Adventskalender 2012 von Walpurgisnacht (One-Shot Sammlung) ================================================================================ Kapitel 6: 06. Dezember (Harry Potter) -------------------------------------- Hier kommt der zweite Teil. Viel Spaß beim Lesen. _________________________________________________________________________________ Ohne dass ich es verhindern konnte, löste sich eine Träne aus meinen feuchten Augen und bahnte sich einen Weg über meine Wange gen Boden. Riddle, mein.., ja was nun eigentlich? Feind? Freund? Stellt mir die Frage später noch einmal. Vielleicht ist es mir dann möglich, sie zu beantworten. Jedenfalls hob sich die Hand meines Gegenübers Richtung meines Gesichtes und strich mit einem einzelnen Finger über eben diese, um die meinerseits vergossene Träne aufzufangen. Dann betrachtete er diese beinahe mit einem sanften Gesichtsausdruck, wenn dieser Mensch überhaupt dazu fähig war und leckte sie dann einfach von seinem Finger und blickte mir dabei auch noch geradewegs in die Augen. Und da er immer noch leicht zu mir geneigt war, konnte ich seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren, was mich unweigerlich erschauern ließ und mir doch tatsächlich die Röte auf die Wangen trieb. Woran ich das merkte? Mir kroch die Hitze förmlich den Hals hinauf. Peinlich berührt schloss ich die Augen und neigte den Kopf Richtung Boden. Riddles Schmunzeln konnte ich förmlich aus seiner Stimme heraushören, als er erneut das Wort an mich wandte: „Ich weiß, dass du verwirrt bist, Harry. Zu gegebener Zeit werde ich dir alles, was du wissen musst, erklären. Aber jetzt möchte ich erst einmal, dass du dich etwas ausruhst.“ Unwirsch wischte ich mir über die nassen Wangen und versuchte meine Stimme, als ich meinem Ex-Feind antwortete, fest klingen zu lassen, wobei ich aber eindeutig scheiterte, als mir am Ende die Stimme wegbrach. „Ich will mich nicht ausruhen. Habe ich schließlich die letzten Stunden gemacht.“ Daraufhin spürte ich, wie sich Riddle unweigerlich noch weiter in meine Richtung neigte und nun seine Brust bei jedem Atemzug die meine streifte. Nicht nachgeben wollend, blieb ich, wo ich war, wollte ihm nicht die Genugtuung geben, dass mich seine Nähe aus der Fassung brachte. „Dann werde ich mich jetzt mit dir befassen“, hauchte es an meinem Ohr. Für mich hörte es sich fast nach einem Versprechen an. Dann, als ich gerade auf den eben ausgesprochenen Satz reagieren wollte, schlangen sich diese starken, muskulösen Arme um meinen doch recht zierlichen Körper und, ohne dass ich seine Absichten hätte voraussehen können, befand ich mich eine Sekunde später auch schon auf den Armen von Riddle. Schon fast bestimmend presste er mich an seinen Körper, hielt mich regelrecht besitzergreifend fest, während ich ihn nur sprachlos und mit offenstehendem Mund anstarren konnte. Mein Anblick zauberte der angeblich größten Gefahr der Zauberwelt ein so süßes Lächeln auf die Lippen, dass ich unweigerlich auf diesen sinnlich geschwungenen Mund mit den vollen Lippen starren musste. Riddle neigte seinen Kopf erneut zu mir herunter. Und wenn ich bis jetzt noch nicht rot angelaufen war, dann machte ich jetzt der reifsten Tomate Konkurrenz. „Dafür haben wir später noch genug Zeit“, flüsterte er mir so zart entgegen, dass ich es nicht missverstehen konnte. Dafür sahen mich seine Augen regelrecht hungrig an, als wenn er sich Jahrelang nur von Tofu ernährt und nun ein saftiges Steak