Growing Up von Minami (NaruSasu | SasuNaru) ================================================================================ Kapitel 20: despair -------------------  „… also könnten wir… Naruto…? Naruto? Hey, hörst du mir überhaupt zu, du Balg?!“   „Autsch!“ Stöhnend legte Naruto die Hände auf den Kopf, nachdem seine Tante Tsunade ihm eine Kopfnuss verpasst hatte. „Au, fuck! Spinnst du, baa-chan?!“   „Ich rede mit dir, also hör mir gefälligst auch zu!“ Tsunade verschränkte die Arme vor der Brust, was ihren gewaltigen Vorbau nur noch praller erschienen ließ.   „Ich hab zugehört, Mann“, murmelte Naruto, während er sich durchs Haar rubbelte. Er ließ seine Hände mit einem Seufzen fallen und griff nach seinem Glas Cola.   „Ach ja?“ Skeptisch zog Tsunade eine blonde Augenbraue in die Höhe. „Was hab ich denn dann gerade gesagt?“ Ihre Finger trommelten gegen ihren Oberarm, während sie ihn ungeduldig ansah.   Naruto öffnete den Mund, schloss ihn nach ein paar Sekunden aber wieder, da er den Worten seiner Tante tatsächlich nicht gelauscht hatte. „…Mrmph“, brummte er also stattdessen und drehte den Kopf zur Seite, die blauen Augen aufs Fenster gerichtet.   Tsunade seufzte und fing an, sich die Schläfe zu massieren. „Ich hab gesagt, dass du gerne zu Jiraiya und mir ziehen kannst, du wenn du möchtest“, wiederholte sie, die Stimme deutlich sanfter als noch vor wenigen Sekunden, „Du musst hier nicht wohnen bleiben, Naruto. Niemand nimmt es dir übel, wenn du raus aus der Wohnung willst, mit der du so viele Erinnerungen an deine Mutter verbindest.“   Nachdenklich ließ Naruto seine Zunge über seine spitzen Eckzähne gleiten. Seine Tante und sein Onkel wohnten in Saitama, also in einer völlig anderen Präfektur, als Naruto es nun tat. Saitama war zwar eine wirklich schöne Stadt und Naruto fühlte sich dort auch sehr wohl, aber sie war einfach verflucht weit weg. Saitama war noch viel weiter von Konoha entfernt, als Hachiōji, nämlich gute fünf Stunden und wow, das war echt viel.   Erst, als sich eine Hand über seine legte, wandte Naruto den Blick vom Fenster ab und blickte in die braunen, besorgt aussehenden Augen seiner Tante. Es war ungewohnt, Tsunade so zu sehen. Sie war zwar schon Mitte fünfzig, wirkte allerdings viel jünger und dynamischer, aber jetzt…   Jetzt, wo sie ihn mit ihrer in Falten gelegten Stirn und den fest zusammen gepressten Lippen ansah, da wirkte sie viel, viel älter und das war ein erschreckendes Bild. ‚Sie macht sich Sorgen um mich‘, wurde Naruto bewusst, ‚Sie macht sich Sorgen um mich.‘   Und genau aus diesem Grund schüttelte er langsam den Kopf. Wenn sie wüsste, was er die letzten zwei Tage nach der Beisetzung seiner Mutter so alles getrieben hatte… Wenn sie wüsste, was er in den letzten Tagen alles an Alkohol zu sich genommen hatte…   Er wollte nicht, dass Tsunade sich Sorgen machte. Er wollte nicht der Grund für ihre Falten und ihre grauen Haare sein, also brauchte er Distanz. Distanz zwischen ihnen, damit sie nicht mitbekam, was für ein Wrack ihr Patenkind doch eigentlich war, was für ein erbärmliches Häufchen Elend er war.   „Ich bin in Konoha geboren“, sagte er leise, der Blick auf ihren Handrücken und auf die wegen ihren Alters doch deutlich hervorstehenden Adern gerichtet, „Ich hab mein ganzes Leben lang in Konoha gewohnt, nie woanders und irgendwie… Weiß nicht, ich fühl mich nicht bereit, hier wegzuziehen.“   „Aber jetzt wäre eine gute Gelegenheit“, erwiderte Tsunade, „Wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um der Stadt den Rücken zu kehren?“   Naruto knabberte an seiner Unterlippe. „Ich wohne gerne hier“, meinte er und es stimmte. Er wohnte tatsächlich gerne hier und er liebte Konoha! Jedes Viertel, jede Ecke, jeden Park und jede Brücke… „Außerdem… Ich hab doch meine Ausbildung hier, die will ich nicht abbrechen.“   Tsunade zog die Mundwinkel leicht herunter. Man konnte ihr ansehen, dass sie es für keine gute Idee hielt, Naruto hier alleine weiter wohnen zu lassen und eigentlich hatte sie ja Recht… Aber das wusste sie nicht und das würde sie Naruto auch ganz sicher nicht wissen lassen, seine nächtlichen Eskapaden und der überhöhte Alkoholkonsum.   „In Saitama gibt es auch Kindergärten, Naruto“, sagte sie ihm.   „Aber ich liebe die Kinder hier“, gab er zurück und zog seine Hand unter ihrer weg, um sein Glas Cola zu umfassen und einen Schluck zu trinken, „Außerdem will ich nicht noch weiter von Sasuke wegziehen, als ich es eh schon tue.“   „Hmm…“ Tsunade sah ihn an, ihre langen Fingernägel gegen das Holz des Tisches trommelnd, und seufzte schließlich. „Stures Balg“, murmelte sie und rieb sich übers Gesicht, „Also willst du hier wohnen bleiben?“   Naruto nickte langsam. „Will ich“, bestätigte er und strich mit dem Zeigefinger über den Rand des Glases.   Tsunade seufzte erneut und lehnte sich im Stuhl zurück, die Arme verschränkt. „Wie viel Miete musst du im Monat bezahlen und wie viel verdienst du bei der Ausbildung?“   „Ähm…“ Naruto zog die Augenbrauen zusammen. „Also bei der Ausbildung verdien ich 27.500 Yen im Monat. Eigentlich würd ich nicht so viel kriegen, aber meine Chefin kommt mir da glücklicherweise entgegen und hilft mir…“ Ein Lächeln schlich sich auf seine Züge. Er hatte wirklich eine tolle Chefin. „Und die Miete ist… äh, ich weiß nicht den genauen Preis…“ Nachdenklich rieb er sich über den Oberarm. „Aber es müssten so um die 50.000 Yen sein.“   „Mmh.“ Tsunade legte beide Hände auf den Tisch und erhob sich. „Kushina hat doch sicherlich ihre Rechnungen irgendwo abgeheftet, oder?“   „Äh, ja.“ Naruto drehte sich halb im Stuhl um und deutete auf die Tür, die er seit dem Tod seiner Mutter nicht mehr angefasst hatte und auf den Raum, in den er nie wieder einen Fuß hinein setzen würde. Zu groß waren die Schmerzen und zu intensiv die Erinnerungen. „In ihrem Zimmer, im Schrank. Da stehen ein paar Ordner mit Rechnungen und so.“   Tsunade nickte und begab sich ohne zu zögern in Kushinas Schlafzimmer. Naruto beneidete sie, er würde auch gern ohne Zögern in seiner eigenen Wohnung herum laufen, aber er konnte es nicht. Seine Angst war einfach zu groß.   Seufzend rieb er über das verwaschene Gesicht von Spongebob, das auf seinem Glas abgedruckt war, und leerte den restlichen Inhalt mit einem einzigen Schluck. Es war ungewohnt, etwas ohne Alkohol zu trinken. Die letzten Tage hatte er sich schließlich fast nur von Alkohol ernährt, sein Körper hatte sich bereits daran gewöhnt und dementsprechend verlangte er nun auch nach Nachschub.   Aber nicht jetzt… Nicht, wenn Tsunade da war. Er musste sich beherrschen und darauf hoffen, dass seine Tante seine zitternden Finger nicht bemerkte.   Knapp eine Minute später kam sie mit einem dicken Ordner zurück. Sie setzte sich wieder gegenüber von Naruto an den Esstisch und fing an, durch die Seiten zu blättern, bis sie ein gesummtes „Mh“ von sich gab.   „Da“, sagte sie und deutete mit dem Finger auf eine Zeile, „Da steht es. 51.500 Yen im Monat.“ Sie schlug den Ordner wieder zu. „Das sind 24.000 Yen mehr, als du hast.“   Naruto biss sich auf die Unterlippe. „Ich weiß“, murmelte er leise, „Ich kann mir einen Nebenjob oder so suchen, dann-“   „Du willst tatsächlich hier wohnen bleiben“, unterbrach Tsunade ihn mit barscher Stimme, „Bist du dir da wirklich sicher?“   „Ja.“ Naruto nickte entschlossen und umfasste sein inzwischen leeres Glas mit einem harten Griff. „Bin ich.“   Tsunade sah ihn lange an, bevor sie ihre Hand mit einem niedergeschlagenen Seufzen auf ihre Schläfe legte. „Du bist wirklich ein Balg und musst alles komplizieren, oder?“   Naruto blinzelte verwirrt. „Was…?“, fragte er verunsichert nach, „Wie meinst du das, baa-chan…?“   „27.500 Yen würden dir reichen, oder?“ Tsunade antwortete ihm nicht und stellte stattdessen eine Gegenfrage. Ihre Nägel bohrten sich leicht in das Fleisch ihres Oberarms. „Würden dir 27.500 Yen im Monat zum Leben reichen?“   „Ähm, joa…“, erwiderte Naruto langsam und kratzte sich an der Wange, „Denk schon. Ich mein, ich brauch ja nur Geld zum Essen, für ein paar Klamotten und Strom und so. Heizung und der andere Kram sind bei der Miete ja mit einberechnet.“   Tsunade nickte und erhob sich. „Gut“, sagte sie und strich sich die Falten aus der Kleidung, „Dann werd ich jetzt mit deinem Vermieter reden und ihm sagen, dass Jiraiya und ich nun jeden Monat für dich die Miete zahlen werden.“   „Wa-Was?!“ Naruto riss die Augen auf und starrte sie fassungslos an. Tsunade wollte… Sie wollte ihm wirklich die Miete zahlen…? „Aber ihr habt doch selbst nicht so viel, baa-chan!“, rief er aus und sprang auf, „Ihr müsst mir nicht alles zahlen, das ist zu viel! Es ist völlig okay, wenn ich mir einen Nebenjob nehme oder-“   „Nein.“ Tsunades Stimme war kalt und die Augen zu Schlitzen verengt. Als sie sah, wie Naruto erschrocken zusammenzuckte, wich die Härte aus ihrem Gesicht und sie kam einen Schritt auf ihn zu. „Nein. Jiraiya und ich haben Minato und Kushina versprochen, dass wir auf dich aufpassen werden, Naruto.