Küchentussi vs. Schwertschwuchtel von abgemeldet (SanjixZorro; ?x?) ================================================================================ Kapitel 14: Die Insel im Auge des Sturms ---------------------------------------- Lysops Part: Seit dem fürchterlichen Malheur mit den Spinnen waren knapp drei Tage vergangen, doch immer noch war es mir unmöglich, auch nur in Ace' Richtung zu sehen. Er musste glatt denken, ich hätte das Ganze absichtlich angezettelt, nur damit ich tun konnte, was mir jetzt im Nachhinein viel zu peinlich war, um auch nur daran zu denken. Kein Wunder also, dass ich die meiste Zeit in dem kleinen als Abstellkammer gedachten Raum verbrachte, der nur von der Waschküche aus zugänglich war, und mir eine Art Unterschlupf baute. Hierhin konnte ich mich demnächst immer verkriechen, wenn ich Mist gebaut hatte und keiner mich sehen wollte. Mit ein Grund, weshalb ich neben einem geheimen Vorratslager für Schokolade und Zwieback etliche alte Matratzen, Kissen und Decken hineinschleppte. Man wollte es ja nicht unbedingt ungemütlich haben, wenn man Trübsal blies. An diesem Abend allerdings nutzte ich die Tatsache aus, dass Ace weit und breit nicht zu sehen war, und gesellte mich zu Nami und Ruffy, die gemeinsam mit Sanji am Steuer das oberste Deck beschlagnahmt hatten. Die beiden versuchten sich an einem Puzzle, was jedoch grandios an Ruffys (Un-)Logik scheiterte. »Du blödes Puzzleteil!«, schimpfte er alle drei Minuten quer über den Tisch, »Du musst da jetzt passen!« Er hämmerte auf zwei der Teile ein, als ob er sie zwingen wolle, sich endlich zu verbinden. Namis Kommentar dazu war nur ein tiefes Seufzen. »Guck doch mal, Ruffy: Das kann da gar nicht passen, das...« »Es muss aber!!« Wider besserer Belehrung fuhr er fort, falsche Puzzleteile mit roher Gewalt ineinander zu prügeln. »Ach, ich geb's auf«, stöhnte Nami an mich gewandt, »Es ist unmöglich, mit dem Puzzle zu bauen.« »Ist es nicht«, erwiderte ich grinsend, »Man muss nur wissen, wie.« »Tatsächlich?« Sie sah mich halb genervt, halb ungläubig an. »Pass auf.« Schnell hatte ich eine Auswahl an Teilen getroffen, die an jenes gehören könnten, mit welchem Ruffy sich herumärgerte. Ganz unauffällig und mit einem siegesgewissen Grinsen schob ich sie ihm in Reichweite. Es würde zwar eine Weile dauern, doch früher oder später würde er schon das Richtige finden. »Mann, Lysop«, seufzte Nami, »Dass du für sowas Geduld hast... Da muss einem echt langweilig sein.« »Also, ich will euch ja bei eurem kleinen Plausch nicht stören«, kam es da von Sanji, »Aber ist das da vorne nicht eine Windhose?« »WO?!« Sofort sprangen wir alle drei auf, den Blick zum Horizont gewandt, wo Sanji hindeutete. Tatsächlich hatte sich der Himmel unmerklich mit bleigrauen Wolken zugezogen. Weit entfernt türmten sich bedrohlich hohe Wellen und ein Grollen wie das eines wütenden Tieres durchbrach die bisher so idyllische Stille. »Oh Gott, Sanji, du hast Recht! Wieso hab ich das nicht früher gemerkt?! Das blöde Puzzle hat mich abgelenkt!« Nami rannte aufgelöst nach unten, um den anderen Bescheid zu sagen. »Dreh doch ab!«, rief ich. Der Sturm sah für meinen Geschmack ein wenig zu gefährlich aus. Wenn wir da wieder lebend herauskommen wollten, brauchte es ein Wunder. »Boah! Sanji, fahr mitten rein!« Dass Ruffy meine Auffassung der Dinge nicht ganz teilte, hätte mir klar sein müssen. »Ruffy, du wirst dich freuen«, antwortete Sanji hoch konzentriert, »Aber ich glaub, ich kann gar nicht anders. Die Strömung ist zu stark!« »Juhuu! Volle Kraft voraus!« »Wir werden sterben!