Don't die in front of the Idiots von Bleeding_Rose ================================================================================ Kapitel 4: Advent wird auf die Bühne gebeten! --------------------------------------------- Ich versuche mich anzuschleichen so gut es geht. Er steht zum Glück mit dem Rücken zu mir. Vielleicht hat er es gar nicht gesehen? Das wäre gut für ihn. …aber ich kann das Risiko nicht eingehen auch nur einen vermutlichen Zeugen laufen zu lassen. Ich lege schon mal die rechte Hand um den Griff meines Katanas, das ich - praktischer weise - auf dem Rücken trage. Ich gehe langsam Schritt für Schritt auf ihn zu. Er scheint mich nicht zu bemerken. Ich traue diesem Schein aber nicht. Nun liegen nur noch zwei Laternen zwischen uns. Er macht offenbar etwas, aber ich kann nicht erkennen was es ist. Ich bereite mich schon darauf vor unter Beschuss zu stehen und spanne meine Muskeln an. Ich nähere mich ihm noch weiter. Was macht er da? Es sieht sehr suspekt aus, von hinten. Nun trennen uns nur noch ein paar Meter. Mein Griff verstärkt sich. Dann dreht er sich um. Ich zücke reflexartig mein Schwert. Ich halte den Griff mit beiden Händen, die Spitze ist zirka 25 Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Ich habe einen festen Stand um jeder Zeit nach vorn zu springen und es ihm in den Oberkörper zu rammen. Doch er grinst nur. Was er in den Händen hält sind ein Zeichenblock und ein Stift. Dann sagt er, noch immer grinsend und mit Charisma: „Du hast wirklich schöne Augen.“ Er lacht leise. „Macht es dir was aus wenn ich sie Zeichne?“ Dabei legt er den Kopf etwas schief. Sein schulterlanges, rabenschwarzes Haar fällt leicht zur Seite. Seine grünen Augen sehen mich fragend an. Und das während ihm ein Schwert vor die Nase gehalten wird?! „Ich heiße Advent.“ Ich bin so überrascht, weil er mit mir redet, dass ich einfach antworte. „Was ist das denn für ein Name!?“ „Das ist Latein und bedeutet Ankunft. Ist das nicht hübsch?“ Er schmunzelt noch immer. Der Drang ihm den Kopf abzuschlagen verstärkt sich, nur um dieses dämliche Grinsen nicht mehr sehen zu müssen. „So, ich bin fertig. Gefällt es dir?“ Ich hab gar nicht mit bekommen, dass er mich gezeichnet hat. Doch ich muss zugeben, er hat ein gutes Händchen dafür. Jetzt kommt mir ein Gedanke. „Wieso bist du um diese Uhrzeit noch hier, mit diesem Zeug da?“ Sehr verdächtig… „Ich bin Künstler und habe nach einer neuen Muse gesucht. Und die hab ich nun auch gefunden. Darf ich nach deinem Namen fragen?“ Ist das sein ernst? Wir haben uns nicht von der Stelle gerührt. Ist der Kerl größenwahnsinnig? Ich könnte ihn mit einem Schlag außer Gefecht setzten, und dass obwohl er trainiert aussieht. Vielleicht ein bisschen dünn, aber trotzdem muskulös. Er lächelt mich noch immer an. Inzwischen ist es schon richtig gruselig. Peng! Die Kungel fliegt direkt neben meinem Gesicht vorbei und verfehlt auch das von diesem Künstler-Typen. Jedoch streift sie seine Haare. Jetzt kommt es ihm zugute, dass er seinen Kopf schief hält. „Polizei! Drehen sie sich um und legen sie die Waffe nieder!“, höre ich jemandes in der Ferne aus der Richtung des gesichtslosen, toten Mädchens rufen. „Mist!“, zische ich. Der nächste ´Warnschuss` folgt, prallt irgendwo ab und zerstört die Laterne neben uns. Ihr Licht erlischt. „Schnell, in die Seitenstraße dort. Ich kenne eine Abkürzung zur nächsten U-Bahn.“, sagt mir dieser… dieser… Hey! Er hat mich einfach am Handgelenk gepackt und schleift mich jetzt hinter sich her. Der Polizist hat sich in Bewegung gesetzt und schießt ununterbrochen auf uns. Hoffentlich hat er mein Gesicht nicht gesehen! Während ich, aus unerklärlichen Gründen, diesem ´Hippie´ nachlaufe, stecke ich mein Katana wieder weg. „Hier lang!“, ruft er mir über die Schulter zu. Ich höre die Schritte des Polizisten, der uns im Nacken sitzt. „Wir müssen ihn abhängen! Wann fährt der nächste Zug?“ „In drei Minuten, wenn ich den Fahrplan noch richtig in Erinnerung habe.