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Itachis Leben

Teil 3: Mondschein
von

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Ein zweites Gesicht

Gleich am ersten Tag zurück im Hauptquartier rief Pain Konan wieder auf sein Zimmer. Eigentlich hatte Konan nicht die geringste Lust, mit ihm zu reden und zum gefühlten tausendsten Mal darüber zu streiten, was richtig und was falsch war, aber sie wollte nicht durch eine erneute Absage unnötig verdächtig erscheinen.

Pain war wie immer und sah auch wieder wie Nagato aus. Er hatte sich während Konans Abwesenheit einen Plan überlegt, wie er sie zurück gewinnen konnte. Aber er hatte natürlich nicht über das nachgedacht, was Konan an Akatsuki störte, weil das ja seine wertvollen Pläne in echte Gefahr gebracht hätte. Aus diesem Grund hatte er zum wiederholten Mal vollkommen übersehen, dass genau die Dinge, über die er nicht weiter nachdenken konnte, die waren, wegen denen Konan immer so wütend wurde. Und da er all das übersehen hatte, verstand er auch nicht, was sie zu ihm sagte und verhielt sich entsprechend falsch.

„Was willst du schon wieder?“ fragte Konan genervt, als sie Pains Zimmer betrat, „fass dich kurz, ich hab noch zu tun.“

„Ich würde gern wissen, was du an Uchiha findest.“

„Das geht dich gar nichts an!“ fauchte sie.

„Doch. Du gehörst schließlich zu mir, Konan.“

„Ich gehöre nur mir selber! Und wenn du dich weiter so benimmst und so tust, als würde alles dir gehören und du könntest tun, was du willst, dann bin ich weg. Ich gehe und ich meine das sehr ernst, falls du’s vergessen hast!“ Konan drehte sich um und wollte aus dem Zimmer, aber Pain war schneller und stellte sich ihr in den Weg.

„Verdammt!“ dachte er und verdrängte das Gefühl, gerade etwas sehr falsch zu machen, an den Rand seines Bewusstseins, „ich muss besser mit ihr umgehen!“

„LASS MICH SOFORT DURCH!!“ kreischte Konan wütend.

„Konan, es tut mir leid. Ich will dich nicht verlieren. Ich habe dich sehr gern und das weißt du.“ doch die Worte erreichten nicht den Ausdruck seiner Augen. Worte wie Augen wurden kalt und falls er es ernst gemeint hatte mit dem, was er da sagte, so kam die Botschaft bei Konan nicht als das an, was sie war.

„Er hat mich nicht gern, er liebt das Bild, das er von mir hat. Seine Gefühle sind unecht und kalt. Wo ist Nagatos Herz? Es muss sehr tief vergraben sein, so tief, dass er es selbst überhaupt nicht mehr spürt. Der Mann, der hier vor mir steht, das ist nicht Nagato, das ist Pain. Ich muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich seine Gefühle nicht erwidere.“ beim Gedanken an den Ausdruck kalter, wahnsinniger Gefühle in seinen Rinnegan lief es ihr kalt den Rücken herunter. Er wurde ihr von Tag zu Tag unheimlicher.

Pain streckte seine weiße Hand aus, berührte Konans Haar und versuchte, die weiße Blüte daraus zu lösen. Bevor Konan richtig bemerkte, was geschah, hatte Pain sie fest umarmt und die Blüte aus ihrem Haar genommen.

„PAIN!! LASS MICH LOS!! SOFORT!!“ schrie sie. Ihre Hände suchten nach irgendeinem Punkt, an dem sie ihn kratzen oder irgendwie anders verletzen konnte, fanden eines der Piercings auf seinem Rücken und drückten es ihm, so tief es ging, in die Haut. Pains Griff um sie lockerte sich, er stieß ein leises Keuchen aus und Konan nutzte die erstbeste Chance, um ihn mit aller Kraft von sich wegzustoßen.

„Ha-hast du sie noch alle…?“ fragte sie wutkeuchend und noch ganz verwirrt.

„Tut mir leid, Konan.“ wieder erreichte das, was er sagte, seine Augen nicht.

