Ikanai de! von Shatai (Don't leave me!) ================================================================================ Kapitel 4: Heartbeat -------------------- Die Woche ging überraschend schnell vorüber und es war den Schülern des Internats möglich, über das Wochenende nach Hause zu fahren. Feli tat das meist nicht, sie blieb lieber im Internat. Riot hatte ihr vorgeschlagen, eine alte Freundin zu besuchen. Sie hatte eingewilligt. Vielleicht würde es ja ganz witzig werden. Zwischen ihm und Francis war es die letzten Tage zum Glück zu keinen Zwischenfällen mehr gekommen. Sie konnte nur hoffen, dass es auch so bleiben würde. Freitagnachmittag klopfte Riot an Felis Tür, um sie abzuholen. "Na, alles startklar?" fragte er. Feli bejahte, schulterte ihre Tasche und folgte ihm hinunter vors Internat. Auf dem Schülerparkplatz steuerte er zielstrebig ein schwarzes Cabrio an, der deshalb unter den ganzen anderen teuren Autos so auffiel, da er sehr klein und schlicht war. Gentlemen-like öffnete Riot Feli die Tür: "Madmoiselle, bitte einsteigen!" witzelte er, stieg ebenfalls ein und fuhr langsam vom Internatsgrundstück. "Was für eine Freundin ist es denn?" wollte Feli neugierig wissen. Immerhin konnte es ja auch DIE Freundin sein. Feli konnte es sich auch nicht so recht erklären, aber diese Vorstellung störte sie. "Mya? Mya ist eine alte Freundin von mir, wir kennen uns schon über 10 Jahre. Sie hat früher in der Nachbarschaft gewohnt." Erklärte er und sah kurz zu ihr hinüber. Feli nickte. "Wir kennen uns in - und auswendig!" füge er hinzu. Feli schluckte. "In- und auswendig..." echote sie. Prüfend sah Riot sie abermals von der Seite an. "Was denkst du denn schon wieder?" Feli wurde rot. Jetzt hielt er sie sicher für einen Perversling. Was musste er sich auch so zweideutig ausdrücken. Und bei Jungs in seinem Alter wusste man ja nie... Erwartungsvoll sah er sie an, aber sie schwieg und sah starr gerade aus durch die Windschutzscheibe. Man sah ihr förmlich an, dass es sie brennend interessierte, wie genau sie sich kannten. Riot wartete noch ein Weilchen, bevor er weiter sprach. "Mya ist Lesbe..." Feli fuhr mit aufgerissenen Augen zu ihm herum. "Lesbe? Sie steht also auf Frauen?" rutschte es ihr eine Spur zu erleichtert heraus. "Das hört sich ja fast an, als wenn dich diese Tatsache beruhigt?" er grinste sie schelmisch an. So machte sie es ihm ganz leicht, den coolen Macker rauszuhängen. "Also... Also das behauptest jetzt aber du!" versuchte sich die tomatenrote Feli galant aus der Affäre zu ziehen. "Du glaubst wohl, jede wäre auf dich scharf?" Feli wechselte die Taktik von Ertappt auf Überlegen. Aber Riot zuckte nur mit den Schultern und grinste. "Weiß man's?" Feli schnappte nach Luft. So ein eingebildeter Fatzke aber auch! Oder hatte er sie wirklich durchschaut? Wusste sie selbst denn überhaupt, was sie momentan fühlte? Feli sah auf ihre Hände, die sie auf ihrem Schoß überkreuzt liegen hatte. Sie wusste nicht warum, aber Riot übte eine sehr große Anziehungskraft auf sie auf. Aber verlieben? Nein, Feli hatte sich noch nie richtig verliebt und überhaupt, er passte doch gar nicht zu ihr. Er war Punk und sie in seinen Augen doch sowieso nur eine "Tussie". Unauffällig sah sie ihn von der Seite an. Hübsch war er, das musste man ihm lassen. Aber ein Mann musste mehr als nur gut aussehen, da war sie