Der Dämon von Akio21 ================================================================================ Kapitel 42: Von Schlüsselwörtern und universalen Gesetzen --------------------------------------------------------- „Als da wären?“ fragte er mich gelangweilt, gähnte herzhaft und stützte dann seinen Kopf auf die Hand. Am liebsten wäre ich ihm an die Gurgel gesprungen. Ich sah zu Boden. Unmöglich konnte ich vor Naruto mit der Frage herausplatzen, ob wir in der Hölle landen würden und selbst wenn, konnte ich dagegen jetzt ja auch nichts mehr tun, ich musste mich unbedingt beruhigen, sonst nahm mich dieser arrogante Idiot nicht ernst. „Zwei Waggons habe ich durchsucht, da war sie nicht. Beim dritten Waggon ist mir was Seltsames passiert,“ fing ich an. „Du meinst wegen dem Weihrauch?“ Seine Stimme klang jetzt normal. Ich sah auf. Naruto sah wieder aus dem Fenster. „Ja, dieses Zeug ist für niedere Dämonen das reinste Gift. Was denkst du, wieso ich für uns ein paar Waggons weiter entfernt ein Abteil ausgesucht habe?!“ „Ich bin kein niederer Dämon.“ „Das sehe ich. Ich bin auch keiner. Trotzdem nicht sehr angenehm, oder? Die wissen genau, was für Kräuter sie gegen uns einsetzen müssen.“ Aus mir unerklärlichen Gründen fing Naruto zu lachen an. „Und das bedeutet?“ fragte ich ratlos. „Na schön, wenn es dich so sehr stört, können wir uns auch woanders hinsetzen. Ich meine, einen ganzen Wagen voll von Leuten umbringen, das sieht nicht so gut aus, oder? Bestimmt werden wir dann bei der nächsten Haltestation von der Polizei festgehalten, du hast nicht mal einen Ausweis. Gehen wir ihnen lieber aus dem Weg.“ Naruto war schon aufgestanden. „Nein, hier stört es mich nicht. Schon gut. So hab ich das nicht gemeint,“ wiegelte ich schnell ab, denn Naruto hatte sich schon ein paar seiner Chipstüten unter den Arm geklemmt. „Wie dann?“ Jetzt musste ich sie doch stellen. Die Frage, deren Antwort ich im Grunde genommen lieber gar nicht wissen wollte. „Also stimmt es? Dämonen kommen in die Hölle? Ist der Teufel unser Herr?“ „Wer?“ „Der Teufel.“ Naruto sah mich schweigend an, als hätte ich den Verstand verloren. „Es gibt keinen Teufel,“ sagte er endlich. „Aber – was ist dann mit diesen Priestern und ihrem Weihrauch? Wieso macht uns das was aus?“ „Es würde uns auch was ausmachen, wenn jemand anders dieses Kraut verbrennt. Menschen vertragen auch nicht alles, oder?“ „Wir sind aber keine Menschen. - Nicht mehr.“ Naruto setzte sich wieder und sah mich leicht besorgt an. „Stimmt. Aber genau wie Menschen haben wir einen physischen Körper, ein Ego und einen freien Willen.“ Dann sah er nach oben und fasste sich theatralisch an den Kopf. „Aber obwohl wir der Gegenpol zu den Engeln sind müssen wir uns für unsere Taten verantworten, das ist ja so ungerecht.“ „Was heißt das nun wieder?“ Er sah mich wieder an. „Nur weil wir einen freien Willen haben, also entscheiden können was wir tun, müssen wir einen Teil unseres Lebens im Fegefeuer verbringen.“ Er beugte sich nach vorne. „Wird ein Hai verurteilt, nur weil er sich ein Bein schnappt? Wird der Tiger bestraft, nur weil er ein Zebrafohlen...“ Weiter kam er nicht. Ich hatte ausgeholt und ihm einen ordentlichen Schlag verpasst. „Dir mag es vielleicht egal sein. Mir nicht.“ Fluchend rieb ich mir eine pflaumengroße Beule auf meinem Kopf. Dieser Blödmann. Dabei hatte ich ihn nur etwas aufheitern wollen, weil er so ernst dreinschaute. Ja, das hatte man von seiner Nettigkeit, geschah mir ganz recht. Ich würde in Zukunft daran denken, nahm ich mir vor. Und mich abseilen, so bald wie möglich. „Ähm, wie war das? Engel haben keinen freien Willen?“ fragte er überrascht nach. Ich sah wieder aus dem Fenster. Mein Kopf schmerzte und die Beule pochte, aber ich würde es mir nicht anmerken lassen und Sasuke auch nicht ansehen. „Nein. Haben sie nicht. Ihr Wille ist auch Gottes Wille.“ „Und – welcher Wille ist unser Wille?“ „Unser Wille ist unser Wille. Aber letztendlich dienen wir alle Gott.“ Sasuke schwieg. Ein Glück. Leider nicht für lange. „Dieses Kreuz – würde ich verbrennen, wenn ich es anfasse?“ „Was für ein Unsinn. Würdest du verbrennen, wenn du Holz anfassen würdest?