„Vergiss es!“ zischte sie und rannte hinaus. Dabei schlug sie die Tür mit einem lauten Knall zu. Pain hörte noch, wie sich ihre schnellen Schritte auf dem Gang entfernten.

„Ich kann es mir bald nicht mehr leisten, bei ihr Fehler zu machen. Irgendwann ist ihre Geduld am Ende. Aber ich ertrage es einfach nicht, dass sie so viel Zeit mit Itachi Uchiha verbringt! Wenn ich also etwas gegen ihn unternehme, darf sie auf keinen Fall etwas davon erfahren!“ dachte Pain und dann fiel ihm etwas ein, eine Idee, wie er gegen Itachi kämpfen konnte, ohne dass Konan etwas davon erfuhr.

Er rief Kisame in sein Arbeitszimmer.

„Ich habe noch einen Auftrag für dich. Es ist eine äußerst geheime, interne Sonderaufgabe, über die du mit niemandem sprechen wirst.“

„Was denn?“ fragte Kisame.

„Sagen wir es mal so: Ich will, dass du Uchiha das Leben ein bisschen schwer machst. Finde heraus, was ihn verletzt und verwende es gegen ihn. Ich will, dass er die Akatsuki wieder verlässt.“ erklärte Pain seine Idee.

„Sowas mache ich aber nicht umsonst.“

„Ich bezahle dich ja dafür. Es ist schließlich ein Sonderauftrag.“ Pain ging zum Schreibtisch und öffnete einen der darauf stehenden Holzkästen. Er nahm ein Bündel Geldscheine heraus und gab es Kisame.

„Warum willst du ihn denn so schnell wieder loswerden?“ wollte der Haifischninja wissen.

„Er ist mir im Weg. Ich bin der Anführer und diese Position könnte mir jemand, der über Mangekyou-Sharingan verfügt, streitig machen.“

„Verstanden, Pain!“ Kisame grinste, „der wird verschwinden.“ er steckte das Geld ein und verließ das Arbeitszimmer.

„Wenn Konan das erfährt…“ dachte Pain, „daran denke ich besser nicht.“

Schon wieder etwas, worüber er nicht nachdenken durfte.

Solche Geschäfte gab es öfter zwischen den Mitgliedern der Organisation. Jeder versuchte, sich so viele Vorteile wie möglich zu verschaffen, eine Menge Geld zusammen zu bekommen und das alles auf möglichst illegale Weise. Kakuzu war am besten darin, dicht gefolgt von Kisame. Pain überwachte das Ganze nur teilweise, hatte selbst derartige Geschäfte am Laufen und wusste auch nicht, was genau die gefährlichsten Mitglieder außerhalb des Hauptquartiers taten. Er verlangte zwar Berichte über jede Außenmission, aber dass in diesen Berichten längst nicht alles stand, was wirklich ablief, war ihm vollkommen klar.

Sasori beteiligte sich ebenfalls an illegalen Geschäften, hielt sich jedoch im Vergleich zu den anderen zurück. Die verbotene Atmosphäre und das Pokerspiel um die Erträge reizten ihn und sorgten dafür, dass er nicht damit aufhören konnte, obwohl er sich selbst eigentlich als Teil der guten Seite sah.
 

Nach dem Streit mit Pain saß Konan in ihrem Zimmer und räumte ihre Tasche aus. Sie war unendlich wütend auf Pain, so wütend wie zuletzt vor zwei Jahren, als sie erfahren hatte, dass Jinchu-Kräfte keine besonderen Gefäße, sondern Menschen waren. Was dachte sich Pain dabei, ihr so nahe zu kommen? Es war der bisherige Höhepunkt an Unverschämtheit! Noch nie hatte Pain sich so direkt an sie herangemacht.

„Sowas hab ich im Leben noch nicht erlebt!“ schimpfte Konan wütend.

„Beruhige dich, Konan.“ sagte Hiruko-Sasoris tiefe Stimme hinter ihr. Er war, von ihr unbemerkt, hereingekommen. Konan drehte sich zu ihm um.

„Schleich dich nicht so an, Holzhirn!“ fuhr sie ihn an.

„In Ordnung. Ich habe gerade mit Itachi gesprochen. Er ruht sich einen Tag aus und dann zieht er mit Kisame los.“

„Kisame… wie ich den hasse!“ zischte Konan.