« Das war wieder einer dieser Momente, in denen ich mich weit weg wünschte, irgendwo anders hin, bloß nicht zu diesen leichtsinnigen Idioten auf das Schiff. Es war so abzusehen gewesen, dass wir in diesen vermaledeiten Sturm hineingeraten würden, kaum dass er überhaupt aufgetaucht war. »Wegen dem Bisschen Wind sterben wir schon nicht!«, erwiderte Sanji, der das Steuerrad mit aller Kraft festhielt, »Aber wenn die anderen nicht gleich die Segel einholen, gibt das ein Unglück!« »Ich hab's gewusst!«, rief ich und tat mein Bestes, mich unter dem Tisch zu verstecken, »Wir sind verloren! Wir gehen so drauf!« »Tun – wir – NICHT!« Während Sanji verbissen unseren Kurs zu halten versuchte und Ruffy aufgeregt lossprang, um seinen Lieblingsplatz zu beziehen, fegte eine Böe die ersten Wellen auf das mittlere Deck. »Na toll!«, hörte ich Nami von unten rufen, »Zum Umkehren ist es zu spät! Sanji, lass das Steuer los! Unser Ruder hält das auf die Dauer nicht aus! Und ihr anderen holt endlich die Segel ein!!!« »Wie du meinst, Nami!«, antwortete Sanji erstaunlich gelassen und tat, wonach sie verlangte. Der Ruck, der daraufhin durch die Gryphon ging, ließ mich der Länge nach hinfallen. Es fühlte sich an, als wären wir nur ein Spielball auf den Wellen, hilflos den Launen des Meeres ausgesetzt. Ich schloss die Augen und hielt mir die Ohren zu; ich wollte weder sehen noch hören, was gerade geschah, ganz gleich, ob ich eigentlich auf Namis Aufruf hätte hören sollen. Doch egal, was ich auch tat: Das Tosen des Windes und das Donnergrollen drangen weiterhin bis tief in mein Innerstes vor. Beinahe konnte ich hören, wie Holz zersplitterte, die Wassermassen über uns hereinbrachen und das ganze Schiff auf den Meeresgrund gezogen wurde. Wir sind verloren, wir sind verloren, wir sind so verloren...! Das überlebt keiner von uns! Unmöglich! Und weil mich Panik und Angst aufzufressen drohten, gestattete ich es mir, ein wenig in Ohnmacht zu fallen. »Schnell, schnell! Ihr müsst alle aufwachen! Da ist eine Insel! Eine Insel!« Ruffys aufgeregte Stimme holte mich langsam ins Bewusstsein zurück. Leicht benommen stützte ich mich mit den Händen ab und öffnete die Augen. Unter mir erkannte ich bloße Planken. War ich auf dem Boden eingeschlafen? Nein, das war etwas anderes gewesen! Lebten denn alle noch?! Ich stieß mir grandios den Kopf, als ich unter dem Tisch aufspringen wollte. »Autsch!« Mit widerlich pulsierenden Schmerzen stolperte ich unter der Tischplatte hervor. Als ich mich erhob, stand Ruffy breit grinsend vor mir. »Lysop, da bist du ja«, sagte er, dann deutete er ungeduldig auf den Horizont, »Guck mal, da! Eine komische Insel! Sieht aus wie ein Zuckerhut!« Was zwar nicht ganz treffend war, aber immerhin ein annehmbarer Versuch, die Insel zu beschreiben. Wir waren allem Anschein nach in das Auge des Sturms geraten, der in sicherer Entfernung um die Insel herum weitertobte und -toste. Zwischen der brausenden Wand aus Windböen und Gewitterwolken und der Insel erstreckte sich ein zwei Kilometer breiter Streifen ruhigen Meerwassers, auf dem wir ziellos umherdümpelten. Offenbar war außer Ruffy und mir noch niemand wach. Was mich angesichts der Tatsache, dass es früher Morgen war, nicht sonderlich wunderte. »Nicht wirklich wie ein Zuckerhut«, antwortete ich Ruffy, »Eher wie ein oben abgeschnittener Wackelpudding, dem man einen Partyhut aufgesetzt hat.« »Juhuu! Eine Wackelpudding-Insel!« Er sauste davon, um die anderen zu wecken. Ich wollte ihm schon folgen, als ein markerschütternder Schrei ertönte. »NEIIIN!!! BITTE NICHT!!!« Nami stürmte die Treppe hinauf, ihre Haare etwas durcheinander und die Panik ins Gesicht geschrieben. »Ogott, Nami, sag nichts!«, rief ich, kurz davor, mich wieder unter dem Tisch zu verkriechen, »Das ist eine verfluchte Insel und wir kommen nie wieder hier weg! Oder da wohnen Sirenen, die uns...!« »MEIN LOCK PORT IST HIN!!!