“   Sie legte ihre Hand auf seinen Kopf, die Lippen zu einem ihrer seltenen Lächeln geformt. „Du kennst den alten Perversling und mich, wir brechen nie unsere Versprechen.“   „Aber…“ Naruto sah sie mit großen, blauen Augen an.   „Kein aber, Balg.“ Tsunade zerzauste ihm das Haar. „Mach dir wegen uns keine Sorgen, uns bleibt noch genug Geld übrig, auch wenn wir einem Rabauken wie dir die Miete zahlen müssen.“   Das schlechte Gewissen nagte an Naruto, als er in ihre warmherzigen, braunen Augen sah und er musste den Kopf aus Scham zur Seite drehen. Er hatte es nicht verdient… Er hatte es nicht verdient, dass man sich so liebevoll um einen so erbärmlichen Menschen wie er es war kümmerte.   „Danke“, krächzte er, als Tsunade seinen Kopf herunter neigte und sich auf die Zehenspitzen stellte, um besser seine Stirn küssen zu können, „Danke, baa-chan, danke…“   „Oh ja, dankbar solltest du auch wirklich sein!“ Tsunade gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, aber es war ein sanfter, ein verspielter. Sie krempelte die Ärmel ihrer Bluse bis zu ihren Ellbogen herauf und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Ich sollte mich langsam auf den Weg machen, wenn ich nicht mitten in der Nacht zuhause sein will.“   Narutos Blick huschte ebenfalls zur Uhr. Kurz vor sechszehn Uhr und Tsunade hatte noch eine fünfstündige Reise vor sich. „Das solltest du echt machen“, meinte Naruto und schob die Hände in seine Hosentasche, „Sonst denkt Ero-sennin, dass er sturmfreie Bude hat und veranstaltet wieder einer seiner bescheuerten Strip-Poker-Partys.“   „Tsk.“ Tsunade pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich denke, das traut er sich nach dem letzten Mal nicht mehr“, erwiderte sie mit einem fiesen Schmunzeln und knackste mit den Knöcheln.   Naruto erschauderte und ging einen Schritt zurück. Warum musste es nur so viele gewalttätige und vor allem gruselige Frauen in seinem Leben geben?! „Äh, hehe, wenn du sagst, baa-chan.“   Er führte seine Patentante zur Haustür und sie verabschiedeten sich voneinander. Tsunade versicherte ihm, dass sie dem Vermieter noch mitteilen würde, dass sie die Miete von nun an bezahlen würde und weg war sie.   Naruto atmete erleichtert aus und drückte seinen Rücken gegen die Haustür. „Endlich“, sagte er und ignorierte dabei sein schlechtes Gewissen, weil er sich freute, dass sie endlich weg war.   Es war ja nicht so, als würde er sich nicht über ihre Anwesenheit freuen und fuck, er war ihr und seinem Onkel wirklich unendlich dankbar, weil sie ihm finanziell unter die Arme greifen würden. Es war einfach die Tatsache, dass… dass er seinen Alkohol brauchte.   Naruto brauchte seinen Alkohol, da er spürte, wie ihm alles langsam wieder zu viel wurde. Die Trauer, der Schmerz, die Einsamkeit… Das waren alles Dinge, mit denen er nicht umgehen konnte, die ihn innerlich zerfraßen und da kam der Alkohol ins Spiel.   Dieser half Naruto nämlich dabei zu vergessen. Er half ihm, all die negativen Emotionen zu vergessen und machte ihn taub für alle schmerzlichen Gedanken. Der Blonde war nicht körperlich abhängig, das nicht, sondern emotional.   Früher, vor mehreren Monaten, da war er tatsächlich noch körperlich abhängig gewesen. Er war kein Alkoholiker in dem Sinne, aber er war in den ersten Phasen der Sucht gewesen und war mit großen Schritten in Richtung Alkoholismus gegangen, doch dann…   Dann war Sasuke da gewesen, sie waren zusammen gekommen und seitdem… Seitdem hatte Naruto einfach nicht mehr das Bedürfnis gehabt, sich sinnlos Alkohol hinter die Binde zu kippen und sich zu besaufen. Klar, auch mit Sasuke an seiner Seite gab es Momente, in denen er nichts sehnlicher wollte, als alle Sorgen zu vergessen…   Sakura… Als der große Streit und der Auseinanderfall mit Sakura begonnen hatte, hatte Naruto fast jeden Tag das Bedürfnis nach Wodka und ähnlich harten Getränken gehabt, aber Sasuke hatte ihn davon abgehalten und deswegen war ihm Naruto auch wirklich zu Dank verpflichtet…   Aber jetzt… Er fiel in ein Loch. Naruto fiel in ein großes, schwarzes Loch und diesmal war niemand da, um ihm eine Hand zu reichen und zu retten. Denn jetzt… Jetzt war Naruto gänzlich allein. Er hatte niemanden mehr hier in Konoha, niemanden.   Vater – tot.   Mutter – tot.   Sakura – interessierte sich nicht mehr für ihn und war außerdem noch weggezogen.   Sasuke – wohnte drei Stunden entfernt.   Er hatte niemanden mehr hier, keine einzige Person, an die er sich wenden konnte. Niemanden, aber dafür hatte er… dafür hatte er etwas. Nämlich Alkohol.   „Du bist ein wahrer Freund“, murmelte Naruto der Sakeflasche zu, die er aus seinem Geheimversteck in der Küche geholt hatte, „Du verlässt mich nie und außerdem hilfst du mir auch noch dabei, mich besser zu fühlen.“   Lächelnd strich er mit dem Daumen über das weiße Etikett der Flasche und führte sie zu seinem Mund, um einen großen Schluck zu nehmen. Aus einem wurden schnell zwei, dann drei, dann vier und dann… Dann war die Flasche, die bei seinem Hervorholen nicht einmal mehr halbvoll gewesen war, auch schon leer.   „Fuck“, fluchte er mit schwerer Zunge. Er war bereits angesäuselt, das konnte er merken, aber es war nicht genug. Noch lange nicht genug. Angesäuselt sein war schön und gut, es hob auch seine Laune an, aber es half ihm nicht dabei, die Schmerzen gänzlich zu vergessen und den Riss in seinem Herzen, wenn auch nur temporär, zu flicken.   „Mehr.“ Naruto leckte sich über die trockenen Lippen und nahm seine Geldbörse in die Hand, um nachzuzählen, wie viel Geld er noch hatte. Genau 4.000 Yen. Das war gut, sehr gut sogar, denn damit konnte er sich auf jeden Fall mindestens zwei Flaschen kaufen.   Den Alkohol zu bekommen war auch kein Problem. Es gab eine Tankstelle ganz in seiner Nähe, deren Preise vielleicht etwas teurer waren, aber dafür verkauften sie Spirituosen auch an Minderjährige. Das war laut Gesetz ja natürlich verboten, aber darauf schiss die Tankestelle einfach und irgendwie… Irgendwie fand Naruto das so cool, dass er gerne ein paar Yen mehr ausgab, damit er in Ruhe und ohne Stress seinen geliebten Alk bekommen konnte.   Summend steckte Naruto seine Geldbörse und seinen Schlüsselbund in seine Hosentasche und dann machte er sich auch schon auf den Weg. Er war zwar schon etwas angeheitert, aber nicht so stark alkoholisiert, dass er durch die Gegend torkelte. Er konnte noch einigermaßen gerade gehen, was seinen zehnminütigen Fußmarsch auf jeden Fall etwas angenehmer gestaltete.   Auf halber Strecke tastete er seine Hose nach seinem Päckchen Zigaretten ab, aber dann fiel ihm wieder ein, dass er mit dem Rauchen ja aufgehört hatte und er zog die Augenbrauen zusammen. Das war etwas, was ihm überraschend leicht gefallen war; mit dem Rauchen aufzuhören.   Er hatte es schon so oft probiert und er war immer wieder rückfällig geworden, aber jetzt… Es war zwar erst sein dritter Tag als Nichtraucher, aber ein Verlangen nach Nikotin verspürte er glücklicherweise kaum.   Klar, manchmal kamen in ihm Gedanken wie „Och, eine Kippe wäre jetzt ganz nett“ auf, aber diese vertrieb Naruto ganz schnell wieder und dann war das Thema für ihn auch erledigt. Er vermutete mal, dass seine Mutter der Grund war, warum es ihm diesmal so leicht fiel, die Finger von den Zigaretten zu lassen, selbst in solch einer schlimmen Zeit wie dieser.   Aber er hatte es ihr versprochen… Naruto hatte ihr in den letzten Minuten ihres viel zu kurzen Lebens versprochen, dass er keine Zigarette mehr anrühren würde, also tat er dies verdammt nochmal auch! Das war nun wirklich das Mindeste, was er tun konnte. Ihren letzten Wunsch erfüllen.   Besonders… Besonders weil Kushina an Lungenkrebs gestorben war und Naruto einfach nicht von dem Gedanken los kam, dass er Mitschuld an ihrem Tod trug. Seine Mutter hatte schließlich seit Jahren nicht mehr geraucht und hatte sofort damit aufgehört, als sie mit ihm schwanger geworden war, aber Naruto…   Er rauchte nun schon seit gut vier Jahren und es gab wirklich Zeiten in seinem Leben, in denen er um die zehn Zigaretten am Tag geraucht hatte und immer war Kushina in der Nähe gewesen. Passivraucher, wegen ihm war sie zum Passivraucher geworden und jetzt war sie tot.   Tot, weil sie einen Tumor in der Lunge hatte. Tot, weil sie Lungenkrebs hatte und das, obwohl sie seit fast achtzehn Jahren Nichtraucher war. Während Naruto… Während er der Raucher war und er war gesund, er hatte keinen Tumor in der Lunge und das war…   Das war einfach nicht fair. Er hatte die Krankheit verdient, nicht seine Mom, die alles richtig gemacht und so oft versucht hatte, ihn vom Rauchen abzubringen. Jetzt hatte sie es zwar geschafft, aber mit welchem Preis?   Den Preis, den sie dafür bezahlt hatte, dass ihr Sohn mit dem Nikotin aufhörte war viel zu hoch gewesen. Nämlich ihr Leben.   