Das ist mein Geheimnis.
Wütend schlug das Mädchen mit ihrer geballten Faust auf den Baum. Sie musste mehr trainieren, das war es!
Wieder bekam der alte Kirschbaum ihre Kraft zu spüren, diesmal in Form eines Fußkicks.
„Sakura, was machst du denn da? Willst du etwa den Bäumen das Fürchten lehren?“ fragte Kakashi, der gerade auf die Lichtung kam, auf der die Rosahaarige trainiert hatte.
„Ich“ schrie Sakura, die mit einem weiteren heftigen Schlag gegen den Baum diesen zu Fallen brachte, „trainiere!“
„Aha“ sagte daraufhin geistesabwesend ihr Lehrer. Seine Gedanken drehten sich einzig und allein um die neue Ausgabe vom >Flirtparadies< welche heute auf den Markt kommen würde. Wer weiß, vielleicht kam genau in diesem Moment die gerade frisch gedruckte Ware in einem der Buchläden in der Stadt an?
„Ich…bin dann mal weg, Sakura. Ich habe noch Wichtiges zu tun… ich, als vielbeschäftigter Mann. Man sieht sich!“ mit diesen Worten war er verschwunden.
Das Mädchen seufzte und legte sich auf den Boden, der durch die heiße Sommerluft angenehm warm geworden war. Vollkommen aus der Puste richtete sie ihren Blick gen Himmel und sank in ihre Gedankenwelt ab.
Erst vor Kurzem war sie von einer Mission zurückgekehrt. Neji, Hinata und ein anderer Ninja, welchen sie nicht kannte, hatten sich auf den Weg nach Kirigakure gemacht, um einen feindlich gesinnten Spion auszuschalten.
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„Sakura, hinter dir!“ schrie Neji plötzlich. Das Mädchen drehte sich um, und blitzschnell rettete sie sich vor einer riesigen Welle von Shuriken, die gerade auf sie zu gerast kamen. In dem darauf folgenden Kampf musste Neji ihr immer wieder auf die Sprünge helfen. Der Gegner war stark, doch letztendlich schafften die Ninjas es doch, ihn gefangen zu nehmen. Auch wenn alles gut gelaufen war und alle Teammitglieder die Mission ohne nennenswerte Verletzungen abgeschlossen hatten, für Sakura war es doch eine kleine Niederlage gewesen.
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Grübelnd blickten ihre smaragdgrünen Augen starr auf den wolkenlosen Himmel. Warum waren nur alle besser als sie? Egal, wie lange sie übte, niemals würde sie Naruto oder gar Sasuke einholen, dessen war sie sich sicher. Aber Neji…
Die Erkenntnis, dass sie im Kämpfen in dem Schatten des Hyuugas stand, machte sie nicht gerade glücklich. Sie schloss die Augen.
Wieso konnte sie nicht so gut sein? Sie wünschte sich, sie wäre es.
Nun, gut, sie besaß weder ein seltenes Kekkei Genkai, noch lebte ein furchterregendes Monster in ihr. Trotzdem… wieso hatte sie kein Byakugan? Das war so unfair!
„Wieso kann ich keine supertolle Geheimtechnick drauf haben, nur ich nicht?“ fragte sie den Himmel, von dem überraschenderweise auch eine Antwort kam.
„Bist du etwa neidisch?“ antwortete der Himmel aus Sais Mund.
Sakura öffnete die Augen.
„Das war eine rhetorische Frage, Sai. Und außerdem... solltest du dich lieber um deine eigenen Angelegenheiten kümmern. Und jetzt verschwinde.“ Knurrte sie.
Doch Sai rührte sich nicht, im Gegenteil, er setze sich neben Sakura auf das weiche Gras.
„Ich kämpfe auf meine Art. Ich erwecke meine Bilder zum leben, mache, das sie durch meine Pinselstriche ihre eigenen Wege gehen können. Auch Naruto hat seine eigene Weise zu gewinnen. Ebenso wie jeder Ninja hier. Yamato hat seine Holz-Jutsu, Sasuke sein Sharingan. Und du...“ Sai lächelte. „... du hast deine gruseligen Bärenkräfte.“
Sakura ignorierte geschickte seine letzten Worten und schloss abermals ihre Augen.
Sai hatte Recht. Jeder kämpfte auf seine eigene Weise, auch Neji und ihre Wenigkeit. Erstere hatte nun mal das Byakugan und war damit klar im Vorteil, doch ihrer selbst hatte auch so einiges drauf.
Wie von der Tarantel gestochen sprang sie auf, rannte zu dem nächsten großen Baum und lief dessen Baumstamm entlang. Kurz darauf stieß sie sich ab um mit einem eleganten Rückwärtssalto kopfüber ihre Faust in den harten Boden zu hämmern. Grinsend blickte sie auf die riesige Erspalte, die die Wucht des Aufpralls erzeugt hatte.
Stimmt schon, Sakura hatte Bärenkräfte. Doch da war noch etwas.
Da war die größte Stärke, der größte Ansporn den es geben konnte, der sie immer weiter antrieb, bis zum Ende- oder zum Ziel.
Egal, wie lange sie es sich wünschen würde, wie Neji zu sein, mit ziemlicher Sicherheit würde sie nicht eines Tages aufwachen und das große Ninja-Genie Neji Hyuuga sein. Niemals.
Doch trotzdem wollte sie weiterhin den talentierten Ninja von dem alle sprachen, überholen in seinen berüchtigten Ninja-Künsten.
Und das war ihr Geheimnis.
Sie rannte blitzschnell auf einen riesigen Steinhügel zu.
Ihr Geheimnis war... Neid.
Ihre zur Faust geballte Hand traf mit voller Wucht den gigantischen Stein, der kurz darauf in tausend Einzelstücke zersprang.
Der Neid war ihr Ansporn, ihr Grund, weiter zu machen, um eines Tages besser zu sein wie alle Anderen. Die reine Vorstellung davon, nicht mehr im Schatten der Größten zu stehen.
Und dieser Traum trieb sie an.