« »Ernsthaft?« Sanji war hinter ihr aufgetaucht, um seinen Posten am Steuer wieder zu beziehen. Wir konnten schließlich nicht ewig auf den Wellen dahintreiben. »Da!«, sie hielt Sanji den Lock Port unter die Nase, »Zeigt das verfluchte Ding auf die Insel, die da vor uns ist?!« »Umm... Nein.« »Siehst du! Wir sind verloren! Auf See verschollen!« Sie warf sich auf einen der Stühle, um ihr Gesicht in den Armen zu vergraben. Und in der Tat war das eine eher beunruhigende Nachricht. »Heißt das...?«, ich schluckte, »Wir finden nicht mehr zurück?« »Ja, genau das!!!« Meine Nackenhaare stellten sich auf, kaum hatte Nami das gesagt. Das waren die schlimmsten Aussichten seit Langem. Oder vielleicht doch nicht? »Jetzt macht euch mal nicht ins Hemd!« Ace, der gemeinsam mit Frankie und Zorro das Segelhissen übernommen hatte, kam aus der Takelage gesprungen und landete neben Nami. »Ach, soll ich's etwa lustig finden!?«, fuhr sie ihn an und hob ihren Kopf, um ihn mit bösen Blicken zu durchbohren. »Ich glaub ehrlich gesagt nicht, dass dein Lock Port kaputt ist«, erwiderte er lässig, »Sieh mal, meiner zeigt auch nicht auf die Insel.« Es stimmte. Die Nadel verwies deutlich auf einen Kurs links von der Insel, die langsam immer näher kam. »Und was hat das zu bedeuten?«, fragte Nami, halbwegs beruhigt. »Vielleicht ist das sowas wie eine Fata Morgana«, überlegte Sanji laut, »Eine Luftspiegelung. Die Insel existiert wahrscheinlich gar nicht.« »Tut sie wohl!«, Ruffy kam wieder angesprungen und setzte sich vor Sanji auf das Geländer, »Das ist eine richtig coole Insel! Die muss einfach echt sein! Siehst du?! Da wächst kein einziger Baum drauf! Da will ich... ugh...« Ohne jegliche Vorwarnung entglitt das Geländer Ruffys Griff und er fiel hintenüber. Mit einem lauten PLUMPS landete er auf dem mittleren Deck. »RUFFY!« Nami sprang auf, um nach ihm zu sehen. Ein glücklicher Zufall für Ace, der sich plötzlich eine Hand gegen die Brust presste und dann auf Namis Stuhl zusammensackte. »Scheiße, verdammt...!«, knurrte er, »Ich... kann nicht mehr aufstehen...« Wie ein Kartoffelsack hing er da, während aus Namis aufgebrachten Rufen zu schließen war, dass es Ruffy ähnlich erging. »Sanji...«, mit unwillkürlich klappernden Zähnen wandte ich mich ihm zu, »Was, was genau passiert hier? Meinst du nicht, wir sollten das mit dieser Insel bleiben lassen und...?« »Hör auf zu winseln! Dir passiert schon nichts.« »Wie kannst du dir da so sicher sein?« »Na, bin ich schon umgefallen? Ist Nami umgefallen?« Ich schüttelte aufmerksam den Kopf. Da war was dran. »Eben. Ich glaub, ich weiß, woran es liegt«, er erlaubte sich ein kurzes, gehässiges Lächeln, »Diese Insel da muss aus Seestein sein. Das würde auch erklären, warum der Lock Port sie nicht erkennt.« »Komplett aus Seestein?!?« Ich starrte Sanji an. Dann blickte ich zu der Insel hinüber, die nur noch wenige hundert Meter von uns entfernt war. Tatsächlich war sie in Wahrheit ein ebenmäßiger, hellgrauer Felsen, der kreisrund aus dem Wasser ragte. Ein schmaler Kiesstrand umgab ihn und eine in den Stein gemeißelte Treppe führte hinauf zu einer flachen Ebene, auf der ein Gebäude zu stehen schien. »Jemand muss schon einmal hier gewesen sein«, schlussfolgerte Sanji, »Zumindest glaub ich nicht, dass da einer wohnt. Vegetation ist da ja gleich Null.« Er ließ das Steuerrad los, dann brüllte er zum Bug nach vorne: »MARIMO! DER ANKER!« »DU KANNST MICH MAL, ABER JA, VON MIR AUS!