Beim Gedanken an seine verstorbene, geliebte Mutter wurde ihm schwer ums Herz, also erhöhte er die Geschwindigkeit seiner Schritte. Je schneller er seinen Alkohol hatte, desto besser. Dieser unglaubliche Schmerz, den er empfand, wurde von Sekunde zu Sekunde immer unerträglicher und das Brennen in seinen Augen immer stärker.   Verdammt, er brauchte seinen Wodka, sonst würde er noch zusammenbrechen und diesmal war kein Sasuke in der Nähe, der ihn auffangen und beruhigen konnte.   Naruto bohrte die Zähne in die Unterlippe und erlaubte sich ein schwaches Lächeln, als die Tankstelle in Sichtweite kam. Er schob die zitternden Hände in seine Hosentasche und bewegte sich zielstrebig auf den Eingang zu, da öffnete sich dieser plötzlich und ein ihm nur allzu bekanntes, aber lange nicht mehr gesehenes, Gesicht erschien.   „Uh… Blondie…! Hey!“   „Suigetsu…“ Naruto blinzelte überrascht, als er seinen ehemaligen Schulkameraden sah und grinste schwach. „Hi.“   „Ich hab dich ja ewig nicht mehr gesehen und wow…“ Suigetsu pfiff, während er ihn von oben bis unten betrachtete. „Sorry, wenn ich das so direkt sage, aber du siehst extrem scheiße aus.“   Naruto lachte hohl auf. „Kein Ding“, sagte er und zuckte schwach mit den Schultern, „Deswegen bin ich ja hier. Um was zu kaufen und so.“   „Oh Mann. Du könntest hiervon echt etwas gebrauchen, Kumpel.“ Suigetsu fuchtelte mit der Flasche Jägermeister vor seinem Gesicht herum. „Oder warte, streich das ‚etwas‘ und ersetz es mit ‚viel‘.“   Naruto gab ein Schnauben von sich. „Glaub mir, ich hatte auch nicht vor, mir nur ein kleines Sixpack Bier zu kaufen oder so.“   Suigetsu summte. Das war einer der Gründe, weswegen Naruto den Kerl so gerne mochte; er fragte nicht nach. Er war nicht wie all die anderen, die ihn andauernd fragten, was los war und ob er reden wollte. Suigetsu sah, dass Naruto nicht über seine Probleme reden und keine Fragen beantworten wollte, also stellte er schlicht und ergreifend auch keine.   „Hey, Blondie. Ich weiß, was dich vielleicht aufmuntern könnte.“ Grinsend stemmte Suigetsu die Hand, in der er keinen Alkohol trug, in die Hüfte. „Ich geb in zwei Tagen eine Party, weil meine Alten mal wieder fort sind, und du bist herzlich eingeladen, Kumpel!“   „Party?“ Naruto runzelte die Stirn bei diesem Vorschlag und presste die Lippen nachdenklich zusammen. Es war ja nicht so, als wenn er feiern nicht liebte und er war ja auch schon bei einigen Partys von Suigetsu gewesen und wusste, dass diese einfach der Hammer waren.   Aber feiern… Feiern war solch ein… solch ein glückliches Tun und glücklich, das war Naruto im Moment einfach nicht. Er war das genaue Gegenteil, er war völlig am Boden zerstört und da würde es sich einfach falsch anfühlen, wenn er auf eine Party gehen würde!   Aber andererseits… Andererseits gab es auf Partys immer freien Alkohol und er war im Moment wirklich knapp bei Kasse, da er das meiste seines Geldes bereits für Spirituosen ausgegeben hatte! Außerdem hatte er die letzten Tage nichts gemacht, außer sich in die Wohnung gesperrt und sich besoffen und ein Ortswechsel würde ihm sicherlich gut tun.   Zuhause wurde er schließlich permanent an seine Mutter erinnert, was ihn nur noch tiefer in sein Loch fallen ließ, aber wenn er mal heraus kommen würde… Wenn er unter Menschen kommen würde, dann würde es ihm sicherlich leichter fallen den Schmerz, der ihn langsam aber sicher zerriss, zu verdrängen und für einen kurzen Moment zu vergessen.   Vergessen, dass er komplett alleine war und niemanden mehr hatte.   Vergessen, dass seine Mutter gestorben war.   Vergessen, dass er zu ihrem Tod beigetragen hatte.   Einfach vergessen… und zwar alles.   „…Okay“ Naruto nickte langsam und vergrub die Hände in den Gesäßtaschen. „Hört sich gut an.“   „Super, cool.“ Suigetsu warf ihm ein Grinsen zu und tätschelte seinen Kopf. „Geht so um zehn Uhr abends los, so um den Dreh herum ist auf jeden Fall geplant. Ich hoffe, du weißt noch, wie du zu meinem Haus kommst!“   „Ach was, klar tu ich das!“ Naruto winkte mit der Hand ab. „Ich mein, es ist zwar schon was her, seitdem ich das letzte Mal mit dir Party machen war, aber ich vergess doch nicht, wo die besten Feiern in ganz Konoha stattfinden!“   „Gut.“ Suigetsu wirkte sehr zufrieden mit dieser Antwort. „Sasuke hält dich echt an der kurzen Leine, huh?“   Naruto runzelte die Stirn. „Nicht wirklich“, erwiderte er, da es eben nicht stimmte. Es war zwar richtig, dass er nicht mehr so oft feiern war, seitdem er und Sasuke ein Paar waren, aber es war ja auch nicht so, als würde sein Freund ihm das verbieten oder Ähnliches. „Du kennst ihn ja, er ist ein Partymuffel und es ist echt schwer, ihn zum Feiern zu überreden und ohne ihn ist es irgendwie aber auch blöd, keine Ahnung.“   „Aww, du bist echt total verknallt, Alter!“ Suigetsu lachte und zwickte ihm in die Wange.   Naruto schlug seine Hand mit einem gebrummten „Halt die Klappe!“ weg. „Also, wir sehen uns dann in zwei Tagen, oder?“, fragte er nach und versuchte, das Gespräch so zu einem Ende zu bringen. Er brauchte endlich seinen Alkohol, verdammt!   „Jo, bis dann, Kumpel!“ Suigetsu winkte ihm zu und sie stießen ihre geballten Hände zum Abschied gegeneinander, dann verschwand er schließlich.   Naruto seufzte leise und betrat endlich die Tankstelle. Zielstrebig bewegte er sich auf die Getränkeabteilung zu und betrachtete mit gerunzelter Stirn, was es so alles gab. Am Ende entschied er sich für eine Flasche Wodka und eine Flasche Jägermeister und ging zur Kasse.   „Keine Zigaretten?“, fragte der Kassierer nach, der ihn Dank Narutos häufigen Besuchen inzwischen schon kannte, und fing an, die Artikel einzuscannen.   „Nee, ich hab aufgehört“, erwiderte Naruto, während er seine Geldbörse aus der Hosentasche kramte.   Der Kassierer wirkte überrascht. „Seit wann das denn?“, wollte er wissen und nannte ihm den Preis, für die zwei Getränke – 3.650 Yen.   „Noch nicht lange.“ Naruto übergab ihm seine 4.000 Yen. „Seit drei Tagen, aber diesmal ist es endgültig. Ich hab nicht vor, wieder mit dem Rauchen anzufangen.“   „Ah.“ Der Mann gab ein Summen von sich. „Find ich gut“, meinte er und gab Naruto sein Wechselgeld. „Rauchen ist teuer und ungesund.“   „Mh“, grunzte Naruto nur. Er nahm die weiße Plastiktüte in die Hand, verabschiedete sich und machte sich schnell wieder auf den Weg nachhause. Er hatte schließlich noch etwas Wichtiges vor – sich die Kante geben und vergessen.   ~ xXx ~   Naruto hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch, als er zwei Tage später um kurz nach 22 Uhr aus dem Bus stieg und sich auf den Weg zu Suigetsu machte. Er hatte lange überlegt, ob er nun kommen sollte oder nicht, weil er sich immer noch nicht ganz sicher war, hatte sich schlussendlich aber doch dafür entschieden.   Er brauchte es einfach; den Alkohol, die Ablenkung, neue und unbekannte Gesichter um ihn herum. Feiern hatte ihn früher schließlich auch immer dabei geholfen, seine Schmerzen zu vergessen und nicht in Depressionen zu versinken, also warum sollte es nun anders sein?   Naruto kaute auf seiner Unterlippe herum, als Suigetsus Haus in Sichtweite kam und strich sich die Falten aus der Kleidung. Er musste an das letzte Mal denken, als er hier war. Wie er im Gras lag und sich die Seele aus dem Leib gekotzt hatte.   Das war zwar keine schöne Erinnerung, aber dafür waren die anderen, die er mit diesem Abend verband, umso schöner. Sasuke war da gewesen, er hatte ihn abgeholt und nach Hause gebracht und dann… Dann hatten sie sich das erste Mal geküsst.   Naruto zog die Mundwinkel für ein Lächeln nach oben, etwas, was er in den letzten Tagen kaum noch gemacht hatte. Aber er fand einfach keine Gründe mehr zum Lächeln, warum sollte er also schauspielern und sich eins auf die Lippen zwängen? Das war einfach nicht seine Art.   Er schritt durch den Vorgarten, blickte auf die Stelle, auf der er vor über einem halben Jahr gelegen hatte, und betrat dann kopfschüttelnd das Haus. Er konnte den Bass spüren, konnte die Vibrationen in seinem Körper spüren, als er sich schnurstracks in Richtung Küche begab.   Selbstbedienung. Auf Suigetus Partys konnte sich jeder so viel nehmen, wie er wollte und das war ein Angebot, welches Naruto definitiv nutzen würde. Er grinste schwach, als ihm ein paar bekannte Gesichter, die er im Moment aber nicht einordnen konnte, freundschaftlich auf die Schulter schlugen und ging zum Kühlschrank herüber, um diesen zu öffnen.   Bier, Bier und nochmals Bier. Das war zwar schön und gut, aber bei Bier würde es ewig dauern, bis er richtig voll war, also machte er sich auf die Suche nach Getränken, die etwas mehr prozenthaltigen Alkohol aufwiesen. Ganz zu seiner Enttäuschung fand er nichts, also musste er sich erst einmal mit zwei Flaschen Asahi Bier zufrieden geben.   „Ugh, wenn es wenigstens Sapporo Bier gewesen wäre, aber nein!