„Muss ich dir noch einmal sagen, dass du dich beruhigen sollst?“ ermahnte Sasori sie und setzte den unheimlichen Blick auf. Konan kannte diese Masche schon mehr als genug. Darauf fiel sie nicht mehr herein.

Aber sie beruhigte sich trotzdem etwas. Es hatte keinen Sinn, sich immer wieder aufzuregen. Obwohl sie fest davon überzeugt war, dass diese Idioten – Pain, Kisame, Kakuzu, Zetsu und Deidara – allesamt geschlagen gehörten. Pain hatte nur eine einzige Chance: wenn er wieder zu Nagato wurde, würde Konan ihm vielleicht verzeihen können.

„Es ist immer so dunkel hier.“ dachte Itachi, als er die Halle betrat, um hier mit Kisame zu sprechen. Er trug schon das zweite, dunkle Gesicht und versuchte mit aller Kraft, die unregelmäßig zunehmenden Herzschmerzen auszublenden.

„Da bist du ja!“ Kisame stand auf seinem Platz auf den Händen der Statue.

„Es geht los. Ab jetzt zählt jedes Wort.“ dachte Itachi und sagte: „Ich habe auf dich gewartet.“ seine Stimme klang anders als sonst, viel tiefer und kälter.

„Morgen gehen wir los. Mal sehen, was wir an interessanten Informationen finden können.“ sagte Kisame und bleckte seine dreieckigen Zähne.

Itachi spürte etwas wie ein dunkles Schutzschild um sich. Es war wie Nebel, hüllte ihn ein und machte ihn für den Moment zu einem anderen Menschen. Es war ein gespieltes Selbst, eine Rolle, die er jetzt zu spielen hatte. Er würde sie spielen, bis er Konan wiedersah. Dann würde diese Dunkelheit von ihm abfallen und er würde Konan in seine Arme nehmen… Aber jetzt hatte er keine Zeit, an sie denken. Er musste darauf achten, überzeugend zu wirken.

„Informationen sind im Augenblick das Wichtigste, da hast du Recht. Bevor wir uns mit Bijuu-Geistern befassen, haben wir noch einiges zu klären. Und wir haben nicht unendlich viel Zeit dafür.“ während Itachi das sagte, sah er sich selbst wie in einem Spiegel: dunkel, geheimnisvoll, kalt und hasserfüllt. Das war ein vollkommen neuer Itachi, der mit seinem wahren Selbst nichts außer den Namen und das Aussehen gemeinsam hatte. Sogar seine Stimme war anders. Er hatte diese Rolle in den letzten Tagen oft geübt und sie wurde ihm mit jedem Wort, das er sprach, ein Stück vertrauter.

Es gab etwas, das ihm dieses Maskenspiel erleichterte: Hass. Er spürte tatsächlich Hass, wenn dieser auch Orochimaru und nicht Konoha Gakure galt. Aber wenn er dieses finstere Gefühl in sich weckte, verlieh dessen Ausdruck seiner Lüge mehr Glaubwürdigkeit.

„Du hast das Feuer-Element, oder?“ fragte Kisame.

„Ja. Und du bist einer der sieben Schwertkämpfer des Nebels. Ich habe einiges über dich gehört, auch, dass du das Wasser-Element verwendest.“ er hatte im Geheimarchiv von Konoha einiges in den Büchern mit den Aufzeichnungen über abtrünnige Ninja gelesen und hatte dabei auch eine nicht unerhebliche Menge an Informationen über Kisame Hoshigaki gefunden. Offensichtlich gehörte Kisame zu der Sorte kampfsüchtiger Typen, die gern Aufmerksamkeit auf sich zogen und sich dann nicht die Mühe machten, ihre Spuren und die Informationen ihrer Gegner über sie zu vernichten.

„Das freut mich aber!“ erwiderte Kisame und grinste, „dass du mich schon kennst.“ er verließ seinen Platz und landete vor Itachi auf dem Boden der Halle.

Itachi drehte sich um, sagte „Dann sehen wir uns also morgen.“ und ging. Sobald er wieder in seinem Zimmer war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, fiel das Dunkel von ihm ab und er war wieder er selbst. Den Rest des Tages verbrachte er mit Lernen, während Konan draußen mit Sasori trainierte.
 