« Es gab ein lautes Platschen und unsere Position war gesichert. Frankies Part: Wir hatten uns zu einer allgemeinen Lagebesprechung im Gemeinschaftsraum eingefunden, die allerdings eher einer Krisensitzung gleichkam. Ich saß auf der Couch und hielt Robin fest, die ihren Kopf in meinen Schoß gelegt hatte. Die Auswirkungen der Insel zeigten sich klar und deutlich. Jedoch nicht nur bei ihr: Chopper war als kleines Häuflein Elend auf seinem Stuhl zusammengebrochen, Ace hing mehr schlecht als recht auf dem seinigen und Ruffy hatte es gleich ganz vorgezogen, den Boden zu beziehen. Nami, die neben ihm kniete, meinte gerade: »Wir sollten so schnell wie möglich wieder von hier verschwinden. Es sieht weder so aus, als gäbe es Nahrung auf dieser Insel, noch können wir überhaupt sagen, dass sie stabil ist.« »Muss sie aber sein«, widersprach Sanji, »Es führen Stufen hinauf und oben steht eine Art Pyramide. Irgendjemand hat diese Insel schon einmal gefunden, was an sich eigentlich schon ein Kunststück ist.« »Außerdem ist da immer noch der Sturm«, meinte Lysop und erschauderte, »Solange der da ist, bleib ich lieber hier.« »Du vielleicht...« Ace brachte kaum eine wütende Miene zusammen, weshalb er es bei diesem angefangenen Satz beließ. »Ihr wollt an Land gehen?« Nami sah ungläubig zu Sanji, Lysop und Zorro hinüber. »Die Seesteinkiesel könnte man doch sinnvoll nutzen«, meinte Lysop, »Ein paar von denen wollte ich schon sammeln.« »Außerdem ist da diese Pyramide«, ächzte Robin und versuchte sich aufzusetzen, »Jemand muss mich dorthin tragen.« »Kommt nicht in Frage!« Ich drückte sie mit sanfter Gewalt zurück auf das Sofa. Wieder einmal wollte sie sich ihrer Berufung wegen in ihr eigenes Verderben stürzen. Man musste höllisch auf diese Frau aufpassen. »Doch, Schatz, lass mich bitte gehen«, sie lächelte mich schwächlich an, »Vielleicht gibt es dort oben wichtige Teile verlorener Geschichte.« »Und wenn ich dir diese Teile aufs Schiff tragen muss! Du bleibst hier!« »Also, ich geh schon mit«, beschloss Zorro. »Stimmt«, grinste Sanji, »Da dürftest sogar du dich nicht verlaufen.« Er wich mit Leichtigkeit einer Ohrfeige aus, dann fragte er an mich gewandt: »Warum gibst du ihr die Chance nicht? Wir würden auch gut auf sie aufpassen.« »Ja, ja, das Aufpassen kenn ich schon... und dann heißt es wieder: Das ist nicht, wonach es aussieht!« »Bitte, Frankie, sei so lieb.« Robin sah mich von unten her mit ihren glasklaren, blauen Augen an. Nein, so konnte ich ihr unmöglich etwas abschlagen! »Na, meinetwegen! Aber wenn dich jemand trägt, dann bin das ich!« »Das heißt, ihr lasst mich mit den Halbtoten hier alleine?« Nami schien weniger erfreut, doch Sanji beschwichtigte sie. »Lange kann das ja nicht dauern. Ehe du es dir versiehst, sind wir wieder da.« »Ich will's hoffen...« Sie blieb am Boden sitzen, während ich Robin hochhob. Ich konnte ja verstehen, dass es für sie eine einmalige Gelegenheit war, einen Ort zu erforschen, den vielleicht alle zehn Jahre einmal jemand fand, aber inwieweit ihr Zustand das tatsächlich zulassen würde, war noch ungewiss. Gewiss hingegen war jedoch, dass ich sie keinen Moment aus den Augen lassen würde. »Okay«, meinte Sanji abenteuerlustig, »Wir sind dann mal weg. Halt die Stellung, Nami!« Zorro und Lysop folgten ihm auf das Deck hinaus, ich hinterdrein, und als ich die Tür schloss, konnte ich drinnen Ruffy jammern hören. »Mann, Nami! Ich wollte doch mit auf die Insel!« »Da ist doch sowieso gar nichts! Was willst du denn da?!« Grinsend trug ich Robin hinaus und vom Schiff hinunter. Es sah ganz danach aus, als würde dieses Abenteuer ohne Ruffy stattfinden. Was ihm genaugenommen einmal auch nicht schaden würde. Unten angekommen, führte Sanji uns sofort die Treppe hinauf. Mindestens eintausend Stufen waren das. Jemand hatte sorgfältige Arbeit geleistet, wenn auch auf jegliches Design verzichtet. »Was meinst du, Schatz?«, murmelte Robin mir nach einer Weile zu, die ich hinter Lysop hergelaufen war, »Ob wir es riskieren können und Zorro und Sanji alleine in die Pyramide schicken?