“ Naruto rümpfte die Nase, als er den Deckel der Flasche abschraubte und einen großen Schluck nahm. „Suigetsu lernt ja nicht dazu und kauft weiterhin diese eklige Marke.“   Er seufzte und blieb im Wohnzimmer angekommen erst einmal stehen. Hier dröhnte die Musik so laut, dass sein gesamter Körper bei jedem Basston bebte und er sich festhalten musste, um nicht hinzufallen. Naruto hatte nämlich vorgetrunken und war bereits im nicht mehr ganz so nüchternen Zustand zur Party gegangen, was er nun definitiv merkte.   Er lehnte sich mit dem Rücken gegen eine freie Wand und beobachtete das Treiben auf der Tanzfläche, während er alle paar Sekunden an seinem Bier nippte. Treiben, das war wirklich ein gutes Wort, um das Geschehen auf der Tanzfläche zu beschreiben, denn so, wie es aussah, hatte ein Pärchen in Mitten der Menschenmengen doch tatsächlich Sex.   Naruto schnaubte, als er die wirklichen sehr eindeutigen Hüftbewegungen des Kerles sah und ließ seinen Blick weiter wandern. Das musste er sich nun wirklich nicht antun. Obwohl es bereits Mitte September und die Temperaturen in den letzten Wochen deutlich gesunken waren, war es verflucht heiß im Wohnzimmer.   So heiß, dass es nicht lange dauerte, bis Naruto sein Shirt am Oberkörper kleben spürte und beschloss, ein wenig nach draußen und in den Garten zu gehen. Wie auch vor einem halben Jahr war es draußen glücklicherweise relativ leer, also setzte sich der Blonde auf eine der Treppenstufen und widmete sich seinen Bierflaschen.   Die erste Bierflasche war schnell leer getrunken, also wurde die zweite geöffnet und weiter ging die große Sauferei. Hier draußen an der frischen Luft war es angenehm kühl und dazu kam diese entspannende Stille. Ein perfekter Moment für eine Zigarette.   Aber er würde nicht rauchen. Naruto schüttelte den Kopf, um diesen lästigen und störenden Gedanken loszuwerden, und stöhnte im nächsten Moment, da die plötzliche Bewegung seines Kopfes seinen Schädel zum Brummen brachte.   Doch er war noch nicht betrunken genug und seine Gedanken viel zu klar, also erhob er sich mit einigen Schwierigkeiten und torkelte zurück ins Haus, um sich auf die Suche nach mehr Alkohol zu begeben.   Auf seinem Weg wurde er zwar mehrmals angehalten und angesprochen, aber Naruto winkte die Personen mit einer Handbewegung ab und machte so schnell klar, dass er keinen Bock auf Smalltalk hatte.   Sein eigentliches Ziel war ja die Küche gewesen, um sich mehr von diesem ekelhaften Bier zu holen, doch im Wohnzimmer fiel sein Blick plötzlich auf einen Tisch. Auf einen großen, runden Tisch, an dem mehrere grölende Typen saßen.   „Du kannst doch echt gar nichts vertragen, Satoshi!“, brüllte einer der Kerle lallend und fing an zu lachen. „Ich sauf dich so etwas von unter den Tisch, Mann!“ Er hob ein kleines Gläschen, das gefüllt mit einer weißen Flüssigkeit war und oh… War das etwa Tequila?   Naruto grinste, als er auf dem Tisch tatsächlich mehrere, ein Liter Flaschen Tequila sah. Das war perfekt! Er liebte Tequila und vor allem half es ihm immer dabei, sich möglichst schnell und effektiv die Kante zu geben.   Mit ungeschickten Schritten bewegte er sich auf den Tisch zu. „Hey, Leute!“, rief er ihnen mit schwerer Zunge zu, „Was geht ab bei euch?“   „Naruto!“, begrüßte ihn einer und schlug mit der Hand auf einen freien Stuhl, „Wir machen einen Trinkwettbewerb, Mann, willst du mitmachen?“   „Klar doch!“ Grinsend ließ er sich auf den Stuhl fallen und umgriff eins der kleinen Gläschen. „Ich bin mir sicher, dass ich euch alle unter den Tisch saufen kann!“, meinte er entschlossen und sah sich in der kleinen Runde um, „Also, wer will mein erster Gegner sein?!“   Knapp eine Stunde und über zehn Tequila-Shots später konnte sich Naruto erneut, wie vor einem halben Jahr, auf dem Boden wiederfinden. Nur diesmal lag er nicht im Vorgarten, sondern auf dem Flur und diesmal…   Diesmal zierte ein kleines, verzerrtes Lächeln seine Lippen, als er mit dem Handrücken über sein Kinn rieb und sich erneut übergab.   ~ xXx ~   „Hey.“ Suigetsu stieß seine Schulter leicht gegen Narutos. „Kennst du Warehouse 13?“   Naruto, der gerade einen Schluck von seinem Bier getrunken hatte, zog die Augenbrauen zusammen. „Die Serie?“, fragte er nach, die Lippen leicht gegen die Flaschenöffnung gepresst.   Suigetsu gab ein Schnauben von sich. „Nein, du Trottel. Ich red von diesem alten Lagerhaus. Das müsstest du eigentlich kennen, das ist doch in deinem Viertel oder nicht? Wohnst du nicht im Hokage-Viertel?“   „Oh.“ Naruto legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, als das mittlerweile warme Bier seine Kehle hinab glitt. „Das. Jepp, kenn ich, aber ich war nie wirklich dort.“ Er zuckte mit den Schultern und rieb sich mit dem Handrücken über den Mund. „Ich bin kein Raver.“   Warehouse 13 war, wie der Name schon sagte, ein Lagerhaus. Ein ehemaliges Lagerhaus, welches zu dem Raver-Treffpunkt in ganz Konoha umfunktioniert worden war. Warehouse 13 war nicht nur in Konoha, sondern in der ganzen Präfektur Chiba bekannt und vor allem beliebt.   Da Naruto in der Nähe wohnte, war er natürlich schon ein paarmal am Lagerhaus vorbei gelaufen und hatte auch den einen oder anderen Blick riskiert, aber rein, das hatte er sich bis jetzt nie getraut.   Erstens, weil er ehrlich gesagt nie ein großer Fan von elektronischer Musik gewesen war und immer Rock’n’Roll bevorzugt hatte und zweitens… Zweitens, weil er wusste, dass im Warehouse 13 mit Drogen gehandelt wurde.   Es war in der ganzen Stadt bekannt, dass man dort ohne Schwierigkeiten an Drogen heran kommen konnte. Selbst die Polizei wusste dies und veranstaltete deswegen auch regelmäßig Razzien dort, welche aus unerklärlichen Gründen fast immer erfolglos blieben. Man vermutete, dass Konohas Drogenring einen Informanten bei der Polizei hatte, aber sicher war man sich nicht und Beweise, die dies belegten, hatte man bis jetzt auch noch nicht gefunden.   „Wieso fragst du?“, wollte Naruto wissen und beugte sich vor, die Arme auf seinen Knien abgestützt und in einer Hand die inzwischen fast leere Bierflasche haltend.   „Keine Ahnung, ich hab gedacht, das wäre was für dich.“ Suigetsu zuckte mit den Schultern und lehnte sich leicht an ihn. Sein langsamer, regelmäßiger Atem schlug Naruto ins Gesicht. Er roch nach Alkohol. „Du hast die letzten Male so gelangweilt gewirkt, als wir Party gemacht haben.“   „Mmh.“ Naruto zog die Augenbrauen zusammen und starrte auf die braune Flasche in seinen Händen.   Es war nun schon gut eine Woche her, dass er auf Suigetsus Hausparty gewesen war und seitdem… Seitdem war er jeden verfickten Tag feiern gewesen. Jeden Tag auf Achse und Party, ununterbrochen seit sechs Tagen und wow, das war überraschend anstrengend.   Dazu kam, dass er seit drei Tagen wieder im Kindergarten arbeiten musste und bis früh in den Morgen hinein zu feiern, dann höchstens zwei Stunden Schlaf zu kriegen und dann auch noch den halben Tag mit lauten, aufgeweckten Kindern zu verbringen, das war echt nervenraubend.   Naruto wusste, dass seine momentane Lebensweise ungesund war. Ihm war durchaus bewusst, dass es gefährlich war, nur so wenig zu schlafen und sich größtenteils von Energydrinks und Alkohol zu ernähren, aber fuck… Er konnte einfach nicht damit aufhören!   Und eigentlich… Eigentlich wollte er das auch nicht, da es ihn tatsächlich ablenkte. Er hatte in den letzten Tagen kaum noch an seine Mutter gedacht und war seit ganzen vier Tagen nicht mehr zusammen gebrochen, weil ihm alles einfach zu viel wurde und das war doch definitiv ein Fortschritt!   Es war ein Schritt in die richtige Richtung, er fing an, seine Trauer und den Schmerz zu überwinden, also warum sollte er seine Lebensweise umstellen, wenn sie ihm so verdammt gut tat? Er musste dafür zwar in Kauf nehmen, dass er aussah wie ein Zombie und deswegen auch pausenlos angesprochen wurde, aber er war auf dem richtigen Weg.   „…Hey…“ Kalte Finger legten sich auf seine Wange und Naruto sah aus den Augenwinkeln zu Suigetsu, der sich irgendwann in den letzten Minuten noch näher an ihn heran gepresst hatte. „Ich rede mit dir, Blondie.“   „Sorry.“ Naruto leerte sein Bier mit einem Schluck und stellte die Flasche neben sich auf dem Boden ab. „Ich war… Sorry. Was hattest du gesagt?“   „Ich hab gesagt, dass ich heute ins Warehouse 13 wollte.“ Suigetsu stützte seine Arme auf Narutos Schulter ab. Seine Zunge glitt über seine ungewöhnlich spitzen Zähne. „Willst du mit mir kommen?“   Suigetsu Hōzuki. Das war die einzige Person hier in Konoha, die ihm noch geblieben war. Es war seltsam, da sie sich all die Jahre davor nie wirklich nah gestanden waren und das, obwohl sie sich seit der Konoha High kannten, aber jetzt…   Seit der Party vor einer Woche waren sie unzertrennlich. Naruto wusste, dass Suigetsu schlechter Umgang für ihn war. Er wusste, dass Suigetsu ihm nicht die Hand reichen würde, um ihn aus seinem Loch zu helfen, sondern dass er ihn stattdessen noch tiefer hinein ziehen würde, weil das Loch auch sein Zuhause und Suigetsu einsam war.   