Ikue stand allein mitten in der Dunkelheit. Sie weinte. Itachi konnte sie sehen, hörte ihre Stimme, leise und verzweifelt, immer wieder Sasukes und seinen Namen sagen.

„Mama!“ rief Itachi und wollte zu ihr laufen. Aber er konnte sich nicht bewegen. Kein bisschen. Wasser kam von irgendwoher und stieg mit zunehmender Geschwindigkeit immer weiter an. Itachi sah bewegungsunfähig zu, wie das Wasser seine Knie erreichte und irrational schnell immer tiefer wurde. Als es ihm bis zum Hals stand, spürte er Druck in den Lungen und konnte seine Mutter nicht mehr sehen. Sie war einfach verschwunden. Er sah sich suchend nach ihr um, rutschte dabei auf dem glitschigen Boden aus und tauchte unter. Der Druck in Herz und Lungen wurde unerträglich…

Mit einem leisen Keuchen wachte Itachi auf. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es ein Albtraum gewesen war und er sich in seinem Zimmer im Akatsuki-Hauptquartier befand. Als er sich aufsetzte, sah er die roten, blutigen Flecken auf dem Kopfkissenbezug. Vorsichtig löste er das getrocknete Blut von seinen Wimpern, stand auf und nahm Halskette, Ring und das Haargummi vom Nachtschrank. Während er sich anzog, Ring und Kette anlegte und sein Haar im Nacken zusammenband, versuchte er, den Albtraum aus seinen Gedanken zu vertreiben.

„He, Uchiha! Beeil dich mal!“ rief Kisame vor der Tür.

„Ja. Ich komme schon.“ sagte Itachi und ließ die Dunkelheit in sich aufsteigen. Die geistige Verwandlung in sein falsches Selbst dauerte nicht einmal mehr eine Minute. Einen Moment lang dachte er an das, was Konan ihm über Nagato erzählt hatte: dass Nagato sich nicht mehr selbst aus der Dunkelheit befreien konnte und sich deshalb so verändert hatte.

„Aber ich tu ja nur so. Das ist nicht mein wahres Selbst, sondern nur eine Rolle, die ich spielen muss, um meine Familie zu beschützen. Mir kann nicht das passieren, was Nagato passiert ist.“ sagte er sich.

Kisame stand, fies grinsend wie immer, vor der Tür und sah Itachi abschätzig an.

„Gehen wir. Oder willst du dich noch von deiner kleinen Freundin verabschieden?“ fragte Kisame.

„Ich habe keine Freundin.“

Itachi nahm seine Tasche, die nur halbvoll gepackt war. Er hatte nur Kleidung, Bücher, einfache Schreibsachen und Waffen eingepackt. Das Adressbuch hatte er gestern Abend Konan gegeben, sie hatte es irgendwo in ihrer Kleidung verborgen und versprochen, sehr gut darauf aufzupassen. Es war sicherer, wenn er nichts Verdächtiges dabei hatte und was das Adressbuch betraf, wollte er auf keinen Fall ein Risiko eingehen.

Als sie den Turm verließen und in die bläulich-gelbe Morgendämmerung hinaustraten, setzte Itachi den Hut mit den langen Bänden auf. Die Glöckchen klingelten bei jedem Schritt und Windstoß, die weißen Bänder wehten um sein Gesicht und der weite Mantel flatterte leicht. Itachi spürte deutlich den Ring an seinem rechten Ringfinger und die Gewöhnung an seine neue Rolle, die er von jetzt an bei Akatsuki spielen musste: Itachi Uchiha, der junge, hochtalentierte Ninja, der seine eigene Familie auf dem Gewissen hatte. Kaltherzig, intelligent, stark und voller Hass. Der zinnoberrote Feuervogel, dem niemand in die Augen sehen wollte. Und der viele Geheimnisse hatte, die geheim bleiben mussten.

Er warf einen kurzen Blick auf Kisame. Der wirkte kein bisschen geheimnisvoll, sondern zeigte offen seine Kampflust. Jeder bei Akatsuki wusste, wie Kisame tickte und dass er für jeden Kampf zu haben war.