« »Hm, wozu das denn?« »Na ja, wenn die beiden gemeinsam eine Aufgabe zu erledigen haben, ist doch die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie endlich über ihre Gefühle füreinander ins Gespräch kommen.« »Keine Ahnung. Von mir aus schicken wir sie in die Pyramide. Was dabei herauskommt, sehen wir dann.« Als ob es mich interessieren würde, wie die Beziehung zwischen den beiden Schwuchteln läuft! Von so seltsamem Zeug hab ich erst mal genug! Was vor fünf Tagen passiert war, hatte mir völlig gereicht. Und die seltsame Situation mit Ace und Lysop konnte ich immer noch nicht genau deuten. »Was überlegst du?« Robin sah mich fragend an. »Nichts von Bedeutung. Wir sind da.« In der Mitte des Plateaus erhob sich eine riesige, steinerne Pyramide, offensichtlich direkt aus dem Felsen gehauen. Auf halber Höhe waren die Außenwände weiter nach innen versetzt worden, so dass sich daraus eine Art Balkon ergab. Auch hier gab es nur glatte Kanten und Flächen ohne jegliches Relief. An sich ein sehr nihilistischer Stil, der nur unterbrochen wurde von den Runen, die über dem geschlossenen Eingangstor prangten. »Lass mich bitte runter, Schatz«, verlangte Robin, woraufhin ich sie in sicherer Entfernung zu dem Tor auf den Boden setzte. Sofort durchfuhr ein erneuter Schwächeanfall ihren Körper, doch ich hatte gar keine Zeit, ihr in irgendeiner Weise Beistand zu leisten. Sie kam mir zuvor, indem sie ihre Haltung straffte und einen kleinen Block und einen Stift aus ihrem rechten Stiefel holte. »Hattest du das die ganze Zeit da drinnen?!« »Dass gerade dich das wundert...«, lächelte sie als Antwort, während sie die Runen abschrieb, »Aber sei unbesorgt: Noch mehr eingebaute Geheimfächer hab ich nicht.« Schmunzelnd fuhr sie mit ihrer Arbeit fort, als ich gerade noch Lysop, Zorro und Sanji um die Ecke verschwinden sah. »Sollten sie nicht besser hier warten, bis du etwas herausgefunden hast?«, meinte ich nachdenklich. »Ach, lass sie. Denen passiert schon nichts. Sind eben neugierig.« Mann, Mann, nicht nur die! Aber ich hab mir versprochen, auf Robin aufzupassen! Mit einem leisen Seufzen ließ ich mich ebenfalls auf den Boden fallen, dann inspizierte ich die Beschaffenheit des Felsens. Er war hell, überzog dunkle Klamotten hervorragend mit einer weißen Pulverschicht und schien Wärme sehr gut zu speichern. Zumindest war er nicht kalt. »Ich hab das seltsame Gefühl, wir sitzen auf einer Heißwasserquelle«, sagte ich nach einer Weile. »Ein Geysir?« Robin sah mich daraufhin leicht erschrocken an. »Das nicht, sonst hätte der schon längst die Insel zerstört. Nein, ein unterirdisches Warmwasservorkommen in den Tiefen des Gesteins. So früh morgens kann sich der Felsen nämlich kaum von der Sonne aufgeheizt haben.« »Eine Insel voller Geheimnisse...«, lächelte sie, dann unterbrach uns das schleifende Geräusch von Stein auf Stein. »Was zum...!« Ich sprang auf, bereit jeglichen Hinterhalt niederzuschlagen. Doch es war nur das Tor der Pyramide, das sich plötzlich aufgetan hatte. »Wie ging das denn jetzt?! Robin, hast du irgendwas getan?!« »Nein, hab ich nicht. Das müssen die Jungs gewesen sein.« Sie versuchte um die Kanten der Pyramide zu spähen, ohne Erfolg allerdings. »Vielleicht solltest du mal nach ihnen sehen«, schlug sie vor. »Aber...!« »Ich komm hier auch ganz gut alleine zurecht. Wahrscheinlich sogar besser als einer von euch anderen.« »Ja, bis darauf, dass du nicht aufstehen kannst!«, erwiderte ich mit sich überschlagender Stimme. Meiner Meinung nach nahm sie das Ganze zu sehr auf die leichte Schulter. »Jetzt geh schon. Ist ja nicht weit weg.« Sie gab mir einen Schubs in Richtung Pyramide. »Na gut!«, rief ich, »Von mir aus! Aber wenn dir was passiert...!