Suigetsu war die Person gewesen, die ihn zum Rauchen verleitet hatte. Suigetsu war die Person gewesen, die ihm verraten hatte, wo er illegal an Alkohol und Zigaretten kam. Suigetsu war die Person gewesen, die mit dazu beigetragen hatte, dass er auf die schiefe Bahn gekommen war.   Seine Mutter hatte ihn gehasst. Kushina hatte Suigetsu gehasst und daraus auch keinen großen Hehl gemacht, aber sie hätte Naruto nie dazu gezwungen, den Kontakt mit ihm abzubrechen, weil das einfach nicht ihre Art war.   Narutos Kehle verschnürte sich bei dem Gedanken, dass er so viel Zeit mit der Person verbrachte, die seine Mutter verabscheut hatte, aber er brauchte ihn einfach. Er brauchte Suigetsu, weil er die einzige Person war, die Naruto geblieben war.   Alle anderen hatten ihn verlassen, aber Suigetsu blieb. Er würde nicht gehen, das wusste Naruto. Das hatte er ihm nämlich versprochen. Es war der zweite Tag ihres Partymarathons gewesen und er und Suigetsu waren im Rasengan gewesen.   Es war ein toller Abend gewesen, es war wie immer viel Alkohol geflossen und sie hatten ihren Spaß gehabt, bis Naruto ein Mädchen mit roten Haaren erblickt hatte, die seiner Mutter so verflucht ähnlich gesehen hatte, dass er zusammen gebrochen war.   Suigetsu war bei ihm gewesen, er war an Narutos Seite gewesen und das war der Moment gewesen, in dem der Blonde ihm alles gesagt hatte. Er hatte ihm vom Streit mit Sakura erzählt, vom Tod seiner Mutter und davon, dass die dreistündige Distanz von Sasuke ihn umbrachte und wie unglaublich allein gelassen er sich doch von ihm fühlte.   Suigetsu hatte sein Gesicht umfasst, hatte ihre Stirne aneinander gepresst und Naruto versprochen, dass er nicht wie die Anderen sein und dass er ihn nicht verlassen würde, unter keinen Umständen und Naruto… Naruto hatte ihm geglaubt und tat es auch immer noch.   „Na?“ Suigetsus angesäuselte Stimme und der Daumen, der über seinen Mundwinkel rieb, holten Naruto aus seinen Gedanken und zurück in die Gegenwart. „Was meinst du, Blondie? Nur du und ich?“   Narutos Blick ruhte auf seinen schmutzigen, orangenen Chucks. Er konnte Suigetsus Atem an seinem Ohr spüren und als der Daumen seine Unterlippe leicht nach unten zog, um seine Zähne zu entblößen, drehte Naruto den Kopf zur Seite. „Okay.“   Suigetsu nickte. „Ich weiß nicht genau, wann das Warehouse 13 aufmacht“, sagte er langsam, „Aber ich bin mir relativ sicher, dass dort vor Mitternacht nichts läuft.“   Naruto gab ein Grunzen von sich und zuckte leicht zusammen, als plötzlich etwas an seinem Oberschenkel vibrierte. Sein Handy.   Suigetsu, der so nah bei ihm saß, dass er es auch gespürt hatte, lachte leise. „Ich würd sagen, dass wir uns um ein Uhr vor dem Eingang treffen“, schlug er vor, „Bis dahin müsste die Party definitiv im Gang sein.“   „Mh“, machte Naruto nur, während er sein Handy aus der Hosentasche holte und aufs Display blickte. Eine neue SMS. Von Sasuke. Mit leicht zitternden Fingern drückte Naruto auf ‚Lesen‘.   Von: Sasuke Was machst du? Du meldest dich kaum noch. Hast du viel zu tun im Kindergarten? Ist alles in Ordnung?   „Okay?“, fragte Suigetsu nach. Er presste seine Lippen hauchzart auf die unrasierte Unterseite von Narutos Kiefer und murmelte die nächsten Worte gegen seine gebräunte Haut. „Wirst du um ein Uhr da sein?“   Naruto schluckte, sein Blick auf das Display seines Handys gerichtet. „…Ja“, sagte er leise und schob das Handy zurück in seine Hosentasche, „Ich werde da sein.“   ~ xXx ~   Suigetsu hatte Recht gehabt. Es war kurz nach ein Uhr nachts und die Party im Warehouse 13 war definitiv voll im Gange! Sie waren zwar noch nicht drinnen, Suigetsu und Naruto, aber selbst aus einigen Metern Entfernung konnten sie die dröhnende Musik hören und die wilden, grellen Discolichter sehen.   „Ist das nicht geil?“, fragte Suigetsu ihn mit einem Grinsen, als sie sich auf die großen, blauen Metalltüren des Lagerhauses zubewegten, „Das ist viel besser als das Rasengan oder andere Clubs, ich sag’s dir, Blondie!“   Es war… Es war interessant, das musste sich Naruto eingestehen. Die Musik, die lief, war zwar überhaupt nicht seins, aber sie war auch nicht abschreckend oder würde ihn davon abhalten, ein wenig Spaß zu haben.   Sie hatten nicht ausgemacht, wie lange sie bleiben würden, aber so, wie er Suigetsu kannte, blieben sie mindestens ein paar Stunden, was hieß, dass er auch diese Nacht definitiv keinen Schlaf bekommen würde. Aber das war schon okay, Naruto hatte mit so etwas gerechnet und vorgeplant.   Er hatte einen Haufen Energydrinks und Kaffee in sich hinein geschüttet, weswegen er nun so voll gepumpt war mit Energie, dass er das Koffein quasi in seinen Venen fließen spürte und er heute bestimmt kein Auge zubekommen oder in Müdigkeit verfallen würde.   „Fuck!“, fluchte Naruto lauthals, als sie das Lagerhaus betraten. Es war laut, so verdammt laut, dass er nicht einmal sein eigenes Wort verstehen konnte. „Es ist voll!“   Er hatte keine Ahnung, ob Suigetsu ihn gehört hatte oder nicht, aber sein Freund nickte, ein fettes Grinsen im Gesicht und schnappte sich sein Handgelenk, um ihn tiefer in die Menschenmasse hinein zu ziehen.   Es war voll, es war heiß, es war eng, es war… Es war geil! Menschen von allen erdenklichen Seiten pressten sich an ihn, euphorische Stimmen lachten ihm ins Ohr, Hände legten sich auf seinen Körper, Discolichter strahlten ihm mitten ins Gesicht und blendeten ihn.   Es war das erste Mal, dass Naruto im Warehouse 13 war. Die Gesichter und die Personen um ihn herum waren ihm komplett unbekannt, aber dennoch fühlte er sich so unglaublich… willkommen einfach!   Er fühlte sich sofort aufgenommen in diese Gemeinde, in diese Familie, und das war einfach nur ein unbeschreibliches Gefühl. Naruto fühlte sich akzeptiert und vor allem gewollt und das war etwas, was er schon sehr, sehr lange nicht mehr gespürt hatte.   Die Menschen um ihn herum waren high, waren glücklich und sorgenfrei. Es war ansteckend… Es war verflucht ansteckend und so dauerte es nicht lange, bis Naruto von dieser Euphorie mitgerissen wurde.   Mit einem Jubeln riss er die Arme in die Luft, während der Bass seinen Körper zum Beben brachte. Fremde Hände streichelten ihm durchs Haar, strichen über seinen Rücken und seinen Oberkörper und Naruto lachte, genoss das Gefühl der Aufmerksamkeit und Zugehörigkeit.   Nach einigen Minuten des Aneinanderreibens und des Lebendigfühlens schlangen sich zwei Arme um seinen Nacken, die ihn etwas abseits von den Musikboxen und der tanzenden Menge zogen. Suigetsu.   „Es ist geil, nicht wahr?“ Suigetsu führte seine Lippen zu Narutos Ohr, um bei der Lautstärke besser gehört zu werden. „Sag mir, wie geil es ist, Blondie!“   Naruto lachte. Das erste Lachen seit langer, langer Zeit, das von seinem Herzen kam. „Es ist geil!“, bestätigte er und legte die Hände auf Suigetsus Taille, drückte diese sanft, um ihm zu zeigen, wie dankbar er war.   Dankbar, weil Suigetsu bei ihm war.   Dankbar, weil er wusste, dass Suigetsu nicht gehen würde.   Dankbar, weil er ihn dazu überredet hatte, Warehouse 13 zu besuchen.   Einer der vielen, vielen Menschen um sie herum stieß sie ausversehen an und brachte ihre Körper so flach zusammen. Suigetsu lachte und ließ ihre Körper aneinander gepresst. Naruto auch. Irgendwie mochte er es, diese Nähe und dass er Suigetsus Herzschlag spüren konnte. Es hatte etwas schrecklich Intimes an sich.   Sie tanzten einige Zeit, ließen sich von der Menge mitreißen und bewegten ihre Körper rhythmisch gegeneinander. Naruto legte den Kopf in den Nacken, ein glückliches Lächeln auf den Lippen und lebte. Einfach nur leben.   Als sich zwei Hände auf seine Wangen legten öffnete er blinzelnd die Augen, die er vor einigen Minuten geschlossen hatte, und blickte in lilane.   „Naruto“, sagte Suigetsu. Der Blonde konnte seinen warmen Atem auf seinen Lippen und seinem Kinn spüren und er konnte ihn riechen. Ganz fein konnte er den Geruch von Alkohol wahrnehmen, ganz fein und kaum merkbar.   Suigetsu war nicht betrunken. Naruto war es auch nicht.   „Naruto“, sagte Suigetsu erneut. Er hielt Narutos Gesicht zwischen seinen Händen und sah ihn an, wandte den Blick nicht ab, nicht einmal für eine Sekunde.   „Naruto“, sagte Suigetsu und küsste ihn.   Suigetsu küsste Naruto.   Naruto schloss die Augen, als sich die trockenen Lippen seines Freundes gegen seine bewegten. Seine Finger, die immer noch auf Suigetsus Hüfte ruhten, zuckten. Ihre Nasenspitzen pressten leicht gegeneinander und Suigetsu biss in seine Unterlippe, dann löste er sich von ihm.   Flatternd schlug Naruto die Lider auf. Suigetsus Augen waren geschlossen und sein Mund einen Spalt breit geöffnet, um seinen gehetzten, schnellen Atem herauszulassen. Er leckte sich über die Lippen und beugte sich erneut nach vorne.   