sich sicher. Riot stöpselte den Zigarettenanzünder ein. "Stört es dich?" meinte er und deutete darauf. Feli schüttelte den Kopf. Ein Raucher kam auch nicht in Frage. Die hatten gelbe Zähne und gelbe Finger. Riot fingerte eine Zigarette aus dem Päckchen und zündete sie am Zigarettenanzünder an. Er hat gar keine gelben Finger < fiel Feli sofort auf. Als sie weiter grübelte, fiel ihr auch ein, dass sie sie nicht daran erinnern konnte, dass er gelbe Zähne hätte. Aber trotzdem, kein Raucher! Schalt sie sich. Feli begann, das Schweigen unangenehm zu finden. Seit dem Gespräch über Mya schien die Stimmung irgendwie verändert. Auch Riot schien es ähnlich zu gehen, denn kurz darauf schaltete er den CD-Player an. Feli erwartete, dass gleich kreischende Gitarren aus den Boxen heulen würden. Stattdessen begann das Stück mit einem ruhigen Gitarrensolo. Tatsächlich war es eine Ballade. Feli wunderte sich. Sie hätte eher getippt, dass Riot Balladen schnulzig fand. "Gefällt es dir?" fragte er sie. Feli nickte. "Meine Band." Erwiderte er knapp und zog an der Zigarette. "Du spielst in einer Band?" wollte sie überrascht wissen. Er blies den Rauch aus dem Fenster und nickte. "Das ist unser neustes Stück..." sagte er und begann am CD-Player herum zu drücken. Nun kamen die von Feli erwarteten, kreischenden Gitarren. "Geil oder?" freute sich Riot. Ihm zuliebe nickte Feli lächelnd. Naja, eigentlich hörte es sich gar nicht mal so schlecht an. Er sah sie prüfend an. "Du lügst!" sagt er und zog eine Augenbraue hoch. "Ähhh " sagte sie, "nein, nein, es ist... ungewohnt... Das heißt aber nicht, dass es mir nicht gefällt!" stammelte sie. Sie war für ihn durchschaubar wie ein Glas. Das musste wohl für ein sehr sensibles Gemüt zeugen. Passt gar nicht so sehr zu seinem eher mackermäßigen Auftreten < wunderte Feli sich. "Eine andere CD hab ich momentan leider nicht im Auto." Entschuldigte er sich. "Nein, nein, ist schon ok. Ich sagte doch, es ist nur ungewohnt!" Sie lächelte ich an. Riot sah ihr kurz in die Augen und lächelte zurück. "Ok" Nach einer halben Stunde Fahrt, fuhr er von der Autobahn ab und drehte die Musik ein wenig leiser. "Jetzt ist es nicht mehr weit." Beruhigte er Feli. "Gleich die nächste Ortschaft..." Sie nickte. "Mya ist total in Ordnung, ich denke, ihr werdet euch gut verstehen!" erwähnte er. Feli war schon sehr gespannt, wie diese Mya denn war. Sie schien ihm ja sehr viel zu bedeuten. Während sie noch überlegte, kam Riot vor einem großen Mehrfamilienhaus zu stehen. "Wir sind da!" rief er fröhlich. Sie stiegen aus und Feli folgte Riot, der zielstrebig die Treppen vor der Tür ansteuerte und klingelte. Kurz darauf hörte man Schritte im Treppenhaus und die Tür wurde von einem schlanken Mädchen aufgerissen, dass Riot sofort jubelnd um den Hals fiel. Es hatte quietschgrüne, verwuschelte Haare, saphirblaue Augen (Feli tippte auf Kontaktlinsen), eine weite, schwarze Hose und ein weißes Armytop an. Das musste Mya sein. Sie und Riot lagen sich immer noch jubelnd in den Armen. Riot bemerkte Felis Blick auf sich und löste sich von Mya. "Mya, darf ich vorstellen? Meine Mitschülerin Feli!" sagte er und deutete auf Feli. "Feli, das ist Myaka!" Er strahlte und Feli fiel es schwer zu glauben, dass sie wirklich nicht auf Männer stand. "Hallo" lächelte Mya "Freut mich!" und schüttelte Feli die Hand. "Mich auch!" grinste