vor sich auf dem Teller hatte. Der sich lösende Schwarm aus Schmetterlingen in meinem Bauch, versuchte ich gar nicht erst aufzuhalten. Stattdessen schlang ich meine bis jetzt herabhängenden Arme vorsichtig um Riddles Nacken. Dabei streifte ich seine langen, schönen Haare, die sich regelrecht seidig anfühlten. Er nahm dies alles mit immer noch diesem Lächeln auf den Lippen hin und wandte sich dann an die um uns herumstehenden Menschen zu. Erst jetzt wurde mir wieder bewusst, dass wir gar nicht alleine in dem großen Wohnzimmer waren und schmiegte mein Gesicht an die Schulter meines Ex-Feindes, um den neugierigen und fast glücklichen Blicken entgehen zu können. „Ich werde mich zurückziehen und wünsche bis zum Abendessen nicht gestört zu werden“, stellte Riddle die Anwesenden vor vollendete Tatsachen und wandte sich bereits zum Gehen. Doch dann erstarrte er mitten in der Bewegung und festigte den Halt um mich. Mit einem Blick über seine Schulter richtete erneut das Wort an die Bewohner und Gäste des Hauses: „Und tut mir bitte den Gefallen und beschäftigt meine Eltern ein wenig. Es reicht, wenn Harry einen Schock für einen Tag bekommt. Und dich Narzissa bitte ich, für Harry etwas zu Essen von den Hauselfen zusammenstellen zu lassen und auf unser Zimmer zu bringen. Soweit ich mich entsinne, hatte der Kleine noch nicht mal ein Abendessen, als wir ihn aus Hogwarts mitgenommen haben.“ „Selbstverständlich, Tom. Den Auftrag habe ich bereits weitergeben und das Essen müsste auch schon im Zimmer aufgedeckt worden sein.“ „Danke.“ Dann verließ Riddle mit mir auf seinen Armen das Wohnzimmer endgültig. Die nun folgenden Gänge und Abzweigungen versuchte ich mir erst gar nicht zu merken. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf meine Atemzüge gleichmäßig zu halten und mein wild pochendes Herz vom Zerspringen abzuhalten. Allein mit dieser Person in einem Raum zu sein, gehörte nicht unbedingt zu den Dingen, die ich bis jetzt mit ihm vorhatte. Und mich an den hungrigen Blick erinnernd, glaubte ich nicht, dass Riddle lediglich mit mir reden wollte. Oh nein, reden war, glaube ich, das Letzte, was dieser überraschend gut gebaute und auch noch sehr ansehnliche Mann mit mir vorhatte. Nervös schluckte ich, da meine Kehle plötzlich staubtrocken war. Hatte ich schon erwähnt, dass ich, lassen wir den feuchten Kuss von Cho mal außen vor, keine Erfahrung weder mit Mädchen noch mit Jungen vorweisen konnte? Völlig schockiert darüber, wohin meine Gedanken liefen, schnappte ich nach Luft. Ich dachte, doch jetzt nicht ernsthaft daran mit meinem Feind, Entschuldigung Ex-Feind, ins Bett zu gehen, oder? Langsam fing ich wirklich an, an meinem hoffentlich gesunden Menschenverstand zu zweifeln. Bloß weil Riddle mich zur Abwechslung mal nicht versuchte mich umzubringen dachte ich gleich an so etwas. Vielleicht würde er das mit dem Foltern und Töten noch nachholen, obwohl ich mittlerweile erheblich Zweifel hatte. Warum sollte er sich sonst schon so „rührend“ um mich kümmern? Das war doch mehr als unnötig. Vielleicht war er auch ein Masochist? Bei ihm würde mich schließlich nichts mehr wundern. Je in meinen Gedankengängen unterbrochen, fand ich mich auf einer weichen Matratze liegend wieder, Riddle an meiner Seite sitzend. Irritiert starrte ich ihn an, während er mich stumm musterte. Allmählich wurde mir dieses Starren unangenehm und ich versuchte eine aufrechte Haltung einzunehmen, damit ich nicht völlig