Naruto drehte den Kopf zur Seite. „Ich kann nicht“, sagte er, als Suigetsus Lippen über seine Wange strichen, „Ich kann nicht.“   „Warum?“, wollte Suigetsu wissen und umfasste sein Kinn, zwang ihn so, ihm beim Reden in die Augen zu sehen.   „Sasuke“, war die Antwort.   Suigetsu schlang die Arme um seinen Nacken. „Sasuke ist nicht da“, erwiderte er.   „Trotzdem.“ Naruto befeuchtete sich die Lippen. „Ich kann nicht.“   „Sasuke hat dich verlassen, wie all die Anderen, um in eine andere Stadt zu ziehen.“ Suigetsu zog die Augenbrauen zusammen. „Aber ich bin da und ich verlass dich nicht, Naruto. Ich bleib immer da, wo ich jetzt bin. Bei dir.“   Suigetsu lehnte sich erneut nach vorne und Naruto drehte erneut den Kopf zur Seite. „Ich kann nicht“, krächzte er und umfasste Suigetsus Handgelenke, um seine Arme von sich weg zu ziehen. „Es tut mir leid, aber…“   Er quetschte sanft die blassen Handgelenke, ehe er sie losließ und einen Schritt zurückging. „Ich kann nicht“, sagte er, „Ich… Ich kann einfach nicht.“   Suigetsu öffnete den Mund, wollte etwas erwidern, doch Naruto drehte sich schnell um und nutzte die Menschenmasse, um unterzutauchen und von Suigetsu fort zu kommen. Er hatte keine Ahnung, wie lange er sich durch die tanzende Menge quetschte, er wusste nicht einmal mehr, wo er war.   Sein Herz pochte schmerzhaft in seiner Kehle, als er sich mit großen, panischen Augen im Kreis drehte. Überall Menschen. Menschen, Menschen, Menschen, nichts anderes. Er hatte keine Ahnung, wo es zum Ausgang ging, wo der Ausgang überhaupt war.   „Scheiße…“ Sein ängstlicher Ausruf ging in der lauten Musik unter, als er eine Hand in sein blondes Haar krallte und sich verzweifelt umsah. Er setzte sich in Bewegung, die Augen immer noch wild umher huschend und stieß bereits nach wenigen Schritten mit jemanden zusammen.   Der Kerl, mit dem er zusammen gestoßen war, drehte sich langsam um und sah ihn an. Er war groß, seine Haare blau und stachelig und hatte irgendetwas an sich, was Naruto Angst machte. Sehr große Angst.   „Hey“, sagte er. Naruto öffnete den Mund, um sich zu entschuldigen, doch der Typ kam ihm zuvor. „Wie wär’s mit ein wenig Stoff, Kleiner?“   Drogen. Das war ein Drogendealer, wurde Naruto mit aufgerissenen Augen bewusst. Ein Drogendealer, der ihm seinen Stoff anbot.   ‚Nein‘, dachte er, ‚Kein Interesse.‘   „Was hast du?“, hörte er sich stattdessen sagen.   Der Typ grinste und entblößte seine vielen, kleinen, spitzen Zähne. „Koks“, erwiderte er, „Sehr gutes Zeug. Hast du schon einmal gekokst?“   Als Naruto schweigend mit dem Kopf schüttelte (Ich bin ein guter Junge, gute Jungs nehmen keine Drogen), griff der Kerl in seine Hosentasche und holte ein kleines Päckchen hervor. „Das sind 50 Milligramm“, erklärte er ihm, „Damit kannst du so vier bis fünf Linien ziehen und dann… Dann geht’s ab.“   Glucksend drückte er seinen linken Nasenflügel mit seinem Zeigefinger zu und zog geräuschvoll die Nase hoch. „Das Zeug ist echt gut“, versicherte er Naruto, „Ich nehm’s selbst. Ich würd dir auch ein Angebot machen.“   Mit Lippen, die immer noch zu einem unheilbringendem Grinsen verzogen waren, beugte er sich näher, um die nächsten Worte in Narutos Ohr flüstern zu können. „5.000 Yen für das kleine Tütchen, für 50 Milligramm. Eigentlich kostet es mehr, aber du bist mir sympathisch, Kleiner, deswegen mach ich dir ein Angebot.“   Der Dealer lehnte sich wieder zurück und sah ihn abwartend an. „Und?“, fragte er ihn, während er mit dem Tütchen in seiner Hand herum spielte, „Interesse?“   Narutos Blick war auf das Tütchen fixiert, auf das Tütchen und dessen Inhalt. Weißes Pulver. Schnee. Koks. Kokain. Ihm wurde Kokain angeboten, Naruto Uzumaki wurden leibhaftig Drogen angeboten.   ‚Nein!‘, hörte er eine Stimme in seinem Kopf sprechen. Eine Stimme, die der seiner geliebten Mutter schrecklich ähnlich klang. ‚Lehn ab, lehn ab! Nimm keine Drogen, mein Großer, du stehst über so etwas. Drogen werden dir nicht helfen, davon wirst du nur abhängig. Lehn ab, Naruto, lehn ab!‘   ‚Mit Drogen wird alles nur schlimmer‘, zischte ihm eine andere Stimme zu. Eine tiefe Stimme, eine geliebte Stimme. Eine Stimme, die sich wie Sasukes anhörte. ‚Du brauchst keine Drogen, du Idiot, du hast mich. Du hast mich, Naruto, also sag nein und verschwinde. Sag nein.‘   „Und?“, fragte der Dealer nach, „Was sagst du, Kleiner? 5.000 Yen für 50 Milligramm?“   „Ja“, war Narutos Antwort.   Der Kerl grinste und ein Funkeln erschien in seinen kleinen, schwarzen Augen. „Dann haben wir einen Deal“, sagte er und streckte seine Hand aus.   Naruto nahm sie mit zitternden Fingern an und schüttelte sie.   5.000 Yen für ein Tütchen Kokain.   Sie hatten einen Deal.   ~ xXx ~   Naruto konnte nicht sagen, wie lange er nun schon auf das kleine, unscheinbare Tütchen in seinen Händen blickte. Es kam ihm vor wie Stunden und vielleicht… vielleicht waren es inzwischen auch schon tatsächlich Stunden.   Das einzige, was er sicher sagen konnte, war, dass er keinen blassen Schimmer hatte, was er mit dem Tütchen Kokain machen sollte. Damit war jetzt nicht gemeint, dass er nicht wusste, wie man Koks konsumierte. Das wusste er natürlich, es gab schließlich genug Filmszenen, in denen sich meist der Antagonist eine Linie reinzog.   Was Naruto nicht wusste war, ob er die Sache wirklich durchziehen wollte! Er hatte echt keine Ahnung, welcher Teufel ihn da geritten hatte und was ihm zu diesem Zeitpunkt durch den Kopf geschwirrt war, dass er das Angebot des Drogendealers wirklich angenommen hatte, aber in dem Moment… In dem Moment hatte es sich einfach irgendwie… richtig angefühlt. Warum konnte er nicht sagen, aber da er schon immer auf seinen Bauch und nicht seinen Kopf gehört hatte, hatte er das Tütchen Koks also gekauft.   Und hier saß er nun mit einem Pulver im Wert von 5.000 Yen am Esstisch und wusste nicht, was er tun sollte. Eigentlich war es lächerlich. Wenn er schon so viel Geld dafür ausgegeben hatte, dann musste er es doch wenigstens probieren, oder?   Außerdem hatte Naruto vorhin im Internet und bei Google über die Droge recherchiert, da er ja nicht einfach irgendein Zeug schnupfen würde, dessen Wirkung er nicht mal wusste, und das, was er da zu lesen bekommen hatte… Das hatte ihn neugierig gemacht.   „Ugh, scheiß drauf!“ Mit vor Nervosität leicht zitternden Händen öffnete er das Tütchen und fluchte gleich darauf, da er das Tütchen falsch aufgerissen hatte und einiges von dem Pulver auf dem Tisch gelandet war.   Es war sehr klumpig, fiel Naruto auf, fast wie Puderzucker. Neugierig beugte er sich näher, um daran zu riechen, doch er konnte keinen Geruch wahrnehmen. Also war es wohl geruchslos, hm. So grob, wie das Pulver war, würde er es nie in die Nase bekommen, also stand er auf, um seine Geldbörse aus dem Wohnzimmer zu holen.   Er öffnete sie und nahm seine nigelnagelneue und gerade erst frisch bekommene Kreditkarte heraus, außerdem noch einen 500-Yenschein und dann ging er auch schon wieder zurück ins Esszimmer. Naruto setzte sich wieder an den Tisch, betrachtete für ein paar Sekunden unsicher das Pulver und fing an, die gröberen Klumpen mit der Kreditkarte zu zerkleinern.   Als er damit fertig war legte er das Pulver zu einer dünnen, langen Linie aus und betrachtete sein Werk. Koks. Er hatte wirklich Koks auf seinem Tisch liegen und war kurz davor, es sich rein zu pfeifen und sich zu bedröhnen.   Es war… Wow, Naruto konnte wirklich nicht glauben, was er im Inbegriff zu tun war, aber fuck… Alkohol alleine reichte ihm zum Vergessen nicht mehr, er brauchte… Er brauchte einfach mehr und vor allem musste er zu härteren Mitteln greifen, damit er tatsächlich seinen Schmerz vergessen konnte.   Naruto trommelte mit den Fingern gegen den Tisch, der Blick auf die weiße Linie fixiert. Er konnte aus den Augenwinkeln die Urne seiner Mutter sehen und biss sich in die Unterlippe. Sie würde enttäuscht von ihm sein, das wusste er.   Nicht nur sie, auch sein Vater wäre enttäuscht, ebenso wie Sasuke und auch Sakura wäre dies sicherlich, falls sie sich noch für ihn interessieren würde. Sie wären alle enttäuscht, aber… Aber sie verstanden es nicht. Sie hatten keine Ahnung, wie es war, Naruto Uzumaki zu heißen und vollkommen allein in dieser Welt zu sein und niemanden mehr zu haben.   Niemanden und nichts außer einem kleinen Tütchen Kokain, welches ihm nun hoffentlich Trost spenden würde und ihm dabei half zu vergessen, wie beschissen es ihm doch eigentlich ging. Naruto setzte sein ganzes Vertrauen in die Drogen und er würde es tun.   Jetzt. Er würde Kokain zu sich nehmen. Er würde koksen.   Mit zittrigen, ungeschickten Fingern rollte er seinen Yen-Schein zusammen und schnaubte leicht. Es war in seinen Augen ein wenig uncool, eine Linie mit einem lächerlichen 500-Yenschein zu ziehen, aber er hatte nun einmal nicht mehr.   