« Geladen stapfte ich von dannen, um die Pyramide zu umrunden. Wetten, die drei Taugenichtse hatten mehr angestellt, als Ruffy alleine jemals geschafft hätte? Die brauchen sich ja nicht einzubilden, ich würde ihnen irgendwie helfen! Ich muss so schnell wie möglich zu Robin zurück! Ich erreichte die Rückseite des Gebäudes – und staunte. Auch hier gab es ein Tor. Im Gegensatz zu dem auf der Vorderseite war dieses jedoch verschlossen. Jetzt brauchte ich nur noch eins und eins zusammenzählen, um mir ausmalen zu können, was passiert war. Ein Mechanismus musste die beiden Tore miteinander verbinden; sobald eines offen war, schloss sich das andere. Und das wiederum bedeutete, dass Lysop, Zorro und Sanji in der Pyramide verschwunden waren. »Diese Idioten! Ich dachte, die könnten auf sich aufpassen!« Zähneknirschend machte ich mich auf den Rückweg, vorsichtshalber auf der anderen Seite der Pyramide entlang. Doch auch hier wurde ich nicht fündig. Die drei Deppen hatten es tatsächlich geschafft, sich einzusperren. Zorros Part: Ein schauriges Knirschen und Schleifen ertönte und bevor sich einer von uns erschrocken umdrehen konnte, war das Tor zugefallen. Mit einem Schlag war es stockfinster und wir von der Außenwelt abgeschnitten. »Toll gemacht, Marimo. Wirklich.« Rechts von mir ertönte die missbilligende Stimme des Kochs. Weshalb ich auch gleich zurückkeifte. »Als ob ich da was dafür könnte! Ich bin doch nur hinter euch hergelaufen!« »Und wenn ich mich mit Gewichten an den Füßen im Meer versenke, machst du mir das dann auch nach?« »Mann! Nein, natürlich nicht! Aber...!« Für wie dumm hält der mich eigentlich? Lysop war derjenige, der verhinderte, dass unser Streit ausartete. »Leute, hört auf, euch die Köpfe einzuschlagen! Wir... SIND SO VERLOREN!!!« »Jetzt mach mal halblang...« »Wir kommen hier nie mehr wieder raus!!!« »Hör auf zu jammern!« »Wir werden elendig verhungern, wenn uns vorher nicht sowieso ein Monster frisst!!!« »HALT'S MAUL!!!« Dieser Befehl, den der Koch und ich wie aus einem Munde gebrüllt hatten, ließ den Jammerlappen letztendlich verstummen. »Kopflos handeln ist jetzt absolut nicht drin«, brummte der Koch, »Als allererstes brauchen wir etwas Licht, dann sehen wir weiter.« »Du hast doch Zündhölzer, Sanji«, meinte Lysop, »Damit könnten wir das Reinigungsbenzin anzünden, das ich hier irgendwo in meiner Tasche... ah, da hab ich's ja.« »Wir brauchen etwas, das wir darin tränken können. Stofffetzen oder so.« »Ja, die wickeln wir dann um den Stock hier.« »Welcher Stock?«, fragte ich. »Na, hier liegt ein Stock neben mir«, antwortete Lysop, »Weiß auch nicht, wo der herkommt.« »Wie ihr wollt«, seufzte ich daraufhin. Es blieb doch immer an mir hängen, die Initiative zu ergreifen. Mit einem Ruck riss ich mir die Hälfte der Hosenbeine ab und hielt sie Lysop hin, der irgendwo links von mir stehen musste. »Hier, reicht das?« Eine Hand tastete danach und fand die Fetzen schließlich. Von so weit unten? Hatte Lysop sich hingesetzt? »Danke.« Es dauerte nicht allzu lange, dann fragte er: »Sanji, kann ich etwas Licht haben? Ich krieg die dumme Benzinflasche nicht auf.« Ein Rascheln ertönte, dann ein Klappern und schließlich flammte mit einem Zischen das schwache Licht eines Streichholzes auf. Ebenfalls vom Boden. Ja, wenn die beiden sich hingesetzt hatten, dann durfte ich das doch wohl auch! »Shit«, brummte der Koch, »Ich hab nur noch drei.« »Dann halt's schnell hier rüber.« Der Koch tat wie verlangt und wir sahen zu, wie Lysop im flackernden Schein der Flamme an dem Fläschchen herumschraubte. »Wäre ja gelacht, wenn wir mit dem Bisschen Dunkelheit nicht fertig werden würden«, sagte er dabei großspurig, »Nichts kann uns aufhalten! Oh, Mist, Kindersicherung.