ungeschützt vor ihm lag. Doch noch während ich mich versuchte aufzusetzen, spürte ich sofort zwei große, warme Hände auf meinen Schultern, die mich sanft, aber bestimmend, wieder zurück auf das Bett drückten. Reflexartig griff ich nach den Händen, die mich festhielten, ließ mich aber widerstrebend hinlegen. Sorgsam achtete Riddle darauf meine Schultern nicht mit seinem ganzen Körpergewicht zu belasten, sondern nur so stark, dass ich nicht versuchen würde, mich erneut aufzusetzen. Mein Blick suchte den seinen, um eine Antwort auf meine unausgesprochene Frage zu bekommen. Ungerührt erwiderte mein Gegenüber den Blick. „Bleib liegen. Ich will dich ansehen.“ Überrascht über diesen Befehl, denn etwas anderes war es nicht, fügte ich mich und sah wie die Augen anfingen jeden Quadratzentimer meines Körpers abzutasten. Ich hatte mir nie viele Gedanken über mein Aussehen gemacht, warum auch, war ja nie jemand dagewesen, für den es sich gelohnt hätte. Doch jetzt, in dieser Situation, fragte ich mich plötzlich, was Riddle wohl sah. Einen schmächtigen Jungen, der etwas Muskeln durch das Quidditch angesetzt hatte, mit einer unbändigen schwarzen Haarpracht, smaragdgrünen Augen und dieser verfluchten Narbe auf der Stirn, die mir bis zum heutigen Tage mehr Ärger eingebracht, als von Nutzen gewesen war. Als wenn er meine Gedanken gehört hätte, beugte sich der schwarzhaarige Mann zu mir herab und drückte einen federleichten Kuss auf meine charakteristische Narbe. Seine Berührung brannte sich für immer in meine Seele, eine Erinnerung, die ich wie meinen Augapfel hüten würde. Wie von selbst lösten sich meine Hände von den seinen und stahlen sich auf die bekleidete Brust meines Gegenübers. Die Augen für diesen kostbaren Moment schließend, ließ ich meine Hände über die anschauliche Brust, über das Schlüsselbein und schließlich den Schultern wandern. Auf diese Berührungen reagierend drückte Riddle einen erneuten Kuss auf meine Stirn und arbeitete sich langsam und gemächlich meine Schläfe hinunter, meinen Kieferknochen entlang, was mich zurückzucken ließ, da ich da wirklich kitzlig war. „Nicht“, murmelte ich leise und versuchte den Kopf zu drehen, um diese Stelle vor weiteren Berührungen von ihm zu schützen. „Versteck dich nicht vor mir“, erwiderte Riddle auf meinen ausgesprochenen Protest und schaffte es trotz meiner Bemühungen, wieder an diese Stelle ranzukommen. Dieses Mal ließ sich ein Lachen meinerseits nicht mehr aufhalten und so bebte mein Körper, geschüttelt durch die Lachsalven. Noch immer die Hände auf seinen Schultern, versuchte ich ihn von mir wegzudrücken, während ich mich verzweifelt wand. „Bitte“, flehte ich glucksend. Mittlerweile standen mir von dem vielen herzhaften Lachen Tränen in den Augen und tatsächlich wurde mein Flehen erhöht. Riddle zog sich ein Stück zurück, bis wir uns gegenseitig ins Gesicht schauen konnten. Dann taten wir für eine lange Zeit nichts anderes. Ein recht herrisches Klopfen riss uns beide aus der Verzückung. Während ich erschrocken zusammenfuhr, richtete sich Riddle herrisch auf und sah so aus, als wenn er gerade am überlegen wäre, ob er die vor der Tür stehende Person umbringt oder gnädiger weise am Leben lässt. „Was?!