Feli verlegen zurück. "Kommt doch rein! Na los!" rief Mya und winkte mit den Fingern, dass sie ihr ins Haus folgen sollten. Im zweiten Stock bat sie die beiden in ihre Wohnung. Riot sah sich staunend um "Das ist also deine neue Bleibe? Fett!" und Mya fügte erklärend an Feli gewandt hinzu "Ich bin erst kürzlich von zuhause ausgezogen." Feli nickte und sah sich ebenfalls um. Die Wohnung war sparsam aber dennoch sehr schön eingerichtet. Allerdings wirkte sie eher untypisch für ein Mädchen; in der Ecke stand eine Hantelbank, gegenüber ein Fernseher mit Konsole, auf dem Schreibtisch ein aufgeschraubter Computer. An der Wand hing ein großes gerahmtes Bild von einem hübschen Mädchen mit blonden Locken. Mya, die Felis Blick gefolgt war, erklärte "Momo, meine Freundin" und lächelte sie verschmitzt an. Feli nickte. Irgendwie fühlte sie sich erleichtert. Nein, das musste sie sich nur einbilden. Immerhin konnte es ihr ja egal sein mit wem Mya zusammen war, selbst wenn es Riot war. "Sie ist leider gerade in Kanada auf Studienfahrt," fügte sie hinzu. "Vielleicht fängt sie auch an, dort zu studieren..." setzte sie wehmütig dazu. Dann stand sie auf, um Tee zu holen. "Was haltet ihr davon, wenn wir nachher etwas leckeres kochen und später ins Kino gehen?" schrie sie aus der Küche. Riot sah Feli fragend an "Na was hältst du davon?" "Hört sich gut an" erwiderte Feli und tatsächlich wurde es auch ein witziger Nachmittag. Das Essen, das sie zusammen gekocht hatten, schmeckte vorzüglich und über den Film lachten sie Tränen. Riot hatte Recht gehabt, Mya war schwer in Ordnung. Sie war sehr nett und unkompliziert. Gastfreundlich zog sie für die beiden ihr Sofa aus. "Tut mir Leid... Ich habe sonst keine andere Schlafmöglichkeit!" entschuldigte sie sich verlegen. "Macht doch nichts" grinste Riot, "Oder Feli?" Feli sah von einem zum anderen und dann wieder zum Sofa. Hatte sie das jetzt richtig verstanden, dass sie zu zweit auf diesem kleinen Ding schlafen würden? "Ähhh, nein, natürlich macht es nichts!" stammelte sie schnell. Sie wollte sich ihre Verlegenheit nicht anmerken lassen, damit Riot sie nicht wieder damit aufzog. Vor allem vor Mya wäre ihr das sehr peinlich gewesen. "Fein" lachte Mya und verschwand nach nebenan. Einen Augenblick später streckte sie ihren Kopf noch einmal aus der Tür und kicherte: "Aber dass ihr mir hier anständig bleibt!" Dabei sah sie Riot durchdringend an. Feli war es, als wäre er leicht zusammengezuckt. Dann kicherte er ebenfalls. "Immer doch!" und zwinkerte ihr zu. Länger als nötig lies sie ihren Blick auf ihm ruhen, bevor sie wieder verschwand. Feli registrierte es missbilligend. Was denke ich schon wieder? < schalt sie sich. >Mya steht nicht auf Kerle, hat eine Freundin und mag Riot einfach nur... Kein Grund also, sich aufzuregen! < versuchte sie sich zu beschwichtigen. Demonstrativ schüttelte sie den Kopf. Riot sah sie an. "Machs dir bequem, ich schlafe auf dem Boden!" und nahm sich eine der beiden Decken, die Mya ihnen bereit gelegt hatte. Feli sagte gar nichts. Riot sah sich suchend nach einem Plätzchen um, was gar nicht so einfach war, da überall entweder ein Möbelstück stand, oder Konsolenspiele herumlagen. Feli grinste und klopfte neben sich auf das ausgezogene Sofa. "Du kannst auch hier schlafen... " sagte sie und spürte, wie sie rot wurde. "Aber nur, wenn du anständig