“ Ob das wohl noch die ganze Zugfahrt so weitergehen würde. Am besten, wenn ich die Sache abkürzte. „Inari hat mir ein paar Schlüsselwörter gegeben. Eines davon ist Balance. Oder Gleichgewicht. Wenn du ein Tablett mit zwei Bierkrügen an einen Tisch bringst, musst du sie ausbalanciert bringen, oder? Wenn du beide auf eine Seite zum Beispiel nach links stellst, kippt dir das Tablett von der Hand. Zusammen mit den Bierkrügen. Wenn kein Gleichgewicht da ist, herrscht Chaos. Darum gibt es Engel und Dämonen. Das verstehst du, oder? Wenn es nur Gesundheit aber keine Krankheit gäbe, würden die Leute auch nicht auf sich achten. Außerdem...“ „Warte mal. Ich hab keinen Engel gesehen. Bei diesem Ehepaar, das wir – ähm – verletzt haben. Wo sind die denn?“ unterbrach er mich. „Sie sind da. Aber sie dürfen nicht eingreifen, wenn sie nicht um Schutz gebeten werden. Da können sie eben nichts machen. Der freie Wille ist ein universales Gesetz. Ohne Bitte, kein Handeln erlaubt.“ Ich zuckte mit den Schultern und machte eine Coladose auf. „Gut für uns. Früher – haben die Menschen ständig um Hilfe oder Schutz gebeten. Zu meiner Zeit gab es diese Religionen noch nicht.“ „Was hast du da gemacht?“ „Was wohl? Habe nach jemand anderem gesucht. Überhaupt waren wir für die Menschen nicht die Bösen. Im Gegenteil. Viele Menschen haben auch uns und unsere Kraft gebucht, sozusagen, um ihr Dorf oder Land gegen ihre menschlichen Gegner zu verteidigen.“ Ich nahm einen Schluck aus der Dose. „Als Bezahlung bekam man eben einen Menschen. Es gibt immer noch Dämonen, die auf Menschenfleisch spezialisiert sind. Können nichts anderes essen, die armen Viecher, sind in ihrer Entwicklung echt zurück geblieben. Und die Leute, die sich zur Verfügung stellten, waren auch keine Opfer, die haben sich freiwillig gemeldet, die waren sogar stolz darauf, für ihr Land etwas tun zu können. Menschenopfer, so wie es in den Geschichtsbüchern steht, also das man sie in einen Vulkan geworfen hätte, um den Vulkangott zu beruhigen, das stimmt so nicht.“ Ich merkte, das ich etwas nostalgisch wurde. „Wenn man früher in ein Haus ging, stand auf dem Tisch schon ein Teller mit frischgebackenem Brot und ein Krug mit frisch gemolkener Milch.“ Ich grinste Sasuke zu. „Nur das Beste für dämonische Besucher. Wenn man so freundlich und ehrfürchtig behandelt wird, na ja, dann lässt man die Leute eben in Ruhe und begnügt sich mit dem was sie einem anbieten.“ „Früher war alles besser, was?“ Sasuke grinste auch ein wenig. „Nicht alles. Wie gesagt, alles hat immer zwei Seiten. Aber jetzt sind wir nur noch die Bösen.“ „Und kommen nach unserem Ableben ins Fegefeuer. Das ist – ähm – die Hölle, oder?“ „Nein. Da kommen auch Menschen hin. Eigentlich ist es ein Ort der Läuterung. Man bleibt mit seinem Astralkörper in dieser Astralebene und wird mit seinen Fehlern konfrontiert. Wenn man sie einsieht, geht man weiter.“ „Und wenn man sie nicht einsieht?“ „Muss man wieder zurück. Dann muss man diese Sache mit dem Karma durchziehen, du hast davon gehört?“ fragte ich Sasuke und nahm noch einen Schluck. „Ja. Also – ist es nicht so gut, wenn man einfach jemanden umbringt, so wie du, oder?“ Ich sah ernst in seine dunklen Augen. „Nein, ist es nicht.“ „Was ist mit unserer Ernährung?“ wollte er gleich darauf wissen. „Du hast ihn ja nicht umgebracht. Keiner verlangt von uns, das wir einen grausamen Hungertod sterben. Es gibt genug Energie im Universum, die beiden werden sie wieder auftanken. Und wenn sie ihre Engel bitten würden, würden die sie sofort damit versorgen.“ „Mh, also lebt man nach seinem Tod weiter.“ „Es gibt keinen Tod, nur Transformierung. Auch ein Schlüsselwort, merk es dir. Klar lebt man weiter. Hast du nicht die armen Wichte gesehen im Bahnhof?“ „Wichte im Bahnhof?“ „Also nicht? Das kommt sicher noch, ja drei Stück. Drei Menschen die keinen materiellen Körper mehr hatten. Solche Geister treiben sich gerne an Orten rum, wo viel los ist.“ „Wieso?“ „Die brauchen auch Lebenskraft. Sonst verlieren sie ihren Astralkörper, der kann auf dieser niedrigen Ebene nämlich nicht ohne seinen physischen Doppelgänger existieren.“ „Aber – warum sind sie nicht weitergegangen? In diese andere Welt?“ „Was weiß ich. Hab sie nicht gefragt.“ Ich warf die leere Dose in eine Mülltüte, die wir mitgebracht hatten. „Aber – dann können sie ja auch nicht wiedergeboren werden, nicht wahr?“ „Wer will schon wiedergeboren werden?!“ „Aber...“ „Und jetzt lass mich schlafen.“ Ich verschränkte demonstrativ die Arme und lehnte mich zurück. Ja. Wer wollte schon wiedergeboren werden in diese materialistische, bipolare und gierige Welt, wenn es woanders so viel besser war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)