“, brüllte er regelrecht. Obwohl ich schon geahnt hatte, dass dieser das Brüllen anfangen würde, da er nun mal laut verkündet hatte, nicht gestört zu werden, zuckte ich trotzdessen zusammen. Dies bemerkte auch mein Gegenüber und führte seine rechte Hand, ohne sich mir wider zuzuwenden, zu meinen zerzausten Haaren, um beruhigend durch diese zu streichen. Diese Geste beruhigte mich tatsächlich, sodass ich meine angespannten Muskeln zwang sich zu lockern. Auf der anderen Seite der Tür wurde Gemurmel laut, als wenn die Person leise vor sich hin schimpfen würde. „Verzeiht die Störung, Mylord. Ich wollte nur nach dem Befinden meines Patensohnes fragen“, hörte ich zweifellos Sirius Stimme ebenfalls durch die Tür brüllen. Waren die beiden nicht in der Lage ein Gespräch in normaler Lautstärke zu führen? Da musste man ja aufpassen, dass man nicht taub wurde. „Siruis Black“, schimpfte Tom. Oh Gott, jetzt fing ich sogar schon an ihn beim Vornamen zu nennen. „Würdest du bitte deine Gedanken aus der Gosse holen? Deinem Patenkind geht es gut und würde es sogar noch besser gehen, wenn ich ihm endlich alles erklären könnte, ohne gestört zu werden.“ Ein Schnauben war von der anderen Seite zu hören, was mich schmunzeln ließ, auch wenn ich es Sirius wirklich übel nahm, dass er mich in den Glauben gelassen hatte, dass er das zeitliche gesegnet habe. Aber das würde er schon früh genug zu spüren bekommen. Ich konnte sehr nachtragend sein, wenn ich wollte. „Ich schwöre dir, Tom“, wechselte Sirius mal eben die Höflichkeitsebene, „wenn ich dich mit Harry nicht umgehend am Essenstisch widerfinde, wirst du dir wünschen, nie geboren worden zu sein.“ Die Stirn runzelnd fragte ich mich, woher mein Patenonkel wissen konnte, dass wir an eben jenen genannten Tisch derzeitig nicht saßen, sondern das große, weiche Bett näher in Augenschein nahmen. Unter die Hellseher war er nach meinem Kenntnisstand noch nicht gegangen. „Entspann dich, Sirius. Ich werde schon nicht über ihn herfallen, zumindest nicht in der nächsten Stunde“. Die letzten Worte hauchte Tom nur noch, als wenn sie nur für ihn selbst bestimmt seien. „Das hoffe ich für deine Gesundheit, Tom“, erwiderte Tatze scharf. Das brachte Tom zum Lachen. Fasziniert beobachtete ich sein Profil von der Seite, so ungewöhnlich war diese völlig neue Nuance an ihm. Aber es stand ihm, musste ich feststellen und lächelte wie von selbst. Vor der Tür ertönten Schritte, die sich entfernten. Als die Schritte verklangen, wandte sich Tom mir wieder zu. Noch immer zierte dieses zauberhafte Lächeln seine Lippen. „Du hast einen sehr überbehütenden Patenonkel, Harry.“ „Hat er denn einen Grund dafür, überbehütend zu sein?“, fragte ich zaghaft und suchte mir schleunigst einen anderen Punkt, den ich meine Aufmerksamkeit schenken konnte. Eine warme Hand an meinem Kinn drehte mein Gesicht vorsichtig zurück zu Tom, der mir mit einem ernsten Blick begegnete. „Das hat er. Aber ich würde nie etwas tun, was du nicht möchtest, dass verspreche ich dir.“ Ich glaubte ihm, bedingungslos. Er ist ein gefährlicher Mann und würde auch immer ein gefährlicher Mann bleiben. Trotzdessen vertraute ich ihm auf einer Ebene, wie ich es nie für möglich gehalten hätte, als wenn plötzlich etwas vorhanden wäre, das vorher nicht da war. Stumm nickte ich. Für Tom schien es ausreichend zu sein, denn er erhob sich von der Matratze und winkte mir ihm zu folgen. Ich kam dieser Aufforderung nach und fand mich wenig später neben einen reichlich gedeckten Tisch stehend wieder. Tom rückte mir gentlemenlike den Stuhl zu recht, während ich mich setzte. Er nahm mir gegenüber Platz. Mein Ex-Feind ergriff den vor mir liegenden Teller und häufte mir von jedem Gericht eine Kleinigkeit