“ Es wundert mich, dass er noch nicht außer Atem ist? Wir sind wohl beide Ausdauerläufer. Der Polizist fängt wieder zu schießen an. Die Querschläger fliegen umher und er wird scheinbar schneller. Mist! Ich hatte mir geschworen, mich nie von Emotionen beeinflussen zu lassen. Damit handelt man sich immer Ärger ein. Aber rückgängig machen kann man eh nichts im Leben. Also wo ist die Saftpresse? Jetzt mache ich Zitronensaft par moi! Wir biegen links, rechts, links und dann noch mal links ab, dann sehen wir schon das beleuchtete Schild, welches den Eingang zur Untergrundbahn markiert. Ich bin mir nicht sicher ob der Mann uns noch folgt. Wir rennen die Treppe runter, gleich in den nächsten Zug, nur weg von hier. Der Wagon ist leer, so wie die meisten um diese Zeit. Ich lasse mich auf einem Sitz niederplumpsen. „Du scheinst dir einen netten Verehrer geangelt zu haben“, meint diese Witzfigur, die sich neben mich setzt. Ich starre aus dem Fenster und gebe ihm keine Antwort. Er hat schon wieder seinen Stift in der Hand und malt. Es scheint wirklich seine Passion zu sein. Ich gehe das Geschehene noch mal durch… Es ergibt keinen Sinn. „Weshalb bist du nicht weggerannt, oder zumindest ausgeflippt? Warum hast du nicht geschrien, wie jeder andere es getan hätte?“ „Ich bin halt anders, als jeder andere“, sagt er während er ganz vertieft weiter zeichnet. Ich weiß nicht, wie dieser Typ drauf ist. Das kann zu einem Problem werden. Ich sollte ihn wirklich umlegen! Es ist immer besser nichts zu riskieren. Aber vielleicht würde ich mir da eine Chance durch die Lappen gehen lassen… All diese Gedanken, und noch einige mehr, gehen mir jetzt durch den Kopf. Er zeichnet unbeirrt weiter. Advent… „Weißt du, jeder von uns hat doch seine Geschichte zu erzählen…“, beginnt er mit einer monotonen Stimme. „Ich zum Beispiel habe nie meinen Vater kennengelernt. Er ist nach meiner Geburt verschwunden und hat meine Mutter auf einem Schuldenberg sitzen lassen.“ Ich sehe ihn an. Er konzentriert sich auf seine Zeichnung. „Und dann, als sie endlich alles abbezahlen konnte, ist sie schwer erkrankt. Sie hat 3 Jahre im Krankenhaus verbracht, bis sie letztlich starb.“ Ich weiß nicht was ich jetzt sagen oder welchen Gesichtsausdruck ich machen soll. Ich nehme mein Standartmodell: unbekümmert. „Sie hatte eine sehr herzliche Persönlichkeit… Aber“, er lächelte mich mit geschlossenen Augen an, „das alles ist vergangen. Hier, wie findest du es?“ Ich betrachte schon wieder ein Porträt von mir. Was bildet er sich ein? Wenn das jemand sieht bin ich dran! Ich zerknülle es und sage gleichzeitig: „Es ist wunderschön. Kann ich das andere auch haben?“ Und ohne mich um ihn zu scheren nehme ich es auch noch und mache das gleiche wie mit dem vorherigen. Ich stecke beide in die Taschen des Blazers den ich an habe. (Hihi! Ich bin ausgefuchst, denn ich habe mir eine Uniform von einer anderen Schule besorgt. Sie ist schwarz. Das passt perfekt!) Ich werde sie später verbrennen. „Ich freue mich, dass sie dir gefallen.“ Dieser Typ ist echt anders…Ich beschließe ihm aus diesem Grund zu vertrauen, aber ich behalte immer meine Skepsis im Hinterkopf. „Ich heiße Say…“ Ich werde von lautem Gebrüll unterbrochen: „NEIN! Lass mich los! Hilf…“ Wir springen auf und sehen durch das Fenster in der Tür, durch die man in den nächsten Wagon kommt, eine Frau mit einen schäbig aussehenden Mann stehen. Er hält eine Damenhandtasche in einer Hand, mit der anderen verschließt er den Mund der Frau. Ich kann den Angreifer hören: „Na, na, meine Leibe. Wer wird denn gleich so laut herum Schreien.“ Er lächelt sie an. Jetzt wirft er die Tasche weg und packt sie fester. Er drückt sie gegen die U-Bahn-Wand. Nun packt die Hand, die ihr zuvor noch den Mund verschloss, ihr Gesicht. Die andere… Ich will es nicht wissen. „Komm schon mein Herzchen, lass uns ein bisschen Spaß haben!“ Er lacht leise. In den weit aufgerissenen Augen der Frau kann man ihr Fassungslosigkeit und Angst sehen. Ehe ich darüber einen Gedanken verliere, ziehe ich meine Beretta 92 hervor und schieße auf diesen perversen, dreckigen Abschaum. Der Schuss geht durch das Glas und trifft ihn an der richtigen Stelle. Der Mann fällt zu Boden, das Blut spritz. Dabei lässt er endlich die Frau los, die zusammensackt. Verdammte …! Jetzt ist es wieder geschehen. Ich beginne mich langsam zu hassen! In zwischen hat der Zug die nächste Station erreicht. Sobald diese blöden Türen aufgehen hechte ich hinaus, es sind wie erwartet keine Menschen dort. „Jetzt warte doch mal!“ Oh, ja sicher dieser Aufforderung komme ich sofort nach! Ich bin zu verwirrt heute, um mich noch mit diesem verrückten Künstler abzumühen. Ich beschließe, nach dem ich wieder an der Oberfläche bin und mich orientiert habe, loszurennen und zwar bis zu mir nach Hause. Ich habe das Gefühl, dass ich das gerade brauche, um einen klaren Kopf zu bekommen. Der U-Bahnzugang ist schon verschwunden, aber ich glaube die ärgerlich Stimme von Advent zu hören, der ruft: „Hey, Say!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)