Er war keiner dieser reichen Yakuza-Typen im Fernsehen, die zum Schnupfen einen 10.000-Yenschein nahmen. Naruto musste sich mit 500 Yen zufrieden geben. Schnaubend schüttelte er den Kopf und steckte das Ende des zusammen gerollten Geldscheins in eins seiner Nasenlöcher um zu überprüfen, ob er es überhaupt schmal genug gerollt hatte.   Das hatte er, also stand seinem Konsum nun nichts mehr im Wege. Nichts außer der verdammten Urne, die ihm immer wieder ins Blickfeld fiel, also drehte Naruto ihr den Rücken zu, damit er sie nicht mehr sehen konnte. Damit sie ihm kein schlechtes Gewissen machen konnte.   „Okay…“ Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich über den Tisch beugte und sein selbst gebautes Röhrchen am Ende der Linie ansetzte.   Fuck, jetzt war es tatsächlich so weit, jetzt würde er wirklich das erste Mal in seinem Leben Kokain zu sich nehmen. Er war so nervös, er war so unglaublich nervös, dass sein ganzer Körper zitterte. Wie vor einigen Tagen auch konnte er die Stimmen seiner Mutter und seines festen Freundes in seinem Kopf und in seinen Gedanken hören.   Sie waren laut, aufgebracht. Sie schrien ihm immer wieder zu, dass er kurz davor war, einen riesengroßen Fehler zu begehen und dass er sich sein eigenes Grab nur immer tiefer und tiefer schaufeln würde und dass-   „Haltet die Klappe!“, brüllte Naruto, „Haltet einfach die Klappe!“   Er kniff die Augen fest zusammen, atmete noch einmal tief aus, dann drücke er sich mit dem Zeigefinger einen Nasenflügel zu und zog kräftig die Nase hoch, um so das Koks zu konsumieren.   „Fuck…“ Er fluche, als er die gesamte Linie hoch geschnieft hatte und kräuselte die Nase. Es war ein wirklich unangenehmes Gefühl, sich etwas hochzuziehen, besonders, weil das Koks einen überraschend bitteren Geschmack hatte.   „Huh“, machte Naruto und ließ seine Zunge über seine Zähne gleiten. Jetzt hatte er tatsächlich das erste Mal in seinem Leben harte Drogen genommen, er hatte gekokst und was war? Nichts…   Mit gerunzelter Stirn überlegte er, ob er sich noch eine Linie reinziehen sollte, weil er bei der ersten vielleicht zu wenig von dem weißen Pulver benutzt hatte, doch dann konnte er ein Kribbeln im Rachen und im Mund spüren und beschloss, erst einmal abzuwarten.   Und das war eine verfickt gute Idee gewesen, denn fuck… Naruto fühle sich fantastisch! Mit dem Kribbeln fing es an. Dieses wurde schnell zu einer Art Taubheit im Mund und später auch im Gesichtsbereich, aber obwohl es sich anfangs etwas unangenehm anfühlte, wurde es schnell besser.   Die Müdigkeit, die er in den letzten Tagen aus deutlichem Schlafmangel verspürt hatte, war wie weg geblasen und Naruto fühlte sich auf einmal komplett fit und klar im Kopf! Diese Klarheit, sie war… sie war atemberaubend, sie vertrieb alle anderen, unliebsamen Gedanken und ließ sich Naruto einfach nur unglaublich geil fühlen!   Er wurde mit solch einer riesigen Welle der Euphorie und der Glücklichkeit übermannt, dass er den Kopf in den Nacken warf und laut lachte. Fuck, er fühlte sich so gut, so unbeschreiblich gut… Die Trauer, der Schmerz, die Einsamkeit… Alles war wie verflogen und das nur wegen ihm…!   Naruto war so stolz auf sich, so verfickt stolz, weil er es endlich geschafft hatte, diese Traurigkeit zu überwinden, weil er es wirklich geschafft hatte! Andere Menschen hatten jahrelang mit so etwas zu kämpfen, aber jetzt, in diesem Moment, als er zugedröhnt und mit einem fetten Grinsen in seinem Stuhl saß, da wusste er einfach, dass er besser war als die Anderen.   Er war besser als alle Anderen, er war ihnen allen überlegen, er war einfach… Fuck, er war einfach so verdammt gut! Er war der Beste, er konnte seinen Schmerz überwinden, er war einfach so verfickt… gut!   „Ich bin der Beste“, sagte Naruto, immer noch dieses breite Grinsen im Gesicht, während er anfing, in seinem Stuhl hin und her zu wippen, „Ich bin so gut, Baby, ich bin so verflucht gut.“   Als er einmal mit dem Reden angefangen hatte, konnte Naruto nicht mehr aufhören damit, und so sprudelten die Wörter nur so aus ihm heraus, während er immer und immer wieder sagte, wie geil er doch war, wie gut er war, dass er der Beste war.   Der Beste von allen, das war er. Naruto Uzumaki.   „Baby, ich bin so gut… So verfickt… Mmh…“ Er öffnete den Mund und legte sich eine Hand übers Gesicht. Ganz langsam tastete er es mit den Fingern ab, sein wunderschönes, perfektes Gesicht und ließ seine Hand dann langsam höher wandern, um sie in sein blondes Haar zu krallen.   Fuck, die ganzen Gedanken über sich selbst und die plötzliche Erkenntnis, dass er der Mann war, dass er der beste Typ schlecht hin war, das alles machte ihn langsam, aber sicher… scharf. Naruto wurde scharf.   Er leckte sich über die Zähne, die sich inzwischen taub anfühlten, aber es war gut, alles war so, so gut, und dachte nach. Er wusste, dass er sich nicht vor Verehrern retten konnte, wenn er nun raus gehen würde, weil er so verflucht attraktiv war und weil er einfach gut war, so gut, so gut, so gutgutgutperfektderbesteGUT, aber er wollte keine Verehrer, er wollte…   „Sasuke“, sagte er, „Sasuke. Baby.“   Also erhob er sich und machte sich auf die Suche nach seinem Handy. Er könnte Sasuke anrufen und ihn fragen, ob er vorbei kommen könnte, sie könnten Sex haben, wilden, leidenschaftlichen Sex und Sasuke würde ihm nicht sauer sein, weil Naruto sich in den letzten Tagen nicht mehr gemeldet hatte.   Sasuke würde es verstehen, weil Naruto so gut, weil er der Beste war und weil er wusste, wie glücklich er sich schätzen konnte, weil er den Blonden an seiner Seite hatte, weil er den perfekten Kerl, einen verfickten Gott, bei sich hatte.   Aber Naruto fand sein Handy nicht und er wollte frustriert deswegen sein, aber er konnte nicht, weil er sich dafür einfach viel zu fantastisch fühlte, also ließ er sich grinsend aufs Sofa fallen und rieb mit dem Handballen über seinen Schritt, während er daran dachte, wie toll er doch eigentlich war.   Lange lag er da und sonnte sich in seiner eigenen Glorie, bis die Stimmen in seinem Kopf immer lauter und penetranter wurden und es ihm schwer machten, sie weiterhin zu ignorieren, also lauschte er ihnen.   ‚Ich bin so enttäuscht von dir, Naruo, so abgrundtief enttäuscht.‘   Naruto gab ein gewürgtes Keuchen von sich und legte eine Hand über sein schnell pochendes Herz. „Mom“, wisperte er, „Mommy.“   Sein Blick fiel auf die Urne auf der Fensterbank und die Stimme in seinem Kopf wurde lauter, sagte ihm immer und immer wieder, wie enttäuscht sie doch von ihm und was aus ihm nur geworden war.   „Nein….“ Naruto riss die Augen auf und schüttelte den Kopf. Erst langsam, dann immer schneller, bis ihm schwindelig wurde.   ‚Du hast mir versprochen, dass du ein guter Junge sein wirst‘, erinnerte die Stimme ihn, ‚Vor vielen, vielen Monaten und jetzt sieh, was aus dir geworden ist. Ich bin so schrecklich enttäuscht.‘   „Nein… Nein, nein, nein!“ Naruto sprang hektisch auf und eilte zum Fensterbrett. Er ging vor der Urne in die Knie, die Augen weit und panisch. „Ich bin ein guter Junge, Mom!“, versicherte er ihr verzweifelt und presste seine Lippen gegen das kühle Porzellan der Urne, „Ich liebe dich, Mom. Mommy.“   Er konnte aus den Augenwinkeln etwas Pinkes sehen und drehte den Kopf zur Seite, um zu beobachten, wie eine der Blütenblätter der Orchidee langsam herunter und aufs Fensterbrett segelte.   Es war wie ein Zeichen. Ein Zeichen, mit dem ihm auch sein Vater seine abgrundtiefe Enttäuschung ausdrückte und mit einem Mal war auch das letzte Glücksgefühl verschwunden und wurde mit Scham und Verzweiflung ersetzt.   „I-Ich streng mich an…“, sagte Naruto mit erstickter Stimme, während er die ersten Anzeichen von Tränen in seinen Augen prickeln spüren konnte, „W-Wirklich, Mom und Dad, ich s-streng mich so an, aber ich… Ich bin schwach.“   Der letzte Satz war nur noch ein Wispern und Naruto starrte sie an, die Urne und die Orchideen, die letzten Erinnerungen an seine Mutter und seinen Vater. An seine geliebten Eltern, die nun beide tot waren und ihn alleine zurück ließen.   „I-Ich komm damit einfach nicht klar…“, gab er leise zu, „O-Ohne euch zu leben, i-ich… Ich… Oh Gott…“ Er gab ein Schluchzen von sich, als er den Kampf gegen die Tränen schließlich verlor und ihnen freien Lauf ließ.   Er fühlte sich schrecklich. Elendig. Von der Euphorie von eben war nichts mehr zu spüren, er fühlte sich so einsam, so gebrochen… Er brauchte… mehr. Naruto brauchte einfach mehr von den Glücksgefühlen, wollte sie wieder haben und brauche sie, er brauchte sie einfach, also stand er mit wackeligen Beinen auf und begab sich zum Esstisch.   Eine Träne nach der anderen tropfte von seinem Gesicht auf die Oberfläche des Tisches, als er mit zittrigen Fingern die nächste Linie Koks vorbereitete.   „Es tut mir leid“, wisperte er, als er den Geldschein zusammen rollte und sich über das Pulver beugte, „Es tut mir leid.