auf den Teller. Ich fragte mich ernsthaft, wie ich all das Essen sollte. Als er den Teller dann wieder vor mich hinstellte und mir auffordernd in die Augen sah, griff ich zögerlich nach dem Besteck und fing an langsam zu essen. „Ich muss ehrlich gestehen, dass ich gar nicht wirklich weiß, wo ich anfangen soll“, eröffnete Tom das überfällige Gespräch. „Viele Dinge weißt du bereits. Es gibt in der Zauberwelt magische Wesen und die haben vorherbestimmte Gefährten. Manche laufen sich ein Leben lang nicht über den Weg, andere finden sich nach nur wenigen Jahren.“ Soweit konnte ich Tom folgen. Magische Wesen und Gefährten waren bis jetzt nur wenig bis gar nicht im Unterricht Thema gewesen. Also waren da noch dringend Bildungslücken zu schließen und das am besten schnell. „Wir begegneten uns bereits, als du nur wenige Monate alt warst. Deine Eltern besuchten Narzissa und Lucius eines Abends, um ihnen zu Dracos Geburt zu gratulieren. Du wurdest kurzerhand mitgenommen, um auch deinen Patenonkel sehen zu können und dich den anderen vorzustellen. Als ich dich dann das erste Mal sah, als deine Mutter sich gerade mit meinen Eltern unterhielt, wusste ich, dass du es bist. Lilly gab dich nur ungern aus ihren Armen, aber ich schaffte es schließlich, dich zu erobern und als du mich dann mit deinen smaragdgrünen Augen anlächeltest, war es um mich geschehen. Ich wollte mich zukünftig um dich kümmern und dich beschützen. Doch dann..“ Tom verstummte plötzlich und brachte mich dazu, aufzublicken. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein so schmerzlicher Ausdruck, dass ich das Bedürfnis verspürte, ihn zu trösten. Ich schluckte den Bissen, den ich gerade noch kaute, herunter und legte das Besteck beiseite. Langsam erhob ich mich und trat bedächtig an Riddles Tischseite. Zaghaft hob ich meine Hand, um Tom eine Strähne, die ihm ins Gesicht gefallen war, aus eben jenem zu streichen. Als hätte er meine Bewegung vorausgeahnt, fing er meine Hand ab und drückte sie sanft. Tom wandte sich mir zu und bedachte mich wieder mit diesem Lächeln. Automatisch lächelte ich zurück. Dann führte er meine Hand zu seinem Mund und drückte einen sanften Kuss in meine Handfläche. Scharf zog ich die Luft ein. Diese Berührung löste erneut einen Schwarm Schmetterlinge in meinen Bauch aus und brachte meinen Herzschlag zum Stolpern. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht beschützen konnte“, flüsterte Tom reuevoll. Ich schüttelte den Kopf. „Das muss es nicht. Ich bin mir sicher, dass gute Gründe für dein Handeln vorliegen. Und wenn du mich schon damals beschützt hättest, wäre ich nicht der Mensch geworden, der ich heute bin.“ „Du kannst wohl allem etwas Gutes abgewinnen“, schmunzelte er und zog mich dann auf einmal ruckartig an sich. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie Tom seinen freien Arm um mich geschlungen hatte. „Wenn es beutet, dass ich jetzt bei dir sein kann, dann gewinne ich gerne allem etwas Gutes ab“, flüsterte ich zurück und biss mir nervös aufgrund der Nähe auf meine Lippen. Toms Augen folgten reflexartig meiner unbedachten Geste. Er löste den Griff um meine Hand und führte seine Finger zu meinen Lippen. Ich stand ganz still da, wollte diesen kostbaren Moment nicht enden lassen. Vorsichtig fuhr er meine Lippen nach. „Nicht. Zerbeiß dir nicht deine schönen Lippen.