bleibst!" versuchte sie alles mit einem Witz zu überspielen. Riot grinste "Ich versuch's" und zeigte ihr das Victory-Zeichen. Feli stand auf und ging ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Als sie umgezogen zurück kam, lag Riot schon auf dem Sofa. Sie schaltete das Licht aus und krabbelte vorsichtig ebenfalls aufs Sofa. Schüchtern drängte sich an das andere Ende und legte sich mit dem Rücken zu ihm. "Gute Nacht!" murmelte sie. Feli war die Situation mehr als unangenehm... wie sie da lagen, in einer fremden Wohnung auf einem aufgeklappten Sofa.... So nah und doch noch so weit voneinander entfernt. "Feli?" kam es aus dem Dunkeln. "Hm?" machte sie. "Bevor du vom Sofa fällst... ich beiße nicht!" Feli erstarrte... Was sollte sie tun? Sie rang mit ihrem Herzen und ihrem Gewissen. Letztendlich war es Riot, der die Sache entschied. Sanft schob er seinen Arm unter ihre Hüfte und zog sie in die Mitte des Sofas. "Nicht dass ich am Ende schuld bin, wenn du raus fällst!" flüsterte er. Feli blieb stumm liegen. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie dachte, er müsste es hören. In ihr machten sich tausend Gefühle breit. Und was war das, was so in ihrer Magengrube kitzelte? Riot riss sie aus ihren Überlegungen und flüsterte leise: "Also, Gute Nacht, Süße! Schlaf gut!" Feli merkte, wie ihr abermals das Blut in den Kopf schoss. Sie drehte ihren Kopf zu ihm: "Du auch!" Trotz des spärlichen Lichts, das durch die Fenster fiel, konnte sie sehen, wie er sie ansah. Einige Sekunden, die ihr wie eine kleine Ewigkeit vorkamen, hielt sie seinem Blick stand. Doch dann drehte sie sich abrupt um. Die gleiche Situation wie im Park... Feli hatte Angst, dass es wieder zu so einer peinlichen Situation kam. Aber war das nicht schon wieder ein deutlicher Vorbote eines Kusses gewesen? Hätte sie sich nicht weggedreht, hätte er dann...?? Feli wusste es nicht. Von Riot hörte sie eine ganze Weile keinen Mucks. Er musste wohl schon eingeschlafen sein. Während Feli weiter über ihre Gefühle nachdachte, drehte er sich im Schlaf und legte den Arm um sie. Feli lief ein wohliger Schauer über den Rücken. Auf der anderen Seite wusste sie nicht, ob es richtig war, es zu dulden. Sie konnte seinen Atem in ihrem Nacken spüren. Feli lag ganz still und stumm da, da sie diesen wunderbaren Moment nicht zerstören wollte. Das sie sich dieses eingestand, musste wohl eines bedeuten: Sie war dabei, sich zu verlieben! Innerlich war sie hin und her gerissen. Doch dann gab sie sich einen Ruck und drehte sich zu ihm, um sich vorsichtig an ihn zu kuscheln. Zaghaft legte sie einen Arm um und zuckte zusammen - er hatte, als sie im Bad war, alles bis auf seine Boxershorts ausgezogen. Felis Hand auf seinem Rücken fühlte seine weiche, warme Haut und spürte, wie sich sein Rücken beim Atmen ganz leicht hob und senkte. Am liebsten hätte sie sich noch enger an ihn gekuschelt, tat es aber nicht, aus Angst ihn aufzuwecken. Aufgeregt und doch zufrieden lag sie wach, am liebsten würde sie für immer so liegen bleiben. Riot drückte sie im Schlaf noch mehr an sich. Feli hatte das Gefühl, ihr Herz würde gleich zerspringen. In ihrem Magen kribbelte es wie in einem Ameisenhaufen. "Ich glaub ich bin verliebt" flüsterte sie fast lautlos um nur wenige Minuten später an seiner Seite einzuschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)