“   ~ xXx ~   Drei Tage später fand sich Naruto wieder im Warehouse 13 vor. Er hatte lange mit sich kämpfen müssen, als er vor einigen Stunden das letzte Koks geschnupft hatte. Er hatte nicht mehr viel Geld, er hatte in den letzten Tagen kaum noch etwas gegessen, aber er hatte sich gut gefühlt.   Er hatte sich so gut, wie lange nicht mehr gefühlt und das alles wegen den Drogen. Das waren die einzigen Momente, in denen er sich noch glücklich fühlen konnte, in denen er nicht in Selbstmitleid versank, also brauchte er mehr.   Und genau deswegen war Naruto nun auch im Lagerhaus mit den Namen Warehouse 13 und sah sich in der tanzenden Menge nach einem bestimmten, angsteinflößenden Mann mit blauen Haaren und einem Tütchen Kokain für ihn um.   Aber das war gar nicht mal so einfach, da er umgeben von hunderten Menschen war und es schier unmöglich war, in solch einer großen Masse eine bestimmte Person zu finden. Aber Naruto versuchte es trotzdem. Er musste es tun, er brauchte schließlich sein Koks, er brauchte es!   Also sah sich Naruto um, drehte sich mehrmals um die eigene Achse und hielt Ausschau nach dem Drogendealer. Er fand ihn nicht, aber dafür fanden blaue Augen braune, die sich in seine bohrten, die ihn anstarrten und so fesselten, dass er nicht wegsehen konnte.   Er kannte diese braunen, leblosen Augen. Er hatte sie schon einmal gesehen, er war schon einmal in ihrem Bann gewesen. Langsam ließ er seinen Blick höher huschen und sah in das blasse Gesicht einer Frau. Sie hatte blaue Haare, eine Rose im Haar und sie kam Naruto so unglaublich bekannt vor, aber er konnte im Moment einfach nicht einordnen, wo er sie schon einmal gesehen hatte.   Auch sie ließ ihren Blick die ganze Zeit auf ihm ruhen und hob nach mehreren, endlosen Sekunden ganz langsam die Hand. Sie krümmte ihren Zeigefinger und Narutos Herz beschleunigte sich bei dieser Geste. Sie winkte… Sie winkte ihn zu sich. Aber… war wirklich er damit gemeint?   Naruto sah sich um, betrachtete die Menschen, die um ihn herum standen und sah dann wieder zurück zu ihr. Sie sah ihn immer noch an, also öffnete er seine Lippen einen Spalt breit und tippte sich mit einem Finger auf die Brust. Ich?   Sie ließ ihren Finger weiterhin gekrümmt und nickte dann ganz, ganz langsam. Ja, du.   Naruto schluckte das aufkeimende Gefühl der Nervosität herunter, nickte ebenfalls und setzte sich in Bewegung. Sie hielten Blickkontakt, während sich Naruto durch die tanzende Menge quetschte, um zu ihr zu kommen.   Zu ihr, die ihm irgendwie so schrecklich bekannt vorkam und zu ihr, die so aussah, wie Naruto sich im Moment fühlte – tot.   Einige Minuten später stand er schließlich vor ihr. Sie war groß für eine Frau, gut einen halben Kopf größer als Naruto und sie war jung. Bis jetzt hatte Naruto sie immer als Frau betitelt, aber vielleicht wäre Mädchen doch die bessere Bezeichnung gewesen für sie? Er wusste es nicht. Es war schwer zu sagen und ihre blasse, blasse Haut und die toten Augen ließen sie irgendwie alterslos erschienen.   Bis jetzt hatte keiner von ihnen etwas gesagt, also öffnete Naruto den Mund, um das Schweigen zu brechen. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte, was sie von ihm wollte, also leckte er sich stattdessen über die Lippen und schloss den Mund wieder.   „Du bist mir aufgefallen“, sagte sie ihm, die Stimme überraschend zart für solch ein kaltes und ausdrucksloses Gesicht. Sie hatte ein Piercing, fiel Naruto auf, unter ihren Lippen. „Damals schon.“   Naruto runzelte die Stirn, weil sie ihm mit ihren Worten nur bestätigte, dass sie sich tatsächlich schon einmal getroffen hatten, da fiel es ihm wieder ein. Sie war ein Mitglied von Akatsuki! Er war ihr schon öfter mal begegnet, als er auf den Weg gewesen war, Alkohol zu holen.   „Akatsuki?“, fragte er nach und schob die Hände in seine Hosentasche, „Du bist eine von den Akatsukis, oder?“   Sie nickte langsam. „Und du bist…?“   „Naruto!“, stellte er sich vor und lächelte schwach, „Uzumaki, Naruto, hi.“   Sie strich sich eine blaue Haarsträhne hinters Ohr. „Konan.“   Naruto nickte und leckte sich über die Zähne. Sie schien nicht sehr gesprächig zu sein und sagte nicht mehr, als notwendig war. „Du hast gesagt, ich bin dir aufgefallen?“, fragte er nach und runzelte leicht die Stirn, „Inwiefern?“   „Deine Augen“, sagte Konan, „Es ist, als wenn ich in einen Spiegel sehen würde. Deine Augen erinnern mich an meine.“   Naruto öffnete schnell den Mund, um dies abzustreiten, um zu sagen, dass er noch lebte und dass er kein Zombie war, aber… War das nicht genau das, was er fühlte? Leblos, tot? Er biss sich auf die Unterlippe und schloss den Mund.   „Ich möchte dir jemanden vorstellen“, sagte sie und drehte sich um. Sie wartete nicht darauf, dass Naruto ihr folgte und setzte sich in Bewegung.   Obwohl Naruto eigentlich her gekommen war, um sich neue Drogen zu kaufen, musste er nicht lange überlegen und folgte. Er konnte es nicht genau beschreiben, dieses Gefühl, was in ihm aufkam, wenn er Konan ansah, aber irgendwie…. Irgendwie fühlte er sich mit ihr verbunden.   Es fühlte sich so an, als würde sie es verstehen. Den Schmerz, die Einsamkeit, die Verzweiflung und vor allem… vor allem ihn. Konan verstand ihn, sie verstand Naruto und deswegen führte sie ihn auch zu einem Ort und zu einer Gruppe von Leuten, die dies auch taten.   Sie waren unter der Brücke. Unter der Brücke, bei der Naruto Konan das erste Mal gesehen hatte und die Brücke, die immer von denselben Menschen heimgesucht wurde. Von den Menschen, die auch jetzt wieder da waren.   Naruto betrachtete die auf dem Boden sitzenden Leute, die Jungen und Mädchen, die tranken, die kifften, die fixten, die weinten… Sie waren wie er, wurde Naruto bewusst, sie waren alle wie er.   „Pein.“   Naruto zuckte zusammen, als er Konans emotionslose Stimme hörte und drehte den Kopf zu ihr. Ihr Blick ruhte auf einem Mann mit orangen Haaren und vielen, vielen Piercings im Gesicht. Er saß im Schneidersitz auf den Boden, erhob sich allerdings, als Konan ihn ansprach und ging auf sie zu.   „Das ist Naruto“, sagte sie, als Pein wenige Meter vor ihr zum Stehen kam und nickte mit dem Kopf in seine Richtung.   Pein sah ihn an, ließ seine lilanen Augen über sein Gesicht gleiten, bevor er zu Konan sah. Die beide blickten sich lange an und irgendwie bekam Naruto das Gefühl, dass sie gerade miteinander kommunizierten. Nicht mit Worten, es war eine nonverbale Kommunikation.   Peins Blick huschte wieder zu ihm und er ging einen Schritt auf ihn zu. „Willkommen in Akatsuki.“   Naruto, der gar nicht mitbekommen hatte, wie er die Luft angehalten hatte, atmete erleichtert aus, ein kleines, aber ehrliches Lächeln auf den Lippen.   „Danke“, sagte er und meinte es, „Danke.“   --------------------------------------------------------------------------------   Zuerst einmal muss ich sagen, dass es mich irgendwie sehr bewegt hat, dass euch das letzte Kapitel so mitgenommen hat und vielleicht klingt es komisch, wenn ich sage, dass es mich freut, aber… Es ist so T^T Ich schreib nicht oft trauriges Zeug und war total verunsichert, deswegen ist es beruhigend zu wissen, dass ich auch die Emotion irgendwie rüberbringen kann >‘D   Hach ja… Naruto, Suigetsu, Drogen, Alkohol… :/ Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie es zu diesem Naruto x Suigetsu Kuss gekommen ist… oO Ich hab das nie geplant gehabt, nieee, es hat sich einfach irgendwie so ergeben… >‘D   Hat übrigens jemand erraten, wer der Drogendealer ist? 8DD Ich hab mich natürlich informiert, wie die Wirkung von Koks ist und wenn man das nimmt, dann fühlt man sich einfach wie der Beste, wie der King und außerdem wird man ziemlich scharf… lol 8D Narutos Gedanken und Gefühle während seines Trips müssen übrigens nicht unbedingt nachvollziehbar sein, er ist eben high und da denkt man nicht rational und alles. An dieser Stelle muss ich auch nochmal sagen:   Finger weg von Drogen und von Alkohol! Das ist beides Teufelszeug, m’kay?!   So… Hab meine Rolle als Moralapostel gespielt :D Ähm… Oh, Konan. Konan fand ich irgendwie sehr schwer zu schreiben, aber ich hoffe, dass ich sie dennoch irgendwie IC hinbekommen hab X_X Sie kommt mir zu kalt vor, aber ich weiß nicht… Sie war ja jetzt auch nur eher kurz da, in den beiden letzten Kapiteln (ja, noch 2 Kapitel und die FF ist vorbei T^T) könnt ihr mir hoffentlich besser sagen, ob ich sie getroffen hab oder nicht :3   Im nächsten Kapitel von Growing Up: Naruto stürzt immer weiter ab und versinkt immer tiefer und tiefer im Drogensumpf. So tief, dass es nur noch eine Person gibt, die ihm daraus helfen kann, aber die Frage ist… ob Naruto die Hand, die ihm angeboten wird, auch wirklich annehmen oder vielleicht doch eher wegschlagen wird…   (Sorry, mir fällt keine gute Vorschau ein «;)   Bis dann Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)