“ Unwillkürlich lehnte ich mich in diese Berührung und küsste seine Finger. Daraufhin färbten sich seine blauen Augen auf einmal rötlich. Ich blinzelte mehrmals in dem Glauben, dass ich, aus welchem Grund auch immer, einen Fremdkörper im Auge hatte. Aber die Farbe blieb. „Deine Augen“, murmelte ich und hob meinerseits die Hand, um die Haut unter Toms Augen zu berühren. Gequält schloss er seine Augen und wandte den Blick von mir. „Tut mir leid. Es ist im Moment sehr schwierig mich zu beherrschen. Die Bindung ist noch zu frisch.“ Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Bindung?“ Tom seufzte. „Wir haben wirklich noch einiges zu besprechen. Aber vorerst solltest du aufhören so süß zu sein“, blickte er mich wieder an. Diese Aussage trieb mir zum wiederholten Male die Röte auf die Wangen. „Und du musst aufhören solche Sachen zu sagen.“ Belustigt grinste Tom mich an, zog mich noch näher an sich und schließlich behutsam auf seinen Schoß. Meine Arme fanden erneut ihren Weg in seinen Nacken. Als ich zu ihm aufblickte, berührten sich fast unsere Lippen, so nahe waren wir einander. „Du solltest weiter essen, bevor es kalt wird“, wisperte er an meinen Lippen. „Ich bin schon fertig“, wisperte ich ebenso zurück. Und dann überbrückte Tom die letzten uns trennenden Zentimeter und berührte mit seinen Lippen die meinen. Genussvoll schloss ich die Augen, wollte das Erlebnis in vollen Zügen genießen und mit jeder Faser meines Körpers spüren. Er war ganz behutsam, übte nur wenig Druck aus und die Zunge blieb wo sie war. Es sollte einfach ein ganz unschuldiger Kuss sein. Ich erwiderte den leichten Druck mit meinen Lippen, schmuste ganz sanft mit seinen. Dann löste sich Tom auch schon von meinen Lippen und der Kuss war vorbei. Ich ließ meine Augen noch kurz geschlossen, lächelte still vor mich hin. „An was denkst du?“, hörte ich ihn leise fragen. Schmunzelnd antwortete ich: „Als wenn du das nicht wüsstest.“ Ich wusste nicht, wie es sein konnte, aber Tom konnte meine Gedanken lesen oder zumindest erahnen. Ich vermutete, dass dies von unserer neuen Beziehung zu einander herrührte. „Stimmt. Ich wollte nur so respektvoll sein und dir die Möglichkeit geben, deine Gedanken laut zu äußern“, hörte ich seine Belustigung förmlich aus seiner Stimme. „Wie großzügig von dir“, öffnete ich meine Augen und blickte geradewegs in seine.“Finde ich auch.“ Das brachte mich zum Lachen. „Du bist wirklich überhaupt nicht von dir selbstüberzeugt, Tom.“ Wenn seine Augen vorher schon gefunkelt hatten, dann strahlten sie jetzt regelrecht. Verdutzt über diesen Anblick zog ich fragend eine Augenbraue hoch. „Was?“ „Du hast mich Tom genannt“, antwortete dieser ernst. Bedächtig nickte ich. „Ich bin begeistert: Du kennst deinen Namen“, antwortete ich in dem Versuch ihn von dieser ernsten Stimmung runterzubringen. Eben hatten wir schließlich noch herumgealbert. Da musste ich jetzt nicht wieder dem Ernst des Lebens übern Weg laufen. Mit dem hatten sich sowieso schon zu oft meine Wege gekreuzt. Doch Tom ließ sich nicht darauf ein. Sogar sein Griff festigte sich um mich, nicht so, dass er mir weh tat, aber doch kräftig genug, um mir das Lächeln von den Lippen zu wischen. „Hab ich was Falsches gesagt?“, wagte ich vorsichtig zu fragen. Das lang ersehnte Lächeln kehrte zurück auf seine vollen, weichen Lippen, wie ich nun aus eigener Hand wusste. „Nein, du hast nichts falsch gemacht. Es ist nur so, dass du mich bei meinen Namen genannt hast. Ich hätte nicht gedacht, dass du so schnell Vertrauen zu mir fassen würdest“, wurde er zum Schluss immer leiser, bis ich seine Worte nur noch erahnen konnte. Bestürzt sah ich ihn an. „Warum sollte ich dir nicht vertrauen? Wir haben zwar nicht den besten Start hingelegt, aber ich weiß, dass du mir nichts tun willst“, versuchte ich Tom zu überzeugen. „Woher willst du das wissen? Wie kannst du dir so sicher sein?