alleine mir vorbehalten war, spiegelte sich in diesem leuchtend grünen Auge wieder, welches unverwandt meinen Blick erwiderte. »Dann bleibt das jetzt unser Geheimnis?«, fragte Sanji kaum hörbar. Ich nickte als Antwort. »Ach, Marimo...« Er warf sich mir um den Hals, unfähig, ein weiteres Wort zu sagen, und schmiegte sich an mich. Sein überglückliches Lächeln war es, was mich dabei am meisten berührte. Er war froh, dass es mich gab, und er war froh, dass ich ihn genau so liebte wie er war. Auch ich zog kaum merklich die Mundwinkel nach oben, die gegenwärtige Situation mit jeder Faser meines Körpers genießend. Jede einzelne Sekunde, die wir gemeinsam verbrachten, zeigte uns immer deutlicher auf, dass weder Stolz noch Neid von Nöten waren. Immer wichtiger wurde gegenseitiges Vertrauen und Achtung voreinander. Nur so würde unsere noch so zerbrechliche Beziehung das feste Band der Liebe werden, das mir mein ganzes Leben lang gefehlt hatte. Nur auf diese Weise würden wir einander verstehen lernen. Das heißt dann ja, überlegte ich schmunzelnd und mit meinen Händen auf Sanjis Rücken, Dass ich jetzt als einziger von seinem grünen Auge weiß. Eine Tatsache, über die ich mich mehr freute als über jeden Sieg, den ich bisher errungen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)