« »Ach, gib das her!«, knurrte ich und riss ihm die Flasche aus der Hand. Nach einem kurzen Kraftakt hatte ich den Deckel aufgedreht. »Macht schneller!«, zischte der Koch, »Ich verbrenn mir gleich die Finger!« »Da, nimm!« Ich gab Lysop das Benzin zurück, welches er daraufhin auf dem am oberen Ende mit Stoff umwickelten Stock verteilte. Dann ging das Licht wieder aus. »Autsch, verdammt! Ich hab doch gesagt, ihr sollt euch beeilen!« »Ich bin eh fertig«, kam es von Lysop, »Mit dem nächsten Streichholz kannst du die Fackel anzünden.« Was er auch tat. Im hellen Schein der Fackel erhoben wir uns wieder, dann versuchten wir in der Dunkelheit des Raumes etwas auszumachen. »Na, viel bringt das Teil auch nicht«, meinte ich, »Was hat das überhaupt für eine komische Farbe?« »Keine Ahnung...« Lysop inspizierte den Stock in seiner Hand genauer, dann lief er weiß wie Kalk an. »Ogott, Sanji! Nimm du das! Das ist ein, ein, ein...!« »Ein Knochen«, vollendete der Koch den Satz und fing die Fackel auf. »Ich will hier raus!«, jammerte Lysop, »Auf dem schnellsten Wege!« »Tja, sieht so aus, als hätte es der hier nicht geschafft.« Der Koch stieß weitere Knochen mit dem Fuß bei Seite, dann leuchtete er in einen Gang hinein. Der einzige, wie wir feststellen mussten. »Kommt«, sagte er, »Gehen wir. Es ist zwar offensichtlich, dass wir hier auf Fallen stoßen werden, aber eine andere Möglichkeit haben wir nicht.« Ich wollte mich schon in Bewegung setzen, als Lysop uns noch einmal zurückrief. »Halt! Wartet!« Er quetschte sich an mir vorbei, zum Koch nach vorne. »Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gerne in der Mitte gehen...« Mit einem gekünstelten Grinsen versuchte er die Gunst des Kochs zu erlangen. Worauf er jedoch lange warten konnte. »Kommt nicht in Frage«, erwiderte der, »Wenn wir den Marimo ganz hinten gehen lassen, verlieren wir ihn bloß.« »Bitte?!« Wer geht hier denn immer verloren?! Ihr anderen vielleicht, aber ganz bestimmt nicht ich! »Ich will aber nicht der Letzte sein!«, heulte Lysop. Mann, warum hatten wir den überhaupt mitgenommen? Mit seinem Löwenmut konnte er einem jeden noch so kleinen Spaziergang vermiesen. »Dann nimm die Fackel und führ uns an«, war der einzige andere Vorschlag, den der Koch anzubieten hatte. Lysop starrte ihn daraufhin zuerst nur fassungslos an, dann schluckte er. »Okay, das mach ich! Gib her!« Trotz zitternden Händen entriss er dem Koch die Fackel. Dann wandte er sich tapfer zu dem Gang um. »Los! Kommt mit!« Mit gespielter Festigkeit in der Stimme schritt er voran. »Nach dir, Marimo.« Der Koch grinste mich vielsagend an. Am liebsten hätte ich ihm eine gepfeffert. »Ich geh nicht verloren!«, murrte ich, ging aber trotzdem vor, »Und bild dir jetzt ja nichts darauf ein!« Ich bekam keine Antwort. Wahrscheinlich, weil der Koch es vorzog, widerlich in sich hineinzugrinsen. Er konnte mich so wahnsinnig machen mit seinen Angewohnheiten. So wahnsinnig, dass ich nicht mehr wusste, ob ich ihn verprügeln oder voller Verlangen küssen wollte. Wobei wir Letzteres erst getan haben... Hitze flammte auf meinen Wangen auf. Es war mein erster Kuss gewesen und niemals zuvor wäre ich auf den Gedanken gekommen, dass etwas so vollendet süß und zufriedenstellend sein konnte. Wenn es an diesem Abend nach mir gegangen wäre, hätte ich den Koch nie mehr wieder losgelassen. Für einen kurzen Moment hatte es sich angefühlt, als sei er Mein; einzig und alleine mein Koch, den ich bis aufs Blut beschützen würde, egal wie sehr ich seinen Stolz damit verletzte. Wieder zur Besinnung gebracht hatte ihn dann letztendlich dieser dumme Frankie, und somit auch die Illusion zerstört, der ich erlegen gewesen war. Es sollte nun mal einfach nicht sein. FLUPP! Von einem Moment zum nächsten war das Licht wieder aus. Moment mal... FLUPP ist jetzt nicht gerade das Geräusch, mit dem Feuer ausgeht... »Was ist denn jetzt wieder?!