Eine ganze Weile gingen sie nur nebeneinander her. Kisame überlegte, wie er Itachi angreifen sollte und Itachi versuchte, zu erraten, wohin diese Reise gehen sollte. Die Schriftrolle mit der Auftragsbeschreibung hatte Kisame.

Als sie mehrere Kilometer gegangen waren, drehte der Haifischninja sich plötzlich um.

„He, Uchiha! Da läuft doch was zwischen dir und Konan, oder?“ fragte er.

„Ich habe keine Ahnung, was du meinst.“

„Sie ist ein hübsches Mädchen. Und sie scheint dich zu mögen.“

„Halt dich da raus. Konan ist ein guter Mensch, aber ich habe keine solchen Gefühle, die du meinst. Dafür habe ich keine Zeit.“ sagte Itachi und fühlte sich furchtbar dabei. Sein Herz tat wieder weh, aber er schob den Schmerz beiseite.

„Du bist doch mit ihr zusammen auf Reisen gegangen.“ beharrte Kisame weiter.

„Es ist nicht schwer, sich gut mit ihr zu verstehen.“

„Es sah so aus, als hättest du was mit ihr.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass mich solche Gefühle nicht interessieren. Zu dieser Art von Empfindungen bin ich nämlich gar nicht in der Lage.“

„Das dachte ich mir, Uchiha. Wenn du irgendwelche Gefühle hättest, wärst du wohl kaum fähig gewesen, deine Familie zu killen.“

Itachi fühlte sich, als würde sein Herz ein Stück weiter zerreißen. Er hätte Kisame am liebsten ins Gesicht geschlagen. Oder wäre weggelaufen, an einen Ort, an dem er zusammenbrechen und weinen konnte, ohne dass es jemand bemerkte. Aber das war jetzt unmöglich.

Damit Kisame nicht sah, wie schlecht es ihm ging, zog Itachi den Hut ein Stück weiter nach vorn und drehte den Kopf weg. Kisame grinste. Er hatte erkannt, dass es ganz offensichtlich ein paar empfindliche Schwachstellen in Itachis Fassade gab. Das würde Pain gefallen. Kisame hatte zwar keine Ahnung, warum Pain so viel Geld dafür bezahlte, um Itachi loszuwerden, aber da es ein ungeschriebenes Gesetz bei Akatsuki war, nicht nach den Beweggründen des Anführers zu fragen, ließ Kisame es erst einmal sein. Und auch ohne den Grund dafür zu kennen: es versprach, interessant zu werden, Itachis Fassade zu brechen und zu sehen, wie stark er wirklich war.

Am Abend erreichten sie ein Ryokan. Itachi war froh, einen Raum für sich allein zu haben. Und Kisame war weit weg genug, um nichts davon mitzukriegen, wie schlecht es Itachi ging.

„Ich hab mich überschätzt. Es ist viel schwerer als ich dachte.“ flüsterte er, als er die Tür hinter sich zu schob. Ein brennender Schmerz schoss durch sein Herz, er keuchte, fiel auf die Knie und spürte heiß und kribbelnd das Blut in seinen Augen. Er wollte nicht ohnmächtig werden, falls Kisame ins Zimmer kam, um mit ihm die Informationssuche zu besprechen. Aber noch bevor er nach den Medikamenten, die er von Sayu bekommen hatte, in seiner Tasche greifen konnte, überfiel ihn wieder eine Hasswelle Sasukes. Er drückte die rechte Hand auf sein Herz, Blut aus seinen Augen tropfte auf die Tatami-Matte. Es gelang ihm geradeso, die kleine, braune Flasche mit den grün-weißen Tabletten, die Sayu ihm gestern noch mitgegeben hatte, aus der Umhängetasche zu nehmen. Er konnte sie nur undeutlich sehen, alles verschwamm vor seinen Augen und seine Hände zitterten. Als sich schon die Dunkelheit aufkommender Bewusstlosigkeit über seine Augen legte, löste er zitternd den Deckel des Fläschchens, kippte sich ein paar der Tabletten in den Hals und schluckte sie ohne Wasser. Er spürte ein fast unerträgliches Kratzen im Hals, aber irgendwie bekam er die Tabletten herunter.