“ Tief Luft holend, versuchte ich das Gefühl der Verbundenheit zu beschreiben. „Es ist schwierig in Wort zu fassen. Für mich fühlt es sich an, als wenn ich plötzlich ein Ganzes wäre, vollständig. als hätte ich all die Jahre nach etwas gesucht und es endlich gefunden. Und genau deshalb weiß ich, dass du mir nichts tun wirst. Im Gegenteil. Dein Leben ist jetzt abhängig von meinem, genauso wie Meines von Deinem“, hoffte ich es klar genug ausgedrückt zu haben. „Ja, so fühlt es sich auch für mich an“, gestand Tom leise. Diese Aussage, beinahe schüchtern hervorgebracht, ließ mich ein so starkes Glücksgefühl empfinden, dass ich bestimmt noch bis Morgen mit diesem dämlichen Grinsen auf meinem Gesicht durch die Gegend rennen würde. „Trotzdessen möchte ich meine Taten dir gegenüber erklären.“ Ich wusste, dass ich Tom nicht davon abbringen konnte, also tat ich das Einzige, was ihn derzeitig wichtig war: „Ich höre dir zu.“ Schwer seufzend vergrub er daraufhin seinen Kopf in meiner Halsbeuge, wobei sein warmer Atem über meine Haut strich und mir eine wohlige Gänsehaut bescherte. „In der Nacht, als deine Eltern starben, war ich ebenfalls da. Sie hatten mich gebeten, auf dich aufzupassen, da sie ausgehen wollten. Der Abend verlief sehr ruhig. Du gabst dich mit meiner Nähe vollkommen zufrieden und schliefst friedlich in meinen Armen, als deine Eltern heimkehrten. Sie hatten gerade ihre Jacken abgelegt, als es an der Tür klingelte. Ich war in der Zeit bereits mit dir nach oben gegangen, um dich in dein Kinderbett zu legen. Ich hörte unten Schreie ertönen. Dein Vater rief irgendetwas deiner Mutter zu, während sie panisch deinen Namen rief. So behutsam wie möglich, legte ich dich eilig in das Kinderbett und wob einen mächtigen Schild um dich herum, der die gröbsten Zauber aufhalten sollte und machte mich auf den Weg nach unten. Als ich auf dem halben Weg auf der Treppe stehen blieb, sah ich Lilly bereits tot auf den Stufen liegen. Weiter unten war die Energie von sehr starken Zaubern zu spüren. Während ich es vermied, deine Mutter näher zu betrachten, da die Hoffnung bestand, dass dein Vater noch lebte, eilte ich weiter und trat in den Hausflur. Dein Vater kämpfte gegen eine in Roben gewandte Gestalt, das Gesicht hinter einer Maske verborgen. James warf einen kurzen Blick zu mir und verriet so dem Fremden meine Anwesenheit. Ich weiß mittlerweile gar nicht mehr, was als erstes geschah. Jedenfalls schleuderte der Maskierte einen Avadar auf deinen Vater, den er beim besten Willen nicht mehr ausweichen und ich ihm nicht mehr helfen konnte. Er starb vor meinen Augen, mit einem Gesichtsdruck, der pure Angst und Sorge um seinen einzigen Sohn ausdrückte. Aber er hatte mir genau die Zeit verschafft, um mich zu sammeln und meinerseits anzugreifen. Dann flogen Zauber um Zauber durch die Luft und ein wahres Farbenspiel erfüllte den Raum. Mein Gegner war stark und ausdauernd, alles Eigenschaften, die auch ich mein Eigen nennen konnte. Keiner gab nach oder zeigte auch nur den Ansatz von Schwäche, denn das hätte den Tod bedeutet. Und dann passierte etwas, womit ich nicht im Geringsten gerechnet hatte, ich