« Beinahe wäre der Koch von hinten in mich hineingelaufen. »Keine Ahnung...« »Lysop, alles klar da vorne?!« Wir warteten, lauschten angestrengt, aber nichts regte sich. »Lysop, das ist nicht lustig!« »Koch, ich glaub nicht, dass er einen Spaß macht. Ich glaub, er ist weg.« »Shit.« Er tastete sich an mir vorbei, wobei jede seiner Berührungen nur noch mehr Blut in mein Gesicht trieb. Gut nur, dass es finster war. »Hmm...«, hörte ich ihn schließlich von weiter vorne, »Ein Loch oder Abgrund ist nirgends im Boden. Runtergefallen kann er also nicht sein.« »Hat sich auch nicht danach angehört«, meinte ich, »Eher, als wäre er weggeflogen.« »Weggeflogen?« Seine Stimme klang ungläubig. Hätte ich besser auf das geachtet, was um mich her geschah, hätte ich jetzt eine bessere Erklärung für Lysops Verbleib. »Ja, Mann! Ich weiß ja auch nicht...!« Ich verschränkte stur die Arme, selbst wenn er das im Moment gar nicht sehen konnte. »Gehen wir besser weiter«, schlug der Koch daraufhin vor, »Vielleicht finden wir ihn weiter vorne wieder. Gib mir deine Hand.« »WAS?!« Mein Bauch zog sich urplötzlich zusammen, als hätte ich einen Bienenschwarm verschluckt. Was war denn das für eine Aufforderung?! »Ja, jetzt mach schon! Ohne Licht verlieren wir uns sonst. Und das ist das Letzte, was wir gerade brauchen können.« Durch die Finsternis hindurch spürte ich, wie er nach meinem Arm griff. Ich ließ es geschehen, zu angespannt vor Herzrasen, um etwas dagegen unternehmen zu können. Sogar meine Stimme wollte mir nicht mehr gehorchen und somit war mir selbst ein bissiger Kommentar unmöglich. Warm und erstaunlich schlank schloss sich seine Hand um die meine. In mir pochte es so laut, dass ich befürchten musste, er würde es bemerken. Doch er zog mich einfach weiter, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Vielleicht war es besser, dieses Bisschen an Nähe stumm zu genießen und mir vorzustellen, wir wären mehr als nur zwei Kameraden, die sich regelmäßig in die Haare kriegten. Was er sich da eigentlich traut? Ich könnte genausogut auf die Idee kommen, ihm die Finger zu brechen und dann hätte es sich für eine Weile ausgekocht. Aber selbst wenn ich das vorgehabt hätte, ich hätte es niemals in die Tat umsetzen können. Zu weich und schutzbedürftig spürte ich seine Hand an der meinen. Wenn es nicht so auffällig gewesen wäre, hätte ich ihm zu gerne mit dem Daumen über den Handrücken gestrichen; einfach nur, um ihm zu zeigen, dass er nicht alleine und ich sehr wohl zu mehr als nur Hass- und Rachegefühlen in der Lage war. Plötzlich hielt er an. »Was ist?« »Hier ist der Gang zu Ende.« Ich hörte ihn gegen die steinerne Wand klopfen, woraufhin ich meine noch freie Hand ausstreckte. Tatsächlich, direkt vor uns lag nur eine Sackgasse. »Das ist doch komisch«, überlegte der Koch, »Ein schnurgerader Gang ohne Abzweigungen und ohne offensichtliche Fallen in einer so riesigen Pyramide. Irgendwas stimmt da nicht.« Meine rechte Hand fuhr über eine seltsame Erhebung an der Mauer. »Koch, ich hab einen Schalter gefunden!« »Lass ihn besser in Ruhe. Wer weiß, was der...« KLICK! Es war schon zu spät. Ohne zu zögern, hatte ich ihn in die Wand hineingedrückt. »Oh, du Spinner!!! Was, wenn...!« Ein felsiges Knirschen übertönte ihn. Langsam setzte sich irgendein Automatismus in Bewegung. Ein Strahl warmen Lichts blendete mich und die Wand, die uns bisher den Weg versperrt hatte, verschwand unaufhaltsam im Boden. Letztendlich gab sie den Blick auf eine hell erleuchtete Halle frei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)