Itachi war so erschöpft, dass er auf Knien zum Futon rutschte, sich angezogen hinlegte und sofort in einen tiefen Schlaf fiel. Was genau er träumte, wusste er später nicht, aber offenbar taten die Tabletten eine gute Wirkung, denn der Traum ähnelte sehr denen, die er seit seinem dreizehnten Lebensjahr hatte. Diesen Träumen, in die er alle Begierden und Gefühle, mit denen er damals noch unbedingt hatte warten wollen, verbannt hatte. Und jetzt kam Konan in diesem Traum vor.

Mitten in der Nacht wachte Itachi auf und hatte dasselbe bestimmte Gefühl wie immer nach einem Traum dieser Art. Ihm war sehr warm, er stand schwankend auf und zog Mantel, Schuhe und Shirt aus. Sein Herz klopfte laut, in seinem Körper war noch immer eine gewisse Reaktion aus dem Traum und seine Gedanken kamen nicht von Konan los. Nachdem er noch zwei Tabletten genommen hatte, legte er sich wieder hin und dachte weiter an Konan:

an ihren schönen, weißen Körper, ihre braunen Augen, ihre Stimme, ihr glattes lila Haar, ihre Hände und ihre Atemzüge, wenn sie schlief…

Je mehr er an sie dachte und sich, zuerst unbewusst, vorstellte, sie würde jetzt hier neben ihn liegen, umso mehr Sehnsucht bekam er nach ihr. Einen Moment lag war dieses Verlangen so stark, dass er fast so etwas wie schmerzhafte Traurigkeit darüber empfand, dass sie jetzt nicht bei ihm sein konnte.

Wie es wohl sein würde, mit ihr zu schlafen? Er konnte es sich nicht richtig vorstellen, die einzigen Gefühle, die er in dieser Richtung kannte, waren die aus seinen Träumen und der kurze Moment auf der ersten Reise mit Konan.

Während er an sie dachte, bewegte sich seine Hand unter der Decke. Noch bevor er es selbst wirklich bemerkte, tat er zum ersten Mal das, was andere Jungen seines Alters schon oft getan hatten. Die innere Tür, hinter der er all das verschlossen hatte, war durch Konan geöffnet worden.

Als er einschlief, spürte er eine erwartungsvolle, angenehm erregte Vorfreude.

Am nächsten Morgen ging es ihm einigermaßen gut, sein Bewusstsein war klar und er setzte die Reise mit Kisame fort.

„Ich darf mich nicht verrückt machen. Konan hat es mir versprochen, dass wir es tun werden und sie wird ihr Versprechen halten. Sie hat gesagt, dass sie es will. Es sind nur noch ein paar Tage.“ dachte er und bei einer kurzen Pause nutzte er die Gelegenheit, um zu meditieren und ruhig zu werden.

Die vertrauten Meditationsübungen, die er seit seiner Kindheit regelmäßig machte, hatten dieselbe Wirkung wie früher: sie machte ihn ruhig, gefasst und gelassen, gaben ihm etwas neue Kraft und bauten sein Chakra wieder auf. Aber Itachi wusste, dass eine einzige Hassattacke von Sasuke ausreichen würde, um all das, was er mithilfe dieser Übungen aufgebaut hatte, wieder in sich zusammenbrechen zu lassen.

Der zweite Reisetag verlief ruhig. Kisame stellte keine Fragen mehr, jedenfalls keine, die Itachi aus der Bahn warfen. Und während Kisame mit Informanten sprach, hörte Itachi sehr aufmerksam zu und bemühte sich darum, sich alles zu merken, da er alles später an Sasori weitergeben würde. Er sagte kaum etwas und wenn er auf die an ihn gerichteten Fragen der Informanten antwortete, dann nur so knapp wie möglich.

Der dritte Tag verlief ähnlich. Itachi bemerkte, wie er sich ein Stück weit mit Kisame und der Situation arrangierte und daran anpasste.