wurde von hinten angegriffen. Der Unbekannte war nicht alleine gekommen und während ich mit meinem Gegenüber beschäftigt war, der meine volle Konzentration benötigte, gelang es dem Zweiten, an mir vorbei zu schlüpfen. Mir gefror das Blut in den Andern, als ich mit ansehen musste, wie dieser Mistkerl sich auf den Weg nach oben machte, zweifelslos zu dir, meinem Gefährten. Dies konnte ich nicht zulassen. Er würde es nicht schaffen zu dir zu gelangen, nicht über meine Leiche. Ich gab meine Deckung auf und rettete mich mit einem gewagten Sprung auf die Treppe vor einem Crucio. Mit schnellen Schritten folgte ich dem anderen, der bereits das Ende der Treppe erreicht hatte. Um ihn am Weiterkommen zu hindern, schleuderte ich einen Incendio gegen den Türrahmen, der zu deinem Zimmer führte. Von unten ertönte ein lautes Krachen, dem ich aber keine weitere Beachtung schenkte. Für mich galt nur, dich zu beschützen. Wie gewünscht und erhofft fing der Türrahmen gleich Feuer und der Mann, zumindest nach dem Körperbau zu urteilen, schrak zurück, um sich keine Verbrennungen zu holen. Dann wandte er sich um, warf mir einen bösen, verabscheuungswürdigen Blick zu und griff wiederholt an. Ich zog erneut einen starken Schild um mich herum und mir war klar, dass wir bis zur Erschöpfung kämpfen würden, wenn nichts passieren würde. Also sammelte ich meine Magie, formte einen Avadar und ließ ihn los. Mein Gegner hatte nicht die geringste Chance und starb mit einem tonlosen Schrei auf den Lippen. Seinen zusammenbrechenden Körper schenkte ich keinerlei Beachtung, sondern suchte mir einen Weg durch die Flammen zu dir.“ Ich hatte bis dahin aufmerksam Toms Worten gelauscht, meinen Kopf an seine Schulter gelehnt, bis er dann plötzlich an dieser Stelle stoppte. Um den Grund dafür zu finden, blickte ich auf und entdeckte ein Schmunzeln auf seinen Lippen. Neugierig geworden richtete ich mich etwas auf. „Was?“ Er lehnte den Kopf in meine Richtung und ein funkelnder Blick aus blauen Augen traf mich. „Deinen Anblick werde ich nie vergessen. Als ich dein Zimmer betrat, standest du aufrecht in deinem Gitterbett. Dein Gesicht war tränenüberströmt und um dich herum flogen Spielzeuge durch die Luft. Deine Magie hatte sich verselbständig. Aber als ich auf dich zu trat, um dich hochzunehmen, strecktest du mir vertrauensvoll deine Arme entgegen und hörtest sofort auf zu weinen. Liebevoll nahm ich dich auf meine Arme, bettete dich an meine Brust, was du auch sofort ausnutztest, indem du mein Hemd zwischen deinen Fäustchen festhieltest. Dann ebbte deine Magie schlagartig ab und ich hatte wieder Augen und Ohren für meine Umgebung. Da hörte ich dann auch schon, wie jemand hinter mir durch die mittlerweile nicht mehr brennende Tür trat und ich wirbelte herum, bereits einen deftigen Fluch auf den Lippen, der diesen jemand ins Jenseits schicken würde. „Woah, Tom, ich bin es“, ließ mich die Stimme und die Erscheinung meines Daddy’s innehalten. Erleichtert lockerte ich meine Haltung und entspannte mich etwas. Dann…“, unterbrach ich Tom in seiner Erzählung. „Shht, Tom, es ist genug. Hören wir für heute auf.“ Tom schien gar nicht gemerkt zu haben, wie sehr er sich in die Geschehnisse der Vergangenheit verstrickt hatte, so sehr, dass er sogar Tränen vergoss. Behutsam umfasste ich mit meinen Händen seinen Kopf und strich die wegen mir vergossen Tränen fort. „Ja, hören wir auf für heute.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)