Aber am vierten Tag der Reise begann Kisame wieder, Fragen zu stellen. Er wollte wieder Dinge über Konan wissen, aber Itachi blockte vollkommen ab. Sie waren schon wieder auf dem Weg zurück ins Hauptquartier und eigentlich ging es Itachi den Umständen entsprechend gut. Er freute sich darauf, Konan wiederzusehen und hatte, sobald er an sie dachte, ein gutes Gefühl, dass alles schon irgendwie gut werden würde, wenn sie bei ihm war.

Kisame ging ein Stück voraus, er war ja größer als Itachi und hatte mehr Kraft. Er war der Meinung, Itachi noch nicht hart genug angegriffen zu haben und wollte das nachholen. Schließlich wollte er auch weiterhin von Pain gut dafür bezahlt werden. Und jetzt glaubte er, einen sehr verletzlichen Punkt bei Itachi gefunden zu haben.

„He, Uchiha, du musst deine Eltern ja wirklich gehasst haben. Mich würde mal interessieren, warum so ein Junge wie du seine Eltern ermordet.“

Es war ein direkter Stich, mitten ins Herz. Itachi spürte ihn so deutlich, als hätte Kisame ihm ein Kunai ins Herz gestoßen. Die Dunkelheit wurde dichter und eine glühend heiße Wut stieg wie emporzüngelnde, rote Flammen in ihm hoch. Sein einziger Gedanke in diesem Moment war, Kisame zu erschlagen.

„Davon verstehst du gar nichts.“ sagte er mit gefährlich ruhiger Stimme. Er spürte seine Fingernägel, die sich tief in seine Handflächen bohrten und wie seine Wut auf Kisame und der Hass auf Orochimaru immer stärker wurden. Die Wut konzentrierte sich in seiner rechten Faust, bereit, um Kisame zu schlagen.

„Ich hab gehört, du hast in Konoha ziemlich bequem gelebt. Da muss es dir wohl irgendwann zu langweilig geworden sein. Aber deinen Bruder konntest du nicht erschlagen. Meinen Informationen nach lebt er noch. Warum eigentlich? Warum hast du ihn nicht gleich mit gekillt?“ fragte Kisame und grinste herausfordernd.

Itachi spürte kaum, wie in ihm die Sicherung blitzschnell durchbrannte. Er sah nur noch rot, bekam nicht viel von der Umgebung mit, aber er hörte, wie Kisame noch etwas sagte. Irgendwas über Sasuke. Mit einem leisen Klingeln fiel Itachis Strohhut raschelnd zu Boden, als er sich blitzschnell und ohne zu denken auf Kisame zubewegte, voller Wut und nur noch Rot vor Augen.

Ein Knochen knackte, brach mit einem hässlichen Knirschen, etwas Lilablaues und flüssiges spritzte auf Itachis Handrücken. Er hörte seinen eigenen, schweren Atem, ließ langsam den Arm sinken und sah erst jetzt, was passiert war: er hatte Kisame mit aller Kraft mitten ins Gesicht geschlagen. Und das flüssige Zeug war das ungewöhnlich gefärbte Blut des Haifischninja.

„Halt meinen Bruder da raus.“ sagte Itachi und hörte selbst, dass seine Stimme, tief und kalt, vor Wut zitterte. Er war immer noch wütend, aber dieses glühende, blutrote Gefühl von eben hatte sich in dem Schlag entladen.

„Wenn Kisame Sasukes Namen benutzt hätte, dann hätte ich ihn wirklich erschlagen.“ dachte er und wusste, dass es durchaus möglich war.

Kisame grinste, wischte sich das Blut von der gebrochenen Nase und wollte wohl noch etwas sagen, aber Itachi unterbrach ihn: „Solltest du noch einmal so etwas fragen, dann bringe ich dich wirklich um. Dann bleibt es nicht bei einem Schlag. Denn dann werde ich meine Mangekyou-Sharingan benutzen.“ er schüttelte sich Kisames Blut von der Hand, ging an ihm vorbei und setzte dabei den Hut wieder auf. Kisame grinste nicht mehr, aber er hatte nichts eingesehen. Natürlich nicht, dazu fehlte ihm jede Rücksicht. Er war eben ein absolut unverbesserlicher, fieser Verbrecher.

Das letzte Stück Weg bis zum Hauptquartier sprachen beide kein Wort mehr. Itachi dachte mit aller Kraft an Konan, musste aber darauf achten, dass Kisame nichts davon mitbekam.

Zurück im Hauptquartier schloss Itachi sich in sein Zimmer ein, weinte sich ausgiebig aus und vertiefte sich dann ins Lernen. Es wurde zu einer Art Betäubung für seine verletzte Seele und je öfter er die unzähligen Schriftzeichen, Chakra-Aufbau-Zellstrukturregeln und die Kombinationen der Fingerzeichen wiederholte, desto mehr kamen sie ihm wie Mantras vor, die er mechanisch immer wieder vor sich hersagte, bis er fast nichts mehr spürte und auf dem Boden, inmitten seiner Bücher, einschlief.

Wenig später wachte er wieder auf, weil Konan ihn sanft mit der Handfläche an die Schulter stupste.

„He, Itachi, was soll das denn?“ fragte sie leise und lächelte ihn an.

Itachi wischte sich mit dem Unterarm über die Augen, blinzelte und setzte sich auf. Der Eckpfosten seines Bettes, an den er sich gelehnt hatte, drückte ihn unangenehm am Rücken.

„Du hast mir vor dem Trip mit Kisame versprochen, dass wir danach und bevor wir wieder losziehen, nochmal lernen.“ sagte Konan.

Itachi stand auf, streckte den Rücken und setzte sich an den Schreibtisch.

„Geht’s dir gut?“ fragte Konan.

„Es geht so.“ antwortete er, ausnahmsweise ehrlich, und schlug das Buch auf, in den er mit ihr zuletzt gearbeitet hatte.

Konan stand hinter ihm und während er ihr weiter Schriftzeichen erklärte, massierte sie seinen verspannten Rücken. Itachi blieb beim Lernstoff, erzählte noch nichts von der Reise mit Kisame. Konan war sicher, dass sie das, was da passiert war, noch erfahren würde.

Nach dem Lernen konnte sie ihm endlich auch erzählen, was sie von den Anbu erfahren hatte: wie Sasuke versorgt wurde, wo Naruto jetzt wohnte und dass Yuki und Mi nicht mehr in Konoha waren, weil Danzo sie für verdächtig hielt.

Itachi nahm alles recht gelassen, nein, vielmehr regungslos, auf. Er wusste, dass es so kommen musste und hatte keine Kraft mehr, sich darüber aufzuregen, obwohl er innerlich kochte vor Wut auf Danzo und die anderen beiden Ältesten. Dass diese engstirnigen Alten alle jungen Ninja, die mit Itachi befreundet gewesen waren, mitsamt ihren Familien aus dem Dorf geschickt hatte, machte ihn so wütend wie bei dieser Sache mit Naruto damals, als er Homura angeschrien hatte. Dass Yuki und die anderen unter Verdacht standen, von Itachis angeblichen Mordplänen gewusst zu haben und jetzt in dieses Unglück mit hineingezogen wurden, als wäre es nicht schon groß genug… Itachi wollte nicht noch mehr hassen, aber er konnte nicht anders. Bisher hatte er Danzo, Homura und Koharu nur sehr unfreundlich gegenüber gestanden, doch jetzt hasste er diese Alten fast so sehr wie Kisame und den, dessen Namen er in diesem Moment vor Hass nicht einmal denken konnte.

Konan beruhigte ihn, indem sie weiter seinen Rücken massierte, bis jede Verspannung gelöst und er wieder einigermaßen gelassen war.

„Morgen gehen wir wieder los.“ sagte Konan, „Sasori hat noch mehr Ort gefunden, wo es Informanten gibt. Geht es dir soweit gut oder sollen wir vielleicht noch einen Tag warten?“

„Nein, mir geht es gut. Wenn ich mit dir zusammen bin, geht es mir immer besser als hier.“

„Ich freu mich schon!“ flüsterte Konan und küsste Itachi sanft auf die Wange, „das wird bestimmt schön!“

„Geht mir genauso.“ antwortete er, ebenso leise, „obwohl ich… ein wenig aufgeregt bin…“

„Das wird schon.“ sie lächelte und beobachtete Itachis Hand, die sich, ohne dass er es selbst bemerkt hatte, vor Konans Brust erhoben hatte, jedoch noch nicht wagte, sie zu berühren.



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